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lassen. Es konnte nachgewiesen werden, dass der HER2-Antikör- per in Kombination mit einer Che- motherapie Rückfälle verhindern und so zu einer Heilung beitragen kann. Er wird mittlerweile außer- dem zur Behandlung von Patienten mit HER2-positivem Magenkrebs eingesetzt. Inhalt Seite Wer unterstützt mich in meiner letzten Lebensphase? 2 Magen- und Darmkrebs: Was kann Sport bewirken? 5 Hopfen wirkt dem Krebs entgegen 5 Tumorstammzellen blockieren die Krebsheilung 6 Wie lässt sich die Existenz bei langer Krankheit sichern? 6 Auch Infektionen können Krebs auslösen 7 Vitamin D beugt Krebs vor 7 1 – Pitopia Forum für Krebspatienten und ihre Angehörigen Lebens wege Ausgabe 39 · Dezember 2010 Zielgerichtet, maßgeschneidert, personalisiert – so könnte die Krebsbehandlung in der Zukunft aussehen. Denn inzwischen wis- sen die Krebsforscher sehr viel mehr über die Krebsentstehung als noch vor wenigen Jahren. „Die neuen Erkenntnisse über die bio- logischen Hintergründe der jewei- ligen Erkrankung gehen nun end- lich auch in neue Behandlungs- konzepte über“, erklärte Professor Dr. Eckhard Thiel aus Berlin als Prä- sident des diesjährigen Kongres- ses der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in der Bundeshauptstadt. Das Wissen um die Zusam- menhänge auf molekularer Ebe- ne macht es möglich, durch eine vorherige genaue Diagnostik ab- zuschätzen, welcher Patient auf welche Therapiemaßnahme vor- aussichtlich gut ansprechen wird. So lässt sich im individuellen Fall der Therapieerfolg optimieren und gleichzeitig können Neben- wirkungen vermieden werden. „Wir kommen weg davon, Zyto- statika bei Krebspatienten qua- si wie mit der Gießkanne zu ver- teilen“, betonte Professor Thiel. „Stattdessen lernen wir, die Be- handlung zielgerichtet an der Bio- logie des Tumors zu orientieren“. Durch die neuen Behandlungs- strategien kann oftmals direkt in den Lebenszyklus der Tumorzellen eingegriffen und diese damit in ih- rem Teilungsprozess gestoppt wer- den. Das heißt nicht, dass der Tu- mor nicht mehr vorhanden und der Patient geheilt ist. Es bedeu- tet jedoch, dass das Tumorwachs- tum angehalten und so die Krebs- erkrankung in ihrem Fortschreiten deutlich gebremst werden kann. Siehe auch Seite 3 Auf dem Weg in die personalisierte Krebstherapie Krebsmediziner tagten in Berlin Krebskranke Kinder – Betreuung in häuslicher Umgebung Es ist ganz besonders belastend, wenn Kinder an Krebs erkranken. Die ganze Familie leidet mit, wenn die Kinder immer wieder zur Be- handlung in die Klinik müssen. Das frisst Zeit und schürt Ängste bei den Kindern selbst wie auch ihren Eltern und Geschwistern. In Ol- denburg hat Professor Dr. Hermann Müller den Spieß umgedreht und das Projekt „Verbund PädOnko Weser Ems“ initiiert. Speziell ausgebildete Kinderschwestern besuchen dabei die kleinen Patien- ten zu Hause, um die Behandlung soweit als möglich in der häusli- chen Umgebung zu erledigen. Siehe Seite 3 In Berlin haben Krebsmediziner die Fortschritte in der Krebsbehand- lung vorgestellt und diskutiert. Krebs ist vor allem eine Erkran- kung des höheren Lebensalters (1) Etwa zwei Drittel der Krebspati- enten sind bereits im Rentenalter, wenn sie von ihrer Krebserkran- kung erfahren. Das aber bedeu- tet keinesfalls, dass sie nicht eine optimale Behandlung nach den gleichen Kriterien wie auch jun- ge Menschen bekommen sollten. Es ist heutzutage praktisch schon selbstverständlich, dass Antikör- per ein wichtiger Baustein der Therapiekonzepte verschiedens- ter Tumore sind. Vorreiter die- ser modernen Behandlungsform war der HER2-Antikörper, der seit zehn Jahren gezielt bei Frau- en mit Brustkrebs eingesetzt wird, deren Tumorzellen vermehrt das sogenannte HER2-Protein auf der Oberfläche tragen. Zunächst wurden nur Frauen mit metastasiertem Brustkrebs mit die- sem Wirkstoff behandelt, nachdem Studien gezeigt hatten, dass der Antikörper die krankheitsfreie Zeit der Frauen und auch deren Überle- benszeit verlängert. Seit Mai 2006 ist der Antikörper auch für die Be- handlung der frühen Stadien von HER2-positivem Brustkrebs zuge- HER2-Antikörper – Wegbereiter der modernen Krebsmedizin Seit zehn Jahren Behandlung mit Antikörper „Denn es zählt für die Thera- pie nicht das kalendarische, son- dern das biologische Alter“, er- klärte Professor Dr. Ursula Lehr aus Bonn kürzlich in Köln. Menschen, die erst im höheren Lebensalter an Krebs erkranken, effektive Thera- pieoptionen vorzuenthalten, ist ethisch nicht zu vertreten, mahnte die Altersforscherin und ehemalige Bundesgesundheitsministerin. „Ob ein älterer Mensch eine aggressive Chemotherapie ver- trägt oder nicht, hängt nicht da- von ab, ob er 70 oder 75 Jahre oder auch noch älter ist“, beton- te in Köln Dr. Friedrich Overkamp aus Recklinghausen. Die Frage ist lediglich, wie es um den allgemei- nen Gesundheitszustand des je- weiligen Patienten bestellt ist, ob dieser noch mobil ist und selbst- ständig in seiner Wohnung zu- recht kommt oder ob er gebrech- lich ist und im Pflegeheim lebt, weil er sich nicht mehr selbst ver- sorgen kann. Im ersten Fall gibt es keinen Grund, Abstriche bei der Krebstherapie zu machen, sagte der Krebsmediziner. Bei gebrech- lichen Patienten aber wird man vorsichtiger vorgehen, und die Behandlung an den Funktionszu- stand der Organe anpassen. Zu alt für eine optimale Tumortherapie? Nicht das kalendarische, sondern das biologische Alter ist entscheidend Siehe auch Seite 4

Lebenswege - Zeitschrift für Krebspatienten und ihre Angehörigen Ausgabe 39

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Ausgabe 39, Dezember 2010 der Lebenswege - Zeitschrift für Krebspatienten und ihre Angehörigen

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Page 1: Lebenswege - Zeitschrift für Krebspatienten und ihre Angehörigen Ausgabe 39

lassen. Es konnte nachgewiesen werden, dass der HER2-Antikör-per in Kombination mit einer Che-motherapie Rückfälle verhindern und so zu einer Heilung beitragen kann. Er wird mittlerweile außer-dem zur Behandlung von Patienten mit HER2-positivem Magenkrebs eingesetzt.

Inhalt

SeiteWer unterstützt mich in meiner letzten Lebensphase? 2

Magen- und Darmkrebs: Was kann Sport bewirken? 5

Hopfen wirkt dem Krebs entgegen 5

Tumorstammzellen blockieren die Krebsheilung 6

Wie lässt sich die Existenz bei langer Krankheit sichern? 6

Auch Infektionen können Krebs auslösen 7

Vitamin D beugt Krebs vor 7 1 – Pitopia

Forum für Krebspatienten und ihre Angehörigen

Lebenswegekostenlos zum kostenlos zum kostenlos zum kostenlos zum kostenlos zum kostenlos zum

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Ausgabe 39 · Dezember 2010

Zielgerichtet, maßgeschneidert, personalisiert – so könnte die Krebsbehandlung in der Zukunft aussehen. Denn inzwischen wis-sen die Krebsforscher sehr viel

mehr über die Krebsentstehung als noch vor wenigen Jahren. „Die neuen Erkenntnisse über die bio-logischen Hintergründe der jewei-ligen Erkrankung gehen nun end-lich auch in neue Behandlungs-konzepte über“, erklärte Professor Dr. Eckhard Thiel aus Berlin als Prä-sident des diesjährigen Kongres-ses der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in der Bundeshauptstadt.

Das Wissen um die Zusam-menhänge auf molekularer Ebe-ne macht es möglich, durch eine vorherige genaue Diagnostik ab-zuschätzen, welcher Patient auf welche Therapiemaßnahme vor-aussichtlich gut ansprechen wird. So lässt sich im individuellen Fall der Therapieerfolg optimieren und gleichzeitig können Neben-

wirkungen vermieden werden. „Wir kommen weg davon, Zyto-statika bei Krebspatienten qua-si wie mit der Gießkanne zu ver-teilen“, betonte Professor Thiel. „Stattdessen lernen wir, die Be-handlung zielgerichtet an der Bio-logie des Tumors zu orientieren“.

Durch die neuen Behandlungs-strategien kann oftmals direkt in den Lebenszyklus der Tumorzellen eingegriffen und diese damit in ih-rem Teilungsprozess gestoppt wer-den. Das heißt nicht, dass der Tu-mor nicht mehr vorhanden und der Patient geheilt ist. Es bedeu-tet jedoch, dass das Tumorwachs-tum angehalten und so die Krebs-erkrankung in ihrem Fortschreiten deutlich gebremst werden kann.

