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Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

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Stefan Schweiger (Hrsg.)

Lebenszykluskosten optimieren

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Stefan Schweiger (Hrsg.)

LebenszykluskostenoptimierenParadigmenwechsel für Anbieterund Nutzer von Investitionsgütern

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2009

Alle Rechte vorbehalten© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009

Lektorat: Stefanie A.Winter

Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Mediawww.gabler.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohneZustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherungund Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, WiesbadenDruck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., MeppelGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in the Netherlands

ISBN 978-3-8349-0989-3

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Nachhaltige Wettbewerbsvorteile für Anbieter und Nutzer von Maschinen/Anlagen durch Lebenszykluskosten-optimierung schaffen 5

Vorwort

Um eine möglichst vollständige Nutzung sämtlicher Leistungspotenziale von Maschinen undAnlagen sicherzustellen, ist eine Betrachtung sowie kosten- und nutzenbezogene Optimierungdes gesamten Produktlebenszyklus erforderlich.

Die Nutzer solcher Investitionsgüter sind im Regelfall Teil einer vernetzten Supply Chain, inder sich Prozessstörungen multiplizieren. Hohe Verfügbarkeit und Prozessstabilität sind dahervon außerordentlicher Bedeutung – selbstverständlich bei gleichzeitig niedrigen Gesamtkos-ten sowie hoher Qualität und Flexibilität. Stillstandskosten, die pro Stunde mitunter über eineMillion Euro betragen sowie beträchtliche Schleppverluste beim Wiederanlauf der Produkti-on sind immer weniger hinnehmbar.

Für den Anbieter von Maschinen und Anlagen gilt es, sich in einem hoch kompetitiven Um-feld vom häufig preisfokussierten Wettbewerb abzuheben. Kundenprobleme und -bedürfnissemüssen im Rahmen eines umfassenden Customer Relationship Management verstanden undLösungen angeboten werden. Professionelle Serviceleistungen entwickeln sich immer mehrzu einer wichtigen Säule des Geschäftserfolgs.

Vor diesem Hintergrund rücken sowohl für Anbieter als auch für Abnehmer von Maschinenund Anlagen zunehmend Gesamtlebenszykluskonzepte – Life-Cycle-Costs (LCC) oder Total-Cost-of-Ownership (TCO) – in den Managementfokus. Zahlreiche zu diesem Thema durch-geführte Experteninterviews lassen für die Zukunft eine steigende Bedeutung solcher Ansätzeerwarten – ein grundlegender Paradigmenwechsel in der Geschäftsbeziehung zwischen An-bieter und Nutzer.

Das vorliegende Buch stellt diese Thematik sowohl aus der Anbieter- als auch aus der Nut-zerperspektive dar. Zahlreiche Experten aus Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, vomBranchenverband VDMA sowie aus Forschung und Lehre berichten praxis- und umset-zungsorientiert über notwendige Veränderungen und deren erfolgreiche Implementierung.Neue Formen der Zusammenarbeit sind zu entwickeln, in der Strategie, den Strukturen undProzessen abzubilden, juristisch abzusichern und durch geschulte Mitarbeiter konsequentumzusetzen. Das Buch wendet sich an betriebswirtschaftlich und technisch orientierte Fach-und Führungskräfte aus den Unternehmensfunktionen Service, Vertrieb, Entwicklung/Kon-struktion, Einkauf, Instandhaltung und Unternehmensführung sowie an Vertreter aus Lehr-und Forschungseinrichtungen.

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6 Vorwort

Ohne die engagierte Mitarbeit aller Autorinnen und Autoren wäre dieses Buch nicht realisier-bar gewesen. Daher gilt ihnen mein ganz besonderer Dank. Weiterhin bedanke ich mich beiFrau Stefanie Winter vom Gabler-Verlag für die konstruktive Zusammenarbeit sowie bei FrauKerstin Müller für die professionelle Erstellung der kompletten Druckvorlage. Großer Dankgebührt schließlich auch meiner Familie, die jederzeit großes Verständnis für den zur Reali-sierung des Buchprojektes erforderlichen Zeitaufwand aufgebracht hat.

Konstanz / St. Gallen, im September 2008

Stefan Schweiger

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...................................................................................................................................... 5

Abbildungsverzeichnis ...............................................................................................................9

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................13

Nachhaltige Wettbewerbsvorteile für Anbieter und Nutzer von Maschinen/Anlagen durch Lebenszykluskostenoptimierung schaffen ..................................................... 15Stefan Schweiger

Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern ..................................................... 35Frank Bünting

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen ............... 51Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

M-TCO – Daimler AG ........................................................................................................... 81Volker Albrecht/Peter Wetzel

Betrachtungen zu Life-Cycle-Costing bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht einesAutomobilzulieferers .............................................................................................................. 97Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers................................................... 117Christian Boge

Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeug-maschinen ............................................................................................................................. 135Heiko Noske, Christos Kalogerakis

TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung dienstleistungsbasierterGeschäftsmodelle in der Investitionsgüterindustrie ............................................................. 153Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

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8 Inhaltsverzeichnis

Herausgeber ........................................................................................................................... 181

Autoren ................................................................................................................................ 183

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Abbildungsverzeichnis 9

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1: Strategisches Risiko: Stuck-in-the-middle

Abbildung 1.2: Gründe für Kundenverlust im Maschinen- und Anlagenbau

Abbildung 1.3: Service optimiert den Produktnutzen im gesamten Lebenszyklus

Abbildung 1.4: Dienstleistungsentwicklung

Abbildung 1.5: Outsourcing-Optionen

Abbildung 1.6: Service unterstützt die zentralen Unternehmensziele

Abbildung 1.7: Zunehmende Bedeutung von LCC/TCO

Abbildung 1.8: Streuung von LCC/TCO-Werten

Abbildung 1.9: Spielregeln für unternehmerischen Erfolg

Abbildung 1.10: Paradigmenwechsel im Service

Abbildung 1.11: LCC/TCO-Konzepte aus Anbieter- und Nutzersicht

Abbildung 1.12: Regelungsbedarf im Anbieter-Nutzer-Verhältnis

Abbildung 1.13: Handlungsfelder zur Einführung von TCO

Abbildung 2.1: Grundidee bei LCC-Betrachtungen

Abbildung 2.2: Grunddaten und Belastungsprofil

Abbildung 2.3: Überschrift Grundmodell der SAE

Abbildung 2.4: Gegenüberstellung der LCC-Berechnungsansätze

Abbildung 2.5: Phasenmodell für Lebenszykluskostenbetrachtungen

Abbildung 2.6: Generisches Prognosemodell für Lebenszykluskosten

Abbildung 2.7: Auszug aus der Tabelle zur Ermittlung der Kosten in der Phase „währendder Nutzung“

Abbildung 2.8: Konfiguration eines Prognosemodells

Abbildung 2.9: Struktur des Stammbaums für eine Montageanlage

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10 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 3.1: Aufbau eines Konzeptes zur Lebenszyklusanalyse von Werkzeug-maschinen

Abbildung 3.2: Klassische Dreiteilung der Lebenszykluskosten eines Investitionsgutes

Abbildung 3.3: Anwendungsleitfäden und Normen im Zusammenhang mit LZK

Abbildung 3.4: Analysebeispiel Lebenszykluskosten einer Werkzeugmaschine(zehn Jahre)

Abbildung 3.5: Einflussfaktoren auf die Höhe der Lebenszykluskosten und verantwort-liche Akteure

Abbildung 3.6: MTBFWerte identischer Betriebsmittel bei unterschiedlichen Anwendern

Abbildung 3.7: Felddatenanalyse der Ausfallursachen einer Werkzeugmaschine

Abbildung 3.8: Bausteine der Lebenszyklusanalyse

Abbildung 3.9: Grundsätzlicher Aufbau eines Maschinenstrukturmodells

Abbildung 3.10: Auf der Basis von Leistungsmessungen projizierter, jährlicher Energie-verbrauch eines Drehautomaten für unterschiedliche Fertigungstypen.

Abbildung 3.11: Verteilung des Jahresenergieverbrauchs der Komponenten eines Dreh-automaten in einer Drei-Schicht Serienfertigung

Abbildung 3.12: Gestufte Analyse von Serviceeinsätzen und Ersatzteilbestellungen

Abbildung 3.13: Vergabe von Risikostufen für Prognosefehler bei MTBFWerten

Abbildung 3.14: Erforderliche Informationsstruktur von Serviceberichten

Abbildung 3.15: Auswertungsbeispiel zu den Kostentreibern der Wartung an einem BAZ

Abbildung 3.16: Ausfallwahrscheinlichkeit, Prozesskosten und Lebenszykluskosten

Abbildung 4.1: Prozessschema M-TCO

Abbildung 4.2: Der M-TCO-Regelkreis – TCO-Prozessüberblick

Abbildung 4.3: Maschinenstammbaum

Abbildung 4.4: Angebotsvergleich

Abbildung 4.5: TCO-Ampel

Abbildung 4.6: Phasen von M-TCO

Abbildung 5.1: In der Entscheidungsphase unbekannte Kostenelemente der Betriebsphaseohne LCC-Betrachtung

Abbildung 5.2: Bedeutung der Betriebskosten für die Bewertung von Investitionsalternati-ven

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Abbildungsverzeichnis 11

Abbildung 5.3: Definition Life-Cycle-Performance

Abbildung 5.4: Im LCC-Konzept betrachtete Kostenelemente

Abbildung 5.5: Beispiel für LCC-Komponenten

Abbildung 5.6: Informationsfluss zwischen Betreiber und Hersteller im LCC-Konzept desZF Standorts Friedrichshafen

Abbildung 6.1: Einsparungspotenzial bei LCC-Betrachtung trotz höherer Investitions-kosten

Abbildung 6.2: Verlauf von ausgewählten LCC-Kosten in der Betriebsphase

Abbildung 6.3: Portfolio zur Beschreibung von Belastungsprofilen

Abbildung 6.4: Datenfluss der Felddatenerfassung

Abbildung 6.5: Nutzung der Felddaten in Entwicklung, Planung und Projektabwicklungbeim Hersteller

Abbildung 6.6: LCC-Angebotsprozess

Abbildung 6.7: Prozesstreiber und -beteiligte im LCC-Angebotsprozess

Abbildung 6.8: Festlegung von Wartungskosten im Rahmen des LCC-Angebotsprozesses

Abbildung 6.9: Einbindung von Komponenten-Lieferanten in den LCC-Prozess

Abbildung 7.1: Angebote mit unterschiedlichen Einmal- und Folgekosten

Abbildung 7.2: Kostenentstehung und -verursachung

Abbildung 7.3: Vergleich von kumulierten TCO-Plan- und Folgekosten

Abbildung 7.4: Risikominimierung des Maschinenherstellers

Abbildung 7.5: Vergleich einer Low-Cost-Werkzeugmaschine mit einer Low-LCC-Werk-zeugmaschine

Abbildung 7.6: LoeWe-Konsortium

Abbildung 7.7: TCO-Navigator Maskenbeispiel Projektdaten

Abbildung 7.8: LCC-Kalkulationsblatt

Abbildung 7.9: Softwarestruktur des LCC-Navigators

Abbildung 7.10: LCC-Prognose pro Baugruppe (BG)

Abbildung 7.11: LCC-Vergleichskalkulationen der hydraulischen Werkstückspannfunktion

Abbildung 7.12: Vergleich der hochgerechneten Lebenszykluskosten der LoeWe-Maschinekumuliert über zehn Jahre mit einer herkömmlichen Vertikaldrehmaschine

Abbildung 8.1: Kostenarten der Total-Cost-of-Ownership

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12 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 8.2: Eignung neuer Geschäftsmodelle für Werkzeugmaschinen (BAZ)

Abbildung 8.3: Auswahlkriterien für Montagesysteme

Abbildung 8.4: Eignung neuer Geschäftsmodelle für hybride Montagesysteme

Abbildung 8.5: Eignung neuer Geschäftsmodelle für Industrieroboter

Abbildung 8.6: Vergleich der Eignung neuer Geschäftsmodelle für Werkzeugmaschinen(BAZ), Hybride Montagesysteme und Industrieroboter

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Abkürzungsverzeichnis

BAZ Bearbeitungszentrum

BDE Betriebsdatenerfassung

BG Baugruppe

DoD Department of Defense

DMZ Demilitarisierte Zone

FME(C)A Failure Mode and Effect (Criticality) Analysis

GAO General Accounting Office

IH Instandhaltung

KVP Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

LCA Lebenszykluskostenanalyse

LCC Life-Cycle-Costs

LCP Life-Cycle-Performance

LICMA Life-Cycle-Performance im Maschinen- und Anlagenbau

MCRP Mean-Cost-of-Replacement-Parts

MTBE Mean-Time-Between-Events

MTBF Mean-Time-Between-Failures (Mittlere Ausfallzeit)

M-TCO Maintenance-Total-Cost-of-Ownership

MTTR Mean-Time-To-Repair (Mittlere Reparaturzeit)

PTW Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen

RHB Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

T Belegungszeit, Beobachtungszeit

TCO Total-Cost-of-Ownership

TF Technische Ausfallzeit

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14 Abkürzungsverzeichnis

TM Ausfallzeit für Wartung und Inspektion

TN Nutzungszeit, Produktionszeit

TO Organisatorische Ausfallzeit

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 15

Nachhaltige Wettbewerbsvorteile fürAnbieter und Nutzer von Maschinen/Anlagen durch Lebenszykluskosten-optimierung schaffen

Stefan Schweiger

1. Einleitung

2. Intelligente Serviceleistungen: Nutzen für Abnehmer und Anbieter2.1 Nutzen für Abnehmer2.2 Nutzen für Anbieter

3. Lebenszykluskostenoptimierung: Paradigmenwechsel in der Geschäftsbeziehung3.1 Paradigmenwechsel beim Maschinen-/Anlagennutzer3.2 Paradigmenwechsel auf Anbieterseite

4. Aufwand und Nutzen von LCC/TCO

5. Umsetzung von LCC/TCO

6. Ausblick

Literatur

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16 Stefan Schweiger

„Best products get you a seat at the table.Best services move you to the head of the table.”

[Jack Welch, Ex-CEO von General Electric]

1. Einleitung

Erfolgreiche Unternehmen müssen Anforderungen genügen, die in der Vergangenheit stetiggestiegen sind und – nicht zuletzt durch den zunehmenden Standortwettbewerb im Zuge derGlobalisierung – in Zukunft weiter steigen werden. Die Marktforderung nach individuellenProdukten bei gleichzeitig möglichst geringen Lieferzeiten und hoher Termineinhaltung istnur mit flexiblen Wertschöpfungsprozessen zu erreichen. Darüber hinaus wird stabile Qualitätauf hohem Niveau bei konkurrenzfähigen Kosten und hoher Auslastung gefordert. DieseQuadratur des Kreises erfordert die konsequente Ausschöpfung sämtlicher Kosten- und Leis-tungsreserven innerhalb und außerhalb des eigenen Unternehmens.

Auf der Suche nach Wettbewerbsvorteilen stellt sich immer wieder die Make-or-buy-Frage,sowohl im klassischen Teile- und Komponentengeschäft als auch im Bereich intelligenterHigh-Value-Serviceleistungen. Kunden fordern von ihren Maschinen-/Anlagen-LieferantenFull-Service-Pakete, bestehend aus Produkten und begleitenden Dienstleistungen, die siemodular und nahtlos mit der eigenen Wertschöpfung kombinieren können. Hiermit geht einemitunter erhebliche Verlagerung des unternehmerischen Risikos vom Abnehmer auf dessenLieferanten einher.

Insbesondere die Premiumanbieter von Maschinen und Anlagen stecken in diesem hochkompetitiven Marktumfeld nicht selten in einem Dilemma: Einerseits sind unternehmerischesSelbstverständnis und Marktpositionierung auf das Spitzensegment ausgerichtet, andererseitswerden Vertragsverhandlungen abnehmerseitig oft preisgetrieben geführt. Diese für mittel-ständische Unternehmen potenziell Existenz gefährdende Situation („Stuck-in-the-middle“,vgl. Abbildung 1.1), gleichzeitig Kosten- und Nutzenführer sein zu wollen bzw. müssen, führtinsbesondere in nachfrageschwachen Zeiten regelmäßig zum Shake-out von Marktteilneh-mern. Eine Nutzenargumentation, die bei Premiumanbietern höhere Verkaufspreise rechtferti-gen würde, lässt sich vielfach aufgrund fehlender Informationen nur qualitativ führen underhält damit den Charakter einer „Glaubenswissenschaft“.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 17

„Stuck-in-the-middle“

Individuelle Leistung,hoher Preisdruck

Kostenführer Standardisierte Leistung,konkurrenzfähiger Preis

Nutzenführer Individuelle Problemlösung,Preispremium

Abbildung 1.1: Strategisches Risiko: Stuck-in-the-middle

Vor diesem Hintergrund entwickeln sowohl Hersteller als auch Abnehmer von Maschinenund Anlagen Total-Cost-of-Ownership (TCO) bzw. Life-Cycle-Costs (LCC) Konzepte, wel-che Investitionsentscheidungen unter Beachtung von Gesamtlebenszykluskosten und -leistun-gen möglich machen. Mit TCO können unterschiedliche Prozess- und Investitionsalternativenmiteinander verglichen werden mit dem Ziel, die insgesamt beste Lösung zu finden. Abneh-merseitig lassen sich Kosteneinsparungen in der Instandhaltung, Verbesserungen in der Pro-zesssicherheit und damit in der Qualität und kontinuierliche Prozessoptimierungen in derProduktion erreichen. Herstellerseitig bietet TCO die Möglichkeit, nachhaltige Wettbewerbs-vorteile gegenüber Low-Cost-Anbietern zu generieren.

2. Intelligente Serviceleistungen: Nutzen fürAbnehmer und Anbieter

Als Reaktion auf die Forderung nach erhöhter Kundenorientierung haben viele produzierendeUnternehmen in den letzten Jahren Maßnahmen zur Individualisierung ihres Produktspekt-rums umgesetzt. Während jedoch die Umsätze hierdurch gestützt werden, gelingt es vielfachnicht, gleichzeitig auch die Ergebnissituation nachhaltig zu verbessern. Im Wesentlichen istdies darin begründet, dass eine Differenzierung über Produkte zu hoher Varianz bzw. Teile-vielfalt und damit letzten Endes zu einer ungünstigen Kostenstruktur führt. Die klassischeZuschlagskalkulation unterstützt dabei ungewollt die Quersubventionierung von Exotendurch die Standardprodukte. Die Schere zwischen einer überproportional wachsenden Varian-tenvielfalt und ständig sinkenden Stückzahlen wird auf Kosten der Prozesseffizienz immer

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18 Stefan Schweiger

größer, es kommt zu einer Negativ-Spirale der Variantenvielfalt. Strategisch endet dieserAnsatz zur Differenzierung in einer Nischenpolitik, mitunter auch in einer Sackgasse.

Ein oftmals mehr Erfolg versprechender Differenzierungsansatz liegt im Service. Getreu demMotto „Nach dem Verkauf ist vor dem Verkauf“ lohnt sich eine Betrachtung der Wechsel-gründe von Maschinen- und Anlagenbau-Kunden. Hierbei zeigt sich, dass der vertriebsseitigoft angeführte Grund für einen Auftragsverlust – nämlich ein zu hoher Produktpreis – imInvestitionsgüterbereich vielfach von untergeordneter Bedeutung ist.

3 Hauptgründe für einen Lieferantenwechsel aus Abnehmersicht

35%

Unzufriedenheit mit demService während der gesamten

Produkt-Nutzungsdauer

Technisch besseresProdukt verfügbar

Billigeres Produktvorhanden

15%

50%

Quelle: Impuls Management Consulting (Basis: 200 Maschinenbau-Kunden)Abbildung 1.2: Gründe für Kundenverlust im Maschinen- und Anlagenbau.

Entscheidender – zumindest im Falle eines Folgekaufs – ist in der Mehrzahl der Fälle dieZufriedenheit mit dem Service entlang des gesamten Lebenszyklus. Diese Erkenntnis isteigentlich nicht verwunderlich, sind es doch die Nutzenpotenziale industrieller Dienstleistun-gen, die im Wertschöpfungsprozess des Maschinenbetreibers einen deutlichen Mehrnutzenschaffen können (vgl. Abbildung 1.3). Die Instandhalter des Kunden werden dann zum „bes-ten Verkäufer“ des Investitionsgüteranbieters.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 19

Investition

Consulting

Engineering,Projektmanagement

Schulung

Montage, IBN

Produktionsoptimierung

Produktionsbegleitung

ET-Versorgung

Inspektion

Wartung

Softwareupdates

Umbau, Modernisierung

Teleservice

Nutze

n,Le

istung

Zeit

Gebrauchtmaschinen-verkauf

Betrieb

Finanzierung

Reinigung

Inbetriebnahme, Anlauf Betrieb Verwertung

Technologieupdates

Verlaufohne Dienstleistungen

Verlaufmit Dienstleistungen

Verlaufmit Dienstleistungen inkl.Anpassung an technologischen Fortschritt

Zubehör

Abbildung 1.3: Service optimiert den Produktnutzen im gesamten Lebenszyklus

Viele Hersteller von Maschinen und Anlagen sind jedoch in ihrem Geschäftsverhalten ehertechnologie- bzw. produktgetrieben. Während in die Entwicklung neuer Maschinen regel-mäßig nennenswerte Beträge investiert werden, erfolgt die Entwicklung von Dienstleistungs-paketen eher reaktiv, zufallsgetrieben und tendenziell zu spät. Das Potenzial des in der Regelmargenstarken Servicegeschäfts wird somit nur unzureichend ausgeschöpft.

Entwic

klung

erfolgt

„spät“

„Zu welchem Zeitpunkt beginnen Sie mit der Planung bzw. Entwicklung von Produkt begleitendenDienstleistungen für ein neues Primärprodukt?“

Parallel zurProduktentwicklung

Mit dem Startdes Produktverkaufs

Während derProdukt-

nutzungsphase

Parallel zurProduktentwicklung

Mit dem Startdes Produktverkaufs

Während derProdukt-

nutzungsphase

immer

häufig

gelegentlich

selten

nie

40%

20%

29%

22%45%

18%

27% 67%

9 %

11 %

11 %

Quelle: Expertenbefragung 2007Abbildung 1.4: Dienstleistungsentwicklung

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20 Stefan Schweiger

2.1 Nutzen für Abnehmer

Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit wird in zahlreichen Firmen Outsourcing als Optionzur Eigendurchführung geprüft. Dieser grundsätzlich umfassend zu interpretierende Begriffbezieht sich dabei sowohl auf Einzelteile, Komponenten, Systeme oder komplette Produkte –wie beispielsweise im Falle von Nischenmodellen in der Automobilindustrie – als auch aufdiverse Prozesse oder Funktionen wie industrielle Dienstleistungen.

Produkt-Portfolio

Prozesse bzw. Funktionen

Lieferant Kunde

Einzelteile,Komponenten,

Systeme

Abbildung 1.5: Outsourcing-Optionen

Die dahinter stehende Business-Logik beinhaltet im Wesentlichen folgende Aspekte: Senkungund Variabilisierung von Kosten, Verlagerung des unternehmerischen Risikos auf Zulieferer,Fokussierung auf Kernaktivitäten, Nutzung des Know-hows von Zulieferern sowie Nutzungexterner Kapazitäten. Das Risiko der Abhängigkeit wird dabei regelmäßig im Störfall deut-lich. So kostet die Nichtverfügbarkeit von Produktionsmitteln im günstigsten Fall einigehundert Euro pro Stunde, im Falle verketteter Just-in-Sequence-Prozesse mit hoher Wert-schöpfungsleistung und geringen Pufferbeständen mitunter auch mehrere Millionen Euro.Hieraus wird unmittelbar der erhebliche Nutzen professioneller Serviceleistungen ersichtlich:Schnelle weltweite Ersatzteilversorgung, kompetentes Notfallmanagement und eine Hotline,die bei Bedarf auch tatsächlich verfügbar ist, werden zum Wettbewerbsfaktor sowohl für denNutzer wie auch den Anbieter von Investitionsgütern. Zeit ist Geld und der nächste Hub-schrauberlandeplatz hoffentlich nicht weit entfernt.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 21

2.2 Nutzen für Anbieter

Im Servicegeschäft gibt es über Jahre bzw. Jahrzehnte regelmäßige Kundenkontakte („Mo-ments-of-truth“), in denen Kundenzufriedenheit und -vertrauen aufgebaut oder aber verspieltwerden können. Es trägt somit große Verantwortung bei der Steigerung von Kundenzufrie-denheit und -bindung. Eine positive Positionierung im Wettbewerb sowie die Steigerung derkundenseitigen Preisbereitschaft führen zu „moderaten Mehrumsätzen bei überwiegend att-raktiven Margen“. Insgesamt unterstützt der Service die zentralen Unternehmensziele desAnbieters.

„Welche Bedeutung hat die Erreichung folgender Ziele im Rahmen Ihrer Servicestrategie?“

hoheBedeutungkeineBedeutung

Steigerung der Kundenzufriedenheit

Steigerung der Kundenbindung

Vorteile gegenüber Wettbewerbern

Gewinnsteigerung

Sicherstellung des Produktnutzens

Umsatzsteigerung

Steigerung der Preisbereitschaft

Differenzierung des Leistungsangebotes

Kostensenkung

Verbesserung des Unternehmensimage

Neukundengewinnung

Informationsversorgung der Kunden

Auslastungssteigerung

Quelle: Expertenbefragung 2007Abbildung 1.6: Service unterstützt die zentralen Unternehmensziele

Wichtig ist dabei, dass das Dienstleistungsangebot zum Primärprodukt passt und auf dessenspezifische Eigenschaften abgestimmt ist:

� Bei Produkten mit hoher finanzieller Mittelbindung können beispielsweise Leistungen wieLeasing, Finanzierung oder Versicherung positioniert werden.

� Auf einen produkt- bzw. technologiebedingt hohen Wartungs- und Reparaturbedarf kannder Anbieter mit einem professionellen technischen Kundendienst reagieren.

� Sofern das Primärprodukt bei dessen Entsorgung oder Wiederverkauf Probleme bereitet,kann eine Rücknahmegarantie die Kaufhürde verringern.

� Bei technisch komplexen Produkten kann eine 24-Stunden-Hotline zweckmäßig sein.

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22 Stefan Schweiger

3. Lebenszykluskostenoptimierung:Paradigmenwechsel in der Geschäftsbeziehung

Vor dem Hintergrund der skizzierten Zunahme der Relevanz des Service sowie der Erkennt-nis, dass die Folgekosten von Investitionsentscheidungen oft nennenswert, nach einigenJahren mitunter sogar höher sind als der Kaufpreis, gewinnt LCC/TCO für Maschinen undAnlagen weiterhin an Bedeutung.

„Existiert in Ihrem Servicegeschäft die kundenseitige Nachfrage nach Total-Cost-of-Ownership(TCO) bzw. Lebenszyklus-Kosten (LCC) Verträgen? Wie groß wird die kundenseitige Nachfrage

nach TCO/LCC in den nächsten zwei bis drei Jahren sein?“

„Bieten Sie Ihren Kunden heute/zukünftig TCO/LCC an?“

keineNachfrage

sehr starkeNachfrage

heute zukünftig

nie immer

heute zukünftig

gelegentlich häufig

Quelle: Expertenbefragung 2007Abbildung 1.7: Zunehmende Bedeutung von LCC/TCO

Nachdem sich beispielsweise Automobilkunden für Gesamtkosten pro Kilometer interessie-ren und Mietverträge für Fotokopierer nur bei Kenntnis der Lebenszykluskosten unterneh-merisch zu rechtfertigen sind, stellt sich die Frage, warum LCC/TCO-Konzepte für Maschi-nen bzw. Anlagen nicht schon längst gängige Praxis sind. Hierfür lassen sich zahlreiche Be-gründungen anführen:

� Investitionsentscheidungen sind in der Regel einkaufsgetrieben und damit oft anschaf-fungspreisfokussiert. Die Instandhaltung hat in vielen Fällen nur beratende Funktion. Ineinigen Unternehmen, die zwischenzeitlich LCC/TCO-Richtlinien umgesetzt haben, istsogar eine Rückwärtsbewegung – weg von LCC/TCO zurück zur Anschaffungspreis-fokussierung – festzustellen. Diese Bewegung hat ihren Ursprung dann oftmals in einer in-ternen Machtverschiebung zugunsten des Einkaufs.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 23

� Aufgrund der oft vorherrschenden Misstrauenskultur besteht das Bestreben, sämtlicheEventualitäten vertraglich regeln zu wollen – ein aufgrund der Komplexität des Themaszum Scheitern verurteilter Ansatz.

� Die Folgekosten sind für den Hersteller oftmals schwer abschätzbar, Betriebsdaten desKunden werden von diesem nicht zur Verfügung gestellt.

� Die späteren Einsatzbedingungen über den gesamten Lebenszyklus sind für den Herstellerintransparent. Die tatsächlichen Belastungen haben jedoch erheblichen Einfluss auf dasAusfallverhalten.

� Die Nachweisbarkeit von fahrlässigem Verhalten bzw. Bedienfehlern ist schwierig. Überdie Frage, ob es sich im Störfall um Maschinen-, Bediener- oder Instandhaltungsfehlerhandelt, lässt sich beliebig lange und ebenso erfolglos diskutieren.

� Falsche Kalkulationsgrundlagen bzw. unzutreffende Abschätzungen können die über-wiegend mittelständischen Anbieter wirtschaftlich existenziell gefährden.

� Die Preisentwicklung für Löhne und Ersatzteile ist schwer kalkulierbar.

� Aufgrund des hohen Zukaufanteils bei Maschinen bzw. Anlagen ist die Qualität der Zulie-ferungen zwar relevant, jedoch nur mühsam absicherbar.

� Wegen der statistischen Streuung von Instandhaltungs- und Ersatzteilbedarfen sind Prog-nosewerte zwar theoretisch zutreffend, praktisch jedoch nur zufällig auch tatsächlich ein-haltbar.

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Abbildung 1.8: Streuung von LCC/TCO-Werten

Trotz dieser und weiterer Probleme bzw. Klärungsbedarfe sind sich Experten weitgehendeinig: Der Paradigmenwechsel wird kommen, getrieben insbesondere von großen Automob-ilherstellern und -zulieferern.

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24 Stefan Schweiger

3.1 Paradigmenwechsel beim Maschinen-/Anlagennutzer

Die Forderungen der Kunden nach individuellen Produkten bei verkürzten Lieferzeiten undmaximaler Termintreue stellen hohe Anforderungen an Produktionsprozesse. Gleichzeitigmüssen die interne Auslastung aus Kostengründen möglichst hoch und der Ressourceneinsatzoptimal sein, bei zunehmenden Anforderungen an die Flexibilität.

Um die Marktforderungen zu erfüllen, werden Produktionsprozesse immer komplexer. DieVernetzung der Supply Chain nimmt beständig zu. Mit steigender Komplexität der Prozessewächst allerdings auch deren Fehleranfälligkeit. Neben den reinen Stillstandskosten sind imFalle einer instabilen Wertschöpfung insbesondere die Kosten und Qualitätsprobleme desWiederanlaufs gravierende Nachteile. Fehler oder Stillstände der wertschöpfenden Prozessemüssen daher konsequent vermieden werden.

� Ein umfassend verstandener LCC/TCO-Ansatz für Investitionsgüter bietet in diesem Kon-text die Möglichkeit, Produktionskonzepte hinsichtlich deren Gesamtkosten und Zuverläs-sigkeit im Anlagenlebenszyklus zu bewerten. LCC/TCO leistet daher einen Beitrag zumaktiven Kostenmanagement in der Produktion.

� Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Anschaffungskosten von Investitionsgütern tradi-tionell eines der zentralen Auswahlkriterien im Beschaffungsprozess sind. Sie tragen aller-dings oft nur mit 10 - 50 Prozent zu den gesamten Lebenszykluskosten bei. Bei Pumpenbeträgt der Einkaufspreis oftmals sogar nur fünf Prozent der Lebenszykluskosten, dieEnergiekosten sind mit über 60 Prozent Kostenanteil demgegenüber von erheblich höhererRelevanz. Anschaffungspreise sind daher im unternehmensinternen Zielsystem gegenübereiner Gesamtkostenperspektive oft übergewichtet, was einer klassischen unternehmeri-schen Fehlsteuerung gleichkommt. Mittlerweile rückt jedoch zunehmend ins Bewusstsein,dass sich Investitionsgüter mitunter erheblich in ihren Folgekosten unterscheiden.

Eine herkömmliche Investitionsplanung und -entscheidung betrachtet daher oft nur dieSpitze des Kosteneisbergs. Eine Reihe der relevanten Kostenpositionen wird bei dieserBetrachtung selektiv ausgeblendet, was zu signifikant falschen Entscheidungen führenkann.

� Im Spannungsfeld von Investitionskosten, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Lebensdauerfordern Kunden der Investitionsgüterindustrie daher immer häufiger belastbare Aussagenzu Folgekosten und Qualitäts- bzw. Zuverlässigkeitskriterien für Maschinen und Anlagen.Sie tun dies nicht zuletzt deshalb, weil die Beeinflussbarkeit der Gesamt-Lebenszyklus-kosten in der Planungs- und Anschaffungsphase besonders hoch ist. Lediglich in späterenUmbauphasen ergeben sich weitere nennenswerte Möglichkeiten zur Prozesskostenbeein-flussung im Maschinen-/Anlagenlebenszyklus.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 25

� Gegenwärtig gibt es Produktionsunternehmen, die wie die Daimler AG eigene LCC/TCO-Modelle am Markt positionieren und bei Überschreitung definierter Bestellvolumina – imFalle von Daimler 200 TEUR – obligatorisch zur Anwendung bringen. Es ist damit zurechnen, dass andere Automobilhersteller und -zulieferer nachziehen werden.

Der LCC/TCO-Ansatz berücksichtigt alle relevanten Kosten, die mit der Beschaffung undder Verwendung eines Investitionsgutes verbunden sind. Er stellt eine Anwendung der Le-benszyklusbetrachtung auf Beschaffungsentscheidungen dar und wird insbesondere beikapitalintensiven, langfristig zu nutzenden Gütern mit hohen Kosten in der Betriebsphaseangewendet.

Beim Aufbau eines unternehmensindividuellen LCC/TCO-Systems ist es erforderlich, eindem jeweiligen Anwendungsfall angepasstes System zu entwickeln, welches die produkt-und firmenspezifischen Anforderungen berücksichtigt. Dabei gilt normalerweise die80:20-Regel, d. h., eine Abbildung sämtlicher Lebenszykluskosten ist erfahrungsgemäßaufgrund der hohen Komplexität sowie des überproportional ansteigenden Erhebungsauf-wandes unzweckmäßig. Eine fundierte Investitionsentscheidung setzt lediglich die Kennt-nis bzw. geeignete Abschätzung der relevanten Kostenpositionen voraus.

Die Vorteile von LCC/TCO spiegeln sich für den Maschinen-/Anlagennutzer in der Ver-besserung zahlreicher Wertschöpfungs-Kennzahlen wider. Beispielhaft lassen sich Pro-zessqualität (Mean-Time-Between-Failures MTBF, Mean-Time-To-Repair MTTR), Pro-zesszeiten (Stillstandshäufigkeit und -zeit), Prozesszuverlässigkeit (Liefertermineinhal-tung), Kosten (Instandhaltung, Qualität) sowie Produktqualität (Ausschuss, Fehlerrate) an-führen.

3.2 Paradigmenwechsel auf Anbieterseite

In der Vergangenheit waren die Spielregeln für unternehmerischen Erfolg vergleichsweisestabil. Die Präsenz auf einem Wachstumsmarkt brachte Umsatzwachstum, ein hervorragendesProdukt schuf Wettbewerbsbarrieren und ein hoher Marktanteil sicherte Kostenvorteile. Heu-te gelten diese Regeln für die Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus nicht mehr.

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26 Stefan Schweiger

Abbildung 1.9: Spielregeln für unternehmerischen Erfolg

Unternehmerischer Erfolg setzt eine konsequente Fokussierung auf Profitabilität, Problemlö-sungen und Kundennutzen voraus – Ziele, die in der Regel der Service in besonderem Masseerfüllt. Empirische Untersuchungen belegen jedoch, dass viele Maschinen-/Anlagenbauer diemit einem umfassenden produktbegleitenden Dienstleistungsangebot verbundenen Kunden-bindungs-, Umsatz- und Ergebnispotenziale nur unzureichend ausschöpfen. Diejenigen Un-ternehmen, die in puncto Service Benchmarks setzten wollen, entwickeln ihren Service dahervon einer reaktiven Problembeseitigungsinstanz zu einem proaktiven Generator von kunden-spezifischen Lösungen.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 27

Wert-schöpfung

reaktiv proaktiv/interaktiv

„ProfitmitKundenproblem“

„ProfitmitKundenerfolg“

• Maschinen/Anlagen• Ersatzteile

Angebot

• Preis• Lieferzeit

Leistungsparameter

• Lösungen, Full-Service

• Kapital• Betreibermodelle• LCC/TCO („Gut-Teilepro Stunde“)

Angebot

• Lebenszykluskostenund -leistung

• Verfügbarkeit

Leistungsparameter

Abbildung 1.10: Paradigmenwechsel im Service

Vor diesem Hintergrund sowie auf Basis der bereits geschilderten Kundenforderungen rückenLCC/TCO-Konzepte in den Fokus vieler Maschinen-/Anlagenanbieter. Für sie bietet sich dieMöglichkeit, auf Basis des quantifizierten Nutzens ihrer Produkte höhere Preise zu realisie-ren. Darüber hinaus lassen sich im Zuge von LCC/TCO-Vereinbarungen zusätzliche Service-leistungen wie Ersatzteillieferungen und Serviceverträge platzieren.

Die Chance, auf zukünftige Kosten Einfluss zu nehmen, spielt bei Neubeschaffungen vonMaschinen und Anlagen sowohl für den Anbieter als auch für den Nutzer eine wichtige Rolle.Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Verfügbarkeit und Prozessstabilität.

LCC/TCO ist in der Startphase für den Anbieter oft mit hohem Aufwand verbunden. Idealer-weise ergibt sich jedoch für Premiumhersteller im Investitionsgütersektor eine quantitativeArgumentationshilfe bei Aufbau und Pflege einer Kundenbeziehung.

Die konsequente Umsetzung von LCC/TCO bedeutet für die Konstruktion oft einen Para-digmenwechsel: „Am Anfang teurer, insgesamt kostengünstiger“. Dies betrifft z. B. die Di-mensionierung/Auslegung von Komponenten, die Verwendung von in der Anschaffung teure-ren Komponenten, die Betrachtung von Gesamtlebenszykluskosten oder die Zugänglichkeit/Austauschbarkeit von Bauteilen. Als Beispiel lassen sich Linearführungen von Werkzeugma-

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28 Stefan Schweiger

schinen anführen. Die klassische herstellkostenfokussierte Wertanalyse hat praktisch bei allenAnbietern weltweit zu Konzepten geführt, die zwar niedrige Entstehungskosten und damitVerkaufspreise ermöglichen, unter dem Aspekt der Folgekosten jedoch insgesamt deutlichungünstiger sind im Vergleich zu robusteren, in der Anschaffung teureren Führungen. ÜberLCC/TCO lassen sich demgegenüber auch Mehrkosten in der Anschaffung rechtfertigen,sofern sie sich im Betrieb innerhalb nützlicher Frist amortisieren.

Soll in einem Unternehmen der Investitionsgüterindustrie der LCC/TCO-Ansatz zur Anwen-dung kommen, stellt sich oft heraus, dass einige der für einen LCC/TCO-Vertrag erforderli-chen Kostendaten bereits im Unternehmen vorhanden sind. Sie müssen jedoch vielfach nochstrukturiert und systematisiert werden. Daten aus dem Maschinenbetrieb beim Kunden sowieErlös- bzw. Nutzendaten liegen oftmals nicht bzw. unvollständig vor.

4. Aufwand und Nutzen von LCC/TCO

Die Fokussierung auf die Gesamt-Lebenszykluskosten führt für Hersteller und Abnehmer vonInvestitionsgütern einerseits zu Aufwand- und Nutzenpositionen, andererseits auch zu Chan-cen und Risiken. Für den Abnehmer reduziert sich das Risiko kostspieliger Fehlentscheidun-gen im Rahmen von Investitionsvorhaben. Oft zeigt sich, dass die Kosten in der Nutzungs-phase diejenigen der Anfangs-Investition in einer Mehrjahresbetrachtung durchaus bereitsnach wenigen Jahren übersteigen können.

Über eine LCC/TCO-Betrachtung können somit einerseits Gesamtkosten besser verglichenund geplant werden, andererseits lassen sich Kosten reduzieren und durch Outsourcing vonInstandhaltungsleistungen variabilisieren. Ein weiterer Effekt besteht darin, dass die Anla-genverfügbarkeit und damit die Produktivität durch LCC/TCO steigen. Hieraus resultierengeringere Stillstandszeiten und -kosten und – was mitunter noch gravierender ist – geringereQualitäts- und Zeitverluste sowie Kosten in der Wiederanlaufphase nach einem Anlagenstill-stand. Über die Datentransparenz ist es sowohl dem Anlagennutzer als auch dem -anbietermöglich, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu betreiben, der nicht im Sinne derklassischen Wertanalyse auf geringe Investitionskosten bzw. Anlagenverkaufspreise fokus-siert ist sondern den Gesamtprozess betrachtet. Somit können in der Anschaffung zunächstteurere, im laufenden Betrieb jedoch störungsärmere, robustere und damit kostengünstigereLösungen identifiziert und ausgewählt werden.

Dem Nutzen von LCC/TCO steht sowohl einmaliger Initialisierungs- als auch laufenderPflegeaufwand gegenüber. So muss der Anlagennutzer Betriebsdatentransparenz schaffen undverdichtete sowie detaillierte Controllingdaten auswerten und an den Lieferanten weiterlei-ten. Hierzu muss ein geeignetes Berichtssystem aufgebaut werden.

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 29

Wesentliche Chancen und Risiken bzw. Aufwand und Nutzen von LCC/TCO aus Anbieter-und Nutzersicht sind in der Abbildung 1.11 dargestellt.

+ -

Anb

ieter

� Marketinginstrument; Preisoptimierung� Argumentationshilfe beim Neumaschi-nen- und Dienstleistungsverkauf (Kos-tentransparenz)

� Kontinuierlicher Dialog mit Abnehmer� Differenzierung im Wettbewerb� Kundenbindung� Erfüllung einer Grundbedingung� Grundlage für KVP, Identifizierung undErschließung von Potenzialen hinsicht-lich Kosten-Nutzen-Optimierung

� Aufdeckung tatsächlicher Kostentrei-ber; Generierung von Erwartungswer-ten für Garantie- und Serviceleistun-gen

� …

� Erhebliches Risiko, wenn erforderlicheInformationen (über Zuverlässigkeit,Instandhaltbarkeit, …) fehlen

� Keine Einflussmöglichkeit auf Betrieb� Offenlegung wettbewerbssensitiverDaten

� Mehraufwand bei Datenerfassung und-auswertung

� Einseitige Nutzenverteilung (Malus,jedoch kein Bonus)

� …

Nutze

r

� Verbesserung der Investitionsent-scheidung; Vermeidung kostspieligerFehlentscheidungen

� Bessere Vergleichbarkeit und Prog-nostizierbarkeit/Planbarkeit von Ge-samtkosten

� Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit/Produktivität und Prozessstabilität, ge-ringere Stillstandszeiten, längere Ser-viceintervalle

� Kostenreduzierung und -variabilisie-rung

� Grundlage für KVP� …

� Hersteller erhält Dateneinsicht� Geschwächte Position bei Neuinvesti-tionen

� Mehraufwand bei Datenerfassung und-auswertung

� Know-how-Verlust� Abhängigkeit vom Lieferanten� …

Abbildung 1.11: LCC/TCO-Konzepte aus Anbieter- und Nutzersicht

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30 Stefan Schweiger

5. Umsetzung von LCC/TCO

Die Umsetzung einer tragfähigen LCC/TCO-Lösung erfordert grundsätzlich einen langenAtem. Quick-Wins sind eher unwahrscheinlich, im ungünstigsten Fall aufgrund des langfris-tigen Kosten- bzw. Ergebnishebels sogar potenziell Existenz gefährdend. Idealerweise erfolgtdie Ausgestaltung und schrittweise Verfeinerung des Konzeptes in enger und vertrauensvollerZusammenarbeit zwischen Anbieter und Abnehmer. Ein bereits bestehendes, langfristigesKunde-Lieferanten-Verhältnis bietet hierzu in der Regel eine zweckmäßige Ausgangsbasis.Auf dieser Grundlage können im Rahmen eines Pilotprojektes Erfahrungswerte gesammeltund ein Regelwerk erarbeitet werden. Erst danach erscheint ein flächendeckender Roll-Outmit aktiver Vermarktung von LCC/TCO sinnvoll.

Grundsätzlich bestehen die beiden Ausprägungsformen „Vertrag“ und „Abkommen“ bzw.diesen entsprechende Ausprägungen mit ähnlichen Bezeichnungen. Eine bindende vertragli-che Fixierung wird insbesondere aus Anbietersicht eher skeptisch gesehen. So bedingen imFalle von vertraglichen Garantiezusagen seitens des Herstellers – z. B. hinsichtlich Aus-tauschintervallen und -dauer oder Kosten im Lebenszyklus – für diesen auch gleichzeitig dieBeweislast, beispielsweise von unsachgemäßem Gebrauch durch den Nutzer. Harte vertragli-che Regelungen neigen dazu, dass Risiko des Betreibers weitgehend auf den Hersteller zuübertragen. In der Konsequenz droht eine Kultur des Misstrauens, die eine partnerschaftlicheZusammenarbeit erschwert oder gänzlich verunmöglicht. Ein offener Informationsaustausch,der eine wesentliche Voraussetzung beispielsweise für den Kontinuierlichen Verbesserungs-prozess (KVP) auf Anbieter- und Abnehmerseite darstellt, ist auf dieser Basis wenig wahr-scheinlich.

Insbesondere vom Anbieter werden daher eher Partnerschaftsabkommen oder Absichtserklä-rungen angestrebt. Der Produktverkauf und die nachfolgende Zusammenarbeit können damitals separate Vorgänge dargestellt werden. Auch eine derartige, auf den ersten Blick eher wei-che, Form der Zusammenarbeit beinhaltet einen klaren Marktmechanismus: Werden Anbie-terzusagen nicht eingehalten bzw. Kundenerwartungen nicht erfüllt, wird der Lieferant ab-nehmerseitig auf „Abbau“ gesetzt, sofern es aus dessen Sicht Alternativen gibt.

