30
Leichtbau Prinzipien, Werkstoffauswahl und Fertigungsvarianten Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid Lüftl WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Leichtbau...Leichtbau Prinzipien, Werkstoffauswahl und Fertigungsvarianten Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid Lüftl WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA Leichtbau Prinzipien,

  • Upload
    others

  • View
    7

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

  • Leichtbau

    Prinzipien, Werkstoffauswahlund Fertigungsvarianten

    Herausgegeben vonHans Peter Degischer und Sigrid Lüftl

    WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

    le-texDateianlage9783527628254.jpg

  • Leichtbau

    Herausgegeben vonHans Peter Degischer und Sigrid Lüftl

  • Leichtbau

    Prinzipien, Werkstoffauswahlund Fertigungsvarianten

    Herausgegeben vonHans Peter Degischer und Sigrid Lüftl

    WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

  • Die Herausgeber

    Hans Peter DegischerTechnische Universität WienInstitut für Werkstoffwissenschaftund WerkstofftechnologieKarlsplatz 13/E3081040 WienÖsterreich

    Sigrid LüftlTechnische Universität WienInstitut für Werkstoffwissenschaftund WerkstefftechnologieNichtmetallische WerkstoffeFavoritenstraße 9–11/E3081040 WienÖsterreich

    Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältigerarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren,Herausgeber und Verlag in keinem Fall,einschließlich des vorliegenden Werkes, für dieRichtigkeit von Angaben, Hinweisen undRatschlägen sowie für eventuelle Druckfehlerirgendeine Haftung.

    Bibliografische InformationDer Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnetdiese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

    © 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA,Weinheim

    Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzungin andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teildieses Buches darf ohne schriftliche Genehmi-gung des Verlages in irgendeiner Form – durchPhotokopie, Mikroverfilmung oder irgendeinanderes Verfahren – reproduziert oder in einevon Maschinen, insbesondere von Datenver-arbeitungsmaschinen, verwendbare Spracheübertragen oder übersetzt werden. Die Wieder-gabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamenoder sonstigen Kennzeichen in diesem Buchberechtigt nicht zu der Annahme, dass diesevon jedermann frei benutzt werden dürfen.Vielmehr kann es sich auch dann um einge-tragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlichgeschützte Kennzeichen handeln, wenn sienicht eigens als solche markiert sind.

    Printed in the Federal Republic of GermanyGedruckt auf säurefreiem Papier

    Satz le-tex publishing services GmbH, LeipzigDruck Strauss GmbH, MörlenbachBindung Litges & Dopf GmbH, Heppenheim

    ISBN 978-3-527-32372-2

  • V

    Inhaltsverzeichnis

    Allgemeine Einleitung XI

    Autorenverzeichnis XV

    Abkürzungen XVII

    1 Leichtbauprinzipien 1

    1.1 Vorbild Natur 1Helga Lichtenegger

    1.1.1 Einleitung 11.1.2 Materialersparnis durch Hohlräume 21.1.3 Organische Fasern und Faserverbunde 51.1.4 Hierarchischer Aufbau 81.1.5 Funktionsgerechtes Wachstum und Anpassung 101.1.6 Ausblick für technische Konstruktionen 12

    1.2 Berechnungs- und Design-Konzepte für den Leichtbau 14Franz Rammerstorfer und Thomas Daxner

    1.2.1 Einleitung 141.2.2 Einige Leichtbau-Berechnungsmethoden 151.2.3 Stabilitätsverlust – Knicken, Kippen, Beulen, Durchschlagen 201.2.4 Sandwich- und Laminat-Strukturen 331.2.5 Leichtbau-Konstruktionsprinzipien 371.2.6 Optimierung als Leichtbau-Konzept 43

    1.3 Bauteilversagen 49Wilfried Eichlseder

    1.3.1 Einleitung 491.3.2 Ermüdungsvorgang 501.3.3 Nennspannung und tatsächliche Spannung 511.3.4 Werkstoffverhalten und Bemessungskenngrößen 541.3.5 Vergleichsspannungshypothesen 581.3.6 Beanspruchungs-Zeit-Verläufe 60