Siehe auch Seite 3

Auf dem Weg in die personalisierte Krebstherapie

Krebsmediziner tagten in Berlin

Krebskranke Kinder – Betreuung in häuslicher Umgebung

Es ist ganz besonders belastend, wenn Kinder an Krebs erkranken. Die ganze Familie leidet mit, wenn die Kinder immer wieder zur Be-handlung in die Klinik müssen. Das frisst Zeit und schürt Ängste bei den Kindern selbst wie auch ihren Eltern und Geschwistern. In Ol-denburg hat Professor Dr. Hermann Müller den Spieß umgedreht und das Projekt „Verbund PädOnko Weser Ems“ initiiert. Speziell ausgebildete Kinderschwestern besuchen dabei die kleinen Patien-ten zu Hause, um die Behandlung soweit als möglich in der häusli-chen Umgebung zu erledigen.

Siehe Seite 3

In Berlin haben Krebsmediziner die Fortschritte in der Krebsbehand-lung vorgestellt und diskutiert.

Krebs ist vor allem eine Erkran-kung des höheren Lebensalters (1)

Etwa zwei Drittel der Krebspati-enten sind bereits im Rentenalter, wenn sie von ihrer Krebserkran-kung erfahren. Das aber bedeu-tet keinesfalls, dass sie nicht eine optimale Behandlung nach den gleichen Kriterien wie auch jun-ge Menschen bekommen sollten.

Es ist heutzutage praktisch schon selbstverständlich, dass Antikör-per ein wichtiger Baustein der Therapiekonzepte verschiedens-ter Tumore sind. Vorreiter die-ser modernen Behandlungsform war der HER2-Antikörper, der seit zehn Jahren gezielt bei Frau-en mit Brustkrebs eingesetzt wird, deren Tumorzellen vermehrt das sogenannte HER2-Protein auf der Oberfl äche tragen.

Zunächst wurden nur Frauen mit metastasiertem Brustkrebs mit die-sem Wirkstoff behandelt, nachdem Studien gezeigt hatten, dass der Antikörper die krankheitsfreie Zeit der Frauen und auch deren Überle-benszeit verlängert. Seit Mai 2006 ist der Antikörper auch für die Be-handlung der frühen Stadien von HER2-positivem Brustkrebs zuge-

HER2-Antikörper – Wegbereiter der modernen Krebsmedizin

Seit zehn Jahren Behandlung mit Antikörper„Denn es zählt für die Thera-pie nicht das kalendarische, son-dern das biologische Alter“, er-klärte Professor Dr. Ursula Lehr aus Bonn kürzlich in Köln. Menschen, die erst im höheren Lebensalter an Krebs erkranken, effektive Thera-pieoptionen vorzuenthalten, ist ethisch nicht zu vertreten, mahnte die Altersforscherin und ehemalige Bundesgesundheitsministerin.

„Ob ein älterer Mensch eine aggressive Chemotherapie ver-trägt oder nicht, hängt nicht da-von ab, ob er 70 oder 75 Jahre oder auch noch älter ist“, beton-te in Köln Dr. Friedrich Overkamp aus Recklinghausen. Die Frage ist lediglich, wie es um den allgemei-nen Gesundheitszustand des je-weiligen Patienten bestellt ist, ob dieser noch mobil ist und selbst-ständig in seiner Wohnung zu-recht kommt oder ob er gebrech-

lich ist und im Pfl egeheim lebt, weil er sich nicht mehr selbst ver-sorgen kann. Im ersten Fall gibt es keinen Grund, Abstriche bei der Krebstherapie zu machen, sagte der Krebsmediziner. Bei gebrech-lichen Patienten aber wird man vorsichtiger vorgehen, und die Behandlung an den Funktionszu-stand der Organe anpassen.

Zu alt für eine optimale Tumortherapie?Nicht das kalendarische, sondern das biologische Alter ist entscheidend

Siehe auch Seite 4

Page 2: Lebenswege - Zeitschrift für Krebspatienten und ihre Angehörigen Ausgabe 39

2 – © Alex Klementiev-Fotolia.com

2 Lebenswege

Beim Speiseröhrenkrebs ha-ben amerikanische Krebsfor-scher nach eigenen Angaben erste Erfolge mit einer Genthe-rapie erzielt. Sie haben in einer Pilotstudie ein durch eine Be-strahlung aktiviertes Gen, das der Krebsabwehr dienen soll, direkt in den Tumor injiziert. Die mittlere Überlebenszeit der Patienten ließ sich, so die ers-ten Ergebnisse, dadurch mess-bar verlängern.

Bösartige Tumore im Kopf- und Halsbereich sowie in der Mundhöhle und an den Lip-pen scheinen an Häufi gkeit in Deutschland seit Jahren stetig zuzunehmen. Das deutet eine Erhebung der Hals-Nasen-Oh-ren-Ärzte in Thüringen an. Als eine Ursache dieser Entwick-lung wird die zunehmende Verbreitung so genannter hu-maner Papillomaviren (HPV) diskutiert, die offenbar auch für den weltweit zu beobach-tenden Anstieg von Krebser-krankungen im Kopf-Hals-Be-reich verantwortlich sind.

Ob Frauen mit Brustkrebs, die das Hochrisiko-Gen BRCA1 oder BRCA2 tragen, nach der Ersterkrankung einen Tumor in der zweiten Brust entwickeln werden, lässt sich nicht pauschal vorhersagen. Es hängt vielmehr vom betrof-fenen Gen ab aber auch vom Alter der Frau bei der Erster-krankung. Das Risiko eines er-neuten Tumors scheint dabei umso höher zu sein, je jünger die Frau beim ersten Mamma-karzinom war – so das Ergeb-nis einer Studie des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockskrebs.

Meldungen

Wir können den Betroffenen si-cher nicht jeden Schmerz erspa-ren und alles Leid verhindern. Aber wir können dafür sorgen, dass keine unerträglich starken Schmerzen auftreten und dass der Patient zum Beispiel nicht von Übelkeit oder Atemnot gequält wird. Wir sorgen außerdem da-für, dass der Patient zusammen mit seinen Angehörigen die letz-te ihm verbleibende Lebensphase soweit als möglich als erfülltes Le-ben erleben kann.

Wann halten sie die Kontakt-aufnahme zu einem Palliativ-mediziner für richtig?Im Grunde genommen sollte ein Palliativmediziner konsultiert wer-den, sobald feststeht, dass im in-dividuellen Fall eine defi nitive Hei-lung nicht möglich ist. Dann haben wir in aller Regel Zeit, den Patien-ten umfassend mit zu betreuen, auf seine Bedürfnisse einzugehen und ihn sowie seine Angehörigen auf ihrem Weg zu begleiten und effektiv zu unterstützen.

Herr Professor Voltz, haben Sie vielen Dank für das Ge-spräch.

den, damit sie trotz ihrer Erkran-kung noch eine möglichst lange Lebensspanne mit möglichst hoher Lebensqualität erleben können.

Wie erleben die Betroffenen ein solches Gespräch?Fast immer ist das Sprechen über die Möglichkeiten der Palliativme-dizin für die Patienten eine Ent-lastung. Sie wissen, dass sie ei-nen Ansprechpartner haben, der ihnen helfen wird, die möglicher-weise beim Fortschreiten der Er-krankung auftretenden Beschwer-den zu lindern. Das wird üblicher-weise als Beruhigung empfunden

und wir erleben sehr häufi g, dass die Patienten nach einem solchen Gespräch wieder Freiräume be-kommen, Dinge zu erleben und zu regeln, die ihnen in ihrem Le-ben noch wichtig sind.

Können Sie tatsächlich alle Be-schwerden lindern?

Wer unterstützt mich in meiner letzten Lebensphase?

Interview mit Professor Dr. Raymond Voltz aus Köln

Jede zweite Krebserkrankung wird heutzutage geheilt. Umgekehrt bedeutet dies zugleich, dass jeder zweite Patient, bei dem die Diag-nose Krebs gestellt wird, letztlich trotz aller Fortschritte der moder-nen Medizin an der Erkrankung versterben wird. Das aber heißt keineswegs, dass die Patienten „aufgegeben“ werden, wie man früher gesagt hat. Im Gegenteil. Auch im Bereich der sogenannten Palliativmedizin hat es in den ver-gangenen Jahren große Fortschrit-te gegeben. Was dies für die Pa-tienten bedeutet, erläutert Profes-sor Dr. Raymond Voltz, Direktor des Zentrums für Palliativmedizin am Universitätsklinikum in Köln in einem Interview.

Herr Professor Voltz, was ver-steht man unter dem Begriff der Palliativmedizin?Bei der Palliativmedizin geht es da-rum, Menschen zu unterstützen, die an einer schweren Krankheit wie beispielsweise Krebs leiden und nach menschlichem Ermes-sen nicht mehr völlig geheilt wer-den können, sondern an dieser Er-krankung versterben werden. Die Palliativmedizin steht diesen Men-schen bei, lindert die möglicher-weise im Zusammenhang mit dem Fortschreiten der Erkrankung auf-tretenden Beschwerden und be-gleitet die Betroffenen wie auch ihre Angehörigen in ihrer letzten Lebensphase.