Im Rahmen eines Partnerschaftsabkommens bzw. einer Absichtserklärung besteht ein nichtunerheblicher Regelungsbedarf, der in Abbildung 1.12 auszugsweise dargestellt ist.

� Welche Zielsetzungen werden mit TCO/LCC angestrebt?� Wie wird der KVP auf beiden Seiten sichergestellt?� Welche Management- und Controllinginstrumente (Reporting, Lieferantengespräche,…) kommen zum Einsatz?

� Welche Eskalationsszenarien gelten bei Nichterfüllung?� Ist das Abkommen auf andere Gegenstände erweiterbar?

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 31

� Welches sind die Kosten treibenden Größen? Welche werden vernachlässigt?

� Welches sind die kritischen bzw. Risiko-Komponenten?

� Welche Kenngrößen/Parameter sollen erhoben werden?

� Wie werden Datenverdichtung und -austausch geregelt und IT-technisch umgesetzt?Gibt es eine ERP-Schnittstelle?

� Wie sollen bzw. können Sublieferanten eingebunden werden?

� Gibt es ein Bonus-Malus-System? Wie soll dieses ausgestaltet werden?

� Über welchen Zeitraum soll das Abkommen gelten? Unter welchen Umständen kanndie Zusammenarbeit früher beendet werden?

� Welche Nutzungsbedingungen werden zugrunde gelegt? Wie werden nachträglicheÄnderungen berücksichtigt?

� Wie werden zukünftige Preisentwicklungen berücksichtigt?

� Wie wird die Qualifikation der Kundenmitarbeiter (Maschinenbediener, Programmierer,Instandhalter) sichergestellt?

� Wer ist zur Durchführung von Instandhaltungsarbeiten berechtigt?

� Welche Ersatzteilbezugsquellen sind zulässig? Welche Eckwerte gelten für die Verfüg-barkeit?

� Gibt es einen Servicevertrag? Welche Bestandteile beinhaltet dieser?

� Wie wird die Maschinenhistorie (Belastungen, Instandhaltungsmaßnahmen etc.) doku-mentiert?

Abbildung 1.12: Regelungsbedarf im Anbieter-Nutzer-Verhältnis

Die gemeinsame Zielsetzung sollte darin bestehen, Lebenszykluskosten zu minimieren undinsbesondere auch ungeplante Nichtverfügbarkeit durch eine vertrauensvolle Zusammenar-beit möglichst zu verhindern, zumindest aber zu reduzieren. Die Vereinbarungen solltenerweiterbar und – aus Gründen der Komplexitätsbegrenzung – möglichst einfach aufgebautsein sowie ein IT-gestütztes Management Controlling ermöglichen. Dies setzt beiderseitigeTransparenz voraus. In regelmäßigen Lieferantengesprächen sollten gemeinsam Schwachstel-len analysiert und Optimierungsmaßnahmen erarbeitet werden.

Die Konzeption und Umsetzung von LCC/TCO gestaltet sich erfahrungsgemäß firmen- undproduktindividuell unterschiedlich. Abbildung 1.13 gibt einen Überblick über wesentlicheHandlungsfelder, die es bei der Realisierung von LCC/TCO zu bearbeiten gilt.

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32 Stefan Schweiger

� Entwicklung einer TCO-Gesamtkonzeption (Masterplan)

� Ermittlung der Anforderungen

� Analyse Wettbewerbsumfeld

� Erstellung Stärken-Schwächen-Profil und Ableitung von Handlungsbedarf

� Identifikation, Auswertung und Konsolidierung relevanter Datenquellen- Felddaten des Anbieters (z. B. BDE, Servicedaten)- Felddaten des Nutzers (Maschinentagebücher, Fehlerprotokolle, …)- FMEA-Daten- Lebensdauerberechnungen- Komponentenhersteller-Angaben- Prüfstanddaten- …

� Ganzheitliche Abbildung der Maschinen mittels Maschinenstammbaum

� Ermittlung wesentlicher Kostentreiber

� Durchführung Risikoanalyse

� Konzeption und Implementierung TCO-Managementsystem, Controlling

� Klärung der Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche

� Definition von TCO-Vorgaben, z. B. hinsichtlich- Zeitnahem Vorliegen von Kundendaten aus der Anwendung- Originärem Leistungsumfang der Maschine vs. Nachrüstung- Legitimation zum Austausch von Teilen- Verwendung von Original-Ersatzteilen/-Service- Generierung standardisierter Berichte- Ausgeglichener Bonus-Malus-Regelung- Klärung der rechtlichen Auswirkungen- …

� Klärung der Anforderungen an die IT-Unterstützung

� Erstellung eines (möglichst einfachen) Berechnungstools, welches die firmenspezifi-schen Belange optimal abbildet

� Abstimmung von Maßnahmen zur Umsetzung

� Einleitung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses

Abbildung 1.13: Handlungsfelder zur Einführung von TCO

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Wettbewerbsvorteile durch Lebenszykluskostenoptimierung 33

6. Ausblick

Gegenwärtig verhalten sich Investitionsgüterhersteller eher reaktiv und tun vielfach noch zuwenig, um die Lebenszyklusvorteile Ihrer Produkte aktiv zu vermarkten und dem Kundenquantitativ zu belegen, obwohl gerade hierin ein zentrales Differenzierungskriterium amansonsten eher anschaffungspreisfokussierten Markt liegt.

Expertenbefragungen bestätigen jedoch die Prognose, dass grundsätzlich sowohl das Angebotvon als auch die Nachfrage nach LCC/TCO-Verträgen zukünftig zunehmen werden. DieVeränderungsgeschwindigkeit, mit welcher dies geschehen wird, ist dabei unter anderem vomabnehmerseitigen Kräfteverhältnis zwischen Einkauf und Instandhaltung abhängig.

Unterstützt wird dieser Veränderungsprozess auch dadurch, dass heutige ERP-Systeme dieErmittlung und Verarbeitung von LCC/TCO-relevanten Daten erleichtern und damit den zubetreibenden Aufwand zumindest an dieser Stelle reduzieren.

Es ist zu erwarten, dass sich der beschriebene Paradigmenwechsel weg von Investitionsent-scheidungen auf Basis der Anschaffungskosten hin zu einer Lebenszyklus-Prozesskosten-betrachtung in Zukunft deutlich ausweiten und bald gängige Praxis sein wird. Damit führtLCC/TCO – konsequent umgesetzt – zu einer Neudefinition der Geschäftsmodelle sowohlvon Investitionsgüteranbietern als auch von deren Kunden.

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34 Stefan Schweiger

Literatur

ALBRECHT, V.: Ausgangslage, Hintergründe und Motivation zu TCO – TCO als Lösungsan-satz, EUROFORUM-Workshop „Total-Cost-of-Ownership“, Mainz 2007

DERVISOPOULOS, M., u. a.: Life-Cycle-Costing im Maschinen- und Anlagenbau, IndustrieManagement 22, 2006

FLEISCHER, J., u. a.: Life-Cycle-Performance in der Produktionstechnik, VDI-Z 10, 2004

NOSKE, H.: Billig kann teuer sein! TCO im Einkauf und in der Entwicklung von Investitions-gütern, ZWF Jahrg. 102 (2007) 5

SCHWEIGER, S.: Einführung in TCO, EUROFORUM-Workshop „Total-Cost-of-Ownership“,Mainz 2007

VDMA: VDMA-Einheitsblatt 34160 „Prognosemodell für die Lebenszykluskosten von Ma-schinen und Anlagen“, Frankfurt am Main 2006

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 35

Lebenszykluskostenbetrachtungen beiInvestitionsgütern

Frank Bünting

1. Grundidee für Lebenszykluskosten

2. Abgrenzung der Begriffe TCO und LCC

3. Lebenszykluskostenmodelle3.1 Gegenüberstellung der bestehenden Lebenszykluskostenansätze3.2 LCC-Berechnungsmodell am Beispiel des VDMAEinheitsblattes 341603.3 Messbarkeit am Beispiel der VDI 2884

4. Wann macht LCC überhaupt Sinn?

5. Identifikation der relevanten Kostentreiber/branchenübliche Kostentreiber5.1 Kostenelemente5.2 Baugruppenmodell

Literatur

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36 Frank Bünting

1. Grundidee für Lebenszykluskosten

Die Grundidee von Lebenszykluskosten (LCC) ist, nicht nur die unmittelbaren Kosten, diemit dem Erwerb eines Investitionsgutes zusammenhängen, sondern auch die Kosten für denBetrieb, die Wartung und die Instandhaltung zu berücksichtigen. Beispiele aus dem täglichenLeben zeigen, dass schon lange unbewusst Entscheidungen auf Basis dieser Überlegungengetroffen werden. Wie sonst könnte der Siegeszug von Diesel-Pkw erklärt werden. Die Käu-fer haben die Vermutung, dass der höhere Einstandspreis sich über einen geringeren Kraft-stoffverbrauch und einer höheren Lebensdauer rechnet.

Im industriellen Umfeld gelten die gleichen Motive. Die Zielsetzung des Käufers ist es, das-jenige Investitionsgut herauszufinden, das ihm über einen definierten Zeitraum die geringstenKosten verursacht. Der Einfluss einzelner Kostenfaktoren kann je nach Anwendung undBranche unterschiedlich sein. Das Beispiel in Abbildung 2.1 zeigt ein sehr einfaches Modelleiner solchen LCC-Betrachtung. Geht man davon aus, dass die Betriebskosten – Energie,Betriebsmittel, Personal usw. – unabhängig von der Zuverlässigkeit der Maschine sind, solautet die Optimierungsfunktion für den Kunden „Investitionskosten versus Instandhaltungs-kosten“. Würde man nur nach den Investitionskosten entscheiden, so käme immer nur diegünstigste Maschine in Betracht. Möchte man aber die günstigsten LCC Kosten haben, somuss das Optimum zwischen den Investitionskosten und Instandhaltungskosten gefundenwerden. Das Optimum liegt dann bei den niedrigsten Gesamtkosten

Instandhaltungskosten

Optimum

Kos

ten

zune

hmen

d

GesamteLebenszykluskosten

Beschaffungskosten

Betriebskosten

Zuverlässigkeit zunehmend

Abbildung 2.1: Grundidee bei LCC-Betrachtungen

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 37

Voraussetzung für eine Berechnung der Lebenszykluskosten ist eine klare Definition derAufgabenstellung, die Spezifikation der Einsatzbedingungen und eines vergleichbaren Out-puts für das Investitionsgut. Das heißt, eine Vergleichbarkeit der Leistungen ist zwingenderforderlich, ansonsten werden „Äpfel mit Birnen“ verglichen. Konkret heißt dies, der Kundemuss spezifizieren, welche Teile er wie bearbeitet haben möchte, in welcher Zeit und in wel-cher Menge. Als Grunddaten müssen neben den technischen Spezifikationen der Betrach-tungszeitraum und das Belastungsprofil (vgl. Abbildung 2.2) definiert werden.

Der Betrachtungszeitraum wird normalerweise als ein Lebensabschnitt der Maschine defi-niert, der mit der Anschaffung beginnt und nach einer jeweils festgelegten Nutzungszeitendet. Sollen die Lebenszykluskosten über den Umbau hinaus betrachtet werden, so ist dasModell mehrfach für die jeweiligen Teilzeiträume anzuwenden. Dabei geht der Restwert ausder Betrachtung vor dem Umbau als Anschaffungskosten in die Betrachtung des Folgezeit-raums ein.

Das Lastkollektiv gibt an, wie stark die Maschine im Einsatz voraussichtlich belastet wird.Leider gibt es in der Praxis nur sehr wenige Belastungsprofile, die es ermöglichen würden,vergleichbare Lebenszykluskostenprognosen mit vertretbaremAufwand zu erstellen.1

Name Beschreibung BemerkungLastkollektiv Verteilung der Lastenarten, Volllast, Teillast oder

Leerlauf der Maschine,z. B. „20% Volllast, 40% Teillast, 40% Leerlauf“.

Ist für jede LCC-Prognose separatfestzulegen.

Kode Name Beschreibung Berechnungsformel EinheitD1 Betrachtungszeitraum Zeitraum der vom Kunden

geplanten NutzungEingabe Jahre

D2 Betriebsstunden derMaschine pro Jahr

Geplante Belegungszeit Tnach VDI 3423

Eingabe Stunden

D3 Qualitätsgrad Anteil von Gutteilen anallen produziertenProdukten

Eingabe %

D4 Produktionsleistung Durchschnittliche Anzahlvon produzierten Teilen proStunde.

Eingabe Einheiten /Stunde

Vorgänge pro Jahr

oder

Durchschnittliche Anzahlvon Arbeitsvorgängen proJahr geplant

D5

Gutteile pro Jahr Produzierte Gutteile proJahr geplant

Eingabe Anzahl

Lastkollektiv

Grunddaten

Quelle: VDMA Einheitsblatt 34160Abbildung 2.2: Grunddaten und Belastungsprofil

1 In der VDV 2315 sind Belastungsprofile für unterschiedliche Einsatzgebiete bei Busflotten definiert

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38 Frank Bünting

Damit allerdings die Berechnung der Basisdaten einheitlich erfolgt, sollten im Vorfeld diewesentlichen Einflussgrößen definiert werden. Hierzu wird in der Praxis die VDI 3423 ver-wendet, da sie alle Zeitgrößen definiert wie:

� Belegungszeit, Beobachtungszeit (T)

� Technische Ausfallzeit (TF)

� Ausfallzeit für Wartung und Inspektion (TM)

� Organisatorische Ausfallzeit (TO)

� Nutzungszeit, Produktionszeit (TN)

Darüber hinaus werden die Zuverlässigkeitsgrößen wie:

� Mittlere Ausfallzeit, Mean-Time-Between-Failure (MTBF),

� Mittlere Reparaturzeit, Mean-Time-To-Repair (MTTR) und

� die technische Verfügbarkeit

definiert.

2. Abgrenzung der Begriffe TCO und LCC

Im Zusammenhang mit Lebenszykluskosten werden immer auch die Total-Cost-of-Ownership (TCO) genannt. Eine Klärung der Differenzierung der Begriffe TCO und LCCfällt in der Praxis sehr schwer, da sich auch die Fachliteratur nicht einig ist. Bereits 1987erarbeitete die Gartner Group ihre erste Studie zur Bestimmung der Kosten eines PC-Arbeitsplatzes und weckte damit erhebliches Interesse.2 Dieses „Total-Cost-of-Ownership“oder „Gesamtkosten des Eignerschaft“-Modells diente dazu, nicht nur die Anschaffungskos-ten eines Rechners, sondern sämtliche Kosten (wie z. B. für Software und Wartung) zu ermit-teln, die durch dessen Einsatz im Laufe seiner Nutzungsdauer anfallen. Alle weiteren Ansätzefür TCO-Modelle gehen in dieselbe Richtung. Die Definition der Lebenszykluskosten liestsich ähnlich: „Unter Lebenszykluskosten wird im Sinne dieses Blattes die Summe aller zumbestimmungsgemäßen Gebrauch einer geeignet ausgelegten Maschine oder Anlage erforder-lichen Aufwendungen von der Anschaffung bis zur Entsorgung verstanden.“3 Dass es zweiBegriffe für dasselbe Thema gibt, mag an den unterschiedlichen Ursprüngen liegen. Der

2 Vgl. Wolf, K., Holm, C. (1998), S. 193 Vgl. VDMAEinheitsblatt 34160, S.2

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 39

TCO-Begriff kommt aus der Computerindustrie, während der LCC-Begriff eher aus der In-vestitionsgüterindustrie stammt.

In der Fachliteratur werden die Begriffe meist synonym benutzt, jedoch gibt es auch einigeAutoren, die LCC als Untermenge des TCO-Ansatzes sehen.4 Nüchtern betrachtet gibt es nurmarginale Unterschiede zwischen den beiden Definitionen.

3. Lebenszykluskostenmodelle

Um die Ergebnisse von Lebenszykluskostenberechnungen vergleichen zu können, müssen sieauf den gleichen Annahmen aber auch nach dem gleichen Verfahren ermittelt worden sein. Esgibt inzwischen einige Modelle, denen gemeinsam ist, dass sie die Gesamtkosten in „Einmal-“ und „Wiederkehrende“ Kosten unterteilen. Die meisten Modelle unterteilen dabei den Le-benszyklus noch in Abschnitte wie „Anschaffung“, „Betrieb“, „Instandhaltung“ und „Verwer-tung“. Abbildung 2.3 zeigt die Modellstruktur des SAE-Modells.

Beschaffungskosten

Engineering

Installation

Schulung

Umbau

Transport

Akquisitionskosten

Werkzeuge

Verbrauchsstoffe

Personalkosten

Abfall

Ersatzteilbevorratung

Betriebskosten

Haltbarkeit

VorbeugendeWartung

Ersatzteile

Fixe Personalkosten

Geplante Instandhaltung

Haltbarkeit

Fehler

Reparaturkosten

Variable Personalkosten

Produktionsausfall

Ungeplante Instandhaltung

Instandhaltungskosten Umbau /Demontage

LebenszykluskostenAnsatz der SAE und Ford

Quelle: SAE 4293Abbildung 2.3: Überschrift Grundmodell der SAE

4 Vgl. Ellram, 1994

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40 Frank Bünting

3.1 Gegenüberstellung der bestehendenLebenszykluskostenansätze

Derzeit gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Modellen zur Beschreibung und Kalkulationvon LCC. In den USA sind viele auf den Militär (EDCAS)- und Gebäudebereich fokussiert.Allerdings ist der SAE ARP 42935-Ansatz für die Investitionsgüter sehr gut anwendbar. Vonder europäischen Normenseite ist hier vor allem die DIN 60300-3-36 zu nennen, die einRahmenmodell für die LCC-Berechnung ausstellt. Daneben gibt es noch eine Reihe vonVerbänden, wie zum Beispiel die VDV Mitteilung 23157, das VDMA-Einheitsblatt 341608oder die VDI 28849. Von besonderer Bedeutung für die Investitionsgüterbranche ist derMaintenance-TCO-Ansatz von Daimler. Bei der Anwendung der Modelle müssen einigeRahmenbedingungen beachtet werden.

In der Praxis hat sich herausgestellt, dass es einige Anforderung gibt, die ein Lebenszyklus-kostenmodell erfüllen muss, damit es tauglich für die Praxis ist:

1. Der Ansatz muss ein Berechnungsmodell enthalten, das die Grundstruktur und die Be-rechnungsweisen vorgibt. Weiter muss das Modell so flexibel gestaltet sein, dass es in-nerhalb von definierten Grenzen modifiziert oder angepasst werden kann, ohne dass dasBerechnungsmodell in Frage gestellt wird.

2. Die Eingangsgrößen für das Modell müssen messbar sein, das heißt sie müssen mit quan-tifizierbaren Größen wie Zeit, Menge, Geld usw. beschreibbar sein.

3. Ein solches Modell sollte nicht zu komplex sein, damit man nicht den Blick für das We-sentliche verliert.

4. Die Anwendung des Modells sollte auf möglichst viele Einsatzgebiete passen.

5. Die Ausgestaltung des Modells sollte keinen der Partner weder den Kunden noch dieLieferanten übervorteilen, damit es zu einer echten gewinnbringenden Partnerschaftkommt.

6. Im Idealfall zeigt die Berechnung der Lebenszykluskosten nicht nur die Kosten, sondernauch die Optimierungspotenziale auf.

7. Im globalen Wettbewerb ist es notwendig, dass ein solches Modell auch über die Grenzender einzelnen Länder Bestand hat. Das bedeutet auch, dass keine länderspezifischen Re-striktionen enthalten sind.

5 Vgl. SAE 42936 Vgl. VDV 23157 Vgl. DIN 60300-3-38 Vgl. VDMA 341609 Vgl. VDI 2884

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 41

8. Das Modell sollte so aufgebaut sein, dass es ohne größere Schwierigkeit in eine IT-Lösung umgesetzt werden kann.

Anhand der acht Kriterien sind in Abbildung 2.4 die gängigen Ansätze zur Berechnung vonLebenszykluskosten gegenübergestellt.

Modelle

Anforderungskriterien

VDI2884

SAE-Ansatz

VDV-Ansatz

M-TCO-Ansatzvon

Daimler

VDMA34160

ISO60300 3-3

EDCAS

Vorkonfiguriertes underweiterbares Modell(Spielregeln)

nein festesModell

FestesBran-chenModell

FestesUnter-nehmensModell

ja nein FestesBran-chenModell

Messbarkeit ja ja ja ja ja teilweise jaEinfachheit ja ja ja ja ja nein neinUniversalität ja ja nein nein ja ja neinPartnerschaftlichesModell

nein nein ja teilweise ja nein ja

Aufzeigen von Opti-mierungspotenzialen /Marketinginstrument

teil-weise

teil-weise

teil-weise

ja ja nein ja

InternationaleEinsatzfähigkeit

ja ja ja ja ja ja ja

IT-Fähigkeit ja ja ja ja ja ja ja

Abbildung 2.4: Gegenüberstellung der LCC-Berechnungsansätze

Die meisten Modelle beschränken sich konsequent auf die Kostenseite, was zu einer Reduzie-rung des Datenaufwands führt. Sie lassen dem Anbieter jedoch die Freiheit, die Prognose derNutzenseite selbst hinzuzufügen oder Investitionsrechnungen durchzuführen. Der Verzichtauf Finanzierungskosten in vielen Modellen kommt der Praxis entgegen. Lediglich das Mo-dell von EDCAS berücksichtigt Finanzierungskosten über den Betrachtungszeitraum.

3.2 LCC-Berechnungsmodell am Beispiel des VDMAEinheitsblattes 34160

Der Umstand, dass es kein einheitliches Berechnungsmodell gibt, hat den VDMA dazu veran-lasst, mit Hilfe eines Arbeitskreises genau ein solches generisches Modell für die Prognosevon Lebenszykluskosten zu entwerfen. Hauptmotivation dabei war, einen Standard zu schaf-fen, der sich möglichst in der gesamten Branche durchsetzt. Ohne eine einheitliche und in derBranche akzeptierte Standardisierung würde jedes Unternehmen sein eigenes Berechnungs-

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42 Frank Bünting

modell definieren, was zur Folge hätte, dass die Unternehmen am Markt mit einer Vielzahlvon Berechnungsvorschriften und Verfahren konfrontiert würden.

Dem Berechnungsmodell liegt ein dreistufiges Phasenkonzept für den Lebenszyklus voneiner Maschine vor.

In der ersten Phase, der Entstehung, werden die Kostenblöcke Anschaffung, Inbetriebnahmeund notwendige Aufwendungen zur Bereitstellung der Infrastruktur als statische Kostenblö-cke aufbereitet, die die Anfangsinvestition darstellen.

Kontext Lohnkosten etc.

Betrieb

GutteileAusschussAbfall

ProduktMaterial

Rohstof f

Wartung/ InspektionInstandsetzungErsatzteileSchulungsaufwand

Erhalt der Funktion

Anschaffung

Inbetriebnahme

Infrastruktur

Entstehung

Werkzeuge EnergieRaum PersonalBetriebsstof fe Lagerkosten

Nutzung

Verkauf

Entsorgung

Verwertung

ProzessparameterProduktionsleistung, MTBF, MTTR,Verfügbarkeit, Lebenszeit,Qualitätsgrad,Betrachtungszeitraum,Betriebsstunden pro Jahr,Spezif ikation der Leistung

Produktionsprozess

Quelle: VDMA-Einheitsblatt 34160Abbildung 2.5: Phasenmodell für Lebenszykluskostenbetrachtungen

Die Betriebsphase betrachtet alle Aufwände, die während des Betriebes der Maschine anfal-len. Dies sind zum einen Kosten für Materialien, Roh- und Hilfsstoffe, zum anderen die not-wendigen Werkzeug-, Energie-, Lager- oder Personalkosten. Über die Zuverlässigkeit undden Qualitätsgrad können die Anteile der Gutteile, des Ausschusses und des Abfalls bestimmtwerden. Parallel dazu werden noch Aufwendungen betrachtet, die zum Erhalt der Funktionnotwendig sind. Dies sind die Wartung, die Inspektion, die Instandsetzung, die Ersatzteileoder der Schulungsaufwand.

In der Verwertungsphase werden jene Kosten betrachtet, die bei der Entsorgung und beimRückbau einer Anlage entstehen, aber auch Erlöse, die z. B. durch den Verkauf oder durch dieWiederverwertung der Anlage entstehen.

Damit das Modell den Anforderungen einer universellen Einsatzfähigkeit genügt, wurde esals generisches Modell konzipiert, das es ermöglicht, die Lebenszykluskosten in unterschied-

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 43

licher Detaillierungsebene und in unterschiedlichen Kombinationen der Kostenelemente zuermitteln (vgl. Abbildung 2.6). Es ermöglicht damit gezielt, nicht relevante Kostenelementewegzulassen oder neue Kostenelemente in der Systematik hinzuzufügen. Es kann mit detail-lierten Berechnungen genauso gut umgehen, wie etwa mit Schätzung von ganzen Blöcken.Werden die Detailtiefe und die relevanten Kostenelemente spezifiziert, ist der Vergleich un-terschiedlicher Maschinen gewährleistet.

IH1.6IH1.6

IH1.1 IH1.2IH1.1 IH1.2

LCC

Detaillierun

g

SO1IH2IH1 RK3 ...

PauschaleV1.1 V1.2 V1.3

Erweiterung desModells

V1.2

...n

VerwertungsphaseV

BetriebsphaseB

EntstehungsphaseE

E2 E3E1 V2 V3V1

IH1.1 IH1.2 IH1.6......

Quelle VDMA Einheitsblatt 34160Abbildung 2.6: Generisches Prognosemodell für Lebenszykluskosten

3.3 Messbarkeit am Beispiel der VDI 2884

Die VDI 2884 gibt in mehreren Tabellen vor, welche Kosten in den einzelnen Phasen berück-sichtigt werden können. Leider wird in diesem Ansatz nicht angegeben, wie die einzelnenInformationen zu einer Lebenszykluskostenberechnung zusammengefasst werden.

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44 Frank Bünting

zu VDI 2884, Abschnitt 5.6Bedarfpro

Betriebs-stunde

Kostenpro

Einheit

Mehr-maligeKosten

EinmaligeKosten

SummeKosten

Erlöse

zuVDI2884,

Abschnitt5

Während derNutzung

Einheit

in EUR in EUR in EUR in EUR in EUR in EURBetriebs- und Hilfs-stoffeWasser m³Luft m³Gase m³Schmiermittel m³Kühlmittel m³Hydrauliköl m³Elektrische Leistungs-aufnahme im Leerlauf

kWh

Elektrische Leistungs-aufnahme unter Last

kWh

Personalaufwand fürdie Bedienung

EUR

Quelle: VDI 2884Abbildung 2.7: Auszug aus der Tabelle zur Ermittlung der Kosten in der Phase „während

der Nutzung“

Für die einzelnen Kostenblöcke sind die Eingabegrößen vorgegeben, mit denen dann dieGesamtkosten ermittelt werden können. Um vergleichbare Berechnungen zu erhalten, müssendie Kosten pro Einheit in allen Berechnungen gleich sein. Hier zeigt sich aber, dass der einKostensatz für das Personal nicht ausreichend ist. Für unterschiedlich Aufgaben müssenunterschiedliche Kostensätze definiert werden wie zum Beispiel für:

� Instandhaltungspersonal Kunde

� Monteure vomAnbieter

� Service-Techniker vomAnbieter

� Montage Ingenieur/NC-Ingenieur vomAnbieter

� Maschinenbediener vom Kunden

� Rüstpersonal vom Kunden

Im konkreten Fall müssen die Informationen von Kunden bereitgestellt werden oder aber mitBranchendurchschnittswerten gerechnet werden.10

10 Branchenwerte gibt es zum Teil bei den einzelnen Branchenverbänden

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 45

4. Wann macht LCC überhaupt Sinn?

Im Militärbereich, in der Bahntechnik oder bei Busflotten sind Lebenszykluskostenbetrach-tungen inzwischen vorgeschrieben. Hier werden die LCC-Prognosezahlen Vertragsbestandtei-le. Auch bei einigen großen Untenehmen wie Daimler oder Ford setzt sich diese Denkweiseimmer stärker durch. Jedoch funktioniert eine solche Betrachtungsweise nur dann, wenn sichalle Teilnehmer auch an die Spielregeln halten. Eine Verhandlung zu führen und über Le-benszykluskosten zu reden, um dann am Ende doch nur nach dem Einkaufpreis zu entschei-den ist kontraproduktiv. Denn die Chance der Vergleichbarkeit von Angeboten, die es ermög-licht, unterschiedliche Maschinenkonzepte hinsichtlich ihrer Kostensituation zu vergleichen,ermöglicht es, die Qualität von Maschinen monetär bewertbar zu machen. Damit lässt sichdas „Made in Germany“ für den Kunden rechnen. Der Einsatz solcher Modelle bietet sowohlfür den Anbieter als auch für den Käufer eine Reihe von Vorteilen:

� Nutzen für den Anbieter

� Wenn die Bedeutung der Kosten in der Betriebsphase sichtbar wird, kann der Anbieteranhand der Zusammenhänge seine Entwicklungsanstrengungen gezielter einsetzen.

� Er kann für Kundengruppen mit hoher Preissensitivität die preistreibenden Faktorenbeim Anschaffungspreis gezielt zurücknehmen.

� Er kann für Kundengruppen mit hoher Sensitivität für die Gesamtkosten seine Entwick-lungsanstrengungen bis zum optimalen Punkt für diese Größe treiben.

� Nutzen für den Käufer

� Hersteller, deren Produkte durch hohe technologische Kompetenz und hohen Entwick-lungsaufwand erheblich höhere Zuverlässigkeit aufweisen, können diesen Vorteil mo-netär darstellen.

� Niedrigere Kosten in der Betriebsphase und das hohe Maß an Werterhalt senken dieGesamtkosten.

� Ansatzpunkte für Verbesserungen in Maschinenkonzepten können gezielt identifiziertwerden

Darüber hinaus ergeben sich Absatzchancen für Servicedienstleistungen bis hin zu Full-Serviceverträgen für die Anbieter, die bei erweiterten Verfügbarkeitszusagen zwingend erfor-derlich sind. Full-Serviceverträge wiederum erzeugen eine höhere Bindung des Kunden andas Unternehmen, denn die Kunden-Lieferanten-Beziehung endet nicht mit dem Auslaufender Garantiezeit, sondern geht zwangsläufig darüber hinaus. Nur wenn regelmäßig ein Aus-tausch über die Maschinendaten stattfindet, kann ein LCC-Modell langfristig bewertet wer-den.

Allerdings birgt die Anwendung einer LCC-Berechnung auch einige Risiken, die nicht unter-schätzt werden dürfen. Im Vertragsfall können LCC-Prognosezahlen, die nicht valide sind, zuhohen wirtschaftlichen Schäden führen, wenn die prognostizierten Werte nicht erreicht wer-

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46 Frank Bünting

den. Deshalb sind bei der Abgabe von LCC Aussagen auch immer Augenmaß und eine gesi-cherte Datenbasis notwendig. Sollte diese nicht zur Verfügung stehen, werden besser keineLCC-Aussagen gemacht. Allein die Existenz von LCC-Modellen weckt bei einigen KundenBegehrlichkeiten, die in keinem angemessenen Aufwand/Nutzen Verhältnis stehen. Dies kannin extreme Forderungen münden, die einer Garantiezeitverlängerung von bis zu zehn Jahrengleichkommen. LCC-Verträge bedürfen aber eines gegenseitigen Vertrauensverhältnisses,damit sie zum Nutzen beider abgeschlossen werden können. Dies beinhaltet natürlich auch,dass von Kunden keine vertraulichen Informationen an Wettbewerber weitergegeben werden.Ein Risiko, das oft von den Betreibern unterschätzt wird ist, dass der Betreiber sicherstellenmuss, dass die Maschinen innerhalb der definierten Grenzen betrieben werden. Eine LCC-Aussage für eine Maschine im Ein-Schicht-Betrieb ist gleichzusetzen mit einer Maschine imDrei-Schicht-Betrieb.

Eine zwingende Voraussetzung für eine LCC-Vereinbarung ist, dass nach Abschluss dieserVereinbarung die relevanten Daten und Kosten transparent für beide Seiten erfasst und über-wacht werden, damit bei Abweichungen eingegriffen werden kann. Ein Beispiel für das Cont-rolling dieser Informationen ist im Beitrag von Herrn Albrecht im Daimler-M-TCO-Ansatzbeschrieben.

5. Identifikation der relevanten Kostentreiber/branchenübliche Kostentreiber

Modelle zur Prognose der LCC können sowohl von Kunden als auch von Anbietern genutztwerden. Wird das Prognosemodell zur Ausschreibung verwendet, so spezifiziert der Kundedie Rahmenbedingungen und gibt den Anbietern vor, welche Positionen des Modells mitjeweils welchem Detaillierungsgrad auszufüllen sind. Am Beispiel des VDMA-Prognosemodells ist in Abbildung 2.8 exemplarisch dargestellt, wie ein solches Modell in derPraxis konfiguriert werden kann.

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 47

für Maschine X

Kürzel Beschreibung Anbieter Kunde Wert DetaillierungLCC prognostizierte Lebenszykluskosten - €

E Entstehung - € - € - €E1 Beschaffung ja ja - € jaE2 Infrastrukturkosten ja ja - € jaE3 Sonstige Entstehungskosten nein nein - €

B Betriebskosten - €D1 Betrachtungszeitraum 10 JahreB1 Betriebskosten pro Jahr ja ja - €

IH1 Wartung und Inspektion ja ja - € jaIH2 Instandsetzung ja ja - € jaIH3 Ungeplante Instandsetzung ja ja - € jaRK1 Raumkosten ja - € jaMK1 Materialkosten ja - € jaEK1 Energiekosten ja - € neinHB1 Hilfs- und Betriebsstoffe nein - €EN1 Entsorgungskosten nein - €PK1 Personalkosten nein nein - €WK1 Werkzeugkosten nein - €RU1 Rüstkosten nein - €LK1 Lagerkosten ja ja - € jaSO1 Sonstige Betriebskosten ja ja - € nein

V Verwertungskosten - € - € - €V1 Rückbau ja ja - € neinV2 Restwert ja ja - € neinV3 Sonstige Verwertungskosten nein nein - €

Prognose der Lebenszykluskosten gemäß VDMA Einheitsblatt 34160

Quelle: VDMA-Einheitsblatt 34160Abbildung 2.8: Konfiguration eines Prognosemodells

Ebenso kann der Kunde vorgeben, welche Leistungen er selbst erbringen will, muss aberdann die entsprechenden Informationen bereitstellen oder nach Erhalt des Angebots ergänzen.

Wird das Prognosemodell zur Erstellung eines freien Angebots verwendet, so spezifiziert derAnbieter die Maschine und deren Anwendungsbereich. Ebenso definiert er die Rahmenbe-dingungen und den Detaillierungsgrad des Modells unter denen er anbietet.

Der Aufwand für eine Lebenszykluskostenberechnung hängt sehr stark vom Umfang unddem Detaillierungsgrad des Berechnungsmodells ab. So kann man bei militärischen Klein-projekten durchaus mit Aufwänden von vier bis sechs Mannwochen rechnen, um alleine dieLCC Berechnung nach dem vorgeschriebenen EDCAS-Modell zu erfassen. Hier sind nochnicht die Zeiten eingerechnet, die zur Datenbeschaffung und -validierung notwendig sind.

Um den Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten sollte nicht versucht werden, alleKosten zu erfassen, sondern nur die relevanten Kostentreiber zu definieren. Dafür ist dieBetrachtung der Kostenelemente als auch eines abgestimmten Baugruppenmodells notwen-dig.

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48 Frank Bünting

5.1 Kostenelemente

Als Erstes muss gesehen werden, welche Kosten überhaupt in diesem Anwendungsfall eineRolle spielen.

� Fallbeispiel: Pumpensysteme

Die Lebenszykluskosten eines Pumpensystemes werden determiniert durch zwei wesentlicheGrößen. Den Anschaffungspreis von ca. fünf bis zehn Prozent und den Energiekosten von ca.90 Prozent. Da diese Geräte wartungsfrei und für die Betrachtungsdauer ausgelegt sind, spie-len die Instandhaltungskosten keine Rolle. Auch Raumkosten oder Kosten für das Bedienper-sonal sind vernachlässigbar klein. Hier reduziert sich die LCC-Berechnung auf wenige Grö-ßen.

� Fallbeispiel: Werkzeugmaschinen

Für Werkzeugmaschinen spielen neben den Anschaffungskosten die Kosten für Wartung undInstandhaltung eine große Rolle, da diese durchaus 15 Prozent der Gesamtlebenszykluskostenausmachen. Die Kosten für Bedienpersonal sind auch nicht zu unterschätzen, aber es ist zubedenken, dass in den meisten Fällen für Maschinen unterschiedlicher Anbieter die gleicheAnzahl von Bedienern notwendig ist. In einer Vergleichsbetrachtung könnte man diese auchherauskürzen. Manchmal werden auch Raumkosten für den umbauten Raum gerechnet. Diesmacht aber nur dann Sinn, wenn Hallenraum beim Kunden wirklich knapp ist.

� Fallbeispiel: Kunststoffspritzmaschinen

Neben den Anschaffungskosten, den Kosten für Wartung und Instandhaltung und den Ener-giekosten spielen hier auch Materialkosten eine Rolle. Bei hochwertigen Kunststoffen zumBeispiel ist es kostentechnisch hoch relevant, wie hoch der Ausnutzungsgrad der Eingangs-materialien ist.

5.2 Baugruppenmodell

Bei der Berechnung der Kosten für Wartung und Instandhaltung wird es notwendig, die über-greifende Betrachtungsweise eines Investitionsgutes zu verlassen und sich den Systemkom-ponenten, Baugruppen oder sogar den Bauteilen zuzuwenden. Denn diese haben spezifischeAusfallraten und erzeugen unterschiedlichen Aufwand bei der Wartung und Instandhaltung.Im Militärbereich wird diese Betrachtungsweise auf die kleinste austauschbare Einheit herun-tergebrochen, was durchaus dazu führen kann, das schnell 2.000 bis 3.000 Einheiten in dieBerechnung mit einfließen müssen. Hier gilt es einen pragmatischen Weg zu gehen, um den

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Lebenszykluskostenbetrachtungen bei Investitionsgütern 49

Aufwand in ein vernünftiges Verhältnis zum Nutzen zu halten. Im Daimler M-TCO-Ansatzwird ein Stammbaum für die Maschine vorgegeben, an der sich alle orientieren können.

Stammbaum Montageanlagen

installierte FördertechnikMontageeinrichtungen Antrieb

SystemkomponenteProduktionssystem Funktionsgruppe Bauteilgruppe

Transportelemente“Geraden/Kurven”

Verschubelement

Führungselement

Zusatzfunktionen

Quelle: DaimlerAbbildung 2.9: Struktur des Stammbaums für eine Montageanlage

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50 Frank Bünting

Literatur

DIN EN 60300-3-3: 2005-03, Zuverlässigkeitsmanagement – Teil 3-3: Anwendungsleit-faden – Lebenszykluskosten (IEC 60300-3-3:2004), Beuth Verlag, Berlin 2005

ELLRAM, L. M.: Total-Cost-of-Ownership: An Analysis Approach for Purchasing, in:International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, 25. Jg., 1995,H. 8, S. 4-23, 1995

SAEARP 4293 Life-Cycle-Cost – Techniques and Applications (1992)

VDI 2884: 2005-12, Beschaffung, Betrieb und Instandhaltung von Produktionsmittelnunter Anwendung von LCC Life-Cycle-Costing; Bezugsquelle Beuth Verlag, Berlin2005

VDI 3423: 2002-01, Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen, Begriffe, Definitionen,Zeiterfassung und Berechnung

VDMA-Einheitsblatt 34160: 2006-06, Prognosemodell für die Lebenszykluskosten vonMaschinen und Anlagen, Beuth Verlag, Berlin 2006

VDV Mitteilung 2315: 05-2003, Life-Cycle-Costs (LCC) bei Linienbussen – Bewer-tungskriterien bei Ausschreibungen, Beka-Verlag, Köln 2003

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 51

Bedeutung und Anwendung vonLebenszyklusanalysen beiWerkzeugmaschinen

Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

1. Einleitung

2. Entwicklung des Lebenszykluskostenbegriffs

3. Grundlagen der Lebenszyklusanalyse von Werkzeugmaschinen3.1 Aufbau von Lebenszyklusanalysen3.2 Bestehende Anwendungsleitfäden und Normen

4. Bedeutung und Herausforderungen der Lebenszyklusanalyse am BeispielWerkzeugmaschine4.1 Bedeutung der Lebenszykluskosten4.2 Herausforderungen der Lebenszyklusanalyse

5. Anwendung der Lebenszyklusanalyse im Vertrieb und der Entwicklung5.1 Methodik zur Nutzung der Lebenszyklusanalyse5.2 Aufbau eines Maschinenstrukturmodells5.3 Vorgehensweise zur Generierung einer Lebenszyklusdatenbank und

Analysebeispiele5.3.1 Analysebeispiele zum Energieverbrauch von Werkzeugmaschinen5.3.2 Analysebeispiele zur ungeplanten Instandsetzung von Werkzeugmaschinen5.3.3 Analysebeispiel zumWartungsaufwand von Werkzeugmaschinen5.3.4 Analysebeispiel zur Prozesszeit und Lebensdauer

6. Zusammenfassung

Literatur

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52 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

1. Einleitung

Die Beachtung der Lebenszykluskosten in Relation zum Erstinvest, sowohl bei der Beschaf-fung eines neuen Investitionsgutes als auch bei der Produktentwicklung, ist im Prinzip nichtneu. Das Grundkonzept der Lebenszykluskostenanalyse wurde in den 1930er Jahren zunächsthauptsächlich für Großprojekte beim Militär entwickelt und hat sich spätestens seit Beginndes 21. Jahrhunderts auch in der Werkzeugmaschinenindustrie etabliert.

Führt man für ein übliches Bearbeitungszentrum eine Lebenszykluskostenanalyse für einenBetrachtungszeitraum von zehn Jahren durch, dann stellt der Anschaffungspreis der Werk-zeugmaschine mit durchschnittlich 30 Prozent nur einen geringen Teil der Gesamtkosten dar,die dem Anwender aus dem Betrieb einer Maschine über deren Lebenszyklus hinweg er-wachsen. Die systematische Berücksichtigung der Lebenszykluskosten von Werkzeugma-schinen wird damit sowohl für den Maschinenanwender als auch für den Maschinenherstellerzunehmend zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor.

Während der Maschinenanwender Lebenszyklusanalysen beim Betriebsmitteleinkauf berück-sichtigen muss, sollte der Werkzeugmaschinenhersteller die Lebenszyklusanalysen nutzen,um die Vorteile seiner Maschine im Vertrieb darzustellen beziehungsweise um Optimierungs-ansätze für die nächste Maschinengeneration abzuleiten. Um die lebenszyklusbezogene Vor-teilhaftigkeit einer Werkzeugmaschine im Vertrieb darstellen zu können und um darüberhinaus Verbesserungsansätze für zukünftige Maschinengenerationen in der Produktentwick-lung zu identifizieren, müssen dabei alle wesentlichen Kostenelemente, die unterschiedlichenEinsatzbedingungen sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen berücksichtigt werden.

Eine Herausforderung, die auf dem Weg zu einer erfolgreichen Nutzung der Lebenszyklus-analysen gemeistert werden muss, besteht in der Generierung einer geeigneten Datenbasis fürdie Durchführung der Analysen. Dies umfasst beispielsweise die geeignete Abbildung desWartungs- und Inspektionsaufwandes, die geeignete Erfassung und Auswertung von Maschi-nenhistorien, Serviceberichten und Ersatzteilbestellungen oder die Durchführung von kom-ponentenspezifischen Energie- oder Druckluftmessungen an der Maschine.

In diesem Beitrag werden, nach einer einleitenden Diskussion einiger Grundlagen zum The-ma Lebenszykluskosten, methodische Ansätze und Analysebeispiele zur Nutzung von Le-benszykluskostenanalysen durch den Maschinenhersteller vorgestellt.

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 53

2. Entwicklung des Lebenszykluskostenbegriffs

Das Grundkonzept der Lebenszykluskosten wurde zunächst für Großprojekte angewandt.Ziel war es, bei Investitionsentscheidungen neben den Anschaffungskosten auch den zuneh-mend größer werdenden Teil der Folgekosten zu berücksichtigen. Dabei standen die Interes-sen der Nutzer immer im Vordergrund. Die historische Entwicklung des Lebenszykluskosten-konzeptes lässt sich in drei Stufen unterteilen: Die Konzentration auf Großprojekte beimMilitär, die Erweiterung auf öffentliche und private Gebäude und letztlich die Übertragungauf Investitionsgüter allgemein.1

Die ersten Ansätze zur Betrachtung der Gesamtkosten von Investitionen entstanden in den1930er Jahren durch das General Accounting Office (GAO) in den USA. Bei der Beschaffungvon neuen Traktoren forderte der Controller des GAO nicht nur die Anschaffungskosten,sondern auch die Betriebs- und Wartungskosten verbindlich beim Entscheidungsprozess zuberücksichtigen. Die Investitionsentscheidung sollte für die Traktoren mit den geringstenGesamtkosten bei einer vorgegebenen Betriebszeit von 8.000 Stunden fallen. Die erste sys-tematische Befassung mit dem Thema findet sich ebenfalls in den USA, allerdings erst in den1960er und 1970er Jahren, bei Projekten im Bereich der Luft- und Raumfahrt sowie beimErwerb von Waffensystemen. Im Jahr 1971 wurde dann vom amerikanischen Verteidigungs-ministerium, dem Department of Defense (DoD), der Begriff und Umgang mit Lebenszyk-luskosten zum ersten mal in einer Richtlinie, der DoD Directive 5000.1 zur „Acquisition-of-Major-Defense-Systems“ verankert.2 Im weiteren Verlauf wurde das Konzept der Lebenszyk-luskosten in den USA auch beim Bau oder Leasing von Gebäuden angewendet.