    Leichtbau. Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid LüftlCopyright © 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 978-3-527-32372-2

  • VI Inhaltsverzeichnis

    1.3.7 Betriebsfestigkeit-Lebensdauerberechnung 641.3.8 Wöhlerlinien durch Simulation 691.3.9 Schlussfolgerungen und Ausblick 73

    2 Werkstoffangebot für den Leichtbau 77

    2.1 Werkstoffe 77Hans Peter Degischer

    2.1.1 Einleitung 772.1.2 Werkstoffkategorien 802.1.3 Elastizitätseigenschaften 832.1.4 Festigkeit und plastische Verformung 882.1.5 Einfluss erhöhter Temperatur 942.1.6 Werkstoffschädigung und Bruch 972.1.7 Umgebungsbedingte Schädigungen 1012.1.8 Zusammenfassung und Ausblick 103

    2.2 Polymermatrix-Verbundwerkstoffe 105Isabella Skrna-Jakl

    2.2.1 Einleitung 1062.2.2 Materialaufbau 1062.2.3 Fasermaterialien 1072.2.4 Polymermatrix-Materialien 1142.2.5 Materialparameter 1202.2.6 Faser-Halbzeuge, Faser-Matrix-Halbzeuge und Stützstoffe 1222.2.7 Materialverhalten 1312.2.8 Schlussfolgerungen 137

    2.3 Werkstoffauswahl 138Cecilia Poletti und Hans Peter Degischer

    2.3.1 Einleitung 1392.3.2 Werkstoffauswahl im Rahmen der Produktentwicklung 1402.3.3 Materialeffizienz 1422.3.4 Methodologie 1442.3.5 Steifigkeit und Masse 1452.3.6 Geometrie 1542.3.7 Beispiel der Werkstoffauswahl für einen Fahrradrahmen 1572.3.8 Beispiel multipler Anforderungen eines Otto-Motors 1632.3.9 Zusammenfassung und Ausblick 171

    3 Fertigungstechnischer Leichtbau 173

    3.1 Gießtechnik 173Leopold Kniewallner

    3.1.1 Einleitung 1733.1.2 Formgieß-Verfahren 1743.1.3 Werkstoffgruppen für Gusskomponenten 179

  • Inhaltsverzeichnis VII

    3.1.4 Eigenschaften von Gusslegierungen 1833.1.5 Konstruktionsrichtlinien für Gussteile 1843.1.6 Defekte in Gussteilen 1873.1.7 Verbindungstechniken und Mischbauweisen mit Gussteilen 1893.1.8 Entwicklungsbedarf und Ausblick 190

    3.2 Pulvermetallurgische Leichtbauprodukte 191Herbert Danninger

    3.2.1 Einführung – Pulvermetallurgie (PM) 1923.2.2 PM-Aluminium 1953.2.3 PM-Titanwerkstoffe 2093.2.4 Ausblick 210

    3.3 Umformtechnischer Leichtbau 214Bruno Buchmayr

    3.3.1 Einleitung 2143.3.2 Herausforderungen an die Umformtechnik durch den stofflichen

    Leichtbau 2153.3.3 Umformtechnische Umsetzung

    der konstruktiven Leichtbauprinzipien 2173.3.4 Umformtechnischer Leichtbau ausgehend von Feinblech 2193.3.5 Lokale Blechverstärkungskonzepte 2233.3.6 Rohrbasierte Konzepte 2263.3.7 Leichtbau im Bereich der Massivumformung 2323.3.8 Numerische Simulation zur Verfahrens- und Produktoptimierung 2403.3.9 Zusammenfassung und Ausblick 242

    4 Bauteilfertigung 247

    4.1 Bauteilfertigung – Polymermatrix-Verbundwerkstoffe 247Wolfgang Billinger

    4.1.1 Einleitung 2474.1.2 Formwerkzeug 2484.1.3 Laminataufbau 2514.1.4 Aushärten 2634.1.5 Qualitätskontrolle 2664.1.6 Zusammenbau 2684.1.7 Zusammenfassung und Ausblick 270