Bedeutet dies, dass es sich um eine Art Sterbemedizin handelt?

Nein. Palliativmedizinisch betreut zu werden heißt keinesfalls, dass man gleich sterben muss, wie viele Menschen heutzutage noch glau-ben. Durch die Fortschritte der mo-dernen Medizin können auch viele Krebspatienten, die nicht mehr ge-heilt werden können, oft noch ver-gleichsweise lange mit ihrer Erkran-kung leben. Die meisten Krebspa-tienten, die nicht defi nitiv geheilt werden können, wissen um ihre Prognose. Sie machen sich zwangs-läufi g Sorgen und haben Ängste in Bezug auf das Sterben. Sie fürch-ten zum Beispiel, vielleicht uner-trägliche Schmerzen erdulden zu

müssen oder mit ihren Problemen alleine gelassen zu werden. Ein we-sentliches Ziel der Palliativmedizin besteht deshalb darin, schon früh in Kontakt mit den Patienten zu kommen und ihnen Unterstützung auch bei der Krankheitsbewälti-gung zu geben. Wir erklären den Patienten, dass wir alles tun wer-

Prof. Dr. Raymond Voltz

Menschen mit einer unheil-baren Erkrankung haben ein Recht darauf, palliativmedizi-nisch umfassend betreut zu werden und das unabhängig von der Art der Erkrankung und auch unabhängig davon, an welchem Ort sie betreut wer-den wollen. Dieser Anspruch aber kann in Deutschland zur-zeit noch nicht fl ächendeckend umgesetzt werden, weil in vie-len Regionen noch entspre-chende Angebote fehlen, so hieß es beim 8. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pal-liativmedizin in Dresden.

Um die Betreuung unheilbar kranker Menschen zu fördern, hat die Deutsche Krebshilfe in mehreren Projekten den Auf- und Ausbau der Palliativmedi-

Betroffenen zu verbessern und ihre Lebensqualität bis zuletzt zu erhalten, stehen unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, der Deutsche Hospiz- und Palliativverband, die Bundesärztekammer und die Robert-Bosch-Stiftung. Wei-tere Informationen gibt es auf der Webseite www.charta-zur-betreuung-sterbender.de.

zin in Deutschland initiiert. „Der Bedarf an Palliativmedizin wird in den kommenden Jahren wei-ter steigen. Denn die Menschen werden immer älter und Krebs-krankheiten nehmen an Häufi g-keit zu“, erklärte der Geschäfts-führer der Deutschen Krebshilfe, Gerd Nettekoven, in Dresden.

Die Deutsche Krebshilfe steht mit ihren Bemühungen dabei nicht allein. Mehr als 30 Organisationen haben sich aktuell verpfl ichtet, die Betreuung schwerstkranker Men-schen hierzulande zu fördern und über einen Zeitraum von zwei Jah-ren gemeinsam die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen“ erarbeitet. Hinter den Bemühungen, das The-ma Palliativmedizin forciert voran-zutreiben und die Versorgung der

Grenzen überwindenLesetipp

Palliativmedizin

Auch wenn die Heilung einer Krebserkran-kung nicht mehr möglich ist, kann medizi-nisch vieles dafür getan werden, den Be-troffenen zu helfen. Es können Symptome der Krebserkrankung gelindert werden, so dass ein möglichst beschwerdefrei-es Leben möglich ist. Palliativmedizin, so heißt dieser Bereich der Medizin, bei dem es nicht mehr direkt um die Erkrankung geht, sondern darum, den ganzen Men-schen zu sehen und ihn in seiner letzten

Lebensphase medizinisch so zu begleiten, dass ihm noch ein weitgehend erfülltes Leben möglich ist. Was die Palliativmedi-zin leistet, welche Aufgaben Palliativstationen und Hospize über-nehmen und an wen man sich wenden kann, wenn man Rat und Hilfe sucht, vermittelt die Broschüre „Palliativmedizin“ aus der Rei-he „Die blauen Ratgeber“ der Deutschen Krebshilfe. Die Broschü-re kann kostenfrei angefordert werden bei der Deutschen Krebshil-fe e.V., Buschstr. 32, 53113 Bonn, Telefon: 0228/72990–0, www.krebshilfe.de.

Auch wenn die Heilung einer Krebserkran-kung nicht mehr möglich ist, kann medizi-nisch vieles dafür getan werden, den Be-troffenen zu helfen. Es können Symptome der Krebserkrankung gelindert werden, so dass ein möglichst beschwerdefrei-es Leben möglich ist. Palliativmedizin, so heißt dieser Bereich der Medizin, bei dem es nicht mehr direkt um die Erkrankung geht, sondern darum, den ganzen Men-schen zu sehen und ihn in seiner letzten

Lebensphase medizinisch so zu begleiten, dass ihm noch

Die palliativmedizinische Betreuung umsorgt und entlastet Menschen in ihrer letzten Lebensphase (2)

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3Lebenswege

werden muss oder ob die Si-tuation nicht so gravierend, das Kind wieder nach Hause zu entlassen. „Wir können so zu-sätzlich vielen Kindern kurz-fristige Aufent-halte in der Kli-nik ersparen“, erklärt Profes-sor Müller.

Dass das Ol-denburger Bei-

den zu können. Diese ist als Ko-operationspartner mit dem Zen-trum in Oldenburg verbunden, Untersuchungsbefunde können rasch ausgetauscht und schnell entschieden werden, ob das Kind stationär im Zentrum behandelt

Krebskranke Kinder werden zu Hause betreut

Weniger Belastungen durch die Behandlung

„Wann kommst Du wieder zu mir?“ Das fragt die kleine Chi-ara die Kinderkrankenschwes-ter Nicole. Diese besucht die Fa-milie im Weser-Emsland alle zwei Wochen. Sie spült den Katheter, wechselt den Verband und nimmt Blut ab für Kontrolluntersuchun-gen. Denn die 5jährige Chiara lei-det an einem Hirntumor. Sie hat die Operation gut überstanden und macht derzeit eine Chemo-therapie mit. Das geht ambulant, also ohne Klinikaufenthalt.

Doch Chiara müsste eigentlich re-gelmäßig mindestens einmal pro Woche ins 54 Kilometer entfern-te Oldenburg, wo in einem ent-sprechend versierten pädiatrisch-onkologischem Zentrum die Be-handlung nebst all ihren Kont-rolluntersuchungen durchgeführt werden kann. Das ist umständ-lich und zeitaufwändig. „Wir sind sehr froh, dass viele dieser Besu-che in der Klinik entfallen, weil uns Schwester Nicole besucht“, erklärt Chiaras Mutter.

Möglich ist dies durch das Mo-dellprojekt „Verbund PädOnko Weser Ems“, bei dem sich das Ol-

denburger Zentrum mit regiona-len Kliniken sowie niedergelasse-nen Ärzten und Pfl egediensten, die krebskranke Kinder betreu-en, zusammengeschlossen haben. „Wir wollen so den Kindern und ihren Familien weite Wege ins ent-fernte Zentrum in Oldenburg er-sparen“, sagt Professor Dr. Her-mann Müller, der das Projekt initi-iert hat. Denn die Beeinträchtigun-gen des normalen Lebens durch die Krebserkrankung und ihre Be-handlung sind für die Kinder und die ganze Familie per se schon groß. „Wo immer möglich, sollten die Familien deshalb entlastet wer-den“, sagt Professor Müller.

„Herzstück“ des Modellpro-jektes ist deshalb der mobile Be-suchsdienst, bei dem zwei Kin-derkrankenschwestern der Ol-denburger Klinik, die auch auf der onkologischen Kinderstation tätig sind, die betreffenden Fa-milien im wöchentlichen Wech-sel besuchen. Die Kinderkranken-schwestern sind den kleinen Pati-enten und ihrer Familie schon aus der Zeit im Krankenhaus vertraut: „Wir werden oft wie eine Freun-din der Familie begrüßt“, erzählt

dazu Schwester Nicole. Die meis-ten Kinder, die sie zu Hause auf-sucht, leiden an einer Leukämie oder einem Hirntumor und haben üblicherweise eine schwere Zeit in der Klinik hinter sich. „Wir sind deshalb sehr bemüht, den Kin-dern und ihren Eltern weitere An-strengungen zu ersparen“, sagt Schwester Nicole Haferkamp.

Die Oldenburger Erfahrungen zeigen, dass dies durchaus mög-lich ist – zum einen durch den Be-suchsdienst, zum anderen durch die Option, im Falle einer mögli-chen Komplikation direkt in der Kinderklinik am Ort vorstellig wer-

Deutliche Fortschritte bei der Behandlung des so genannten follikulären Lymphoms haben Wissenschaftler beim diesjäh-rigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) be-kannt gegeben. Denn aktuelle Studien zeigen, dass die Patien-ten länger ohne Fortschreiten der Erkrankung bleiben, wenn sie auf lange Sicht mit ein-em CD20-Antikörper behan-delt werden. Damit setzt sich eine ganze Serie an Fortschrit-ten bei der Behandlung von

Lymphomen, also bei Tumoren, die von Zellen des Lymphsys-tems ausgehen, fort.