In der folgenden Zeit wurde das Konzept auf verschiedene Branchen und technologischeProdukte, insbesondere auf Industriegüter, übertragen. Ein Beispiel hierfür ist die 1985 vonBill Kirwin von der Unternehmensberatung Gartner entwickelte Berechnungsmethode, dieunter dem Begriff der Total-Cost-of-Ownership (TCO) bekannt wurde.3 Ziel war die Progno-se der direkten und indirekten Kosten, die mit dem Erwerb von IT (Software und Hardware)verbunden ist. Die Institutionalisierung im Maschinen- und Anlagenbau erfolgte beispiels-weise anhand der vom VDI 2003 erlassenen Richtlinie 2884 zur Beschaffung, Betrieb undInstandhaltung von Produktionsmittel unter Anwendung von Life-Cycle-Costing oder dem2006 veröffentlichten VDMA Einheitsblatt 34160, einem Prognosemodell für die Lebenszyk-luskosten von Maschinen und Anlagen.4 Intensiviert wurde die Beachtung der Lebenszyklus-kosten im Maschinen- und Anlagenbau auch durch die zunehmende Integration von Lebens-zykluskostendaten in die Beschaffungsentscheidung der Automobilindustrie.

1 Zehbold, Cornelia (1996), S. 78 ff..2 Department of Defense (2003); Department of Defense (1989.)3 Kirwin, Bill (2007).4 VDI-2884 (2003); VDMAEinheitsblatt 34160 (2006).

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54 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

3. Grundlagen der Lebenszyklusanalyse vonWerkzeugmaschinen

3.1 Aufbau von Lebenszyklusanalysen

Der Schwerpunkt von Lebenszyklusanalysen besteht in der ökonomischen Bewertung vonInvestitionsgütern anhand der gesamten über deren Lebenszyklus hinweg entstehenden Kos-ten. Einige methodische Ansätze ergänzen die reine Kostenbetrachtung um die Bewertung dermit der Nutzung des Investitionsgutes erzielbaren Leistung (z. B. produzierbare Stück proZeiteinheit oder erzielbare Qualität) sowie um qualitative Faktoren (z. B. Benutzerfreund-lichkeit).5

Kostenseitig wurde bislang vor allem den Kosten für die ungeplante Instandsetzung undsomit der Bewertung von Verfügbarkeitskennwerten wie Mean-Time-Between-Failure(MTBF), Mean-Time-To-Repair (MTTR) und Mean-Cost-of-Replacement-Parts (MCRP)eine besondere Bedeutung beigemessen.6 Diese eng gefasste Betrachtungsweise wird heutezunehmend zugunsten einer umfassenden Berücksichtigung sämtlicher durch den Erwerb undBesitz eines Betriebsmittels anfallender Kosten erweitert. Es werden auch Aufwände fürEnergie, für Hilfs- und Betriebsstoffe, für Werkzeuge bis hin zu den Kosten der Ersatzteilbe-vorratung berücksichtigt. Die Höhe der Lebenszykluskosten und die Bedeutung der verschie-denen Kostenelemente sind maschinenspezifisch und werden darüber hinaus durch die jewei-ligen Einsatzbedingungen und den Umgang des einzelnen Anwenders mit dem Betriebsmittelbeeinflusst. Dementsprechend muss bei jeder Lebenszyklusanalyse einzelfallbezogen defi-niert werden, welche Kostenelemente berücksichtigt werden sollen und welcher Detailgradbei der Erfassung und Analyse erforderlich ist. Ein Konzept zur Lebenszyklusanalyse vonBetriebsmitteln sollte dabei grundsätzlich folgende Elemente umfassen (vgl. Abbildung 3.1):

� Einteilung des gesamten Lebenszyklus in geeignete Abschnitte bzw. Phasen

� Aufbrechen des Betriebsmittels in eine Funktions- bzw. Komponentenstruktur

� Definition von Kostenelementen und Berechnung auf Basis der Kostenarten

� Identifikation und Analyse der Wirkungsweise von Kostentreibern

5 Männel (1992); Böning (1997); Kalaitzis (1992); Degen (2004).6 Dervisopoulos et al. (2006).

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 55

Kostenarten

Funk

tions

grup

pen/

Kom

pone

nten

struktur

Phasen des Lebenszyklus

Ent-wicklung

Be-schaf fung Nutzung

Personal

Energie

Raum

…….

…….

……

Motor-spindel

X-Achse

Werkzeug-wechsler

………

KostenelementWartungskostenMotorspindel

KostentreiberProzessparameterEinsatzlandOrganisation Anwender…..

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.1: Aufbau eines Konzeptes zur Lebenszyklusanalyse von Werkzeugmaschinen

Die DIN EN 60300-3-37 unterscheidet sechs Hauptphasen im Lebenszyklus eines Produktes:

� Konzept und Definition

� Entwurf und Entwicklung

� Herstellung

� Einbau

� Betrieb und Instandhaltung

� Entsorgung

Für die kostenorientierte Lebenszyklusbewertung von Maschinen und Anlagen bietet sicheine Dreiteilung der Lebensphasen an; aus diesen Phasen lassen sich dann die wesentlichenKostengruppen einer Maschine oder Anlage ableiten.8 Dies sind die Kosten der Anschaf-fungsphase, der Nutzungsphase und der Nachnutzungshase (vgl. Abbildung 3.2). Prinzipiellsollten zusätzlich zu den Kosten immer auch die Leistung, Funktionsfähigkeit und andereMerkmale (wie zum Beispiel ergonomische Eigenschaften) berücksichtigt werden.

7 DIN EN (2005).8 Dervisopoulos et al. (2006).

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56 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

Hauptphasen imLebenszyklus

Kostengruppen der Lebenszyklusanalyse

� Konzept & Definition

� Entwurf & Entwick-lung

� Herstellung

� Einbau

Anschaffungsphase:Der Anschaffungsphase werden prinzipiell sämtliche Kostenzugerechnet, die im Rahmen der Beschaffung und Bereitstellungeines Investitionsgutes anfallen. Hierzu zählen neben dem rei-nen „Preis“ bzw. den Herstellkosten unter anderem der Aufwandfür die Installation und Inbetriebnahme, der Transport, die Ab-nahme sowie die Mitarbeiterschulung.

� Betrieb &Instandhaltung

Nutzungsphase:Während der Nutzungsphase wird der gesamte durch den Besitzund die Nutzung bedingte Aufwand betrachtet. Neben Betriebs-stoffen wie etwa Energie und Schmierstoffen werden Raumkos-ten, Instandhaltung, Werkzeugkosten, Kosten für Ersatzteilesowie weitere Nutzungskosten berücksichtigt.

� Entsorgung Nachnutzungsphase:Die Betrachtung der Phase nach der Nutzung des Investitions-gutes ermöglicht die Beurteilung der kostenmäßigen Wirkung,die mit der Ausmusterung oder Überholung eines Investitionsgu-tes (z. B. durch Entsorgungskosten, Restwert oder Rekonfigura-tion) verbunden ist.

Abbildung 3.2: Klassische Dreiteilung der Lebenszykluskosten eines Investitionsgutes

Das Aufbrechen des Betriebsmittels in seine Produktstruktur ermöglicht es, die Lebenszyk-luskosten den einzelnen Funktionsgruppen bzw. Komponenten zuzuordnen. Hierdurch kön-nen die kostenverursachenden Komponenten identifiziert werden und Rückschlüsse für kon-struktive Verbesserungsmaßnahmen gezogen werden. Als Ausgangspunkt für die Definitionder wesentlichen Kostenelemente und deren Berechnung können die bestehenden Normenund Leitfäden (vgl. Kapitel 3.2) herangezogen werden. Für die in die Berechnung einfließen-den Kostenarten (wie Energiekosten, Personalkosten, Kosten für Druckluft etc.) müssendurchschnittliche Kostensätze erhoben werden. Hier bietet es sich an, Kostenbeispiele vonMaschinenanwendern aufzunehmen. Die Höhe der Lebenszykluskosten wird durch verschie-dene Kostentreiber beeinflusst, so dass je nach Einsatzszenario identische Betriebsmittelstarke Variationsbreiten der Lebenszykluskosten aufweisen können. Die Höhe der Energie-kosten wird beispielsweise unter anderem durch den Bearbeitungsprozess und das Verhältnisvon Stillstands- zu Produktionszeit beeinflusst. Um eine Aussage hinsichtlich des Einflussesder Energiekosten auf die Gesamtkosten treffen zu können, müssen verschiedene Szenarienentwickelt werden. Aus diesem Grund müssen für jedes Kostenelement die wesentlichenKostentreiber identifiziert werden und bei der Modellierung der Lebenszykluskosten jeweilsdurch „Best-Case“ und „Worst-Case“ Szenarien in ihrer Auswirkung berücksichtigt werden.

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 57

3.2 Bestehende Anwendungsleitfäden und Normen

Im Zusammenhang mit Lebenszykluskosten existieren eine Reihe von Normen und Anwen-dungsleitfäden, aus denen entnommen werden kann, welche Kostenelemente bei der Analysevon Lebenszykluskosten berücksichtigt werden sollten und wie diese ermittelt beziehungs-weise berechnet werden können. Eine Auswahl dieser Normen und Leitfäden wird im Fol-genden kurz vorgestellt.

Die meisten Normen und Leitfäden konzentrieren sich auf eine detaillierte Beschreibung derInstandhaltungsphase. Die Bewertung erfolgt teilweise anhand qualitativer, teilweise anhandquantitativer Faktoren. Einen breiten Fokus hinsichtlich der LZK Bewertung empfiehlt derVDI9, der neben den Instandhaltungskosten unter anderem auch Raumkosten, Kosten derErsatzteilbevorratung sowie Kosten für Betriebs- und Hilfsstoffe berücksichtigt, ergänzt umdie Bewertung der Kosten und Erlöse der Nachnutzungsphase (d. h. Außerbetriebnahme- undVerwertungskosten). Die Analyse der LZK als nützlichen Input in der Entwurfsphase einesProduktes betont die DIN 60300-3-310, in deren Fokus die Zuverlässigkeit der betrachtetenProdukte steht. Die Zielsetzung des aktuell vorgestellten VDMA-Einheitsblattes11 liegt in derStandardisierung von LZK Bewertungen für Maschinen und Anlagen, um die Vergleichbar-keit von LZK Aussagen sicherzustellen. Hierfür werden die über den Lebenszyklus von Ma-schinen und Anlagen anfallenden Kosten, unterteilt in die Phasen Entstehung, Betrieb undVerwertung, tabellarisch aufgezählt. Die LZK ermitteln sich durch ein reines Aufsummierender Kostenelemente. Unberücksichtigt bleiben dabei der zeitliche Anfall der Kosten sowie dieBetrachtung der aus der Nutzung einer Maschine oder Anlage resultierenden Erlöse.

Ergänzend hierzu pflegen einige Automobilhersteller, wie beispielsweise DaimlerChrysler,die Ford Motor Company und Fiat Powertrain Anforderungen an die Ermittlung von lebens-zyklusrelevanten Werten, wobei sich bislang auch diese auf den Bereich der Instandhaltungkonzentrieren. Einen Überblick über bestehende Normen gibt Abbildung 3.3.

9 VDI-2884 (2003).10 DIN EN (2005).11 VDMAEinheitsblatt 34160 (2006).

Page 58: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

58 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin KuhrkeBew

ertung

skriterienun

dKos

-tene

lemen

te(exe

mplarisch

)

�Maschinenbeschaffung

�Betriebs-undHilfsstoffe

�Instandhaltungskosten

�Leistungs-undQualitätsangaben

�AußerbetriebnahmeundVerwertung

Mengenleistung,Maschinenfähig-

keit,Verfügbarkeitetc.

�InstandhaltungsplanfürInspektion,

Wartung,Instandsetzung(mitAnga-

benzuIntervall,Ausfallzeit,Mitar-

beiterqualifikation…)

LebensdauervonVerschleißteilen

LeistungdesHersteller-Service

KostentreibendeKriterienderIn-

standhaltung,z.B.:

�Zuverlässigkeit

�Instandhaltungsaufwand

�Anschaffungspreis,Installation,

Zoll…

�Wartung,Instandsetzung,Energie,

Raum,W

erkzeuge,…

Demontage,Verschrottung…

�KennzahlenkatalogzurInstandhal-

tung

Grund

lage

derB

ewer-

tung

�Qualitativ

�Quantitativ

�Qualitativ

�Quantitativ

�Qualitativ

�Quantitativ

�Quantitativ

�Qualitativ

�Quantitativ

Berüc

ksichtigte

Lebe

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klus

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�Beschaffung

�Besitz/Nutzung

�Entsorgung

�Besitz/Nutzung

�Besitz/Nutzung

�Beschaffung

�Besitz/Nutzung

�Entsorgung

�Besitz/Nutzung

Ziel

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�UnterstützungBetreiberbeiAus-

wahl

�Beurteilungsrahmenfürden

HerstellerfürinnovativeKonfigura-

tionen

EindeutigeBeschreibungvon

Instandhaltungsprozessenals

GrundlagefürdenAustausch

zwischenHerstellerundLieferant

Transparenzderinstandhaltungs-

relevantenEreignisse

DefinitionKostenelementeund

FormelnderBerechnung

DefinitionvonKennzahlenfür

zielorientierteAusrichtungder

Instandhaltung.

Titeld

erNorm

Beschaffung,Betriebund

InstandhaltungvonProdukti-

onsmittelnunterAnwendung

vonLife-Cycle-Costing

EinheitlicheDatenfürdie

Instandhaltungsplanungund

ErmittlungvonInstandhal-

tungskosten

Instandhaltungskriterienbeider

BeschaffungvonInvestitions-

gütern

PrognosemodellfürdieLe-

benszykluskostenvonMaschi-

nenundAnlagen

AuswahlundBildungvon

KennzahlenfürdieInstandhal-

tung

Norm

/Le

itfad

en

VDI2884

VDI2885

VDI2891

VDMA34160

VDI2893

Page 59: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 59Bew

ertung

skriterienun

dKos

-tene

lemen

te(exe

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)

�Instandhaltung

�Kennzahlen(z.B.MTBF)und

qualitativeBeurteilungsgrößen

(Zugänglichkeit…)

�Instandhaltung

�Instandhaltung

�Instandhaltung

�FormelundKostenelemente

�Investitionsrechnung

�Beispielrechnung

�Funktionsfähigkeit

�Verfügbarkeit

�Instandhaltbarkeit

�Instandhaltungsbereitschaft

Grund

lage

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tung

�Qualitativ

�Quantitativ

�Qualitativ

�Quantitativ

�Quantitativ

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�Qualitativ

�Quantitativ

�Quantitativ

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�Besitz/Nutzung

�Besitz/Nutzung

�Besitz/Nutzung

�Besitz/Nutzung

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�Besitz/Nutzung

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DefinitionvonKriterienzurBewer-

tungderInstandhaltbarkeit.

DefinitionvonVerfügbarkeitskenn-

größen

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sungundBerechnungderVerfüg-

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�DefinitionderBegriffeder

Instandhaltung

�BeschreibungZweck,Vorgehen

undElementederLZK

Analyse

�MathematischerAusdrückeund

Formeln

Titeld

erNorm

KenngrößenderInstand-

haltbarkeit

Zuverlässigkeitskenngrö-

ßenVerfügbarkeitskenn-

größen

VerfügbarkeitvonMa-

schinenundAnlagen

�Grundlagender

Instandhaltung

�Anwendungsleitfaden

Lebenszykluskosten

�Mathematische

Ausdrücke

Norm

/Le

itfad

en

VDI4004

Blatt3

VDI4004

Blatt4

VDI3423

�DIN31051

�DINEN

60300-3-3

�DINEN

61703

Abbildung 3.3: Anwendungsleitfäden und Normen im Zusammenhang mit LZK

Page 60: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

60 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

4. Bedeutung und Herausforderungen derLebenszyklusanalyse am BeispielWerkzeugmaschine

4.1 Bedeutung der Lebenszykluskosten

Der Anschaffungspreis einer Werkzeugmaschine stellt mit durchschnittlich 30 Prozent12 nureinen geringen Teil der Gesamtkosten dar, die dem Anwender aus dem Betrieb einer Maschi-ne über deren Lebenszyklus hinweg erwachsen.13 Berechnet am Beispiel eines einfachenBearbeitungszentrums wird die Bedeutung der Lebenszykluskosten deutlich:

Beispiel

Die Berechnung der Lebenszykluskosten erfolgt für ein vertikales, dreiachsiges Bearbei-tungszentrum (BAZ). Das einspindelige BAZ ist mit einer Motorspindel ausgestattet. DerErstinvest beträgt inklusive der üblichen Kosten für Installation und Inbetriebnahme, einerWerkzeug- sowie Ersatzteilerstausstattung sowie einer zweitägigen Schulung der Maschi-nenbediener rund 198.000 EUR. Die Bearbeitung erfolgt im Zwei-Schicht-Betrieb an 224Tagen im Jahr, woraus rund 3.584 Stunden pro Jahr resultieren. Bearbeitet wir ein einfa-ches Frästeil mit einer Bearbeitungsdauer von 145 Sekunden, die jährliche Produktions-menge beträgt 85.000 Stück. Bei einem angenommenen Qualitätsgrad von 99,99 Prozententspricht dies einer Maschinenlaufzeit von rund 2.928 Stunden, in der verbleibenden Zeit(656 Stunden) wird die Maschine im Stand-by-Betrieb belassen. Die durchschnittliche Leis-tungsaufnahme für Werkzeugmaschine und Peripheriegeräte (KSS-Anlage und Absau-gung) beträgt in der Bearbeitungszeit 22 kW und die Grundleistung, die die Maschine imStand-by aufnimmt, elf kW. Die Dauer der kostenfreien Gewährleistung beträgt zwölf Mo-nate. Die Reaktionszeit des Servicepersonals des Maschinenherstellers liegt bei durch-schnittlich zwölf Stunden. Im Falle eines unvorhergesehenen Maschinenausfalls entstehenbeim Maschinenanwender Stillstandskosten in Höhe von 75 EUR/Stunde (~StundensatzMaschinenbediener).

12 Abele (2006c).13 Die Höhe der Lebenszykluskosten an sich und der Anteil der Anschaffungskosten an diesen sind in hohem

Maße einzelfallabhängig. Beeinflussende Parameter sind beispielsweise neben der Maschinenkonstruktionder Bearbeitungsprozess und die Einsatzbedingungen beim Kunden. Bei einem Betrachtungszeitraum von10 Jahren kann man jedoch, basierend auf den Ergebnissen einer Studie die am Institut für Produktions-management, Technologie und Werkzeugmaschinen zwischen 2004 und 2007 durchgeführt wurde, in ers-ter Näherung davon ausgehen, dass der Anschaffungspreis ca. 30 % der Lebenszykluskosten ausmacht.

Page 61: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 61

Bei einem Betrachtungszeitraum von zehn Jahren belaufen sich die Lebenszykluskosten inSumme auf rund 582.000 EUR mit der in Abbildung 3.4 dargestellten Verteilung der berück-sichtigten Kostenelemente.

Druckluftkosten5%

Maschinen-beschaffung

34%

Wartung&geplante

Instandsetzung20%

UngeplanteInstandsetzung

15%

Energiekosten17%

Raumkosten5%

Kapitalbindungs-kosten4%

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.4: Analysebeispiel Lebenszykluskosten einer Werkzeugmaschine (zehn Jahre)

Bei Berücksichtigung der Stillstandskosten müsste nochmals ein Betrag in Höhe der Kostenaus ungeplanter Instandsetzung hinzuaddiert werden. Weitere Kostenelemente, die prinzipiellberücksichtigt werden können, sind etwa Kosten für Ausschuss, Werkzeugkosten sowie Rüst-kosten. Selbst bei einer Betrachtung nur ausgewählter Kostenelemente wie in obigem Bei-spiel machen die Kosten der Maschinenbeschaffung nur noch etwa 30 Prozent der Gesamt-kosten aus. Die hohe Bedeutung einer systematischen Beachtung der Lebenszykluskostensowohl durch den Maschinenanwender als auch durch den Maschinen- und Komponenten-hersteller ist damit augenscheinlich.

4.2 Herausforderungen der Lebenszyklusanalyse

Die Höhe der Lebenszykluskosten eines Betriebsmittels stellt keinen unveränderlichen Abso-lutbetrag dar. Sie wird beeinflusst durch den (Bearbeitungs-) Prozess, durch den Systemauf-bau und die Konstruktion sowie durch die Organisation. Damit haben zum einen der Maschi-

Page 62: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

62 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

nenhersteller und der Komponentenhersteller die Möglichkeit, das zukünftige Verhalten derMaschine durch die Konstruktion, die Auslegung und die Wahl der Komponenten (Führun-gen, Lager, Antriebe) zu beeinflussen. Zum anderen entscheiden aber auch die Nutzungsbe-dingungen und das Lebenszyklusmanagement des Maschinenanwenders über die im Nut-zungszeitraum resultierende Höhe der Lebenszykluskosten. Die verantwortlichen Akteureund die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Höhe der Lebenszykluskosten sind in Abbil-dung 3.5 dargestellt.14

Betriebs-mittel

Anwender

Betriebs-mittel

Hersteller

Kom-ponentenHersteller

Prozess

Systemaufbau &Konstruktion

Organisation

HoherEinfluss Mittlerer Einfluss Geringer Einfluss

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.5: Einflussfaktoren auf die Höhe der Lebenszykluskosten und verantwortliche

Akteure

Wie stark die Lebenszykluskosten von Betriebsmitteln durch die Prozessparameter, Einsatz-bedingungen und Organisation des Maschinenanwenders beeinflusst werden, ist in Abbildung3.6 exemplarisch dargestellt. Anhand einer Analyse der Felddaten eines Maschinenherstellerskann gezeigt werden, in welch hohem Umfang die Ausfallhäufigkeit identischer Werkzeug-maschinen bei verschiedenen Anwendern variieren kann. Dabei stellt eine Streuung derMTBF-Werte von 700 bis 3.200 Stunden keine Seltenheit dar. Grundsätzlich lassen sich auchhier wieder zwei Kategorien von Einflussfaktoren auf Anwenderseite unterscheiden, derProzess und die Organisation. Beeinflussende Prozessparameter ergeben sich aus dem Ferti-

14 Abele (2006a); Abele (2006b).

Page 63: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 63

gungsverfahren, also beispielsweise aus den unterschiedlichen resultierenden Belastungen,die mit Schrupp- oder Schlichtprozessen einhergehen. Auch führt der Einsatz eines identi-schen Betriebsmittels in einer Grosserienfertigung zu anderen Belastungen als die Nutzung ineiner Kleinserien- oder Einzelteilfertigung, die mit häufigen Umrüstvorgängen sowie wech-selnden Belastungen verbunden ist. Ebenso können die aus der Bearbeitung unterschiedlicherMaterialien (beispielsweise Stahl im Vergleich zu Aluminium) resultierenden Belastungen zuunterschiedlichen Ausfallraten führen.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

Mean Time BetweenFailure [MTBF]

Anwender1

Anwender2

Anwender3

Anwender4

Anwender5

Anwender6

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.6: MTBF Werte identischer Betriebsmittel bei unterschiedlichen Anwendern

Der hohe Einfluss der Instandhaltungsstrategie, die sich auch in der Intensität der routinemä-ßigen Wartung und Inspektion einer Werkzeugmaschine widerspiegelt, wird aus dem in Ab-bildung 3.7 dargestellten Fallbeispiel einer Ursachenanalyse von Werkzeugmaschinenausfäl-len deutlich. In diesem Kundenbeispiel ließen sich ca. 31 Prozent der Ursachen aufVerschleiß zurückführen und ca. zwölf Prozent auf Verschmutzung. Beide Ausfallarten sinddurch den Maschinenanwender beeinflussbar. Durch präventiven Austausch besonders ver-schleiß-anfälliger Bauteile kann der Maschinenanwender ungeplante Maschinenausfällereduzieren. Ausreichende Wartung verhindert verschmutzungsbedingte Ausfälle. Gleichzeitigkann jedoch auch der Maschinenhersteller einen Teil der verschmutzungs- und verschleißbe-dingten Ausfälle durch die geeigneten konstruktiven Lösungen vermeiden.

Page 64: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

64 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

Sonstiges41%

Verschleiß31%

Schmutz12%

Bedienung /Crash16%

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.7: Felddatenanalyse der Ausfallursachen einer Werkzeugmaschine

Der hohe Einfluss der Einsatzbedingungen beim Kunden auf die Ausfallrate stellt die Werk-zeugmaschinenhersteller vor die Schwierigkeit, gute und statistisch abgesicherte Prognosenbezüglich der Ausfallrate ihrer Maschinen angeben zu können sowie fundierte Aussagenhinsichtlich der notwendigen und erfolgversprechenden Optimierungsmaßnahmen abzuleiten.

5. Anwendung der Lebenszyklusanalyse im Vertriebund der Entwicklung

5.1 Methodik zur Nutzung der Lebenszyklusanalyse

Um die Vorteile einer Maschine im Vertrieb darstellen zu können beziehungsweise um ausLebenszyklusanalysen Optimierungsansätze für die nächste Maschinengeneration abzuleiten,greift eine alleinige Betrachtung der Kostenseite zu kurz. Hierfür muss neben den Kostenauch die aus dem Maschinenkonzept resultierende Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden.In Abbildung 3.8 sind die wesentlichen Bausteine, die eine Methodik für eine erfolgreicheNutzung der Lebenszyklusanalysen umfassen sollte, dargestellt.

Page 65: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 65

Lebenszyklusdatenbank-- Identifikation von Datenquellen--> Ersatzteilbestellungen--> Serviceeinsätze…--> ….

- Definition der Datenstruktur--> Betriebsstunden--> Ausfallursache …..--> ….

- Energie- & Druckluftmessung- …….

Generierung der Datenbasis

Baukasten LZKAnalysen- -prozessen die repräsentativ fürdas Beanspruchungskollektiv derMaschine sind

- Definition Einsatzszenarien- Entwicklung von Analyseroutinen

- Aufbau von Argumentations-ketten für den Vertrieb

- …..

Definition von Demonstrator

Maschinenstrukturmodell- Aufbau eines geeignetenMaschinenstrukturmodells

- Funktionsorientiertes Aufbrechender Maschine (mehrere Ebenen)

- Verursachungsrechte Zuordnungder Daten / Kosten

- Abbildung von optionalenAusstattungselementen

- …..

Bewertungsmodell- I ichenKostenelemente der jeweiligenWerkzeugmaschine

- Berücksichtigung der Berech-nungsvorschriften der einschlägi-gen Normen und Kundenvor-schriften

- Abbildung der Kosten & Leistung- ……

dentifikation der wesentl

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.8: Bausteine der Lebenszyklusanalyse

Das Kernelement, welches eine erfolgreiche Nutzung der Lebenszyklusanalysen durch denMaschinenhersteller maßgeblich bestimmt, besteht in der Generierung einer geeigneten Da-tenbasis für die Durchführung der Analysen. Dies umfasst beispielsweise die geeignete Ab-bildung des Wartungs- und Inspektionsaufwandes, die geeignete Erfassung und Auswertungvon Maschinenhistorien, Serviceberichten und Ersatzteilbestellungen oder die Durchführungkomponentenspezifischer Energie- oder Druckluftmessungen an der Maschine.

Um Kosten- und Leistungsfaktoren verursachungsgerecht den Maschinenkomponenten zuzu-ordnen und flexible Analysen des Lebenszyklusverhaltens zu ermöglichen, muss als erstesein geeignetes Maschinenstrukturmodell entwickelt werden. Die lebenszyklusrelevantenDaten können dann auf Basis des Maschinenstrukturmodells in einer zentralen Lebenslaufda-tenbank vorgehalten werden und stehen damit, auch in ihrer zeitlichen Entwicklung, für Ana-lysen zu Verfügung.

Page 66: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

66 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

Der zweite Baustein besteht in der Entwicklung geeigneter Verfahren, die es dem Maschi-nenhersteller ermöglichen, die notwendige Datenbasis für Lebenszyklusanalysen zu generie-ren. Eine besondere Herausforderung stellt hier die Nutzbarmachung der instandsetzungsbe-zogenen Daten (bspw. die Auswertung von Serviceeinsätzen und Ersatzteilbestellungen) dar.

Da bei verschiedenen Maschinentypen (etwa umformende Maschinen im Vergleich zu span-enden Maschinen, oder bei den spanenden Maschinen Fräsmaschinen im Vergleich zuSchleifmaschinen) einzelne Lebenszykluselemente unterschiedliche Bedeutung haben undzwischen den Elementen unterschiedliche Zusammenhänge bestehen, ist für den zu analysie-renden Maschinentyp ein angepasstes Bewertungsmodell zu entwickeln. Dies sollte unterBeachtung der entsprechenden Normen und Richtlinien15 erfolgen. Die relevanten Kosten-elemente (Wartung, ungeplante Instandsetzung, Energie, Druckluft, Stillstandskosten, Werk-zeugkosten, Kosten für Maschinenbediener, etc.) sollten über die Prozesszeit des zu fertigen-den Bauteils in Relation zur Maschinenleistung gesetzt werden.

Um die zumeist sehr aufwendigen und zeitintensiven Lebenszyklusanalysen im Alltag hand-habbar zu machen, sollte ein – wiederum auf den Maschinentyp abgestimmter – Baukastender Lebenszyklusanalysen entwickelt werden. Ziel ist dabei immer, die Transparenz über dieKostentreiber zu erhöhen, zum Beispiel durch eine bauteilbezogene Aufgliederung der War-tungskosten oder durch Szenario- und Sensitivitätsanalysen wie der Abbildung der Auswir-kungen steigender Energiepreise über den Lebenslauf einer Maschine.

5.2 Aufbau eines Maschinenstrukturmodells

Das Maschinenstrukturmodell bildet die Grundlage für die lebenszyklusbezogenen Analysender Werkzeugmaschine. Das Strukturmodell muss so aufgebaut sein, dass alternative kon-struktive Lösungen abgebildet und verglichen werden können. Gleichzeitig müssen unter-schiedliche Varianten eines Maschinentyps dargestellt werden können. Varianten könnendabei zum einen durch Substitution einer Komponente durch eine andere (beispielsweisekann die Hauptspindel in verschiedenen Leistungsklassen eingebaut sein), zum anderen durchoptionale beziehungsweise ergänzende Maschinenausstattung (etwa Zentralschmierung)begründet sein.

Die Untergliederung in Maschinentypen und Varianten ermöglicht es dem Maschinenherstel-ler, Varianten, die über verschiedene Ausstattungsmerkmale/Optionen verfügen, hinsichtlichihrer Lebenszykluskosten beziehungsweise Lebenszyklusleistung direkt zu vergleichen.Mögliche Unterscheidungsmerkmale sind hier erzielbare Prozesszeiten aufgrund von Ma-schinenleistung oder Maschinenkonzept (beispielsweise Einspindler vs. Mehrspindler), In-vestitionskosten (beispielsweise für eine optionale Ausstattung mit einer Zentralschmierung

15 Vgl. Kapitel 2.3.

Page 67: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 67

im Vergleich zu anfallenden Wartungskosten ohne Zentralschmierung) oder Automatisie-rungsgrade im Vergleich zum Mensch-Maschine-Bedienverhältnis.

Eine diesen Anforderungen genügende Strukturform ist die Baumstruktur, wie sie zum Bei-spiel bei der FMEA eingesetzt wird. Das Maschinenstrukturmodell wird dabei so aufgebaut,dass die hierarchische Struktur der Werkzeugmaschinenkonstruktion beginnend beim Ge-samtsystem über Hauptbaugruppen, untergeordnete Bauteilgruppen bis hin zu dem einzelnenBauteil abgebildet werden kann. Die Anzahl der benötigten Unterebenen ergibt sich aus demverfügbaren sowie aus dem notwendigen Detaillierungsgrad der maschinenseitigen Daten.Hier muss der üblichen Zusammenfassung von Bauteilgruppen zu Funktionsgruppen beikonstruktiven Änderungen Rechnung getragen werden, beispielsweise entsprechend demverfügbaren und sinnvollen Detaillierungsgrad von Maschinenausfällen, der Zuordnung vonDruckluftverbrauch oder von Wartungsvorgängen. Auf diese Weise ist es dann möglich, eineAuswertung je nach Datenlage detaillierter oder weniger detailliert zu gestalten.

Der Aufbau einer solchen Datenstruktur ist exemplarisch in Abbildung 3.9 dargestellt, eineUnterscheidung in die Werkzeugmaschine i.e.S. und Peripherie hat sich dabei zumeist alssinnvoll erwiesen. Für die einzelnen Betrachtungseinheiten des Strukturmodells müssensodann alle benötigten maschinenseitigen Informationen beziehungsweise Datensätze undWerte erhoben werden.

Werkzeugmaschine Peripherie

BG 1 BG 2 BG n

BG 1.1 BG 1.2 BG 1.n

BG 1.1.1 BG 1.1.2 BG 1.1.n

BG 2.1 BG 2.n

BG 3

BG n BG = BauteilgruppeEbene 1-n

BG n Optionale Ausstattung, bzw. Varianten einer Bauteilgruppe

PG 1 PG n

PG 1.1PG 1.2PG 1.n

PG n PG = BauteilgruppePeripherie Ebene 1-n

PG n Optionale AusstattungPeripherie, bzw. Varianten einerBauteilgruppe

SpindeleinheitLagerQuadringMotorLeistungs- und RegelteilDeublin

Linearachsen

Führungen

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.9: Grundsätzlicher Aufbau eines Maschinenstrukturmodells

Page 68: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

68 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

5.3 Vorgehensweise zur Generierung einerLebenszyklusdatenbank und Analysebeispiele

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung von Lebenslaufanalysen ist dieVerfügbarkeit und Qualität der verwendeten Datengrundlage der Maschine. Anhand einigerBeispiele sollen im Folgenden mögliche Ansätze zur Datengenerierung sowie Beispiele zurLebenszyklusanalyse gegeben werden.

5.3.1 Analysebeispiele zum Energieverbrauch vonWerkzeugmaschinen

Der Energieverbrauch ebenso wie der Druckluftverbrauch von Werkzeugmaschinen gewinntnicht nur im Zusammenhang mit Lebenszykluskosten, sondern auch angesichts der steigen-den Energiekosten an Bedeutung. Bereits bei einem Bearbeitungszentrum mittlerer Leistungkönnen je nach Einsatzbedingung die Energiekosten (bewertet mit den durchschnittlichenEnergiepreisen von 2007) pro Jahr mit bis zu 9.000 EUR zu Buche schlagen und damit bis zu20 Prozent der jährlichen Gesamtbetriebskosten einer Fertigung ausmachen.

Da der Energieverbrauch (ebenso wie der Druckluftverbrauch) der jeweiligen Werkzeugma-schine vom Fertigungsszenario abhängt (beispielsweise der Anzahl an Werkzeugwechseln),sollten die Datensätze jeweils für Referenzprozesse beziehungsweise -bauteile erhoben wer-den. Günstigstenfalls erfolgt die Messung unter Produktionsbedingungen. Um dasVerbrauchsverhalten von Werkzeugmaschinen transparent zu machen, sollte dabei die Mes-sung sowohl „in Produktion“ als auch in den verschiedenen Betriebsmodi der nicht produzie-renden Maschine, d. h. während der Stillstandszeiten, wie beispielsweise im Stand-by-Betrieberfolgen, denn auch hier wird Energie (z. B. Regelung der Antriebe) oder Druckluft (z. B.Sperrluft an der Spindel) verbraucht.16

Beispiel

Auf der Basis von Energiemessungen an modernen fünfachsigen Bearbeitungszentren undDrehautomaten und anschließender Projektion auf den Jahresverbrauch ergeben sich inAbhängigkeit verschiedener Fertigungsszenarien Energieverbräuche von bis zu 45.000kWh (Abbildung 3.10). Je nach Fertigungstyp verteilt sich der Energieverbrauch auf die ei-gentliche Bearbeitungszeit und die Stand-by-Zeit, in der die Maschine in eingeschaltetemZustand verweilt. Während im Drei-Schicht-Betrieb in der Serienfertigung der Verbrauchwährend der Bearbeitung mit 97 Prozent deutlich überwiegt, hat der Stand-by-Verbrauch

16 Kuhrke et al. (2007); Müller et al (2008).

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 69

bei der Wiederholfertigung einen Anteil von bis zu 43 Prozent des Jahresenergie-verbrauchs. Aus diesen Analysen lassen sich erste Strategien für wirksame Optimierungs-maßnahmen ableiten. Während in der Serienfertigung vor allem die Erhöhung der Ener-gieeffizienz der Komponenten erfolgversprechend ist, lassen sich in der WiederholfertigungEinsparpotenziale insbesondere durch ein konsequentes selektives oder umfassendes Ab-schalten der Maschinenkomponenten erzielen. In der Hochrechnung für den Zwei-Schich-Betrieb zeigt sich, dass eine einfache Maßnahme wie das Schließen der Arbeitstür in freienSchichten bis zu 14 Prozent der Energiekosten sparen kann. Das ist dann der Fall, wenn,wie bei der untersuchten Maschine, dadurch einige Komponenten wie Hydraulik, Beleuch-tung oder Hydraulik- und Spindellüftung nach einer bestimmten Zeitspanne automatischabgeschaltet werden.

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

40.000

45.000

1 2 3 4

Bearbeitung Standby

Serienfertigung3-Schicht-Betrieb

Serienfertigung3-Schicht-BetriebArbeitstür geöffnet

Serienfertigung3-Schicht-Betrieb

Arbeitstür geschlossen

Wiederholfertigung

43 %17 %

29 %

97 %

Energie-verbrauch

[kWh]

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.10: Auf der Basis von Leistungsmessungen projizierter, jährlicher Energie-

verbrauch eines Drehautomaten für unterschiedliche Fertigungstypen.

Um tatsächliche Verursacher zu identifizieren, sollten die Messungen getrennt für die einzel-nen Maschinenkomponenten erfolgen. Denn welche Komponente für welchen Anteil desEnergiebedarfs verantwortlich ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern ist wie-derum vom jeweiligen Fertigungstyp, der Maschinenausstattung, der Bearbeitungsaufgabeund der jeweiligen Komponentenauswahl abhängig; entsprechend variiert auch das jeweilige

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70 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

Einsparpotenzial der Komponenten. In Abbildung 3.11 sind die auf Basis von Energiemes-sungen an einem modernen Drehautomaten hochgerechneten Verbräuche von Einzelkompo-nenten für eine Drei-Schicht-Serienfertigung bei einer Bearbeitungsaufgabe mit geringenProzesskräften dargestellt. Der Hydraulikmotor hat in diesem Fallbeispiel mit über 15.000kWh den größten Anteil. Das liegt vor allem daran, dass die verbaute Hydraulikpumpe direktam Netz betrieben wird und somit eine konstante Leistungsaufnahme von vier kW besitzt.Die vom Prozess tatsächlich benötigte Leistung wird über ein mechanisches Drosselventilgesteuert und zu viel gefördertes Öl wird ungenutzt in den Kreislauf zurück befördert. Legtman zugrunde, dass die Hydraulik nur in 30 Prozent der Bearbeitungszeit tatsächlich benötigtwird, sind über den Einsatz drehzahlgeregelter Aggregate oder abschaltbarer Kompaktaggre-gate Einsparungen von bis zu 10.000 kWh/Jahr realistisch. Erst an zweiter Stelle folgt indiesem Beispiel mit knapp 13.000 kWh die komplette Antriebsseite, bestehend aus zweiSpindel- und zahlreichen Vorschub- und Revolvermotoren inklusive der Leistungselektronik.Da diese Komponenten eine vergleichsweise hohe Effizienz besitzen, liegen die Ansätze zurKosten- und Energieverbrauchsreduzierung hier vor allem in einer prozessangepassten Di-mensionierung. In dem betrachteten Beispiel werden die Antriebe in einem energetisch un-günstigen Teillastbereich beansprucht. Eine optimale Dimensionierung führt zum Erreicheneines höheren Wirkungs-grades der Motoren und Leistungselektronik bei gleichzeitig gerin-geren Anschaffungskosten. Nachteilig wirken sich natürlich die Flexibilitätseinbußen beieinem zu erwartenden breiten Teilespektrum aus.

0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 16000 18000

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

JahresenergieverbrauchSerienfertigung 3-Schicht-Betrieb

Gesamtenergieverbrauch

Anteil des Standby

Hydraulikmotor

Antriebsstrang

KühlmittelpumpeNiederdruck

Trafo 24V u. SPS

Lüfter Hauptspindel

4 Schaltschranklüfter

KühlmittelpumpeHochdruck

Hydraulikölkühler

Trafo 230 V

Maschinenleuchten

HebepumpeKühlschmierstoff

Energieverbrauch [kWh]

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.11: Verteilung des Jahresenergieverbrauchs der Komponenten eines Drehau-

tomaten in einer Drei-Schicht-Serienfertigung

Page 71: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 71

Einen weiteren wichtigen Anteil am Gesamtenergieverbrauch haben KSS-Pumpen sowie dieLüfter für Hauptspindeln und Schaltschrank. Auch hier können durch den Einsatz bedarfsge-recht angesteuerter Komponenten ungenutzte Einsparpotenziale umgesetzt werden.

Über eine exakte Aufschlüsselung der Verbräuche von Einzelkomponenten unter Berücksich-tigung der Fertigungsstruktur und des Teilespektrums können fundierte Aussagen über Ein-sparpotenziale und die Effizienz der Gesamtmaschine getroffen werden. Durch den Einsatzbereits heute existierender effizienter Technologien können Optimierungsmaßnahmen durch-geführt werden. Die wesentlichen Schritte sind in der folgenden Checkliste nochmals zu-sammengefasst.

Checkliste

� Definition von Referenzbauteilen bzw. Referenzprozessen, die charakteristisch für dietypischen Einsatzbedingungen der Werkzeugmaschine sind

� Durchführung von Messungen bis auf Komponentenebene

� Hochrechnen der Messergebnisse für verschiedene Fertigungstypen (Wiederholfertigung,Serienfertigung,…)

� Identifikation der größten Energietreiber

� Zusammenstellung möglicher Alternativen für energieintensive Komponenten und Opti-mierungsmaßnahmen durch intelligente Steuerung in enger Zusammenarbeit mit denKomponentenlieferanten und unter Berücksichtigung der Kundenanforderungen

� Berechnung der Lebenszykluskosten der einzelnen Komponenten für die zur Verfügungstehenden Alternativen

5.3.2 Analysebeispiele zur ungeplanten Instandsetzung vonWerkzeugmaschinen

Eine Herausforderung besteht in der Generierung der Daten für die ungeplante Instandset-zung. Hierfür muss aus Vergangenheitsdaten auf ein zukünftiges und verallgemeinerbaresVerhalten der Maschine geschlossen werden. Dabei entscheiden die Repräsentativität und derUmfang der verfügbaren Datenbasis sowie die Art und Weise der Auswertung über die Quali-tät der Prognose und damit auch über die Qualität der Lebenszyklusanalysen.

Im Gegensatz zum Maschinennutzer hat der Hersteller zumeist nur einen sehr eingeschränk-ten Zugang zu Informationen hinsichtlich der Störungshistorie seiner Maschinen. Die für denHersteller zugänglichen Daten ergeben sich vor allem aus den von ihm durchgeführten Servi-ceeinsätzen sowie den Ersatzteilbestellungen. Ergänzt werden können diese Daten durch

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72 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

Auswertungen einzelner Maschinenanwender oder Lebensdauertests einzelner Komponen-tenzulieferer.

Dabei stellen die dem Maschinenhersteller zur Verfügung stehenden Daten immer nur einenkleinen Ausschnitt der tatsächlichen Störhistorien der Maschinen dar. Alle Störungen derMaschine, die ein Maschinenanwender selbst behebt, bleiben unberücksichtigt. Bei den Ser-viceeinsätzen betrifft dies insbesondere den Zeitraum nach Ablauf der Gewährleistungszeitund bei den Ersatzteilbestellungen so genannte „universelle“ Ersatzteile, die der Maschinen-anwender prinzipiell überall beziehen kann. Diese schwierige Datensituation hat in der Ver-gangenheit dazu geführt, dass neben groben Abschätzungen vor allem subjektive Experten-aussagen zur Bestimmung des für das Ausfallverhalten charakteristischen MTBF-Wertes(Mean-Time-Between-Failure) herangezogen werden.

Um die Qualität der Analysen und die Aussagekraft der Auswertung von Maschinenhistorienzu verbessern sowie das Risiko von fehlerbehafteten Prognosewerten zu reduzieren, emp-fiehlt sich eine gestufte Auswertung der verfügbaren Datengrundlage (vgl. Abbildung 3.12).

Ges

amtheitd

okum

entie

rterS

ervice

eins

ätze

Ges

amtheitd

okum

entie

rterE

rsatzteilbes

tellu

ngen

Auswertung aller Maschinen beidenen 100% aller Daten vorliegen(z.B.Wartungsvertrag)

Auswertung aller Komponenten beidenen ein Großteil aller Daten vor-liegen (Instandsetzung nur durchentsprechendes Personal möglich,z.B. Motorspindel)

Auswertung über alle Maschinen,die mindestens einen Serviceeinsatzaufweisen der außerhalb der Ge-währleistung liegt

Auswertung über alle Maschinen,die Serviceeinsätze nur im Gewähr-leistungszeitraumaufweisen

Auswertung über alle verkauftenMaschinen

Gestufte AnalysederServiceeinsätze Gestufte AnalysederErsatzteilbestellungen

Auswertung aller Maschinen undderen Ersatzteilbestellungen beidenen eine eindeutige ZuordnungderBetriebsstunden möglich ist

Auswertung aller Maschinen undderen Ersatzteilbestellungen beidenen die Laufzeit über Durch-schnittswerte abgeschätzt werdenmuss

Für alle Kom-ponenten dienur beim Ma-schinenher-steller zu be-ziehen sind

Für alle uni-versell bezieh-baren Kompo-nenten

S1

S2

S3

S4

S5

E1 E2

E3

E4

S1-S5 = Teilmengen derServiceauswertung;E1-E4 Teilmengen derErsatzteilauswertung.