    4.2 Mischbauweisen und Multimaterialkomponenten 271Ulf Noster

    4.2.1 Einleitung 2714.2.2 Einsatzbeispiele und Anforderungen 2724.2.3 Zusammenfassung 277

  • VIII Inhaltsverzeichnis

    5 Rezyklierbarkeit 279

    5.1 Rezyklieren metallischer Werkstoffe 279Michael Kettner und Hans Peter Degischer

    5.1.1 Einleitung 2795.1.2 Produktlebenszyklus 2805.1.3 Primärmetalle und Sekundärlegierungen 2835.1.4 Verwertung von metallischen Rest- und Altstoffen 2855.1.5 Aluminium und Magnesium spezifische Situation 2905.1.6 Kreislaufwirtschaft 2965.1.7 Schlussfolgerungen 299

    5.2 Rezyklieren von unverstärkten und faserverstärkten Kunststoffen 301Vasiliki-Maria Archodoulaki

    5.2.1 Stoffströme, gesetzliche Rahmenbedingungen 3025.2.2 Verwertung von Kunststoffabfällen 3035.2.3 Rezyklieren von Faserverbundwerkstoffen 3045.2.4 Rezyklieren von Polyurethanen 3135.2.5 Ausblick 313

    6 Bauteilbeispiele aus dem Transport 317

    6.1 Sportwagenprototyp „Concept MILA“ 317Bruno Götzinger

    6.1.1 Einleitung 3176.1.2 Vision 3186.1.3 Virtuelle Evolution 3196.1.4 Antriebskonzept 3216.1.5 Modularer Spaceframe 3226.1.6 Werkstoffauswahl und Einsatz 3246.1.7 Basisstruktur des Konzepts 3256.1.8 Ausblick 326

    6.2 Prototypfahrzeug „CLEVER“ 327Richard Kretz

    6.2.1 Einleitung 3286.2.2 Historische Entwicklung und Stand der Technik 3296.2.3 Auswahl der Bauweise für CLEVER 3326.2.4 Package und Design 3356.2.5 Bearbeitung der Profile und Zusammenbau der Spaceframes 3356.2.6 Weitere Arbeiten der Partner 3376.2.7 Technische Daten des CLEVER Fahrzeugs 338

  • Inhaltsverzeichnis IX

    6.3 Das „R2R“ Motorrad 340Andreas Bilek

    6.3.1 Einleitung 3406.3.2 Anforderungen und Produkte 3416.3.3 Wichtige Kenngrößen 3426.3.4 Entwicklungsziele 3436.3.5 Spezielle Ausführungen 3456.3.6 Entwicklungsbedarf und Ausblick 349

    6.4 Faserverstärkte Polymere im Flugzeugbau 350Wolfgang Billinger

    6.4.1 Einleitung 3506.4.2 Strukturelle Komponenten 3516.4.3 Triebwerkskomponenten 3576.4.4 Innenraumkomponenten 3586.4.5 Zusammenfassung und Ausblick 359

    7 Innovation und Innovationsmanagement 361Adolf Stepan and Beate Edl

    7.1 Innovation 3617.1.1 Innovation und Verantwortung für Innovationen als zentrale

    Managementaufgabe 3627.1.2 Wettbewerb und Innovationsprozesse 364

    7.2 Die Erfolgsfaktorenforschung und ihre Ergebnisse 366

    7.3 Die Rolle der Selektionsumgebung und managementorientierteInnovationskonzepte 369

    7.4 Wirtschaftlichkeitsüberlegungen 3747.4.1 Diffusion von Innovation 3747.4.2 Der Produktlebenszyklus 3767.4.3 Die Conjoint-Analyse 3777.4.4 Die Lernkurven 378

    Register 385

  • XI

    Allgemeine Einleitung

    Leichtbau ist ein umfassendes Konstruktionsprinzip, welches das Ziel verfolgt, dasGewicht bzw. die Masse von technischen Produkten zu reduzieren. Angewandtauf bewegte Maschinenelemente, Transportmittel und Sportgeräte sind die Moti-ve dafür, zum Beispiel höhere Beschleunigungen zu erzielen, die Nutzlast zu er-höhen und die aufzuwendende Energie zu reduzieren. Das Einsatzspektrum desLeichtbaus reicht vom allgemeinen Maschinenbau (z. B. Roboter, Verpackungs-maschinen, Sportartikel etc.), Energieerzeugungsanlagen (z. B. Windräder) überden Fahrzeug- und Flugzeugbau bis hin zur Gestaltung von Raumfahrzeugen undRaumstationen. Klassisch [1] wird unterschieden zwischen:

    • stofflichem Leichtbau (Leichtwerkstoffe),• Formleichtbau (z. B. Hohlstrukturen),• Fertigungsleichtbau (z. B. integrale oder gefügte Bauweise),• Konstruktionsleichtbau (materialsparend),• Funktionsleichtbau (z. B. Integration oder Reduzierung von Funktionen).

    Die Wechselwirkung dieser Leichtbaumöglichkeiten soll folgendes Beispiel illus-trieren: Die Konstruktion eines möglichst kurz gebauten PKW spart Material, dieEinführung eines Mittelmotors verteilt das Gewicht gleichmäßiger, die Achsbelas-tungen werden kleiner und erlauben die Reduktion der tragenden Querschnittebzw. die Substitution durch Leichtmetalle, die als funktionsintegrierte Formteileeingesetzt werden können. Damit wird nicht nur das Gesamtgewicht reduziert,sondern auch das Aussehen geprägt und die Funktionsvielfalt verändert. Die Um-setzung des Leichtbaus bedarf einer gesamtheitlichen Betrachtung der angeführ-ten Möglichkeiten. Selbst die Substitution von Werkstoffen ist ohne Anpassungdes Designs im Allgemeinen nicht effizient.

    In den letzten Jahrzehnten lieferte die Weiterentwicklung aller angeführtenLeichtbaumöglichkeiten starke Innovationsimpulse: Neue Werkstoffe (z. B. Hoch-leistungs-Verbundwerkstoffe, höchstfeste Stähle) und Werkstoffverbunde (z. B.Sandwich mit geschäumten Kernen) sowie neue Formgebungsverfahren (z. B.Innenhochdruckumformung) eröffnen effizientere Gestaltungsmöglichkeiten;zuverlässigere Messungen der Eigenschaftsprofile werden für die computerun-terstützte Bauteilentwicklung, realitätsnahe Fertigungs- und Beanspruchungssi-

    Leichtbau. Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid LüftlCopyright © 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 978-3-527-32372-2

  • XII Allgemeine Einleitung

    mulation eingesetzt. Des Weiteren konnten die Produktfunktionen erweitert (z. B.Sicherheit) und neue Randbedingungen (z. B. Umweltverträglichkeit) berücksich-tigt werden. Nicht nur die Produktfunktionen wurden umfassender, sondern auchdie Wege vielfältiger, sie zu erfüllen.

    Der Nutzen eines Produkts wird in der Marktwirtschaft den Kosten gegenüber-gestellt. Da effizienter Leichtbau im Allgemeinen höhere Werkstoff- und/oder Fer-tigungskosten verursacht, bedarf es eines Innovationsdrucks, etablierte Produk-te durch Leichtbaulösungen zu ersetzen. Beispielsweise müsste das Gewicht derderzeit produzierten Pkws wieder so reduziert werden, dass es nicht höher istals jenes der vor 10 Jahren produzierten. Die durch konsequenten Leichtbau er-zielbare Treibstoffeinsparung von 0,3–0,5 l/100 kg scheint allerdings – wegen dererhöhten Herstellungskosten am Markt – noch keine ausreichende Nachfrage zuerzeugen. Künftig werden die Energiekosten steigen und die Umweltschutzbedin-gungen werden sich weiter verschärfen. Somit wird auch der Innovationsdruck inRichtung Leichtbau stärker werden. In Luft- und Raumfahrzeugen und auch inetlichen Sportartikeln ist Leichtbau längst integriert. In zunehmendem Ausmaßwird auch bei der Entwicklung von Maschinen, Straßen- und Schienenfahrzeugenauf Leichtbau gesetzt. Dieses Buch will auch mit Produktbeispielen Anregungenfür die Umsetzung von Leichtbau liefern. Die jeweiligen Autoren erläutern denWeg von der Problemstellung über die Konzeption der Lösung bis zur tatsächli-chen Fertigstellung des Produkts.