Erkrankungen wie das folliku-läre Lymphom, das zur Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome gehört, machen sich üblicher-weise zunächst mit Schwellun-gen der Lymphknoten be-merkbar. Bei den weiteren Un-tersuchungen wird die Diagno-se gestellt, es wird jedoch üb-licherweise so lange keine Be-handlung begonnen, wie der Betreffende keine Beschwerden hat. Kommt es jedoch zu Fieber, Nachtschweiß, Müdigkeit und einem ungewollten Gewichts-

wenn nach erfolgreicher Erst-behandlung der gut verträgli-che CD20-Antikörper als soge-nannte Erhaltungstherapie wei-ter gegeben wird. „Dann sind zwei Jahre später noch 82 Pro-zent der Patienten ohne Krank-heitszeichen“, betonte der Ber-liner Onkologe. Beim „wait and watch“ ist das jedoch nach zwei Jahren nur noch bei 66 Prozent der Fall. Auch deshalb ist die Erhaltungstherapie mit dem Antikörper in den Leitli-nien der DGHO als therapeu-tischer Standard defi niert. Seit Oktober 2010 ist der Antikör-per für die Erhaltungstherapie nach einer erfolgreichen Erst-behandlung zugelassen.

verlust, sollte mit einer Chemo-therapie plus Immuntherapie begonnen werden. Seit Jahren wird dabei als Wirksubstanz der monoklonale anti-CD20-Antikör-per eingesetzt. Denn er markiert die Krebszellen und aktiviert da-durch das körpereigene Immun-system, das daraufhin die Krebs-zellen attackiert. “Die Kombina-tion aus Chemo- und Immunthe-rapie ist längst Standard bei der Behandlung des follikulären Lym-phoms“, berichtete Dr. Reinhard Musch anlässlich des DGHO-Kon-gresses in Berlin.

Dessen zusätzliche Gabe hat das krankheitsfreie Intervall und auch die allgemeine Lebenserwartung der Patienten gegenüber früher deutlich verbessert. „Leider aber ist bislang immer noch keine de-fi nitive Heilung des follikulä-ren Lymphoms möglich“, beton-te Dr. Musch. Nach erfolgreicher Erstbehandlung wird nach seinen Worten üblicherweise wie zu Be-ginn die Strategie des „wait and watch“, also des Abwartens und Beobachtens, verfolgt. Erst wenn der Patient erneut Beschwerden entwickelt, wird wieder behandelt.

Günstiger ist es nach dem Er-gebnis einer aktuellen Studie,

Im Klinikum gibt es ein richtiges Spielzimmer für krebskranke Kinder

So liebevoll die Betreuung in der Klinik auch sein mag, besser geht es den Kindern in ihrer häuslichen Umgebung

Trotz häuslicher Betreuung müssen anstehende Un-tersuchungen in der Klinik erfolgen

Das Lymphsystem (grüne Bah-nen) durchzieht den ganzen Körper. Es ist zentraler Bestand-teil des Immunsystems.

spiel Schule macht, wünschen Chiaras Eltern allen betroffenen Familien – immerhin erkranken hierzulande jährlich rund 1.800 Kinder und Jugendliche neu an Krebs. Auch die kleine Chiara ist froh, dass es Einrichtungen wie das Verbundprojekt gibt und dass Schwester Nicole sie regelmäßig besucht. Sie zeigt ihr stolz, dass die Haare auf dem zuvor durch die Chemotherapie kahlen klei-nen Kopf wieder wachsen. Und zum Abschied drückt sie ihr wie immer einen Schokoriegel in die Hand. Will sagen: Besuch mich bald wieder.

Prof. Dr. Hermann Müller

„Wir wollen den Kindern und Eltern weite Wege in die Klinik ersparen“

„Länger leben ohne Fortschreiten des Tumors“

Antikörper hält den Tumor im SchachFortschritte beim Follikulären Lymphom

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4 Lebenswege

von Frauen mit Brustkrebs ange-wandt wurde und damit um den Prototypen für das moderne Kon-zept der individualisierten Tumor-behandlung.

Das ist direkt durch den Wirk-mechanismus der Substanz be-gründet. Diese richtet sich ge-zielt gegen bestimmte Eiweiß-stoffe, die HER2-Rezeptoren, auf der Oberfl äche von Tumor-zellen. Bei ca. 20 % aller Brust-

krebspatientinnen ist die Anzahl der HER2-Rezeptoren auf der Oberfl äche der Brustkrebszellen massiv erhöht, wodurch die Zel-len mit Wachstumssignalen über-fl utet werden und unkontrolliert wachsen.

Der HER2-Antikörper hemmt die Übertragung von Wachstums-signalen und so auch die unkon-trollierten Teilungen der Krebszel-len. Zusätzlich aktiviert der Anti-

Antikörper verbessert die Heilungschancen bei Brustkrebs

Prototyp der individualisierten Krebsbehandlung

Frauen mit einem so genannten HER2-positiven Brustkrebs hat-ten noch vor zehn Jahren inner-halb der gesamten Gruppe der Brustkrebspatienten vergleichs-weise schlechte Heilungs- und Überlebenschancen. Das hat sich grundlegend geändert, als vor rund zehn Jahren der HER2-An-tikörper verfügbar wurde. Es han-delt sich um den ersten Wirkstoff, der bei einer bestimmten Gruppe 3 – Gleichzeitig wird die Immunabwehr aktiviert und die Tumorzellen

vom Immunsystem durch Makrophagen (Fresszellen) zerstört.

1 – Überexpression an HER2-Rezeptoren, 2 – Der HER2-Antikörper bindet an die Rezeptoren und verhin-dert so das Wachstum der Zelle.

Ursula Goldmann-Posch Lesetipp

Brustkrebs – Wie geht es weiter?

Unsicherheiten und Ängste sind in der ers-ten Zeit nach der Diagnose „Brustkrebs“ ein ständiger Begleiter der betroffenen Frau. Diesen belastenden Gefühlen lässt sich am besten durch gut fundierte In-formationen begegnen. Denn wer weiß, was auf ihn zukommt, wie Brustkrebs entsteht und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, der wird an Unsicherheit und auch an Angst verlieren.

Hilfe auf dem Weg zu einem informierten und selbstbestimm-ten Patienten gibt den Frauen unter anderem die Broschüre „Brust-krebs – Wie geht es weiter?“ In der Informationsschrift wird darge-stellt, wie Brustkrebs entsteht, welche Formen es gibt und warum eine genaue Diagnostik mit Abklärung der Hormon-Rezeptoren und der HER2-Rezeptoren so wichtig ist. Es werden die verschie-denen Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt und – das ist ebenso wichtig – es wird den erkrankten Frauen Mut gemacht, ihre Ängste aktiv anzugehen, sich mit Angehörigen, mit Freunden und vor al-lem mit den behandelnden Ärzten zu besprechen und zu beraten, um im individuellen Fall die bestmögliche Therapie zu erfahren. Die Broschüre kann kostenlos angefordert werden bei der Roche Pharma AG, 79630 Grenzach-Wyhlen, Tel. 07624/14-2013.

formationen begegnen. Denn wer weiß, was auf ihn zukommt,

Lexikon

HER2-RezeptorenBei den HER2-Rezeptoren handelt es sich um Eiweißstoffe, die wie Empfangsantennen an der Zelloberfl äche sitzen. Sie leiten Signa-le von außen in die Zellen hinein, die diese zum Wachstum anre-gen. Das HER2-Protein kommt auf gesunden wie auch auf Krebs-zellen vor. Sitzen nur wenige HER2-Rezeptoren auf der Oberfl ä-che der Zellen, so teilt sich diese normal. Sind aber ungewöhn-lich viele Rezeptoren dort vorhanden – wie das bei jeder fünften Frau mit Brustkrebs der Fall ist – so können sich die Rezeptoren miteinander verbinden. Dann werden die Krebszellen mit Wachs-tumssignalen überfl utet und teilen und vermehren sich unkontrol-liert.

Eine der Voraussetzungen ist das Engagement der betroffenen Frauen, die immer wieder Fort-schritte bei der Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms einfordern müssen. Wir brauchen außerdem eine noch bessere Ko-operation der Ärzte und Wissen-schaftler aus den unterschiedli-chen Bereichen, damit neue Er-kenntnisse den Frauen rascher zu-gutekommen. Es muss dabei um die Sache gehen und es muss vor allem um die betroffenen Frauen gehen. Ich glaube nicht, dass da-für mehr Forschungsgelder bereit-gestellt werden müssen. Es wäre schon sehr viel gewonnen, wenn es gelingt, die Forschung noch pa-tientenzentrierter zu gestalten. Es müssen auf vielen Ebenen die Kräfte gebündelt werden mit dem festen Willen, das Leben von Frau-en mit Brustkrebs zu retten oder zumindest zu verlängern.

