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Leibniz-Journal 4/2013 Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft G 49121 Feinstaub Wenn Luſt krank macht Drohnen „Saubere“ Kriege oder Kriegsverbrechen? Ägypten Recherchen bei den Muslimbrüdern Ausstellung 100 Jahre Jugendbewegung Wie kleinste Partikel größte Probleme bereiten Luft anhalten.

Leibniz-Journal 4/2013: Luft anhalten. Wie kleinste Partikel größte Probleme bereiten

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Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

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Leibniz-Journal

4/2013

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

G 4

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FeinstaubWenn Lu� krank macht

Drohnen„Saubere“ Kriege oder Kriegsverbrechen?

ÄgyptenRecherchen bei den Muslimbrüdern

Ausstellung100 Jahre Jugendbewegung

Wie kleinste Partikelgrößte Probleme bereiten

Luftanhalten.

Page 2: Leibniz-Journal 4/2013: Luft anhalten. Wie kleinste Partikel größte Probleme bereiten

In der detailgetreu restaurierten Barockanlage finden

Sie 81 stilvoll eingerichtete Gästezimmer und 15 indivi-

duell ausgestattete Tagungsräume. Kulinarisch ver-

wöhnt Sie unser Küchenchef im ehemaligen Refekto-

rium. Am Abend trifft man sich gern zum gemütlichen

Tagungsausklang in unserem rustikalen Stiftskeller.

Die aktive Teilnahme am Umweltpaket Bayern und

die wiederholte Auszeichnung mit dem Bayerischen

Umweltsiegel in Gold sind sichtbarer Ausweis eines

nachhaltigen Engagements auch für ökologische Be -

lange und kulturelle Werte.

Wir in Kloster Irsee freuen uns auf Sie !

Historisch geprägt, atmosphärisch einzig: Als vielfach

ausgezeichnetes Tagungshotel bietet Kloster Irsee sei-

nen Gästen aus Wirtschaft und Politik, Wissenschaft

und Hochschule einen einmaligen Rahmen für akade-

mische Begegnungen und Konferenzen.WILLKOMMEN

Luft zum Atmen, Raum zum Bewegen

W W W . K L O S T E R - I R S E E . D E

SchwäbischesTagungs- und Bildungszentrum

Eine Einrichtungdes Bezirks Schwaben

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In der detailgetreu restaurierten Barockanlage finden

Sie 81 stilvoll eingerichtete Gästezimmer und 15 indivi-

duell ausgestattete Tagungsräume. Kulinarisch ver-

wöhnt Sie unser Küchenchef im ehemaligen Refekto-

rium. Am Abend trifft man sich gern zum gemütlichen

Tagungsausklang in unserem rustikalen Stiftskeller.

Die aktive Teilnahme am Umweltpaket Bayern und

die wiederholte Auszeichnung mit dem Bayerischen

Umweltsiegel in Gold sind sichtbarer Ausweis eines

nachhaltigen Engagements auch für ökologische Be -

lange und kulturelle Werte.

Wir in Kloster Irsee freuen uns auf Sie !

Historisch geprägt, atmosphärisch einzig: Als vielfach

ausgezeichnetes Tagungshotel bietet Kloster Irsee sei-

nen Gästen aus Wirtschaft und Politik, Wissenschaft

und Hochschule einen einmaligen Rahmen für akade-

mische Begegnungen und Konferenzen.WILLKOMMEN

Luft zum Atmen, Raum zum Bewegen

W W W . K L O S T E R - I R S E E . D E

SchwäbischesTagungs- und Bildungszentrum

Eine Einrichtungdes Bezirks Schwaben

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L E I B N I Z | I N H A LT

4 KURZ & FORSCH

8 PERSPEKTIVE

Jutta Allmendinger: Karriereförderung in der Leibniz-Gemeinschaft

10 TITELTHEMA LUFT

10 Feinstaub: Gesundheitsrisiko in Städten

16 Himmelsphänomen: Leuchtende Nachtwolken

18 Interview: Den Klimawandel in die Schranken weisen

22 Wolken: Schwebeteilchen gegen die Erderwärmung?

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26 Drohnen: Kriegstechnologie vs. Völkerrecht

28 Tierhaltung: Abgasarme Ställe

statt dicker Luft

30 SPEKTRUM

30 Interview: Im Wohnzimmer der Muslimbrüder

33 Ulrich Bathmann: Das Plastikmeer

34 Energie: Revolutionieren Laser die Stromversorgung?

36 MUSEEN

Aktuelle Ausstellungen der Leibniz-Gemeinschaft

38 IMPRESSUM

39 LEIBNIZ LEKTÜRE

40 LEIBNIZ LIFE

40 Interview: Die Wiedervereinigung der Wissenschaft

42 Leibniz in Kürze, Verlosung

45 LEIBNIZ LEUTE

LUFT ANHALTEN. THEMENSCHWERPUNKT LUFTKrankmachender Feinstaub, Emissionshandel und Kampfdrohnen. Wie Leibniz-Forscher das Element zwischen Himmel und Erde vermessen. 10

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SPEKTRUM | Das Innenleben der Muslimbruderschaft

MUSEEN | Jugendbewegung im Germanischen Nationalmuseum

4/2013

Liebe Leserin, lieber Leser,

Haben Sie’s gemerkt? 2013 ist das Europä-ische Jahr der Luft. Für uns Anlass genug, die Luft anzuhalten und einen Blick zu werfen auf Feinstaub, Emissionshandel, Drohnen und mehr. | Unser Schwerpunkt ab Seite 10

Exmatrikuliert 1958 „wegen mangelnder Verbindung zur Arbeiterklasse“, 32 Jahre spä-ter letzter Wissenschaftsminister der DDR: Das Leben des Hans Joachim Meyer ist nicht frei von Überraschungen. Jetzt erhält der 77-Jährige von der Leibniz-Gemeinschaft den Hans-Olaf-Henkel-Preis für Wissenschaftspo-litik. Ein Gespräch. | Seite 40

Zum Hausbesuch bei Muslimbrüdern war Anette Ranko für ihre Dissertation – jetzt ist die Forscherin am Leibniz-Institut für Globale

und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg eine gefragte Expertin zur Entwicklung in Ägypten. | Seite 30

„Reichen wird das nicht.“ Ulrich Bathmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Ostseefor-schung Warnemünde, ist unzufrieden mit der EU: Der Beschluss, die Produktion von Plastiktüten einzuschränken, könne nur ein Anfang sein im Kampf gegen die Verseuchung der Meere durch immer mehr Plastik und immer kleinere Plastikpartikel. | Seite 33

Bleiben Sie neugierig!

Christian Walther

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L E I B N I Z | K U R Z & F O R S C H

Die optimalen Zugrouten für die Wanderung zwischen Sommer- und Winterquartieren liegen Schreikranichen nicht in den Genen, sie lernen sie von älteren Artgenossen. Zu dieser Erkenntnis gelangten Forscher des Frankfurter Biodiversität und Klima Forschungszentrums der Senckenberg- Gesellschaft und der University of Mary-land (USA). Im Rahmen ihres Aufzucht- und Auswilderungs-programms führten die Wis-senschaftler Jungvögel bei ihrer ersten Migration mit Ultraleicht-flugzeugen an. Anschließend

beobachteten sie die Wande-rungen der Folge jahre und stell-ten fest, dass Fluggruppen mit älteren Kranichen weniger weit vom direkten Weg abkamen als Gruppen junger Tiere. Dabei gibt allein das Alter des ältes-ten Kranichs den Ausschlag für den kürzeren Weg, so die For-scher. Je erfahrener ein Mitglied der Gruppe, desto direkter der Kranichzug. Die Größe des Schwarms spielt keine Rolle. Die sogenannte Schwarm intelligenz kommt somit nicht zum Tragen.Science 30 August 2013. doi: 10.1126/science.1237139

doi = Digital Object Identifier, ein eindeutiger und dauerhafter Identifikator für digitale Objekte, vor allem für Online-Artikel von wissenschaftlichen Fachzeitschriften verwendet

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Evolution der MalariaEine Studie zu westafrikanischen Fledermäusen liefert neue Erkenntnisse über die Verwandt-schaftsbeziehungen von Malaria-Parasiten. Wissenschaftler des Berliner Museums für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolu-tions- und Biodiver-sitätsforschung und ein internationales Forscherteam unter-suchten über 270 Fle-dermäuse. Sie stellten fest, dass zwei der in diesen nachgewiese-nen Parasiten eng mit bereits in Nagetieren identifizierten Para-siten verwandt sind. Vermutet wird, dass malariaübertragende Stechmücken in der Nähe von Bäumen sowohl Fledermäuse als auch Nagetiere in-fizierten. Dabei erfolg-te im Laufe der Zeit höchstwahrscheinlich ein Wirtswechsel von Nagetier zu Fleder-maus und zurück. Die Analyse der Evolution der Malariaparasiten und ihrer Verwandt-schaftsbeziehungen untereinander soll neue Erkenntnisse über die weltweit am häufigsten auftreten-de Tropenkrankheit liefern.PNAS 2013. doi:10.1073/pnas.1311016110Fortschritt im Kampf gegen

das AIDS-Virus HIV: Forschern des Heinrich-Pette-Instituts – Leibniz-Institut für Experimen-telle Virologie ist es erstmals gelungen, die antivirale Wir-kung des Enzyms Tre-Rekombi-nase an lebenden Organismen nachzuweisen.

Gemeinsam mit der TU Dres-den entwickelten sie in den vergangenen Jahren das En-zym, das HIV-Erbgut aus Zellen herausschneiden und so eine Infektion rückgängig machen kann. Bisher war dies nur in

einzelnen Zellen gelungen. Nun konnten die Wissenschaftler an mit humanen Stammzellen versetzten Mäusen zeigen, dass diese Therapiestrategie auch in lebenden Organismen funktio-niert. Das nährt die Hoffnung, dass die Tre-Rekombinase künftig zur vollständigen Hei-lung HIV-Infizierter beitragen könnte, so die Forscher. Der-zeitige AIDS-Therapien können bestenfalls die Vermehrung des Virus unterdrücken.PLOS Pathogens 9(9):e1003587. doi:10.1371/journal.ppat.1003587

Enzym gegen HIV

Fliegen will gelernt sein Tödliches QuartettEinen Weg, die Wahrscheinlichkeit zu messen, mit der Men-schen am sogenann-ten metabolischen Syndrom erkranken, haben Forscher vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam entdeckt. Das besonders in Industrienationen verbreitete Krank-heitsbild zeichnet sich durch vier Komponenten aus, Ärzte sprechen vom „tödlichen Quartett“: Übergewicht, Blut-hochdruck, gestörter Fettstoffwechsel, Insu-linunempfindlichkeit. Betroffene erkranken häufiger an Diabetes, Krebs und Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen. Die Forscher fanden heraus, dass ein ver-langsamter Abbau des Hormons Insulin in der Leber auf ein be-ginnendes metaboli-sches Syndrom sowie eine sich anbahnende Störung des Zucker-stoffwechsels hindeu-tet. Die Messung der Geschwindigkeit des Insulinabbaus könnte Hochrisiko-Patienten künftig früh identifi-zieren. Rechtzeitige Maßnahmen gegen den Ausbruch von Diabetes würden so möglich.

Hoffnungsvolle JugendIm Jahr 2012 nahmen 62 Prozent aller 16- bis 17-Jährigen an sogenannten bildungsorientierten Freizeitaktivitäten wie Musik- und Sportunterricht teil oder engagierten sich ehrenamtlich, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Das ist deutlich mehr als noch 2001, als es nur 48 Prozent waren.DIW-Wochenbericht 40/2013

Fluglehrer: Alte Schreikraniche weisen jungen Artgenossen den Weg zwischen Nord und Süd.

Berlin. Wissenschaft auf einen Klick. www.berlin-sciences.com

Im Dienst der Wissenschaft.Berlin, die höchste Forschungsdichte Europas. Rund 200.000 experimentierfreudige Menschen studieren, lehren und arbeiten an 14 staatlichen und 28 privaten Hochschulen sowie rund 70 außer universitären Forschungs stätten. Darunter internationale Institute wie die Fraunhofer- und Max- Planck-Gesellschaften. Die enge Verzahnung von Wirtschaft, Wissen schaft und Politik sowie attraktive Förderbedingungen sind Katalysatoren für eine dynamische Szene im Dienste der Wissenschaft. Erforschen auch Sie diesen leben digen Nährboden für Wissenschaftler und Unternehmen. Im Berliner Wissenschaftsportal mit aktuellen Terminen, Projekten und Navigator durch die gesamte Berliner Wissenschaft.

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Trotz sinkender Bevölkerungszahlen wird die Zahl der Autos in den nächsten Jahren steigen. Das prognostiziert das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen. Demnach wird die Bevölkerung in Deutschland bis 2030 um knapp fünf Prozent schrumpfen, die Zahl privater Kraftfahrzeuge dage-gen um vier Prozent steigen. Grund dafür ist nach Einschätzung der Wissenschaftler die wachsende Zahl an Haushalten: Zwischen 1995 und 2012 stieg sie von 35,3 Millionen auf 40,4 Millionen und wird laut RWI weiter leicht zunehmen. Die Berechnungen der Wissenschaftler basieren zudem auf einer geschätzten jährlichen Einkommenssteigerung von 0,8 Prozent. Auch sie trage dazu bei, dass mehr Autos gekauft werden. Ruhr Economic Paper #385

Mehr Autos, weniger Menschen

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Sprechendes ObstBäume, die Auskunft über ihr Befinden ge-ben und so zu einem umweltgerechten und qualitätsorientier-ten Anbau von Obst beitragen? Moderne Technologien des Leibniz-Instituts für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB) und eines eu-ropäischen Forscher-teams machen dieses

Szenario möglich. Die Wissenschaftler rüste-ten dazu eine Obstan-lage mit einer Vielzahl von Messgeräten aus. Mit an den Früch-ten angebrachten optischen Sensoren und einem mit 3D-, Thermografie- und Hyperspektralkame-ras ausgestatteten Roboter sammelten die Wissenschaftler Informationen über Früchtequalität, Bewässerungsbedarf und die optimale Erntezeit. Auf dieser Basis entwickelten sie Algorithmen, mit denen die Entwick-lung einzelner Bäume oder ganzer Abschnit-te von Anbaugebieten gesteuert werden kann. Ziel des Projekts ist die ressourcen-schonende Produk-tion hochwertiger Lebensmittel.www.atb-potsdam.de/3d-mosaic

Wie geht es dieser Kirsche? ATB­Roboter können das „fühlen“.

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Menschen, die in einer klassi-schen Eltern-Kind-Familie auf- wachsen, engagieren sich später stärker in der Zivil-gesellschaft als jene, die aus einem nicht-traditionalen Fa milienumfeld stammen. Das haben Forscher des ifo-Insti-tuts – Leibniz- Institut für Wirt-schaftsforschung festgestellt. Angesichts der Tatsache, dass das bürgerschaftliche Enga-gement in den Industriestaa-

Für Gruppen außerhalb klassischer Familien strukturen muss in öffentli­chen Einrichtungen viel in politische Bildung investiert werden.

Heilender Reisschädling? Forscher wollen Rhizoxin zur Krebstherapie nutzen.

PIAAC-Studie: Deutsche nur Durchschnitt

ten seit Jahrzehnten abnimmt und die Zahl alleinerziehender Eltern und sogenannter Patch-workfamilien zunimmt, müss-ten Wege gefunden werden, die Zivil gesellschaft zu stärken. Die Wissenschaftler empfehlen da-her, vermehrt in die politische Bildungsarbeit in Schulen und anderen öffentlichen Einrich-tungen zu investieren.

Ifo Schnelldienst 66 (17), S. 30-38

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Deutsche Erwachsene im Alter zwischen 16 und 35 Jahren sind im internationalen Vergleich nur Durchschnitt, wenn es um grundlegende Kompetenzen in Alltagsmathematik, Lesen oder im Lösen von Problemen mit Hil-fe neuer Technologien wie dem Internet geht. Das ergab PIAAC (Programme for the Internatio-nal Assessment of Adult Compe-tencies), eine Vergleichsstudie der Organisation für Wirtschaft-liche Zusammenarbeit und Ent-wicklung (OECD) in 24 Ländern, an der mit dem GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaft, dem ifo-Institut – Leibniz-Ins-

titut für Wirtschaftsforschung und dem Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung drei Leibniz-Institu-te beteiligt waren. Der Bericht zeigt: Bei der Lesekompetenz bewegen die Deutschen sich unter dem Durchschnitt, bei den mathematischen Kompe-tenzen und der technologieba-sierten Problemlösung schnit-ten sie überdurchschnittlich ab. Die Studie verdeutlicht, dass die Ursachen von Problemen im Bildungssystem, die sich bereits in Studien wie PISA offenbar-ten, seit langem bestehen.www.gesis.org/piaac

Reisschädling gegen KrebsWissenschaftler des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiolo-gie – Hans-Knöll-Ins-titut und der Univer-sität Tübingen ist es gelungen, einen wich-tigen Schritt in der Herstellung des Stoffs Rhizoxin zu entschlüs-seln. Rhizoxin ist das Produkt eines auf Reisfeldern verbreite-ten Schädlings. Bereits Mitte der 1980er Jahre fanden Wissen-schaftler heraus, dass die Substanz wirksam gegen Krebs ist. In der Therapie konnte Rhizoxin jedoch nicht eingesetzt werden, da es sich schlecht im menschlichen Körper

Das galaktische FlatternUnsere Heimatgala-xie, die Milchstraße, flattert. Das hat ein Team von Astronomen um Mary Williams vom Leibniz-Institut für Astrophysik Pots-dam festgestellt. Die Wissenschaftler ent-deckten diesen Effekt mit Daten des RAdial Velocity Experiments (RAVE), das Infor-mationen über eine halbe Million Sterne im Umkreis der Sonne bereitstellt. Die Milch-straße rotiert demnach nicht nur, sondern bewegt sich auch senk-recht zur galaktischen Scheibe. Dass sich unsere Heimatgala-xie in permanenter Bewegung befindet, ist

löst und instabil ist. Dennoch ist der Stoff vielversprechend. Die Forscher unter-suchten die Bildung des Moleküls und identifizierten einen unbekannten Reakti-onsmechanismus und ein neues Enzym. Mit-hilfe dieses Synthese-prinzips könnten neue medizinische Wirk-stoffe erzeugt und existierende gezielt verändert werden. Zudem wurde das neuentdeckte Enzym für weitere Forschung in der Proteindaten-bank PDB hinterlegt, auf die Wissenschaft-ler weltweit zugreifen können.Nature 502, 124–128. doi:10.1038/nature12588

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Zivilgesellschaft stärken

seit Langem bekannt. Als Balkenspiralgala-xie rotiert sie um das galaktische Zentrum. Nun hat sich heraus-gestellt, dass sie auch nach Norden und Süden aus der galakti-schen Scheibe heraus flattert – wie eine Flag-ge im Wind. Die Kräfte, die diese Bewegungen anstoßen, kommen aus unterschiedlichen Richtungen und lösen so das Flattern aus. Die Astronomen vermu-ten, dass unter ande-rem der Durchgang kleinerer Galaxien durch die Milchstraße ein Grund sein könnte.Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (2013). doi: 10.1093/mnras/stt1522

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Langlebige Autorität

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Dauerzustand Diktatur: WZB­Forscher untersuchen autoritäre Machtstrategien.

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Rund die Hälfte der Weltbevöl-kerung lebt in nichtdemokrati-schen Ländern. Diese Diktaturen überdauern, wenn politische Führer sich der sogenannten sanften Repression bedienen. Zu diesem Ergebnis kommt das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), das un-ter diesem Begriff die Einschrän-kung bürgerlicher Freiheitsrech-

te, etwa durch Einfrieren von Konten oder Demonstrations-verbot, versteht. In ihrer Analy-se von autoritären Regimen in 137 Ländern identifizierten die Wissenschaftler drei Säulen der Stabilität von Diktaturen: Legi-timation, Repression und Ko-optation. Den größten Einfluss habe sanfte Repression wie in Russland unter Präsident Putin.