    Die Natur entwickelte Leichtbau seit Jahrmillionen, woraus die Ingenieurelernen können: Bionik [2] und Biomimetik [3] liefern richtungsweisende An-regungen, wenngleich keinesfalls einfach kopiert werden kann. Vom Entwick-lungsingenieur werden umfassende Problemlösungen erwartet, um dasProduktgewicht bei gleichen oder verbesserten Gebrauchseigenschaften markt-konform zu vermindern. Dafür stehen hervorragende Leichtbau-Konzepte zurVerfügung. In Ergänzung zu Fachbüchern [4–6], die die Konstruktionsaspektebetonen, will dieses Buch die Vielfalt und wechselseitige Abhängigkeit der moder-nen Leichtbaumöglichkeiten aufzeigen und anhand einiger Beispiele illustrieren.Aufbauend auf den Grundlagen der Konstruktions- und Berechnungsprinzipi-en, der Werkstoffeigenschaften (einschließlich jener der Verbundwerkstoffe undWerkstoffverbunde) sowie der Formgebungsmöglichkeiten sollen Innovations-impulse gegeben werden. Wegen der bisweilen anzutreffenden Marktschwellefür Leichtbauprodukte werden auch allgemeine Voraussetzungen für Innovatio-nen erörtert, ebenso der Kostenaspekt. In der Kosten-Nutzen-Bilanz ist der ge-samte Produktlebenszyklus zu betrachten, ebenso in der Umweltverträglichkeit.Die dargestellten, gegenwärtig möglichen Rezyklierverfahren für Bauteile undWerkstoffe können verstärkt zur Schonung von Ressourcen und Umwelt beitra-gen.

    Das vorliegende Buch entstand im Anschluss an das Projekt „Austrian LightWeight Structures“ [7] und will StudentInnen der Technik, MitarbeiterInnen inForschung und Entwicklung, DesignerInnen, Entwicklungs- und Fertigungsinge-nieurInnen, technischen VerkäuferInnen, EntscheidungsträgerInnen für Innova-

  • Allgemeine Einleitung XIII

    tionen und allen, die an der Umsetzung von Leichtbaukonzepten interessiert sind,wissensbasierte Leichtbaulösungen vermitteln und sie zu deren kreativer Umset-zung anregen.

    Wien, im August 2009 Hans Peter Degischer und Sigrid Lüftl

    Literaturnachweis

    1 Leichtbaustrategien, DVM-Bericht 675,DVM-Berlin, 2008

    2 Nachtigall, W. (2003) Bionik: Grundlagenund Beispiel für Ingenieure und Naturwis-senschaftler, Springer-Verlag, Berlin.

    3 Elices, M. (ed.) (2000) Structural biologicalmaterials – design and structure-propertyrelationships, Pergamon, Amsterdam.

    4 Klein, B. (2007) Leichtbau-Konstruktion,7. Auflage, Vieweg & Sohn Verlag,Wiesbaden.

    5 Hertel, H. (1980) Leichtbau, Springer-Verlag, Berlin.

    6 Wiedemann, J. (2007) Leichtbau – Elemen-te und Konstruktion, 3. Aufl., Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York.

    7 Leichtbau-Seminar im Rahmen des For-schungsprojektes „Austrian Light WeightStructures“ koordiniert vom ARC Leicht-metallkompetenzzentrum RanshofenGmbH (LKR), gefördert von der Österr.Nationalstiftung, 2005–2007

  • XV

    Autorenverzeichnis

    Vasiliki-Maria ArchodoulakiTechnische Universität WienInstitut für Werkstoffwissenschaftund WerkstofftechnologieNichtmetallische WerkstoffeFavoritenstraße 9–11/E3081040 WienÖsterreich

    Andreas BilekKTM SPORTMOTORCYCLE AGMotorentwicklungStallhofnerstraße 35230 MattighofenÖsterreich

    Wolfgang BillingerHTL Ried-InnviertelMolkereistraße 44910 Ried/InnkreisÖsterreich