Was können die betroffenen Frauen selbst tun, um ihre Hei-lungschancen zu verbessern?Das Wichtigste ist, dass die er-krankten Frauen nicht den Kopf in den Sand stecken und qua-si die Verantwortung für sich und ihr Schicksal in fremde Hände le-gen. Ich kann nicht verstehen, dass Frauen mit Brustkrebs eine Chemo-

therapie erhalten, aber nicht wis-sen, was dabei genau in ihrem Kör-per geschieht und wie die Medika-mente heißen, die sie bekommen. Krebspatienten sollten sich viel-mehr aktiv bemühen, die Hinter-gründe ihrer Erkrankung zu verste-hen. Sie sollten sich außerdem über die verschiedenen Möglichkeiten der Behandlung informieren, über die Chancen die damit verbunden sind und auch über die Risiken. Das ist in Zeiten des Internets nicht sehr aufwändig und notfalls hel-fen sicher Kinder, Enkel oder Freun-de bei der Suche nach seriösen In-formationen über die Erkrankung. Außerdem ist es hilfreich, Kontakt mit Selbsthilfe- und allgemein mit Patientenorganisationen wie zum Beispiel mamazone aufzunehmen, weil es auch über diesen Weg In-formationen und weitergehende Unterstützung gibt.

Frau Goldmann-Posch, haben Sie vielen Dank für das Ge-spräch.

Sich nicht in das Schicksal erge-ben und nicht die Verantwortung für sich abgeben, sondern sich in-tensiv um mehr Wissen über den Brustkrebs zu bemühen, das rät Ursula Goldmann-Posch Frauen, die an Brustkrebs erkranken. Drei Jahre nach ihrer eigenen Brust-krebserkrankung gründete die Journalistin und Sachbuchautorin den Verein „mamazone – Frauen und Forschung gegen Brustkrebs e.V.“ in Augsburg, der zu einer sehr aktiven Patientinnen-Initiative im Kampf gegen den Brustkrebs in Deutschland geworden ist. Für ihr Engagement wurde Frau Gold-mann-Posch im Frühjahr dieses Jahres mit dem Bundesverdienst-kreuz am Bande ausgezeichnet.

Frau Goldmann-Posch, das Risi-ko, an Brustkrebs zu versterben, ist in den vergangenen 30 Jah-ren um mehr als 20 Prozent ge-sunken. Kann sich diese positive Entwicklung noch fortsetzen?Ja, wir arbeiten für dieses Ziel und hoffen, dass sich bis zum Jahre 2020 die Sterberate beim Brust-krebs um 50 Prozent gegenüber den 80er Jahren reduziert hat.

Was sind die Voraussetzungen dafür, dass dieses Ziel erreicht werden kann?

Die Krankheit verstehen Interview mit Ursula Goldmann-Posch

körper die körpereigene Abwehr, den Kampf gegen die Tumorzel-len aufzunehmen. Beim frühen Brustkrebs wird die HER2-Antikör-pertherapie ein Jahr lang durchge-führt, da in diesem Zeitraum nach der Operation besonders häufi g

Rückfälle auftreten. Beim fortge-schrittenen Brustkrebs sollte die Behandlung so lange durchge-führt werden, wie das Medika-ment eine positive Wirkung zeigt und das Krebswachstum gestoppt wird.

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Page 5: Lebenswege - Zeitschrift für Krebspatienten und ihre Angehörigen Ausgabe 39

3 – © Phoenixpix-Fotolia.com, 4 – © Jita-Fotolia.com

5Lebenswege

zAvon

bis

Medizinerdeutsch

Mit „Medizinerdeutsch von A bis Z“ wollen wir zu etwas mehr Orientierung im Dschungel der Mediziner-sprache beitragen.

Wenn es um die Krebsbe-kämpfung geht, hört man gelegentlich, Zellen wür-den in die „Apoptose“ ge-trieben. Oft fällt dabei auch der Begriff des „program-mierten Zelltods“. Es han-delt sich hierbei um eine Art Selbstmordprogramm, de-nen Zellen unterliegen, wenn sie geschädigt sind. Von sol-chen Zellen gehen offenbar Signale aus, die vom Immun-system erkannt werden. Die Immunzellen können dann die geschädigten Zellen an-regen, sich selbst aktiv auf-zulösen. Die Apoptose ist damit ein Teil des eigenen Stoffwechsels von Körperzel-len und endet in der Zerstö-rung der geschädigten Zelle, allerdings ohne dass dadurch Nachbarzellen mit zugrunde-gehen. Das Phänomen ist für die Krebsforschung bedeut-sam. Denn es wird intensiv nach Wirkstoffen gesucht, die diesen Prozess unterstüt-zen und gezielt Krebszellen in die Apoptose treiben.

Anders ist das bei der „Ne-krose“, einem Prozess, bei dem ebenfalls Zellen abster-ben. Dies geschieht jedoch im Rahmen von Krankheits-prozessen, zum Beispiel aus-gelöst durch Gifte, Bakterien oder durch Sauerstoffmangel. Es sterben in aller Regel dabei nicht einzelne Zellen sondern ganze Gewebeteile ab.

te verzichten und auch allgemein schwere Belastungen vermei-den. „Dazu gehört auch schwe-re Gartenarbeit“, mahnt der Sporttherapeut. Dann kann man nach und nach die Belastung stei-gern, wobei die Bewegung aber keine Schmerzen verursachen darf.

Ähnliche Ratschläge gibt Sport-wissenschaftler Baumann Patien-ten, bei denen die Gebärmutter aufgrund einer Krebserkrankung oder ein Teil der Leber entfernt werden musste. „Für diese Pati-enten gelten nahezu die gleichen Bewegungsempfehlungen wie für

Menschen mit Magen- oder Darm-krebs“ sagt Baumann.

Geeignet sind nach seinen An-gaben Ausdauersportarten wie Radfahren, Walking und Nordic Walking sowie ein Stufentraining (Stepping), Skilanglauf Wandern, Tai-Chi oder Qui-Gong und Yoga sowie modifi zierte Ballspiele. Bei Ballspielen oder Wettkampf-spielen sollten aber weiche Bäl-

le gewählt werden. Grundsätzlich müssen nach Bauch-Operationen aufgrund der Schonhaltung aber auch Kräftigungsübungen für den Rücken durchgeführt wer-den. Wenn dann die Operations-narbe „dicht“ ist, sollten Dehn-übungen für die Bauchmuskula-tur folgen.

Einschränkungen bei der Wahl der Sportart gibt es vor allem bei Patienten mit Darmkrebs, bei de-nen ein künstlicher Darmaus-gang angelegt werden musste. Ihnen rät der Sporttherapeut zu-

Magen- und Darmkrebs: Was kann Sport bewirken?

Die körperliche Belastung nur langsam steigern

Ein körperliches Bewe-gungsprogramm kann

Menschen mit Magen- und auch jenen mit Darmkrebs hel-fen, die Beweglichkeit im ope-rierten Bereich zu verbessern, die Rumpf- und Rückenmuskulatur zu kräftigen und ganz allgemein die körperliche Konstitution zu stärken.

Die Betroffenen können nach kom-plikationsloser, kompletter Aus-heilung der Operationsnarbe, von einigen Einschränkungen abge-sehen, fast alle Sportarten betrei-ben. Sie sollten laut Dr. Freerk Bau-mann von der Deutschen Sport-hochschule in Köln unbedingt je-doch die Belastungsintensität nur langsam steigern und zunächst auf das Heben schwerer Gewich-

nächst zu einfachen gymnasti-schen Übungen, wobei ruckar-tige und reißende Bewegungen zu vermeiden sind. Außerdem müssen Übungen in Bauchlage so abgeändert werden, dass die Bauchregion dadurch nicht be-

lastet wird. Die Patienten müssen während den Übungen zudem auf eine gleichmäßige Atmung achten, um nicht in eine Press-atmung zu verfallen. Bauchkräf-tigungsübungen sollten ferner stets mit Rückenübungen kombi-niert werden, um den gesamten Bewegungsapparat gleichmäßig zu kräftigen und zu stabilisieren.

Weiterführende Informationen – selbstverständlich auch zu Emp-fehlungen für Patienten mit ande-ren Tumorformen - fi nden Interes-sierte auf der Internetseite www.freerk-baumann.de. Dort gibt es auch Hinweise zu Broschüren und Büchern zum Thema „Sport und Bewegung bei Krebs“.

Ein körperliches Bewe-gungsprogramm kann

Menschen mit Magen- und

Spo

rt und Bewegung

bei Krebs

Skilanglauf – eine ideale Sportart bei vielen Tumorerkrankungen (3)

Obwohl Krebserkrankungen in der Europäischen Union einen Anteil von 16,7 Prozent der gesamten Krankheitslast verursachen, wird für ihre Behandlung nur 6,4 Prozent der Gesundheitskosten aufgewen-det.

Hopfen enthält offenbar Wirk-stoffe, die das Krebswachstum hemmen. Ein vielversprechen-der Hopfenbestandteil ist Xan-thohumol, eine Substanz, die aggressive Sauerstoffverbin-dungen, die so genannten Ra-dikale, eliminiert. Sie wirkt au-ßerdem entzündungshemmend und blockiert Funktionen von Hormonen. Xanthohumol kann zudem geschädigte Zellen wie auch Krebszellen direkt in den sogenannten programmierten

Hopfen wirkt dem Krebs entgegen

Selbstmord treiben und damit unschädlich machen. Außerdem hemmt Xanthohumol die Bildung neuer Blutgefäße, über die der

Tumor sich versorgt. Der Wirk-stoff verfolgt damit eine Strate-gie, wie sie auch bei modernen Medikamenten in der Krebsbe-handlung üblich ist.

