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Lebenswert trotz Behinderung!
Was leistet Geriatrie?
Historie
Ignatz Leo Nascher
* 1863 in Wien; † 1944 New York
prägte Anfang des 20. Jahrhunderts den Begriff Geriatrie
1914 Lehrbuch mit dem Titel:
Geriatrics: The diseases of old age and their treatment.
Ignatz Leo Nascher Preis in Wien alljährlich
Entwicklungsgeschichte der Geriatrie in Deutschland
1938 Max Bürger gründet in Leipzig die
„Deutsche Gesellschaft für Altersforschung“.
1958 erste Fachklinik für Geriatrische Rehabilitation in Hofgeismar
Geriatrie ist neben der Pädiatrie die einzige medizinische Fachdisziplin, die sich mit einem Lebensabschnitt beschäftigt, nämlich dem Alter
Alle anderen klinischen Fachgebiete sind organbezogen wie z.B. Kardiologie, HNO, Augenheilkunde, Nephrologie….
Styp-Rekowsky 2014
Was ist Alter(n)?
Alter heißt nicht gleich Krankheit
Alter ist kein Zustand
Alter(n) ist ein Prozess
Prozess bedeutet Weg
Prozess heißt Veränderung
alle Materie verändert sich permanent
Dimensionen des Älterwerdens
Physis
Psyche
Soziokulturelle Teilhabe
Styp-Rekowsky 2014
Veränderungen der Physis
• Abnahme der Muskelmasse
• Funktionseinschränkung der (Sinnes-) Organe
• Erhöhtes Sturzrisiko
• Gebrechlichkeit „Frailty“
• Verminderte Reservekapazität und Anpassungsfähigkeit
• Verlängerte Rekonvaleszenz
Physische Kriterien von Frailty
• Gewichtsverlust > 5 kg in 12 Monaten • Physische und psychische Erschöpfung • Körperliche Schwäche • Verlangsamte Gangart • Verminderte körperliche Aktivität
nach FRIED et al. (2001)
(mögliche) Veränderungen der Psyche
• Stärkere Stimmungsschwankungen
• Depressive Entwicklung
• Kognitive Einschränkungen
Häufige Ursachen:
Verlusterlebnisse,
Nachlassen der Sinnesorgane (insbesondere Hören)
Mobilitätseinschränkung
Soziokulturelle Teilhabe
Veränderungen der physischen und psychischen Befindlichkeit beeinflussen die
Fähigkeit zur soziokulturellen Teilhabe
Der Mensch ist seinem Wesen nach ein
Rudeltier
Eine regelmäßige und erfüllende soziale
Teilhabe ist ein Lebenselixier
Alltagskompetenz im Alter
Effektive Gestaltung und Bewältigung der Anforderungen des alltäglichen Lebens
Werden die Anforderungen erfüllt ist der Mensch alltagskompetent
Basale Kompetenzen (basic level of competence Baco) Selbstpflegeaktivitäten Instrumentelle Aktivitäten Hoch automatisiert, routinemäßig , für das tägliche Überleben notwendig Normativ, alle Erwachsenen sollten diese Aktivitäten durchführen können Überwiegend von Gesundheitsfaktoren beeinflusst
Erweiterte Kompetenz (expanded level of competence ExCo)
Komplexe, instrumentelle sowie soziale und Freizeitaktivitäten
Dienen dazu die bloße Existenz in ein lebenswertes Leben zu verwandeln
Von kulturellen und psychsozialen Faktoren beeinflusst
Messinstrumente
Assessments:
Überblick über den gesamten Status bezüglich
Motorik
Kognition
Psyche
Soziales
Gegenseitige Beeinflussung und Wechselwirkung
Grundfragen
Welche Beeinträchtigungen bestehen?
Wie lange bestehen diese?
Welche Ressourcen sind vorhanden?
Wie ist die Prognose?
Was ist ein Assessment?
Das Wort
Assessment
kommt aus dem englischen und heißt soviel wie
„Bewertung“, „Beurteilung“ oder „Einschätzung“
Spezielle Geriatrische Assessmentverfahren
Selbsthilfefähigkeit (Barthelindex, FIM…)
Kognition (Minimental-Status, Uhrentest…)
Emotionalität (Geriatrische Depressionsskala…)
Mobilität (Timed-up-and-Go, Tinetti…)
Ernährung (Malnutrition…)
Sozialassessment (Wohnumfeld, Hilfsmittel, rechtliche Verfügungen, Angehörige, Hobbys…)
Barthelindex
• Aktivitäten des täglichen Lebens • Essen und Trinken 0, 5, 10 • Baden/Duschen 0, 5 • Körperpflege 0, 5 • An- und Ausziehen 0, 5, 10 • Stuhlkontrolle 0, 5, 10 • Harnkontrolle 0, 5, 10 • Benutzung der Toilette 0, 5, 10 • Bett- /Stuhltransfer 0, 5, 10, 15 • Mobilität (selbstständiges Gehen/Fahren mit Rollstuhl) 0, 5, 10, 15 • Treppen steigen 0, 5, 10 Maximal 100 Punkte Minimal 0 Punkte
Styp-Rekowsky 2014
Funktional Independence Measure (FIM™)
den so genannten motorischen FIM™: Selbstversorgung, Kontinenz, Transfer, Fortbewegung
den so genannten kognitiven FIM™: Kommunikation, Kognitive Fähigkeiten
Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens
• Telefonieren
• Einkaufen
• Kochen
• Haushalt
• Wäsche
• Transportmittel
• Medikamente
• Geldhaushalt
Styp-Rekowsky 2014
Transportmittel
• Benutzt unabhängig öffentliche Transportmittel, eigenes Auto
• Bestellt und benutzt selbständig Taxi, jedoch keine öffentlichen Verkehrsmittel
• Benutzt öffentliche Verkehrsmittel in Begleitung
• Beschränkte Fahrten im Taxi oder Auto in Begleitung
• Reist überhaupt nicht mehr
Styp-Rekowsky 2014
Minimental-Status Examination (MMSE)
• Die MMSE erlaubt eine erste Orientierung globaler kognitiver Störungen.