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.12: Gestufte Analyse von Serviceeinsätzen und Ersatzteilbestellungen

Jeder Teilmenge der Auswertung bzw. jeder Stufe kann ein Risikoindex für das Fehlerrisikoder MTBF-Prognose zugeordnet werden. Beispielsweise ist das Risiko einer Fehleinschät-zung bei der Auswertung der Ersatzteilbestellungen bei Komponenten, die ausschließlichbeim Maschinenhersteller bezogen werden können, gering. Dies trifft insbesondere dann zu,

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 73

wenn die Ersatzteilbestellung einer Maschinennummer zugewiesen wird und damit Informa-tionen über die Einsatzbedingungen der jeweiligen Maschine (z. B. BelastungskennwerteProzess, Betriebsstunden bei Ausfall, etc.) verfügbar sind. Besonders hoch ist dagegen die„Dunkelziffer“ nicht erfasster Ausfälle bei der Teilmenge S4, den Maschinen, denen nurServiceeinsätze zugeschrieben werden können, die im Gewährleistungszeitraum lagen (d. h.typische Frühausfälle). Gewichtet über den Risikoindex können die Einzelwerte dann zueinem Gesamtwert zusammengeführt werden.

TeilmengeS1

TeilmengeS2

TeilmengeS3

TeilmengeS4

TeilmengeS5

TeilmengeE1

TeilmengeE2

TeilmengeE3

TeilmengeE4

Definition des Fehlerrisikos derMTBFSchätzung je Teilmenge,Gewichtung des Bewertungsanteil jeTeilmenge undVerrechnung derEinzelwerte derTeilmengenzuMBTF-Gesamtwerten

FehlerrisikoMTBFPrognoseGering Hoch

FehlerrisikoMTBFPrognoseGering Hoch

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.13: Vergabe von Risikostufen für Prognosefehler bei MTBF Werten

Ergänzend zu dieser Vorgehensweise bei der Auswertung der Daten muss ein geeigneterUrsachencode für die Codierung der Ausfälle, eine geeignete Zuweisung der Ausfälle zu denBauteilgruppen durch das Servicepersonal des Maschinenherstellers sowie eine geeigneteBeschreibung der Einsatzbedingungen beimAnwender gewährleistet sein.

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74 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

BetroffeneKomponente BeurteilungMaschine / Umfeld

BeurteilungAusfallursache

AllgemeineAngaben

Spindeleinheit

QuadringMotorLeistungs- und RegelteilDeublin

Linearachsen

Führungsbahn

Lager

KugelrollspindelBauteilgruppe n

Funktionsgruppe 3

Bauteilgruppe 3.1Bauteilgruppe 3.2Bauteilgruppe 3.n

Betriebsstunden

Einsatzdauer

Zwei-Schicht-BetriebEin-Schicht-Betrieb

Drei-Schicht-Betrieb

Fertigungstyp überwiegend

KleinserieEinzelteile

Großserie

BearbeiteterWerkstoffWerkstoff 1

Typ SchmierungEmulsion

VerschleissAusfall generell

Crash…..Bedienfehler

…..

BeurteilungWartungszustandMaschine […….]BestehenderWartungsvertrag [ja/nein]

……..

………

…..

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.14: Erforderliche Informationsstruktur von Serviceberichten

Besondere Bedeutung hat die Erfassung der Betriebsstunden bei jedem Serviceeinsatz, dennnur bei Berücksichtigung dieser ist es möglich, die MTBFWerte zu berechnen.

Ausgehend von einer derart aufgebauten Datenbasis können sodann Optimierungsmaßnah-men an der Maschine diskutiert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Lebenszyklus-kosten bewertet werden.

Ansatzpunkte für eine konstruktive Beeinflussung der Lebenszykluskosten finden sich prin-zipiell in jeder Maschinenkomponente. Ein Beispiel hierfür ist der Systemaufbau der Spindel.So ergeben sich zum Beispiel für fettgeschmierte Lager und für Lager mit Öl-Luftschmierunggänzlich andere Verhältnisse im Bezug auf die Ausfallrate. Dies liegt zum einen an der in derRegel wesentlich höheren Drehzahlbelastung der Öl-Luft geschmierten Systeme, die heuteDrehzahlkennwerte von bis zu 2,5 x 106 mm/min erreichen, was bei einer HSK-63 A Spindelgut 30.000 1/min entspricht. Fettgeschmierte Systeme sind hier unkritischer, da die maxima-len Drehzahlen und damit Drehzahlkennwerte um fast 50 Prozent niedriger liegen. Dies istdurch die Grenzen der Schmierfähigkeit des Fettes bedingt führt aber gleichzeitig auch zudeutlich geringeren kinematischen Belastungen der Lager. Die Herausforderung der Bewer-tung lebenszykluskostenorientierter Optimierungsmaßnahmen an der Werkzeugmaschinedurch konstruktive Maßnahmen liegt demnach in der Beurteilung der Auswirkungen einerkonstruktiven Veränderung einer Komponente auf die Gesamtkosten.17

17 Abele (2006b).

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 75

5.3.3 Analysebeispiel zum Wartungsaufwand vonWerkzeugmaschinen

Die Datenbasis für Analysen der LZK aus Wartung und geplanter Instandsetzung kann übli-cherweise aus den Wartungshandbüchern entnommen werden. Die einzelnen Wartungs-vor-gänge sollten den im Maschinenstrukturmodell definierten Bauteil- und Funktionsgruppenzugewiesen werden, nach Möglichkeit sollte zudem bei der Bewertung des Wartungsaufwan-des unterschieden werden, ob hierfür ein Maschinenstillstand notwendig ist oder nicht. Wei-terhin sollte eine Unterscheidung hinsichtlich des erforderlichen Qualifikationsniveau desWartungspersonals getroffen werden (d. h. zum Beispiel, ob der Vorgang durch einen ange-lernten Mitarbeiter oder durch einen Facharbeiter durchgeführt werden muss), um die resul-tierenden Kosten verursachungsgerecht ermitteln zu können.

Eine detaillierte Analyse der aus den Wartungsempfehlungen resultierenden Kosten ist inAbbildung 3.15 dargestellt.

63 h

22 h

15 h2,6 h 0,3 h 2,3 h

3,4 h 0,3 h

Wartungsaufwand in Stunden pro Jahr2-Schicht-BetriebStandard Bearbeitungszentrum 109 h

Intervall [h]

Ø Dauer [h]

Vorgänge[Anzahl]

100%

8

0,05

3

40

0,05

5

125

0,1

5

500

0,1

4

1.000

0,03

3

2.000

0,2

6

4.500

0,35

12

10.000

0,75

1

AlleWartungs-vorgängegemäßWartungs-handbuch

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.15: Auswertungsbeispiel zu den Kostentreibern der Wartung an einem BAZ

Für eine Analyse der Kostentreiber der Wartung wurden in Abbildung 3.15 die Wartungsvor-gänge laut Wartungshandbuch für ein einfaches Bearbeitungszentrum nach Wartungsintervall(d. h. der Angabe nach welchem Betriebsstundenzeitraum der Vorgang wiederholt werden

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76 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

muss), nach dem zeitlichen Aufwand der für den Vorgang notwendig ist (Dauer in Stunden)und der Anzahl der Wartungsvorgänge, die in diesem Intervall erfolgen müssen, aufgeglie-dert. Die Analyse zeigt, dass nur drei Wartungstätigkeiten 58 Prozent der Kosten verursachen– nämlich genau die Tätigkeiten, die in kurzen Intervallen durchgeführt werden müssen, unddies, obwohl die Tätigkeiten selbst jeweils nur rund drei Minuten Zeit beanspruchen. Um denWartungsaufwand zu reduzieren, müssen daher zunächst kurze Wartungsintervalle durchgeeignete konstruktive Maßnahmen vermieden werden.

Die Höhe der Lebenszykluskosten, die durch den Wartungsbedarf einer Maschine entstehen,wird, unabhängig von der Verteilung auf einzelne Kostentreiber, zumeist unterschätzt. EineAnalyse der Wartungsanweisungen von fünf unterschiedlichen Maschinenherstellern zeigte,dass die Herstellerempfehlungen zur Wartung (bezogen auf Werkzeugmaschine und Periphe-riegeräte) aufsummiert leicht einem jährlichen Zeitaufwand von über 250 Stunden erreichenkönnen, was dann oftmals Wartungskosten von rund 20.000 EUR pro Jahr entspricht. UmWartungskosten gezielt zu senken, müssen zunächst Prioritätslisten erstellt und vermeidbareVorgänge bewusst ausgespart werden. Durch eine Verlängerung der Wartungszyklen könnendie größten Einsparungseffekte realisiert werden, gegebenenfalls sollte der Maschinenherstel-ler die Wartungszyklen im Wartungshandbuch bereits an die prozessbedingte Beanspru-chungshöhe anpassen. Ergänzend sollten konstruktive Maßnahmen zur Reduktion des War-tungsaufwandes hinsichtlich ihrer Lebenszykluskosten verglichen werden.

Die Lebenszykluskostenanalyse zeigt beispielsweise recht anschaulich die Rentabilität deroptionalen Ausstattung einer Maschine mit einer Zentralschmierung im Vergleich zum War-tungsaufwand ohne Zentralschmierung und lässt sich in dieser Form gut argumentativ imVertriebsgespräch einsetzen.

Beispiel

Betrachtet wird ein fünfachsiges Bearbeitungszentrum mit einem Maschinenpreis von rund184.000 EUR. Die optionale Ausstattung mit einer Zentralschmierung kostet den Käufer4.200 EUR. Bei Maschinen, die über keine Zentralschmierung verfügen, müssen die Füh-rungen manuell gefettet werden. Ist eine Zentralschmierung eingebaut, entfällt dieser Vor-gang, es entstehen jedoch andere Wartungsarbeiten: Der Füllstand des Ölbehälters mussgeprüft und bei Bedarf nachgefüllt werden, die Ölfilterpatrone muss ausgetauscht werdenund der Druck am Manometer geprüft werden. Bei einem Betrachtungszeitraum von achtJahren können durch die Zentralschmierung, trotz der Wartungsarbeiten an der Einrich-tung selbst, bei Annahme eines deutschen Lohnniveaus Wartungskosten iH.v. 17.729 EUReingespart werden. Die Anschaffung einer Zentralschmierung hätte sich damit bereits nachzwei Jahren amortisiert.

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 77

5.3.4 Analysebeispiel zur Prozesszeit und Lebensdauer

Auch durch eine günstige Wahl der Prozessparameter kann die Lebensdauer von Schlüssel-komponenten des Systems verlängert werden, indem auf das System wirkende Kräfte undSchwingungen reduziert werden. Die alleinige Betrachtung der Lebensdauer reicht jedochnicht aus, um das Lebenszyklusverhalten eines Betriebsmittels gesamthaft zu optimieren.Hierfür muss zusätzlich die Produktivität des Prozesses mit der aus der Belastung des Sys-tems resultierenden Ausfallrate einzelner Komponenten und den hiermit verbundenen Kostenin Beziehung gesetzt werden. Abbilden lässt sich dies über den Abnutzungsvorrat der einzel-nen Komponenten. Dieser beschreibt den einer Betrachtungseinheit aufgrund der Herstellung,Instandsetzung oder Verbesserung innewohnenden Vorrat der möglichen Funktionserfüllung.Die Abbaukurve des Abnutzungsvorrats und damit die erreichbare Lebensdauer einer Be-trachtungseinheit hängen von den Einsatzbedingungen ab, wobei die Gestaltung des Prozes-ses einen besonderen Einfluss ausübt. Wird ein ansonsten störungsfreier Betrieb zu Grundegelegt, dann ist die Systembelastung bei einer Fräsmaschine zum maßgeblichen Teil von denProzessparametern wie Schnitttiefe und Schnittbreite, Drehzahl und Zahnvorschub sowie derGeometrie der eingesetzten Werkzeuge abhängig.

Prozessparameter[Schnitttiefe]

Prozesskosten je Volumeneinheitzerspantes Material

RelativeAusfallwahrscheinlichkeitKomponente

Lebenszykluskosten jeVolumeneinheitzerspantes Material

Prozessparameter mitminimalenLebenszykluskosten

BezogeneGrößen

Quelle: Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)Abbildung 3.16: Ausfallwahrscheinlichkeit, Prozesskosten und Lebenszykluskosten

In Abbildung 3.16 ist dieser Zusammenhang, der sich beispielsweise für die Belastung derLager einer Motorspindel in einer Fräsmaschine konkret berechnen lässt, qualitativ darge-stellt. Im Beispiel sinkt bei erhöhten Zustellungen zwar die Hauptzeit und damit die direktenKosten (Prozesskosten je Volumeneinheit zerspantes Material), es steigt aber gleichzeitig die

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78 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

Belastung der Lager (und damit die relative Ausfallwahrscheinlichkeit).18 Dies bedeutet eineVerkürzung der Lagerlebensdauer und damit häufigere Systemausfälle. Die damit verkürztenMTBF Werte führen zu einer Erhöhung der Instandsetzungskosten an der Maschine über derSchnitttiefe. Die Prozessparameter mit minimalen Lebenszykluskosten lassen sich nur defi-nieren, wenn beide Kostenanteile berücksichtigt werden.

6. Zusammenfassung

Die Bewertung von Werkzeugmaschinen auf Basis von Lebenszyklusanalysen ist sowohl imRahmen der Einkaufsentscheidung, als auch bei der Weiterentwicklung der bestehendenMaschinengenerationen unabdingbar. Dabei muss immer die Kostenperspektive im Verhältniszur Leistungsperspektive gesehen werden. Wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreicheImplementierung der Lebenszyklusanalyse im eigenen Unternehmen ist eine qualitativ hoch-wertige Datenbasis zum Lebenszyklusverhalten der Maschine. Hier muss neben den Ausfall-daten der Maschine eine geeignete Beschreibung der Einsatzbedingungen erfolgen. Nur sokönnen die richtigen Angriffspunkte für Optimierungsmaßnahmen zu identifiziert und dieVorteile der eigenen Maschinenkonzepte im Vertrieb anschaulich dargestellt werden. Imdiesem Beitrag wurde eine umfassende Methodik dargestellt, die alle notwendigen Bausteinemiteinander verbindet und damit die Grundlage für die Bewertung von Maßnahmen zur le-benszyklusorientierten Optimierung von Werkzeugmaschinen schafft.

18 Abele (2006b).

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Bedeutung und Anwendung von Lebenszyklusanalysen bei Werkzeugmaschinen 79

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80 Eberhard Abele, Marina Dervisopoulos, Benjamin Kuhrke

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M-TCO – Daimler AG 81

M-TCO – Daimler AG

Volker Albrecht, Peter Wetzel

1. Motivation

2. Leitlinien des Verfahrens

3. Das M-TCO-Verfahren3.1 Kostentreiber3.2 Angebotserstellung und -vergleich3.3 Vertragssteuerung3.4 TCO-relevante Instandsetzungen und TCO-Störfälle3.5 Kostenverteilung und Optimierungsmaßnahmen

4. Erfahrungen aus der Praxis

5. Ausblick

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82 Volker Albrecht, Peter Wetzel

1. Motivation

Die Daimler AG, damals noch DaimlerChrysler, suchte Anfang dieses Jahrzehnts nach Opti-mierungsmöglichkeiten in der Instandhaltung von Produktionsanlagen. Die Zusammenarbeitmit den Lieferanten dieser Anlagen sollte intensiviert werden und insbesondere die techni-sche Verfügbarkeit der Anlagen auch nach der Gewährleistungszeit von zwei Jahren verbes-sert werden. Es stellte sich die Frage, wie schon bei der Beschaffung von Anlagen die Quali-tät der Maschinen nach der Gewährleistung für einen langen Zeitraum bewertet undverglichen werden könnte.

Nicht mehr die billigste Maschine sollte bei einem Angebotsvergleich den Zuschlag erhalten,sondern diejenige, die auch langfristig die beste Qualität und die niedrigsten Instandhaltungs-kosten garantiert.

Die Idee bestand darin, dass für aus der Maschine ausgewählte, besonders teure oder kritischeTeile, die so genannten Kostentreiber, seitens des Lieferanten eine Garantie über die maxima-len Instandhaltungsmaßnahmen an diesen Komponenten abgegeben wird. Dadurch wirdeinerseits die Ausfallzeit der Maschine durch Störungen dieser Komponenten als auch ande-rerseits die zu erwartenden direkten Reparaturkosten begrenzt. Über ein laufendes Control-ling während des Betriebs der Anlage sollten in regelmäßigen Überprüfungen einerseits dieZusagen verifiziert werden und andererseits frühzeitig möglichen Abweichungen durch Ein-leitung von Optimierungsmaßnahmen entgegengewirkt werden.

Ziele des TCO-Controllings bei der Daimler AG:

- Steigerung der Produktivität / Verfügbarkeit- Optimierung der Konstruktion bei Neuanlagen- Einbringen von TCO-Erkenntnissen/KVP- Einkaufsmöglichkeit „besserer“ Maschinen- Kostenbegrenzung für Investition und Betrieb- Engere Lieferantenbindung- Besserer Informationsfluss, mehr Kommunikation- Symbiose-Effekte über Werksgrenzen hinweg

Mit diesem Konzept und ersten Abfragen solcher Zusagen seitens der Lieferanten neuerMaschinen fand die Daimler AG in dem Beratungs- und Lösungshaus Infoman AG einenidealen Partner zur gemeinsamen Entwicklung des Verfahrens und zur Entwicklung einerentsprechenden IT-Unterstützung. Die Infoman AG fokussiert sich auf den deutschen Ma-schinen- und Anlagenbau und unterstützt diesen insbesondere bei kundennahen Geschäfts-prozessen in Marketing, Vertrieb und Service. Durch diese Positionierung nimmt sie gleich-zeitig eine Mittlerrolle zwischen den Interessen der Daimler AG und den Interessen derMaschinenlieferanten ein.

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M-TCO – Daimler AG 83

2. Leitlinien des Verfahrens

Die Anforderungen an das Verfahren waren eine möglichst einfache Handhabung und einerealisierbare Standardisierungsfähigkeit. Sowohl auf der Seite des Maschinenlieferanten, alsauch auf Seiten des Maschinenbetreibers sollte ein möglichst hoher Nutzen bei einem gleich-zeitig vertretbaren Aufwand entstehen.

Langfristig soll das Verfahren eine enge Zusammenarbeit zwischen Betreiber und Maschinen-lieferant bewirken, bei dem sich die Qualität der Produktionsanlagen kontinuierlich verbes-sert. Gerade die Eigenschaften deutscher Qualitätsprodukte wie Langlebigkeit und Fehler-freiheit sollen den Wettbewerb im Einkauf von der Betrachtung des billigsten Produkts hinzur Betrachtung des günstigsten Produkts verlagern.

Die Reduktion der Komplexität wird durch eine Betrachtung von wenigen, kritischen Kom-ponenten erreicht. Betrachtet werden nur die größten Maßnahmen, die mehr als die Hälftealler Instandhaltungskosten ausmachen. Dabei handelt es sich in der Regel um sehr wenigeKomponenten. Eine Zahl von sieben bis dreizehn verschiedenen Komponenten je Produkti-onssystem wird angestrebt.

Während des Betriebszeitraums soll regelmäßig überprüft werden können, ob die Erwartun-gen noch erfüllt werden. Dazu muss das Verfahren bereits vor Ablauf der VertragslaufzeitAussagen machen und Optimierungsmaßnahmen zur Sicherstellung der Erwartungen einlei-ten können.

Eine einfache „Ampelsteuerung“ soll jederzeit einen Überblick über die Ist-Situation bezüg-lich der Vertragserfüllung geben.

Betreiber und Hersteller sollen jederzeit eine Transparenz über die tatsächlichen Instandhal-tungsaufwendungen haben. Dadurch werden Trends für beide Seiten erkennbar. Zudem erhältder Anlagenhersteller Informationen über den Betrieb seiner Maschinen im Feld und kanndiese dadurch marktgerechter entwickeln.

3. Das M-TCO-Verfahren

Um die angestrebten Ziele erreichen zu können wurde das M-TCO-Verfahren der DaimlerAG entwickelt. M-TCO steht dabei für „Maintenance-Total-Cost-of-Ownership“, also dieganzheitliche Betrachtung der für den Betreiber anfallenden Instandhaltungskosten einerProduktionsanlage. Letztlich wurden mit der Infoman AG auch IT-Systeme entwickelt, die

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84 Volker Albrecht, Peter Wetzel

den gesamten Prozess von der Anlagenausschreibung über die Vergabe bis zur Überwachungder Anlagen und dem Datenaustausch mit dem Lieferanten unterstützen.

Dieses Verfahren teilt den TCO-Prozess in drei Phasen, die Ausschreibungsphase, die Inbe-triebnahmephase und die Betriebsphase.

� Phase 1

Die erste Phase beschreibt die Ausschreibung einer neuen Maschine (Neubeschaffung, Er-satzbeschaffung). Hier wird vom Maschinenlieferant zusätzlich zu den üblicherweise gefor-derten Dokumenten der so genannte TCO-Vertragsanhang angefordert. In diesem Vertragsan-hang wird der Lieferant aufgefordert auf bestimmte Bauteilgruppen der Maschine, die sogenannten Kostentreiber (eine detaillierte Erklärung folgt später in diesem Kapitel), TCO-Werte (MTBF, MTTR, MCRP) abzugeben.

Abbildung 4.1: Prozessschema M-TCO

Diese TCO-Werte umfassen

� MTBF – Mean-Time-Between-Failure,

� MCRP – Mean-Costs-of-Replacement-Parts sowie

� MTTR – Mean-Time-To-Repair

und können sowohl mit früheren Angeboten desselben Anbieters, als auch mit den anderenabgegebenen Angeboten verglichen werden.

Mit dem Auftrag bestätigt der Lieferant die Zusage dieser Grenzwerte durch seine Unter-schrift.

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M-TCO – Daimler AG 85

� Phase 2

Diese Phase überwacht nun die Umsetzung und Inbetriebnahme der Anlage anhand des ver-handelten TCO-Vertragsanhangs. Hier wird geprüft, ob die gelieferte Maschine auch derbestellten entspricht.

Treten während der Phase Umbauten an den angebotenen Maschinen und Anlagen auf, sowird der TCO-Vertragsanhang entsprechend an die neuen Gegebenheiten angepasst.

� Phase 3

In der dritten Phase, der so genannten Serienbetreuung, wird die in Betrieb genommene Ma-schine entsprechend der zugesagten TCO-Grenzwerte überwacht. Die Überwachungsdauerentspricht in der Regel der im TCO-Vertrag vereinbarten Vertragslaufzeit, also z. B. zehnJahre. Um dem Betreiber die Freiheit zu geben, die Anlage bei steigender Produktion stärkerzu nutzen als in der ursprünglichen Ausschreibung gefordert, wird zudem die maximaleStückzahl für den Vertrag festgeschrieben. Der Vertrag endet vorzeitig, wenn die maximaleStückzahl bereits vor Ablauf des Vertragszeitraums erreicht wird. Damit wird der stärkerenAbnutzung der Maschinen Rechnung getragen.

Während der Überwachungsphase werden regelmäßig Berichte an den Maschinenlieferantengeschickt, ein übliches Intervall beträgt 180 Tage, in denen der Lieferant über seinen aktuel-len Vertragsstatus informiert wird. Werden die zugesagten Grenzwerte für einzelne Kosten-treiber überschritten, so wird nach einem festgelegten Schema ein KVP-Prozess initiiert. Jenach Grad der Überschreitung wird der Lieferant an den laufenden Instandhaltungskostenbeteiligt. Gemeinsam wird nach Optimierungsmaßnahmen zur Einhaltung der Grenzwertegesucht, um eine störungsfreie Produktion sicherzustellen. Optimierungsleistungen durch denLieferanten können mit möglichen Beteiligungen an Instandhaltungsaufwendungen direktverrechnet werden.

Die folgende Abbildung veranschaulicht nochmals den etablierten Regelkreis für das M-TCO-Verfahren.

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86 Volker Albrecht, Peter Wetzel

Abbildung 4.2: Der M-TCO-Regelkreis – TCO-Prozessüberblick

Ausgehend von einem Anhang zur Vertragserstellung wird mit dem Lieferanten ein TCO-Vertrag zwischen der Daimler AG und dem Maschinenlieferanten verhandelt. In diesemVertrag werden wichtige und ausfallkritische Bauteilgruppen als Kostentreiber definiert.Diese Kostentreiber werden vertraglich abgesichert und dann von M-TCO während der Ma-schinenlebensdauer überwacht, der Lieferant erhält in regelmäßigen Intervallen einen Regel-bericht über einen aktuellen Maschinenstatus. Treten Verletzungen der Grenzwerte auf, sowird dem Lieferanten sofort ein Bericht zugesandt und KVP-Maßnahmen eingeleitet.

Beispiel zur Grenzwertüberwachung:

Folgende Werte sind z. B. für eine Spindel vereinbart:

- Minimaler MTBF von zwei Jahren, d. h. die Spindel wird z. B. in zehn Jahren nur ma-ximal fünfmal repariert, da alle Reparaturen mindestens zwei Jahre auseinander liegen.

- Maximal vier Stunden Reparaturdauer je Reparatur (MTTR).

- Maximal 12.000 EUR durchschnittliche Ersatzteilkosten je Reparatur (MCRP).

Wird die Spindel repariert, so wird geprüft, ob seit Inbetriebnahme (Job#1) der tatsächlicheAbstand zwischen zwei Instandhaltungsmaßnahmen größer ist als der zugesagte MTBF,ob die Reparaturen durchschnittlich weniger als MTTR Reparaturaufwand hatten und diedurchschnittlichen Kosten der eingesetzten Ersatzteile je Reparatur unter dem zugesagtenGrenzwert MCRP liegen. Ist eine der Bedingungen nicht erfüllt, liegt ein TCO-Störfall vorund der KVP (= Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) wird eingeleitet.

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M-TCO – Daimler AG 87

3.1 Kostentreiber

Zur Optimierung des Verwaltungsaufwands und des Angebotsvergleichs bewertet das M-TCO-Verfahren nicht die ganze Produktionsanlage, sondern nur ausgewählte, besonderskritische oder hinsichtlich der Instandhaltung teure Komponenten, die so genannten Kosten-treiber.

Damit verschiedene Technologien leicht verglichen und bewertet werden können, wurde eineSystematik geschaffen, die Maschinen mit vergleichbarer Funktion auch ähnlich strukturiertund vergleichbare Kostentreiber identifiziert. Diese Systematik wird im M-TCO als Maschi-nenstammbaum bezeichnet. Die nächste Abbildung zeigt einen solchen Maschinenstamm-baum am Beispiel eines Bearbeitungszentrums.

Abbildung 4.3: Maschinenstammbaum1

Dargestellt sind die vier Ebenen

� Produktionssystem,

� Systemkomponente,

1 ISI ist eines der Instandhaltungssysteme bei der Daimler AG, TCO-MS ist das TCO Managementsystemzur Steuerung des M-TCO-Verfahrens, Daten sind Beispieldaten. Übereinstimmungen mit realen Syste-men, auch wenn zur besseren Veranschaulichung z. B. Firmennamen genannt werden, wären zufällig.

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88 Volker Albrecht, Peter Wetzel

� Funktionsgruppe,

� Bauteilgruppe.

Diese Ebenenstruktur wird durch den gesamten Prozess abgebildet. Auf der untersten Ebenedieser Struktur, den so genannten Bauteilgruppen werden teure und/oder ausfallkritischeBauteile als so genannte Kostentreiber definiert. Für diese (und nur für diese) Bauteilgruppenwerden vom Maschinenlieferant TCO-Grenzwerte vertraglich garantiert.

In der Regel erfassen Instandhaltungsmaßnahmen an diesen ausgewählten Kostentreibernüber 60 Prozent der gesamten Instandhaltungskosten. In der Praxis werden mit wenigenKomponenten sogar über 80 Prozent dieser Kosten erreicht. Die gesamten Instandhaltungs-kosten können damit über einen pauschalen Aufschlag auf die zugesagten Grenzwerte bereitsbei der Beschaffung budgetiert werden.

Die betrachteten Kostentreiber werden einzeln überwacht, d. h. die Zusagen gelten für jedenKostentreiber unabhängig von anderen Zusagen. Dies sichert der Daimler AG die gewünschteZuverlässigkeit der Anlage, da Ausfälle einer Komponente nicht durch fehlerfreies Arbeiteneiner anderen Komponente ausgeglichen werden.

3.2 Angebotserstellung und -vergleich

In der Angebotsphase werden in der Regel von mehreren Maschinenlieferanten Angeboteangefordert. Nachdem die Angebote der Maschinenhersteller beim Auftraggeber eingegangensind, können diese Angebote nicht nur anhand des Kaufpreises und der technischen Angabenverglichen werden, sondern auch anhand der vereinbarten TCO-Werte, die die Definition derKostentreiber mit den Werten enthält.

Während in der Vergangenheit die Senkung der Anschaffungskosten für eine Maschine oderAnlage im alleinigen Fokus stand, ergibt sich heute unter Einschluss der Betrachtung derTCO-Verträge ein differenzierteres Bild.

Abbildung 4.4 zeigt parallel zum TCO-Ablauf, dass sich bei einem Vergleich, der sich nichtnur auf die Angebotswerte, sondern auch auf die Folgekosten bezieht ein ganz anderes Bildergeben kann.

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M-TCO – Daimler AG 89

Überprüfung der Herstellerdaten (ggf. Nachberechnung)OptimierungAngebotsvergleich, Gegenüberstellung

Erstmalig kann für eine Anlage bzw. Maschine bereits in derAngebotsphase zu den Investitionskosten ein aussagefähigerFolgekosten-Anteil für die Auftragsvergabe bewertet werden.

LCC(10a)

Hersteller A Hersteller B Hersteller C

KlassischheEntscheidungs-grundlage

Entscheidungs-grundlagemit TCO

FolgekostenFolgekosten Folgekosten

Invest-kosten

Invest-kosten Invest-

kosten

Abbildung 4.4: Angebotsvergleich

Im Beispiel werden hier drei Maschinen von Hersteller A, B und C angefragt. Würde mandiese Maschinen auf Basis der klassischen Entscheidungsgrundlage auswählen, so wäre Her-steller C der klare Favorit, Hersteller B wäre der teuerste.

Wird die Entscheidung unter Berücksichtigung von Kaufpreis und TCO-Kosten getroffen, soergibt sich ein ganz anderes Bild, in diesem Falle ist Hersteller C der teuerste, Hersteller Awäre der preiswerteste und Hersteller B wäre im Mittelfeld.

3.3 Vertragssteuerung

Der TCO-Vertrag wird durch das Controlling der TCO-Werte auf Maschinen- und Kompo-nentenbasis hinsichtlich TCO-Werte (MTBF, MTTR, MCRP) gesteuert. Als klares Signal fürden aktuellen Status auf Komponenten- und Maschinenebene wurde die so genannte TCO-Ampel entwickelt.

Abbildung 4.5 zeigt diese TCO-Ampel, eine normale Verkehrsampel ergänzt um die Signal-farbe blau. Jeder Farbe der TCO-Ampel ist eine eindeutige Aussage im Berichtswesen desTCO-Vertrages zugewiesen. Das Berichtswesen dient unter anderem der Kommunikationzwischen der Daimler AG als Maschinenbetreiber und den Maschinenherstellern und erfolgt

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90 Volker Albrecht, Peter Wetzel

in der Regel alle sechs Monate. Vorteil der TCO-Ampel ist die einfache und klare Botschaftdes aktuellen Status des TCO-Vertrages auf Komponenten- und Maschinenebene hinsichtlichder garantierten Eigenschaften (MTBF, MTTR, MCRP).

Diese Farben sind für Komponenten anhand der überwachten Werte im gesamten TCO-Prozess dargestellt und werden unter anderem an folgenden Stellen genutzt:

� Überwachung der TCO-Werte im TCO-Managementsystem,

� Berichtswesen für die Kommunikation zwischen der Daimler AG und den Maschinenliefe-ranten sowie

� als interne Meldung zur Unterstützung des Anwenders bei der Nutzung des Systems.

- endgültige Vertragsverletzung

- besonders kritisch

- kritisch

- in Ordnung

Abbildung 4.5: TCO-Ampel

Um den Status der garantieren Werte auf Maschinen- und Komponentenebene eindeutig undklar darzustellen, wurden den Farben der TCO-Ampel folgende Bedeutungen zugeordnet:

� Grün bedeutet, die überwachten Bauteilgruppen befinden sich innerhalb der vertraglichvereinbarten Grenzwerte (MTBF, MTTR, MCRP).

� Gelb bedeutet, mindestens ein TCO-Grenzwert einer Komponente hat den garantiertenWert überschritten. Der Maschinenlieferant erhält in der Regel sofort bei Eintreten dieserSituation (TCO-Störfall) einen Bericht über diese Komponente. Ziel sind sofortige Verbes-serungsmaßnahme an der Maschine oder Komponente, damit auf längere Sicht im Verlaufdes TCO-Vertrages wieder der angestrebte grüne Zustand erreicht wird.

� Bei einer roten TCO-Komponente wurde der vertraglich vereinbarte Bereich deutlichverlassen, hier müssen dringend Gegenmaßnahmen getroffen werden, damit der Gerade-

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M-TCO – Daimler AG 91

auslauf der Maschine nicht weiter gefährdet wird und seinen TCO-Vertrag betrachtet aufdie gesamte TCO-Vertragslaufzeit wieder einhalten kann.

� Die blaue Ampelfarbe wurde zusätzlich hinzufügt und zeigt den so genannten „Point of noReturn“ an. Hat bezogen auf eine Komponente das TCO-Grenzwert-Controlling einenblauen Status erreicht, so haben die Ausfälle oder Instandhaltungsaufwendungen den fürdie gesamte Vertragslaufzeit zulässigen Maximalwert überschritten. Beispielsweise bedeu-tet ein MTBF von zwei Jahren bei einer Laufzeit von zehn Jahren, dass die Komponentemaximal fünfmal repariert werden kann, wenn am Ende der zehn Jahre der zugesagteMTBF eingehalten werden soll. Wird die Komponente sechsmal repariert, so kann auchdurch Abwarten innerhalb der Vertragslaufzeit nie wieder ein MTBF von zwei oder mehrJahren erreicht werden.

Anhand der beschriebenen Ampelfarben erfolgt eine effektive Vertragsüberwachung undVertragssteuerung. Der aktuelle Status kann entweder direkt am IT-System oder im Berichts-wesen überwacht werden und der verantwortliche Mitarbeiter kann auf einen Blick sehen, wodie Probleme bei der Maschine liegen und das Gespräch mit dem Maschinenlieferanten su-chen.

3.4 TCO-relevante Instandsetzungen und TCO-Störfälle

Die effektive Beobachtung der Grenzwerte geschieht in einem mehrstufigen Verfahren, daseinerseits den Verwaltungsaufwand in der Instandhaltung optimiert und andererseits verläss-liche Werte für das Berichtswesen bereitstellt.

Wird eine Maschine instandgesetzt, so bewertet der Handwerker vor Ort, ob diese Instandset-zung einer TCO-relevanten Komponente zuzuordnen ist. Auch Instandsetzungen, die eindeu-tig auf menschliches Versagen oder andere, nicht vom Maschinenhersteller zu verantworten-de Einflüsse zurückzuführen sind, werden bereits hier ausgefiltert. Sie fließen nicht in dieTCO-Betrachtung ein. Instandsetzungsvorgänge, die TCO-Relevanz haben, werden an dasTCO-Managementsystem weitergeleitet.

Das TCO-Managementsystem legt den einzelnen Vorgang einem technischen Gutachter vor,der nochmals die Angaben des Handwerkers auf technische Korrektheit, Vollständigkeit undEindeutigkeit überprüft. Der Gutachter bestätigt die Korrektheit oder korrigiert die Angabennach Rücksprache mit der jeweiligen Instandhaltung entsprechend. Erkennt der technischeTCO-Beauftragte, dass der Vorgang nicht TCO-relevant ist, so wird auch dies vermerkt. DerInstandhaltungsvorgang fließt damit nicht in die vertragsrelevante Betrachtung ein.

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92 Volker Albrecht, Peter Wetzel

TCO-Relevanz haben nur die folgenden Maschinenstörungen:

- Störfälle, die TCO-überwachte Komponenten betreffen,- Störfälle, die den Einsatz der Instandhaltung benötigen und nicht durch das Bedienperso-

nal behoben werden,- Störfälle, die trotz bestimmungsgemäßem Gebrauch entstehen, also keine Bedienfehler

oder sonstige durch äußere Einwirkung verursachten Ausfälle.- Keine Wartungen oder Inspektionen

Das System überprüft sofort, ob die Vertragszusagen eingehalten werden und zeigt den Zu-stand der betroffenen Komponente mit den zugehörigen Ampelfarben an. Außerdem wirdaufgrund der Angaben auch eine mögliche Beteiligung des Lieferanten an den laufendenInstandhaltungskosten berechnet.

Ein so genannter kaufmännischer TCO-Beauftragter prüft die erfolgte Buchung im TCO-Managementsystem hinsichtlich eines Kommunikationsbedarfs mit dem Lieferanten undleitet diesen bei Bedarf ein. Der Lieferant erhält einen Bericht und kann kurzfristig Stellungnehmen.

Wird durch die TCO-relevante Instandsetzung an der Maschine ein zugesagter Grenzwertnicht eingehalten, so wird der Vertrag verletzt. Diese Vertragsverletzung wird als TCO-Störfall bezeichnet. Dieser führt zu einer Kostenübernahmeermittlung für den Lieferantenund zum direkten Bericht über die auslösende Komponente.

3.5 Kostenverteilung und Optimierungsmaßnahmen

Stimmen die Zusagen des Lieferanten, sind alle beobachteten Komponenten im grünen Be-reich. Kommt es zu einer Verletzung eines Grenzwerts, dem TCO-Störfall, so wird der Liefe-rant darüber in einem Bericht informiert. Gleichzeitig tritt ein Kostenverteilungsmodell inKraft, das einen Teil der mit dieser Reparatur angefallenen Kosten dem Lieferanten zuordnet.Dabei richtet sich der Anteil der zu übernehmenden Kosten nach dem Grad der Verletzungder garantierten TCO-Grenzwerte. Die Abstufung erfolgt über den Kennwert (MTBF vorMCRP vor MTTR) und den jeweiligen Farbwert (blau vor rot vor gelb) und reicht von weni-ger als zwei Prozent (nur MTTR gelb) bis 100 Prozent (alle Werte rot oder blau).

Natürlich liegt das Hauptinteresse der Daimler AG in der Funktionsfähigkeit der Produkti-onsanlagen und der Einhaltung der zugesagten Eigenschaften. Die entstehende Kostenbeteili-gung ist in erster Linie ein Anstoß an den Lieferanten, die Maschine so zu verbessern, dassdie zugesagten Grenzwerte zumindest im Mittel in einer Langzeitbetrachtung über die gesam-te Vertragslaufzeit wieder eingehalten werden. Daher stimmt sich die Instandhaltung mit demLieferanten ab, ob durch gezielte Optimierungsmaßnahmen die Maschine so verbessert wer-

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M-TCO – Daimler AG 93

den kann, dass die zugesagten Eigenschaften erfüllt werden. Diese Optimierungsmaßnahmenwerden ebenfalls im TCO-Managementsystem erfasst. Leistungen, die der Lieferant und dieDaimler AG in die Optimierung investieren, können mit Kostenbeteiligungen und auch mitKennwerten verrechnet werden, so dass gemeinsam ein Weg zur Einhaltung der Zusagen undzur optimalen Produktion gefunden werden kann.

Abbildung 4.6: Phasen von M-TCO

4. Erfahrungen aus der Praxis

Die Daimler AG überwacht mittlerweile ein Anlagenvolumen in Höhe von mehreren Milliar-den Euro mit dem M-TCO-Verfahren. Gleichzeitig gingen die Instandhaltungsaufwendungendeutlich zurück.

Wurde das Verfahren anfangs kritisch beäugt, so ist es doch zwischenzeitlich fester Bestand-teil der Beschaffungspraxis aller größeren Produktionsanlagen und -maschinen.

Sicher verursacht das System direkte Mehrarbeit in der Beschaffungsphase und auch in derBetriebsphase. Dies wird aber durch die Effekte aus der Auswahl der besseren Maschinen mitniedrigerem Instandhaltungsaufwand und der Optimierungspotenziale deutlich kompensiert.

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94 Volker Albrecht, Peter Wetzel

Alle Beteiligten erhalten durch die aussagekräftigen Kennzahlen und Berichte vergleichbareGrundlagen für die Bewertung von Maschinen, für die fachliche Diskussion und für die Ent-wicklung künftiger Maschinen.

Die drei Kennzahlen der Anzahl der instandhaltungsrelevanten Störungen, der Ersatzteilkos-ten und des Arbeitsaufwandes treffen die für den grundsätzlichen Betrieb wesentlichen Ei-genschaften.

Der M-TCO-Regelkreis wird zwischenzeitlich weitgehend IT-gestützt überwacht. So hat dieInfoman AG für die Daimler AG neben dem Überwachungssystem für die Betriebsphaseauch ein System zur Online-Erfassung und dem Vergleich der TCO-Anhänge der Angeboteentwickelt.

M-TCO ist auch Gegenstand der Forschung. Die Daimler AG hat im Rahmen des ProjektsLICMA, Life-Cycle-Performance im Maschinen- und Anlagenbau, in den Jahren 2005 bis2008, das vom Bundesministerium der Wirtschaft gefördert wird, ein System zum automati-sierten Austausch von Betriebsdaten entwickelt. Damit können künftig Lieferanten direktinteressante Betriebswerte aus der Instandhaltung und der Maschinendaten- und Betriebsda-tenerfassung abrufen. Sie erhalten ein noch genaueres Bild der Leistung ihrer Maschinen imFeld.

Im Projekt LICMA wurden auch Verfahren entwickelt, um TCO-Grenzwerte aus Sicht desMaschinenherstellers besser zu bestimmen. Damit kann der M-TCO-Regelkreis auch fürkünftige Angebote und neue Maschinenkonstruktionen weiter geschlossen werden.

5. Ausblick

Das M-TCO-Verfahren hat sich in der Praxis bewährt. In den vergangenen fünf Jahren, indenen das Verfahren angewendet wird, wurden die Instandhaltungsaufwendungen optimiertund die Verfügbarkeit der Maschinen verbessert. Durch die Betrachtung der zu erwartendenMaschinenausfälle und der damit verbundenen künftigen Instandsetzungsaufwendungen wirdschon bei der Beschaffung eine optimale Maschine ausgewählt.

Betrachtet M-TCO die großen, meist mechanischen Störungen, so ist die Daimler AG nun inder Optimierung des Verfahrens und der kleinen Störungen sowie der Störungen des Produk-tivbetriebs unterwegs.

Eine Entwicklung ist die Ausdehnung der Überwachungsfunktionen auf die Vorhersage vonAusfällen. Über Condition Monitoring, also die gezielte Beobachtung von Komponentenhinsichtlich kritischer Trends und die Prognose des Ausfallzeitpunkts, werden Störungen

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M-TCO – Daimler AG 95

noch vor ihrem Auftreten erkannt. Die Reparatur kann damit in produktionsfreie Zeiten ver-lagert und Folgekosten durch stehende Produktion vermieden werden.

Aktuell werden auch Ansätze untersucht, bei denen der Geradeauslauf der Produktion imVordergrund steht. Gerade die kleinen Störungen, die die Arbeitsabläufe unterbrechen oderbehindern, führen zu Problemen in der produzierten Qualität und zu einer überproportionalenStörung der Effizienz. Ziel ist die störungsfreie Produktion sowohl aus Sicht der produziertenTeile als auch aus Sicht der Maschinenbediener. Wird ein Bediener seltener in seiner Tätig-keit unterbrochen, steigt die Arbeitseffizienz überproportional an. Erreicht wird dies z. B.durch die gezielte Bekämpfung von Kleinstörungen als auch durch die gezielte Konzentrationvon Störungen auf einen Zeitpunkt.

Durch den extremen Anstieg der Energiekosten rücken diese zunehmend in den Fokus. Sowurde in der Vergangenheit der Energiebedarf der Maschinen pauschal bewertet und vergli-chen. Eine genaue Bewertung der tatsächlichen Energiekosten und der möglichen Optimie-rungspotenziale ist nicht erfolgt. Auch dazu laufen Arbeiten, das M-TCO-Verfahren auf dieEnergieverbräuche, ihre strukturierte Einbeziehung in die Angebotsphase und ihre Optimie-rung im laufenden Betrieb auszudehnen.

Das M-TCO-Verfahren ist bei der Daimler AG gereift. Es hat sich in der Praxis bewährt undes wurden IT-Systeme zur Unterstützung des Verfahrens implementiert, die eine effizienteUmsetzung erlauben. Die Daimler AG hat sich mit ihrem Verfahren anderen Anlagenbetrei-bern und insbesondere auch den anderen deutschen Premiumautomobilanbietern geöffnet.Durch den Austausch in der Industrie wird eine Weiterentwicklung des kooperativen Ansatzesdes Verfahrens und letztlich die Schaffung eines breiten Industriestandards erwartet, der weitmehr der Qualität der Produktionsanlagen Rechnung trägt als der bisher übliche Ansatz desVergleichs der Erstinvestition.

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 97

Betrachtungen zu Life-Cycle-Costing beiWerkzeugmaschinen aus der Sichteines Automobilzulieferers

Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

1. Einleitung

2. Life-Cycle-Costing bei Werkzeugmaschinen2.1 Motivation für den Einsatz von Life-Cycle-Cost-Konzepten2.2 Aufbau von LCC-Konzepten2.3 Bonus-Malus-System2.4 Auswirkungen von LCC-Konzepten auf die Hersteller2.5 Auswirkungen von LCC-Konzepten auf die Betreiber2.6 Bewertung der LCC-Thematik aus der Sicht eines Betreibers

3. LCC-Konzept des ZF-Standorts Friedrichshafen3.1 Zielsetzung3.2 Annahmen3.3 Erfasste Kostenelemente3.4 Herausforderung „Lastkollektiv“3.5 Kooperationsmodell3.6 Aussagekraft der ermittelten LCC3.7 Vision

4. Zusammenfassung

Literatur

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98 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

1. Einleitung

Für produzierende Unternehmen haben die Betriebskosten der Produktionsanlagen einengroßen Einfluss auf den langfristigen Unternehmenserfolg. Um diese in der Investitionsent-scheidung besser berücksichtigen zu können, eignet sich eine vollständige Betrachtung der sogenannte Lebenszykluskosten (LCC) der eingesetzten Maschinen und maschinellen Anlagen.Darunter wird „die Summe aller zum bestimmungsgemäßen Gebrauch einer […] Maschineoder Anlage erforderlichen Aufwendungen von der Anschaffung bis zur Entsorgung“ ver-standen (VDMA, 2007, S. 3).