    Bruno BuchmayrLehrstuhl für UmformtechnikMontanuniversität Leoben8700 LeobenÖsterreich

    Herbert DanningerTechnische Universität WienInstitut für chemische Technologienund AnalytikGetreidemarkt 9/164-CT1060 WienÖsterreich

    Thomas DaxnerTechnische Universität WienInstitut für Leichtbau und Struktur-BiomechanikGußhausstraße 25–29/E3171040 WienÖsterreich

    Hans Peter DegischerTechnische Universität WienInstitut für Werkstoffwissenschaftund WerkstofftechnologieKarlsplatz 13/E3081040 WienÖsterreich

    Beate EdlTechnische Universität WienInstitut für Management-wissenschaftenTheresianumgasse 27/E3301040 WienÖsterreich

    Leichtbau. Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid LüftlCopyright © 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 978-3-527-32372-2

  • XVI Autorenverzeichnis

    Wilfried EichlsederMontanuniversität LeobenLehrstuhl für AllgemeinenMaschinenbauCD-Labor für BetriebsfestigkeitFranz-Josef-Straße 188700 LeobenÖsterreich

    Bruno GötzingerMAGNA STEYR FahrzeugtechnikAG & Co KGLiebenauer Hauptstraße 3178041 GrazÖsterreich

    Michael KettnerARC LeichtmetallkompetenzzentrumRanshofen GmbHLeitung StranggussPostfach 265282 RanshofenÖsterreich

    Leopold KniewallnerGeorg Fischer Automotive AGMühlentalstrasse 658201 SchaffhausenSchweiz

    Richard KretzARC LeichtmetallkompetenzzentrumRanshofen GmbHGießtechnikPostfach 265282 RanshofenÖsterreich

    Helga LichteneggerTechnische Universität WienInstitut für Werkstoffwissenschaftund WerkstofftechnologieFavoritenstraße 9–11/E3081040 WienÖsterreich

    Ulf NosterARC LeichtmetallkompetenzzentrumRanshofen GmbHLeitung LeichtbauPostfach 265282 RanshofenÖsterreich

    Cecilia PolettiTechnische Universität WienInstitut für Werkstoffwissenschaftund WerkstofftechnologieKarlsplatz 13/E3081040 WienÖsterreich

    Franz RammerstorferTechnische Universität WienInstitut für Leichtbau und Struktur-BiomechanikGußhausstraße 25–29/E3171040 WienÖsterreich

    Isabella Skrna-JaklTechnische Universität WienInstitut für Leichtbau und Struktur-BiomechanikGußhausstraße 27–29/E3171040 WienÖsterreich

    Adolf StepanTechnische Universität WienInstitut für Management-wissenschaftenTheresianumgasse 27/E3301040 WienÖsterreich

  • XVII

    Abkürzungen

    AMA American Motorcyclist AssociationB2B Business to BusinessBMC Bulk Moulding CompoundBMI BismaleinimidCES Cambridge Engineering SelectorCFK Carbonfaser (Kohlefaser) verstärkter KunststoffCIP Kaltisostatisches PressenCNG Compressed Natural GasDLC Diamond Like CarbonDOHC Dual Over Head CamDSC Differential Scanning CalorimetryECRC European Composites Recycling Services CompanyEOP End of ProductionEP EpoxidEPMA European Powder Metallurgy AssociationEU Europäische UnionFB FunktionsbestätigungFCKW FluorchlorkohlenwasserstoffeFEM Finite Element ModelFHF Flap Hinge Fairing (Landeklappen Gelenksverkleidung)FTF Flap Track Fairing (Landeklappen Schienenverkleidung)Gew.% GewichtsprozentGFK Glasfaser verstärkter KunststoffGMT Glasmatten verstärkte ThermoplasteHIP Heißisostatisches PressenHM High-ModulusHMS High-Modulus&StrengthHS High-StrainHT High-TensileIM Intermediate-ModulusKB KonzeptKTM Kronreif Trunkenpolz Mattighofen

    Leichtbau. Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid LüftlCopyright © 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 978-3-527-32372-2