• Sie enthält 30 Items in Form von Fragen, Rechenaufgaben, Schreiben eines Satzes und Kopieren einer Zeichnung.
• ..................................................................
Styp-Rekowsky 2014
MMSE
Zeitliche und örtliche Orientierung
Merkfähigkeit und Erinnerungsvermögen
Aufmerksamkeit und Rechnen
Benennen
Wiederholen
Reagieren
Schreiben und Abzeichnen
Geriatrische Depressionsskala
Auswahl aus den Fragen
Sind Sie mit Ihrem Leben zufrieden?
Haben Sie viele Interessen und Aktivitäten aufgegeben?
Fühlen Sie sich wertlos?
Wichtige Differentialdiagnose: Demenz
Ernährungsassessment
Mini Nutritional Assessment ■
Trinkplan
Essplan
Gewichtsverlauf
Wadenumfang
Mangelernährung führt zur
Sarkopenie und Immobilität
Kurzform des MNA
1. Haben Sie ungewollt Gewicht verloren?
Mehr als 6 kg in den letzten 6 Monaten 3
Mehr als 3 kg im letzten Monat 2
2. Hatten Sie im letzten Monat weniger Appetit? 1
3. Haben Sie im letzten Monat Trinknahrung eingenommen oder wurden Sie mit einer Ernährungssonde ernährt? 1
0-1 normal ernährt
2 leichte Mangelernährung
> 3 schwere Mangelernährung
Sozialassessment
• Soziale Kontakte und Versorgung
• Soziale Aktivitäten
• Wohnsituation, Treppen, Sanitäreinrichtung behindertengerecht
• Hilfsmittel (Handhabung)
• Rechtliche Verfügungen
• Pflegestufe
Styp-Rekowsky 2014
Wie geht es weiter?
Wieviel soziale Kontakte?
Wer versorgt? Kinder, Nachbarn, Sozialeinrichtungen?
Hobbys, Ehrenämter, Vereinsleben
Treppen? Bad behindertengerecht?
Hilfsmittel, Rollstuhl, Rollator, Notruf…
Rechtliche Verfügungen, Betreuung…
Pflegestufe
Umfassende Datensammlung
Interpretation der „Datensammlung“ erfordert viel Erfahrung Sie kann sich im Laufe der Behandlung ändern Sie ist Ausgangspunkt einer individuellen Therapieplanung
Das Ziel
Verbesserung der Lebensqualität des geriatrischen Patienten
orientiert an seinem funktionellen Status und seinen Ressourcen
nach Interpretation der Datensammlung
Ziele aus Patientensicht Ich möchte wieder laufen können
Ich möchte wieder allein auf Toilette gehen können
Ich muss Treppensteigen können, sonst kann ich nicht nach Hause
Ich möchte wieder im Chor singen können.
Ich möchte noch so lange leben, bis mein Enkel sein Studium beendet hat
Ich möchte sterben
…..
Therapieplanung und Therapieziele
Wird im „geriatrischen Team“ diskutiert und (immer wieder neu) festgelegt
Enge Abstimmung mit den Erwartungen und Wünschen der Patienten (Angehörigen)
Die Ziele des Arztes (therapeutischen Teams)
müssen nicht mit den Zielen des Patienten (Angehörigen) übereinstimmen
Unser Team
• Arzt für Klinische Geriatrie
• Geriatrisch ausgebildete Pflege
• Physiotherapie
• Ergotherapie
• Logopädie
• Psychologie
• Sozialarbeit
• Seelsorge
Spezifische Merkmale der Geriatrie • Erfassen des Funktionsstatus und der Ressourcen
mittels spezieller Assessmentverfahren • Patientenspezifische Therapieplanung mit
regelmäßiger Besprechung im therapeutischen Team
• Zuwendungsintensive Medizin mit täglichem Patientenkontakt und häufigem Angehörigenkontakt
• Altersgerechte Pharmakotherapie • Aktivierung mit intensiven täglichen
Therapieeinheiten • Eröffnen von Perspektiven zum Leben mit
Einschränkungen
Fazit
Durch geeignete Assessmentverfahren können
vorhandene Ressourcen entdeckt werden
Diese können durch spezifische Therapieformen gezielt gefördert werden
Dadurch gelingt in vielen Fällen eine Verbesserung der Alltagskompetenz und eine bessere soziale Teilhabe mit Verbesserung Lebensqualität
Wünsche für die Zukunft:
Verbesserung altersgerechter Angebote gerade im ländlichen Bereich:
SeniorenWG Seniorenchor, Orchester, Theatergruppe, Literatur… Seniorensport (Gemeinschaftssport) Tai Chi, Qui Gong, Wandern, Schwimmen, Tanzen.. Spielgruppen: Skat, Doppelkopf, Bridge, Schach… Abrufen der Kompetenzen der Senioren z.B. Kinderbetreuung, Stadtführungen, Deutsch für
Ausländer, Flüchtlingsarbeit..
Nicht dem Leben mehr Jahre sondern den Jahren mehr Leben