Entdeckt wurden die schüt-zenden Wirkungen durch Dr. Clarissa Gerhäuser vom Deut-schen Krebsforschungszent-rum in Heidelberg. Die Wis-senschaftlerin ist der Ansicht, dass Xanthohumol nicht nur für die Krebsvorbeugung, son-dern auch für die Behandlung von Krebspatienten interes-sant sein kann. Es wird des-halb intensiv daran geforscht, diesen Inhaltstoff des Hop-fens so aufzubereiten, dass er möglicherweise eines Ta-ges als Medikament einsetz-bar wird. Denn über die Nah-rung lässt sich die notwendige Menge an Xanthohumol nicht aufnehmen. Auch das Biertrin-ken ist keine Alternative: Man müsste täglich schon mehrere

hundert Liter Bier zu sich neh-men, um Wirkstoffkonzent-rationen zu erreichen, die für die Schutzwirkung notwendig sind.

Mutter Natur hält so manche Substanz bereit, die das Tumorwachs-tum hemmt (4)

„Mit gymnastischen Übungen beginnen“

„Fast alle Sportarten sind

möglich“

„Tumorzellen in den programmierten Zelltod treiben“

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5 – Pitopia, 6 – Pitopia

6 Lebenswege

Krebserkrankungen und deren Behandlung ziehen sich in aller Regel über einen längeren Zeit-raum hin. Neben den gesund-heitlichen Problemen werden bei langwierig zu behandelnden Tumoren dann auch Fragen der Existenzsicherung drängend. Was tun, wenn sich die Zeit, in der Krankengeld durch die Krankenkassen bezogen wer-den kann, dem Ende zuneigt?

Generell erhalten Arbeitneh-mer nach Auslaufen der Lohn-fortzahlung durch ihre Kranken-kasse für 78 Wochen Kranken-geld, dessen Höhe sich an den vorherigen Bezügen bemisst. Verstreicht diese Zeit, ohne dass der Patient wieder arbeitsfähig ist, so kann er mit Hinweis auf die Nahtlosigkeitsregelung Ar-beitslosengeld beantragen, was

Dr. Astrid von Einem

Christine Vetter

r

Den Alltag trotz Krebs bewältigen

Hilfen für Arbeitnehmer in der gesetzlichen

und privaten Krankenversicherung

Wie lässt sich die Existenz bei langer Krankheit sichern?

Serie Patientenrechte

allerdings vielen Patienten nicht bewusst ist. Durch die Nahtlosig-keitsregelung aber können auch Personen Arbeitslosengeld erhal-ten, wenn sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Vor-aussetzung ist, dass die Arbeitsfä-higkeit für mindestens sechs Mo-nate unter 15 Stunden wöchent-lich beträgt.

Der Betreffende muss ferner persönlich bei der Agentur für Ar-beit vorstellig werden und er muss die erforderliche Anwartschaft er-reicht haben. Das bedeutet in al-ler Regel, dass er innerhalb der vergangenen zwei Jahre mindes-tens zwölf Monate in einem ver-sicherungspfl ichtigen Arbeitsver-hältnis gestanden haben muss. Ist das der Fall, so ist ein Antrag auf Arbeitslosengeld sinnvoll.

Das Arbeitslosengeld wird für sechs bis 24 Monate gezahlt, wo-bei sich die Bezugsdauer nach der Dauer der vorherigen Beschäf-tigung richtet. Die

Höhe ist abhängig vom Familienstand, von der jeweiligen Lohnsteuerklas-se und vor allem von der Höhe des vorherigen Lohns.

Zur Sache:Weiterführende Informationen rund um das Thema Patien-tenrechte bietet die Informati-onsbroschüre „Den Alltag trotz Krebs bewältigen – Hilfen für Ar-beitnehmer in der gesetzlichen und privaten Krankenversiche-rung“. Die Broschüre informiert in verständlicher Sprache über Hilfe im sozialen Umfeld von der Gewährung einer Haushaltshil-fe über die Frage, welche Kosten für Medikamente sowie Heil- und Hilfsmittel von den gesetzlichen wie auch den privaten Kranken-kassen übernommen werden bis hin zu Themen der Existenzsiche-rung. Die Broschüre kann kosten-frei angefordert werden bei der Redaktion Lebenswege, Verlag Wortreich GIK GmbH, Postfach 1402, 65534 oder per Coupon,

siehe Seite 8.

Früh auch schon an die späte-re Existenzsicherung denken (6)

Tumorstammzellen blockieren die Krebsheilung Heidelberger Forscher sagen der „Wurzel des Übels“ den Kampf an

ben, wobei darunter auch so ge-nannte Tumorstammzellen sind. Es handelt sich um eine kleine Anzahl praktisch unsterblicher

Zellen, die immer wieder „Nach-schub“ an Tumorzellen bilden. Sie sind damit für das Fortbeste-hen der Tumore und wahrschein-lich auch für die Entstehung der gefürchteten Metastasen verant-wortlich. Außerdem stehen sie im Verdacht, für das Wiederauftre-ten von Tumoren nach zunächst erfolgreicher Behandlung verant-wortlich zu sein.

Da sich Krebsstammzellen an-ders als die Tumorzellen nur sel-ten teilen, sind sie leider weitge-hend unempfi ndlich gegenüber der Chemo- wie auch gegenüber der Strahlentherapie. Das haben Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums in Hei-delberg mitgeteilt. Dort arbeitet vor allem eine Forschergruppe um

Krebszellen sind nicht gleich Krebszellen. Es scheint vielmehr innerhalb vieler Tumore eine ge-wisse Hierarchie der Zellen zu ge-

Professor Dr. Andreas Trumpp an der Erforschung der Tumorstamm-zellen. Professor Trumpp ist über-zeugt davon, dass eine erfolgrei-che Krebstherapie nur gelingen kann, wenn die Tumorstammzel-len als „Wurzel des Übels“ gezielt ausgemerzt werden. Denn solan-ge Krebsstammzellen im Körper verbleiben, kann der Tumor wie-der neu entstehen: „Wir suchen deshalb nach Methoden, die re-lativ seltenen Tumorstammzellen mit empfi ndlichen Methoden zu entdecken und anschließend ge-

zielt zu vernichten“, erklärt der Heidelberger Wissenschaftler.

Einen Erfolg hat die Arbeits-gruppe um Professor Trumpp be-reits zu verzeichnen. Mit Hilfe des Botenstoffs Interferon konn-ten sie „schlafende“ Stammzel-len im Blut in einen teilungsakti-ven Zustand versetzen und damit anfällig gegenüber Krebsmedika-menten machen. Bei Patienten mit Leukämie wollen die Forscher nun untersuchen, ob diese Strate-gie auch bei aktiver Krebserkran-kung erfolgreich sein kann.

Die Erforschung der Tumorstammzellen gibt Anlass zur Hoffnung auf künftige Fortschritte in der Krebstherapie (5)

Tumorstammzellen sind wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass bestimmte Tumore nach der vermeintlichen Heilung erneut auftreten können

Wie eng die Verwandtschaft zwi-schen Stammzellen und Tumor-zellen ist, zeigt sich am Beispiel der Hirntumore. Auch im Gehirn gibt es Stammzellen, wobei aus den Hirn-Stammzellen unter dem Einfl uss eines bestimmten Eiweiß-stoffs bösartige Tumore entste-hen können.

Das Glioblastom, der bös-artigste Hirntumor beim Men-schen, scheint nach diesem Mus-ter zu entstehen. Damit ergibt sich möglicherweise ein Angriffs-punkt, eine zielgerichtete The-rapie gegen diesen Hirntumor zu entwickeln, meinen Forscher

am Deutschen Krebsforschungs-zentrum in Heidelberg. Die Wis-senschaftler dort haben sich auf die Erforschung der Zusammen-hänge bei Hirntumoren bei Kin-dern spezialisiert und koordinie-ren dabei ein Team an Forschern aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands. Sie suchen ge-meinsam nach Genveränderun-gen, auf deren Boden die Hirn-tumore entstehen. Ziel der For-schungen, die Teil des Internati-onalen Krebsgenom-Konsortiums sind, ist es, eine maßgeschnei-derte Therapie für Patienten mit Hirntumor zu entwickeln.

Stammzellen auch in Hirntumoren

Selbsthilfevertreter können Menschen mit Krebs von der Di-agnose bis zur Wiedereingliede-rung in den Alltag unterstützen. Doch noch immer gibt es Vorur-teile gegenüber Selbsthilfegrup-pen. Diese müssen dringend ab-gebaut und die Patientenorien-tierung muss auf gesundheitspo-litischer Ebene gestärkt werden. Das ist das Fazit des diesjährigen Tages der Krebs-Selbsthilfe im November in Bonn, ausgerichtet von der Deutschen Krebshilfe.

Liegt Darmkrebs in der Fami-lie vor, so ist eine engmaschi-

Meldungen

ge Überwachung wichtig. Denn Menschen mit erblicher Veran-lagung zum Darmkrebs – das sind drei Prozent aller Darm-krebspatienten – werden mit 80prozentiger Wahrscheinlich-keit an diesem Tumor tatsäch-lich erkranken. Aufgrund der Daten einer Langzeitstudie ei-nes bundesweiten Forschungs-verbunds raten die beteilig-ten Ärzte Menschen mit ho-hem Darmkrebsrisiko zu einer jährlichen Darmspiegelung, um den Tumor frühzeitig zu entde-cken und behandeln zu kön-nen.