Vor diesem Hintergrund hat sich der ZF Standort Friedrichshafen intensiv mit der LCC-Thematik auseinandergesetzt und aus den gewonnenen Erkenntnissen eine eigene Vorge-hensweise zur Berücksichtigung der Lebenszykluskosten bei Produktionsanlagen entwickelt.

Im allgemeinen Teil der hier verfassten Ausführungen wird zunächst die Motivation für denEinsatz eines LCC-Konzepts beleuchtet und dessen Aufbau beschrieben. Danach werden dieAuswirkungen dieser Vorgehensweise auf die Maschinenhersteller und Betreiber diskutiert.Den Abschluss der allgemeinen Betrachtungen bildet eine Bewertung der LCC-Thematik ausder Sicht eines Betreibers von Werkzeugmaschinen.

Der vorliegende Beitrag geht darüber hinaus auf das vom ZF-Standort Friedrichshafen entwi-ckelte LCC-Konzept ein, beginnend mit der Zielsetzung und den zu Grunde liegenden An-nahmen für die Umsetzung der erarbeiteten Vorgehensweise. Ebenso werden die Kostenele-mente beschrieben, die im Hinblick auf die Lebenszykluskosten erfasst werden sollen. Dabeiwird auch der Einfluss der Betriebsbedingungen auf diese dargestellt. Abschließend wird diePhilosophie erläutert, die der ZF-Standort Friedrichshafen mit seiner Herangehensweiseverfolgt.

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 99

2. Life-Cycle-Costing bei Werkzeugmaschinen

2.1 Motivation für den Einsatz von Life-Cycle-Cost-Konzepten

In der industriellen Praxis werden Investitionsentscheidungen für Werkzeugmaschinen zwi-schen verschiedenen Alternativen bisher mehrheitlich auf Grund von zwei Entscheidungskri-terien getroffen:

1. Erfüllt die Maschine die technischen Mindestanforderungen?

2. Wie hoch sind die Investitionskosten der Maschine?

Die Lebenszykluskosten (LCC) einer Werkzeugmaschine spielen bei Investitionsentschei-dungen somit derzeit eher eine untergeordnete Rolle, obwohl die Kosten der Betriebs- undEntsorgungsphase die Beschaffungskosten um ein Vielfaches übersteigen können. Dies liegtdaran, dass der Großteil der LCC bei der Investitionsentscheidung noch unbekannt ist. Dabeisind die Beschaffungskosten nur die sprichwörtliche Spitze des Kosteneisbergs (vgl. Abbil-dung 5.1), wohingegen die Aufwendungen der Betriebs- und Entsorgungsphase als „unsicht-bare“ Kosten dem zukünftigen Betreiber der Maschine verborgen sind (Blanchard, B. 1978,S. 5).

Anschaffungskosten

Unsicherheit über Kostenhöhe

Betriebs-/Verwertungskosten

� Kapitalkosten� Nebenkosten der Beschaffung� Transportkosten�…

� Personalkosten Bediener� Betriebsmittelkosten� IH-Kosten (geplant, ungeplant)� Verschleiß-/Ersatzteilkosten� Energiekosten� ...

Anschaffungskosten

Unsicherheit über Kostenhöhe

Betriebs-/Verwertungskosten

� Kapitalkosten� Nebenkosten der Beschaffung� Transportkosten�…

� Personalkosten Bediener� Betriebsmittelkosten� IH-Kosten (geplant, ungeplant)� Verschleiß-/Ersatzteilkosten� Energiekosten� ...

Abbildung 5.1: In der Entscheidungsphase unbekannte Kostenelemente der Betriebsphaseohne LCC-Betrachtung

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100 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

Obwohl diese „unsichtbaren“ Kosten erst während der Nutzung der maschinellen Anlagebeim Betreiber anfallen, so sind sie in ihrer Höhe durch die konstruktive Gestaltung der Ma-schine zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung bereits weitestgehend festgelegt (Wüb-benhorst, K. 1984, S. 123). Eine einseitige Berücksichtigung der Beschaffungskosten bei derAuswahlentscheidung verschiedener Investitionsalternativen kann somit zur Realisierungeiner suboptimalen Alternative führen. Die Abbildung 5.2 veranschaulicht diesen Sachverhaltan einem einfachen Beispiel. Sie zeigt den theoretischen Verlauf der LCC für drei alternativeMaschinen mit vergleichbarer Produktionsleistung.

190.000

300.000 110,000

Betriebskosten/Jahr

tBetriebsnutzungszeit derMaschine

10

Invest. -höhe

0

Einsparungen

T€

Invest.-höhe

700.000

Invest.-höhe

800.000

Invest.-höhe

1.000.000Maschine 1 Maschine 2 Maschine 3

190.000

300.000 110,000

Betriebskosten/Jahr

190.000

300.000 110,000

Betriebskosten/Jahr

190.000

300.000 110,000

Betriebskosten/Jahr

Entwicklung

t

-Einsparungen

tt

- Einsparungen

Invest.-höhe

700.000

Invest.-höhe

800.000

Invest.-höhe

1.000.000

Invest.-höhe

700.000

Invest.-höhe

800.000

Invest.-höhe

1.000.000

Abbildung 5.2: Bedeutung der Betriebskosten für die Bewertung von Investitionsalternativen

Falls der Betreiber keine verlässlichen Informationen über die zu erwartenden jährlichenBetriebskosten der Investitionsalternativen hat, wird er sich für Maschine 2 entscheiden.Schließlich kann der Betreiber – ohne die Ermittlung der LCC – nicht wissen, dass die Ge-samtkosten dieser Maschine über die Betriebsnutzungszeit deutlich höher sind als die deranderen Maschinen.

Erfahrungswerte aus der Instandhaltung erlauben zwar einen groben Vergleich der Instand-haltungskosten für maschinelle Anlagen verschiedener Hersteller. Diese sind für die Investiti-onsentscheidung jedoch nur begrenzt einsetzbar, da sie zum einen auf historischen Datenberuhen und damit keine direkte Aussagekraft für neue maschinelle Anlagen haben. Zumanderen ermöglichen sie nur einen qualitativen Vergleich. Für die der Investitionsentschei-dung zu Grunde liegende Wirtschaftlichkeitsrechnung sind allerdings quantitative Aussagennotwendig. Die Auswahl der über den Lebenszyklus wirtschaftlichsten Maschine kann somitnur durch eine korrekte Erfassung der LCC realisiert werden.

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 101

Trifft der Betreiber die Investitionsentscheidung nur auf Basis der Beschaffungskosten, übt erdamit zusätzlich einen erheblichen Druck auf die Maschinenhersteller aus, den Anschaf-fungspreis und damit die Investitionskosten für den Betreiber zu senken. Denn nur dadurchkann sich der Maschinenhersteller zunächst sichtbar von seinen Mitbewerbern differenzieren.Die dafür erforderlichen Einsparungen gehen oft einher mit Abstrichen in der Qualität derMaschine und ihrer Komponenten. Als Folge erhöhen sich die „unsichtbaren“ Kosten für denBetreiber in der Betriebsphase (Bünting, F. 2006, S. 4).

Aus diesen Gründen ist der Einsatz eines LCC-Konzepts, das die Prognose der wesentlichenBetriebskosten ermöglicht, in der Investitionsentscheidung aus Sicht des Betreibers von gro-ßer Bedeutung. Ein nachhaltiges LCC-Konzept bietet somit eine gute Voraussetzung füreinen wertorientierten Einsatz des zu Verfügung stehenden Kapitals.

2.2 Aufbau von LCC-Konzepten

Die Zielsetzung von LCC-Konzepten ist die möglichst genaue Prognose der LCC, die beimBetreiber in der Betriebsnutzungszeit einer Maschine anfallen. Der Betrachtungszeitraum, dermit einem LCC-Konzept überwacht werden soll, orientiert sich deshalb an der Betriebsnut-zungszeit des Investitionsobjekts. Um die LCC für diesen Zeitraum bestimmen zu können, istder Betreiber auf Informationen vom Hersteller angewiesen. Spezifische Daten einer Maschi-ne, die dem Betreiber nicht bekannt sind und die nur der Hersteller angeben kann, sind unteranderen:

� Art und Häufigkeit der notwendigen Wartungstätigkeiten

� Arbeits- und Materialaufwendungen für diese Wartungstätigkeiten

� Lebensdauer/Wechselintervalle bestimmter relevanter Komponenten (LCC-Komponenten)

� Ersatzteilpreise für die LCC-Komponenten

� Arbeitsaufwendungen und Stillstandszeiten für die Instandsetzungsvorgänge der LCC-Komponenten

� Energieverbrauch je Betriebsstunde

� Hilfs- und Betriebsstoffverbrauch je Betriebsstunde

� Personalbindung an der maschinellen Anlage

� …

Viele dieser Daten sind jedoch von den Betriebsbedingungen abhängig, unter denen derBetreiber die Maschine einsetzen wird. Um die für die Berechnung der LCC erforderlichenDaten liefern zu können, benötigt der Hersteller deshalb vom Betreiber Informationen, dieRückschlüsse auf die Beanspruchung der Maschine im Betrachtungszeitraum ermöglichen.

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102 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

Dies sind unter anderem:

� Anzahl geplanter Betriebsstunden der Maschine pro Jahr

� geforderte technische Verfügbarkeit

� Teilespektrum: Zeichnungen der Roh- und Fertigteile

� geforderte Taktzeit / geplante Produktionsleistung

� Werkstoff

� Prozessdaten

� …

Ein LCC-Konzept benötigt somit nicht ausschließlich ein Modell zur Berechnung der LCC.Vielmehr muss festgelegt werden, welche Informationen die beiden Parteien (Betreiber undHersteller) der jeweils anderen Seite angeben müssen. Deshalb sollte es auch ein vertragli-ches Regelwerk, Werkzeuge zum Informationsaustausch, eine umfangreiche Maschinendo-kumentation (Einsatzbedingungen, Wartungslogbuch, Störmeldungen, Lebensdauer der LCC-Komponenten) und einen Controlling-Prozess umfassen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu klären, wie die Einhaltung dieser Angaben währenddes gesamten Betrachtungszeitraums der Maschine überwacht werden kann. Und es müssenRegelungen für den Fall definiert werden, dass Angaben aus der Angebotsphase in der Be-triebsphase nicht eingehalten oder erreicht werden. Zu diesem Zweck enthalten viele LCC-Konzepte ein Bonus-Malus-System, dass eine eventuelle Mehrkostenbeteiligung der Herstel-ler regelt.

2.3 Bonus-Malus-System

Die LCC, die mit einem LCC-Konzept berechnet werden, fließen direkt in die Wirtschaft-lichkeitsrechnung des Betreibers ein und haben damit einen großen Einfluss auf die Investiti-onsentscheidung. Deshalb werden Hersteller grundsätzlich ein Interesse daran haben, dieLCC ihrer Maschine möglichst gering anzugeben, um ihre Chancen bei der Auftragsvergabezu erhöhen. Der Betreiber benötigt jedoch wahrheitsgemäße LCC-Daten, um die richtigeInvestitionsentscheidung zu treffen.

Aus diesem Grund enthalten viele LCC-Konzepte Bonus-Malus-Systeme. Diese verpflichtendie Hersteller dazu einen Teil der Mehrkosten zu übernehmen, wenn sich herausstellt, dassdie Angaben aus der Angebotsphase nicht erreicht wurden. Die Höhe der finanziellen Forde-rung an die Hersteller in diesen Bonus-Malus-Systemen kann 50 Prozent bis 100 Prozent der

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 103

Mehrkosten betragen. Sie ist abhängig von verschiedenen Kennzahlen – wie z. B.: Anzahl derStörungen, Instandsetzungskosten oder Reparaturdauer.

Bonus-Malus-Systeme dieser Art können beim Hersteller jedoch den Endruck erwecken, dassdie Betreiber damit lediglich Kosten auf die Hersteller abwälzen wollen. Dies erzeugt bei denHerstellern den Eindruck, dass ein Betreiber mit Malus-Forderungen „gewollte“ Erträgeerzielen kann und damit Mistrauen darüber, ob der Betreiber das vereinbarte Lastkollektiveinhält und vorgeschriebene Wartungs- und Reinigungstätigkeiten ausführt.

Ein von Herstellern akzeptiertes Bonus-Malus-System sollte deshalb so gestaltet werden,dass eine Malus-Forderung immer geringer ist als der Schaden, der dem Betreiber durch dasauslösende Ereignis entstanden ist. Dieser Ansatz stellt sicher, dass der Betreiber keine Vor-teile daraus ziehen kann, wenn er seinen Verpflichtungen im LCC-Konzept nicht nachkommt.Auf diese Weise kann glaubhaft versichert werden, dass der Betreiber seine Verpflichtungenim LCC-Konzept einhält.

Das Ziel eines Bonus-Malus-System darf nicht die Generierung von Einnahmen sein, sondernsollte sich auf die Schaffung von Anreizen für den Hersteller beschränken, die LCC-Datenwahrheitsgemäß anzugeben. Für dieses Ziel sind deutlich kleinere Mehrkostenbeteiligungenund eine Beschränkung auf die Wechselintervalle der LCC-Komponenten und die technischeVerfügbarkeit ausreichend.

Eine Begrenzung der Malus-Forderungen in der oben beschriebenen Form erscheint auf denersten Blick als Nachteil für den Betreiber. Der Versuch, möglichst viele Kosten auf denHersteller abzuwälzen, belastet jedoch das Verhältnis zwischen Hersteller und Betreiber underschwert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Außerdem müssen die Hersteller dasfinanzielle Risiko, das die Malus-Forderungen darstellen, in ihrer Kalkulation berücksichti-gen. Das bedeutet, dass entweder der Verkaufspreis erhöht wird, oder die LCC-Daten mitSicherheitsaufschlägen und -abschlägen angegeben werden. Dies kann jedoch nicht im Inte-resse des Betreibers sein. Deshalb sollte die Anwendung von Bonus-Malus-System zwischenBetreiber und Hersteller einvernehmlich abgestimmt sein.

2.4 Auswirkungen von LCC-Konzepten auf dieHersteller

Ganz offensichtlich sind LCC-Konzepte mit einem erhöhten Aufwand für den Hersteller beider Angebotserstellung verbunden. Sie müssen – zusätzlich zur Preiskalkulation – die Anga-ben des Betreibers zum Produktionsprozess analysieren und daraus unter anderem die zu-künftigen Wechselintervalle der LCC-Komponenten und den Energieverbrauch der Maschineableiten. Darüber hinaus integrieren viele Betreiber ein Bonus-Malus-System in ihre LCC-Konzepte. Darin verlangen sie von den Herstellern eine Kostenbeteiligung und in manchenFällen sogar eine vollständige Kostenübernahme, falls höhere LCC in der Betriebsphase

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104 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

anfallen als nach den Angaben des Herstellers errechnet wurden. Dies stellt für die Herstellerein sehr schwer kalkulierbares finanzielles Risiko dar, da weder die Höhe noch der Zeitpunktmöglicher Strafzahlungen bekannt sind.

LCC-Konzepte haben jedoch nicht nur Nachteile für die Hersteller. Ein wichtiger Nutzen fürHersteller hochwertiger und damit auch teurer maschineller Anlagen ist, dass die Investiti-onsentscheidung nicht mehr nur auf der Basis des Anschaffungspreises getroffen wird. Dielängere Lebensdauer von Qualitätsbauteilen gegenüber Standardkomponenten von so genann-ten Billiganbietern werden durch die Kenntnis der daraus resultierenden Kosten quantifizier-bar und können dadurch in der Investitionsentscheidung des Betreibers berücksichtigt wer-den. Außerdem werden beispielsweise die Vorteile einer wartungsfreundlichen Konstruktionmessbar. Die Erfassung der LCC bietet den Herstellern somit eine Möglichkeit, sich vonihren Wettbewerbern nachhaltig konzeptionell zu differenzieren.

Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Nutzen von LCC Konzepten für Hersteller liegt imInformationsrückfluss vom Betreiber während des Betrachtungszeitraums. Da vom Herstellerverbindliche Angaben zu Wechselintervallen und Verbrauchsmengen gefordert werden, hat erin den meisten LCC-Konzepten auch ein Recht darauf, die tatsächlichen Betriebsbedingun-gen zu verfolgen und mit den Angaben des Betreibers in der Angebotsphase zu vergleichen.Diese Betriebsinformationen unterstützen zusammen mit den erreichten Lebensdauern derLCC-Komponenten den Hersteller, die Schwachstellen und die Stärken seiner Produkte zuerkennen. Dies ermöglicht ihm eine signifikante Weiterentwicklung seiner Maschinen.

Die Hauptschwierigkeit für Hersteller im Zusammenhang mit LCC-Konzepten stellt dieBestimmung der Wechselintervalle der LCC Komponenten dar. Um Angaben zu Wechselin-tervallen von LCC-Komponenten geben zu können, benötigen sie historische Daten, diestatistisch ausgewertet werden, um die erwartete Lebensdauer einer LCC-Komponentebestimmen zu können. Deren Gewinnung und Interpretation sind aber aus mehreren Gründensehr schwierig:

� Wegen des technologischen Fortschritts sind die Komponenten neuer maschineller Anla-gen nur begrenzt mit den Komponenten früherer Produktgenerationen vergleichbar.

� Umfangreiche Informationen vom Kundendienst liegen vor allem während der Gewähr-leistung vor.

� Nach der Gewährleistung werden Reparaturen häufig vom Betreiber durchgeführt, und esfließen kaum Informationen an den Hersteller zurück.

� Viele Betreiber beziehen ihre Ersatzteile direkt bei den Komponentenzulieferern oderkaufen auf Vorrat.

� Auch wenn historische Ausfalldaten vorliegen, so fehlen meistens Informationen überBetriebsbedingungen (Hart- oder Weichbearbeitung, Zwei- oder Drei-Schicht-Betrieb…)und Ausfallursache (Verschleiß, Bedienerfehler…).

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 105

2.5 Auswirkungen von LCC-Konzepten auf dieBetreiber

Die offenkundigste Auswirkung eines LCC-Konzepts für den Betreiber ist, dass sie damiteine bessere Informationsgrundlage für ihre Investitionsentscheidungen haben. Die Prognoseder LCC versetzt den Betreiber theoretisch in die Lage, alle mit einer Investition verbunde-nen Kosten in der Investitionsbewertung zu berücksichtigen und dadurch die wirtschaftlichsteAlternative wählen zu können.

In der Praxis ist die exakte Vorhersage der LCC aus verschiedenen Gründen jedoch nichtmöglich. Der Anwender eines LCC-Konzepts sollte sich immer darüber im Klaren sein, dassdie errechneten LCC eine Prognose für größtenteils zukünftige Kosten sind, die naturgemäßmit Risiko behaftet sind. So kann die Höhe der Inflation und ihre Auswirkung auf Ersatzteil-preise und Energiekosten nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden. Zudem sind die ermittel-ten Wechselintervalle statistische Größen und unterliegen somit einer gewissen, relativenUnsicherheit. Deshalb muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass kein LCC-Konzept die LCC einer maschinellen Anlage garantieren kann und dass die während desBetrachtungszeitraums realisierten LCC von den prognostizierten LCC abweichen können.

Ein gutes LCC-Konzept versetzt den Betreiber jedoch in die Lage, einen Großteil der Folge-kosten einer Investition abzuschätzen. Es unterstützt damit den Betreiber beim Vergleichalternativer Maschinen und ermöglicht dadurch die Auswahl der langfristig wirtschaftlichstenAlternative.

Ein weiterer Vorteil liegt in der dauerhaften Zusammenarbeit und Kommunikation mit demHersteller, was durch langjährige LCC-Verträge gefördert werden kann. Diese bilden dieBasis für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, durch den Schwachstellen an derMaschine behoben und für neue Maschinen reduziert werden können.

Darüber hinaus kann ein LCC-Konzept dazu beitragen, die technische Verfügbarkeit einerMaschine zu erhöhen und gleichzeitig die vorbeugende Instandhaltung effizienter zu gestal-ten. Dies ist von großer Bedeutung für den Betreiber, da die Wirtschaftlichkeit einer Maschi-ne maßgeblich von der technischen Verfügbarkeit bestimmt wird. Die Angaben von Wechsel-intervallen in einem LCC Konzept ermöglicht den Austausch von LCC-Komponenten genaudann, wenn der Abnutzungsvorrat eines Verschleißteils verbraucht ist. Die Alternativen wä-ren, entweder die LCC-Komponenten vorzeitig zu wechseln oder die LCC-Komponenten erstim Schadensfall zu ersetzen. Der vorzeitige Austausch von LCC-Komponenten würde aller-dings die Ersatzteilkosten erhöhen. Die LCC-Komponenten erst nach dem Eintreten desSchadensfalls zu ersetzen, würde dagegen zu ungeplanten Stillständen während der Produkti-onszeit führen. Dies muss jedoch unbedingt vermieden werden, da im Zuge der Zielsetzungder Lean Production Pufferbestände in modernen Betrieben kontinuierlich reduziert werdensollen. Ein ungeplanter Stillstand an einer Maschine kann deshalb die Produktivität einerganzen Fabrik erheblich beeinträchtigen.

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106 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

LCC-Konzepte sind allerdings auch mit Nachteilen für den Betreiber verbunden. Wie bereitserwähnt wurde, muss der Betreiber dem Hersteller in der Angebotsphase genaue Informatio-nen über den späteren Produktionsprozess zu Verfügung stellen, damit dieser aussagekräftigeInformationen liefern kann. Dies ist teilweise mit einem erheblichen Aufwand verbunden undes schränkt den Betreiber in der Betriebsphase ein. So können Änderungen am Produktions-prozess dazu führen, dass vom Hersteller gemachte Angaben ihre Gültigkeit verlieren.

Die Maschinendokumentation und das Controlling der LCC stellen jedoch den größten Auf-wand für die Betreiber dar. Der Betreiber muss die Einsatzbedingungen über den gesamtenBetrachtungszeitraum in einer Form dokumentieren, dass er dem Hersteller gegenüber dieEinhaltung der in der Angebotsphase angegebenen Einsatzbedingungen beweisen kann. Au-ßerdem sollte er ein System zur Verschleiß- und Kollisionsüberwachung einsetzen. Lösungenfür ein geeignetes Conditionmonitoring sind daher zurzeit vielerorts in der Entwicklung, dieden LCC-Prozess deutlich unterstützen sollen.

Diese Anstrengungen gewinnen auch aus einem anderen Hintergrund zunehmend an Bedeu-tung. Nur wenn der Betreiber belegen kann, dass er die vereinbarten Betriebsbedingungeneingehalten hat, kann er dem Hersteller bei einer Überschreitung der LCC nachweisen, dassdessen Angaben in der Angebotsphase nicht korrekt waren und eine Beteiligung an den dar-aus resultierenden Mehrkosten einfordern.

2.6 Bewertung der LCC-Thematik aus der Sicht einesBetreibers

In den vorangegangenen Kapiteln wurde der Nutzen der Erfassung der LCC ausführlichbeschrieben. Es wurde jedoch auch auf den Aufwand hingewiesen, der betrieben werdenmuss, um diesen Nutzen zu realisieren. Deshalb muss im Vorfeld überprüft werden, ob dererwartete Nutzen den erforderlichen Aufwand für eine Betrachtung der LCC rechtfertigt.

Vor dem Hintergrund großer Preisunterschiede zwischen den einheimischen, etablierten Ma-schinenherstellern und neuen Anbietern vor allem aus Asien ist aus Betreibersicht davonauszugehen, dass der Nutzen den Aufwand übersteigt.

Damit ein LCC-Konzept wirtschaftlich angewendet werden kann, müssen trotzdem alle Au-tomatisierungs- und Standardisierungspotenziale der mit diesem Konzept verbundenen Pro-zesse ausgeschöpft werden. Dies beginnt in der Beschaffungsphase mit einer standardisiertenAngebotsanfrage, einer automatischen Berechnung der LCC und dem abschließenden Ange-botsvergleich, der zur Investitionsentscheidung führt. Die Beschaffungsphase umfasst jedochnur einen kleinen Ausschnitt der LCC-Betrachtung. Da die Herstellerangaben und die vomBetreiber zugesagten Betriebsbedingungen während der gesamten Nutzungsdauer der Ma-schine überwacht werden müssen, ist die Gestaltung dieser Prozesse für den effizienten Ein-satz eines LCC-Konzepts von größter Bedeutung. Außerdem muss der Informationsaustausch

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 107

zwischen Betreiber und Hersteller in dieser Phase geregelt werden. Zudem ist sicher zustel-len, dass die gewonnenen Erkenntnisse in zukünftigen Investitionsentscheidungen berück-sichtigt werden.

3. LCC-Konzept des ZF-Standorts Friedrichshafen

Auf der Basis der in Kapitel 2 dargestellten Überlegungen hat der ZF-Standort Friedrichsha-fen die Entwicklung und Anwendung eines eigenen LCC-Konzepts beschlossen. Für dieErstellung einer eigenen Vorgehensweise war es wichtig, dass darin die in vielen Jahren ge-sammelten Erfahrungen mit den eingesetzten Produktionsanlagen einfließen. Diese ist zu-nächst auf Werkzeugmaschinen zugeschnitten, wurde aber so konzipiert, dass es in Zukunftan alle Produktionsmittel anpassbar ist.

3.1 Zielsetzung

Wie bereits erläutert, ist es ein wesentliches Ziel von LCC-Konzepten, die Folgekosten einerInvestitionsentscheidung zu ermitteln und diese bei der Auswahl zwischen alternativen Pro-duktionsmitteln zu berücksichtigen. Schließlich kann eine Auswahl allein auf Basis des An-schaffungspreises zu einer suboptimalen Entscheidung führen.

Der ZF-Standort Friedrichshafen verfolgt mit seinem LCC-Konzept jedoch noch ein weiteresZiel. Das Produktionssystem der ZF orientiert sich – wie viele andere ganzheitliche Produkti-onssysteme auch – an den Grundsätzen der Lean Production. In diesem Zusammenhangwerden Pufferbestände reduziert, um die Kapitalbindung zu optimieren. Dies hat zur Folge,dass ungeplante Stillstände an einzelnen Maschinen nach kurzer Zeit zu erheblichen Produk-tionsstörungen für einen ganzen Standort führen können bis hin zu einem Stillstand der End-montage, was sich negativ auf die Belieferung des Kunden auswirken kann. Daraus resultie-ren teilweise hohe ungeplante Folgekosten, die es unbedingt zu vermeiden gilt. DieHauptziele, die der ZF-Standort Friedrichshafen mit seinem LCC-Konzept erreichen will,sind deshalb:

1. Reduzierung ungeplanter Stillstände

2. Kostentransparenz in der Angebotsphase

3. Auswahl der wirtschaftlichsten Investitionsalternative

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108 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

3.2 Annahmen

Um ein LCC-Konzept korrekt anwenden zu können, ist es notwendig die für eine Berück-sichtigung der Lebenszykluskosten zu Grunde liegenden Annahmen zu kennen. Anderenfallskann dies zu Fehlinterpretationen führen.

In diesem Zusammenhang ist die zentrale Grundannahme des ZF-Standorts Friedrichshafen,dass die zur Auswahl stehenden Maschinen vergleichbare Produktionsleistungen aufweisen.Diese Bedingung ist notwendig, um eine Entscheidung auf Grund von unterschiedlichen LCCtreffen zu können. Ist diese Annahme nicht gegeben, muss neben den LCC auch der Nutzender alternativen Maschinen bestimmt und mit den LCC in Beziehung gesetzt werden, um eineoptimale Entscheidung zu garantieren. Für diesen Fall wurde vom Institut für Produktions-technik (wbk) der Universität Karlsruhe der Begriff Life-Cycle-Performance entwickelt, derdas Verhältnis von Nutzen pro LCC angibt (vgl. Abbildung 5.3).

Abbildung 5.3: Definition Life-Cycle-Performance (Fleischer, J. 2004, S. 88)

Diese Annahme ist bei der Beschaffung von Maschinen am ZF-Standort Friedrichshafengegeben. In einem Lastenheft werden die technischen Anforderungen für die zu beschaffendeMaschinen über Taktzeiten, geforderte technische Verfügbarkeit und Fertigungstoleranzengenau vorgegeben. Somit sind die Output-Mengen der Investitionsalternativen vergleichbarund die LCC sind als Basis für die Auswahlentscheidung ausreichend. Auf die Berücksichti-gung der Produktionsleistung im LCC-Konzept kann deshalb verzichtet werden.

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 109

3.3 Erfasste Kostenelemente

Das LCC-Konzept des ZF-Standorts Friedrichshafen orientiert sich an der Kostenstruktur desVDMA-Einheitsblatts 34160. Im Gegensatz zum Modell des VDMA beinhaltet das LCC-Konzept des ZF-Standorts Friedrichshafen jedoch nur die Entstehungs- und Betriebsphase.Die Verwertungsphase am Ende der Nutzungsdauer einer Produktionsanlage ist – aus Sichtdes ZF-Standorts Friedrichshafen – für Werkzeugmaschinen nur von untergeordneter Bedeu-tung und wird deshalb nicht berücksichtigt.

Dies liegt zum einen daran, dass die Entsorgungskosten einer Werkzeugmaschine am Endeder Nutzungsdauer verglichen mit den Kosten der Entstehungs- und Betriebsphase relativgering sind. Zum anderen ist die Prognose des Restwerts einer Produktionsanlage sehrschwierig. Dieser ist im großen Umfang vom technologischen Fortschritt, der gesamtwirt-schaftlichen Lage und der daraus resultierenden Nachfrage nach gebrauchten Produktionsan-lagen abhängig. Da die konjunkturelle Entwicklung über einen so lange Zeitraum nicht mitausreichender Genauigkeit vorhergesagt werden kann, wäre eine Prognose der Kosten derVerwertungsphase mit großer Unsicherheit behaftet.

Die Kostenelemente, die im LCC-Konzept des ZF-Standorts Friedrichshafen betrachtet wer-den, sind in Abbildung 5.4 aufgelistet.

Entstehungsphase Betriebsphase

� Anschaffungspreis� Installationskosten� Inbetriebnahmekosten� Schulungskosten

� Wartung & Reinigung� geplante Instandhaltung� ungeplante Instandhaltung� Energiekosten� (R)HB-Stoffe� Werkzeugkosten� Ersatzteilkosten� Flächenkosten

Abbildung 5.4: Im LCC-Konzept betrachtete Kostenelemente

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Angaben zur geplanten/vorbeugenden In-standhaltung. Diese muss optimiert werden, um das Ziel der Reduzierung ungeplanter Still-stände zu erreichen. Zu diesem Zweck wird von den Herstellern die Angabe von Wechselin-tervallen, Arbeitsaufwendungen, Stillstandszeiten und Materialaufwendungen für wichtigeKomponenten gefordert.

Es ist jedoch weder möglich noch sinnvoll Wechselintervalle und Ersatzteilpreise für alleKomponenten einer Maschine abzufragen, da die Angabe dieser Informationen für den Her-steller in der Angebotsphase mit einem großen Aufwand verbunden ist. Deshalb muss der

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110 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

Betreiber die Anzahl der Komponenten, für die diese Daten abgefragt werden, einschränken.Dies ist auch im Interesse des Betreibers, da die Angaben der Hersteller in der Betriebsphaseüberwacht werden müssen. Das LCC-Konzept beschränkt sich deshalb auf die Hauptkosten-treiber, die in diesem Konzept als LCC-Komponenten bezeichnet werden.

Die Auswahl der LCC-Komponenten erfolgt in Absprache mit dem Hersteller. Der Betreibermuss jedoch darauf achten, dass bei allen alternativen Angeboten eines Investitionsprojektsidentische Maßstäbe für die Festlegung der LCC-Komponenten angewendet werden, da sonstkein Vergleich der Alternativen möglich ist. Als Grundlage gilt ein vom ZF-Standort Fried-richshafen entwickeltes, zweistufiges Maschinenmodell (vgl. Abbildung 5.5). In diesemModell wird die Maschine zunächst in ihre wesentlichen Baugruppen untergliedert, die in derzweiten Ebene in die wichtigsten Komponenten aufgespalten werden.

LCC-Komponenten

Werkzeugmaschine

Linearachse Spindeleinheit Rotationsachse Werkzeugwechselsystem/Werkzeugrevolver

MotorFührung KGT Messsystem Abdeckungen

Maschine

Baugruppe

LCC-Komponenten

Werkzeugmaschine

Linearachse Spindeleinheit Rotationsachse Werkzeugwechselsystem/Werkzeugrevolver

MotorFührung KGT Messsystem Abdeckungen

Maschine

Baugruppe

Abbildung 5.5: Beispiel für LCC-Komponenten

Welche Baugruppen in einer Anfrage relevant sind, ist immer vom konkreten Investitionspro-jekt und der Maschinenstruktur abhängig. Deshalb sollten diese möglichst flexibel von Fallzu Fall ausgewählt werden. Die LCC-Komponenten einer Baugruppe sind jedoch meistensdie Selben, so dass für jede Baugruppe eine standardisierte Liste mit LCC-Komponentenverwendet werden kann. Um Missverständnisse zu vermeiden, werden diese trotzdem mitden Herstellern besprochen, da zum Teil unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden.

3.4 Herausforderung „Lastkollektiv“

Wie bereits im Abschnitt über den Aufbau von LCC-Konzepten erwähnt, benötigen die Her-steller Informationen über die Einsatzbedingungen, um daraus die Beanspruchung ihrer Ma-schinen und der LCC-Komponenten beim Betreiber ableiten zu können. Zu diesem Zweckwird vom Betreiber ein Lastkollektiv definiert, das alle wesentlichen Einflussfaktoren auf dieBelastung der Maschine enthält.

Die Festlegung eines Lastkollektivs ist von zentraler Bedeutung für ein LCC-Konzept, da derHersteller ohne die Angabe eines konkreten Lastkollektivs keine konkreten Angaben zu den

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 111

vom Betreiber geforderten Maschinendaten machen kann. Wenn dem Hersteller keine Infor-mationen zum Lastkollektiv vorliegen, kann er unter der Annahme einer sehr großen Bean-spruchung nur minimale Wechselintervalle und maximale Verbrauchsmengen angeben, umsicherzustellen, dass die daraus ermittelten LCC in der Betriebsphase nicht überstiegen wer-den. Auf dieser Informationsbasis können jedoch keine genauen LCC berechnet werden unddie Aussagekraft des LCC-Konzepts ist gering.

Die Angabe eines Lastkollektivs ist für den Betreiber allerdings keine leichte Aufgabe. DasLastkollektiv muss vor der Abgabe des endgültigen Angebots des Herstellers erfolgen. Beider ZF sind zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht alle Parameter des zukünftigen Bearbei-tungsprozesses festgelegt. Darüber hinaus wird sich das Lastkollektiv einer Maschine wäh-rend des Betrachtungszeitraums aus verschiedenen Gründen ändern:

� das Teilespektrum, das auf der Maschine gefertigt wird, kann sich während des Betrach-tungszeitraums ändern

� technologische Optimierungen führen zu Veränderungen am Produktionsprozess, die auchdas Lastkollektiv beeinflussen können

� maschinelle Optimierungen verändern die Leistungsfähigkeit der maschinellen Anlage.

Wenn das Lastkollektiv jedoch deutlich geändert wird, sind die Herstellerangaben, die aufdem ursprünglichen Lastkollektiv basieren, möglicherweise nicht mehr korrekt. In dieserSituation müssen die Wechselintervalle der LCC-Komponenten überprüft und gegebenenfallsangepasst werden. Denn nur dann kann die vorbeugende Instandhaltung weiterhin effizientgeplant und durchgeführt werden.

Die Schwierigkeit besteht darin, ein Modell zu entwickeln, mit dem objektiv entschiedenwerden kann, ob durch Änderungen am Bearbeitungsprozess die Beanspruchung der Maschi-ne und ihrer LCC-Komponenten entscheidend erhöht wurde. In diesem Fall muss der Herstel-ler seine zugesagten Wechselintervalle anpassen dürfen. Wenn nicht, behalten die ursprüng-lich zugesagten Wechselintervalle und die damit einhergehenden Verpflichtungen desHerstellers ihre Gültigkeit.

Aus diesen Gründen ist vorgesehen, dass im LCC-Konzept des ZF-Standorts Friedrichshafendas Lastkollektiv im Lastenheft über die Angabe verschiedener Belastungsfaktoren beschrie-ben wird. Diese sollen in der Betriebsphase überwacht werden, um den Hersteller bei einersignifikanten Änderung des Lastkollektivs darüber informieren zu können. Wird auf dieseWeise eine deutliche Änderung der Beanspruchung der Maschine und der LCC-Komponenten erkannt, muss der Hersteller die zugesagten Wechselintervalle überprüfen undgegebenenfalls anpassen dürfen.

Selbstverständlich können in diesem Zusammenhang auch Abweichungen bei den Energie-und KSS-Verbrauchsmengen eintreten. Da in der Betriebsphase die Investitionsentscheidungbereits getroffen wurde, liegt allerdings kein Nutzen darin, diese Daten ebenfalls vom Her-steller überprüfen zu lassen. Die Richtigkeit dieser Angaben kann direkt nach der betriebsbe-

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112 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

reiten Übergabe vom Betreiber kontrolliert werden, indem er diese während der Produktionunter dem definierten Lastkollektiv misst.

3.5 Kooperationsmodell

Ein zentrales Anliegen des ZF-Standorts Friedrichshafen ist in Anlehnung an die Unterneh-menskultur die Förderung und Realisierung einer konstruktiven und partnerschaftlichen Zu-sammenarbeit mit den Zulieferern. Aus diesem Grund wurden viele Hersteller von Werk-zeugmaschinen frühzeitig in die Konzept-Entwicklung eingebunden, um deren Fachwissenzu nutzen und um gleichzeitig dadurch deren Akzeptanz zu erhöhen. Dies ist vor dem Hinter-grund der bei vielen Maschinen-Herstellern anzutreffenden Skepsis gegenüber LCC-Konzepten von großer Bedeutung.

Der ZF-Standort Friedrichshafen versteht daher sein LCC-Konzept grundsätzlich nicht alsInstrument zur Kompensation und/oder Begrenzung der Betriebskosten, sondern als Werk-zeug, um die technische Verfügbarkeit der eingesetzten Bearbeitungsmaschinen zu erhöhen.Dies zeigt sich bereits in der Formulierung der Zielsetzung.

Ein weiteres Zeichen, mit dem der ZF-Standort Friedrichshafen den partnerschaftlichen Cha-rakter seines LCC-Konzepts darstellt, ist der offene Datenaustausch in der Betriebsphase.Dieser sieht vor, dass neben den Informationen zu Störungen an der Maschinen und der Le-bensdauer der LCC-Komponenten auch Betriebsdaten zu Verfügung gestellt werden, mitdenen die Einhaltung des Lastkollektivs überprüft werden kann. Außerdem prüft der ZF-Standort Friedrichshafen die Einführung eines Systems zur Kollisionsüberwachung, umBedienfehler und dadurch verursachte Schädigungen der Maschine erkennen zu können.Parallel dazu wird an der Einführung einer technische Lösung für ein zielgerichtetes Conditi-onmonitoring zur automatischen Verschleißerkennung und -messung wichtiger, kosteninten-siver Komponenten gearbeitet.

Auf Basis eines damit geschaffenen Vertrauensverhältnisses sollen während des Betriebserkannte Schwachstellen in gemeinsamen KVP-Workshops ohne gegenseitige Schuldzuwei-sungen kurzfristig angegangen und behoben werden.

3.6 Aussagekraft der ermittelten LCC

Die systematische Erfassung der Kostenelemente und deren mathematische Berechnungkönnen den Eindruck erwecken, dass die ermittelten LCC eine determinierte Größe sind.Tatsächlich wird durch ein LCC-Konzept jedoch nur eine Prognose für die zukünftigen Be-

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 113

triebskosten erstellt. Diese Prognose ist – wie jede andere Vorhersage – mit Unsicherheitbehaftet. So können die in der Betriebsphase tatsächlich anfallenden Kosten aus verschiede-nen Gründen von den prognostizierten LCC abweichen.

Die Gründe für diese Abweichungen sind entweder beim Hersteller, beim Betreiber oder beiexternen Markteinflüssen zu suchen. Externe Markteinflüsse, die in diesem Zusammenhangerwähnt werden müssen, sind die:

� Entwicklung der Lohnkosten

� Marktpreisentwicklung für Energieträger

� Preispolitik der Zulieferer (Komponenten und Werkzeuge).

Zusätzlich zu diesen externen Markteinflüssen können die LCC jedoch auch durch Entschei-dungen des Betreibers beeinflusst werden. Änderungen des Teilespektrums oder Optimierun-gen des Bearbeitungsprozesses können sowohl den Energieverbrauch als auch den Bedarf anHilfs- und Betriebsstoffen erhöhen. Eine Steigerung des Lastkollektivs führt zu einem höhe-ren Verschleiß der LCC-Komponenten und damit auch zu einer Zunahme der Kosten für diegeplante Instandhaltung.

Fehlerhafte Angaben des Herstellers in der LCC-Angebotsmappe stellen die dritte Ursachefür Abweichungen zwischen prognostizierten und realisierten LCC dar. Die Erfahrung zeigt,dass die Hersteller große Schwierigkeiten bei der Angabe der geforderten Daten haben. Soweisen Hersteller immer wieder darauf hin, dass sie die genauen Energie- und KSSVerbrauchsmengen sowie die Wechselintervalle nicht kennen. Diese Fehlerquelle wird jedochmit zunehmender Erfahrung der Hersteller im Umgang mit LCC-Konzepten abnehmen.

Eine Investitionsentscheidung sollte aus den genannten Gründen nicht alleine auf der Basisder ermittelten LCC gefällt werden. Neben den technischen Eigenschaften der Maschinesollten darüber hinaus immer noch folgende nicht monetäre Faktoren berücksichtigt werden:

� Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Hersteller

� Qualität des Kundendienstes (Erreichbarkeit, Dauer bis zum Eintreffen eines Servicetech-nikers)

� Ersatzteilverfügbarkeit

� Stillstandszeiten der Maschine (Wartung & Reinigung, geplante IH, Rüstvorgänge undWerkzeugwechsel).

Auch wenn die prognostizierten LCC aus den erwähnten Gründen mit einer nicht zu vernach-lässigenden Unsicherheit behaftet sind, stellen sie doch einen wesentlichen Informationsge-winn für den Betreiber dar und sind deshalb in der Angebotsphase von großer Bedeutung. Esist daher wichtig sich dieser Unsicherheit bewusst zu sein, um die ermittelten LCC richtigbewerten zu können und gegenüber den anderen Entscheidungskriterien richtig zu gewichten.

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114 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

3.7 Vision

Die Vision, die der ZF-Standort Friedrichshafen mit seinem LCC-Konzept verfolgt, ist dieUnterstützung der Hersteller bei der langfristigen nachhaltigen Verbesserung der Werkzeug-maschinen, die sich vorteilhaft auf ihren Einsatz in der ZF auswirken wird. Hierzu wird derMaschinen-Hersteller durch den gezielten und gemeinsam abgestimmten Informationsflussunterstützt werden, die Schwachstellen seiner Maschinen zu erkennen. So liefert der Rück-fluss umfangreicher Felddaten den Herstellern eine umfangreiche Datenbasis, die bei derEntwicklung neuer Maschinen herangezogen werden kann. Darüber hinaus versetzen dieseFelddaten den Hersteller in die Lage den Betreiber bei der Behebung von Schwachstellenaktuell betriebener Maschinen besser zu unterstützen.

Viele LCC-Komponenten, wie z. B. Motorspindeln und Kugelgewindetriebe werden, aller-dings nicht von Maschinenherstellern produziert, sondern von diesen bei Zulieferern bezo-gen. Deshalb soll nach erfolgreicher Einführung des LCC-Konzepts zwischen dem ZF-Standort Friedrichshafen und den Maschinen-Herstellern geprüft werden, wie diese Zuliefererin das LCC-Konzept mit eingebunden werden können.

Die Abbildung 5.6 stellt die Vision des zukünftigen Informationsflusses zwischen Betreiber,Herstellern und Zulieferern im Rahmen des LCC-Konzepts anschaulich dar. Damit soll ver-deutlicht werden, dass auch der Lieferant von Komponenten einen sehr wichtigen Beitrag füreinen störungsfreien zuverlässigen Einsatz der Produktionsanlagen liefert.

Maschinen-Beschaffung

Instandhaltung

Vertrieb

Konstruktion- ggf. Änderungen an neuenMaschinen- kontinuierliche Verbesserungen anbestehenden Maschinen

Service/KDAfter MarketFelddaten

Unterstützung bei Fehlerbehebung,Ferndiagnose, Serviceeinsätze,Schwachstellenbeseitigung, etc.

technisches Konzept, LCC-Daten

Anfrage, Lastenheft

FertigungssegmenteKomponenten-lieferanten

ZF Hersteller

Maschinen-Beschaffung

Instandhaltung

Vertrieb

Konstruktion- ggf. Änderungen an neuenMaschinen- kontinuierliche Verbesserungen anbestehenden Maschinen

Service/KDAfter MarketFelddaten

Unterstützung bei Fehlerbehebung,Ferndiagnose, Serviceeinsätze,Schwachstellenbeseitigung, etc.

technisches Konzept, LCC-Daten

Anfrage, Lastenheft

FertigungssegmenteKomponenten-lieferanten

Komponenten-lieferanten

ZF Hersteller

Abbildung 5.6: Informationsfluss zwischen Betreiber und Hersteller im LCC-Konzept des ZFStandorts Friedrichshafen

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LCC bei Werkzeugmaschinen aus der Sicht eines Automobilzulieferers 115

4. Zusammenfassung

Die Kenntnis der Lebenszykluskosten (LCC) einer Maschine bereits vor der Investitionsent-scheidung ist für den Betreiber von großem Vorteil. Schließlich ermöglicht ihm diese Infor-mation die Auswahl der für ihn langfristig wirtschaftlichsten Maschine. Die Ermittlung derLCC ist allerdings aufwendig und erfordert einen umfangreichen und offenen Informations-austausch zwischen Betreiber und Hersteller. Dieser fällt nicht nur in der Beschaffungsphasean, sondern auch während der Betriebsphase. Der Aufwand kann jedoch reduziert werden,indem sich das LCC-Konzept auf die Hauptkostentreiber beschränkt und nicht versucht sämt-liche Kostenelemente zu erfassen.

Eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes LCC-Konzept ist die konstruktive Zu-sammenarbeit in KVP-Workshops und ein Vertrauensverhältnis zwischen Betreiber und Her-steller. Aus diesem Grund versteht der ZF-Standort Friedrichshafen sein LCC-Konzept nichtals Instrument zur Kompensation und/oder Begrenzung der Betriebskosten. Vielmehr solldamit in Anlehnung an die ZF-Unternehmenskultur die Philosophie eines Kooperationsmo-dells verfolgt werden, um mit der Unterstützung des Herstellers sowohl die technische Ver-fügbarkeit als auch die Zuverlässigkeit der eingesetzten Maschinen zu erhöhen.

Bei der Auswertung der ermittelten Lebenszykluskosten in der Investitionsentscheidung unddem ständigen Controlling der Herstellerangaben in der Betriebsphase muss berücksichtigtwerden, dass ein LCC-Konzept nur eine Kosten-Prognose darstellt. Eine Überschreitungkann vielschichtige Gründe haben. Deren Ursache kann allerdings wirksam durch ein LCC-Konzept aufgedeckt werden und stellt damit einen wertvollen Ansatzpunkt für eine zukünfti-ge Vermeidung dar.

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116 Thomas Köllner, Roland Wieser, Matthias Striefler

Literatur

BLANCHARD, B.: Design and Manage to Life-Cycle-Cost, Portland 1978.

BÜNTING, F.: VDMA-Einheitsblatt 34160 Prognose der Lebenszykluskosten, VDMA-Info-Tag, Frankfurt 2006.

FLEISCHER, J.: Life-Cycle-Performance in der Produktionstechnik, in: VDI-Z, Oktober 2004,S. 87-90.

VERBAND DEUTSCHER MASCHINEN- UND ANLAGENBAU (VDMA): VDMA 34160: Prognose-modell für die Lebenszykluskosten von Maschinen und Anlagen, Berlin 2007.

WÜBBENHORST, K.: Konzept der Lebenszykluskosten – Grundlagen, Problemstellungen undtechnologische Zusammenhänge, Darmstadt 1984.

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LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 117

LCC/TCO aus Sicht einesWerkzeugmaschinenherstellers

Christian Boge

1. Einleitung

2. LCC als "Interessengemeinschaft"

3. Technische Aspekte3.1 Belastungsprofil3.2 Felddaten3.3 Zustandsorientierte Instandhaltung

4. Organisatorische Aspekte4.1 Organisation der Maschinenherstellung

4.1.1 Entwicklung und Konstruktion4.1.2 Angebotsprozess4.1.3 Einbindung der Komponenten-Lieferanten

4.2 Service-Organisation

5. LCC-Vereinbarungen – Chancen und Risiken für Maschinenhersteller

Literatur

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118 Christian Boge

1. Einleitung

Im heutigen Wettbewerbsumfeld bestimmen die Anwender den Nutzen eines Investitionsgu-tes wie einer Werkzeugmaschine zunehmend nicht mehr nur durch die über die technischenDaten bestimmten Produktivitätswerte, sondern sie stellen eine ganzheitliche Nutzenbetrach-tung über die Einsatzdauer in den Vordergrund.

Getrieben wird diese Art der Bewertung nicht nur durch den Zwang zur möglichst vollständi-gen Ausnutzung der Produktionsmittel, sondern auch durch die stark gestiegenen Anforde-rungen an die Zuverlässigkeit der Produktion im Rahmen von Just-In-Time- bzw. One-Piece-Flow-Produktionskonzepten. Die durch den globalen Wettbewerbsdruck getriebene ständigeSuche nach vermeidbaren Verschwendungspotenzialen im Rahmen von KVP- und KAIZEN-Aktivitäten auf allen Ebenen eines Unternehmens rückt in Zeiten ständig steigender Energie-und Rohstoffkosten auch bisherige Randbedingungen einer Produktion in den Fokus.

Zur quantitativen Abbildung dieser ganzheitlichen Nutzenbetrachtung sind die Verfahren derLebenszykluskostenermittlung insbesondere in den letzten Jahren durch große Anwender ausder Automobilindustrie wie Ford oder Mercedes Benz an die Belange der Produktionstechnikangepasst worden und zum Bestandteil der Anfrageprozesse gemacht worden.

Dabei sind Begriffe wie „Total-Cost-of-Ownership – TCO“, „Life-Cycle-Costs – LCC“ oder„Lebenszykluskostenanalyse – LCA“ eingeführt worden. In diesem Beitrag wird im Folgen-den nur der Begriff LCC verwendet. Allgemeine Grundlagen werden in weiteren Beiträgendargestellt und hier als bekannt angenommen.

Ziel dieses Beitrages ist die Darstellung der Chancen und Risiken des LCC-Konzeptes ausSicht eines Werkzeugmaschinenherstellers in der Interessengemeinschaft zwischen Maschi-nenanwendern, Maschinenherstellern und Komponentenlieferanten. Der Schwerpunkt liegtauf der Betrachtung der Gebrauchskosten, denn die Entstehungskosten sind im Allgemeinengut bekannt und die Verwertungskosten haben auch für die Anwender zurzeit keine hohePriorität. Im Weiteren sind mit LCC-Kosten die Kosten in der Gebrauchsphase gemeint.

2. LCC als „Interessengemeinschaft“

Der Wettbewerbsdruck in der Werkzeugmaschinenindustrie hat in vielen Bereichen zu einertechnischen Angleichung der Maschinen geführt. Ein Differenzierung im Markt erfolgt daherneben den technischen Produkteigenschaften zunehmend über die Gebrauchseigenschaften,die sich durch LCC-Angaben beschreiben lassen. Damit bietet das LCC-Konzept den Ma-

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LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 119

schinenherstellern auch die Chance, ihre oft beworbenen Qualitätsstandards quantitativ zubelegen und so Premiumansprüche auch in Form höherer Preise am Markt umsetzten zukönnen. Abbildung 6.1 veranschaulicht diesen Mechanismus.

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0 10 t

Einsparungen

LCCMaschine2

LCC Maschine

1

Quelle: Bleich, Philipp (2007)Abbildung 6.1: Einsparungspotenzial bei LCC-Betrachtung trotz höherer Investitionskosten

Die Anwender verfolgen mit einer LCC-Betrachtung im Wesentlichen die folgenden Ziele:

� Abgesicherte Investitionsentscheidung :

Ermittlung „realistischer“ Gesamtkosten zum Zeitpunkt der Investition als Basis des An-bietervergleiches :

� Beschaffungskosten� Wartung� Geplante Instandhaltungskosten� Servicekosten, insbesondere Ersatzteile

Dabei werden Nutzungszeiträume von typischerweise zehn Jahre bei gleichförmiger Be-lastungsart unterstellt.

� Erhöhte Anlagenverfügbarkeit durch Absicherung der Vermeidung ungeplanter Ausfälleüber Abfrage von Angaben zu

� sicherer Maschinenauslegung (R&M-Daten)� vorbeugender/zustandsorientierter Instandhaltung

� Erhöhte Planungssicherheit im Produktionsprozess

� Erhöhte Planungssicherheit der Produktionskosten

Der Aufbau von zuverlässigen Partnerschaften zwischen Anwendern und Herstellern wird alszusätzlicher qualitativer Nutzen betrachtet.

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120 Christian Boge

Wenn nun aber neben Investitionskosten die Kosten der Gebrauchsphase einer Maschineverstärkt betrachtet werden, müssen neben den weithin bekannten und akzeptierten techni-schen Leistungsparametern einer Maschine wie z. B. Achsgeschwindigkeiten, -beschleuni-gungen, Span-zu-Span-Zeit oder Werkzeugwechselzeiten vermehrt einsatzabhängige Aspektewie Energie-, Druckluft-, Kühlmittel- oder Werkzeugverbrauch beachtet werden. Schon diesekurze Aufzählung macht deutlich, dass hier die durch den Betreiber beeinflusste Nutzungsartdie Kosten bestimmt. Unmittelbar nachvollziehbar ist auch, dass die technische Verfügbarkeiteiner Maschine in hohem Maße von der Beanspruchung durch den Bearbeitungsprozesssowie die Durchführung der Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen bestimmt wird.

Diese hohe Abhängigkeit der LCC-Kosten von ausschließlich oder schwerpunktmäßig durchden Betreiber induzierten Kostenanteilen wird im Rahmen der Anfrage- und Verhandlungs-phase oftmals nicht ausreichend berücksichtigt.

Zur Durchführung einer LCC-Betrachtung ist damit die Abschätzung der Kostentreiber so-wohl auf Anwender- als auch auf Herstellerseite notwendig:

� Kostentreiber auf Anwenderseite:

� Betriebsmittelverbrauch (Energie, Kühlmittel, ...)� Bearbeitung (Vorrichtung, Werkzeug, Kühlmittel, Energie)� Wartungs-/Instandhaltungs-Intervalle� Zuverlässigkeit (Qualifikation, Wartung/Instandhaltung)

� Kostentreiber auf Anbieterseite:

� Investition (Preis, Lieferung/Aufstellung)� Zuverlässigkeit: Verfügbarkeit in Abhängigkeit vom Belastungsprofil� Wartbarkeit� (Energieverbrauch)

Weitere Fragestellungen betreffen:

� Behandlung von lebensdauerbehafteten Verschleißteilen

� Verfolgung Lebenslauf zwischen Lieferant, Maschinenhersteller und Betreiber� Einlagerung (keine „Abnutzung“ aber Alterung, Gewährleistungsdauer)� Einbau� Ausbau� Wiederaufarbeitung

� R&M-Datenübertragung zwischen Betreiber und Hersteller (s.u.)

� Abgestimmtes Strukturmodell der Maschine� Datenübertragung, Umsetzung, Auswertung

� Methoden und Maschinenausrüstung für zustandsabhängige Instandhaltung (s.u.)

� Logbücher� Sensorik (Spindelstatus, Crash, Maschinenauslastung)

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LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 121

Die Bedeutung der durch das Belastungsprofil besonders beeinflussten Kostenblöcke „War-tung“ und „Instandhaltung“ zeigt Abbildung 6.2. Hierbei konnten die bearbeitungsabhängi-gen Energiekosten sowie die Hilfs- und Betriebsmittelkosten mangels Vorgaben durch denBetreiber nicht dargestellt werden, ihre Höhe wird aber mindestens in der Größenordnung derWartungskosten geschätzt.

LCC-Kostenverlauf

0

10.000

20.000

30.000

40.000

50.000

60.000

70.000

80.000

Betriebsjahre 0

100.000

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400.000

500.000

600.000

700.000

800.000

900.000

1.000.000

EURO

aufsummier te

Kosten

Energiekosten pro Jahrbei Leerlauf

Hi lfs- und Betriebsmittelkostengesamt pro Jahr

Wartung und Reinigung

Geplante Instandsetzung imBetrachtungszeitraumEntstehungskosten

Laufende aufsummierte Kosten

Abbildung 6.2: Verlauf von ausgewählten LCC-Kosten in der Betriebsphase

Daher wird eine Methodik für das Belastungsprofil im Weiteren separat vorgestellt.

Bei der Absicherung der LCC-Zusagen der Hersteller gehen die Anwender im Wesentlichenzwei Wege:

� Vertragliche Fixierung, z. B. über Bonus/Malus-Regelungen

Derartige, oftmals einseitige, Regelungen laufen im Kern auf eine Verlängerung der Gewähr-leistungszusagen hinaus. Es resultieren umfangreiche Vertragswerke, die beim Hersteller u. a.über Rückstellungen abgesichert werden müssen und somit zu kalkulatorischen Kostenerhö-hungen führen.

Zudem ist die zumeist unterstellte gleichförmige Nutzung der Maschinen zumindest im Be-reich von Standardmaschinen wie z. B. Bearbeitungszentren nicht zutreffend. Somit ist dieNutzungsart der Maschinen durch den Hersteller laufend zu überwachen.

Insgesamt tendieren diese Systeme eher zu einem Klima des Misstrauens, die notwendigenÜberwachungs- und Kontrollmechanismen auf Seiten der Anwender müssen sehr nachweis-fest sein. Eine Tendenz zu nicht mehr Wert schöpfend wirkender Zusammenarbeit zwischenAnwendern und Herstellern kann nicht ausgeschlossen werden.

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122 Christian Boge

� Abschluss von partnerschaftlich gestalteten LCC-Vereinbarungen, gestützt durch separateServiceverträge

Im Gegensatz zu Bonus/Malussystemen umgehen auf Partnerschaft ausgelegte „LCC-Vereinbarungen“ den praktisch problematischen Zwang zur vollständig nachweisfesten Kon-troll- und Überwachungsmechanismen, ohne jedoch in der Praxis wirkungslos zu sein.

Kern ist die Trennung zwischen „LCC-Angebotsunterlagen“ in der Anfragephase, „LCC-Vereinbarung“ sowie Serviceverträgen zwischen Anwender und Hersteller.

� „LCC-Anfrage“

� Vorgabe der LCC-Berechnungsvorschrift durch den Anwender,

� Festlegung von technischen und betrieblichen Grundlagen durch den Anwender :

o Belastungsprofile

o Datenaustausch

o Qualifikation Bediener/Instandhalter

� Abgabe eines Angebotes mit verbindlichen Daten für den vorgegebenen Lastfall

� „LCC-Vereinbarung“ in der Nutzungsphase (hier nur ausgewählte Aspekte aufgezeigt)

� Definition gegenseitiger Rechte und Pflichten :

o Verbindliche „Regelgespräche“ zwischen Anwender und Hersteller

o Anbieter

- Recht auf „Audit“- Pflicht zu R&M-Ermittlung- Pflicht zu Produktpflege, KVP

o Betreiber

- Recht auf Eskalationsstrategie- Pflicht zur Übertragung von Felddaten- Pflicht zur Bekanntgabe einer Nutzungsänderung

� Eigenständiger Servicevertrag in der Nutzungsphase

� Ersatzteilversorgung (Preise, Verfügbarkeit)

� Reaktionszeiten (Monteure, Ersatzteile)

Die Vorteile dieser Konstruktion sind beiderseitig.

Der Anwender kann „harte“ Serviceanforderungen von Nachweis „weicher“ Nutzungsbedin-gungen entkoppeln und vertraglich bindend regeln.

Page 122: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 123

Der Hersteller kann die Verantwortlichkeit für die Umsetzung der LCC-Vereinbarung in derproduzierenden Einheit lassen und die Serviceaspekte eindeutig dem Servicebereich zuord-nen. Dies kommt üblichen Unternehmensstrukturen mit Cost-Centern oder eigenständigenUnternehmensbereichen für Produktion und Service entgegen. Die Produktion ist üblicher-weise nur bis zum Ende der Gewährleistung beteiligt, während die Servicebereiche den ge-samten Lebenslauf einer Maschine betreuen.

Dies erlaubt eine partnerschaftliche Zusammenarbeit beider Parteien über die gesamte Nut-zungszeit.

3. Technische Aspekte

3.1 Belastungsprofil

Entscheidende Eingangsgröße für die Ermittlung der LCC-Kosten ist die Kenntnis der Ma-schinennutzung. Neben organisatorischen und damit leicht beschreibbaren Parametern wieSchichtmodell und Produktionsprogramm ist die Kenntnis der Bearbeitungstechnologie ent-scheidend.

Die vom Anwender eingesetzte Bearbeitungstechnologie bestimmt wesentliche Kostenblöckewie Werkzeug-, Kühlmittel-, Strom- und Druckluftverbrauch. Wartungsintervalle an denverschiedenen Maschinenkomponenten sind von den Nutzungsbedingungen – z. B. Nass-oder Trockenbearbeitung, Stahl-, Guss- oder Aluminiumbearbeitung – abhängig.

Allerdings ist eine detaillierte Beschreibung der Lastfälle auf Basis von Vorschubkräften,-geschwindigkeiten, Spindeldrehzahlen, Anzahl Werkzeugwechseln etc. nicht praxisgerecht.

Vorgeschlagen wird daher eine Portfoliobildung (vgl. Abbildung 6.3) auf Basis des bearbeite-ten Materials einerseits und einer Einteilung in „leichte“ und „schwere“ Bearbeitung anderer-seits. Eine detaillierte Erarbeitung eines derartigen Portfolios steht allerdings noch aus.

Page 123: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

124 Christian Boge

- Bewegungen/min- Kräfte- Verschmutzung

Option 2 Option 4 Option 6

Option 5Option 3

Material (Alu, Guss, Stahl)

Option 1

Abbildung 6.3: Portfolio zur Beschreibung von Belastungsprofilen

3.2 Felddaten

Entscheidend für die beiderseitige Akzeptanz der R&M-Daten ist der Rückfluss aller Feldda-ten an den Hersteller. Dieser muss die Daten aller im Feld befindlichen Maschinen nacheinheitlichen Strukturen auswerten (vgl. Abbildung 6.4).

Basis des Datenaustausches sind im Minimum die Fehlermeldungen mit Fehlerort an derMaschine, Fehlerbeschreibung, Datum und Störungsdauer. Dabei ist die Codierung des Feh-lerortes aufgrund der unterschiedlichen Maschinenstrukturen eine besondere Herausforde-rung. Zudem stimmen die Codes der Anwender und der Hersteller in aller Regel nicht über-ein. Eine in der Praxis erprobte Lösung ist die Codierung nach:

� „generischem Maschinentyp“(z. B. horizontales Bearbeitungszentrum, vertikale Drehmaschine, ..)

� Funktionsgruppe(z. B. Linearachse-X, Drehtisch, Spindel)

� lebensdauerbehafteter Baugruppe oder Bauteil („LCC-Komponente“)(z. B. Linearführung, Kugelrollspindel, Antriebsmotor)

Derartige Strukturen finden sich bei vielen Anwendern. Dies erlaubt die automatisierte Um-setzung der Anwendermeldungen in das Meldungssystem des Herstellers. Auf dieser Basissind dann Auswertungen auf dem gesamten Maschinenbestand im Feld möglich.

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LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 125

Reporting

Code Transformation(EXCEL)

Kunden mitIH-Systemen, z.B. SAP

Download(Fehler, -ort, Datum,Störungsdauer)

EXCEL

Maschinenhersteller:Service Reports

Maschinenhersteller:Service Center/Hotline

Service Report

SAPService Report

Z3

Input Tool(PC basiert)

Abbildung 6.4: Datenfluss der Felddatenerfassung

Die Felddaten sind für eine Vielzahl von LCC relevanten Aussagen unerlässlich (vgl. Abbil-dung 6.5).

Dazu gehören insbesondere:

� Katalogisieren von Ausfallmöglichkeiten von Baugruppen

� Standardisierung von Maßnahmen zur Fehlervermeidung

� Datenbank für FMEAAnalysen

� Einsatz in

� Maschinenentwicklung,� SE-Prozessen,� Anlagensimulation� Konstruktion,� Erstellung von Ersatzteillisten und Wartungsplänen

Page 125: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

126 Christian Boge

Projekt-KonstruktionProdukt FMEAErsatzteil-Liste

DatenanalyseEngineering Review

MTBF max., MTTR min.

LebensdauerkostenErsatzteile, TCO-Wartungsplan

R&MDatenermittlung

SimulationVerfügbarkeit, MTBF,

MTTR, OEE

SE ProzessMaschinenauswahlSystemlayout

R&D ProzessBauteilauswahlBauteil-Analyse

R&M DatenbankBauteil-LebensdauerMTBF, MTTR, FMEA

Abbildung 6.5: Nutzung der Felddaten in Entwicklung, Planung und Projektabwicklungbeim Hersteller

Durch Vergleich der Felddaten aller Maschinen im Feld mit denen eines speziellen Anwen-ders können Aussagen über die einsatzspezifische Situation gewonnen werden. Diese Aussa-gen sind eine wesentliche Eingabe in die Regelgespräche, wenn es um die Diskussion überanwenderspezifische Maschinenausfälle geht.

3.3 Zustandsorientierte Instandhaltung

Verfahren der zustandsorientierten Instandhaltung bieten Einsparpotenziale in Form längererMaschinenlaufzeiten ohne gleichzeitig erhöhtes Ausfallrisiko. Dabei sollen die Lebensdauer-vorräte der Maschinenkomponenten abhängig von den aktuellen Belastungen möglichst ge-nau erfasst und ausgenutzt werden.

Verfahren auf der Basis zusätzlicher Sensorik an kritischen Maschinenkomponenten sindweitestgehend noch in der Entwicklung. Ein flächendeckender produktiver Einsatz an Werk-zeugmaschinen findet noch nicht statt.

Die Auswertung der Felddaten erlaubt zum einen die Identifikation der anfälligsten Maschi-nenelemente und damit die Identifizierung von Komponenten, bei denen eine Überwachungam ehesten lohnt.

Page 126: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 127

Durch Zusammenführung der Felddaten mit den Belastungsfällen lassen sich Hinweise aufzustandsabhängige Wartungs- und Instandhaltungsintervalle ableiten. So ist eine belastungs-abhängige Dynamisierung auch ohne zusätzliche Sensorik vorstellbar.

4. Organisatorische Aspekte

Die Umsetzung der LCC-Anforderungen der Anwender und die Nutzbarmachung der Vorteilefür die eigene Organisation erfordern eine Anpassung der Prozesse beim Hersteller. EtlicheWerkzeugmaschinenunternehmen haben ihre Produktherstellung und den Service organisato-risch getrennt, daher werden im Folgenden diese beiden Organisationen getrennt betrachtetund die Auswirkung dieser Trennung unter LCC-Gesichtspunkten für die am meisten betrof-fenen Prozesse untersucht. Es zeigt sich, dass LCC-Anforderungen in einer Organisation eineIntensivierung zahlreicher Nahtstellen erfordert.

4.1 Organisation der Maschinenherstellung

4.1.1 Entwicklung und Konstruktion

Die Einflüsse auf den Prozess der Maschinenentwicklung verdeutlichte bereits Abbildung6.5. Den Bereichen Entwicklung und Konstruktion obliegt in Zusammenarbeit mit dem Ser-vice die Auswertung der Felddaten und die Ermittlung der R&M-Daten sowie die Produkt-pflege. Selbstverständlich müssen die Erkenntnisse aus dem Feld bei Neuentwicklungenberücksichtigt werden.

4.1.2 Angebotsprozess

Der herkömmliche Angebotsprozess kann sich nicht mehr auf die Ermittlung der vom An-wender benötigten Maschinenkonfiguration beschränken, sondern muss auf Basis der vomAnwender vorgegebenen Einsatzdaten die für diesen Einsatzfall gültigen LCC-Daten ermit-teln. Eine Standardkalkulation scheidet aus, um keine Wettbewerbsnachteile zu erleiden.

Einen Vorschlag für die hierzu notwendige Prozessmodifikation zeigt Abbildung 6.6.

Page 127: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

128 Christian Boge

Abbildung 6.6: LCC-Angebotsprozess

Page 128: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 129

Abbildung 6.7 zeigt die Prozesstreiber und -beteiligte und verdeutlicht damit die Quer-schnittsfunktion einer LCC-Betrachtung.

Prozessschritte LCC Angebotsprozess Blanko

Nr. Prozessschritt (Reiter) Prozesstreiber Beteiligte Aufgaben

1 LCC-Ausschreibung Vertrieb Festlegung Eingangs-größen

2 LCC-Ausschreibung Vertrieb Festlegung Option/Last-kollektiv

3 LCC-Angebot-Maschinendaten

Vertrieb Entwicklung Ausfüllen der geforder-ten Felder

4 Komponenten WartungReinigung

Entwicklung Service Wartungs- und Reini-gungsarbeiten, mit An-gabe zur Dauer

5 Komponenten geplanteIH

Entwicklung Service/Einkauf

Entwicklung: AngabeKennwerte, DauerService: Gegencheckder Werte, Angabe Zu-ständigkeitEinkauf: Festlegung Er-satzteilpreise, Kompo-nentenpreise

6 LCC-Kostenblatt Automatisch Werte werden automa-tisch berechnet

7 LCC-Diagramm Automatisch Werte werden automa-tisch grafisch aufbereitet

8 Analyse Diagramme Automatisch Vertrieb Hier können verschie-denste Diagramme er-stellt werden

Abbildung 6.7: Prozesstreiber und -beteiligte im LCC-Angebotsprozess

Abbildung 6.8 verdeutlicht die Bedeutung des Belastungsprofils in Bezug auf die Wartungs-kosten. Je nach Belastungsprofil wird ein anderer Satz an Wartungsanweisungen mit unter-schiedlichen Zyklen und Zeitaufwänden gewählt.

Page 129: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

130 Christian Boge

- €

10.000,00 €

20.000,00 €

30.000,00 €

40.000,00 €

50.000,00 €

60.000,00 €

70.000,00 €

80.000,00 €

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

sonstige Kosten

PersonalEntsorgungRHB

EnergiekostenFK +RKgeplante IH

Wartung und Reinigung

Betriebskosten

Lastkollektivanhand der Matrix wählen

Option 2Alu

schwereBearbeitung

Option 1Alu

leichteBearbeitung

Option 4Gussschwere

Bearbeitung

Option 3Gussleichte

Bearbeitung

Option 6Stahl

schwereBearbeitung

Option 5Stahlleichte

Bearbeitung

Wartungshandbuch

Inhalt

Reinigung und Wartung nach 3000 h Zeitaufwand: ca. 6 Std.Reinigung und Wartung nach 5000 h Zeitaufwand: ca. 3 Std.Reinigung und Wartung nach 6000 h Zeitaufwand: ca. 3,5 Std.Reinigung und Wartung nach 10 000 h Zeitaufwand: ca. 11,5 Std.Reinigung und Wartung nach 20 000 h Zeitaufwand: ca 9 Std.

AutomatischeAuswahl

AutomatischeKalkulation Automatische

Kalkulation

Abbildung 6.8: Festlegung von Wartungskosten im Rahmen des LCC-Angebotsprozesses

4.1.3 Einbindung der Komponenten-Lieferanten

Alle Werkzeugmaschinenhersteller verwenden auch für Kernfunktionen ihrer Maschinenkomplexe Baugruppen und Teile von externen Lieferanten. Zur Ermittlung der LCC-Angabeneiner Maschine und der Beherrschung der Risiken ist daher eine Einbindung der Lieferantenunerlässlich (Noske, H. 2007) (vgl. Abbildung 6.9).

Zulieferer BetreiberWZMHersteller LCC-RisikoLCC-Risiko

LCC-Kennwerte LCC-Kennwerte

Abbildung 6.9: Einbindung von Komponenten-Lieferanten in den LCC-Prozess

Gerade die LCC-Kennwerte in Form der R&M-Daten sind von Lieferanten schwer zu erhal-ten. Zum einen trifft auch hier die Problematik der anwenderspezifischen Lastkollektive zu.

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LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 131

Zum anderen sind R&M-Daten im Kern statistische Größen, für die Lieferanten in aller Re-gel keine verbindlichen Zusagen geben.

Abhilfe kann auch hier nur eine partnerschaftlich Zusammenarbeit, z. B. in Form auf Feldda-ten basierter Regelgespräche, bieten.

4.2 Service-Organisation

Die Servicebereiche sind für die in Abbildung 6.4 dargestellte Felddatenerfassung verant-wortlich. Gleichzeitig sollte ihnen die Verantwortung für die Koordination der Regelgesprä-che mit demAnwender übertragen werden.

5. LCC-Vereinbarungen – Chancen und Risiken fürMaschinenhersteller

Bei der Umsetzung von „LCC-Vereinbarungen“ in Verbindung mit Serviceverträgen werdenfolgende Chancen und Risiken für den Maschinenhersteller gesehen:

� Chancen

� Langfristige Kundenbindung� Hohe Güte der Felddateno Sachliche Grundlage für Regelgespräche zwischen Anwender und Herstellero Kontinuierliche Produktverbesserungo Eingaben in die Produktentwicklung

� Erträge im Serviceo Wartungo Geplante Instandhaltungo Schulungen

� Risiken, zu lösende Fragestellungen

� Übertragung der Felddaten an eigene Systeme� Einbindung der Komponentenlieferanten� Langfristige Sicherstellung kurzer Ersatzteil-Lieferzeiten� Langfristige Preisgestaltung Ersatzteile und Dienstleistungen

Page 131: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

132 Christian Boge

Die „Risiken“ in Bezug auf die Ersatzteile sind jedoch schon immer vorhanden und nicht neuim Rahmen der LCC-Thematik aufgetaucht.

Aus alldem ergibt sich als

Fazit:

Bei einer partnerschaftlichen Umsetzung von „LCC-Vereinbarungen“ und vertraglicher Be-schränkung auf „Service-Verträge“ ergibt sich mit LCC eine Win-win-Situation für Anwenderund Maschinenhersteller.

Page 132: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

LCC/TCO aus Sicht eines Werkzeugmaschinenherstellers 133

Literatur

BLEICH, PH.: Konzept zur Berücksichtigung der Life-Cycle-Cost als Kriterium für die Investi-tionsentscheidung bei Maschinen und maschinellen Anlagen; Diplomarbeit WBK, Techni-sche Universität Karlsruhe, 2007

NOSKE, H.: Lebenszyklusorientierte WZM, VDMAERFA, Leipzig 2006

OTT, P.: Konzeption und prototypische Realisierung eines Life-Cycle-Costing-Modells füreinen mittelständischen Werkzeugmaschinenhersteller, Diplomarbeit, Hochschule fürTechnik, Wirtschaft und Gestaltung, Konstanz 2007

Page 133: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 135

Design-to-Life-Cycle-Cost beiInvestitionsgütern am Beispiel vonWerkzeugmaschinen

Heiko Noske, Christos Kalogerakis

1. Einleitung

2. Grundlagen2.1 Kostenverursachung und -festlegung2.2 LCC/TCO in der Beschaffung2.3 Design-to-Cost

3. Design-to-Life-Cycle-Cost3.1 Konzeption3.2 Anforderungen und Funktionsmerkmale3.3 EDV-Architektur3.4 Anwendungsbeispiel

4. Fazit und Ausblick

Literatur

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136 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

1. Einleitung

Neben der Führungsposition im Export stellen Maschinen- und Anlagenbauer die meistenArbeitsplätze in Deutschland. Als Schlüssel zum Erfolg werden Entwicklungstätigkeitengesehen (VDMA 2004). Dabei sind Werkzeugmaschinen das Kronjuwel in der deutschenMaschinenbauindustrie. Ohne ein Produkt aus diesem Industriezweig kann nahezu kein ande-res Investitions- oder Konsumgut entstehen. Der internationale Wettbewerb kennzeichnet sichdurch die kundenseitige Forderung nach leistungsfähigen, qualitativ hochwertigen und zuver-lässigen sowie kundenindividuellen Produkten. Dem entgegen steht ein zunehmender Preis-verfall am Markt, da für viele Käufer der Anschaffungspreis einer Werkzeugmaschine bei derBeschaffung neuer Fertigungsanlagen im Vordergrund steht. Aber immer mehr Kundenschließen eine Kalkulation der gesamten, über den Lebenszyklus einer Werkzeugmaschineanfallenden Kosten bei der Kaufentscheidung mit ein.

Eine Untersuchung des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung belegt,dass die Betrachtung von Lebenszykluskosten (engl. Life-Cycle-Costs, abgekürzt „LCC“) inZukunft bei der Kaufentscheidung von Werkzeugmaschinen enorm an Bedeutung gewinnenwird (Kinkel, S. 2005). Daimler hat den Anfang gemacht und beschafft weltweit Produkti-onsanlagen nur noch auf Basis von TCO-Verträgen (Oesterlin, T. 2004). Dabei werden diegesamten Kosten einer Investition (engl. Total-Cost-of-Ownership, abgekürzt: „TCO“) be-trachtet. Daimler hat eine wichtige Vorreiterrolle inne. Andere Großabnehmer von Werk-zeugmaschinen ziehen langsam nach.

In den Entwicklungsabteilungen von Werkzeugmaschinenherstellern hat bislang die Optimie-rung der Kosten und somit das Erzielen eines möglichst günstigen Marktpreises des Produktshöchste Priorität. Lebenszykluskostenbetrachtungen werden erst angestellt, wenn die Pro-duktentwicklung bereits abgeschlossen ist. Diese Vorgehensweise liefert aus Anwendersichtein nur eingeschränktes, da kurzfristiges Kostenminimum. Sind zum Beispiel bei einer neuar-tigen Maschinenspindel, die über den gesamten Lebenszyklus wartungsfrei arbeitet, die Her-stellkosten höher als bei einer herkömmlichen Spindel, so wird erst bei einer Betrachtung derLebenszykluskosten deutlich, dass der Einsatz der wartungsfreien Spindel aus Kundensichtunter Umständen wirtschaftlicher und somit der Einsatz dieser Komponente in der neuenWerkzeugmaschine durchaus sinnvoll ist (Denkena, B., Möhring, H.-C., Harms, A., Vogeler,S., Noske, H. 2005).

In Abbildung 7.1 wird veranschaulicht, welche Wirkung die auf Lebenszykluskosten basier-ten Entscheidungsverfahren beim Einkauf von Investitionsgütern haben. Bei einem reinpreisbasierten Entscheidungsverfahren wird der Lieferant B den Kaufzuschlag auf Grund desgeringsten Anschaffungspreises erhalten. Wird aber die Summe aus Beschaffungs- und In-standhaltungskosten über die ersten zehn Jahre bei den Lieferanten angefragt und als Ver-tragsbestandteil im Kaufvertrag verbindlich festgeschrieben, so zeigt der Lieferant C das mitAbstand beste Preis/Leistungsverhältnis.

Page 135: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 137

0

200

400

600

800

1.000

1.200

Lieferant A Lieferant B Lieferant C

Instandhaltungskosten

Beschaffungskosten

Abbildung 7.1: Angebote mit unterschiedlichen Einmal- und Folgekosten

2. Grundlagen

2.1 Kostenverursachung und -festlegung

Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass etwa 90 Prozent der Produktkosten und derdaraus resultierenden Erlöse aus dem Absatz bereits nach dem Gestaltungsprozess determi-niert sind (Siegwart, H., Senti, R. 1995, Männel, W. 1996, Ehrlenspiel, K., Kiewert, A., Lin-demann, U. 2003) (vgl. Abbildung 7.2). Daher ist eine frühe Identifizierung der Lebenszyk-luskostentreiber notwendig, um frühzeitig gegensteuern zu können oder Vergleichsstudien zurEntscheidungsunterstützung durchzuführen. Bauteilkonstruktion, Materialwahl und die Wahldes Fertigungsprozesses im Entwicklungszyklus definieren in weiten Teilen die im Marktzyk-lus anfallenden Kosten und Erlöse. Die Kostenbetrachtung ist deshalb simultan im Entwick-lungsprozess durchzuführen, da andernfalls zeit- und kostenintensive Änderungen notwendig

Page 136: Lebenszykluskosten optimieren: Paradigmenwechsel für Anbieter und Nutzer von Investitionsgütern

138 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

werden oder aber das Produkt nicht gewinnbringend abgesetzt werden kann. Die „Rule ofTen“ verdeutlicht den Zusammenhang exponentiellen Wachstums von Kosten über den Le-benslauf: „Eine Änderung während der Aufgabenklärung kostet z. B. ein EUR, während derKonstruktion zehn EUR, während der Fertigungsvorbereitung 100 EUR, während der Ferti-gung 1.000 EUR und nach der Auslieferung 10.000 EUR“ (Ehrlenspiel, K. 2003). Im Nach-sorgezyklus entstehende Kosten für Garantie, Kundendienst oder Entsorgung werden eben-falls durch qualitative Eigenschaften des Produkts, wie sie in der Entwicklung festgelegtwerden, vorherbestimmt.

0

20

40

60

80

100

Kos

tenin

%

Entwicklungszeit

Kostenfestlegung

Kostenverursachung

Entwicklungsstart Produktion/Vertrieb

Quelle: Ehrlenspiel, K. 2003Abbildung 7.2: Kostenentstehung und -verursachung

2.2 LCC/TCO in der Beschaffung

DaimlerChrysler lässt sich die Instandhaltungskosten der ersten zehn Jahre einschließlichFehler- und Ersatzteilkosten von den Lieferanten vertraglich garantieren. Hersteller von Ma-schinen, die die zugesicherten Folgekosten während der Betriebsphase überschreitet, werdenhaftbar gemacht (vgl. Abbildung 7.3). Hierzu soll es einmal im Jahr ein Abstimmungsge-spräch mit dem Lieferanten geben. Auch MAN geht ähnlich vor, aber verschafft den Liefe-ranten mit einem Bonus-System Anreize: Nur solche Lieferanten, die die zugesicherten Fol-

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 139

gekosten in der Betriebsphase unterschreiten, werden an den Einsparung beteiligt (Bonus/Malus-System) (Krawitz, G. 2004).

t

kumulierteFolgekosten in €

0

TCO-Plankosten

10 Jahre

Folgekostender WZM

Außerplanmäßige Kosten�� Haftung!

Abbildung 7.3: Vergleich von kumulierten TCO-Plan- und Folgekosten

Mit dem TCO-Beschaffungsverfahren werden die Instandhaltungskosten für Maschinen undAnlagen planbar. Mit der Kaufentscheidung kann die zuständige Abteilung im Unternehmendie Plankosten für die Instandhaltung der Maschinen der nächsten zehn Jahre in ihr Budgeteinstellen. Mehrkosten müssen vom Lieferanten übernommen werden. Das Risiko übermäßi-ger Instandhaltungs- und Fehlerkosten durch den Einkauf weniger wertvoller Maschinen, dasnach dem Gewährleistungszeitraum praktisch ausschließlich beim Endanwender lag, wirddurch TCO-Auswahlverfahren weitgehend ausgeschlossen.

Bei der Übertragung von TCO-Beschaffungsverfahren auf andere Unternehmen ist zu beach-ten, dass das von der Beschaffung vorgegebene Kalkulationsschema zur Berechnung derFolgekosten an den jeweiligen Anwendungsfall angepasst und nicht einfach kopiert werdenkann. Wenn zum Beispiel Energie-, Raum- oder Recyclingkosten einen wesentlichen Stel-lenwert bei den Lebenszykluskosten des jeweiligen Anwendungsfalls einnehmen, dann soll-ten diese auch im TCO-Kalkulationsschema Berücksichtigung finden. Für eine erfolgreicheEinführung von TCO-Entscheidungsverfahren in den Einkaufsabteilungen produzierenderUnternehmen müssen demnach firmen- und produktspezifische Randbedingungen beachtetwerden.

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140 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

Vor dem Abschluss von TCO-Verträgen sollten Maschinenhersteller beachten, dass das Haf-tungsrisiko möglichst umfassend auf die Lieferanten übertragen wird. Ein verantwortungs-voller Maschinenhersteller kann gar nicht die Gewährleistung zum Beispiel für die Maschi-nensteuerung innerhalb der nächsten zehn Jahre übernehmen, da die Maschinensteuerung inder Regel zugekauft wird. Allein durch die Preisentwicklung von Ersatzteilen können geradeim Bereich der Elektronik Mehrkosten entstehen, die ein Maschinenhersteller überhaupt nichtabsehen kann. Aber auch für andere Zukaufbaugruppen müssen Maschinenhersteller in denKaufverträgen das TCO-Risiko verursachungsgerecht möglichst umfassend an die Lieferan-ten weitergeben und somit das eigene Restrisiko minimieren (vgl. Abbildung 7.4).

Mas

chinen

anwen

der

WZM

-Herstellerüberplanmäßige

Instandhaltungs-kosten

Risiko

Restrisiko

Kom

pone

nten

-Lieferanten

überplanmäßigeTCO-Kosten

Risiko

Abbildung 7.4: Risikominimierung des Maschinenherstellers

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das TCO-Beschaffungsverfahren großeChancen für deutsche Hersteller von Maschinen- und Anlagen birgt, weil die Vorteile qualita-tiv hochwertiger, aber teurer Produkte auch in Form von TCO-Vergleichskalkulationen deut-lich werden. Es wird für den Kunden transparent, welcher Anteil des Mehrpreises beim An-gebotsvergleich durch eine höhere technische und qualitative Performance verursacht wird.Dies bedeutet für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau eine Steigerung der Wettbe-werbsfähigkeit.

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 141

2.3 Design-to-Cost

Die Vorgabe verbindlicher Kostenziele zu Beginn einer Produktentwicklung (Design-to-Cost)hat sich heute bereits durchgesetzt. Die Überwachung und Steuerung eines Entwicklungspro-jekts steckt aber noch in den Kinderschuhen. Sehr große Zeitspannen zwischen Bewertbarkeitdes ersten und des letzten Bauteils und sich überlagernder Make-or-buy-Entscheidungenmachen beim herkömmlichen Vorgehen erst am Ende des Entwicklungsprozesses eine Aus-sage über die Gesamtkosten und damit über die Einhaltung der Design-to-Cost-Vorgabenmöglich. Das verstärkt sich mit zunehmender Größe des Entwicklungsprojektes sowie mitwachsender Anzahl von Konstrukteuren, externen Konstruktionsbüros und Lieferanten. Wirdnach dieser üblichen Arbeitsweise festgestellt, dass die Entwicklung das Kostenziel verfehlt,dann kommt diese Erkenntnis zu spät. Die Entwicklung muss „von hinten“ wieder aufgerolltwerden und kostenseitig optimiert werden. Der Wirkungsgrad dieser Bemühungen ist gering.

Der von Firma ProWerk entwickelte Kostennavigator gibt den Projektbeteiligten das zurkostenbewussten Produktentwicklung erforderliche Werkzeug zur ständigen Kostentranspa-renz an die Hand (vgl. Noske, H. 2002). Der Kostennavigator ist ein Werkzeug und eineMethode, mit dem der „Blindflug“ im Entwicklungsprozess unterbunden wird, so dass beiFehlentwicklungen frühzeitig eingegriffen werden kann. Ständige Kostentransparenz fördertein zielstrebiges Vorgehen hin auf das Kosten- und Terminziel, ohne kosten- und zeitintensiveUmwege. Dazu wird das Informationssystem bereichsübergreifend eingesetzt. So vermitteltes allen Beteiligten einschließlich Unternehmensleitung und Controlling einen stets aktuellenÜberblick über den Stand der Herstellkosten eines in der Entwicklung befindlichen Produkts.

3. Design-to-Life-Cycle-Cost

3.1 Konzeption

Wie reagieren Maschinen- und Anlagenbauer auf die zunehmende Verbreitung von TCO-Beschaffungsverfahren? Grundsätzlich tun sie heute noch zu wenig, um die wirtschaftlichenVorteile ihrer Produkte offensiv zu vertreten und auch den Käufern transparent zu machen. Sowird der Kundennutzen deutscher Investitionsgüter zwar in Form technischer Parameterverdeutlicht, aber nur selten auch in Form einer Kalkulation des geldwerten Kundennutzens(vgl. Abbildung 7.5). Die Ursache hierfür liegt bereits im frühesten Entwicklungsstadium derMaschine oder Anlage. Die Entscheidung für den Einsatz von sehr hochwertigen und teuren

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142 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

Maschinenkomponenten wird in der Regel von den Ingenieuren auf Basis der technischenPerformance getroffen. LCC- bzw. TCO-Kalkulationen werden aber im Entwicklungsstadiumpraktisch nie angestellt, obwohl gerade ein Vergleich der Lebenszykluskosten mit minderwer-tigen Alternativkomponenten die Vorteile der weitsichtigeren Entscheidungen für jeden trans-parent und verständlich macht.

t

Lebenszykluskosten in €

0

Folgekosten- Werkzeuge- Service- Wartung- Energie etc.

Low-LCCWerkzeugmaschine

10 Jahre

Beschaffungskosten

5 Jahre

© ProWerk GmbH

Low-CostWerkzeugmaschine

Abbildung 7.5: Vergleich einer Low-Cost-Werkzeugmaschine mit einer Low-LCC-Werkzeug-maschine

Die Entwickler und Konstrukteure im Maschinen- und Anlagenbau jedoch besitzen heutekaum Werkzeuge zur Kalkulation von Lebenszykluskosten. Auch für die Controlling-Abteilungen der Maschinenhersteller sind TCO- bzw. LCC-Kalkulationen zumeist absolutesNeuland. Aus diesem Grunde wurde der Kostennavigator, der in diversen Kostensenkungs-projekten im Maschinenbau erfolgreich zum Einsatz kommt, zum TCO-Navigator weiterent-wickelt (vgl. Noske, H. 2002). Dieses Werkzeug bietet den Entwicklern und Konstrukteurensämtliche Hilfsmittel zur Prognoserechnung von Lebenszykluskosten einzelner Bauteile undBaugruppen bis hin zur gesamten Maschine oder Produktionsanlage. Die beschriebenenZusammenhänge lassen sich jetzt bei der Entwicklung einer Werkzeugmaschine erstmaligpraktisch nachweisen (Denkena, B., Harms, A., Jacobsen, J., Möhring, H.-C., Jungk A.,Noske H. 2006). Im Rahmen eines vom BMBF geförderten Verbundprojekts mit den FirmenGildemeister AG, Siemens AG sowie mit dem Produktionstechnischen Zentrum Hannover(PZH) und Komponentenlieferanten wurde erstmalig schon im frühen Entwicklungsstadiumeiner Produktionsmaschine Design-to-TCO betrieben und nicht, wie sonst üblich, Design-to-Cost (vgl. Abbildung 7.6). Dabei wurde unter ständigem Einsatz des TCO-Navigators die

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 143

Low-TCO-Werkzeugmaschine LOEWE entwickelt und realisiert. Das Ziel des Entwick-lungsprojekts war es, dass jeder Euro Mehrpreis der Maschine durch TCO-Konstruktions-lösungen nach maximal einem halben Jahr Betriebsdauer beim Anwender wieder eingespartwerden soll.

Steuerungstechnik,Überwachung

Konzeption +Prototyp

TCO-Navigator

LCC-überwachterKGT

MaschinenkonzeptionÜberwachungsstrategien

ElektrischesSpannsystem

Schwenkspindel-einheit

Maschinen-/Prozess-Überwachung

Transpondertechnik zurDatenspeicherung auf

Komponenten

Abbildung 7.6: LoeWe-Konsortium

3.2 Anforderungen und Funktionsmerkmale

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde die Phase der Konzepterstellung mit der Erstel-lung eines Pflichtenhefts für den LCC-Navigator abgeschlossen. Die wesentlichen Eckpunktedes Pflichtenhefts sind nachfolgend zusammengefasst:

� Einfache Implementierung des LCC-Navigators in jedem Firmennetzwerk ohne jede Zu-satzsoftware. Es dürfen keine Zusatzkosten entstehen.