Legitimation, beispielsweise durch Stärkung der Wirtschaft oder Verbesserung der inneren und äußeren Sicherheit, spielt laut WZB eine untergeordnete Rolle. Selbiges gilt für Kooptati-on, die Einführung scheinbar de-mokratischer Institutionen wie Parteien und Parlamente.Politische Vierteljahresschrift, 2013, 54, SH 47, S. 106-131

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Jutta Allmendinger ist Präsidentin des

Wissenschafts­zentrums Berlin

für Sozialforschung (WZB) und Professo­

rin für Bildungsso­ziologie und Arbeits­

marktforschung an der Humboldt­

Universität zu Berlin. Sie leitet die Projekt­

gruppe Karriere­förderung der

Leibniz­ Gemeinschaft.

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Kurze Vertragslaufzeiten, Teilzeit, Unklar-heit über die Leistungen, die während der Promotions- und Postdoc-Phase erwartet werden, eine zu lose Betreuung, wenige Wegbegleiter. Außerdem die Ungewissheit, ob man langfristig in der Wissenschaft blei-ben möchte und bleiben kann, unsichere Karriereaussichten, fehlende Informatio-nen über die Arbeitsanforderungen in an-deren gesellschaftlichen Sektoren – all das belastet junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Hinzu kommen gerade die Fragen dieser spezifischen Lebensphase: Wie vereinbare ich eigentlich Wissenschaft und Familie? Ist Wissenschaft mehr als Be-rufung und Beruf, verschlingt sie mein gan-zes Leben und lässt keinen Raum für Part-ner, Freunde, Eltern und Kinder? Muss ich mich zwischen den Welten entscheiden? Diese Fragen beeinträchtigen oft den Reiz von Jahren, in denen man sich vergleichs-weise unbeschwert, frei und voller Neugier entfalten kann.

Solche Fragen sind auch Ausgangspunkt der Leitlinien zur Karriereförderung der Leibniz-Gemeinschaft, die ein höheres Maß an Transparenz gewährleisten sollen. Zur Orientierung und Versicherung aller Beteiligten wurden darin die Rechte und Pflichten von promovierenden und promo-

vierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nieder-geschrieben – auch solche, die ganz selbstverständlich sein sollten. Es geht um Fragen der Betreuung, des aktiven Aufein-anderzugehens, der Vertrags-laufzeiten, von Anschub- und Auslauffinanzierungen und der Möglichkeit, sich in vielen The-men weiterzubilden und selbst Lehrerfahrung zu sammeln. Die wichtigsten Elemente wur-den zuvor in der Projektgruppe Karriereförderung der Leibniz-Gemeinschaft diskutiert und daraufhin überprüft, ob sie in allen Disziplinen und Institu-ten angewandt werden können.

Bereits auf der Mitgliederversammlung der Leibniz-Gemeinschaft 2012 konnten die Leitlinien zur Karriereförderung verab-schiedet werden. Nun geht es darum, diese um- und einzusetzen, jeweils passgenau in der jeweiligen Einrichtung.

Attraktiven Forschungsraum schaffen

Die Projektgruppe der Leibniz-Gemein-schaft wird daher ihre Arbeiten fortführen. Dabei geht es um mehr als eine kritische Begleitung der Umsetzung. Es geht auch um neue Ansätze. Wichtige Impulse erhielt die Arbeitsgruppe vom Senat der Leibniz-Gemeinschaft, dem die Leitlinien im Juli 2013 vorgestellt wurden. Vertiefen wird die Projektgruppe die Themen soziale Absiche-rung von Stipendiaten, Karriereentwick-lung in ihrer biografischen Abfolge und die von der Europäischen Kommission vorge-legte „European Charter and Code for Re-searchers“. Mit diesen Dokumenten möchte die EU einen einheitlichen und attraktiven Forschungsraum in Europa schaffen. Die Leibniz-Gemeinschaft könnte auf ihre Leit-linien zur Karriereförderung zurückgreifen und so eine wichtige Initiative der EU un-terstützen. Des Weiteren wird es der Pro-jektgruppe um drei weitere Bereiche ge-hen: den Auf- und Ausbau von Netzwerken sowie interdisziplinären und intersektora-len Kompetenzen.

Netzwerke stärken

Regionale, nationale und internationale Netzwerke müssen gestärkt werden. Regi-onal vernetzte Graduiertenschulen können aufgebaut werden, um die Potenziale in ei-ner Region besser zur Geltung zu bringen. Die guten Verbindungen zu Hochschulen sind hier hilfreich. Auch die Lehre könnte dann anders geregelt werden. Die von Leib-niz-Einrichtungen erbrachte Lehre sollte wirklich den Hochschulen zugutekommen

statt ZweifelVerlässlichkeit

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Karriereförderung in der Leibniz-Gemeinschaft

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statt Zweifel

und den dort Beschäftigten mehr Zeit für die Forschung geben. Sie sollte daher nicht kapazitätserhöhend wirken. Handlungsbe-darf ergibt sich auch bei den Doktoranden. Diese sollen – wenngleich in begrenztem Umfang – an die Lehre herangeführt wer-den, können die dafür benötigte Zeit aber nicht im Rahmen ihrer Stelle aufbringen, die meist nur Teilzeitstellen sind. Wie kön-nen wir hier helfen? Desgleichen gilt es, bessere Möglichkeiten für längerfristige und damit nachhaltige Auslandsaufenthal-te zu schaffen. Die vielen Auslandskontakte der Leibniz- Institute sind dabei besser zu nutzen.

Von anderen lernen

Interdisziplinarität wird immer mehr zu einer Schlüsselkompetenz, die wir zwar fordern, aber nicht fördern. Wir brauchen interdisziplinär ausgerichtete Ausbildungs-komponenten. Als Beispiel ist das von Heike Solga initiierte „Kolleg für interdis-ziplinäre Bildungsforschung“ (CIDER) zu nennen, dem bundesweit ersten Versuch einer strukturierten Karriereförderung für Postdocs. 30 Fellows aus fünf Disziplinen und 22 wissenschaftlichen Einrichtungen arbeiten fächerübergreifend zu wichtigen Themen der Bildungsforschung. Das Kolleg wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Jacobs Foundation gefördert. Wir brauchen mehr solcher Kollegs. Nur dann bereiten wir verantwortungsvoll auf große Forschungs-programme vor, die auf Interdisziplinarität setzen, wie etwa das EU-Rahmenprogramm Horizon 2020.

Immer wieder sind Klagen zu hören, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Be-reiche hätten kaum Kontakt zueinander. Also müssen wir auch daran arbeiten. Das WZB erprobt derzeit ein Programm „Wissenschaft in der Praxis“. Postdocs erhalten die Möglichkeit, in Wirtschaft, Verwaltung, Politik, Medien oder Verbän-den mindestens drei und maximal zwölf Monate zu arbeiten. Während die Partne-rinstitutionen von der wissenschaftlichen Expertise der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler profitieren, erhalten diese Einblick in die Kultur, Logik und Herange-hensweise anderer Sektoren. Sie erwerben zusätzliche Kenntnisse und vielseitig ein-setzbare Fähigkeiten.

Die Leibniz-Gemeinschaft wird diese Ansätze vorantreiben. Es geht ihr dabei um mehr als die eigene Organisation. Daher wurde auch ein Arbeitskreis Karrierema-nagement aller außeruniversitären Ein-richtungen gebildet. Die Leibniz- und die Helmholtz-Gemeinschaft, die Fraunhofer- und die Max-Planck-Gesellschaft suchen nun nach einem gemeinsamen Nenner der Karriereförderung – unter Anerkennung ihrer unterschiedlichen Aufträge. Würde eine solche gemeinsame Arbeit sich um-setzen lassen, wäre viel gewonnen. Näh-me man dann noch die Schnittstellen mit Hochschulen und Arbeitgebern aus ande-ren Sektoren stärker in den Blick, würde aus einer Lebensphase in zweifelnder Un-sicherheit ein Leben, das die Freude an der Forschung mit guten und verlässlichen Ar-beitsbedingungen und Arbeitsanforderun-gen verbindet.

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Netzwerke und Interdisziplinarität sind wesentliche Erfolgsfaktoren der Karriereförderung.

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Besonders in Großstädten atmen Menschen weltweit

gefährliche Schadstoffe ein. Wenn zu viel Ruß und

ähnliche Partikel in der Luft schweben, greift das nicht

nur die Lungen an. Immer mehr Krankheiten werden mit

Feinstaub in Verbindung gebracht.

Tiefdurchatmen?

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Die Schattenseite des ökonomischen Aufstiegs: Smog und Feinstaub tauchen die chinesische Hafenmetropole Shanghai in dichten Dunst.

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Wärme mit Nebenwirkungen:

24.000 Tonnen Feinstaub entweichen

pro Jahr aus deutschen Kaminöfen.

Forschungstaucher: Mike Belasus inspiziert eine Fundstelle am

Meeresboden.

In den Baumärkten werden die Geräte mit Stahl- oder Speckstein-Gehäuse nach vor-ne gerückt. „Knisterndes Flam-menspiel“ und „natürliches be-hagliches Heizen“ versprechen die Prospekte, die dazu ver-teilt werden. Der Winter naht, die Werbung für Kaminöfen läuft auf Hochtouren. Doch der Trend, das Wohnzimmer mit ihnen zu beheizen, hat unbe-absichtigte Folgen. Schon dass es klimafreundlich ist, Holz zu verbrennen, da dabei nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie der Baum vorher gebunden hat, gilt als umstritten. Sicher ist: Der Luft schadet es enorm. Große Mengen Feinstaub und Schadstoffe entstehen. Durch den Schornstein gelangen sie in die Umgebung.

Die Emissionen sind inzwi-schen beträchtlich. „Schöne grüne Wohnsiedlungen am Ran-de der Stadt, in die die Leute wegen der sauberen Luft und der Ruhe gezogen sind, haben plötzlich ein Feinstaub-Pro-blem“, sagt Barbara Hoffmann vom Leibniz-Institut für um-weltmedizinische Forschung (IUF) in Düsseldorf. 24.000 Ton-

nen Feinstaub produzierten Ka-mine, offene Feuerstätten und Holzpellets-Heizungen allein 2009. Mehrere Millionen Öfen stehen inzwischen in deutschen Haushalten. Allein einer davon, mahnt das Umweltbundesamt, produziert so viel Feinstaub-masse wie 3.500 Erdgas-Hei-zungen. Die Entlastung durch den Rückgang der Kohle-Öfen und -Heizungen wird dadurch mehr als kompensiert.

Feinstaub hat viele Quellen

Dreckige Luft ist kein neues Phänomen. Noch in den frühen 1990er Jahren pusteten Kohle-kraftwerke ohne Schwefelfilter und Autos ohne Katalysatoren gigantische Abgasmengen in die Luft. In den Industrieländern sind klassische Schadstoffe wie Schwefeldioxid und Stick-oxide inzwischen zwar stark zurückgedrängt worden. Doch „rein“ ist die Luft keineswegs. Ins Zentrum der Aufmerksam-keit ist inzwischen Feinstaub gerückt, verschwindend kleine Partikel in der Luft, die neben

Hausbrand-Anlagen auch zahl-reichen anderen Quellen ent-stammen: Auspuffen von Die-sel-Motoren, dem Reifen abrieb auf dem Asphalt, Baustellen, Kohlekraftwerken und Indus-trieanlagen oder der Intensiv-landwirtschaft. Auf fast 210.000 Tonnen summierten sich die Feinstaubemissionen 2011 al-lein in Deutschland.

Für den Menschen stellen die Partikel ein erhebliches Ge-sundheitsrisiko dar. Sie können eine ganze Reihe von Krankhei-ten verursachen, besonders die Atemwege und das Herz-Kreis-laufsystem sind betroffen. Laut Umweltbundesamt sinkt die Lebenserwartung der Europä-er durch feinstaubverursachte Krankheiten, darunter Lungen-krebs, Herzinfarkte und Atem-wegserkrankungen, im Schnitt um knapp ein halbes Jahr. Ak-tuelle Zahlen der Europäischen Umweltagentur in Kopenhagen zeigen zwar, dass die Belastung im vergangenen Jahrzehnt zu-rückgegangen ist. Aber immer noch atmen rund 90 Prozent der Großstadtbewohner Euro-pas Luft, die – gemessen an den Empfehlungen der Weltgesund-heitsorganisation (WHO) – zu viel Feinstaub enthält.

Tödliche Luftverschmutzung

Neue Forschungen, an denen das IUF maßgeblich beteiligt war, belegen die Dringlich-keit, die Feinstaub-Emissionen deutlich stärker zu senken. Die „European Study of Cohorts for Air Pollution Effects“ (ES-CAPE) kam zu dem Ergebnis, dass der Staub-Cocktail in der Luft das Lungenkrebsrisiko er-höht. Vor allem aber zeigte die Studie, dass es keinen Schwel-lenwert gibt, ab dem seine Konzentration ungefährlich ist. „Es lohnt sich auf jedem Fein-staub-Niveau, die Belastung zu senken“, kommentiert Barbara Hoffmann. „Die gegenwärtigen Grenzwerte sind ein Kompro-miss – aus gesundheitlicher Sicht sind niedrigere Schwellen anzu streben.“

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Umstritten, aber erfolgreich: Umweltzonen vermindern vor allem die Rußbelastung.

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Die WHO reagierte unlängst auf die neuen Erkenntnisse: Sie stufte Luftverschmutzung als eine der Ursachen für Krebs-krankheiten ein. Weltweit sei-en im Jahr 2010 etwa 230.000 Todesfälle durch Lungenkrebs auf Luftverschmutzung zurück-zuführen, ergänzt die Interna-tionale Agentur für Krebsfor-schung. Viele davon dürften auf das Konto von Feinstaub gehen.

Feinstaub ist ein Sammelbe-griff für luftgetragene Partikel im Größenbereich von bis zu 10 Mikrometer. Partikel größer als 1 Mikrometer, das entspricht einem Tausendstel Millimeter, bestehen meist aus Mineral-staub, Seesalz oder sind Pollen und Sporen. Feinere Partikel wie Sulfate, Nitrate oder orga-nischer Kohlenstoff bilden sich aus der Gasphase oder gelan-gen wie Rußpartikel direkt aus Verbrennungsprozessen in die Luft. Umweltbehörden ermit-teln hierzulande lediglich die in Mikrogramm pro Kubikme-ter Luft angegebene Massen-konzentration von Feinstaub-partikeln, die kleiner als zehn und 2,5 Mikrometer sind. Von „PM10“ und „PM2,5“ sprechen die Behörden. Die Forschung interessiert sich jedoch auch

für sogenannten Ultrafeinstaub. Weniger als 0,1 Mikrometer messen diese Partikel, die in ih-rer Massenkonzentration unbe-deutend sind.

Direkt in die Blutbahn

Die Auswirkungen von PM10 und PM2,5 auf die menschliche Gesundheit sind bereits relativ gut erforscht. Anders ist es bei den ultrafeinen Partikeln (UFP), und hier liegt ein Problem: In Städten kommen vor allem Ruß-partikel in dieser Größenklasse vor. „Experimente deuten dar-auf hin, dass insbesondere die UFP gefährlich sein können“, sagt Barbara Hoffmann, die sich seit rund zehn Jahren mit dem Thema Luftverschmutzung und Feinstaub befasst. Die Rußpar-tikel sind so klein, dass sie von der Lunge direkt in die Blutbahn gelangen. Von dort werden sie in alle Regionen des Körpers trans-portiert.

Die Forscher haben mehrere Pfade identifiziert, auf denen die Partikel wirken. Einerseits lösen sie in den Lungen kleine, zu-nächst lokale Entzündungen aus, die auf den restlichen Körper

übergreifen können. Das wieder-um stört die Regulation der Blut-gefäße, erhöht die Bildung von Blutgerinnseln und befeuert das Fortschreiten von Arteriosklero-se. Ein zweiter Pfad beeinflusst das vegetative Nervensystem, Herzrhythmusstörungen und erhöhter Blutdruck können die Folge sein. Des Weiteren lagern sich an den Staubteilchen eine Vielzahl giftiger und krebserre-gender Bestandteile an. Mit den Partikeln gelangen diese direkt zu den Organen.

Inzwischen werden viele Krankheiten mit Feinstaub in Verbindung gebracht, bei de-nen ein Zusammenhang mit Luftschadstoffen bislang als unwahrscheinlich galt. In einer gemeinsamen Studie fanden das IUF und das Deutsche Diabetes Zentrum, das zweite Düsseldor-fer Leibniz-Institut, heraus, dass eine langjährige hohe Feinstaub-Belastung das Erkrankungsrisi-ko für Diabetes Typ 2 signifikant erhöht. Die Forscher verknüpf-ten dazu Daten aus einer seit 1985 laufenden Langzeitunter-suchung zu den Gesundheits-folgen von Luftverschmutzung im Ruhrgebiet mit jenen aus Luftmessstationen und Emis-sionskatastern. Von den 1.775

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Teilnehmerinnen der Studie erkrankten 187 zwischen 1990 und 2006 an Diabetes. Bei Frau-en, die in stark mit verkehrsbe-dingten Feinstäuben belasteten Gegenden wohnen, war das Ri-siko, erstmals an Diabetes Typ 2 zu erkranken, dabei deutlich erhöht.

Noch ungeklärt ist, ob sogar ein Zusammenhang zwischen Feinstaub und der Entstehung von Alzheimer besteht. Auch hierzu forscht das IUF. Die Wis-senschaftler vermuten, dass die kleinen Partikel über den Nervus olfactorius, den soge-nannten Riechnerv, ins Gehirn gelangen können, wo sie Ent-zündungsreaktionen auslösen. Entzündliche Prozesse und Infektionen gelten als eine Ur-sache für die neurogenerative Krankheit.

Gerade bei den ultrafei-nen Partikeln ist jedoch noch Grundlagenarbeit nötig. Anders

als für die gesetzlich vorge-schrieben PM10- und PM2,5-Messungen fehlt ein dichtes Messnetz, um die Langzeitbe-lastung durch Ultrafeinstaub zu erfassen. Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt arbeitet das Leibniz-Institut für Troposphä-renforschung (TROPOS) daran, diese Lücke zu schließen.

Dichtes Netz für feine Partikel

„Weltweit einmalig“ sei das in-zwischen aufgebaute Netz mit bundesweit 17 Messstationen, die von Straßenschluchten bis ins alpine Hochgebirge instal-liert wurden, sagt Alfred Wie-densohler, der die Abteilung „Experimentelle Aerosole und Wolkenmikrophysik“ des Leip-ziger Instituts leitet. Wie wich-tig mehr Wissen über die UFP-Belastung ist, verdeutlicht der

Physiker so: „Die ultrafeinen Partikel machen in städtischen Gebieten nur wenige Prozent der Gesamtmasse des Fein-staubs aus, aber rund 90 Pro-zent der Anzahl der Partikel.“ Einzig die Feinstaub-Masse zu kennen, reicht demnach nicht aus, um die Luftqualität zu be-werten, Maßnahmen zu ihrer Verbesserung einzuleiten und einzuschätzen, wie effektiv die-se sind.

Ein Beispiel hierfür sind Um-weltzonen. Inzwischen haben die meisten deutschen Städ-te sie eingerichtet, um ältere Diesel-Fahrzeuge mit hohem Ruß partikelausstoß aus dem Verkehr zu ziehen. ADAC und Wirtschaftsverbände bezwei-feln den Sinn der Maßnahme. Ihr Argument: Noch immer gäbe es zu viele Tage, an denen die Feinstaub-Grenzwerte über-schritten werden. Laut Alfred Wiedensohler liegen die Kriti-

Atemnot: Über die Lunge

gelangt Feinstaub in alle Organe.