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7 – © cmfotoworks-Fotolia.com

7Lebenswege

Auch Infektionen können Krebs auslösenVor allem Viren setzen die Wachstumskontrolle von Zellen außer Kraft

eigenen Gene in das Erbgut der Körperzellen ein und zerstören dabei Gene, die die Zellen norma-lerweise vor unkontrollierten Tei-lungen schützen. Es kommt da-durch zum ungezügelten Zell-wachstum und zur Bildung eines Tumors.

Das bedeutet selbstverständ-lich nicht, dass jede Virusinfektion zu einer Krebserkrankung führt. Andererseits gibt es bei verschie-denen bösartigen Tumoren enge Zusammenhänge zwischen der Krebsentstehung und der Infekti-

on mit Viren oder Bakterien. Die Infektion ist dabei meist nicht der alleinige Auslöser der Krebser-krankung, erhöht aber die Wahr-scheinlichkeit, dass sich im Zu-sammenspiel mit anderen Fakto-ren ein Tumor ausbildet.

Gut bekannt ist dies zum Bei-spiel beim Leberkrebs. Das Ri-siko, an einem solchen Tumor zu erkranken, steigt erheblich an, wenn eine chronische Infek-tion mit Hepatitis B- oder He-patitis C-Viren vorliegt. Der Le-berkrebs ist damit auch ein Bei-spiel dafür, dass man sich vor der Krebsentstehung schützen kann. Denn durch eine Impfung gegen Hepatitis-B-Viren wird die Infek-tion – und damit auch der da-durch möglicherweise entstehen-de Leberkrebs – verhindert. Ge-gen die Hepatitis-C gibt es eine solche Schutzmöglichkeit bislang nicht.

Anders beim Gebärmutterhals-krebs, dessen Entstehung durch humane Papillomviren (HPV) aus-gelöst werden kann. Auch gegen eine HPV-Virus-Infektion ist seit einigen Jahren eine Impfung vor

Jede fünfte Krebserkrankung ent-steht nach Schätzung von Exper-ten durch eine Infektion mit Viren oder Bakterien. Die Erreger ha-ben offenbar Mechanismen ent-wickelt, mit denen sie die Wachs-tumskontrolle von Zellen außer Kraft setzen können und so ihre eigene Vermehrung forcieren. So können verschiedene Viren ver-hindern, dass Körperzellen, die geschädigt sind, sich praktisch selbst durch den so genannten „programmierten Zelltod“ zer-stören. Andere Viren bauen ihre

Lesetipp

„Lungenkrebs – Informationen für Patienten und Angehörige“

Menschen mit Lungenkrebs brauchen eine umfassende Aufklä-rung über ihre Erkrankung. Dabei hilft ihnen die Broschüre „Lun-genkrebs - Informationen für Patienten und Angehörige“. Im Fo-kus der Informationsschrift stehen die Themen „Diagnose“, „The-rapie des Lungenkarzinoms“ und „Leben mit der Erkrankung“, wobei vor allem die medizinischen Hintergründe einfach verständ-lich dargestellt werden inklusive der modernen Therapieziele und Behandlungsmöglichkeiten. Die Broschüre gibt auch Hilfestellung bei der Bewältigung der Erkrankung und enthält nützliche Adres-sen und Expertentipps sowie ein Glossar der medizinischen Fach-begriffe.

„Die Informationsbroschüre soll Patienten und Angehörigen Mut machen und als Ori-entierungshilfe bei der Auseinandersetzung mit der Krankheit dienen“, erläutert Sport-journalist Dieter Kürten, der sich schon seit fünf Jahren als Schirmherr der Kampag-ne „Der zweite Atem – Leben mit Lungen-krebs“ für Menschen mit einem Bronchial-karzinom engagiert.

Der Patientenratgeber kann kostenlos angefordert werden bei der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen, Tel. 07624/14-2013 oder direkt über das Internet unter www.roche-onkologie.de auch herunter gela-

den werden. Weiterführende Informationen gibt es außerdem unter der Webseite der Initiative „Der zweite Atem – Leben mit Lun-genkrebs“ unter der Webseite www.der-zweite-atem.de.

„Die Informationsbroschüre soll Patienten und Angehörigen Mut machen und als Ori-entierungshilfe bei der Auseinandersetzung mit der Krankheit dienen“, erläutert Sport-journalist Dieter Kürten, der sich schon seit fünf Jahren als Schirmherr der Kampag-ne „Der zweite Atem – Leben mit Lungen-krebs“ für Menschen mit einem Bronchial-karzinom engagiert.

angefordert werden bei der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen, Tel. 07624/14-2013 oder direkt über das Internet unter www.

den werden. Weiterführende Informationen gibt es außerdem

ImpressumHerausgeber:WORTREICH Gesellschaft für indi-viduelle Kommunikation mbH, Bar-füßerstr. 12, 65549 Limburg/Lahn, Tel.: 06431/59096-0, Fax: 06431/ 59096-11, [email protected]

Verantwortliche Redaktion:Christine Vetter, Köln

freie Mitarbeit:Dr. med. Klaus Steffen

Grafi k:Inken Pöhlmann, Bremerhaven

Druck:Kessler, Druck+Medien, Bobingen

„Lebenswege“ wird gefördert von der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.

Es gibt gute Hinweise darauf, dass sich durch Vitamin D der Entstehung bösartiger Tumore vorbeugen lässt. Gebildet wird das Vitamin unter Sonneneinfl uss in der Haut. Vor allem in der eher dunklen Jahreszeit ist es deshalb wichtig, regelmäßig an die frische Luft zu gehen, damit sich in der Haut ausreichende Mengen des krebsprotektiven Vitamins bilden können.

Allerdings darf man es auch nicht übertreiben. Das gilt vor al-lem für die Sommermonate oder bei Urlaubsreisen in sonnige Regi-onen. Denn zuviel UV-Bestrahlung leistet bekanntlich der Entstehung von Hautkrebs Vorschub. Außer-

Vitamin D beugt Krebs vorIm Winter sind längere Aufenthalte an der frischen Luft ratsam

dem reichen schon relativ kurze Aufenthalte in der Sonne für eine vor Krebs schützende Vitamin D-Produktion. So empfehlen die Ex-perten in den Sommermonaten täglich bis zu 15 Minuten Sonnen-bestrahlung der unbekleideten Haut im Gesicht, an den Händen und den Armen. Das reicht für die Vitamin D-Versorgung.

Problematischer ist es in den Herbst- und Wintermonaten, wenn die UV-Intensität deut-lich schwächer ist. Dann kann es schwierig sein, den Vitamin D-Be-darf über die Sonnenbestrahlung der Haut zu decken. Alternativ kann ein Besuch im Solarium hel-fen, allerdings immer nur wohldo-

siert, damit nicht das Hautkrebs-risiko steigt. Auch ist es ratsam, die Vitamin D-Aufnahme über die Nahrung zu steigern, wobei ein regelmäßiger Verzehr von Fisch (und gegebenenfalls Fischölen) hilfreich ist. Besonders wirksam aber ist es, den Aufenthalt an der frischen Luft zu steigern - am besten bei gleichzeitiger körper-licher Aktivität, also zum Beispiel in Form langer Spaziergänge oder Wanderungen.

Im Herbst und Winter durch Spaziergänge Vitamin D „tanken“ (7)

Länger tumorfrei beim Lungenkrebs

OPTIMAL-Studie spricht für zielgerichtete Therapie

Fortschritte gibt es bei der Behandlung von Patienten mit Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium. So dürfen vor allem jene Patienten auf eine neue Therapieoption hoffen, bei denen die Tumorzellen spezielle Antennen (Rezeptoren) für den Wachstumsfaktor EGF tragen, die ge-netisch verändert (mutiert) sind. Denn eine neue Studie, die OPTIMAL-Studie, zeigt, dass Patienten mit so veränderten Tumorzellen bei der Behandlung profi tieren, wenn sie gleich nach der Diagnose schon ei-nen Wirkstoff aus der Gruppe der so genannten Tyrosinkinasehemmer erhalten. Das wurde bei einem europäischen Krebskongress bekannt gegeben. Der Wirkstoff, der das moderne Konzept der zielgerichte-ten Behandlung verkörpert, wird bereits länger beim Lungenkrebs ge-nutzt, jedoch erst, wenn eine vorangegangene Chemotherapie nicht erfolgreich war. Die behördliche Genehmigung für den Einsatz gleich nach der Diagnosestellung wird voraussichtlich nächstes Jahr erteilt.

allem bei jungen Frauen sinnvoll. Damit gibt es zugleich die Chan-ce, die Entstehung von Gebär-mutterhalskrebs zu unterbinden.

Es gibt verschiedene weite-re Viren und Bakterien, die mit Krebserkrankungen assoziiert sind. Bekannt ist zum Beispiel, dass Infektionen mit dem Ep-stein-Barr-Virus (EBV) unter an-derem eine bösartige Erkran-kung von Blutzellen fördern und ein so genanntes Hodgkin-Lym-phom auslösen können. Auch das Bakterium Helicobacter py-

lori begünstigt solche Lympho-me. Es zeichnet außerdem für viele Fälle von Magenkrebs ver-antwortlich. Ist eine Helicobacter pylori-Infektion des Magens be-kannt, so kann die Krebsgefahr durch eine Behandlung mit Anti-biotika gebannt werden.