� Zugriffsrechtverwaltung im Firmennetzwerk über einen Administrator.

� Für kundenspezifische Auswertungen müssen sämtliche Daten auf Knopfdruck in Excelportierbar sein.

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144 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

� Mehrprojektverwaltung und bis zu 100 Kalkulationsstücklisten pro Projekt (vgl. Abbil-dung 7.7).

� Nachträgliche Editierung von Zusatzspalten, z. B. für zusätzliche Kalkulationsparameterder Lebenszykluskosten, muss einfach handhabbar sein.

� Hohe Flexibilität im Layout der Kalkulationsstücklisten à la Excel.

� Korrekte Einbindung der vorgegebenen Kalkulationsschemen zur Berechnung der Le-benszykluskosten (vgl. Abbildung 7.8).

� Kopierschutz.

Abbildung 7.7: TCO-Navigator Maskenbeispiel Projektdaten

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 145

Abbildung 7.8: LCC-Kalkulationsblatt

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146 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

3.3 EDV-Architektur

Die Softwarestruktur des LCC-Navigators basiert auf einem Drei-Schicht-Modell (vgl. Ab-bildung 7.9). Die 1. Schicht – Datenbankverwaltung – wurde mit der SoftwareMicrosoft SQLServer Express Edition aufgebaut. Es wurde Wert darauf gelegt, dass die Datenverwaltungmit einer weit verbreiteten Software eines angesehenen Softwarehauses umgesetzt wird. Inder 2. Schicht – Applikationslogik – werden die Daten der Datenbank aufbereitet und editier-bar gemacht. Diese Schicht wird mit dem Microsoft.NET Framework umgesetzt, welcheseine reibungslose Schnittstelle zur Datenbank garantiert. Die 3. Schicht – Benutzerschnittstel-le – regelt die Zugriffsberechtigungen im Firmennetzwerk und erstellt die Eingabemasken,die grafischen Auswertungen und den Datenexport.

Abbildung 7.9: Softwarestruktur des LCC-Navigators

3.4 Anwendungsbeispiel

Bereits im frühesten Ideenstadium der Entwicklung der Low-TCO-LOEWE-Maschine wur-den nach konstruktiven Lösungen gesucht, welche die Lebenszykluskosten minimieren. Op-timiert wurde also nicht nur der Verkaufspreis der Maschine, sondern vielmehr der Verkaufs-

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 147

preis in Kombination mit den zu erwartenden Folgekosten. Analysen der Betriebskosten vonDrehmaschinen sowie Erfahrungen von Anwendern identifizierten zunächst die wesentlichenKostentreiber (vgl. Abbildung 7.10).

Abbildung 7.10: LCC-Prognose pro Baugruppe (BG)

Im Hydraulikaggregat, das für die Werkstückspannfunktion an nahezu allen gängigen Dreh-maschinen benötigt wird, machen besonders die Wartungs- und Fehlerkosten einen erhebli-chen Teil der Folgekosten aus. Außerdem fallen hohe Energiekosten an. Zusammen mit demSpannmittellieferanten Berg GmbH gelang die Entwicklung eines neuartigen, elektrischbetriebenen Werkstückspanners, der auch die hohen Spannkräfte hydraulisch betriebenerSpannfutter erreicht. Dabei ersetzt ein Servomotor, der ein Planetengetriebe antreibt, denherkömmlichen hydraulischen Spannzylinder auf der Hauptspindel. In dem Planetengetriebewird das Drehmoment um den Faktor 70 verstärkt und über ein Keilflankengewinde auf dasSpannfutter übertragen.

Neben der Einsparung von Hydraulik ist die kompakte Bauweise des Elektrospanners hervor-zuheben. Außerdem bietet eine elektrisch betätigte Spannfunktion die Option einer drehzahl-abhängig geregelten Spannkraft am Futter. Dieser Elektrospanner ist zwar erheblich teurer alsein hydraulischer Spannzylinder, durch die Einsparung des Hydraulikaggregats insgesamtaber wieder deutlich günstiger. Außerdem ist der Elektrospanner auch über zehn Jahre war-tungsfrei und somit in einer TCO-Prognose insgesamt ca. 43 Prozent günstiger als eine hyd-

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148 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

raulische Werkstückspannung (vgl. Abbildung 7.11). Dieses Beispiel beweist, dass TCO-Betrachtungen ganz neue konstruktive Lösungen selbst für solche Baugruppen hervorbringenkönnen, die seit über 50 Jahren praktisch unverändert an Drehmaschinen zum Einsatz kom-men.

48,6%37,6%

27,8%

23,7%

19,5%

0%

25%

50%

75%

100%

hydraulische Werkstückspannung LOEWE Elektrospanner

Kosten für Erstbeschaffung

Kum. Wartungskosten über 10 Jahre

Kum. Lebenszyk luskosten über 10 Jahre

Abbildung 7.11: LCC-Vergleichskalkulationen der hydraulischen Werkstückspannfunktion

Ein weiteres Beispiel für eine TCO-optimierte Konstruktion liefern die Linearführungen.Eine breit angelegte Anwenderbefragung zu Beginn des LOEWE-Projekts ergab den Hin-weis, dass die heute eingesetzten Linearführungen anfällig sind und demnach hohe Folgekos-ten verursachen. Für die jeweiligen Baureihen von Drehmaschinen setzten die Herstellerweltweit praktisch identische Baugrößen der Linearführungen ein. Werden diese Lösungenaber unter TCO-Gesichtspunkten betrachtet, stellt man fest, dass stärkere Linearführungen imAnschaffungspreis zwar teurer, über zehn Jahre betrachtet jedoch um über 65 Prozent, güns-tiger sind. Auch die „überdimensionierten" Führungen haben sich bereits nach wenigen Mo-naten für den Maschinenbetreiber bezahlt gemacht.

Ähnlich verhält es sich bei den Kugelgewindetrieben. Vergleicht man die TCO-Daten vonpreisgünstigen Anbietern mit denen der hochtechnisierte Hersteller, so wird deutlich, dass derEinsatz hochfester Materialien und aufwändige Härteverfahren zwar einen höheren Preisbewirken, letztendlich nach zehn Jahren aber um über 59 Prozent geringere Lebenszyklus-kosten produzieren. Daher wurde die LOEWE-Drehmaschine mit Kugelgewindetrieben derFirma A. Mannesmann ausgestattet.

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 149

Zusammenfassend ergibt sich für die LOEWE-Maschine folgendes Gesamtergebnis: DieLow-TCO-Maschine ist zwar im Kaufpreis geringfügig teurer, aber in der Betriebsphaseerheblich günstiger als eine vergleichbare Low-Cost-Maschine (vgl. Abbildung 7.12). Nachneun Jahren sind die prognostizierten Einsparungen sogar höher als der gesamte Anschaf-fungspreis der Maschine.

305.00

0€

575.00

0€

743.00

0€

950.00

0€

1.11

7.00

0€

1.26

3.00

0€

1.52

2.00

0€

1.66

7.00

0€

1.85

1.00

0€

2.09

7.00

0€

2.30

2.00

0€

€500

.000

€310

.000

€628

.000

€792

.000

€925

.000

€1.078

.000

€1.238

.000

€1.383

.000

€1.539

.000

€1.730

.000

€1.908

.000

0 €

500.000 €

1.000.000 €

1.500.000 €

2.000.000 €

2.500.000 €

0 11 22 33 44 55 66 77 88 99 1100

Low-Cost Maschine Low-TCOMaschine (LOEWE)

Jahre

Total-Cost-of-Ownership (TCO)

Total-Cost-of-Ownership (TCO)=kumulierte Kosten für Beschaffung, Personal, Energie,

Entsorgung, Produktionsausfall, Wartung und Instandhaltung

Beschaf-fungs-kosten

Abbildung 7.12: Vergleich der hochgerechneten Lebenszykluskosten der LoeWe-Maschinekumuliert über zehn Jahre mit einer herkömmlichen Vertikaldrehmaschine

4. Fazit und Ausblick

Werkzeugmaschinenhersteller erhalten vom Kunden verstärkt die Forderung die Kosten einerMaschine über zehn Jahre zu garantieren. Solche Beschaffungsverfahren erfordern für vieleMaschinen- und Anlagenhersteller ein Umdenken in der Produktentwicklung: Weg von derOptimierung des Kaufpreises hin zur Optimierung der Gesamtheit der Kosten einer Investiti-on die über den gesamten Lebenszyklus der Maschine anfallen.

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150 Heiko Noske, Christos Kalogerakis

Der LCC-Navigator ist ein Informationssystem, das bereichsübergreifend in Entwicklung,Konstruktion, Arbeitsvorbereitung (Kalkulation) und Einkauf im Entwicklungsprozess einge-setzt wird und allen Beteiligten sowie der Unternehmensleitung und dem Controlling einenstets aktuellen Überblick über den Stand der Herstellkosten einschließlich einer Prognosebe-rechnung der gesamten Lebenszykluskosten eines zu entwickelnden Produktes oder einerAnlage vermittelt. Mit dem LCC-Navigator können für sämtliche Bauteile und Baugruppeneiner Werkzeugmaschine TCO-Vergleichskalkulationen durchgeführt werden. In diversenLCC-/TCO-Projekten, an denen die ProWerk GmbH maßgeblich beteiligt war, hat sich ge-zeigt, dass nach einem Entwicklungsprozess mit dem LCC-Navigator eine ganz andere Ma-schine im Versuchfeld stehen kann als nach einer Entwicklung, welche nur die Initialkostenoptimiert.

Diese ganzheitliche Betrachtungsweise erlaubt es, Kostenvorteile beim Einsatz technologischhochwertiger Komponenten zu bewerten sowie die wirtschaftliche Gesamtlebensdauer zuerweitern. Das Gesamtkonzept der lebenszykluskostenorientierten Entwicklung von Werk-zeugmaschinen kann vom zu realisierenden Prototypen einer Vertikaldrehmaschine auf alleWerkzeugmaschinen und viele technische Anlagen ausgedehnt werden.

Der LCC-Navigator liefert dem Vertrieb und dem Marketing des Maschinenherstellers eineFülle von Verkaufsargumenten, die Techniker und Betriebswirte gleichermaßen verstehen.Gerade im Umfeld des komplexen Produktes Werkzeugmaschine ist dies ein nicht zu unter-schätzender Nebeneffekt.

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Design-to-Life-Cycle-Cost bei Investitionsgütern am Beispiel von Werkzeugmaschinen 151

Literatur

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 153

TCO als Ausgangspunkt für dieEntwicklung dienstleistungsbasierterGeschäftsmodelle in derInvestitionsgüterindustrie

Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

1. Einleitung

2. TCO-Kostenkategorien als Zielgrößen neuer Geschäftsmodelle2.1 Betriebskostenorientierte neue Geschäftsmodelle2.2 Qualitätskostenorientierte neue Geschäftsmodelle2.3 Wartungs- und Instandsetzungskostenorientierte neue Geschäftsmodelle2.4 Anschaffungskostenorientierte neue Geschäftsmodelle

3. Eignung TCO-orientierter neuer Geschäftsmodelle für unterschiedliche Investitionsgüter3.1 Werkzeugmaschinen und TCO-orientierte Geschäftsmodelle3.2 Montagesysteme und TCO-orientierte Geschäftsmodelle3.3 Industrieroboter und TCO-orientierte Geschäftsmodelle

4. Fazit und Ausblick

Literatur

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154 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

1. Einleitung

Die Kunden der Investitionsgüterindustrie erkennen zunehmend, dass es für eine Abwägungzwischen alternativen Angeboten verschiedener Investitionsgüterhersteller nicht ausreicht,sich auf einen Preis-Leistungsvergleich zu beschränken. Da die über die gesamte Lebens- undNutzungszeit eines Investitionsguts anfallenden Kosten meist nur zum kleineren Teil durchdie Anschaffungskosten determiniert werden, rücken zunehmend bereits beim Angebotsver-gleich auch die Kostenarten ins Blickfeld, die nach der Investition anfallen.

Eine solche Gesamtkostenbetrachtung wurde unter dem Begriff „Total-Cost-of-Ownership“(TCO) erstmals Ende der 80er-Jahre von der Gartner Group für IT-Investitionen propagiert(Wild/Herges 2000). Ausgangspunkt war die Feststellung, dass bei IT-Anschaffungen meistnur der finanzielle Anschaffungsaufwand kostenrechnerisch erfasst würde, die im laufendenBetrieb entstehenden Kosten jedoch intransparent seien. Mit dem Ziel, dieser Intransparenzentgegenzutreten, entwickelte die Gartner Group daher ein Modell zur Erfassung und Analy-se der TCO. Nach diesem Modell setzen sich die TCO aus direkten Kosten wie Hard- undSoftware-Investitionen, operativen Kosten und Verwaltungskosten sowie indirekten Kostenwie Downtimes bzw. Produktivitätsverlusten zusammen.

Vorreiter bei der Übertragung des TCO-Ansatzes aus dem Bereich der IT-Anwendungen indas Feld der Produktionsanlagen war die damalige DaimlerChrysler AG. Hier werden bereitsseit geraumer Zeit Maschinen und Anlagen weltweit nur noch auf Basis von TCO-Verträgenbeschafft (Oesterlin 2004). Wie eine Delphi-Befragung zeigte, ist dies kein Einzelfall.56 Prozent der in diese Erhebung einbezogenen Experten erwarten, dass Automobilzuliefererflächendeckend ihre Kaufentscheidung für Werkzeugmaschinen bis 2015 ausschließlich aufBasis der Gesamtlebenszykluskosten treffen werden (Kinkel 2005).

Diese wachsende Hinwendung der Kunden der Investitionsgüterindustrie zu TCO-basiertenBeschaffungsprozessen macht es notwendig, dass Maschinen- und Anlagenhersteller sichumstellen. Eine rein die Anschaffungskosten optimierende Maschinenentwicklung wird zu-künftig weniger zielführend sein (Noske 2007). Im Gegensatz dazu wird es darum gehenmüssen, bereits in den frühen Entwicklungsstadien die Entscheidung für oder gegen denEinsatz teurer, aber hochwertiger und die TCO günstig beeinflussender Komponenten so zutreffen, dass die Gesamtkosten und nicht nur die Anschaffungskosten minimiert werden.

Ein solches „Design-to-TCO“ ist in Pilotprojekten mittlerweile in Angriff genommen worden(vgl. u. a. Denkena et al. 2005; Denkena und Jacobsen 2006; Denkena et al. 2006). Der Er-folg solcher Pilotprojekte setzt jedoch voraus, dass Hersteller und Kunden bei der Gewinnungund Offenlegung von Daten aus der Life-Cycle-Performance partnerschaftlicher als in derVergangenheit zusammenarbeiten. Wie solche Modelle aussehen könnten, wurde konzeptio-nell bereits untersucht und modellhaft dargestellt (Fleischer et al. 2007).

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 155

Die Total-Cost-of-Ownership lassen sich jedoch nicht nur durch eine Neuorientierung dertechnischen Produktauslegung wie im „Design-to-TCO“ angestrebt positiv beeinflussen.Auch neue dienstleistungsbasierte Geschäftsmodelle der Investitionsgüterindustrie könnendazu beitragen, dass im Vergleich zu gängigen Geschäftsmodellen Wirtschaftlichkeitspoten-ziale über den gesamten Lebenszyklus hinweg erschlossen werden können. Die Idee dieserdienstleistungsorientierten Geschäftsmodelle geht davon aus, dass die bislang überwiegendpraktizierten Formen der Geschäftsbeziehungen zwischen Investitionsgüterherstellern undihren Kunden so angelegt waren, dass

� die Hersteller Maschinen und Anlagen entwickelt, produziert und an die Kunden verkaufthaben sowie in der Nutzungsphase der Maschinen und Anlagen Schulungs-, Wartungs-und Reparaturarbeiten durchgeführt haben, die entsprechend dem damit verbundenenZeitaufwand durch die Kunden honoriert wurden während

� die Kunden der Investitionsgüterindustrie nach der Investition für den Betrieb der Maschi-nen und Anlagen in vollem Umfang eigenverantwortlich tätig wurden, was einschließt,dass in Abhängigkeit der Qualifikation ihrer Mitarbeiter und ihrer Auslastungssituation dasProduktionsergebnis in Qualität und Produktivität determiniert war.

Zusammengefasst bedeutete dies, dass Sachleistungen (Maschinen und Anlagen) sowie pro-duktbegleitende Dienstleistungen (Schulungsleistungen, Wartung, Reparatur) verkauft wur-den und das Risiko des Betriebs vollumfänglich beim Kunden lag. DienstleistungsbasierteGeschäftsmodelle beziehen im Gegensatz dazu den Hersteller der Investitionsgüter partiell indas Betriebs- und Marktrisiko ein und sind dadurch gekennzeichnet, dass nicht Leistungenverkauft werden, sondern Nutzungsmöglichkeiten oder Leistungsergebnisse. Dies bedeutet,dass beispielsweise kein Wartungsvertrag abgeschlossen wird, der entsprechend den Zeitbe-darfen des Kundendienstmonteurs abgerechnet wird, sondern dass der Hersteller eine be-stimmte Anlagenverfügbarkeit garantiert und für diese Zusicherung vergütet wird oder dassder Kunde beim Hersteller Fertigungskapazitäten erwirbt, deren Mengen- und Qualitätser-gebnis der Hersteller zusichert und dafür einen Preis verlangt.

Neue Geschäftsmodelle sind damit Leistungsbündel aus Sach- und Dienstleistungen, dieentsprechend der vom Sonderforschungsbereich 29 „Engineering hybrider Leistungsbündel“entwickelten Typologie (vgl. u. a. Meier/Kortmann/Krug 2006; Meier/Krug 2006) als verfüg-barkeits- bzw. ergebnisorientierte Geschäftsmodelle bezeichnet werden können. Demgegen-über wäre eine Produkt-/Dienstleistungskombination als funktionsorientiertes Geschäftsmo-dell (Verkauf eines Wartungsvertrags mit Aufwandsentschädigung für den Hersteller) eherden traditionellen Geschäftsmodellen zuzurechnen, da Investitionsgüterhersteller schon im-mer für ihre Produkte begleitende Dienstleistungen angeboten haben, die der Kunde ordernkonnte und aufwandsorientiert vergüten musste.

Im folgenden Beitrag sollen die im Vorangegangenen definitorisch kurz umrissenen neuenGeschäftsmodelle vor dem Hintergrund des TCO-Ansatzes beschrieben und in ihren Beiträ-gen zur Verringerung der Lebenszykluskosten eingeordnet werden. Wesentlich ist dabei her-auszuarbeiten, wie die jeweiligen Geschäftsmodelle angelegt sein müssen, um die TCO posi-tiv zu beeinflussen. Ohne eine Einsparung in den TCO könnten die Geschäftsmodelle nicht

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156 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

den Mehrwert gegenüber den traditionellen Geschäftsmodellen erbringen, der erst den Vertei-lungsspielraum zur Entstehung von Win-win-Situationen schafft. Im Anschluss daran solldiskutiert werden, ob und gegebenenfalls wie unterschiedliche Investitionsobjekte die Vor-aussetzungen bieten, um für neue Geschäftsmodelle im Sinne einer Verminderung der TCOgeeignet zu sein. Vergleichend soll dabei auf Werkzeugmaschinen, Montagesysteme undIndustrieroboter eingegangen werden.

2. TCO-Kostenkategorien als Zielgrößen neuerGeschäftsmodelle

Die Total-Cost-of-Ownership eines Investitionsguts umfassen neben den Anschaffungskostendie Kosten der Einführung und Inbetriebnahme, die Betriebskosten während der Nutzungs-phase, die aus mangelnder Qualität der auf dem Investitionsgut gefertigten Produkte entste-henden Ausschuss- und Nacharbeitskosten, die aus Wartungs- und Instandsetzungsarbeitenresultierenden Kosten sowie die Kosten der Entsorgung des Investitionsguts nach Ende seinertechnisch-wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Abbildung 8.1 zeigt diese Kostenarten, wie sietypischerweise im Laufe eines Maschinenlebens anfallen, im Überblick (vgl. u. a. auch Görtz2001; Lay/Radermacher 2005).

Total Costof Ownership

Qualitäts-kosten

Betriebs-kosten

Wartungs-/Instand-

setzungs-kosten

Entsor-gungs-kosten

Anschaffungs-kosten

Einfüh-rungs-kosten

Abbildung 8.1: Kostenarten der Total-Cost-of-Ownership

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 157

Der folgende Versuch, neue Geschäftsmodelle für Hersteller von Investitionsgütern zu struk-turieren und zu beschreiben, setzt an den Einsparpotenzialen in verschiedenen Kostenartender TCO an, die durch neue Geschäftsmodelle erschlossen werden können und die somit dennotwendigen Verteilungsspielraum schaffen, damit Anbieter und Kunden neuer Geschäftsmo-delle gleichermaßen profitieren können (Win-win-Situationen). Generell scheinen durch neueGeschäftsmodelle Mehrwerte gegenüber traditionellen Geschäftsmodellen auf vierfache Arterwirtschaftet werden zu können:

1. Zum einen kann mit neuen Geschäftsmodellen der Versuch unternommen werden, durcheine Verbesserung der kapazitativen Auslastung von Investitionsgütern die fixen Kostendieser Investitionsgüter auf eine breitere Basis umzulegen und so durch Senkung der Be-triebskosten je genutzter Zeiteinheit Einsparungen vorzunehmen.

2. Zum Zweiten können neue Geschäftsmodelle darauf ausgelegt werden, in der Nutzungder Investitionsgüter Prozessoptimierungspotenziale zu erschließen, die in traditionellenGeschäftsmodellen nicht erschlossen werden. So können beispielsweise Ausschuss undNacharbeit vermindert und damit Qualitätskosten gesenkt werden.

3. Zum Dritten können neue Geschäftsmodelle sicherstellen, dass die technisch bedingtenAusfallzeiten von Maschinen und Anlagen minimiert und so die Wartungs- und Instand-setzungskosten unter Einbezug der ausfallzeitbedingten Kosten abgesenkt werden.

4. Zum Vierten können neue Geschäftsmodelle darauf abzielen, durch die Übernahme vonVerantwortung durch den Maschinen- und Anlagenhersteller pflichtenheft-bedingte Meh-raufwände zu vermeiden und so die für die Erreichung eines definierten Outputs zu täti-genden Investitionen in Investitionsgüter zu reduzieren.

Diese Verknüpfung neuer Geschäftsmodelle mit Kostenarten der TCO erhebt nicht den An-spruch, alle denkbaren Verbindungen systematisiert darstellen zu wollen. Ausgehend vonempirischen Beispielen neuer Geschäftsmodelle (vgl. u. a. Lay et al. 2007), soll vielmehr derVersuch gemacht werden, diese Beispiele über eine Verknüpfung mit dem TCO-Ansatz so zusystematisieren, dass deutlich wird, woher sie ihre betriebswirtschaftlichen Vorteile beziehen.Im Weiteren sollen daher entlang der vier im Prinzip skizzierten Ansätze, Bestandteile derTCO zu minimieren, Geschäftsmodelle dargestellt werden, die eine Realisierung von Mehr-wert versprechen.

2.1 Betriebskostenorientierte neue Geschäftsmodelle

Betriebskosten von Maschinen und Anlagen können dann gesenkt werden, wenn es mit Hilfeneuer Geschäftsmodelle gelingt, Stillstandszeiten wegen Unterauslastung zu vermeiden. Eineverbesserte Kapazitätsauslastung von Investitionsgütern kann mit neuen Geschäftsmodellenzum einen dadurch erreicht werden, dass bei der Planung der Investitionsgüter darauf ver-

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158 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

zichtet wird, diese auf Spitzenbedarfe der Kunden auszulegen. Werden die Investitionsgüterkapazitativ lediglich auf kontinuierlich anfallende Kundenbedarfe geplant und realisiert,lassen sich Einsparungen in den Investments erzielen und gleichzeitig hohe Nutzungsgradedurch die Vermeidung von Unterauslastung realisieren. Die Spitzenbedarfe können durchzwei Arten neuer Geschäftsmodelle gedeckt werden:

� Geschäftsmodell 1: Angebot des Investitionsgüterherstellers zur Lohnfertigung bei Kapa-zitätsspitzen des Kunden auf Maschinen, die für die Bedarfe mehrerer Kunden vorgehaltenwerden. (Bündelung von Spitzenbedarfen auf stationären Maschinen und Anlagen). Beidiesem Geschäftsmodell installiert der Maschinen- oder Anlagenbauer selbsterstellte Pro-dukte in der eigenen Fertigung und betreibt sie mit eigenen Mitarbeitern. Diese Maschinenund Anlagen werden damit nicht wie im traditionellen Geschäftsmodell entwickelt, produ-ziert und anschließend an Kunden verkauft, sondern sie verbleiben im Eigentum des Her-stellers, der lediglich Produktionskapazitäten verkauft. Um mit derartigen Geschäftsmo-dellen nicht zur Konkurrenz für die eigenen Kunden zu werden, ist es wesentlich, mitdiesen vorgehaltenen Produktionskapazitäten lediglich in Situationen für Kunden tätig zuwerden, in denen diese den Mehrwert gegenüber dem traditionellen Geschäftsmodell klarerkennen und in Anspruch nehmen wollen. Temporäre Spitzenbedarfe mehrerer Kunden ineinem derartigen Geschäftsmodell des Maschinen- oder Anlagenbauers zu bündeln sicherteine kontinuierlich hohe Maschinenauslastung und damit eine kostengünstigere Produkti-on im Vergleich zu Versuchen, Produktionskapazitäten bei Kunden auf solche Spitzenbe-darfe auszulegen.

� Geschäftsmodell 2: Angebot der temporären Bereitstellung mobiler Investitionsgüter inZeiten von Spitzenbedarfen einzelner Kunden. (Abdeckung von Spitzenbedarfen mit mobi-len Maschinen und Anlagen). Dieses Geschäftsmodell ist strukturell ähnlich zum obenskizzierten Konzept angelegt. Der Unterschied besteht darin, dass mobile, im Eigentumdes Herstellers verbleibende, Maschinen und Anlagen in Zeiten von Spitzenbedarfen beiKunden installiert werden, die sie mit ihrem Personal betreiben. Die Betriebskostenvortei-le resultieren wiederum aus einer Bündelung der Bedarfe mehrerer Kunden und so mögli-chen Betriebskostensenkungen.

Eine verbesserte Kapazitätsauslastung von Investitionsgütern kann mit neuen Geschäftsmo-dellen auch dadurch erreicht werden, dass berechenbar kontinuierliche, jedoch zur Anlagen-amortisation zu kurze oder zu niedrige Kundenbedarfe mit speziellen Geschäftsmodellenbedient werden. Durch Modelle, die Kundenbedarfe zeitlich hintereinander schalten oderparallelisieren, können Formen einer verbesserten Anlagennutzung erreicht und damit Be-triebskosten gesenkt werden. Folgende Geschäftsmodelle kommen hier in Frage:

� Geschäftsmodell 3: Angebot zur zeitlich befristeten Nutzung von Investitionsgüterndurch mehrere, sukzessiv aufeinander folgende Kunden/Nutzer (Aneinanderreihung vonKundenbedarfen). In diesem Fall werden Maschinen oder Anlagen beim Kunden instal-liert, das Eigentum verbleibt entweder bei den Herstellern, die den Kunden lediglich einzeitlich befristetes und zu vergütendes Nutzungsrecht an den Investitionsgütern einräumenoder die Kunden erwerben das Eigentum und die Hersteller kaufen nach Ablauf der Nut-

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 159

zung das Eigentumsrecht an der „Gebrauchtmaschine“ zurück. Die Kunden betreiben dieInvestitionsgüter in der vereinbarten Zeit mit eigenem Personal und sind auch für die Pro-duktionsergebnisse verantwortlich. Die Hersteller übernehmen die Wartung und Instand-haltung und garantieren somit für sich selbst die Weiterverwendungsmöglichkeit der In-vestitionsgüter für eine zweite oder dritte Nutzungsphase bei weiteren Kunden.Betriebskostenvorteile ergeben sich durch die Umlegung der Abschreibungen auf einelängere Nutzungszeit als dies einem einzelnen Kunden möglich wäre.

� Geschäftsmodell 4: Angebot zur zeitlich parallelen Nutzung von Teilkapazitäten durchmehrere Kunden (Bündelung individuell unterkritischer Kundenbedarfe). Werden Investi-tionsgüter in Kuppelproduktionsprozessen eingesetzt, können Betriebskostenvorteile auchmit neuen Geschäftsmodellen erreicht werden, in denen der Hersteller von Investitionsgü-tern diese bei Kunden oder in der Nähe eines Kunden dauerhaft betreibt und die entste-henden Kuppelprodukte vermarktet. Die Käufer der Kuppelprodukte müssen so nicht ineigene Kapazitäten zur Herstellung dieser Produkte investieren.

Neben der Senkung von Betriebskosten über eine Steigerung der Kapazitätsauslastung kön-nen neue Geschäftsmodelle auch Betriebskosten senkend wirken, wenn sie darauf ausgelegtsind, die technisch mögliche Produktivität von Maschinen und Anlagen zu erhöhen. Einesolche Erschließung neuer Produktivitätspotenziale von Investitionsgütern mit neuen Ge-schäftsmodellen kann so konzipiert werden, dass eine kontinuierliche Anpassung des Investi-tionsguts an den technischen Fortschritt Mehrwerte gegenüber traditionellen Geschäftsmo-dellen erbringt. Da bei traditionellen Geschäftsmodellen in vielen Fällen das Investitionsgutbeim Kunden bis zum Ende seiner Lebensdauer unverändert betrieben wird, obwohl häufigder technische Fortschritt rasch neue, überlegene Produktzyklen hervorbringt, kann eineschnellere Nachführung des Standes der Technik bei bereits im Einsatz befindlichen Investi-tionsgütern Prozessoptimierungen verwirklichen. Ein darauf ausgerichtetes Geschäftsmodellwäre:

� Geschäftsmodell 5: Angebot kontinuierlicher Modernisierung der Investitionsgüter zurpermanenten Leistungssteigerung (garantierte Produktionsverbesserungen). Dieses Ge-schäftsmodell sieht vor, dass parallel zum Kauf der Maschinen und Anlagen durch denKunden zwischen Herstellern und Kunden vertraglich vereinbart und vergütet wird, dieBetriebskosten jährlich um einen fixierten Prozentsatz abzusenken. Dies kann hersteller-seitig beispielsweise dadurch realisiert werden, dass Komponenten modernisiert werden,die Produktivitätsverbesserungen ermöglichen oder Verbrauchswerte (Energie, etc.) sen-ken. Die Vergütung solcher Verträge muss so kalkuliert werden, dass sie den Mehrwert ausden Betriebskosteneinsparungen nicht übersteigt, andererseits jedoch über den Aufwen-dungen der Modernisierungsleistungen der Hersteller liegt.

Bei allen fünf Geschäftsmodellen gelingt es, wie gezeigt, gegenüber traditionellen Ge-schäftsmodellen eine Nutzungsintensivierung zu realisieren, die die Betriebskosten je Zeit-einheit dann senkt, wenn nicht höhere die Betriebskostenvorteile überkompensierende Inves-titionserhöhungen notwendig werden, und so zu einer Verringerung der TCO beiträgt. Win-win-Situationen für die Hersteller von Maschinen und Anlagen wie auch für ihre Kunden sind

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160 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

dann zu erreichen, wenn die Einsparungen der TCO zu beiderseitigem Nutzen verteilt wer-den.

2.2 Qualitätskostenorientierte neue Geschäftsmodelle

Neue Geschäftsmodelle zur Verringerung der TCO können neben den Betriebskosten auchdie Qualitätskosten adressieren. So können Konzepte darauf ausgerichtet sein, das qualitativeErgebnis in der Nutzung der Investitionsgüter bei den Kunden der Investitionsgüterindustriezu verbessern. Eine Absenkung von Ausschuss- und Nacharbeitskosten (Fehlerfolgekosten)kann Mehrwert erzeugen, der den Anbietern und Kunden neuer Geschäftsmodelle gleicher-maßen zugute kommen kann. Folgende Geschäftsmodelle kommen hier in Frage:

� Geschäftsmodell 6: Angebot temporärer/dauerhafter Produktionsunterstützung des Kun-den durch Mitarbeiter des Investitionsgüterherstellers mit erfolgsabhängiger Vergütung.Ein solches Geschäftsmodell ist insbesondere in Fällen erfolgversprechend, in denen derQualifikationsstand des Personals von Kunden der Investitionsgüterindustrie bezogen aufdie Anforderungen zur Bedienung des Investitionsguts niedrig ist und dadurch hohe Quali-tätskosten entstehen. Gleichfalls attraktiv kann dieses Konzept dann sein, wenn die Kom-plexität des Investitionsguts so hoch ist, dass Kundenpersonal in der Regel mit dieserKomplexität überfordert sein wird. In beiden Fällen bietet es sich für die Maschinen- undAnlagenbauer an, produktionsunterstützend bei Kunden tätig zu werden. Personal des In-vestitionsgüterherstellers wird temporär oder dauerhaft beim Kunden eingesetzt und si-chert eine zu definierende Qualität der Produktionsergebnisse aus der Nutzung von Inves-titionsgütern. Aus den eingesparten Qualitätskosten des Kunden können solcheGeschäftsmodelle zu beiderseitigem Nutzen finanziert werden.

� Geschäftsmodell 7: Angebot erfolgsabhängig zu vergütender Personalqualifizierungs-konzepte durch die Anbieter von Investitionsgütern. Solche Geschäftsmodelle knüpfen andie als produktbegleitend traditionell von Investitionsgüterherstellern angebotenen Kun-denschulungen an. Im Gegensatz zu diesen traditionellen Konzepten zahlt der Kunde je-doch nicht für die Teilnahme seiner Mitarbeiter an Schulungsveranstaltungen, sondern da-für, dass seine Mitarbeiter einen bestimmten Qualifikationsstand erreichen. DerInvestitionsgüterhersteller liefert in diesem Fall also nicht eine Schulungsleistung, sondernein Schulungsergebnis, gemessen beispielsweise in zertifizierten Tests.

Beide im Vorangegangenen skizzierten Geschäftsmodelle können die TCO über eine Sen-kung der Qualitätskosten positiv beeinflussen und so Verteilungsspielräume aus einer effi-zienteren Produktion schaffen, die die Geschäftsmodelle zu finanzieren in der Lage sind.

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 161

2.3 Wartungs- und Instandsetzungskostenorientierteneue Geschäftsmodelle

Die Erschließung bislang ungenutzter Potenziale zur Optimierung des Einsatzes von Investi-tionsgütern mit neuen Geschäftsmodellen kann zum Dritten darauf abzielen, technisch be-dingte Stillstandszeiten von Investitionsgütern zu reduzieren. Wo es wegen fehlender qualifi-katorischer Voraussetzungen beim Personal der Kunden der Investitionsgüterindustrie durchsuboptimale Wartung und Instandhaltung zu vermeidbaren technisch bedingten Stillstandszei-ten kommt, kann ein auf die Verringerung dieser Stillstände ausgelegtes GeschäftsmodellWin-win-Potenziale entstehen lassen. Ein solches Geschäftsmodell könnte folgendes Ausse-hen haben:

� Geschäftsmodell 8: Angebot von Wartungsverträgen mit garantierten Verfügbarkeitenund Übernahme von Wartungsfunktionen zur Erreichung dieser garantierten Verfügbarkei-ten durch Mitarbeiter der Investitionsgüterproduzenten. Ein solches Geschäftsmodell siehtvor, dass der Kunde wie in traditionellen Geschäftsmodellen in das Investitionsgut inves-tiert und damit das Eigentum erwirbt. Der Aufbau erfolgt in der Fabrikation des Kundenund der Betrieb wird durch Mitarbeiter des Kunden übernommen. Lediglich im Bereichder Wartung und Instandhaltung wird der Hersteller tätig, der über Systeme des ConditionMonitoring und mittels Maßnahmen einer vorbeugenden Wartung in Eigenregie dafürSorge trägt, dass die vereinbarte Obergrenze technisch bedingter Stillstandszeiten nichtüberschritten wird. Überall da, wo bei Kunden zwischen aktuellen Maschinenverfügbar-keiten und möglichen Verbesserungen der Verfügbarkeiten eine große Differenz besteht,bietet es sich an, über solche Geschäftsmodelle nachzudenken.

2.4 Anschaffungskostenorientierte neueGeschäftsmodelle

Neue Geschäftsmodelle können ihren Mehrwert auch daraus beziehen, dass sie mit Investiti-onsgütern auskommen, die kostengünstiger ausgelegt werden können und damit die Anschaf-fungskosten senken. Wenn durch neue Geschäftsmodelle Kunden veranlasst werden können,umfängliche Pflichtenhefte zur Absicherung gegen künftig u. U. auftretende Veränderungender eigenen Marktbedingungen nicht zur Anwendung zu bringen, so wird es vorstellbar, dass„Lean Machine-Konzepte“ realisierbar werden. Ein zur Verwirklichung solcher Konzepteführendes Geschäftsmodell kann folgendermaßen ausgestaltet sein:

� Geschäftsmodell 9: Angebot zum Betrieb von Lean Machine-Konzepten bei und für denKunden mit garantierter Performance (Menge, Qualität), jedoch unter Verzicht auf die

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Festschreibung von technischen Lösungsprinzipien in Pflichtenheften. Dieses Geschäfts-modell setzt an der Erfahrung an, dass viele Kunden der Investitionsgüterindustrie insbe-sondere aus dem Bereich der Großunternehmen bei Maschinenbeschaffungen Pflichten-heftkataloge zur Anwendung bringen, die nicht das Ergebnis der Maschinenleistungdefinieren, sondern festschreiben, über den Einsatz welcher Module und Komponenten ei-ne solche Performance zu realisieren ist. Diese Pflichtenhefte entspringen einem Sicher-heitsbestreben dieser Großkunden. Sie sind erfahrungsgemäß in hohem Maße Kosten trei-bend, obwohl dieselbe Maschinenleistung auch preiswerter realisierbar wäre. Wenn nunder Maschinen- oder Anlagenbauer dem Kunden das Risiko, das dieser über seine Pflich-tenhefte einzugrenzen versucht, abnimmt, indem er die Performance der Maschine inMenge und Qualität garantiert, kann er sich Freiräume schaffen, die Maschine kostengüns-tiger auszulegen.

Auch aus Geschäftsmodellen, die zur Flankierung skalierbarer Investitionen dienen, lässt sicheine Verminderung notwendig werdender Investitionen in Maschinen und Anlagen ableiten.Bei nur schwer abschätzbaren Kapazitätsbedarfen von Kunden kann ein kapazitativ und vomInvestment kleiner dimensioniertes Investitionsgut mit Ausbauoptionen und herstellerseitig ineinem Geschäftsmodell fixierten Zusagen zu einem solchen Ausbau traditionellen Ge-schäftsmodellen wirtschaftlich überlegen sein.

� Geschäftsmodell 10: Angebot zum skalierbaren Kapazitätsausbau von Investitionsgütern.Bei diesem Geschäftsmodell flankiert den Kaufvertrag für Maschinen und Anlagen eineVereinbarung zwischen Hersteller und Kunde, die Kapazitätsausbaumodule zum festenPreis beinhalten. Da der Grundpreis von Investitionsgütern bei einem Verzicht auf Über-dimensionierung zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung günstiger ausfallen kann, ein sol-cher Verzicht bei steigenden Kapazitätsbedarfen jedoch für den Kunden teuer werdenkann, erwirbt der Kunde quasi eine Versicherungsoption zum Ausbau, die im Falle derNichtinanspruchnahme verloren ist, im Falle der Inanspruchnahme jedoch einen kosten-günstigen Ausbau erlaubt. Für den Hersteller bedeutet dieses Geschäftsmodell, dass er ei-nen Ausbau anlegt, ohne hierfür bei der Anschaffung bezahlt zu werden. Eine solche mo-dulare Ausbauoption erlaubt es ihm jedoch, kostengünstig Erweiterungen vorzunehmen,wenn der Kunde hierfür Bedarf hat und die vertragliche Option wahrnimmt.

3. Eignung TCO-orientierter neuer Geschäftsmodellefür unterschiedliche Investitionsgüter

Wie im Vorangegangenen dargestellt, ist das Einsparpotenzial der skizzierten neuen Ge-schäftsmodelle im Sinne einer TCO-Betrachtung abhängig von bestimmten Rahmenbedin-gungen. Da solche Rahmenbedingungen nicht nur durch unterschiedliche Kundensituationen

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 163

gesetzt werden, sondern auch durch die Charakteristika verschiedener Investitionsgüter, fürdie diese Geschäftsmodelle in Frage kommen, soll im Weiteren der Versuch gemacht werdenauszuleuchten, ob und gegebenenfalls wie die Realisierungsmöglichkeiten der vorgestelltenGeschäftsmodelle für die Investitionsgüter „Werkzeugmaschinen“, „Montagesysteme“ und„Industrieroboter“ zu bewerten sind. Als Bewertungskriterien dienen dabei Charakteristikavon Investitionsgütern, die Anhaltspunkte für Einsparpotenziale neuer Geschäftsmodellegeben können. Hierzu zählen:

� Das üblicherweise vorhandene Qualifikationsniveau der an den Investitionsgütern tätigenMitarbeiter (hohes Qualifikationsniveau: Fachkräfte, mittleres Qualifikationsniveau: an-gelernte Mitarbeiter, niedriges Qualifikationsniveau: ungelernte Mitarbeiter). Je geringerdas Qualifikationsniveau, desto größer die Potenziale neuer Geschäftsmodelle, in denenSpezialisten des Investitionsgüterherstellers ihr Know-how zur Vermeidung von Fehlernoder zur Verbesserung der Produktivität bzw. Qualität einbringen.

� Die in der Praxis für die jeweiligen Investitionsgüter übliche Dauer der Nutzung in Jahren(kurze Nutzungsdauer: drei bis vier Jahre, mittlere Nutzungsdauer: vier bis acht Jahre,lange Nutzungsdauer: über acht Jahre). Je länger die übliche Nutzungsdauer, desto bedeut-samer werden Geschäftsmodelle, die unprognostiziert schwankende Auslastungssituatio-nen auffangen oder die Investitionsgüter an den sich fort entwickelnden technischen Standanpassen.

� Die Höhe der mit der Anschaffung des jeweiligen Investitionsguts verbundenen Investition(geringe Anschaffungskosten: bis 150.000 EUR, mittlere Anschaffungskosten: 150.000 bis750.000 EUR, hohe Anschaffungskosten: über 750.000 EUR). Umso höher das Investiti-onsvolumen des betrachteten Investitionsobjekts, desto höher die Betriebs-, Ausfall- undQualitätskosten und daher umso größer die Chancen neuer Geschäftsmodelle, die auf eineVerringerung dieser Kosten zielen.

� Die Länge der für das Investitionsgut üblicherweise veranschlagten Amortisationsdauer(kurze Amortisationszeit: bis zwei Jahre, mittlere Amortisationszeit: zwei bis sechs Jahre,lange Amortisationszeit: über sechs Jahre). Mit steigenden Amortisationszeiten wächst derBeitrag, der durch betriebskostensenkende Geschäftsmodelle erwirtschaftet werden kannund damit die Einsatzmöglichkeit dieser Modelle.

� Die Größe der Serien, die mit dem Investitionsgut üblicherweise produziert werden(Kleinserienfertigung: bis 50 Stück pro Monat; Mittelserienfertigung: 50 bis 1.000 Stückpro Monat; Großserienfertigung: über 1.000 Stück pro Monat). Da bei Großserienferti-gung die hierfür eingesetzten Investitionsgüter üblicherweise in zwei- oder sogar drei-schichtigem Betrieb laufen, sind Ausfallzeiten in hohem Maße kostspielig. Wartungsver-träge mit garantierten Verfügbarkeiten finden daher unter solchen Bedingungen eingünstiges Einsatzfeld, während bei Einzel- und Kleinserienfertigung die für Wartungsver-träge mit garantierten Verfügbarkeiten aufzuwendenden Kosten von Kunden eher nichtübernommen werden.

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164 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

� Die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts beim jeweiligen Investitionsgut (lang-samer technischer Fortschritt: Investitionsgut entspricht auch noch nach zehn Jahren imWesentlichen dem Stand der Technik; mittlerer technischer Fortschritt: Investitionsgut ent-spricht noch nach fünf bis sieben Jahren im Wesentlichen dem Stand der Technik; schnel-ler technischer Fortschritt: Investitionsgut ist bereits nach zwei bis drei Jahren technischveraltet). Je schneller der Alterungsprozess im Technikgebiet des Investitionsguts abläuft,desto größer sind die Chancen von Geschäftsmodellen, die eine kontinuierliche Moderni-sierung anbieten bzw. die Nutzer mit Know-how der Hersteller unterstützen.

� Der Umfang des Wissensvorsprungs, den die Hersteller des Investitionsguts üblicherweisegegenüber den Kunden haben. Ein großer Know-how-Vorsprung der Hersteller begünstigtGeschäftsmodelle, in denen Hersteller Spitzenbedarfe ihrer Kunden übernehmen (Anpas-sung der Maschinen an unterschiedliche Fertigungsaufgaben mehrerer Kunden), Produkti-onsunterstützung bieten, Kundenpersonal qualifizieren und Verfügbarkeiten garantieren.

� Das Ausmaß der Flexibilität des Investitionsguts im Sinne der Breite des fertigbaren Teile-spektrums (geringe Flexibilität: z. B. wie bei Sondermaschinen; hohe Flexibilität: z. B.wie bei Universalmaschinen). Mit steigender Flexibilität des Investitionsguts, verschiede-ne Teile produzieren zu können, wächst seine Eignung für Geschäftsmodelle, die eineBündelung von Spitzenbedarfen mehrerer Kunden vorsehen oder eine Aneinanderreihungunterkritischer Kundenbedarfe.

� Der Grad der Robustheit bzw. die technische Verfügbarkeit des Investitionsguts (niedrig:üblicherweise unter 60 Prozent Verfügbarkeit; mittel: üblicherweise 60 bis 80 Prozent Ver-fügbarkeit; hoch: üblicherweise über 80 Prozent Verfügbarkeit). Wo üblicherweise bereitssehr hohe Verfügbarkeiten realisiert werden, dürften Geschäftsmodelle, die auf eine Stei-gerung der Verfügbarkeit oder Produktivität ausgerichtet sind, kaum Einsatzchancen ha-ben.