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ker jedoch falsch. Er zieht eine positive Bilanz für die Umweltzo-nen und verweist dabei auf die In-nenstadt Leipzigs, deren Luftwer-te das TROPOS genau analysierte. Die Konzentration der besonders gefährlichen Ruß-Bestandteile im Feinstaub konnte dort in den vergangenen zwei Jahren um bis zu 30 Prozent gesenkt werden. Ein bemerkenswerter Erfolg, der aus den gesetzlich vorgeschrie-benen Messungen, auf die sich etwa der ADAC bezieht, jedoch nicht abgelesen werden kann, da diese nur größeren Feinstaub er-fassen. Auch in anderen Städten seien solche Erfolge möglich, ist sich Wiedensohler sicher, wenn in ihren Umweltzonen nur noch Autos mit grüner Plakette zuge-lassen werden. „Wir müssen auf diesem Weg voran gehen und alle Quellen für toxischen Feinstaub minimieren.“

Das ist freilich nicht einfach, weil viele unterschiedliche Quellen existieren. Auch der Transport von Feinstaub über große Entfernungen in der At-mosphäre zählt dazu.

Ruß aus der Ferne„Je nach Wetterlage können mehr als zwei Drittel der Be-lastung in deutschen Städ-ten aus diesem Ferntransport stammen“, erklärt Alfred Wie-densohler. Besonders die Koh-leverbrennung in den Öfen und Kraftwerken Osteuropas sei ein Problem. Dringend müssten schärfere Feinstaub-Limits er-lassen werden, meint der Phy-siker. Die EU habe die Chance, doch noch Vorbild für Länder wie das smog- und feinstaubge-plagte China zu werden – wenn sie die Grenzwerte für die be-

sonders gefährlichen Rußparti-kel regulieren würde.

Und auch jeder Einzelne kann helfen, die Feinstaubemis-sionen zu senken. Die Besitzer qualmender Kaminöfen bei-spielsweise. Die Epidemiologin Barbara Hoffmann vom IUF rät diesen dringend, Hinweise des Umweltbundesamtes für ein möglichst emissionsarmes Hei-zen mit Holz zu beachten, also möglichst trockenes, naturbe-lassenes Holz zu nutzen und die Anlagen regelmäßig warten zu lassen. Filter, die den Feinstaub aus dem Abgas holen, bevor er den Schornstein verlässt, emp-fiehlt das UBA derzeit noch nicht. In der Praxis zeigen sie sich bisher wenig wirksam. Das Feinstaubproblem, so das UBA, können sie auf absehbare Zeit nicht lösen.

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Mehr als 300 Wracks liegen in der

deutschen Ausschließ­lichen Wirtschaftszo­ne auf dem Grund der

Nordsee.

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Wissenschaftlich beschrieben wurde das Phänomen der „leuchtenden Nachtwolken“ (engl.: noctilucent clouds, NLC) erstmals 1885 als „auffallen-de Abenderscheinungen“ am Himmel. NLC sind mit bloßem Auge nur unmittelbar nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang sichtbar. Dann, wenn es am Boden schon oder noch dunkel ist und das Son-nenlicht in Höhen zwischen 80 und 90 Kilometern auf winzige Eisteilchen mit einem Radius von etwa 50 Nanometern trifft. Für die leuchtenden Farbspiele sind Temperaturen von unter

-130 Grad Celsius notwendig, die in diesen Höhen nur in mitt-leren und polaren Breiten auf-treten – merkwürdigerweise im Sommer. Dieses Phänomen, kalt im Sommer und ‚warm‘ im Winter, erforscht das Leibniz-Institut für Atmosphärenphy-sik in Kühlungsborn (IAP). Die Forscher untersuchen die NLC mit modernen Lasermessgerä-ten, sogenannten Lidaren, bei verschiedenen Frequenzen. So-wohl in Kühlungsborn als auch in arktischen und antarktischen Breiten. Aus diesen Messun-gen werden die Eigenschaf-ten der Eisteilchen und der

Umgebung ermittelt. Das IAP verfügt mit der am ALOMAR-Observatorium in Nord nor-wegen (69°N) erstellten NLC-Zeitreihe über den längsten und umfangreichsten Daten-satz weltweit. NLC dienen als Hinweis auf Veränderungen in der Atmosphäre, da schon sehr kleine Änderungen der Tempe-ratur beziehungsweise des Was-serdampfgehaltes sich stark auf ihre Höhe und Helligkeit auswir-ken. Ob NLC auch als Indikato-ren für Klimaänderungen dienen können, wird in der Literatur kontrovers diskutiert.

red/Fjl

Mehr zum Thema: http://www.iap­kborn.de/Leuchtende­Nachtwolken­und­Lidars.122.0.html

Das Leuchten der Nacht

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Wie kann der Klimawandel gestoppt werden? Seit 2008 widmet sich Ottmar Eden-hofer, Vize-Direktor des Potsdam- Instituts für Klima-folgenforschung (PIK) und Leiter der Arbeitsgruppe III des Welt klimarates (IPCC), dieser Menschheitsfrage. Im Inter-view erklärt der Chefökonom des PIK, warum der Emissi-onshandel dabei eine zentrale Rolle spielen sollte. Und dass Klimapolitik mitunter eine ner-venaufreibende Angelegenheit ist.

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In einem Porträt schrieb „Nature“ kürzlich, dass Sie vor jeder Sitzung des IPCC eine Karteikarte vor sich an den Sitzungstisch heften. Was hat es damit auf sich?Leider ist mir Zorn nicht fremd, auch bin ich ungeduldig und kann schon mal auf den Tisch hauen. Für einen Diplomaten

sind das keine Tugenden. Wenn man im UN-Kontext Verhand-lungen führt, muss man genau zuhören und hitzige Debatten auch dann auf eine rationale, lösbare Ebene bringen, wenn Angriffe mal emotional oder so-gar persönlich werden. Deswe-gen das Kärtchen. Darauf steht der Rat eines befreundeten Wissenschaftlers: „You should never lose your temper.“

Neben VWL haben Sie auch Philosophie studiert. Hilft das bei Ihrer Arbeit?Nach dem Studium habe ich die Philosophie zunächst beiseite gelassen, erst im IPCC ist sie mir wieder wichtig geworden. In Ar-beitsgruppe III geht es darum, in welchem Ausmaß und wie wir den Klimawandel begren-zen können. Dabei stehen wir immer wieder vor Wert- oder sogar Gerechtigkeitsfragen, etwa weil Entwicklungs- und Indust-riestaaten ungleich vom Klima-wandel betroffen sind und ihnen durch Klimaschutz unterschied-lich hohe Kosten entstehen. Solche Fragen angemessen zu verhandeln, ist schwer. Für den fünften Sachstandsbericht un-serer Gruppe habe ich deshalb auch Philosophen an Bord geholt. Sie schreiben ein ganzes Kapitel zum Verhältnis von Ökonomie, Gerechtigkeit, Ethik und Werten.

Im April legen sie den Bericht in Berlin vor. Wie sind Sie in den vergangenen fünf Jahren vorgegangen?

Wir haben einen intensiven Di-alog mit der wissenschaftlichen Gemeinschaft geführt, um aus-zuloten, welche Fragen wichtig sind, wenn wir den Klimawan-del in seine Schranken weisen wollen. Auf dieser Grundlage haben Forscher Szenarien und Modelle entwickelt, um bei-spielsweise einschätzen zu kön-nen, wie viel Erneuerbare Ener-gie oder Kernenergie wir dazu benötigen. Besonders wichtig war es mir dabei, die Rolle des IPCC klar zu definieren.

Warum war das nötig?Ich glaube, die wissenschaftli-che Politikberatung muss sich neu aufstellen. Ich möchte das mit einem Bild beschreiben: Der IPCC erstellt Landkarten, auf denen Zielorte sichtbar wer-den, die auf verschiedenen Pfa-den erreicht werden können. Die Kosten, Risiken, Vorteile und nötigen Politik instrumente müssen dabei klar auf dem Tisch liegen. Wir erkunden die-se Pfade auf Basis der wissen-schaftlichen Literatur und in intensiven, kritischen Diskussi-onen. Die Politik dagegen muss Mehrheiten zustande bringen, um einen dieser Pfade zu be-schreiten und beraten, was pas-siert, wenn sich herausstellen sollte, dass er doch nicht gang-bar ist. In diesem Prozess muss stets klar sein, dass die Aufgabe des Kartographen eine andere ist als die des Navigators: Der eine berät, der andere macht Politik. Fo

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Ottmar Edenhoferist stellvertretender Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenfor-schung sowie Professor für die „Ökonomie des Klimawandels“ an der Technischen Univer sität Berlin. Er leitet zudem das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change. Seit 2008 sitzt er der Arbeitsgruppe III des Weltklimarats IPCC vor, die sich mit der Verminderung des Klimawandels befasst.

„Die

steigen, steigen und steigen.“Emissionen

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Kohlerenaissance: Nie war der fossile Brennstoff weltweit gefragter als heute. Auch in Deutschland laufen die Kraftwerke auf Hochtouren. Etwa in Boxberg in der sächsischen Oberlausitz.

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Der Bericht Ihrer Kollegen aus Arbeitsgruppe I hat vor einigen Wochen bestätigt, dass CO2 die Hauptursache des Klimawandels ist. Trotz-dem steigt der Ausstoß stär-ker denn je. Kann der Trend umgekehrt werden?Wir befinden uns in der größten Kohlerenaissance seit Beginn der Industrialisierung. Wenn man die globalen Emissionen betrachtet, könnte man denken, dass es weder die Finanzkrise noch eine Klimapolitik gegeben hat. Die Emissionen steigen, steigen und steigen. Ob die-ser Trend umgekehrt werden kann? Ja, technisch geht das und es geht auch zu angemessenen Kosten. Doch die politischen Herausforderungen sind gewal-tig: Die wichtigsten Emittenten müssten kooperieren und eine Vereinbarung treffen, es müsste sich so etwas herausbilden wie eine CO2-Steuer oder ein funk-tionierender Emissionshandel.

In der EU sind die Preise für CO2-Zertfikate zuletzt aller-dings gefallen – es wurde günstiger, die Luft zu ver-schmutzen. Was ist schief gelaufen?

Zum einen liegt es an der Kon-junkturkrise. Die Nachfrage nach Emissionsrechten ist gesunken und mit ihr der Preis der Zertifi-kate. Zum anderen sind jede Men-ge „Clean Development-Zertifika-te“ aus dem Ausland zugeflossen, die Staaten auf ihre Redukti-onsziele anrechnen dürfen, wenn sie in Entwicklungsländern emis-sionsmindernde Maßnahmen umsetzen. Zum dritten wurde der Emissionspreis auch durch die verstärkte Förderung der Erneu-erbaren gesenkt. Emissionsarme Energie ist günstiger geworden.

Ist der Emissionshandel ge-scheitert?Die Obergrenze für die Emissi-onen wurde eingehalten, dem Klima ist sozusagen nicht mehr geschadet worden als geplant. In diesem Sinne ist der europä-ische Emissionshandel durchaus erfolgreich. Mit Blick auf den Preisverfall gibt es aus meiner Sicht viele Fehlinterpretationen. Stellen sie sich vor, wir würden eine Emissionsobergrenze festle-gen und morgen früh wachen wir auf und haben über Nacht lauter emissionsfreie Technologien zur Verfügung. Der Emissionspreis würde dann auf null absinken

– aber wäre der Handel damit gescheitert? Vielmehr wäre das Konzept doch aufgegangen: Es hätten sich so viele Innovationen durchgesetzt, dass wir nicht mehr darauf angewiesen sind, CO2 in der Atmosphäre abzulagern. Ein niedriger Emissionspreis deutet also nicht automatisch auf ein Versagen des Emissionshandels hin. Trotzdem funktioniert der Emissionshandel in der EU natür-lich nicht perfekt.

Was muss sich ändern?Wir brauchen nach 2020, wenn die derzeitige Phase des EU-Emissionshandels ausläuft, eine schärfere Emissionsobergrenze. So wären weniger Zertifikate auf dem Markt, der Preis würde steigen und mit ihm der Anreiz, in emissionsarme Technologien zu investieren. Außerdem sollte eine staatlich garantierte Preis-untergrenze für die Zertifikate festgelegt werden, die Investo-ren Planungssicherheit gibt. Wer zum Beispiel in ein effizientes Kohlekraftwerk oder in Erneu-erbare Energien investiert, hat die Sicherheit, dass bei Konjunk-tureinbrüchen der Preis nicht unter eine Grenze fällt, zu deren Einhaltung sich die Politik durch

Emissionshandel ist ein Instrument der Kli-mapolitik, das den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase wie CO2 reduzieren soll. Der Gesetzgeber ― eine Staatengemeinschaft wie die Europäische Union oder ein einzelner Staat ― bestimmt, welche Unternehmen am Han-del teilnehmen dürfen. Außerdem legt er eine Emissionsobergrenze fest: Das sogenannte Cap bestimmt, wie viele Tonnen Treibhausgase in einem bestimmten Zeitraum ausgestoßen wer-den dürfen. In diesem Rahmen werden Emissi-onsrechte, sogenannte Zertifikate, an die teil-nehmenden Unternehmen vergeben – kostenlos oder in Auktionen. Wer im Besitz eines solchen Zertifikats ist, hat das Recht, eine bestimm-te Menge zu emittieren. Einmal pro Jahr wird Bilanz gezogen: Wer weniger emittiert hat, als festgelegt, kann überschüssige Zertifikate verkaufen; wer mehr ausgestoßen hat, muss zusätzliche Zertifikate kaufen. Die Emissions-rechte sind handelbar, stehen dabei aber in

Konkurrenz zu umweltfreundlichen Technolo-gien, die den Ausstoß senken oder vermeiden. Jedes Unternehmen hat die Wahl, ob es in in-novative Technologien wie Windkraft investieren oder Zertifikate von anderen Handelsteilneh-mern kaufen möchte. Dabei wird es sich in der Regel für die günstigsten Minderungsmaßnah-men entscheiden. Der Emissionshandel, so die Idee, liefert also einen Anreiz, in klimafreund-liche Technologien zu investieren. Langfristig soll auf diese Weise der Ausstoß von Klimagasen eingestellt werden. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Emissionshandelssysteme etabliert, etwa in Japan und den USA. Das erste multinationale Handelssystem startete 2005 in der Europäischen Union. Inzwischen sind daran etwa 11.000 Anlagen aus Industrie und Energie-wirtschaft sowie der innereuropäische Flugver-kehr beteiligt.

red/mit material vom umweltbundesamt

Wie funktioniert der Emissionshandel?

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den Aufkauf von Zertifikaten ver-pflichtet. So entsteht Planungssi-cherheit, die vor allem für lang-fristige Investitionen wichtig ist. Dass die Zertifikate in Zukunft nicht mehr verschenkt, sondern versteigert werden, ist ein gro-ßer Fortschritt. Mittelfristig soll-ten wir allerdings sicherstellen, dass alle Sektoren in den Emis-sionshandel integriert werden. Das ermöglicht, dass Investoren nach den kostengünstigsten Ver-meidungsoptionen suchen.

Manche Forscher wollen Emis-sionen nicht nur reduzieren, sondern sie aus der Luft holen. Wie stehen Sie zu den Maßnah-men des sogenannten Geoengi-neering?Das hängt ganz davon ab, von welcher Form des Geoenginee-ring wir sprechen. Das eine ist das Entziehen von CO2 aus der Atmosphäre, man spricht von Carbon Dioxid Removal Tech-nologies. Sie reichen von CO2-Einlagerungen im Boden über großskalige Aufforstung bis hin zur Methanisierung, die CO2 in Methan umwandelt, das etwa im Transportsektor genutzt werden könnte. Je länger wir zögern bei der Emissionsreduktion, desto wichtiger könnten diese Tech-nologien werden, auch wenn unklar ist, ob sie technisch oder politisch wirklich verfügbar sein werden. Eine ganz andere Geschichte ist das sogenannte Solar Radiation Management. Es soll nicht Emissionen aus der Atmosphäre ziehen, sondern die Strahlungsbilanz der Erde steu-

ern, indem man etwa Aerosole in die Atmosphäre injiziert, die Sonnenstrahlen reflektieren und die Erde so kühlen. Aus meiner Sicht ist das hochproblematisch: Wer legt fest, wie hoch die glo-bale Mitteltemperatur sein soll? Die Großmächte? Oder der Si-cherheitsrat der Vereinten Na-tionen? Ihre Veränderung hät-te gravierende Auswirkungen, etwa auf die regionalen Nieder-schlagsmuster. Es ist eine kühne Annahme, zu glauben, dass So-lar Radiation Management den Klimawandel begrenzen kann. Zudem kann Problemen wie der CO2-bedingten Versauerung der Ozeane nur begegnet werden, indem man Emissionen abbaut.

Aber die Staaten sperren sich gegen Wandel.Weil er schwer umzusetzen ist. Nehmen wir ein Land wie Ka-nada. Vor 20 Jahren hat es für Klimaschutz plädiert. Dann stieg der Ölpreis und vor Alberta wur-den plötzlich wertvolle Ölsande abgebaut. Nehmen wir Nigeria. Durch eine konsequente Klima-politik würde der Ölpreis lang-samer steigen – das ist gut für die OECD-Staaten, aber schlecht für Nigerias Exporterlöse. Klima-schutz provoziert auch Verände-rungen, die für einige Teilneh-mer von Nachteil sein können. Noch dazu besteht die Welt der Regierungen nicht allein aus Klimaschutz. Die Finanzierungs-krise ist derzeit ihr Hauptaugen-merk. Das ist auch der Grund, warum im Augenblick so wenig im Klimaschutz zu machen ist.

Was kann der Bericht Ihrer Arbeitsgruppe bewirken?Das ist die große Frage. Im April werden wir ihn allen Regierungen der Welt vorlegen, um gemein-sam mit ihnen Wort für Wort die sogenannte Zusammenfassung für Entscheidungsträger abzu-stimmen. Die Wissenschaft hat dabei immer das letzte Wort, aber es wird ein schwieriger Prozess. Ich glaube, der Bericht kann nur Wirkung entfalten, wenn es uns gelingt, das Thema Klima stärker mit wirtschafts- und finanzpoli-tischen Fragen zu verzahnen. Da sind auch die Vereinten Nationen gefordert. Ich glaube, UN-Gene-ralsekretär Ban Ki Moon sieht die Herausforderungen und wird neue Wege beschreiten.

Und sollte trotz allem nichts passieren?Die Folgen wären wohl gravie-rend. Das Amazonasgebiet könn-te von einer CO2-Senke zu einer CO2-Quelle werden, die Monsun-dyamik aus dem Gleichgewicht geraten, und über die Versaue-rung der Ozeane haben wir ja be-reits gesprochen. Wenn wir beim Zwei-Grad-Ziel nicht vorwärts kommen, kostet das Zögern der Regierungen bares Geld: Warten wir bis 2020, verschlingen die Kosten, um es doch noch zu er-reichen, ein bis zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. Zaudern wir bis 2030, steigen diese Zah-len auf vier bis fünf Prozent. Wir bewegen uns dann in der Grö-ßenordnung der heutigen Finanz-krisen.

interview: david schelp

Statt CO2-Zertifikaten: Der Emissionshandel soll klimafreundliche Technologien wie Windkraft fördern.

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Klimafaktor Wüste: Sand und Staub aus der Sahara wehen über Westafrika und den Atlantik in Richtung der Kapverdischen Inseln.

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Mitten in der Nacht schrillt das Telefon. Die über ein Dutzend Wissenschaftler in der Ferien-wohnung im Thüringer Wald sind alarmiert, suchen eilig nach ihren Hosen, Schuhen, Jacken. Die Gruppe weiß, was der Anrufer ankündigen wird: Wolken. Eine Stunde bleibt nun, um in die bereitstehenden VW-Busse zu steigen, durch den mit Schnee bedeckten Nadelwald zu fahren und sich auf die drei Messstationen zu verteilen.