  • XVIII Abkürzungen

    LFT Langfaser verstärkte ThermoplasteLT LeistungstestMAG Multiaxial-GelegeMES Minimum Efficient ScaleMFA Microfibril Angle (Mikrofibrillenwinkel)MILA Magna Innovative Leightweight AutoMMC Metall-Matrix-CompositeMPIF Metal Powder Industries FederationMPV Multi Purpose VehicleNCF Non Crimp FabricNVH Noise Vibration HarshnessOEM Original Equipment ManufacturerPA PolyamidPAN PolyacrylnitrilPBT PolybutylenterephthalatPDS Progressive Damping SystemPE PolyethylenPEEK PolyetheretherketonPEI PolyetherimidPES PolyethersulfonPET PolyethylenterephthalatPF PhenolformaldehydPIM Powder Injection Moulding (Pulverspritzgießen)PM PulvermetallurgiePMC Polymer-Matrix-CompositePP PolypropylenPPS PolyphenylensulfidPS ProzesssicherheitPSU PolysulfonPTO Prototyp try outPUR PolyurethaneR2R Ready to RaceRAT Ram Air Turbine (Staudruckturbine)RRECOM Recycling and Recovery from Composites MaterialsRS Rasche ErstarrungRTM Resin Transfer MoldingS2 Sekundärwand 2SMC Sheet Moulding CompoundSOP Start of ProductionSUV Sport Utility VehicleTLA Total Life Cycle AssessmentTOC Total Organic CarbonUD UnidirektionalUHM Ultra-High-ModulusUP Ungesättigtes Polyester

  • Abkürzungen XIX

    UP-Harze Ungesättigte PolyesterharzeUSD Upside Downvmax HöchstgeschwindigkeitVE VinylesterVPTC Virtual Prototype Concept DevelopmentVPTF Virtual Prototype FeasibilityZB ZusammenbauZV Zielvereinbarung

  • 1

    1Leichtbauprinzipien

    1.1Vorbild NaturHelga Lichtenegger

    Kurzfassung

    Leichte Konstruktionen und sparsamer Materialeinsatz spielen in der Natur einegroße Rolle. Eine Methode des Leichtbaus ist der gezielte Einsatz von Hohlräu-men. Beispiele auf Werkstoffebene sind zellulare Strukturen wie Holz oder trabe-kulärer Knochen. Zellulare Strukturen können auch kombiniert mit Vollmaterial,z. B. als Sandwich- oder Röhren-Konstruktionen auftreten. Weiter bestehen vielebiologische Werkstoffe aus leichten Grundkomponenten. Als Beispiele werden dieorganischen Faserverbunde Holz und Knochen näher beschrieben. Ein weiteresSpezifikum biologischer Werkstoffe ist deren hierarchischer Aufbau. An verein-fachten fraktalen Strukturen konnte gezeigt werden, dass eine höhere Anzahl vonHierarchieebenen die Materialeffizienz erhöhen kann. Zusätzlich haben biologi-sche Strukturen die Fähigkeit, sich an geänderte Belastungen anzupassen, und ge-gebenenfalls sogar nachträglich Material einzusparen. In Knochen beispielsweisefindet durch laufenden Auf- und Abbau ständig Strukturoptimierung statt.

    1.1.1Einleitung

    Aufgrund der zunehmend verfeinerten technischen Möglichkeiten erlangenLeichtkonstruktionen und Leichtmaterialien in verschiedenen Bereichen wie Ar-chitektur, Fahrzeugbau, Luft- und Raumfahrt etc. immer größere Wichtigkeit.Der Vorteil liegt auf der Hand: Bieten Leichtbaukonzepte doch einerseits Materia-lersparnis, andererseits aber auch Energieersparnis im Antrieb bei beweglichenKonstruktionen.

    In der Natur ist dieses Konzept seit jeher weit verbreitet. Der Grund dafür isteinerseits die sehr begrenzte Verfügbarkeit von Grundbausteinen und damit ver-bundene Erfordernis zum sparsamen Materialeinsatz, aber auch die Tatsache, dassbiologische Organismen für die Materialsynthese metabolische Energie benötigen.