Gefährlich werden Virusinfekti-onen vor allem Menschen mit ge-schwächtem Immunsystem, was das besonders häufi ge Auftreten bösartiger Tumore wie dem Ka-posi-Sarkom bei Menschen mit HIV-Infektion erklärt.

Es gibt verschiedene Viren und Bakterien, die die Bildung bösartiger Tumore auslösen können

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NTA

KT Sollten Sie Fragen zu den hier

vorgestellten Themen haben, rufen Sie uns unter der angegebenen Service-Nummer an, schicken Sie uns eine E-Mailoder schreiben Sie uns an die angegebene Adresse.

06431/59096-25

[email protected]

WORTREICH GIK GmbH„Lebenswege“Postfach 1402D-65534 Limburg

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8 – © Dominique Vernier-Fotolia.com, 9 – Pitopia

8 Lebenswege

Termine

Einen Christkindlmarkt gibt es am 12. Dezember 2010 von 14-18 Uhr im Kinderhospiz SONNENHOF, Wilhelm-Wolff-Straße 36, 13156 Berlin

Weitere Informationen unter www.bjoern-schulz-stiftung.de/veranstaltungen

Der Workshop „Tücher, Tur-bane und Schokolade“ fi n-det am 13. Dezember 2010 ab 13.15 Uhr im Vivantes Klini-kum am Urban, Dieffenbach-straße 1, 10967 Berlin statt. Christin Belzner vermittelt da-bei Krebspatienten Schmink-tipps sowie kreative Ideen und Bindetechniken zur Gestaltung des Kopfes. Die Teilnahme ist kostenfrei; Anmeldung unter: Tel. 030-69596699.

Kosmetik-

und Pfl egetipps

Wenn Wimpern und Augenbrau-en infolge einer Chemotherapie ausfallen, ist das besonders be-lastend für die Betroffenen. Denn damit verändert sich das Aus-sehen des Gesichts ganz erheb-lich. Der Haarverlust lässt sich außerdem weniger gut als der

Verlust des Haupthaares durch Perücken oder Tücher kaschie-ren.

Dafür aber ist es im Gesicht mög-lich, die fehlenden Haare durch einen Augenbrauenstift nach-zuzeichnen. „Vermeiden müs-sen Krebspatienten aber Perma-

nent-Make ups, also Tätowierun-gen der Wimpernleiste oder der Augenbrauen“, betont Marion Wehmeier aus Köln. Die Tätowie-rungen können vor allem im Be-reich der Augen, die durch die Chemotherapie oft sehr empfi nd-lich geworden sind, erhebliche Reizungen und Entzündungen hervorrufen „Es ist zudem völlig

unbekannt, wie die ein-gesetzten Farben zusam-men mit der Chemotherapie wirken und sich möglicherweise gegenseitig beeinfl ussen“, mahnt die Kosmetikerin. Auch das Auf-kleben künstlicher Wimpern kann nach ihren Worten durch den Kleber zu Reizungen füh-ren.

Beratungsstellen der DKMS (Deutsche Knochenmarkspender-datei gemeinnützige Gesellschaft) bieten Kosmetikseminare speziell für Krebspatienten. In diesen Se-minaren, die für die Krebspatien-ten kostenfrei sind und von ver-sierten Kosmetikerinnen wie auch Marion Wehmeier durchgeführt werden, wird unter anderem da-rüber informiert, wie man Wim-pern und Augenbrauen ins Ge-sicht schminken kann.

Es werden einfache Tricks ver-mittelt, zum Beispiel zu der Frage, wie lang die Augenbrauen nach-gezeichnet werden sollten. „Man nimmt dazu den Stift und setzt

Hände weg von Permanent-Make ups

Serie Hautpfl ege und Kosmetik-Tipps

Fehlende Wimpern oder Augenbrauen als Folge der Chemotherapie kann man nachzeichnen. Aber Vorsicht: Nicht tätowieren! (8)

An kalten Wintertagen können schmackhafte Suppen helfen, den Körper optimal mit Nähr-stoffen und Vitaminen zu ver-sorgen. Sie können die Ernäh-rung von Krebspatienten ergän-zen und Entwicklungen wie der Auszehrung entgegen wirken. Ein Beispiel ist die Maissuppe. So wird sie gemacht:

Zutaten (2Portionen):1 Dose Gemüsemais (Abtropfgewicht 285 g)1 Zwiebel1 EL Rapsöl250 ml Gemüsebrühe150 ml Sahne Salz, Pfeffer1 Lorbeerblatt1 TL scharfer Senf (nach Belieben)2 EL Schnittlauch4 EL Maltodextrin

Zubereitung:Den Mais auf einem Sieb abtrop-fen lassen. Die Zwiebel fein wür-feln und in Öl glasig anschwit-zen. Die Maiskörner, die Ge-müsebrühe und die Sahne hin-zufügen. 10 Minuten mit dem Lorbeerblatt leicht köcheln. Im Anschluss das Lorbeerblatt wie-der entfernen. Den Schnittlauch

Appetit auf Suppen?Maissuppe

in feine Ringe schneiden. Das Maltodextrin unterrühren. Die Suppe pürieren und durch ein Sieb streichen. Mit Senf, Salz und Pfeffer abschmecken.

Nährwerte:Energie: 335 kcal Eiweiß: 6 gKohlenhydrate: 39 g Fett: 17 gVitamine:Vitamin E: 1 mg Vitamin C: 17 mg

Weitere Rezepte fi nden sich in der Broschüre “Appetit auf Suppen – Erfolgsrezepte für Lieblingssuppen“, die kosten-frei angefordert werden kann bei der Roche Pharma AG, 79639 Grenzach-Wyhlen, Tel. 07624/14-2013.

ihn am Nasenfl ügel an. Richtet man ihn von dort zum Augenan-fang aus, so zeigt er den Anfang der Augenbraue an. Richtet man

ihn am Ende des Auges aus, so zeigt er entsprechend das Ende der Augenbraue an“, erklärt die Kosmetikerin.

(9)

LeserbriefMit dem Schreiben von Geschichten und auch Gedichten lassen sich Gefühle in Worte fassen. Das kann durchaus bei der Bewältigung von Krankheiten helfen. Eine Leserin, selbst an Krebs erkrankt, hat uns das nachstehenden Gedichte zur Veröffentlichung geschickt.

Gewitterluft

Viele Narben auf der Seele, grau und schwarz, so wie die Nacht,

kaum ein Ton entweicht der Kehle, doch der Mond am Himmel wacht.

Ein Gedanke, so nah am Abgrund. Tiefe Ruhe und ein Gefühl der Stille

heilen Wunden und gesund kehrt zurück der Lebenswille.Frohsinn und ein Hauch von Zärtlichkeit nähren

das empfi ndsame Gemüt,bis sich öffnet der Himmel der Ewigkeit,

bleibt die Seele wohl behüt`.

Irmtraud Jahns, Wunsdorf

Schreiben Sie uns, wie Sie mit der Krebserkrankung umgehen. Wir freuen uns über jede Zuschrift, müssen uns leider aber vorbehal-ten, Leserbriefe gekürzt wiederzugeben. Leserbriefe stellen die Meinung des Schreibenden und nicht zwangsläufi g die Meinung der Redaktion dar.

Die Redaktion

Lesetipp

„Wir haben noch so viel vor“

„Eine Krebserkrankung lässt einen zu Tode erschrecken, verschlägt einem die Sprache“ – „Wir wollten eigent-lich dieses Buch nicht schreiben“ – so heißt es im Vorwort. Ingrid und Manfred Stolpe haben das Buch „Wir haben noch soviel vor“ den-noch verfasst: „Weil wir erlebt ha-ben, wie viele Betroffene den Erfahrungs-austausch suchen“, so schreiben sie.

Die Diagnose Darmkrebs ereilte Manfred Stolpe bereits im Jah-re 2004. Er stand mitten in seinem politischen Leben und kämpf-te gerade gegen die LKW-Maut, als er von dem Tumor erfuhr und von den Metastasen, die sich bereits in der Leber gebildet hatten. Wenige Jahre später, 2008, erkrankte seinen Frau Ingrid an Brust-krebs.

Das kürzlich erschienene Buch erzählt die Lebensgeschichte des Ehepaares, das nunmehr im Kampf gegen den Krebs eine neue Gemeinsamkeit gefunden hat. Eingestreut sind dabei immer wie-der kurze Kapitel, die vor allem beschreiben, wie die Allgemeinärz-tin Ingrid Stolpe ihre Erkrankung erlebt hat. Ingrid und Manfred Stolpe versuchen mit ihrem Buch zu vermitteln, dass eine Krebs-diagnose kein Todesurteil sein muss und dass ein erfülltes Leben auch mit der Krankheit möglich ist. Das Buch ist im Ullstein Verlag erschienen und kostet 19,95 Euro, ISBN 978-3-550-08818-6.

„Wir haben noch

„Eine Krebserkrankung lässt einen zu Tode erschrecken, verschlägt einem die Sprache“ – „Wir wollten eigent-

ben, wie viele Betroffene den Erfahrungs-