Eine davon liegt auf dem Hö-henzug „Schmücke“. Der erste Forscher klettert die Leiter des Stahlgerüsts hinauf, 20 Meter hoch in den Nebel. Er über-prüft die mit Frost bedeckten Geräte, die „ALABAMA“ heißen, „HR-ToF-AMS“ oder „FSSP“. Mo-dernste Spektrometer und La-ser, die Wolken durchleuchten, Wolkentropfen und die Luft-feuchte vermessen. Die Wissen-schaftler dürfen keine Fehler machen. Allzu viele geeignete Wolken werden in den folgen-den sechs Wochen nicht vorü-berziehen.

„Insgesamt hatten wir acht gute Wolkenevents“, erinnert sich Hartmut Herrmann, Leiter der Chemieabteilung des Leib-niz-Instituts für Troposphären-forschung (TROPOS) in Leipzig.

Aerosole beeinflussen das Klima entscheidend. Dennoch ist wenig

über die in der Luft schwebenden Kleinstpartikel bekannt. Mit

immer ausgefeilteren Methoden begeben sich Forscher deshalb

auf ihre Spur.

Die Idee zu dem Experiment hatte Herrmann im Herbst 2010. Im Fokus standen darin vor allem Kleinstpartikel, die in ihrer mittleren Größe etwa 2.000 Mal kleiner sind als der Punkt am Ende dieses Satzes. An diesen in der Luft herum-schwirrenden Aerosolpartikeln bilden sich die Wolkentropfen.

Komplexes Zusammenspiel am Himmel

Doch nur langsam gelingt es der Forschung, das komplexe Zusammenspiel am Himmel zu durchblicken. „Wolken und Aerosole stellen weiterhin die

größte Unsicherheit in der Einschätzung des sich wan-delnden Energiehaushalts der Welt dar“, heißt es im aktuellen Sachstandsbericht des Weltkli-marats (IPCC). Unbestritten ist: Sie spielen eine entscheidende Rolle.

Aerosolpartikel schweben al-lerorts in der Luft, als Mineral-staub, Salz, Ruß oder Bakterien. Ohne sie gäbe es keine einzige Wolke. Wenn Luft aufsteigt, sich abkühlt und die Luftfeuchtig-keit bis auf 100 Prozent steigt, kondensiert das Wasser an den Kleinstpartikeln. Je mehr davon in der Luft sind, desto mehr Tropfen können sich bilden. Die Wolken werden weißer und beständiger, sie können länger einen Teil der Sonnenstrahlen zurück ins All reflektieren und so die Erde abkühlen. Diesen Effekt auf das Klima haben Ae-rosole auch ohne Wolken: Wie ein Sonnenschirm wirken etwa die gigantischen Smogglocken über chinesischen Millionen-städten. Die Erderwärmung wird „maskiert“, heißt es im IPCC-Bericht. Die Frage ist nur: Wie stark?

Bislang gingen Wolkenfor-scher davon aus, dass eine ver-besserte Luftqualität die Tem-peraturen um 0,4 bis 1 Grad

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Wolkenverhangen: Messstation auf dem

Höhenzug „Schmücke“ im Thüringer Wald.

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erhöht. Im aktuellen Weltklim-abericht sind sie vorsichtiger. Zu wenig weiß man noch über Aerosole.

Hartmut Herrmann will auch deshalb kein Detail übersehen. Monate nach der Winternacht im Thüringer Wald wertet er noch immer akribisch die Da-ten des Schmücke-Experiments aus. Im Mai wurde eine erste Er-kenntnis in der Fachzeitschrift „Science“ präsentiert: Das bei der Wolkenbildung wichtige Sulfat könnte weniger zur Ab-kühlung der Erde beitragen als gedacht. Lange war man fälsch-licherweise davon ausgegan-gen, dass die Bildung von Sulfat in den Wolken vor allem durch Metallionen aus Kraftwerks-schloten oder Autoauspuffen katalysiert wurde und weniger aus natürlichen Quellen wie Wüstenstaub.

Abkühlung aus der Wüste?

Nun stellte sich heraus: Es ist wohl genau andersherum. Da aber die Mineralstaubpartikel aus den Wüsten vergleichswei-se groß sind, werden sie, nach-dem sich das Sulfat daran bin-det, schnell aus der Atmosphäre getragen, etwa durch Regen. Ih-

nen bleibt so weniger Zeit, um das Licht der Sonne zurückzu-streuen. Der Kühleffekt ist also geringer.

Wissenschaftler interessie-ren sich aber nicht nur für die Nahaufnahme, sondern auch für das Gesamtbild. Um die Raum-struktur der Wolken besser zu verstehen, haben im Frühjahr 120 Forscher aus dem TROPOS und 16 weiteren Instituten am Forschungszentrum Jülich der Helmholtz-Gemeinschaft mehr als 20 Instrumente zur Boden-fernerkundung aufgeboten. Sie richteten Lidare, Radare und Bodensensoren auf einen fest definierten Himmelsausschnitt und schossen Strahlen auf die Wolken, um durch die Lichtbre-chung Rückschlüsse auf deren Eigenschaften zu ziehen. Bis in zehn Kilometer Höhe vermaßen die Geräte Temperatur, Feuch-tigkeit, Aerosolart und Wolken-struktur – und zeichneten so ein detailreicheres Bild der Ent-stehung und Veränderung von Wolken als je zuvor.

Ende September kamen Wol-kenforscher vom TROPOS und der Münchner Ludwig-Maxi-milians-Universität ihrem For-schungsobjekt noch ein Stück näher. Im sächsischen Melpitz schickten sie einen Hubschrau-ber und einen Wetterballon in

die Wolken, um mehr über die Größenverteilung der Aerosol-partikel und die Eisbildung in den Wolken zu erfahren, die entscheidend dafür ist, dass es regnet. Am Hubschrauber be-festigt war eine 200 Kilogramm schwere und knapp fünf Meter lange Sonde, die alle zehn Zenti-meter einen Messpunkt erstell-te.

Die Messergebnisse, mit de-nen schon bald Grundlagen-forschung betrieben und Kli-mamodelle gefüttert werden sollen, werden nun in einem 16 Meter hohen Turm in Leipzig überprüft. In dem Labor des TROPOS lässt sich nachvollzie-hen, wie Wolken entstehen. Sein Herzstück ist eine sieben Meter lange, von außen gekühlte Röh-re. Von oben wirbeln Aerosolp-artikel in ihr Inneres, hinein in einen befeuchteten Luftstrom. Um die künstliche Wolke beobachten zu können, hat die Röhre einen Schlitz.

Experimente im Wolkenturm

Durch ihn können die Forscher einen Lichtstrahl schießen, um festzustellen, ob und in welcher Größe Tropfen entstanden sind. „Je mehr die Aerosolpartikel

Science 10 May 2013. doi: 10.1126/

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Wolkengeburt: In einem 16 Meter hohen Labor in Leipzig erzeugen und untersuchen Forscher am TROPOS Wolken.

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durch Feuchtigkeit aufquellen, desto mehr strahlen sie auch ab“, erklärt TROPOS-Wolkenex-pertin Heike Wex. Knackpunkt bei den künstlichen Wolken ist die Turbulenz. Nur mit geschick-ten Algorithmen kann man die in echten Wolken auftretenden Luftverwirbelungen am Compu-ter rekonstruieren. „Unordnung und Chaos können wir nicht so einfach herstellen“, sagt Andreas Macke, der Direktor des Leipzi-ger Leibniz-Instituts.

Ein Schatz an Beobachtungen

Ganz neue Möglichkeiten, um Aerosole zu verstehen, bie-tet der Teilchenbeschleuniger CERN in der Schweiz. Dort ha-ben Forscher herausgefunden, dass kosmische Strahlung einen geringeren Einfluss auf die Bil-dung von Aersolen und damit auf das Klima hat als zeitweise angenommen. Bestätigen konn-ten die Wissenschaftler zwar, dass die Sonne winzige Partikel auf die Erde schießt, die Aero-sole ionisieren und damit die Kondensation feuchter Luft zu Tröpfchen an diesen begüns-tigen. Der Effekt fiel bei der Wolkenbildung aber kaum ins Gewicht, so das Ergebnis einer in „Nature“ veröffentlichten Studie, an der auch TROPOS-Forscher beteiligt waren. Das konnten die Forscher anhand

bestimmter Ammoniak-Mole-küle zeigen. Schon eine sehr geringe Menge von ihnen reicht aus, um im Zusammenspiel mit Schwefelsäuremolekülen eine riesige Menge an Kleinstpar-tikeln zu bilden – kosmische Strahlung hin oder her.

Mit der Datenflut aus all die-sen und weiteren Versuchen füttern die Wissenschaftler Re-chenmodelle, um das Klima ge-nauer vorhersagen zu können. Außerdem helfen neue Daten, die Genauigkeit bestehender Modelle zu testen. „Wir verfügen über einen Schatz an Beobach-tungen“, sagt Ina Tegen, Leiterin der Abteilung Modellierung am TROPOS und Professorin an der Universität Leipzig. Dank immer komplexerer Messinstrumente und neuer Satelliten habe sich die Methodik in den vergange-nen Jahren stark verbessert.

Bis ins Detail können Tegen und ihre Kollegen im Modell rechnen, wenn es um kleine Ge-biete wie den Höhenzug Schmü-cke geht. Für Mitteldeutschland, Europa oder die Welt ist das noch nicht möglich. Die Daten sind zu unsicher und die Re-chenkapazität der Computer zu gering. „Es ist noch sehr viel zu tun“, meint Tegen. Den Aeroso-len auf den Grund zu gehen – das sei für sie wie die Erforschung eines unbekannten Kontinents.

benjamin von brackel, verena kern

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Nature 476, 429–433.

doi: 10.1038/

nature10343

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6. Juli 2012. Es ist Abend in Zowi Sidgi, einem Dorf im Nordwes-ten Pakistans, in einem Zelt sit-zen einige Arbeiter beisammen und essen. Die vier Drohnen der amerikanischen Luftwaffe, die über dem Dorf kreisen, be-unruhigen sie nicht. Das Stam-mesgebiet gilt als Hochburg islamistischer Aufständischer, nirgends auf der Welt setzen die USA mehr unbemannte Flugzeu-ge ein, um Terroristen zielgenau auszuschalten. Doch an diesem Juliabend schlägt der Plan fehl: Das Zelt wird beschossen, min-destens acht der Arbeiter ster-ben. Kurz darauf trifft ein zwei-ter Luftschlag die ihnen zu Hilfe eilenden Nachbarn. Dorfbewoh-ner sprechen später von Panik, Hilflosigkeit, Blut und Leichen-teilen. 18 Zivilisten kommen ums Leben, so die Menschen-rechtsorganisation Amnesty In-ternational.

Es sind Vorfälle wie dieser, die eine weltweit geführte De-batte um Drohnen füttern. Die Hightech-Waffen polarisieren. Für Kritiker bricht ihr Einsatz

„Saubere“ Kriege oder Kriegsverbrechen aus der Luft? Konfliktforscher Niklas Schörnig fordert die Ächtung autonomer Kampfdrohnen.

Völkerrecht, fordert zivile Opfer und verschärft die Spannungen zwischen den involvierten Staa-ten. Für viele Regierungen hin-gegen birgt er ein verlockendes Versprechen: in den Krieg zu ziehen, ohne das Leben der ei-genen Truppen zu riskieren.

Close air support für Bodentruppen

„Gerade in westlichen Staaten ist der Druck, den Tod von Soldaten zu legitimieren, extrem hoch“, sagt Niklas Schörnig, der an der Hessi-schen Stiftung Friedens- und Kon-fliktforschung (HSFK) technische und ethische Fragen moderner Kriegsführung untersucht. Ein Thema, bei dem großer Informa-tionsbedarf besteht. Der Unter-ausschuss Rüstungskontrolle des Bundestags, politische Parteien, Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen haben die HSFK bereits um Beratung gebeten, mit dem Bundesverteidigungsminis-terium und der Bundeswehr steht man im Gespräch.

Es ist Schörnig in diesen Gesprä-chen wichtig, ein Bewusstsein für die Vielzahl der Fragen zu schaffen, die die Hightech-Waffen aufwerfen. Grundsätzlich sei die Nutzung ferngesteuerter Droh-nen nur im Rahmen bewaffneter Konflikte mit dem Völkerrecht vereinbar, so der 41-jährige Po-litologe und Volkswirt: „Dass Bodentruppen etwa in zwischen-staatlichen Kriegen Schutz aus der Luft, den so genannten close air support, erhalten dürfen, ist Konsens.“ Die Bundesregierung, die den Einsatz der Technologie in Auslandseinsätzen in Betracht zieht, hat bislang allerdings keine klare Stellungnahme abgegeben, ob sie Drohnen ausschließlich zu diesem Zweck nutzen will – oder ob sie auch andere, völkerrecht-lich möglicherweise umstrittene-re Szenarien im Sinn hat.

Auch dass keine europäische Regierung Kritik am Vorgehen der US-Armee in Pakistan, Je-men und Somalia übt, irritiert Schörnig: „Dort werden Drohnen außerhalb eines bewaffneten Konflikts gezielt zur Tötung von

ohne GesichtGegner

Die US­Drohne „MQ 1 Predator“

im Einsatz.

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Terroristen eingesetzt. Das ist völkerrechtswidrig und verstößt gegen grundlegende Menschen-rechte.“ Mittelfristig könne das Schweigen der westlichen Länder zu einer Aufweichung der Nor-men führen. Auch die Menschen-rechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch teilen Schörnigs Urteil. Erst kürzlich warfen sie den USA vor, in Pakistan und Jemen menschen-rechtliche Standards und das Völ-kerrecht zu missachten und be-schuldigten auch Deutschland, die US-Drohnenangriffe in Pakistan mit Geheimdienstinformationen zu unterstützen. Das Weiße Haus verteidigte die Einsätze: Sie seien „präzise, rechtmäßig und effektiv“, so Obamas Sprecher Jay Carney.

Schon die ferngesteuerten Drohnen von heute, die Namen wie „Reaper“ (dt.: Sensenmann), „Hunter“ (Jäger) oder „Predator“ (Raubtier) tragen, mögen un-heimlich erscheinen. Die Zukunft der Kriegsführung sind aber wohl autonome Drohnen, die selbst-ständig Waffengewalt anwenden – und so ganz neue Fragen auf-werfen: Darf man Computern die Entscheidung über Leben und Tod überlassen? Wer übernimmt die Verantwortung, wenn etwas schief geht? Wie sicher sind die Systeme vor Cyber-Angriffen durch Hacker? Gerade zum letz-ten Punkt werde bislang nur we-nig geforscht, sagt Schörnig. Dabei ist das Thema brisant: In den USA wurden vor zwei Jahren drohnen-steuernde Computer von Viren befallen.

Die gravierendste Schwäche von Computern liegt laut Schörnig jedoch anderswo: Sie haben we-der Bauchgefühl noch Gewissen. Wenn es darum geht, Gesichter zu erkennen oder Situationen richtig einzuschätzen, lassen sie sich leicht hinters Licht führen. „Wenn jemand mit einem langen Gegenstand in der Hand um die Ecke kommt, der ein Gewehr sein könnte, aber auch eine Hacke für die Feldarbeit, entscheiden Solda-ten nach ihrem Bauchgefühl und liegen damit meist richtig“, sagt er. „Computer täuschen sich eher.“

Roboterkriege bald Wirklichkeit?

Auch mit dem Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit haben die Re-chenmaschinen ihre Probleme. Wenn ein Gebäude als Versteck einer terroristischen Gruppe identifiziert wird, sich darin aber wohl auch Frauen und Kinder befinden, muss ein Pilot dem-nach abwägen, ob dies der richti-ge Zeitpunkt für einen Angriff ist oder die möglichen zivilen Opfer unverhältnismäßig hoch wären. Menschen wiegeln bei solchen Kosten-Nutzen-Fragen ab – sie machen das mit ihrem Gewissen aus. Computer können das nicht. Zumindest bisher.

Die technologische Entwick-lung unbemannter Kampfflug-zeuge zeichnet sich durch ihr rasendes Tempo aus. Schörnig muss sich ständig auf dem Lau-fenden halten – und hinkt den

Entwicklungen doch zwangsläu-fig hinterher. „Wir haben nur Zu-gang zu öffentlichem Material“, erklärt der Forscher. „Aber zum Glück zeigen westliche Militärs und die Rüstungsindustrie der Welt gerne ihr Können.“ So ver-öffentlichte die amerikanische Marine kürzlich ein Video einer neuen Drohne, die ohne mensch-liches Zutun auf Flugzeugträgern landen kann. Außerdem führt Schörnig Hintergrundgesprä-che mit Verteidigungsexperten, Menschenrechtspolitikern und Militärs. Auch militärische Fach-magazine und Blogs haben sich zu zuverlässigen Quellen ent-wickelt. „Nur die Industrie ziert sich noch.“ Gelegentlich erlebt Schörnig dennoch Überraschun-gen, so im Dezember 2011, als eine amerikanische Aufklärungs-drohne in die Hände des Irans geriet und im Staatsfernsehen präsentiert wurde: „In der For-schergemeinde hatte vorher praktisch niemand Informatio-nen über dieses Modell.“

Zurzeit widmet sich die Friedensforschung der Frage, ob Kampfdrohnen die Hemm-schwelle für Militäreinsätze senken. Da die Technologie noch jung ist, steht die empirische For-schung zu dieser Frage erst am Anfang. Einiges spräche aber da-für, dass Drohnen zu mehr Krie-gen führen: „Sie distanzieren den Piloten vom Kampfgeschehen, er befindet sich in sicherer Ent-fernung zum Schlachtfeld.“ Das könne dazu führen, dass sich bei den politischen Entscheidungs-trägern das Kosten-Nutzen-Kal-kül verschiebt: Eigene Verluste müssten nicht mehr legitimiert werden – die Kosten entfallen. Zugleich aber sensibilisiere die Debatte über diese Problematik und zivile Opfer die Politik.

Von der Bundesregierung fordert Niklas Schörnig, dass sie sich für eine internationale Ächtung autonomer Drohnen einsetzt. Die Zeit dränge, denn die Rüstungsindustrie profitiere von Entwicklungen in der zivi-len Informationstechnologie und mache rasche Fortschritte. Ro-boterkriege, wie sie derzeit noch Fiktion sind, könnten bald Wirk-lichkeit werden.

bianca schröder

In Trauer: Familie eines mutmaßlichen Drohnenopfers in Pakistan.

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Es ist dunkel in der großen Halle. Ein Brummen erfüllt den Raum, dann hüllen Laserstrahlen Nebel-schwaden in grünes Licht. Was der Schauplatz eines Techno-Clubs in Berlin-Mitte sein könnte, liegt im beschaulichen Potsdamer Ortsteil Bornim. Hier brummen keine Bässe, sondern die Turbi-nen des Grenzschicht-Windkanals am Leibniz-Institut für Agrartech-nik (ATB).

Mit der im Frühjahr 2012 ein-geweihten Anlage erforschen die Wissenschaftler am ATB, wie sich Emissionen aus der Landwirt-schaft vermindern lassen: schädli-che Gase und Gerüche. Immerhin: Es stinkt nicht in Bornim. Schließ-lich geht es nicht um spezielle Ge-rüche, sondern um grundlegende Fragen, etwa wie sich Gase aus landwirtschaftlichen Anlagen in der Umgebungsluft verteilen.

Früher Waldsterben, heute Klimawandel

Schädliche Gase aus der Landwirt-schaft gibt es einige: zum Beispiel Ammoniak oder die Treibhaus-gase Methan und Lachgas (Di-stickstoffmonoxid). Sie entstehen bei der Tiermast und aus deren Abfallprodukten. Ammoniak zum Beispiel stammt zu 95 Prozent aus dem Agrarsektor. So rührt der stechende Geruch von Gülle von dieser Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff her. „Als Schad-stoff ist Ammoniak gerade nicht in Mode“, sagt Thomas Amon, der die Abteilung Technik in der Tierhaltung am ATB leitet und an der Freien Universität Berlin den

Schädliche Gase sind die Kehrseite der Lebensmittelproduktion.