Diese Auflistung wie auch die Skizzierung der Zusammenhänge ist zum gegenwärtigen Zeit-punkt zwangsläufig als vorläufig einzustufen. Sie stellt einen ersten Versuch dar, Umfeldbe-dingungen des Einsatzes von Investitionsgütern mit neuen Geschäftsmodellen in Beziehungzu setzen. Weitere Forschungsarbeiten sind notwendig, um hier zu einem gesicherten Standdes Wissens zu kommen. Gleichwohl scheint auch dieser vorläufige Stand geeignet, ersteUnterschiede in der Eignung verschiedenartiger Investitionsgüter für neue Geschäftsmodelleexplorativ auszuloten, was im Weiteren für „Werkzeugmaschinen“, „Montagesysteme“ und„Industrieroboter“ geschehen soll.

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 165

3.1 Werkzeugmaschinen und TCO-orientierteGeschäftsmodelle1

Bei einer Überprüfung der Eignung des Investitionsguts „Werkzeugmaschine“ für die obendargestellten neuen Geschäftsmodelle zeigt sich, dass es notwendig ist, verschiedene Artenvon Werkzeugmaschinen differenziert zu betrachten. Da beispielsweise zwischen Sonderma-schinen und Bearbeitungszentren sowohl hinsichtlich der üblicherweise gefertigten Serien-größen wie auch im Hinblick auf das Qualifikationsniveau der Beschäftigen große Unter-schiede existieren, ist es notwendig, hier eine Eingrenzung vorzunehmen. Im Weiteren sollendaher Bearbeitungszentren der Bewertung zugrunde gelegt werden.

Bearbeitungszentren verfügen über einen hohen Automatisierungsgrad, was zur Folge hat,dass an ihnen kaum un- oder angelernte Maschinenbediener tätig sind, die manuelle Prozess-schritte ausführen. Somit gilt, dass an Bearbeitungszentren in der Regel Facharbeiter einge-setzt sind, die über eine hohe Qualifikation verfügen und die diese komplexen Maschinendurchaus fehlerfrei zu bedienen und insbesondere zu warten in der Lage sind. Die üblicheNutzungsdauer von Bearbeitungszentren liegt im Bereich von 10 bis 15 Jahren und damitweit über der Nutzungszeit beispielsweise technisch schnell überholter Investitionsgüter.

Das Investitionsvolumen von Bearbeitungszentren ist in einer Spanne von 250.000 EUR bis 1Mio. EUR zu verorten und damit vergleichsweise hoch. Aus diesen Anschaffungspreisenresultieren längere Amortisationszeiten. Üblicherweise dienen Bearbeitungszentren der Ferti-gung von Teilen, die in kleinen bis mittleren Serien aufgelegt werden. Im Bereich der Bear-beitungszentren ist mit einem technischen Fortschritt zu rechnen, der im mittleren Bereichliegt. IuK-Technologien veralten sicher schneller, rein mechanisch basierte Techniken dürfteneinem langsameren Fortschrittsprozess unterliegen.

Als Anbieter von Hochtechnologie sind die Hersteller von Bearbeitungszentren mit den Mög-lichkeiten, diese Investitionsgüter so zu nutzen, dass alle ihre Möglichkeiten zur Entfaltungkommen können, besser vertraut als viele Kunden. Die Flexibilität von Bearbeitungszentren,eine große Teilevielfalt bearbeiten zu können, ist definitionsgemäß gegeben. Wegen derKomplexität von Bearbeitungszentren ist die Möglichkeit von Fehlern vergleichsweise großund damit die „Mean-Operating-Time-Between-Failures (MTBF)“ eher gering.

Mit diesen Spezifika kann die Eignung von Bearbeitungszentren in den verschiedenen, obenskizzierten neuen Geschäftsmodellen differenziert bewertet werden. In Abbildung 8.2 sinddie Bewertungsergebnisse detailliert aufgetragen.

1 Die in diesem Abschnitt dargestellten Befunde sind Teil des von der EU geförderten Vorhabens „NextGeneration Production Systems“ (NEXT). Weitere Informationen hierzu finden sich unter:http://www.nextproject.eu

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166 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

Investitionsgut zeichnet sich aus durch…..

hoheQualifikationder

daranTätigen

langetechnische

Nutzungsdauer

mittleresbishohes

Invest.volumen

langeAmortisati-

onszeit

Fertigungkleinerbis

mittlererSerien

mittlerertechnischer

Fortschritt

HerstellermitKnow-

howVorsprung

hoheProduktflexibili-

tät

geringetechnische

Verfügbarkeit

Geschäftsmodell 1: Bündelungvon Spitzenbedarfen auf statio-nären Maschinen

+ + + + + +

Geschäftsmodell 2: Abdeckungvon Spitzenbedarfen mit mobi-len Maschinen

+ + + + +

Geschäftsmodell 3: Aneinan-derreihung von Kundenbedarfen + + + + +

Geschäftsmodell 4: Bündelungindividuell unterkritischer Kun-denbedarfe

+ + + +

Geschäftsmodell 5: kontinuier-liche Modernisierung der Inves-titionsgüter

+ + +

Geschäftsmodell 6: Produkti-onsunterstützung durch Investi-tionsgüterhersteller

- + + + +

Geschäftsmodell 7: erfolgsab-hängig zu vergütende Personal-qualifizierung

- + + +

Geschäftsmodell 8:Wartungs-verträge mit garantierten Ver-fügbarkeiten

- + - + +

Geschäftsmodell 9: Betriebvon Lean Machine-Konzepten - + -

Geschäftsmodell 10: skalierba-rer kapazitativer Ausbau + + + +

+ = Kriterienausprägung bietet hohes Potenzial für Geschäftsmodell- = Kriterienausprägung bietet geringes Potenzial für Geschäftsmodellleeres Feld = neutraler Bezug zwischen Kriterienausprägung und Geschäftsmodell

Abbildung 8.2: Eignung neuer Geschäftsmodelle für Werkzeugmaschinen (BAZ)

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 167

Aus dieser Auflistung ist zu entnehmen, dass das Geschäftsmodell 1 „Bündelung von Spit-zenbedarfen auf stationären Maschinen“ durch mehrere Aspekte positiv unterstützt wird: Dielange Nutzungsdauer von Bearbeitungszentren, ihr hohes Investitionsvolumen wie auch ihrelange Amortisationszeit lassen es unter Beachtung des TCO-Ansatzes wirtschaftlich in be-sonderem Maße sinnvoll erscheinen, sie kapazitativ nicht auf Spitzenbedarfe hin auszulegen,sondern lediglich in eine kontinuierlich auszulastende Kapazität zu investieren und Spitzen-bedarfe bei einem Anbieter des Geschäftsmodells 1 in Auftrag zu geben. Der bei Bearbei-tungszentren gegebene Wissensvorsprung der Hersteller in der Ausreizung dieser Technologieunterstützt dieses Geschäftsmodell additiv. Schließlich trägt die Flexibilität der Bearbeitungs-zentren dazu bei, die Bedarfe mehrerer Kunden auf einer Maschine gebündelt bearbeiten zukönnen.

Ohne an dieser Stelle in gleicher Detaillierung die Bewertungsergebnisse für alle anderenGeschäftsmodelle ausbreiten zu können, wird aus Abbildung 8.2 deutlich, dass alle auf dieSenkung der Betriebskosten abzielenden Geschäftsmodelle (Geschäftsmodelle 1 bis 5) beiBearbeitungszentren auf gute Voraussetzungen treffen. Bei den auf die Qualitätskosten undWartungskosten abzielenden Geschäftsmodellen (Geschäftsmodelle 6 bis 8) steht einer Reihefördernder Faktoren auch jeweils als eher hinderndes Charakteristikum die hohe Qualifizie-rung der am Bearbeitungszentrum tätigen Mitarbeiter entgegen, die selbst in der Lage sind,die qualitativ hochwertige Arbeit zu verrichten und in deren Kompetenzbereich die Wartungfällt. Die auf die Verminderung der Anschaffungskosten orientierten Modelle werden teilwei-se unterstützt (Geschäftsmodell 10), teilweise eher negativ tangiert (Geschäftsmodell 9).

Insgesamt gilt damit, dass sich Bearbeitungszentren als Investitionsgüter für viele der neuenGeschäftsmodelle anbieten. Die Zurückhaltung vieler Anbieter von Werkzeugmaschinen, sichin solchen Geschäftsmodellen verstärkt zu engagieren, ist also weniger dem Umstand ge-schuldet, dass sich bei diesen Investitionsgütern durch neue Geschäftsmodelle keine Verbes-serungen im Bereich TCO erzielen lassen würden, als vielmehr dem Umstand, dass sich dieVerhandlungsposition der Werkzeugmaschinenhersteller gegenüber Großkunden nicht sodarstellt, dass sie im Aushandlungsprozess in der Lage wären, die Einsparpotenziale so auf-zuteilen, dass Investitionsgüterhersteller und Kunde in gleicher Weise profitieren (Lay et al2007).

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168 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

3.2 Montagesysteme und TCO-orientierteGeschäftsmodelle2

Bei Montagesystemen sind manuelle, hybride (bzw. teilautomatisierte) und automatischeMontagesysteme zu unterscheiden (Lotter 2006a). Diese Typen differieren zum Teil stark inden Ausprägungen der eingangs dieses Kapitels definierten Bewertungskriterien. In Abbil-dung 8.3 ist dies etwa anhand der Kriterien Investitionsvolumen, Flexibilität und Losgrößedargestellt.

Automatische Montage

Halbautomatische Montage (Hybridsysteme)

Manuelle Montage

Investment Losgröße

Flexibilität

Quelle: Lotter 2006a, S. 3Abbildung 8.3: Auswahlkriterien für Montagesysteme

Aufgrund dieser Unterschiede ist es sinnvoll, für die weiteren Betrachtungen auch hier eineFokussierung vorzunehmen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf hybride bzw.halbautomatische Montagesysteme, die sich durch eine Kombination aus manuellen Arbeits-plätzen und automatisierten Montagestationen auszeichnen (Richter 2006). Die Bedeutunghybrider Montagesysteme nimmt bei der Annahme von kürzer werdenden Produktlebenszyk-len und steigender Variantenanzahl zu (Lotter 2006b). Häufig sind diese Systeme modularaufgebaut, was es ermöglicht, Module für die Montage weiterer Produkte wiederzuverwen-den. Dies hat den Vorteil, dass die Nutzungsdauer der einzelnen Module verlängert wird undsich die notwendigen Investitionen auf mehrere Produkte verteilen (Slama 2004). Aufgrundder Modularität und der damit zusammenhängenden Skalierbarkeit der Systeme ist das Inves-

2 Die in diesem Abschnitt dargestellten Befunde sind Teil des vom BMBF im Rahmenkonzept „Forschungfür die Produktion von morgen“ geförderten Vorhabens „Lebenszyklusoptimierte Montagesysteme für denHochlohnstandort Deutschland“ (LOMO). Weitere Informationen hierzu finden sich unter:http://www.lomo-team.de/index.html

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 169

titionsvolumen für hybride Montagesysteme nur schwer anzugeben. Je nach Art des zu be-schaffenden Montagesystems und Anzahl der verwendeten Module werden geringe bis mitt-lere Investitionsvolumina notwendig (Lotter 2006b). Dabei ist zu berücksichtigen, dass häu-fig mehrere hybride Montagemodule kombiniert werden oder im Zeitablauf bei einerVeränderung der zu montierenden Stückzahlen Kapazitätserweiterungen in Form des Zukaufsweiterer Montagemodule durchgeführt werden, was insgesamt die Investitionssummen stei-gen lässt (Lotter 2006b). Generell liegen die Investitionen aber unter denen, die für automati-sierte Systeme anfallen. Aus den mit diesen Anlagen montierten kleinen bis mittleren Serienergeben sich bei den genannten Investitionssummen mittlere Amortisationsdauern.

Aufgrund der Modularität sowie der losen Verkettung einzelner Stationen der hybriden Mon-tagesysteme sind diese Systeme deutlich flexibler als automatisierte Systeme. Darüber hinaussind sie stückzahlflexibel durch Möglichkeiten der Anpassung der Mitarbeiteranzahl im ma-nuellen Bereich sowie durch Veränderungen der gearbeiteten Schichten (Lotter 2006b). Hyb-ride Montagesysteme weisen aufgrund ihrer geringeren Systemkomplexität eine höhere tech-nische Verfügbarkeit auf als automatisierte Montageanlagen (Reinhart/Schneider 1996).

In der Serienmontage werden in der Regel an- und ungelernte Arbeitskräfte eingesetzt. Durchdie zunehmende Produktvarianz steigen jedoch auch die Flexibilitäts- und Kompetenzanfor-derungen an das Personal (Schmauch/Wingen 2004). Steht Personal mit den notwendigenEigenschaften nicht zur Verfügung, kann dies etwa zu erhöhten Fehlerraten und demotivier-ten Mitarbeitern führen (Schmauch/Wingen 2004; Vielhaber 2003). Das Qualifikationsniveaudes hybride Montagesysteme bedienenden Personals kann deshalb als niedrig bis mittel be-zeichnet werden.

Der technische Fortschritt im Bereich der hybriden Montage ist eher gering. Bei Neuentwick-lungen werden in der Regel die technischen Grundprinzipien verwendet, die seit langembekannt sind. Der Fortschritt bezieht sich dann z. B. auf Transportsysteme, welche die Mon-tagestationen miteinander verbinden oder auf Mess-, Prüf- und Erkennungssysteme. DasKnow-how über die optimale Nutzung des hybriden Montagesystems liegt sowohl beimKunden als auch beim Hersteller. Der Hersteller kann bei entsprechender Komplexität insbe-sondere einen Know-how-Vorsprung im Bereich der automatisierten Teilprozesse des hybri-den Montagesystems haben. Hersteller von hybriden Montagesystemen haben folglich einenmittleren Wissensvorsprung.

Die beschriebenen Ausprägungen der verschiedenen Kriterien dienen nun als Ausgangspunktfür die Bewertung des Potenzials der in Kapitel 2 dargestellten dienstleistungsbasierten Ge-schäftsmodelle für hybride Montagesysteme. Die Ergebnisse dieser Bewertung sind in Abbil-dung 8.4 zu sehen.

Insgesamt zeigt die Bewertung, dass vor allem die betriebskostenorientierten neuen Ge-schäftsmodelle 1, 2 und 3 ein gewisses Potenzial für die hybride Montage besitzen. Diesresultiert insbesondere daraus, dass es gut möglich ist, hybride Montagesysteme aufgrundihrer relativ langen technischen Nutzungsdauer, der auf ihnen montierten kleinen und mittle-ren Serien sowie der hohen Produktflexibilität für mehrere Kunden zu nutzen. Dies kann sichetwa so darstellen, dass das Montagesystem eines Kunden seine Kapazitätsgrenze erreicht hat

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und deswegen Lösungen gesucht werden, die über das bestehende Kapazitätsangebot hinaus-gehende Kapazitätsnachfrage zu decken. Lösungsalternativen stellen hier das Geschäftsmo-dell 1 „Bündelung von Spitzenbedarfen auf stationären Maschinen“ sowie bei entsprechenderMobilität des Montagesystems das Geschäftsmodell 2 „Abdeckung von Spitzenbedarfen mitmobilen Maschinen“ dar. Für diese Geschäftsmodelle ist es nicht unbedingt notwendig, dassdas Montagesystem des Kunden auch ein hybrides ist. Vorstellbar ist auch, dass dieser einautomatisiertes Montagesystem nutzt und dieses auf den durchschnittlichen Bedarf ausgelegthat. Notwendig ist lediglich, dass der Anbieter des Geschäftsmodells die Produkte in dergleichen Qualität montieren kann wie der Kunde. Geschäftsmodell 3 besitzt für die Herstellervon hybriden Montagesystemen ebenfalls Potenzial. Kunden, die lediglich für einen mittel-fristigen Zeitraum ein bestimmtes Produkt montieren wollen, können von einem derartigenGeschäftsmodell profitieren, wenn die Kosten für die Nutzung eines fremden Montagesys-tems unter den Kosten liegen, die für den Kunden entstehen würden, wenn er in ein eigenesMontagesystem investierte. Hybride Montagesysteme eignen sich für dieses Geschäftsmodellaufgrund ihres modularen Aufbaus, ihrer Produktflexibilität und ihrer Wiederverwendungs-möglichkeiten. Die ebenfalls betriebskostenorientierten Geschäftsmodelle 4 und 5 sind inihrem Potenzial im Felde der hybriden Montage dagegen weniger vorteilhaft einzustufen.

Geschäftsmodelle, die auf die Senkung von Qualitäts- und Wartungskosten abzielen (Ge-schäftsmodelle 6 bis 8) sind in ihren Chancen im Bereich hybrider Montagesysteme ambiva-lent, überwiegend jedoch skeptisch zu beurteilen. Hier sind sowohl förderliche Faktoren, wiedie geringe bzw. mittlere Qualifikation der üblicherweise in der Montage eingesetzten Mitar-beiter als auch hemmende Faktoren, wie die üblicherweise bereits relativ hohe technischeVerfügbarkeit von hybriden Montagesystemen und ihr relativ langsamer technischer Fort-schritt gegeneinander abzuwiegen.

Die Geschäftsmodelle 9 und 10, die die Senkung von Anschaffungskosten für den Kundenanstreben, sind differenziert zu beurteilen. Während hybride Montagesysteme für das Ge-schäftsmodell 10 „skalierbarer kapazitativer Ausbau“ mehrere förderliche Faktoren, wie diehohe Produktflexibilität und die lange Nutzungsdauer besitzen, ist dies für das Geschäftsmo-dell 9 „Betrieb von Lean Machine-Konzepten“ eher gegensätzlich zu beurteilen. Hier findensich keine förderlichen Faktoren, die lange technische Nutzungsdauer wirkt sich eher negativauf das Potenzial dieses Geschäftsmodells für Montagesystemhersteller aus. Alles in allemhat sich damit gezeigt, dass sich hybride Montagesysteme insbesondere für die dienstleis-tungsbasierten Geschäftsmodelle 1,2,3 und 10 eignen.

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 171

Investitionsgut zeichnet sich aus durch…..

geringebismittlere

Qualifikationderdar-

anTätigen

langetechnische

Nutzungsdauer

mittleresInvestvolu-

men

mittlereAmortisati-

onszeit

Fertigungkleinerbis

mittlererSerien

geringertechnischer

Fortschritt

Herstellerohnewe-

sentlichenKnow-how

Vorsprung

hoheProduktflexibili-

tät

hohetechnischeVer-

fügbarkeit

Geschäftsmodell 1: Bünde-lung von Spitzenbedarfen aufstationären Maschinen

+ + +

Geschäftsmodell 2: Abde-ckung von Spitzenbedarfen mitmobilen Maschinen

+ + +

Geschäftsmodell 3: Aneinan-derreihung von Kundenbedar-fen

+ + +

Geschäftsmodell 4: Bünde-lung individuell unterkritischerKundenbedarfe

+ +

Geschäftsmodell 5: kontinu-ierliche Modernisierung derInvestitionsgüter

+ -

Geschäftsmodell 6: Produkti-onsunterstützung durch Inves-titionsgüterhersteller

+ -- -

Geschäftsmodell 7: erfolgs-abhängig zu vergütende Per-sonalqualifizierung

+

Geschäftsmodell 8:War-tungsverträge mit garantiertenVerfügbarkeiten

+ - - -

Geschäftsmodell 9: Betriebvon Lean Machine-Konzepten -

Geschäftsmodell 10: skalier-barer kapazitativer Ausbau + + +

+ = Kriterienausprägung bietet hohes Potenzial für Geschäftsmodell- = Kriterienausprägung bietet geringes Potenzial für Geschäftsmodellleeres Feld = neutraler Bezug zwischen Kriterienausprägung und Geschäftsmodell

Abbildung 8.4: Eignung neuer Geschäftsmodelle für hybride Montagesysteme

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172 Gunter Lay, Marcus Schröter, Heidi Armbruster

3.3 Industrieroboter und TCO-orientierteGeschäftsmodelle

Versucht man, die für den Industrierobotereinsatz in der Unternehmenspraxis geltenden Cha-rakteristika zu skizzieren, um die Voraussetzungen einer Bewertung des Investitionsguts„Industrieroboter“ für neue Geschäftsmodelle zu schaffen, so zeigt sich: Die Qualifikationder in Zusammenhang mit Industrierobotern tätigen Mitarbeiter ist in der Regel sehr hoch.Für Planung, Inbetriebnahme und Einrichtung des Roboters ist spezifisches Fachwissen not-wendig. Insbesondere bei Fehlern und Ausfällen des Roboters ist schnelles und kompetentesEingreifen notwendig. Mit einer Nutzungsdauer von ca. acht Jahren ist der Roboter lange imEinsatz. Das Investitionsvolumen einer einzelnen Roboterzelle ist mit 150.000 bis200.000 EUR zwar vergleichsweise eher gering bis mittel. Allerdings werden für Anlagen oftmehrere Roboter benötigt, was die Investitionen ansteigen lässt. Wird beispielsweise eineAnlage eingerichtet, in der sechs bis acht Roboter installiert sind, müssen dafür bis zu800.000 EUR ausgegeben werden, was wiederum ein hohes Investitionsvolumen darstellt.Analog zum Investitionsvolumen ist die durchschnittliche Amortisationszeit eines einzelnenIndustrieroboters mit ca. zwei Jahren eher gering. Betrachtet man allerdings wiederum eineRoboteranlage, dann erhöht sich die Amortisationszeit entsprechend.

Generell gilt, dass die heutigen Roboterlösungen tendenziell für große Serien konzipiert sindund entsprechend genutzt werden. Einzige Ausnahme stellt das Bahnschweißen dar, da dortdie Umrüst- und Programmierzeiten kürzer ausfallen und auch kleine bis mittlere Seriengrö-ßen rentabel sind. Die Roboter selbst, also die Hardware ändert sich relativ langsam, aller-dings sind die Neuerungen in den Softwarelösungen schnell bis sehr schnell. Vor allem in derBildverarbeitung ist der Fortschritt sehr rasch. Entsprechend kennt sich der Roboterherstellerund Systemintegrator mit den technischen Gegebenheiten des Roboters besser aus als derKunde. Es besteht daher ein hoher Wissensvorsprung durch den Hersteller bzw. Systemin-tegrator, der meist den Roboter an die spezifischen Produktionsprozesse des Kunden anpasst.Die technische Verfügbarkeit eines Roboters ist ebenfalls sehr hoch. Durchschnittlich liegenca. 10.000 Stunden Robotereinsatz zwischen zwei Ausfällen. Da Roboter hauptsächlich fürdie Großserienproduktion eingesetzt werden, die Umrüst- und Programmierzeiten eher hochausfallen, ist die Breite des fertigbaren Teilespektrums bzw. der Handhabungen eines Robo-ters eher gering (World Robotics 2005).

Diese Rahmenbedingungen des Robotereinsatzes in der Industrie sind in Abbildung 8.5 mitden in Kapitel 2 beschriebenen neuen Geschäftsmodellen in Beziehung gesetzt dargestellt.Daraus wird ersichtlich, welche Potenziale die eingangs skizzierten neuen Geschäftsmodelleim Felde Industrierobotereinsatz haben. Zusammengefasst entsteht folgendes Bild:

Die Geschäftsmodelle 1 bis 5, die auf die Senkung der Betriebskosten abzielen, sind nur dannsinnvoll anwendbar, wenn es um eine Investition in einen kostenintensiven Roboter oder garin eine Roboteranlage mit mehreren Robotern geht. Dann fallen für den Kunden hohe Investi-tionen und dementsprechend lange Amortisationszeiten an, die Ansätze für neue Lebenszyk-

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luskosten senkende Geschäftsmodelle bieten. Durch die geringe Produktflexibilität und diehohen Umrüstzeiten von Robotern ist es zunächst schwierig über Geschäftsmodelle nachzu-denken, die den Einsatz von Robotern für mehrere Kunden gleichzeitig vorsehen (Ge-schäftsmodell 1 und 4), zumal beim Robotereinsatz keine Kuppelprodukte anfallen. Potenzia-le könnten allerdings die Geschäftsmodelle haben, die den Einsatz von Robotern beisukzessiv aufeinanderfolgenden Kunden zur Idee haben (Geschäftsmodell 2 und 3). Werdendie Roboter lediglich auf kontinuierlich anfallende Kundenbedarfe geplant und realisiert,lassen sich die Lebenszykluskosten senken, indem Unterauslastung vermieden wird. DieSpitzenbedarfe könnten dann durch den Hersteller oder Systemintegrator mit dem Einsatzmobiler Roboteranlagen gewährleistet werden (Geschäftsmodell 2). Problematisch könnte beidiesem Geschäftsmodell 2 sein, dass der Hersteller zur Abdeckung der Spitzenbedarfe imExtremfall nicht nur einen mobilen Roboter beim Kunden installieren muss, sondern diegesamte Roboteranlage bereitstellen und betreiben muss, was dieses Geschäftsmodell für denHersteller unter Umständen unattraktiv macht. Das Angebot zur zeitlich befristeten Nutzungvon Investitionsgütern bietet ebenfalls Potenziale beim Robotereinsatz (Geschäftsmodell 3).Lohnt sich eine Investition in einen teuren Roboter oder in eine kostenintensive Anlage nicht,da die Investition zu hoch für den geplanten Bedarf ist, dann können durch die zeitliche Be-fristung des Robotereinsatzes Betriebskosten-vorteile entstehen. Der Kunde nutzt den Robo-ter oder die Roboteranlage für eine bestimmte Zeit, bevor diese an einen zweiten oder drittenKunden weitergegeben wird. Durch die daraus resultierende längere Nutzungszeit durchmehrere Kunden werden die Betriebskosten gesenkt. Geschäftsmodell 5 könnte ebenfalls fürdie Roboterindustrie Potenziale bieten, indem durch kontinuierliche Produktionsverbesserungdie Produktivität erhöht und dadurch die Betriebskosten gesenkt werden.

Qualitätskostensenkende Geschäftsmodelle haben bei Roboterlösungen eher geringes Poten-zial (Geschäftsmodelle 6 und 7). Die technische Verfügbarkeit von Robotern und die Qualifi-kation der an den Roboter tätigen Mitarbeiter sind hoch, so dass dies wenig Ansatzpunkte fürqualitätskostensenkende Geschäftsmodelle bietet. Gleiches gilt für Geschäftsmodelle, die aufdie Senkung der Wartungs- und Instandsetzungskosten abzielen (Geschäftsmodell 8). Quali-tätskosten- und wartungskostensenkende Geschäftsmodelle könnten bei Roboteranlagenwiederum eher interessant werden, da durch den Einsatz mehrerer Roboter in einer Anlagedie technische Verfügbarkeit sich unter Umständen verringert. Geschäftsmodelle 6 und 8, diedurch Produktionsunterstützung und Wartungsverträge versuchen, die Produktivität der Anla-ge zu steigern und so die Kosten zu senken, könnten in diesem Fall von Vorteil für Herstellerund Kunde sein.

Die auf die Senkung der Anschaffungskosten abzielenden Modelle sind interessant für Robo-terhersteller und deren Kunden, wenn es wiederum um die Investition eines kostenintensivenRoboters oder einer Roboteranlage geht. Diese hohen Investitionen könnten durch den Ver-kauf von „schlanken“ weniger für alle Eventualitäten technisch ausgestatteten Roboterngesenkt werden (Geschäftsmodell 9). Allerdings ist dieses Geschäftsmodell 9 durch die rela-tiv lange Nutzungsdauer eines Roboters eingeschränkt. Je länger der Roboter im Einsatz ist,desto schwieriger und teurer wird es für den Hersteller, für eine bestimmte Roboterleistungzu garantieren. Durch die hohen Investitionen der Roboteranlagen und die lange Nutzungs-

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dauer könnte auch das Geschäftsmodell 10 für Roboterhersteller und Kunden interessant sein.Die Anschaffungskosten werden durch den Verzicht auf technische Überfrachtung des Robo-ters gesenkt. Bei Bedarf kann dann durch einen beim Roboterkauf vereinbarten Vertrag zwi-schen Hersteller und Kunde im Laufe der Nutzung der Roboter modular ausgebaut werden,um so dem spezifischen Kundenbedarf zu entsprechen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass es mit Einschränkung auch im Bereich „Industrierobo-ter“ möglich scheint, neue Geschäftsmodelle zu etablieren, in denen Roboterhersteller,Systemintegratoren und Kunden profitieren können. Neue Geschäftsmodelle zwischen Her-steller, Systemintegratoren und Kunden sind allerdings erst dann vorteilhaft, wenn hoheInvestitionen getätigt werden müssen, die Amortisationszeit entsprechend lang ist und dieRoboter länger im Einsatz sind. Dies ist tendenziell eher bei Roboteranlagen mit mehrerenRobotern der Fall, als beim Einsatz eines einzelnen Roboters.

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TCO als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle 175

Investitionsgut zeichnet sich aus durch…..

Invest-volumen

Amortisa-tionszeit

Techn.Verfüg-barkeit

hoheQualifikationder

daranTätigen

langetechnischeNut-

zungsdauer

niedrigbei

einemRoboter

hochbei

Roboteranlage

kurzbeieinem

Roboter

langbeiRobo-

teranlage

NutzungzurFertigung

großerSerien

raschertechnischer

Fortschritt

Herstellerm

itKnow-how

Vorsprung

geringeProduktflexibilität

hochbeieinem

Roboter

mittelbei

Roboteranlage

Geschäftsmodell 1:Bündelung von Spit-zenbedarfen aufstationären Maschi-nen

+ - + - + + -

Geschäftsmodell 2:Abdeckung von Spit-zenbedarfen mitmobilen Maschinen

+ - + - + -

Geschäftsmodell 3:Aneinanderreihungvon Kundenbedarfen

- + - + -

Geschäftsmodell 4:Bündelung individuellunterkritischerKundenbedarfe

- + - + -

Geschäftsmodell 5:kontinuierlicheModernisierung derInvestitionsgüter

+ - + -

Geschäftsmodell 6:Produktionsunter-stützung durch Inves-titionsgüterhersteller

- - + + + - +

Geschäftsmodell 7:erfolgsabhängig zuvergütende Perso-nalqualifizierung

- - + + - +

Geschäftsmodell 8:Wartungsverträge mitgarantierten Verfüg-barkeiten

- - + + + - +

Geschäftsmodell 9:Betrieb von LeanMachine-Konzepten

- - + + - +

Geschäftsmodell10: skalierbarerkapazitativer Ausbau

+ - + -

+ = Kriterienausprägung bietet hohes Potenzial für Geschäftsmodell- = Kriterienausprägung bietet geringes Potenzial für Geschäftsmodellleeres Feld = neutraler Bezug zwischen Kriterienausprägung und Geschäftsmodel

Abbildung 8.5: Eignung neuer Geschäftsmodelle für Industrieroboter

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4. Fazit und Ausblick

Ziel des vorliegenden Beitrags war es, zu prüfen, ob und inwieweit dienstleistungsorientierteGeschäftsmodelle von Investitionsgüterproduzenten die Total-Cost-of-Ownership positivbeeinflussen und daraus den Mehrwert generieren können, der zu Win-win-Situationen fürInvestitionsgüterproduzenten und -kunden führen kann. Dabei wurde deutlich, dass es vielfäl-tig ausgestaltete neue Geschäftsmodelle gibt, die unterschiedliche Bestandteile der TCOadressieren. Die Senkung der Betriebskosten, der Qualitätskosten, der Wartungskosten undauch der Anschaffungskosten ist damit nicht nur durch eine innovative technische Auslegungvon Investitionsgütern erreichbar. Alternativ bzw. ergänzend können diese für die TCO be-deutsamen Kostenarten auch durch neuartige dienstleistungsbasierte Geschäftsmodelle, indenen die Arbeitsteilung zwischen Investitionsgüterhersteller und -anwender in der Nut-zungsphase neu justiert ist, in relevantem Umfang vermindert werden.

Wie sich weiter zeigte, ist das Potenzial neuer dienstleistungsbasierter Geschäftsmodelle zurVerringerung der TCO jedoch nicht unabhängig von den jeweils betrachteten Investitionsgü-tern. Eine vertiefte Analyse für die Investitionsgüter „Werkzeugmaschinen am Beispiel Bear-beitungszentren“, „hybride Montagesysteme“ und „Industrieroboter“ machte deutlich, dassdie Eignung bestimmter Investitionsgüter für die verschiedenen Geschäftsmodelle von viel-fältigen Parametern beeinflusst ist, die aus der Technik der Investitionsgüter und ihrem An-wendungskontext stammen. Dies führt dazu, dass im Vergleich zwischen Werkzeugmaschi-nen, hybriden Montagesystemen und Industrierobotern die verschiedenen Geschäftsmodellesehr unterschiedliche Anwendungspotenziale besitzen. Einen zusammenfassenden Überblickhierzu gibt Abbildung 8.6.

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Werkzeugmaschine(Bearbeitungs-

zentren)

Hybride Montage-systeme

Industrieroboter(Roboteranlagen)

� Betriebskosten-orientierteGeschäftsmodelle(Modelle 1 bis 5)

großes Potenzial modellspezifisch Poten-zial vorhanden (Modelle1, 2 und 3) bzw. ambi-valent zu beurteilen(Modell 5)

ambivalent zu beurtei-lendes Potenzial

� Qualitätskosten-orientierteGeschäftsmodelle(Modelle 6 und 7)

Potenzial geringes Potenzial ambivalent zu beurtei-lendes Potenzial

� Wartungskosten-orientierteGeschäftsmodelle(Modell 8)

ambivalent zu beur-teilendes Potenzial

geringes Potenzial ambivalent zu beurtei-lendes Potenzial

� Anschaffungs-kostenorientierteGeschäftsmodelle(Modelle 9 und 10)

modellspezifisch hohes(Modell10) bzw. gerin-ges (Modell 9) Potenzial

modellspezifisch hohes(Modell10) bzw. gerin-ges (Modell 9) Potenzial

ambivalent zu beurtei-lendes Potenzial

Abbildung 8.6: Vergleich der Eignung neuer Geschäftsmodelle für Werkzeugmaschinen(BAZ), Hybride Montagesysteme und Industrieroboter

Diese Ergebnisse repräsentieren einen Stand der Forschung zum Thema „Neue Geschäftsmo-delle und TCO“ der lediglich als explorativ bezeichnet werden kann. Weder die Zusammen-stellung der Geschäftsmodelle erhebt einen Anspruch auf Vollständigkeit, noch kann dieAuflistung der für die Potenziale dieser Geschäftsmodelle relevanten Technik- und Anwen-dungskriterien als erschöpfend bezeichnet werden. Insbesondere die Zusammenhänge zwi-schen den Ausprägungen dieser Kriterien und daraus resultierenden Chancen neuer Ge-schäftsmodelle gilt es in weiteren Forschungsarbeiten empirisch zu fundieren undzielgerichtet weiterzuentwickeln. Erst dann wird es möglich sein, belastbare Empfehlungenzu formulieren, für welche Investitionsgüter welche Geschäftsmodelle in Frage kommen.

Festzuhalten bleibt, dass die TCO-Betrachtung geeignet ist, wirtschaftliche Potenziale neuerGeschäftsmodelle abzuleiten. Im Umkehrschluss sind damit neue Geschäftsmodelle ein Weg,Einfluss auf die TCO zu nehmen. Die Umfänge dieser Einflussmöglichkeiten sind nicht gene-rell, sondern in Abhängigkeit individueller Investitionsobjekte zu ermitteln. Erste instrumen-telle Ansätze, die eine solche Ermittlung unterstützen könnten, wurden aufgezeigt.

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Autoren 181

Herausgeber

Stefan Schweiger

Prof. Dr.-Ing. Stefan Schweiger ist seit 2003 Professor für industrielle Projektplanung undProzessmanagement in der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Hochschu-le Konstanz (HTWG). Er studierte Maschinenbau an der TU Darmstadt und promovierte zumThema Dienstleistungs-Qualitätsmanagement an der Universität Bremen. Seit 1992 ist Pro-fessor Schweiger als Unternehmensberater, Coach und Referent tätig. Darüber hinaus ist erAutor zahlreicher Veröffentlichungen zu den Themenfeldern Servicemanagement, SupplyChain Management, Strategie und Organisation.

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Autoren 183

Autoren

Eberhard Abele

Prof. Dr.-Ing. Eberhard Abele ist Leiter des Instituts für Produktions-management, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) an der Techni-schen Universität Darmstadt. Bevor er dem Ruf an seinen jetzigen Lehr-stuhl folgte, leitete er verschiedene Projekte zur Neuausrichtung vonProduktionsnetzwerken und sammelte als Leiter der Fertigungspla-nung/Technologieentwicklung und Werkleiter in der Industrie umfangreicheinternationale Erfahrungen in China, Spanien und Frankreich. Sein Institutbeschäftigt rund 50 Mitarbeiter. Diese befassen sich mit der Entwicklung neuer Ansätze imProduktionsmanagement, mit der Konstruktion und Erprobung von neuen Werkzeugmaschi-nenkonzepten und mit der Entwicklung neuer Verfahren in der spanenden Fertigung, insbe-sondere der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung.

Volker Albrecht

Dipl.-Ing. Volker Albrecht ist Leiter Instandhaltung im Produktleistungs-center Motoren der Daimler AG in Untertürkheim. Er studierte an derUniversität Stuttgart Maschinenbau. Seit 1996 arbeitet er im Produktleis-tungscenter Motoren. Zu seinem Verantwortungsbereich gehören Instand-setzungs- und Servicedienstleistungen aller Produktionseinrichtungeninklusive produktionsnaher Rechnersysteme sowie Umwelt- und Entsor-gungstechnik an den Standorten Untertürkheim und Bad Cannstatt. VolkerAlbrecht sammelte neun Jahre tiefgreifende Erfahrungen entlang der gesamten Prozessketteder Instandhaltung PKW-Motorenproduktion.

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184 Autoren

Heidi Armbruster

Dr. Heidi Armbruster ist seit 2004 als wissenschaftliche Mitarbeiterin amFraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karls-ruhe und seit September 2006 als stellvertretende Leiterin des CompetenceCenter „Industrie- und Serviceinnovationen“ tätig. Sie studierte Verwal-tungswissenschaft an der Universität Konstanz und promovierte 2004 ander Universität Genf (Schweiz) und an der Universität Groningen (Nieder-lande) zum Thema „Sozialstrukturen in Innovationsteams“. Ihre For-schungsschwerpunkte liegen in den Bereichen innovative Organisations-konzepte und Geschäftsmodelle, Innovationsmessung und soziale Netzwerkanalyse.

Christian Boge

Dr.-Ing. Christian Boge war bis April 2008 Leiter des Prozessmanagementsbei der Fa. MAG Hüller Hille und ist dort jetzt für den Aufbau des Berei-ches „Composite“ verantwortlich. Er studierte Elektrotechnik an der RWTHAachen und promovierte am Werkzeugmaschinenlabor und Betriebslehre(WZL) der RWTH Aachen zum Thema „Verfahren und Systeme zurProzessüberwachung“. Seit seinem Eintritt 1992 bei Hüller Hille hatte erPositionen im Bereich der Steuerungsentwicklung, Auftragsabwicklung unddem Qualitätsmanagement inne.

Frank Bünting

Dr. Frank Bünting studierte Wirtschaftsingenieurwesen der technischenFachrichtung Maschinenbau an der TU in Darmstadt, wo er auch zumThema „Qualitätsmanagement in der Produkt- und Prozessentwicklung“promovierte. Seit 1995 ist er im VDMA verantwortlich für die Betreuungder Mitglieder rund um die Themen: Qualitäts- und Prozessmanagementund Messung von Kundenzufriedenheit. Seit 2003 ist er Geschäftsführerdes Arbeitskreises „Lebenszykluskosten“, der das VDMA Einheitsblatt34160 „Prognosemodell für Lebenszykluskosten“ erarbeitet hat. Gleichzei-tig ist er Mitarbeiter mehrerer Forschungsprojekte zum Thema „Lebenszykluskosten undTotal-Cost-of-Ownership“.

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Autoren 185

Marina Dervisopoulos

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Marina Dervisopoulos studierte an der Technischen Uni-versität Darmstadt und der Ecole Centrale de Lyon Wirtschaftsingenieur-wesen mit dem Schwerpunkt Maschinenbau. Seit 2004 ist sie als Wissen-schaftliche Mitarbeiterin am Institut für Produktionsmanagement, Techno-logie und Werkzeugmaschinen (PTW) an der Technischen Universität Darm-stadt tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Optimierung globalerProduktions- und Wertschöpfungsnetzwerke, Supply Chain Management unddie lebenszykluskostenorientierte Optimierung von Werkzeugmaschinen.

Christos Kalogerakis

Dipl.-Wi.-Ing. Christos Kalogerakis hat an der Universität Karlsruhe (TH)Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Er hat mehrjährige Erfahrung alsLogistikberater im Bereich Benchmarking sowie als Projektingenieur imBereich Fabrikplanung, Fertigungsrestrukturierung, Produktions- und Lager-logistik sowie in der Auswahl betrieblicher Informationssysteme. Seit 2008arbeitet er für die ProWerk GmbH. Seine Themenfelder sind das Zielkosten-und Lebenszykluskostenmanagement.

Thomas Köllner

Dr.-Ing. Thomas Köllner studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen undpromovierte dort 1999 über das Verzahnungshonen. Von 1994 bis 2000 warer Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Technologie der Ferti-gungsverfahren des WZL der RWTH Aachen und leitete von 1998 bis 2000die Forschungsgruppe „Technologie der Zahnradfertigung“. Nach seinerTätigkeit von 2000 bis 2002 als Consultant bei der Management EngineersGmbH in Düsseldorf trat er 2002 als Leiter Maschinenplanung und Techno-logieentwicklung in die ZF Friedrichshafen AG ein und leitet dort seit 2003die Abteilung Produktionstechnik.

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186 Autoren

Benjamin Kuhrke

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Benjamin Kuhrke studierte Wirtschaftsingenieurwesenmit der technischen Fachrichtung Maschinenbau an der TU Darmstadt. Erist seit 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am PTW der TU Darmstadt.Seit 2006 ist er Leiter des Forschungsteams Umweltgerechte Produktion, inden er nach einigen Forschungsprojekten zum Thema „UmweltgerechteProduktentwicklung“ heute vor allem im Bereich der Energie- und Ressour-ceneffizienz in der Produktion im Allgemeinen und der Energieeffizienzvon Werkzeugmaschinen im Besonderen forscht.

Gunter Lay

Dr. rer. pol. Gunter Lay studierte an der Universität Mannheim Betriebs-wirtschaftslehre und promovierte an der Gesamthochschule Kassel imFachbereich Arbeitswissenschaft. Nach dem Diplomabschluss war er fürzwei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von ProfessorGaugler (Universität Mannheim) tätig. 1978 wechselte er zum Fraunhofer-Institut System- und Innovationsforschung (ISI), wo er den Arbeitsbereich„Innovationen in der Produktion“ begründete. Aktueller Schwerpunkt sei-ner Arbeiten im ISI ist die Koordination des Geschäftsfeldes „IndustrielleDienstleistungen“.

Heiko Noske

Dr.-Ing. Heiko Noske hat an der Universität Hannover Maschinenbau undKonstruktionstechnik studiert. 1993 promovierte er am Institut für Ferti-gungstechnik und spanende Werkzeugmaschinen dieser Universität. An-schließend war er für sechs Jahre zunächst als Leiter Entwicklung undKonstruktion und anschließend als Leiter Montage und Logistik in Indust-rieunternehmen des Maschinenbaus tätig. Mit dem Ziel, seine Erfahrungenauch anderen Unternehmen zur Verfügung zu stellen, machte sich Dr.Noske im Jahr 2000 zunächst als beratender Ingenieur selbständig. 2003gehörte er zum Gründungskreis der ProWerk GmbH, deren Partner und Geschäftsführer erheute ist.

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Autoren 187

Marcus Schröter

Dr. Marcus Schröter ist seit 2005 Projektleiter am Fraunhofer Institut fürSystem- und Innovationsforschung (ISI) im Competence Center „Industrie-und Serviceinnovationen“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Be-reich der Gestaltung und Bewertung von dienstleistungsbasierten Ge-schäftsmodellen für Investitionsgüter sowie der betriebswirtschaftlichenPlanung von energie- und ressourceneffizienten Produktionssystemen. Erstudierte Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen und promo-vierte zur strategischen Planung geschlossener Wertschöpfungsketten ander TU Braunschweig. Er ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu den Themenfelderndienstleistungsbasierte Geschäfts- und Betreibermodelle, Kreislaufwirtschaft, Ersatzteilmana-gement und System Dynamics.

Matthias Striefler

Dipl.-Wi.-Ing. Matthias Striefler studierte Wirtschaftsingenieurwesen an derUniversität Karlsruhe (TH). Dieses schloss er 2008 mit einer praxisorien-tierten Diplomarbeit zur Thematik der Lebenszykluskosten bei Werkzeug-maschinen ab, die er in der ZF Friedrichshafen AG angefertigt hat. Seit2007 ist er als Student in der Abteilung Produktionstechnik im Aufgaben-bereich der Maschinenplanung tätig und ab Oktober 2008 als Trainee.

Peter Wetzel

Peter Wetzel ist Mitbegründer und Vorstand für Technik und Technologieder Infoman AG. Nach dem Informatikstudium in Stuttgart hat er beimFraunhofer IAO die Industrie u. a. für Benutzungsoberflächen und Kunden-kommunikationssysteme beraten. Seit 1996 steht er für die Technolo-giestrategie der Infoman AG. Seit 2003 entwickelt er mit seinenMitarbeitern im Geschäftsfeld Life-Cycle-Performance entsprechendeLösungen für Hersteller und Betreiber von Maschinen und Anlagen.

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188 Autoren

Roland Wieser

Roland Wieser ist gelernter Industriemechaniker-Meister und schloss 1986eine Weiterbildung zum REFA-Techniker und anschließend zum REFA-Industrial-Engineer ab. Von 1977 bis 1982 leitete er den Werkzeugbau beider Fa. Braun in Friedrichshafen und ist seit 1982 für die ZF Friedrichsha-fen AG tätig. Dort führte er zunächst den Fachbereich „Steuerungstech-nik“ und leitete von 1993 bis 1998 den Bereich „AnwenderkoordinationInformatik Produktion“. Seit 1998 ist Roland Wieser am ZF-StandortFriedrichshafen Leiter der Abteilung Instandhaltung für Werkzeugmaschi-nen und Wärmebehandlungsanlagen.