Agrarforscher arbeiten daran, dass das Steak nicht zur Umwelt-

sünde wird.

Keine dicke Luftim Stall

Lehrstuhl für Nutztier-Umwelt-Wechselwirkungen inne hat. „Vor 20 Jahren war das anders, als das Waldsterben in aller Munde war. Schließlich ist Ammoniak eine Hauptursache für sauren Regen.“ Zwar hat heute der Klimawandel dem Waldsterben als drängends-te Umweltbedrohung den Rang abgelaufen, aber als Schadstoff ist Ammoniak nicht verschwunden: 2011 gelangten laut Umweltbun-desamt in Deutschland 563.000 Tonnen in die Luft. Neben der Versauerung sind auch Überdün-gung (Eutrophierung), Grundwas-serbelastung und die Bildung se-kundären Feinstaubs Folgen der Ammoniak-Belastung der Luft.

Wie stark Ammoniak-Emissi-onen aus der Landwirtschaft die Umgebung beeinflussen, haben ATB-Forscher am Beispiel einer Hähnchen-Mastanlage nachge-

wiesen. Während einer Mastperi-ode von 36 Tagen maßen sie, wie viel Ammoniak die sechs Hektar große Anlage für 380.000 Hähn-chen freisetzt und wie es sich in der Umgebung verteilt.

Bäume gegen Ammoniak

Der die Anlage umgebende Kie-fernwald wies im Abstand von 45 bis 200 Metern auf einer Skala von 1 (keine nachweisbaren Schäden) bis 5 (höchste Schädigung) eine Schadensklasse über 4 auf. Erst in einem Abstand von 400 Metern konnten die Wissenschaftler kei-nen schädigenden Einfluss auf die Bäume nachweisen. Immerhin: Der Kiefernwald begrenzte die Ausbreitung des Ammoniaks auf die unmittelbare Umgebung der Mastanlage. Deshalb werden mit-unter gezielt Baumbestände rings um große Tierhaltungsanlagen gepflanzt.

Andere Gase lassen sich nicht so einfach in ihrer Ausbreitung begrenzen. So manche tierische Ausdünstung in Form von Methan und Lachgas gilt als klimarelevant und ist damit nicht nur deutlich mehr in Mode als Ammoniak, sondern ein globales Problem. „Treibhausgase aus der Landwirt-schaft werden von Fachleuten als sehr problematisch eingeschätzt“, sagt Barbara Amon. Die promo-vierte Agrarwissenschaftlerin ist Expertin für Emissionen aus der Tierhaltung und Stoffkreisläufe am ATB und bringt ihre Fach-kenntnisse unter anderem in die Arbeit des Weltklimarates IPCC

Hightech im Stall: Moderne Messtechnik zeichnet

die Ausbreitung von Gasen auf.

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ein. Der beziffert den Anteil der Treibhausgase aus der Landwirt-schaft auf zehn bis zwölf Prozent an allen Emissionen weltweit – in Deutschland dürften es laut Um-weltbundesamt knapp acht Pro-zent sein.

Rinder spielen dabei eine be-sondere Rolle: Methan und Lach-gas, die in Deutschland zu etwa 60 beziehungsweise 30 Prozent aus landwirtschaftlichen Quellen stammen, werden beim Verdau-ungsprozess von Wiederkäuern freigesetzt. Dementsprechend schlecht ist auch die Klimabilanz von Rindfleisch: 22 Kilogramm CO2 entstehen bei der Produktion eines Kilogramms, bei Schweine-fleisch sind es 7,5, bei Hühner-fleisch nur knapp fünf.

Fröstelnde Hühner, robuste Kühe

Während Hühner schon bei we-nigen Grad Abweichung von der optimalen Haltungstemperatur große Produktivitätseinbußen zeigen, sind Kühe diesbezüglich schmerzfrei. Moderne Milchvieh-ställe sind daher meist frei gelüftet gebaut, das heißt, sie haben keine Seitenwände, sondern nur Wind-schutznetze. „Das senkt den Ener-gieverbrauch und ist auch unter dem Aspekt des Tierschutzes die zu bevorzugende Haltungsform“, erläutert Thomas Amon. Noch ist nicht genau bekannt, wie sich die Luftströme und Emissionen aus frei gelüfteten Ställen verhalten. Genau das ist aber notwendig, um zielgerichtet gegen ihre Ausbrei-tung vorzugehen.

Aus diesen Variablen erstellen die Wissenschaftler Algorithmen, mit denen sie das Verhalten der Luftströme im Rechner simulie-ren. Die daraus gewonnenen Er-kenntnisse können helfen, Ställe zu konstruieren, die baulich und lüftungstechnisch eine möglichst geringe Emission von Schadgasen und Gerüchen zulassen.

Ställe im Windkanal

Dass die Wissenschaftler dabei die Interessen des Tierschutzes, der Energieeffizienz und der Schad-stoffreduktion im Blick haben müssen, die ganz unterschiedliche Herausforderungen mit sich brin-gen, macht das Unterfangen kom-plex. „Wenn wir es mit unserer Arbeit schaffen, die Ausbreitung von Gasen und Gerüchen verläss-lich zu simulieren, sind wir schon einen großen Schritt weiter“, meint Thomas Amon. Damit wäre eine wichtige Grundlage für den Umgang mit Emissionen gelegt – seien es Bauvorschriften, Emissi-onsgrenzen oder Luftreinigungs-techniken. Was davon in die Tat umgesetzt wird, liegt aber nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Forscher. „Solche Entschei-dungen muss die Politik treffen“, sagt Thomas Amon. „Aber wir können aus unseren Messungen konkrete Vorschläge ableiten.“ Aktuell planen die ATB-Forscher ihr nächstes Projekt: einen „Null-Emissionen-Wohlfühl-Stall“ – das wäre dann die eierlegende Woll-milchsau der Tierhaltung.

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Hier kommt der ATB-Windkanal ins Spiel. Mit ihm wollen die For-scher die Simulation der Ausbrei-tung von Gasen und Gerüchen möglich machen. Der fast 20 Meter lange Windkanal kann Luftströ-mungen erzeugen, wie sie auch im Freien in Bodennähe vorkommen. Sie treffen auf ein originalgetreu-es Modell eines Stallgebäudes im Maßstab 1:100. Ähnlich wie bei Windschnittigkeitsmessungen von Autos wird Nebel in den Luft-strom geleitet, den ein grüner La-ser sichtbar macht. Deutlich sind so die Verwirbelungen zu erken-nen, die das Auftreffen des Luft-stroms auf das Gebäude erzeugt. Sie sind stark von Windgeschwin-digkeit und Windrichtung abhän-gig, aber auch von der Bauweise des Stalls, oder der Tatsache, ob die Windschutznetze an den offe-nen Seitenwänden heruntergelas-sen oder oben sind.

Wirbel im Laserlicht: Im Windkanal werden die Luftströme am Stall sichtbar.

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Der Grenzschichtwindkanal des ATB ist eine der größten

agrarwissenschaftlichen Anlagen seiner Art.

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1. Juli 2013: Gegner des damaligen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi verwüsten das Hauptquartier

der Muslimbruderschaft in Kairo. Zwei Tage später wird Mursi

vom Militär abgesetzt.

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Bild: Silke Oßwald/FMP

„Als ich dort im dunklen Flur vor einer Haustür ohne Namen stand, habe ich mir schon Sorgen gemacht.“

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Annette Ranko ist seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Insti-tut für Globale und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg. Für ihre Doktorarbeit über das Weltbild der ägyptischen Mus-limbruderschaft erhielt die Zeithistorikerin den Deutschen Studienpreis 2013 der Körber-Stiftung in der Sektion Geistes- und Kulturwissenschaften.

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Wer sich für Ägypten und die Muslimbruderschaft interes-siert, kommt derzeit kaum an Annette Ranko vorbei. Ob Pres-se, Radio oder Fernsehen – die 33-jährige Nahostwissenschaft-lerin vom Leibniz-Institut für Regionale und Globale Studien (GIGA) in Hamburg ist, spätes-tens seit sie für ihre Dissertati-on über die Muslimbrüder den Deutschen Studienpreis erhal-ten hat, eine gefragte Expertin. Und auch die Politik nutzt ihr Wissen: Bis ins Kanzleramt reicht die Liste der Beratungs-gespräche. Dabei interessier-te sich Ranko zunächst weni-ger für den Islam als für das Wohlstandsgefälle zwischen Deutschland und Ägypten. Ein Jahr studierte sie Politikwissen-schaft in Kairo. Dort begann sie, sich für die Muslimbrüder zu interessieren: „Mich hat faszi-niert, wie sich die Gruppe aus der Illegalität heraus zu einer der stärksten Oppositionskräfte des Landes entwickeln konnte.“

Eine deutsche Frau, die sich in Ägypten mit führenden Mus-limbrüdern zum Gespräch über Scharia, Islam und die Perspek-tiven Ägyptens trifft – wie war das?Spannend, zunächst. Aber dann war es schnell erstaunlich „nor-mal“. Die Gespräche, die ich mit Muslimbrüdern führte, unter-schieden sich im Großen und Ganzen wenig von den Unterhal-tungen mit anderen ägyptischen Oppositionellen.

Mussten Sie sich für die Inter-views verschleiern?Für das Tragen eines Kopftuchs habe ich keinen Grund gesehen,

schließlich bin ich keine Muslimin und habe das auch nicht verheim-licht. Auch mein Forschungsthe-ma habe ich vor den Muslimbrü-dern nicht verschleiern müssen. Wohl aber vor Vertretern des Mubarak-Regimes, mit denen ich gesprochen habe.

Sie haben sich intensiv damit beschäftigt, wie beide Seiten versuchten, ein möglichst vor-teilhaftes Bild abzugeben und den Gegner zu diskreditieren. Gab es auch in den Gesprächen solche Agitationsversuche?Von Angehörigen des Regimes habe ich oft lange Lobeshymnen auf die ägyptische Demokratie ge-hört. Die ehrlicheren Gespräche habe ich mit den Muslimbrüdern geführt. Natürlich waren sie als Oppositionsgruppe offen in ihrer Kritik des autoritären Mubarak-Apparates. Aber einige Muslim-brüder waren auch erstaunlich ehrlich, was ihre illiberalen An-sichten betraf. Sie haben keinen Hehl daraus gemacht, wenn diese etwa im Bereich der Moral oder der Rolle der Frau nicht westli-chen Vorstellungen entsprachen.

Wie haben Sie die Gespräche mit den damals politisch verfolgten Muslimbrüdern eingefädelt?In der Tat war es eine Heraus-forderung, an die Muslimbrüder heranzukommen. Geklappt hat es, weil mich viele Leute dabei unterstützt haben, deutsche und ägyptische Wissenschaftler vor Ort sowie NGOs, die bereits gute Kontakte zu den Muslimbrüdern hatten. Geholfen hat auch, dass ich schon zwei Semester mei-nes Studiums in Kairo verbracht hatte. Dort lernte ich Studenten

kennen, die kurz darauf im linken und liberalen Oppositionslager aktiv wurden und auch mit Mus-limbrüdern kooperierten. Auf diese Kontakte konnte ich zu-rückgreifen.

Gab es brenzlige Situationen oder besonders denkwürdige Treffpunkte?Ja, denn vor allem gegen Ende sei-ner Regierungszeit hat Mubarak vermehrt auf Repression gesetzt, um der Unzufriedenheit im Volk Herr zu werden. Als gerade mal wieder eine Verhaftungswelle ge-gen die Führung der Muslimbru-derschaft im Gang war, durfte ich mir die Treffpunkte für die Inter-views nicht mehr aufschreiben. Da die Muslimbrüder aus Sorge vor Verhaftungen nicht mehr ihre Zentrale nutzten, fuhr ich ein-mal in eine Privatwohnung eines hochrangigen Muslimbruders, um ein Interview zu führen. Als ich dort ankam und in diesem dunklen Flur vor einer Haustür ohne Namen stand, habe ich mir schon Sorgen gemacht, was pas-siert, wenn die Polizei genau jetzt zuschlägt. Dann öffnete Moham-med Badi‘e…

Im Wohnzimmerder Muslimbrüder

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…seit 2010 Vorsitzender der Muslimbruderschaft……die Tür und ein großer Teil der Führungsriege war im Wohnzim-mer versammelt. Ich war in ein spontanes Krisenmeeting gera-ten und wurde erst einmal für zwei Stunden in den hinteren Teil der Wohnung zur Tochter abge-schoben. Am nächsten Tag stand in der Zeitung, die Geheimdiens-te hätten herausgefunden, dass die „Verbotene Organisation“ – also die Muslimbruderschaft – geheime Treffen in einer Pri-vatwohnung im Kairener Viertel al-Manial abhält. Genau in diese Wohnung war ich geraten – und bin zum Glück auch unbeschadet wieder herausgekommen.

Mursi haben Sie nicht getroffen?Versucht habe ich es, aber man hat mir klar zu verstehen gege-ben, dass er einer der wenigen ist, mit dem prinzipiell keine In-terviews möglich wären. Zumin-dest nicht für mich als westliche Forscherin – und egal wie lange ich warte. Mursi war zu diesem Zeitpunkt schon eine „große Nummer“ in der Organisation, auch wenn er eher hinter den Kulissen agierte und weniger Öf-fentlichkeitswirksamkeit besaß als andere Führungskader.

Wie weit weicht die offiziöse Gedankenwelt beider Seiten vom Bewusstsein des Durch-schnittsägypters ab?Gerade momentan sehen wir, dass die ägyptische Gesellschaft in ihrer Wahrnehmung der Mus-limbruderschaft tief gespalten ist. Das Mubarak-Regime hat sie als eine Gruppe dargestellt, die

einen geheimen Plan zur Zerstö-rung Ägyptens verfolgt. Dieser Diskurs ist bei vielen Ägyptern noch immer – oder gerade jetzt – sehr populär. Andere Menschen stehen nach wie vor hinter der Muslimbruderschaft und sehen sie so, wie diese sich selbst seit vielen Jahren dem ägyptischen Volk präsentiert: als eine Gruppe, die mit friedlichen Mitteln agiert, die für Machtrotation durch de-mokratische Wahlen ist und die einen Staat anvisiert, in dem is-lamische Moral und Werte eine große Rolle spielen. Auch für viele nicht-islamistische Ägypter qualifiziert das die Muslimbru-derschaft, eine legale politische Kraft zu werden und am forma-len politischen Prozess beteiligt zu sein.

Ihre Untersuchung galt dem Zeitraum zwischen 1981 und 2011. Sie haben dabei Verän-derungen in beiden Lagern festgestellt, bei den Muslimbrü-dern etwa wurden Leitideen liberaler Demokratien auf-genommen. Wie ernst war es ihnen damit?Für einige war es Taktik, für andere ein echtes Anliegen. Es gibt in der Muslimbruderschaft auf jeden Fall Verfechter de-mokratischer Grundprinzipien wie freien, fairen und geheimen Wahlen, Gewaltenteilung oder Parteienpluralismus. Was jedoch liberale Werte und persönliche Freiheitsrechte anbetrifft, sieht es schwieriger aus: Hier gibt sich die Gruppe – und das fast ge-schlossen – weitaus weniger tole-rant. Natürlich versuchen sie vor allem vor westlichen Forschern, „unpopuläre“ Themen wie die Einschränkung der Rechte der Frau gar nicht erst anzusprechen. Aber wenn ich diese Punkte sel-ber ansprach, habe ich nie erlebt, dass meine Interviewpartner ihre teils ultrakonservativen isla-mischen Vorstellungen geleugnet hätten. Letztendlich ist man auf diese Vorstellungen stolz und steht hinter ihnen.

Vielen Deutschen ist es vermut-lich egal, ob nun ein gemäßig-ter oder ein konservativer Mus-lim Ägypten regiert, solange es keinen Krieg mit Israel gibt. Mubarak war in dieser Hinsicht

verlässlich. Wie sieht es mit der Muslimbruderschaft und den heutigen Machthabern aus?Die Muslimbrüder hatten es nach dem Sturz Mubaraks eilig, zu be-teuern, dass auch sie keine mili-tärische Konfrontation mit Israel anstreben. Beim Gaza-Konflikt dieses Jahr hat man dann ja auch gesehen, dass Mursi an einer di-plomatischen Lösung interessiert war: Er half, eine Waffenruhe zwischen der Hamas und Israel zu vereinbaren. Auch das Militär hat meiner Meinung nach mo-mentan kein Interesse an einem Krieg mit Israel. Dennoch habe ich den Eindruck, dass man sich nicht mehr so stark von westli-chen und israelischen Interessen vereinnahmen lassen will. Schon in den letzten Jahren unter Mu-barak war das Militär mit dessen außenpolitischem Kurs nicht im-mer einverstanden.

Sie sind derzeit als Ägypten-Expertin in zahlreichen Redak-tionen zu Gast. Sehen Sie es als Glücksfall, dass das Thema Ihrer Dissertation derart aktu-ell ist?Natürlich freut es mich, nicht jah-relang an einer Dissertation ge-arbeitet zu haben, die nun für im-mer in den dunklen Gängen einer Bibliothek verschwindet. Außer-dem habe ich mir das Thema ja bewusst ausgesucht: Forschung ist für mich erst spannend, wenn sie auch eine gesellschaftspoli-tische Relevanz verspricht. Den arabischen Frühling und diesen rasanten politischen Aufstieg und Fall der Muslimbruderschaft hat man aber natürlich im Jahr 2007 – als ich mit der Dissertation be-gann – noch nicht voraussehen können.

Wie wird sich Ägypten in den nächsten Jahren entwickeln?Hoffentlich zum Besseren. Hof-fentlich wird die Gesellschaft ihre momentane Spaltung überwin-den können, werden sich die pro-demokratischen Kräfte gegen Teile des alten Mubarak-Regimes durchsetzen. Auch wenn die tatsächliche Lage im Land mo-mentan nur bedingt Anlass für Optimismus bietet – ich denke, wir haben keine andere Wahl, als optimistisch zu sein.

interview: christian walther

24. Juni 2012: In Kairo feiern Menschen Mursis Sieg bei den Präsidentschaftswahlen.

„Wir sehen, dass die ägyptische Gesellschaft in

ihrer Wahr­nehmung

der Muslim­bruderschaft

gespalten ist.“

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Die jüngsten Pläne der EU, die Produktion und Nutzung von Plastiktüten einzuschrän-ken, sind immerhin ein Anfang – doch rei-chen wird das nicht. Die Tüten machen nur einen Teil des gesamten Plastikmülls aus. Weil sich die Kunststoffe in den Ozeanen kaum zersetzen, ist vor allem der Müll ein Problem, der bereits da ist. Doch kosten- und energieeffiziente Techniken, die den Plastikmüll auf riesigen Meeresflächen einsammeln, sind momentan noch völlig unpraktikabel. Dauerhaft können wir das Problem nur mit einer Kombination aus Müllvermeidung, effizienten Sammeltech-niken und neu entwickelten Verpackungs-materialien, die sich in Seewasser zerset-zen, lösen.

Die aktuelle Weltjahresproduktion von Plastik wird auf 245 Millionen Tonnen ge-schätzt. Ein großer, jedoch nicht genau bekannter Teil davon landet im Meer und macht Plastik zur heute häufigsten Form von Müll in den Ozeanen. Und die Plastik-produktion steigt derzeit nahezu unge-bremst weiter an. Die Gefahren, die von Plastik im Ozean für dessen Organismen ausgehen, sind wahrscheinlich ebenso groß wie die durch Überfischung oder Folgen des Klimawandels. Das Grundproblem: Plastik ist schwer abbaubar, bleibt viele Jahrhun-derte in den Ozeanen erhalten und reichert sich regional an.

Die Vorstellung eines Ozeans voller Plas-tiktüten ist nur ein Teil der Wirklichkeit. Ein Großteil des Plastikmülls ist mit bloßem Auge kaum zu sehen. Aufgrund der gerin-gen Abbaubarkeit von Plastik wird dieses zwar kaum zersetzt, aber durch physikali-sches Zermahlen und sogenannte Fotode-gradation durch Sonnenlicht in viele kleine Partikel mit einer Größe um 20 Mikrometer (0,02 mm) zerlegt. Diese Plastikfragmente finden sich heute in allen Ozeanen der Erde.

Einige der Gefahren, die von größeren Müllpartikeln ausgehen, sind offensicht-lich. So reichern sich zum Beispiel größere Plastikreste in den Körpern von Meeresvö-geln an, die oft weite Bereiche nach Futter durchstreifen und wenig selektiv fressen. Darüber hinaus verstopft es den Magen-ausgang vieler Wirbeltiere wie den Meeres-schildkröten oder schnürt sie ein. Beides führt unweigerlich zu deren Tod.

Bei Plastikfragmenten ist das Gefahrenpo-tential komplexer. Die zerkleinerten Par-tikel haben eine deutlich größere Oberflä-che als ihr Ursprungsmaterial. Organische Schadstoffe wie Polychlorierte Biphenyle (PCBs) oder das Insektizid DDT reichern sich entsprechend auf den Partikeloberflä-chen an und gelangen so hochkonzentriert ins Nahrungsnetz. Zwar wurden Produktion und Nutzung der schlimmsten chlorierten Plastikprodukte durch die Stockholmer Konvention von 2001 verboten oder zumin-dest stark eingeschränkt. Doch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn auf Plastikoberflächen siedeln auch zahl reiche Mikroben und bilden Biofilme aus, die als „Plastisphäre” bezeichnet werden – und die ist umso größer, je kleiner die Partikel sind. Diese Gemeinschaften unterscheiden sich deutlich von der im Umgebungswasser. Einige ihrer Mitglieder könnten sogar Pa-thogene (Krankheitserreger) sein (z.B. Vi-brio), die neue Infektionsrisiken erzeugen könnten.

Insbesondere dieses Gefahrenpotenti-al des Mikroplastiks ist bislang kaum er-forscht und es ist überfällig, diese Wissens-lücke zu schließen. Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde hat deshalb ein entsprechendes Forschungsprojekt über den Leibniz-Wettbewerb initiiert und beteiligt sich federführend an entspre-chenden nationalen und europäischen Initiativen.

ulrich bathmann

Ulrich Bathmann ist Direktor des Leibniz­Instituts für Ostseeforschung Warnemünde und Professor für Erd­systemforschung an der Universi­tät Rostock. Der Meeres biologe blickt auf mehr als 20 Expedi tionen auf Forschungsschiffen zurück und ist Sprecher der Sektion Umweltwissen schaften der Leibniz­Gemeinschaft.

Meeresforscher Ulrich Bathmann: Bei der Vermeidung

von Müll geht es um mehr als „nur“ Plastiktüten.

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Energie der Zukunft: Winzige Diodenlaser werden die Stromver-

sorgung revolutionieren, ist sich Paul Crump sicher. Dafür kühlt

er sie auf Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt.

Die Automatikbürste surrt. Wer den Reinraumbereich des Ferdi-nand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenz-technik (FBH) betreten möchte, muss sich von ihr die Schuh-sohlen schrubben lassen. In den Laboren herrscht reges Treiben. Nicht umsonst gilt das Institut als weltweit führend, wenn es um Lasertechnologie geht – eine der Schlüsseltech-nologien in Deutschland. Die Forscher tragen weiße Ganz-körperanzüge mit integriertem Mundschutz. „Schon kleinste Minipartikel wie ein Staubkorn können die Chips, mit denen wir arbeiten, beschädigen und wochenlange Arbeit zunichte-machen“, sagt Paul Crump, der sich am FBH mit dem Projekt CryoLaser beschäftigt, das über den Leibniz-Wettbewerb ge-fördert wird. Im Sommer kürte die Fachwelt im kalifornischen San Jose das Vorhaben zu einem „hot topic“. CryoLaser, da ist sich

große Wirkung

Crump sicher, hat das Potenzial, eine neue Zukunftstechnologie zu begründen: die nachhaltige Energieerzeugung durch laser-induzierte Fusion.

Kraftwerke von morgen

Halbleiterlaser haben mittler-weile in nahezu allen Berei-chen Einzug gehalten: in die Kommunikationstechnologie, die Medizintechnik bis hin zur Industrie. Auch im Alltag sind Laser unverzichtbar: ob nun mit ihrer Hilfe Lebensmittel an Su-permarktkassen gescannt oder Datenpakete über Glasfaser-kabel versendet werden. Doch all diese Anwendungsgebiete genügen Paul Crump und ande-ren Forschern weltweit schon lange nicht mehr. Diodenlaser bieten das Potenzial für mehr – warum nicht auch für die Ener-giegewinnung? Das ehrgeizige

Ziel der Berliner Forscher ist es, den herkömmlichen und – wie nicht zuletzt die Katastrophe von Fukushima gezeigt hat – mit hohen Risiken verbunde-nen Kernkraftbetrieb vollends abzulösen. Die Energie der Zu-kunft soll in laserbetriebenen Großanlagen produziert wer-den, sauber und kostengünstig. „Wir wollen einen Paradigmen-wechsel.“

Für Crump und seine Kolle-gen ist der Weg zum Ziel klar. Mithilfe von Diodenlasern, den effizientesten Lichtquellen überhaupt, soll die laserindu-zierte Fusion in den Kraftwer-ken von morgen umgesetzt werden. Diodenlaser besitzen aktuell eine Effizienz von mehr als 60 Prozent Wirkungsgrad, von der zugeführten elektri-schen Energie werden also 60 Prozent in nutzbare optische Leistung (Licht) umgewandelt. Zum Vergleich: LED-Birnen sind zu 20 bis 25 Prozent effizient,

große WirkungKleines Reiskorn,

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Glühbirnen sogar nur zu fünf bis zehn Prozent. Um ihr Pro-jekt umzusetzen, benötigen die Forscher aber noch effizientere Hochleistungslaserdioden. „Was Forscher weltweit in der Laser-technologie erreicht haben, ist beeindruckend“, sagt Crump. „Aber um in großem Stile Ener-gie zu gewinnen, müssen wir sie weiter vorantreiben.“

Laserdioden sind reiskorn-große Bauteile, die aus Halblei-tern hergestellt werden. Führt man ihnen Strom zu, strahlt der Laser Licht ab. Material und Beschaffenheit des Halb-leiterbauteils, also sein Design, können stark variieren – abhän-gig davon, welchen Zweck die Laserdiode erfüllen soll. In der Medizintechnik beispielsweise sind andere Wellenlängen und Eigenschaften erforderlich als in der Automobilindustrie. Dabei gilt jedoch immer, das Design effizient zu gestalten, sodass der Strom möglichst ungehindert fließen kann und sich der Ener-gieverlust in Grenzen hält.

Zudem kann man die opti-sche Ausgangsleistung einer einzelnen Laserdiode variieren. Gut 20 Watt werden am FBH zurzeit maximal erreicht, kom-merzielle Laser liefern in etwa 12 Watt. Kombiniert man nach dem Baukastenprinzip mehre-re Laserchips zu einem Barren, kann man die Leistung pro Bau-element steigern. Und genau das kommt bei CryoLaser zum Tra-

gen: Um die Welt mit Energie zu versorgen, braucht es Laserbar-ren mit noch höherer Ausgangs-leistung und gesteigerter Effizi-enz. Dadurch würden zugleich weniger Diodenlaser benötigt und die Kosten somit sinken.

Tiefere Temperatur, höhere Leistung

Ab einem bestimmten Punkt führen hohe Leistungen aller-dings zu Einbußen in der Effi-zienz, die dann steil abfällt. Um diesen Punkt hinauszuzögern, müssen sowohl Effizienz als auch Leistung erhöht werden. Dazu machen sich die Wissen-schaftler am FBH die Tatsache zunutze, dass viele Halbleiter-materialien im kalten Zustand bessere Eigenschaften aufwei-sen. „Wenn wir die Betriebs-temperatur der Diodenlaser deutlich unter den Gefrierpunkt absenken, können wir deren Ausgangsleistung signifikant erhöhen“, erklärt Crump. „Die Effizienz steigern wir parallel mit eigens dafür entworfenen Designs.“ In einem nächsten Schritt muss also die Tempera-tur bis auf -50 Grad Celsius ge-senkt werden, um die Effizienz auf 75 Prozent zu steigern.

Sollte dieser Leistungssprung gelingen, wäre das auch für an-dere Bereiche interessant, in de-nen ökonomisches und zugleich umweltbewusstes Denken zu-nehmend eine Rolle spielt, in der Automobilbranche oder im Schiffsbau beispiels weise. Schon jetzt erhält das FBH An-fragen von Industriekonzernen, die ihre Anwendungen mithilfe neuer Lasertechnologie verbes-sern wollen. Für Paul Crump und das CryoLaser-Team kom-men diese Anfragen jedoch noch zu früh: „Solange wir die Effizi-enz der Diodenlaser nicht stei-gern konnten, macht das System ökonomisch keinen Sinn – und damit auch nicht seine kommer-zielle Anwendung.“

Doch der Physiker und seine Kollegen sind optimistisch: Bis Ende 2014 soll die für die laser-induzierte Fusion erforderliche Effizienz der Laserdioden auf 80 Prozent gesteigert werden. Bar-ren, die die dafür nötigen 1.600 Watt Leistung erbringen, haben sie bereits entwickelt. Ein gro-ßer Erfolg, wenn man bedenkt, dass die Leistung vor zehn Jah-ren noch bei 100 bis 200 Watt lag und somit in kürzester Zeit verzehnfacht wurde.

Projektziel saubere Energie

Bis die Forscher am Ziel sind, werden sie in jeder Entwick-lungsstufe die neuesten Laser-barren zu Testzwecken an inter-national führende Fachgruppen schicken, die sich mit laserin-duzierter Fusion beschäftigen. So auch Großbritannien, Paul Crumps Heimat. Zehn Jahre hat er dort in der Technologieent-wicklung gearbeitet, bevor es ihn zurück an die Schnittstel-le zur Forschung ans anwen-dungsorientierte FBH zog. In Berlin möchte er seine Arbeit zur Lasertechnologie weiter voranbringen. Crumps größter Wunsch für die Zukunft ist es, dass seine Entwicklungen eines Tages außerhalb des Labors ein-gesetzt werden und helfen, in einem Kraftwerk saubere Ener-gie zu erzeugen. „Unser Projekt soll den Menschen schließlich etwas nützen.“

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Alles ist erleuchtet: Ein Blick aus der Raumstation ISS auf die nächtlichen Lichter Nordwesteuropas illustriert den enormen Bedarf an Energie. Die laserinduzierte Fusion könnte sie nachhaltig erzeugen.

Klein und leistungsstark: Diodenlaser aus dem Ferdinand­Braun­Institut.

Will aus kleinen Lasern große Leistung holen: Paul Crump.

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Leonardo da Vinci: Vorbild Natur — Zeichnungen und Modellebis 3.8.2014Deutsches Museum, München

Von den Vögeln lernen, heißt Fliegen lernen. Nach dieser Maxime ging Leonardo da Vinci einem Menschheitstraum nach und erstellte Modelle von Flügel-skeletten. Der Universalgelehrte wusste, dass Erkenntnisse des Lebens aus der Naturbeobach-tung zu gewinnen sind. Anstatt bloß Bücher zu studieren, ris-kierte er einen Blick vor die Tür und skizzierte, notierte und re-konstruierte, was er sah. Einige seiner Handschriften werden nun in München gezeigt und durch Nachbauten seiner Mo-delle ergänzt. Höhepunkt der Ausstellung: ein einer Möwe nachempfundener Flugroboter, der eigenständig starten, fliegen und landen kann.

Glanzlichter 2013bis 12.1.2014Zoologisches Forschungs-museum Alexander Koenig, Bonn

Die Weinbergschnecke zählt mit einer Spitzengeschwindigkeit von drei Metern pro Stunde zu den schnellsten Vertretern ihrer Klasse – und bewegt sich in den Augen des Betrachters dennoch im Schneckentempo. Die Jury von „Glanzlichter 2013“ kürte die Aufnahme einer Schnecke vor Sternenhimmel trotzdem zum Gewinner des größten Na-turfoto-Wettbewerbs Deutsch-lands. Rasend schnell erscheint das Kriechtier dank Langzeit-belichtung auf dem Bild des luxemburgischen Fotografen Marc Steichen. Insgesamt hat-ten 1.149 Fotografen 18.450 Werke eingereicht. Das Bonner Forschungsmuseum zeigt die 87 Gewinnermotive.A

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Mechanische Tierwelt bis 23.2.2014Senckenberg Naturmuseum, Frankfurt a. M.

Aufziehbare Tierfiguren fristen im Kinderzimmer von heute ein Schattendasein. Im Zeitalter interaktiver Spielkonsolen und infrarotgesteuerter Mini-Hub-schrauber sind sie – bildlich ge-sprochen – vom Aussterben be-droht. Die Berliner Fotografen Sebastian Köpcke und Volker Weinhold holen die mechanisch ratternden Löwen, Wildgänse und Elefanten zurück in die Ge-genwart. Über 200 Exemplare und 60 Fotografien zeigen sie in Frankfurt und erzählen so die Kulturgeschichte des Spiel-zeugs. Die Figuren werden da-bei in ihrer natürlichen Umge-bung nachempfunden Modellen in Szene gesetzt: in afrikani-schem Dschungel, deutschem Mischwald oder am Südpol.

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Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg zeigt 100 Jahre Jugendbewegung.

Aufbruch der JugendAls sich im Oktober 1913 Tausen-de junge Menschen zum „Fest der Jugend“ auf dem Hohen Meißner bei Kassel versammeln, kämpfen sie gegen Spießbürgerlichkeit und die Bevormundung in einer von Erwachsenen dominierten Gesellschaft. Die Jugend will ihr Leben „aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, mit innerer Wahrhaftigkeit“ gestal-ten, heißt es in der sogenannten Meißner-Formel, die auf dem osthessischen Bergmassiv for-muliert wurde. „Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Um-ständen geschlossen ein.“

Die Rebellion der Heranwach-senden war der Beginn einer Jugendbewegung, die die Gesell-

schaft zu Beginn des 20. Jahrhun-derts prägt – aber auch begeistert in den ersten Weltkrieg zieht. Wie sich Traditionen, Werte und Ziele der Jugend veränderten, zeigt das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg. Anschaulich zeichnen die Kuratoren in „Aufbruch der Jugend“ die Geschichte der deut-schen Jugendbewegung nach.

Der Weg in ein selbstbestimm-tes Leben führt die Jugendli-chen zunächst in die Natur. Sie schließen sich zusammen, un-ternehmen Wanderreisen und musizieren auf Gitarren und Flöten. „Wandervögel“ nennen sich die Schüler und Studenten aus bürgerlichem Hause. Voller Leidenschaft verfechten sie vege-

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Mehr Sonder-ausstellungen unserer Forschungsmuseen finden Sie online:www.leibniz-gemeinschaft.de/institute-museen/forschungsmuseen/leibniz-museen-aktuell/

„Rassenhygiene“ und Terror-Justiz. Die Potsdamer Linden-straße im National sozialismus. neue DauerausstellungGedenkstätte Lindenstraße 54/55, Potsdam

Die Geschichte der Potsdamer Lindenstraße 54/55 ist eng mit dem Leid Tausender Menschen verknüpft. Im Nationalsozialis-mus war sie unter anderem Sitz des Erbgesundheitsgerichts und Haftort des Volksgerichtshofs. Am Beispiel von rassenidiolo-gisch und politisch verfolgten Menschen dokumentiert die vom Zentrum für Zeithistori-sche Forschung mitkonzipierte Dauerausstellung, wie das nati-onalsozialistische Herrschafts- und Repressionssystem Einzug in Potsdams Innenstadt hielt. Im Fokus stehen auch die Radi-kalisierung der Justiz und die verantwortlichen Richter und Ärzte.

Schwerelos —Die Welt im Wasserbis 2.2.2014Senckenberg Museum für Naturkunde, Görlitz

Die preisgekrönten Unter-wasserfotografen Birgit und Armin Trutnau entführen den Besucher in die farbenfrohe Welt der Wasserlebewesen. Mal sind diese winzig wie die Feuersalamander-Larve im heimischen Bach, mal riesig wie algenfressende Seekühe – und mal auch nicht ganz unge-fährlich wie zum Beispiel Haie. Dennoch kommen die Künstler den Protagonisten ihrer Foto-grafien in Riffen und den un-terschiedlichsten Gewässern in aller Welt auf fast schon intime Weise nahe. Der Betrachter erhält so einen Eindruck vom Gefühl der Schwerelosigkeit, ohne selbst nasse Füße zu be-kommen.

Zukunft leben: Die demografische Chancebis 9.1.2014Deutsches Schiffahrtsmuse-um, Bremerhaven

Bildung entscheidet über den Lebensstandard des Einzel-nen und den gesellschaftlichen Wohlstand. Nur mit einem Bildungssystem, das jeden er-reicht und ein ganzes Leben lang begleitet, können wir den Herausforderungen des demografischen Wandels be-gegnen. Das ist ein Thema der von der Leibniz-Gemeinschaft entwickel ten Wanderausstel-lung im ausklingenden Wis-senschaftsjahr 2013. Auch an ihrer nunmehr fünften Station soll sie zum Nachdenken über die Chancen im demografischen Wandel anregen. Weitere Aus-stellungsbereiche sind unter anderem Geburtenentwicklung, Arbeit, Altern und Migration.

Aufbruch der Jugend tarische Ernährung und zwang-lose, funktionale Kleidung – eine Lebensweise, die in krassem Ge-gensatz zu der ihrer Eltern steht.

Dann politisiert sich die Ju-gend. Wie im Rausch zieht sie in den ersten Weltkrieg – und kehrt gedemütigt zurück. In den Jahren darauf entsteht eine Viel-zahl neuer Jugendbünde. Eini-ge beschäftigen sich mit Musik, andere verschreiben sich einem deutschtümelnden Denkmal- und Heimatschutz. Sie uniformie-ren sich, tragen Fahnen und Ab-zeichen. Schleichend beginnt so der Übergang in „Hitlerjugend“ und „Bund Deutscher Mädel“. 1934 schließlich werden sämtli-che Jugendbünde in die national-sozialistischen Organisationen zwangseingegliedert.

Nach dem zweiten Weltkrieg versucht die Jugend an ihre Ideale von einst anzuknüpfen: ein Leben im Einklang mit der Natur und gemeinsames Musizieren. Auf Burg Waldeck, die als Sitz der „Nerotaler Wandervögel“ Ziel

vieler Jugendfahrten ist, findet 1964 Deutschlands erstes Open-Air-Festival statt. Man spielt Folk-lore, Chansons und Protestlieder, die einen Kontrapunkt zur heilen Schlagerwelt bilden.

100 Jahre nach dem Treffen auf dem Hohen Meißner er-scheint die Vorstellung, gemein-sam zu wandern und zu singen, den meisten Jugendlichen wohl eher altmodisch. Dennoch gibt es Themen und Motive, die den Le-bensabschnitt zwischen Kindheit und Erwachsensein bis heute prägen, das Aufbegehren gegen die Eltern, das Aufbrechen kon-ventioneller Lebensweisen. Nach wie vor interessieren sich junge Menschen für die Natur. Inmitten von Städten legen Studierende Gärten an oder teilen sich in der WG eine „Bio-Kiste“.

„Aufbruch der Jugend“ doku-mentiert jedoch nicht nur die Entwicklung der Jugendbewe-gung, sondern auch persönliche Erinnerungen. Mitten in der Aus-stellung steht eine sogenannte

Kohte, das typische Zelt, das Ju-gendgruppen auf ihre Wande-rungen mitnahmen. Einer, der noch selbst darin geschlafen hat, hat es ausgeliehen. Hörstationen lassen die Musik der Jugendbe-wegung erklingen und erinnern an ihre Festivals. Einige Besucher waren selbst dabei, aber auch jüngere Menschen können sich in der Ausstellung wieder finden und sie mitgestalten: Am Ende des Rundgangs steht ein Regal, in dem alles Platz findet, was der Besucher mit der eigenen Ju-gend verbindet. Ob Spielkonsole, Skateboard oder Plattenspieler. mareike strauss

Aufbruch der Jugend. Deutsche Jugendbewegung zwischen Selbstbestimmung und Verführungbis 19.1.2014Germanisches NationalmuseumKartäusergasse 1 · 90402 NürnbergÖffnungszeiten Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-21 Uhr www.gnm.de

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Große Ausstellung im

Germanischen Nationalmuseum

präsentiert neueste Forschungsergebnisse

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Die Leibniz-

Forschungsmuseen

im Überblick S.16

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Kunst aus dem

Mikroskop S.14

Erfolgs-

geschichte

Leibniz in Ost-

deutschland S.26

Leibniz-Journal

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Forschungsmuseen

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Leibniz-Journal

1/2012

Seelabor: Klimaforschung unter Wasser

Teuer und

Herkules-

aufgabeWie schaffen wir

die Energiewende?

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Stipendiat

Inder nimmt Gersten-

Gene aufs Korn

Leibniz-Journal

2/2012

Unsere

WirtschaftsweisenDie Köpfe hinter den

Konjunkturprognosen

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

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Leibniz-Journal

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Ein Ort wird entzaubert

„Mein Kampf“Editionsprojekt demaskiertHitlers Hetzschri�

Zweiter WeltkriegAlltag unter deutscher Besatzung

Dunkles KapitelDer Holocaust im Schulbuchweltweit

SpracheVom Umgang mit NS-Diktion

Obersalzberg.

Leibniz-Journal

3/2012

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

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Leibniz-Journal

3/2012

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Lebenim demografi schenWandel

Leibniz-Journal

1/2013

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Stadt und LandLeere oderRaum für Neues

Renten-DebatteArbeit bald bis 69?

ÜberholspurForscherinnen im Museum

Raum für Neues

Renten-Debatte

im Museum

Wie werden wir morgen lernen, arbeiten und altern?

Welche Chancen eröffnet der demografische Wandel?

Die Ausstellung zum Wissenschaftsjahr zeigt Entwicklungen

und stellt Schlüsselfragen unserer Zukunft.Eine Ausstellung der

Leibniz-Gemeinschaft Museum für Naturkunde, Berlin

27.02.-7.04.2013

Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz 19.04.-2.06.2013

Deutsches Hygiene-Museum, Dresden 14.06.-21.07.2013

Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 20.09.-27.10.2013

Deutsches Schiffahrtsmuseum, Bremerhaven 15.11.-9.01.2014

Deutsches Museum, München

31.01.-30.03.2014

ZukunftlebenDer demografische Wandel

Der demog ische Wandel

www.demogra� sche-chance.de

Von Februar 2013 bis März 2014ische Wandel

Der demogDer demog

Die Ausstellung zum Wissenschaftsjahr

Februar 2013 bis März 2014

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Leibniz-Journal

2/2012

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Obersalzberg.Ein Ort wird entzaubert

Obersalzberg.Ein Ort wird entzaubert

Obersalzberg.Ein Ort wird entzaubert

LebenLebenLebenim demografi schenim demografi schenim demografi schen

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Gesundheit!Forschen für die

Medizin von morgen

Leibniz-Journal

2/2013

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Pandemien:Erreger auf dem

VormarschVormarsch

Zuckersüße Gefahr:

Diabetes im Fokus

Erreger auf dem Zuckersüße Gefahr:

Zuckersüße Gefahr:

Galapagos: Schriftsteller auf

Forschungsreise

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Dürer

Wirtschafts

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UnsereUnsere

Wirtschafts

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Gesundheit!

Gesundheit!

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Die Meere: umkämpft,

ausgebeutet, lebenswichtig

Leibniz-Journal

3/2013

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

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ErbittertTerritorialstreit im

Chinesischen Meer Versunken

Denkmalschutz

am Nordseegrund

GlobalBakterien beherrschen

die Weltmeere

BegehrtOzeane als Wirtschaftsfaktor

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Erzeuger.Das Leibniz-Journal können Sie bequem abonnieren. Es erscheint viermal im Jahr. Senden Sie einfach Namen und Anschrift an: [email protected]

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Herausgeber:Der Präsident der Leibniz-GemeinschaftProf. Dr. Karl Ulrich Mayer

Chausseestraße 111, 10115 BerlinTelefon: 030 / 20 60 49-0Telefax: 030 / 20 60 49-55www.leibniz­gemeinschaft.de

Redaktion:Christian Walther (Chefredakteur), Christoph Herbort-von Loeper (C.v.D.), David Schelp;Kristian Kaltschew, Mareike Strauß, Julia Voigt (Praktikanten), Nora Tyufekchieva (Grafik), Steffi Kopp (Assistenz).journal@leibniz­gemeinschaft.de

Anzeigen:Axel Rückemann, [email protected]: 030 / 20 60 49-46

Layout:Stephen Ruebsam, unicom-berlin.de

Druck:PRINTEC OFFSET – medienhaus, Kassel

Nachdruck mit Quellenangabe gestattet,Beleg erbeten.Auflage: 24.000Ausgabe 4/2013: Novemberwww.leibniz­gemeinschaft.de/journal

Das Leibniz-Journal erscheint viermal jährlich.Es wird gratis über die Institute und Museen der Leibniz-Gemeinschaft verbreitet. Außerdem kann es über die Redaktion kostenlos unter [email protected] abonniert werden. ISSN: 2192-7847

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Leibniz-Journal

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V. (ifo) · ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS), Dortmund (assoziiert) · INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM), Saarbrücken · Institut für Deutsche Sprache (IDS), Mannheim · Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW) · Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) · Institut für Zeitgeschichte München – Berlin (IfZ) · Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik (KIS), Freiburg · Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (DSMZ), Braunschweig · Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO), Halle · Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB) · Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI), Jena · Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS – e. V. (ISAS), Dortmund und Berlin · Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG), Hannover · Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) · Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) · Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik an der Universität Rostock (IAP), Kühlungsborn · Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Kiel · Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz · Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) · Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ), Großbeeren & Erfurt · Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Berlin · Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP), Frankfurt (Oder) · Leibniz-Institut für Katalyse e. V. an der Universität Rostock (LIKAT) · Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ), Berlin · Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL), Leipzig · Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP), Berlin · Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI), Jena · Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN), Magdeburg · Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN), Dummerstorf · Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung (IOM), Leipzig · Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), Dresden · Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde an der Universität Rostock (IOW) · Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB), Halle · Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben · Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP), Greifswald · Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden (IPF) · Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS), Bremen · Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS), Erk-ner · Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), Leipzig · Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH (IUF) · Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM), Tübingen · Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Berlin · Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), Müncheberg · Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie GmbH (ZMT), Bremen · Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID), Trier · Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach (MFO) · Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI), Berlin · Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN), Berlin · Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI), Berlin · Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) · Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen · Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM), Mainz · Schloss Dagstuhl – Leibniz-Zentrum für Informatik GmbH (LZI) · Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN), Frankfurt am Main · Technische Informationsbibliothek (TIB), Hannover · Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik Leibniz-Institut im Forschungsverbund Berlin e. 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Immer neue Technologien, Funktionen und Trends lassen technische Geräte, Kleidung und andere Gegenstände schnell alt ausse-hen. Meistens werden dann neue Dinge ge-kauft, auch wenn die alten eigentlich noch in Ordnung sind. Das bemängelt auch Wolfang Heckl. Der Physiker und Generaldirektor des Deutschen Museums in München kriti-siert das viele Wegwerfen, wenn etwas nicht mehr gefällt, wenn Einzelteile defekt oder Funktionen überholt sind. Dabei richtet sich seine Kritik auch gegen die Industrie, die die Lebenszeit ihrer Produkte durch min-derwertiges Material oder Schwachstellen absichtlich verringert. Aber auch gegen eine

Die Wirkungsmacht neuer Medien auf außenpolitische Entscheidungen wird viel diskutiert. Der von Frank Bösch, Direktor am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam, mit herausgegebene Sammelband „Außenpolitik im Medienzeitalter“ versucht, diese Debatte zu historisieren: Inwieweit präg-ten früher bereits neu aufgekommene Medien politische Weichenstellungen und umgekehrt die Politik die Medien? 13 Beiträge beleuch-ten unterschiedliche Fa cetten des Oberthe-mas. Neben den von Bösch eingebrachten me-diengeschichtlichen Aspekten steuern zwei weitere Leibniz-Wissenschaftler vom Institut für Zeitgeschichte diplomatie- geschichtliche Aufsätze bei. Hermann Wentker betrachtet

Gesellschaft, die verlernt hat, kaputte Dinge zu reparieren. Eine neue „Kultur der Reparatur“ nennt Heckl eine Bewegung, in der Menschen gemeinschaftlich selbst herstellen, reparieren, umgestalten. Dabei zählt nicht nur das gesparte Geld. Vielmehr geht es um das Glücksgefühl, et-was mit denen eigenen Händen erschaffen oder erhalten zu haben. Heckls Buch regt zum Nach-denken über das eigene Konsumverhalten an, erhebt aber nicht den moralischen Zeigefinger. Vielmehr motiviert der Autor, achtsamer und wertschätzender mit Besitz umzugehen. Bei-spiele aus seinem eigenen Alltag zeigen, dass Heckl überzeugter Teil der Reparatur-Bewe-gung ist. mareike strauss

die Außen- und Deutschlandpolitik der DDR im deutsch-deutschen Kommunikationsraum. Seiner Meinung nach gab es in der DDR keine eigenständige Öffentlichkeit, die Einfluss auf die Außenpolitik gehabt habe, wenngleich die DDR-Führung sich stark an ausländischen Medien ori-entierte. Tim Geiger kommt bei der Betrachtung des Einflusses der deutschen Friedensbewegung auf die Entscheidungen zum NATO-Doppelbe-schluss zu dem Ergebnis, dass die Friedensbe-wegung kein Faktor gewesen sei, dem die Bun-desregierung hätte Rechnung tragen müssen. Allerdings habe diese sich durch die Proteste vermehrt unter einem Legitimationszwang ge-genüber den Medien gesehen. christoph herbort-von loeper

Gesine Steiner:

Mukas geheimnisvolle Nacht

im Museum — Das Berliner

Naturkundemuseum für

kleine Forscher; 28 Seiten,

Nicolai Verlag, Berlin 2010,

9,95 Euro;

ISBN 978-3-89479-587-0

Wolfgang M. Heckl:

Die Kultur der Reparatur;

208 Seiten, Hanser Verlag,

München 2013; 17,90 Euro;

ISBN 978-3-446-43678-7

Frank Bösch und Peter

Hoeres: Außenpolitik im

Medienzeitalter. Vom späten

19. Jahrhundert bis zur

Gegenwart. 343 Seiten,

Wallstein-Verlag, Göttingen

2013; 29,90 Euro;

ISBN 978-3-8353-1352-1

Gesine Steiner:

Muka, ein Zwergplumplori, der früher in den Urwäldern Chinas und Vietnams zu Hause war, wohnt jetzt im Berliner Museum für Na-turkunde. In „Mukas geheimnisvolle Nacht im Museum“ begleitet er kleine Forscher auf ihren Streifzügen zwischen den Dinosaurierskelet-ten und ausgestopften Tieren der Ausstellung. Zusammen mit dem putzigen Feuchtnasen-affen entdeckt er dabei Tiere, die so lustige Namen wie Löffelhund oder Elefantenspitz-maus tragen und bestaunt farbenfrohe Kris-talle verschiedenster Art. Auf dem Rundgang durch das Museum macht Muka außerdem Bekanntschaft mit Charles Darwin und lauscht gespannt den Geschichten über seine berühm-

te Entdeckungsreise auf dem Forschungsschiff „Beagle“ und die Erforschung der Evolution. Am Ende stehen beide, Zwergplumplori und Natur-forscherlegende, voller Bewunderung vor den Exponaten ausgestorbener Tiere und riesiger Fossilien. Mit Muka und Darwin können Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren auf spiele-rische Weise die Vielfalt und Arbeitsweise des Naturkundemuseums entdecken. Bunte, groß-flächige Illustrationen erklären, was Präparate sind und wie majestätische Dinosaurier einst den Urwald beherrschten. Dieses liebevoll gestaltete und dabei übersichtliche Lese- und Vorlesebuch für kleine und große Forscher macht Lust auf ei-gene Entdeckungsrundgänge. michael giesen

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Wir verlosen Exemplare unserer beiden ersten Buch-vorstellungen. (▶ S. 43)

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Gesundheit!Forschen für die

Medizin von morgen

Leibniz-Journal

2/2013

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

Pandemien:Erreger auf dem

VormarschZuckersüße Gefahr:

Diabetes im Fokus

Galapagos: Schriftsteller auf

Forschungsreise

G 4

9121

Die Meere: umkämpft,

ausgebeutet, lebenswichtig

Leibniz-Journal

3/2013

Das Magazin der Leibniz-Gemeinschaft

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ErbittertTerritorialstreit im

Chinesischen Meer Versunken

Denkmalschutz

am Nordseegrund

GlobalBakterien beherrschen

die Weltmeere

BegehrtOzeane als Wirtschaftsfaktor

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Hans Joachim Meyer ist der Träger des Hans-Olaf-Henkel-Preises – Preis für Wissen-schaftspolitik 2013. Der letzte Wissenschaftsminister der DDR und ehemalige sächsische Wissenschaftsminister über die Umbrüche im deutschen Wissenschaftssystem im Zuge der Wiedervereinigung und die forschungspolitischen Heraus-forderungen der Zukunft.

Sie werden in diesem Jahr mit dem „Preis für Wissenschafts-politik“ ausgezeichnet. Wann haben Sie das erste Mal reali-siert, dass Sie Forschungspoliti-ker geworden sind?Na ja, in dem Moment, als Lothar de Maizière mich 1990 nach den Volkskammerwahlen bat, als Mi-nister für Bildung und Wissen-schaft in sein Kabinett einzutre-ten.

Aber das kam doch nicht aus heiterem Himmel?Ich war wie viele seit dem Herbst 1989 politisch engagiert. Persön-lich aber eher in der Richtung, in der DDR wieder eine katholische Laienorganisation aufzubauen.

„Manchefixe Ideehängt uns bis heute nach.“

Um das möglichst unabhängig vorantreiben zu können, war ich auch ganz bewusst in keine Partei eingetreten. Andererseits war ich schon lange an Hochschul- und Wissenschaftspolitik interessiert und damals wohl tatsächlich ei-ner der wenigen in der DDR, die auf diesem Gebiet auch die Situ-ation in der Bundesrepublik eini-germaßen im Blick hatten.

Welche Perspektiven hatte die ostdeutsche Wissenschafts-landschaft, als Sie im April 1990 Minister wurden?Die Regierung de Maizière wollte die deutsche Einheit, und nach den Wahlen war im Prinzip klar, dass die Einheit kommen wür-de – wir wussten nur nicht, wie lange es dauern würde. Und: Natürlich wollten wir die Wis-senschaftslandschaft in der DDR noch gestalten. Im Westen gab es hingegen die Haltung, wir sollten ihnen den Laden möglichst be-senrein übergeben, sie wüssten dann schon, was zu tun sei. Ich habe diese Zeit als sehr span-nungsgeladene Phase im Ver-hältnis mit der Bundespolitik in Erinnerung.

Welche Ziele hatten Sie?Unser wichtigstes Ziel war sicher die Fortsetzung der Demokratisie-rungsbestrebungen an den Hoch-schulen. Wir wollten aber auch die Ungerechtigkeiten beseitigen, die aus der SED-Kaderpolitik entstan-den waren, oder sie zumindest abmildern. Aber die Einheit kam dann ja viel schneller, als wir alle gedacht hatten.

Aber sie konnten ja mehr oder weniger nahtlos an Ihre Arbeit als DDR-Wissenschaftsminister anknüpfen – als erster sächsi-scher Minister für Wissenschaft und Kunst.Die personelle und strukturelle Erneuerung der Hochschulen in den ostdeutschen Ländern hat uns von morgens bis abends aus-gefüllt. Und die Zeit drängte, denn innerhalb der ersten Legislaturpe-riode musste das erledigt sein.

Das ist Ihnen doch gut gelun-gen, die Zusammenführung der Wissenschaftslandschaft Ost- und Westdeutschlands gilt gemeinhin als Paradebeispiel für die gelungene Wiederver-einigung.Vom Ergebnis her gesehen ist das sicher richtig, aber der Weg dahin war schwierig genug. Es war eine Zeit der Schwarz-Weiß-Bilder. So gab es durchaus ernstzunehmen-de Stimmen, die forderten, alle Universitäten in Ostdeutschland zunächst zu schließen, weil dort keine wissenschaftliche Leistung zu finden sei. Das war natürlich eine groteske Fehleinschätzung, denn sicher war die Forschung in der DDR durch das System be-schädigt, aber dennoch auf vielen Gebieten durchaus im internatio-nalen Vergleich leistungsfähig...

Hans Joachim Meyer bei der Einweihung

des Neubaus des Leibniz­Instituts

für Festkörper und Werkstoffforschung in

Dresden am 16. November 1999.

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… jedoch personell wie orga-nisatorisch nicht automatisch passfähig für das bundesdeut-sche System?Für die Hochschulen sind ja die Länder zuständig. Aber die ost-deutschen Länder waren finanzi-ell in hohem Maße vom Westen abhängig. Es war natürlich un-denkbar, dass eine Universität im Osten besser ausgestattet würde als im Westen. Und so schlugen die schlechten Betreuungsrela-tionen im Westen voll auf uns im Osten durch. In Sachsen musste das Hochschulpersonal halbiert werden.

Was trotz des grundsätzlichen Erfolgs viel menschliche Härten mit sich brachte.Das war sicher eine der bedrü-ckendsten Erfahrungen für mich bis heute: Kollegen entlassen zu müssen, von deren Leistungsfä-higkeit und Integrität ich über-zeugt war.

Also: menschlich schwierig, aber institutionell folgerichtig und konsequent?Auch die institutionellen Lösun-gen waren strittig. Bei den au-ßeruniversitären Instituten ist der heutige Stand das Ergebnis heftigster Auseinandersetzungen und Konflikte. Ein Grund dafür ist die Behauptung, in der DDR sei-en Forschung und Lehre getrennt gewesen – also Forschung in den Akademien und Lehre in den Hochschulen. Das ist schlichtweg falsch. Richtig ist, dass in der DDR die Proportionen zwischen uni-versitärer und außeruniversitärer Forschung etwa so waren wie in der alten Bundesrepublik. Schon im Kaiserreich war klar, dass For-schung nicht international wett-bewerbsfähig sein kann, wenn sie allein an Universitäten angesie-delt ist, die unter Länderhoheit betrieben werden. Das führte da-mals ja zur Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Nach der Wiedervereinigung bot sich nun scheinbar die Möglichkeit, die Akademie-Institute wieder in die

Universitäten zu integrieren. Das hätte als Vorbild für Westdeutsch-land dienen können, um das ver-meintlich privilegierte und die Universitäten diskriminierende Modell der außeruniversitären Forschung abzuschaffen. Aber das war eine typische Professoren-Idee – absolut unhistorisch und ohne jeglichen Sinn für finanzpo-litische Realitäten.

Aber diese Vorstellungen sind ja nun nach fast 25 Jahren über-wunden.Mitnichten, diese fixen Ideen hän-gen uns bis heute nach und man findet sie immer wieder. Dabei ist jedem klar, dass wir unter der föderalen Zuständigkeit für die Wissenschaft bei den Ländern Ko-operations- und Finanzierungs-möglichkeiten für den Bund brau-chen.

Deswegen wird doch auch über eine Änderung des Artikels 91b Grundgesetz beraten, um dem Bund mehr Möglichkeiten zu geben.Wir brauchen diese Grundge-setzänderung auch dringend. Vor allem, um den Kardinalfehler der Föderalismusreform von 2006 zu korrigieren, die Hochschul-bauförderung als Gemeinschafts-aufgabe von Bund und Ländern aufzugeben und allein den Länder zuzuschlagen. Das war wirklich Unsinn und widersprach den Inte-ressen der meisten Länder. Doch noch ist längst nicht ausgemacht, dass eine Grundgesetzänderung kommen wird. Die Länder wollen stattdessen einen höheren Anteil am Steueraufkommen. Da bin ich strikt dagegen.

Warum das?Weil es am Ende in die allgemei-nen Haushalte fließt und nicht der Wissenschaft zugutekommen wird. Außerdem gibt es keinen Grund, vom bewährten wissen-schaftsorientierten Weg abzurü-cken.

Das heißt?Das heißt, dass die Länder sich mit ihren Hochschulbauprojekten dem Urteil des Wissenschaftsrates stellen müssen und nur auf dessen Empfehlung hin 50 Prozent der

Baukosten vom Bund bekommen können. Ein gutes Beispiel für die Kooperation des Bundes und der Länder auf dem Gebiet der auße-runiversitären Forschung ist die Leibniz-Gemeinschaft. Zunächst schien die damalige Blaue Liste eine Verlegenheitslösung, weil der Wissenschaftsrat nur für sie mit Aussicht auf Erfolg Empfeh-lungen beschließen konnte. Heute hat sich die Leibniz-Gemeinschaft bewährt, weil ihre Institute den Hochschulen und damit den Län-dern am nahesten sind und weil der Bund über Leibniz sinnvoll und zweifellos grundgesetzkon-form Geld in die Wissenschaft investieren kann, das auch den Hochschulen zugutekommt.

Und zu guter Letzt: Ist die Wiedervereinigung in der Wissenschaft geglückt?Bei der außeruniversitären For-schung gibt es da schon lange keine Probleme mehr, und bei den Universitäten ist nur hin und wie-der noch eine gewisse Polarität zu beobachten. Ich gebe zu, dass es in den neunziger Jahren eine große Enttäuschung für mich war, dass junge Leute aus dem Westen fast gar nicht bereit waren, zum Studi-um in den Osten zu gehen. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert, so dass heute viele Stu-denten aus dem Westen im Osten studieren und im Anschluss auch oft dort bleiben und arbeiten. Da mussten Hemmschwellen über-wunden werden, aber als positiv denkender Mensch orientiere ich mich am jetzigen Zustand – und der hat sich zum Guten gewendet.

interview: christoph herbort-von loeper

Der Hans-Olaf- Henkel-Preis – Preis für Wissenschafts-politik wird von der Leibniz­Gemeinschaft alle zwei Jahre für herausragende Leistungen bei der Förderung der Wissenschaften in der Bundesrepublik Deutschland verlie­hen. Das Preisgeld beträgt 20.000 Euro. Seinen Namen trägt der Preis in Erinne­rung an die Amtszeit von Hans­Olaf Henkel, der von 2001 bis 2005 Präsident der Leibniz­Gemeinschaft war.

Hans­Olaf Henkel (li.) und Hans Joachim Meyer (Mi.) bei der Einweihung des Max­Bergmann­Zentrums Dresden mit Dresdens Uni­Kanzler Alfred Post im April 2002.

Bild: Silke Oßwald/FMP

Hans Joachim MeyerJahrgang 1936, war 1990 in der Regierung de Maizière Minister für Bildung und Wissenschaft der DDR und von 1990 bis 2002 sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst. Der Sprachwissenschaftler und Se -na tor der Leibniz-Gemein-schaft wirkte von 1997 bis 2009 als Präsident des Zentralkomiteesder Deutschen Katholiken.

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Ihre Premiere als Theaterbühne hat die Leibniz-Geschäftsstelle in Berlin am 1. November gegeben. Im Atrium führte das „theater 89“ sein Stück „Das Ende der SED - Die letzten Tage des Zentralkomitees der SED“ auf. Es basiert auf den Abschriften der Original-Ton-bandmitschnitte der letzten Sit-zungen des SED-Zentralkomitees und entstand nach einer Idee und unter der wissenschaftlichen Be-ratung von Hans-Hermann Hertle vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF). Die mit 150 Zuschauern ausgebuchte Aufführung erfolgte in Koopera-

tion mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin. Die in Szene gesetzten Tonmit-schnitte der letzten Sitzungen des SED-Zentralkomitees, die zu DDR-Zeiten strengster Geheim-haltung unterlagen und niemals veröffentlicht werden sollten, of-fenbaren die damaligen Vorgänge im innersten Machtzirkel der SED. Sie dokumentieren die letzten verzweifelten Rettungsversuche, erbitterten Wortgefechte und tumultartigen Szenen vor dem Absturz der SED-Herrschaft im Herbst 1989.www.theater89.de

Eine Vortragsreihe der Leibniz-Gemeinschaft in der Urania Berlin

Leibniz-Lektionen

2013 / 2014

Aktuelle Forschungsergebnisse aus den Leibniz-Instituten

26.2.2014, 19.30 UhrHildegard WestphalLeibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie, Bremen (ZMT)Tropische Küsten – Brennpunkte des Wandels

18.3.2014, 19.30 UhrAndreas RadbruchDeutsches Rheuma-Forschungs-zentrum Berlin (DRFZ)Rheumaforschung – von der Therapie zur Heilung

12.12.2013, 19.30 Uhr Hans Joachim SchellnhuberPotsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)Der Klimawandel, der Monarchfalter und der Generationenvertrag

14.1.2014, 19.30 UhrHans-Werner Sinnifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität MünchenDas siebte Jahr der Krise

Nächste Lektionen 10.4. Brigitte Voit12.5. Claudia M. Buch18.6. Simone Lässig

www.leibniz-gemeinschaft.de/leibniz-lektionen

VeranstaltungsortUrania Berlin An der Urania 17 Ι 10787 Berlin

Vortrag mit Diskussion Eintritt frei

125 Jahre

Das Präsidium der Leibniz-Ge-meinschaft hat einen elften For-schungsverbund eingerichtet. Unter dem Titel „Medizintechnik: Diagnose, Monitoring und Thera-pie“ steht eine hochwertige und bezahlbare medizinische Ver-sorgung im Fokus des Verbunds. Diese ist besonders vor dem Hin-tergrund einer alternden Bevöl-kerung eine wichtige Herausfor-derung für unsere Gesellschaft. Innovative und schonende Ver-fahren sollen dabei helfen, Krank-heiten frühzeitig zu erkennen, die Wirkung von Therapien genauer zu kontrollieren und besser an den einzelnen Patienten anzu-passen. So können Belastungen für Erkrankte vermieden und Be-

Leibniz im LandtagBereits zum vier-ten Mal haben die Leibniz-Institute in Nordrhein-Westfalen am 16. Oktober die Abgeordneten des Düsseldorfer Landtags zu direkten Gesprächen eingela-den. Bei der Aktion „Leibniz im Land-tag“ stellten sich 23 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit ihrer fachlichen Expertise in etwa 70 persönlichen Gesprächen zu über 20 aktuellen Themen den Abgeordneten als kompetente Ansprechpartner zur Ver fügung. Mit dem wechselseitigen direkten Dialog zwi-

schen Wissenschaft und Politik sollen die Stärke und das Synergienpotential der themenübergrei-fenden Forschung der Leibniz-Institute deutlich gemacht werden. Die Abge-ordneten hatten die Gelegenheit, sich über ihr Wunsch-thema aus dem Angebot der Leibniz-Forschung auszutau-schen und sich über zukunftsweisende Entwicklungen zu informieren. In Nordrhein-Westfalen sind zehn Institute und ein assoziiertes Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft mit etwa 570 Wissen-schaftlern ange-siedelt.

Zeitgeschichte auf der Bühne

Diagnose, Monitoring und Therapiehandlungen verbessert werden. Methoden der Telemedizin spie-len hier ebenso eine Rolle wie die Entwicklung von mobil ein-setzbaren Schnelltests oder ver-besserten bildgebenden Untersu-chungsmethoden. Dabei arbeiten Mediziner, Naturwissenschaftler und Ingenieure intensiv zusam-men, um sicherzustellen, dass die technische Lösung dem medizini-schen Problem gerecht wird. Ge-sellschaftswissenschaftler erfor-schen Fragen der Marktfähigkeit und der gesellschaftlichen Akzep-tanz der entwickelten Produkte. Sprecher des Forschungsverbun-des ist Albert Sickmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Analyti-sche Wissenschaften ISAS.

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Verlosung

5 Exemplare des Kinderbuchs „Mukas geheimnisvolle Nacht im Museum“

(▶ Buchvorstellung S. 39)Stichwort: „Muka“

3 Exemplare des Buchs „Die Kultur der Reparatur“(▶ Buchvorstellung S. 39)

Stichwort: „Reparatur“

Teilnahme unter Nennung von Stichwort, Name und Postanschrift per E-Mail an: [email protected]: 15. Februar 2014Die Teilnehmer erklären sich im Falle des Gewinns mit der Nennung ihres Namens und Wohn-ortes im nächsten Leibniz-Journal einverstanden.

Die Gewinner der Verlosungen aus dem Heft 4/2013:Das Kinderbuch „Seegeschichten“ gewannen:- Elias Abboud aus München- Gerd Riedner aus Neubiberg- Elvira Burkowski aus Monheim

am Rhein- Uwe Kremer aus Köln- Petra Meyer-Gattermann aus

Hessisch Oldendorf

Das Buch „Fotografi en im 20. Jahrhundert“ erhalten:- Thomas Stahlheber aus Stade-

cken-Elsheim- Claudia Sojer aus Mainz- Stefanie Bröhl aus Bremen

Der Comic „Die große Transforma-tion“ geht an:- Axel Bach aus Köln- Dr. Rainer Schuchardt aus Berlin- Martin Fruehling aus Bielefeld

Stichwort: „Reparatur“

„Leibniz-Forschung eröffnet Zu-kunft. Deshalb bilden wir aus“, heißt es zu Beginn des neuen Films, der die betriebliche Aus-bildung in den Instituten der Leibniz-Gemeinschaft darstellt. Der Film portraitiert Auszubil-dende vom Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste über Laboranten und Tierpfle-ger bis zur Ausstellungsmalerin aus sieben Leibniz-Instituten in ganz Deutschland. Damit prä-sentiert er zugleich die fach-

Fünf Jahre, nachdem die Leibniz-Gemeinschaft die Chancengleich-heit von Männern und Frauen in ihrer Satzung verankert hat, stand am 16. Oktober das Thema „Chan-cengleichheit und Qualität in der Wissenschaft“ im Mittelpunkt einer Tagung in der Leibniz-Ge-schäftsstelle in Berlin. Im Eröff-nungsvortrag widmete sich Bun-desverfassungsrichterin Susanne Baer (re.) der Verwirklichung von Chancengleichheit als öffentliche Aufgabe. Sie analysierte weiterhin bestehende Hindernisse auf dem Weg zu echter Chancengleichheit in der Wissenschaft und zeigte In-strumente auf, wie diese Hinder-nisse beseitigt werden können. Die Soziologin Hannah Brückner von der New York University at Abu Dhabi untersuchte aus inter-

nationaler Perspektive die viel-fältigen Ursachen für die immer noch geringe Repräsentanz von Frauen in der Wissenschaft. An-schließend wurde das Thema in einer engagierten und teilweise kontroversen Podiumsdiskussion weiter vertieft.http://www.leibniz-gemeinschaft.de/karriere/chancengleichheit/

Chancengleichheit und Qualität

liche und regionale Vielfalt der Leibniz-Gemeinschaft. Der Film entstand nach einer Idee des Präsidiumsbeauftragten für die duale Ausbildung, Rolf Pfrengle vom Leibniz-Institut für Festkör-per- und Werkstoffforschung, in Dresden in Kooperation mit dem Medienzentrum der TU Dres-den. Der Film ist über die Media-thek auf den Internetseiten der Leibniz-Gemeinschaft abrufbar: www.leibniz-gemeinschaft.de/medien/mediathek/

Ausbildung in Szene gesetzt

Leibniz-Mentoring gestartetDas erste bundes-weite Mentoring-Programm für Wissenschaftlerinnen in Leibniz-Einrich-tungen hat begonnen. Am 12. November haben 26 Mentees das Programm zur Förderung von Chancengleichheit und zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen angetreten. Für zwölf Monate arbeiten die promovierten jungen Wissenschaftlerinnen gemeinsam mit ihren Mentoren und Men-torinnen – allesamt in leitenden Funktionen in der deutschen Wissenschaft tätig – daran, ihre Karriere zu befördern. Hinzu kommt ein beglei-tendes Rahmenpro-gramm mit Seminaren für die Mentees, die den Erwerb von Schlüsselqualifikati-onen für Führungs-kräfte speziell in der Wissenschaft zum Ziel haben. Auch die Men-toren werden in dem Programm professio-nell begleitet. Im Jahr 2011/12 hatte es eine Pilotphase des Mento-ringprogramms in der Region Berlin-Bran-denburg gegeben, das nun deutschlandweit jährlich stattfinden soll.www.leibniz- gemeinschaft.de/karriere/wissenschaft-licher-nachwuchs/leibniz-mentoring/

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Leibniz Leute

Der Materialwissenschaftler Prof. Dr. Eduard Arzt, wissen-schaftlicher Geschäftsführer des INM - Leibniz-Institut für Neue Materialien, wird vom Europä-ischen Forschungsrat (ERC) mit einem Advanced Grant in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro aus-gezeichnet. Damit will Arzt in den nächsten fünf Jahren drei-dimensionale Strukturen und Oberflächen entwickeln, deren Funktionen sich durch äußere Reize an- und ausschalten las-sen. Durch schaltbare Haftung ließen sich beispielsweise hoch-empfindliche Wafer oder Linsen-systeme rückstandlos und ohne Beschädigung in Produktions-prozessen aufheben und ablegen, ohne Greifer oder Saugnäpfe. An-dererseits birgt das Schalten der Mikrostrukturen neben Haftprin-zipien auch die Möglichkeit, das Tastgefühl gezielt zu verändern.

So könnten künftig zum Beispiel Autolenkräder durch eine schlag-artig veränderte Oberfläche eine Gefahrenwarnung aussenden.

Die Bildungssoziologin Prof. Dr. Heike Solga vom Wissen-schaftszentrum Berlin für Sozi-alforschung (WZB) erhält den diesjährigen Wissenschaftspreis des Regierenden Bürgermeisters von Berlin. Der mit 40.000 Euro Forschungsförderung dotierte Preis würdigt wissenschaftliche Leistungen, die in herausragen-der Weise zu Problemlösungen in Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit der Direktorin der WZB-Abteilung „Ausbildung und Arbeitsmarkt“ stehen die Frage nach der Entste-hung und Verfestigung sozialer Ungleichheit und die Suche nach bildungs- und arbeitsmarktpoli-tischen Gegenmaßnahmen.

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Prof. Dr. Isabella Peters hat zum 1. Oktober als erste Professorin der ZBW – Leibniz-Informa-tionszentrum Wirtschaft die Arbeitsgruppe für Web Science am Insti-tut für Informatik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel übernommen. Die 30-Jährige forscht ins-besondere im Bereich der wissenschaftli-

chen Nutzung von Social Media und der Erzeugung nutzerge-nerierten Contents. Die Informationswis-senschaftlerin unter-sucht insbesondere die Vor- und Nachteile von Social Tagging und Folksonomies für die Erschließung von Informationsres-sourcen im Web und in professionellen Datenbanken, wie zum Beispiel OPACs.

Malina Schulz (Mi.) vom Forschungszentrum Borstel – Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften ist mit dem Leibniz-Auszubildenden-Preis 2013 aus-gezeichnet worden. Die Biologielaborantin erhielt den Preis für hervorragende Leistungen in ihrer Abschluss-prüfung und vorbildliches soziales Engagement. No-miniert waren drei ehemalige Auszubildende, die ihre

Leibniz’ BesteAusbildung im Ausbildungsjahr 2012/2013 erfolgreich abgeschlossen haben: neben der Preisträgerin die Che-mielaborantin Christin Scheunert (re.) vom Leibniz- Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dres-den sowie die Kauffrau für Bürokommunikation Hanna Schön (li.) vom Zentrum für Europäische Wirtschafts-forschung in Mannheim.

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Arbeiten bei LeibnizDie 86 Institute der Leibniz-Gemeinschaft beschäftigen 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 3.300 Doktorandinnen und Doktoranden arbeiten an Leibniz-Einrich-tungen. Die Leibniz-Gemeinschaft bietet auch eine große Bandbreite von Ausbil-dungsberufen an.

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© Sam Rey

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Dr. Heike Vogel vom Deutschen Institut für Ernährungsfor-schung Potsdam-Rehbrücke ist mit dem Postdoc-Preis in der Kategorie Natur- und Ingenieur-wissenschaften des Nachwuchs-wissenschaftlerpreises des Lan-des Brandenburg ausgezeichnet worden. Die Biologin erhält die mit 20.000 Euro dotierte Aus-zeichnung für ihre Forschungs-arbeit zur Identifikation neuer Übergewichtsgene, die die Fett-speicherung im Bauchraum för-dern. Krankhaftes Übergewicht

(Adipositas) gehört zu den kom-plexen Erkrankungen, an deren Entstehung zahlreiche Gene im Zusammenspiel mit Umweltfak-toren beteiligt sind. Heike Vogel konnte zwei Gene identifizie-ren, die im Fettgewebe krank-haft übergewichtiger Menschen verstärkt aktiv sind. Zurzeit befindet sich Vogel im Rahmen eines zweijährigen Forschungs-stipendiums der DFG an der Universität Göteborg in Schwe-den (Abteilung Physiologie/ Endokrinologie).

Metallische Gläser und nano-strukturierte Legierungen ste-hen im Fokus der Forschungen von Prof. Dr. Jürgen Eckert, Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts für Festkör-per- und Werkstoffforschung Dresden. Als einer der führen-den Forscher auf diesem Gebiet erhält Jürgen Eckert einen mit 2,5 Millionen Euro dotierten Ad-vanced Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC). Das Team um Jürgen Eckert möchte mit diesem Vorhaben eine neue Generation kom plexer metalli-scher Legierungen entwickeln, die die Eigenschaften einer hohen Festigkeit und einer gu-ten Verformbarkeit miteinan-der verbinden. Heute weisen

metallische Materialien meist nur eine der Eigenschaften im gewünschten Umfang auf. Sie kommen in Bereichen wie Ener-gie, Sicherheit, Infrastruktur, Mobilität, Gesundheit und Kom-munikation zum Einsatz.

Prof. Dr. Clemens Fuest, Prä-sident des Zentrums für Euro-päische Wirtschaftsforschung Mannheim ist mit dem Gustav-Stolper-Preis 2013 des Vereins für Socialpolitik ausgezeichnet worden. Mit dem Preis ehrt der Verein Wissenschaftler, die sich darum verdient gemacht haben, wissenschaftliche Erkenntnisse in die öffentliche Debatte ein-zubringen. Dies sei Fuest ins-besondere für die europäische Schuldenkrise gelungen.

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Preisträger/inKlaus Tschira Preis für verständliche

Wissenschaft2014

Bewerben Sie sich

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Die Klaus Tschira Stiftung zeichnet jährlich Wissenschaftler aus, die die Ergebnisse ihrer herausragenden Dissertation in einem allgemeinverständlichen Artikel beschreiben.

Bewerbungsbedingungen

Promotion 2013 in Biologie, Chemie, Informatik, Mathematik, Neurowissenschaften, Physik oder einem angrenzenden Fachgebiet

Herausragende Forschungsergeb-nisse

Ein allgemein verständlicherTextbeitrag über die eigene Forschungsarbeit

Einsendeschluss: 28. Februar 2014

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