    Leichtbau. Herausgegeben von Hans Peter Degischer und Sigrid LüftlCopyright © 2009 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, WeinheimISBN: 978-3-527-32372-2

  • 2 1 Leichtbauprinzipien

    Weiter spielen auch funktionale Gesichtspunkte eine Rolle: Essenziell ist Leicht-bau beispielsweise bei fliegenden Organismen, um überhaupt Flugtauglichkeit zuerreichen. Nicht zuletzt verbessert Leichtbau auch die Stabilität von großen Kon-strukten, die ihr eigenes Gewicht tragen müssen (z. B. Baumstämme).

    Zusätzlich sind biologische Organismen noch mit weiteren Anforderungen kon-frontiert, die für vom Menschen hergestellte Bauteile und Konstruktionen (meist)keine Rolle spielen. Biologische Organismen müssen über die gesamte Lebensdau-er voll funktionsfähig sein und bleiben, und das bei veränderlichen Umweltbedin-gungen. Wartung, Reparatur oder Austausch von Ersatzteilen stehen außer Dis-kussion, jede Beseitigung von Schäden oder Anpassung muss „bei laufendem Be-trieb“ erfolgen. Die Natur begegnet diesen Anforderungen mit hochkomplexen, antypische Lastfälle äußerst gut angepasste Konstruktionen, die sich durch Selektionüber sehr lange Zeiträume hinweg entwickelt haben und ihre Zusammensetzung,Struktur und damit auch mechanischen Eigenschaften laufend anpassen können.Ein guten Überblick über Struktur und Eigenschaften von biologischen Materia-lien erhält man beispielsweise in [1–4]. In diesem Kapitel sollen einige Beispielebiologischen Leichtbaus, vorwiegend auf Werkstoffebene, kurz erläutert werden.

    1.1.2Materialersparnis durch Hohlräume

    Eine nahe liegende Strategie ein Objekt leichter zu machen ist es, Material ge-zielt dort wegzulassen, wo typischerweise die geringsten Belastungen auftreten.Auf diese Weise erhält man Konstruktionen in Fachwerk- bzw. Skelettbauweise.Weiter können auch Werkstoffe selbst schaumartig oder zellular strukturiert sein.Zusätzlich zu Material- und Gewichtsersparnis bietet der zellulare Aufbau die Mög-lichkeit Hohlräume anderweitig zu verwenden, z. B. für den Stofftransport oder fürmetabolische Zwecke.

    1.1.2.1 Zellulare MaterialienBeispiele für zellulare Materialien in der Natur sind zahlreich, z. B. Holz, Kork, tra-bekulärer Knochen etc. Morphologie, typische Zellgröße und relativer Volumenan-teil von Material und Hohlräumen können stark variieren. Der relative Anteil vonVollmaterial (relative Dichte ρ∗/ρs, wobei ρ∗ die scheinbare Dichte ist und ρs dieDichte des Vollmaterials) reicht von 0,05 bis 0,3 für trabekuläre Knochen und 0,2für Balsaholz (Ochroma lagopus) bis zu über 0,8 für die dichtesten Holzarten (Eben-holz und Guajak). Typischerweise liegen Zellgrößen im Bereich von wenigen bismehreren Hundert Mikrometern [5].

    Holzzellen: prismatische Wabenstruktur Holz besteht aus röhrenförmigen Holz-zellen, die entlang der Längsrichtung des Stammes oder Astes ausgerichtet sindund je nach Holzart einen Durchmesser von 10 bis 500 µm und Wandstärkenzwischen 1 und 8 µm erreichen können (Abb. 1.1.1c) [6]. Holzzellen haben ei-nerseits die Aufgabe Wasser und Nährstoffe zu leiten und fungieren andererseits

  • 1.1 Vorbild Natur 3

    Abb. 1.1.1 (a) Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens),(b) Materialeffizienz für Druckbelastung versus relative Dichte(1 bezieht sich auf Vollmaterial), experimentelle Daten ausModellstruktur, (c) Holzzellen im Längsschnitt, (d) Holzzellenim Querschnitt, (e) idealisierte Wabenstruktur (b–e aus [10]).

    als mechanische Stütze. Die Röhren können runden bis etwa sechseckigen Quer-schnitt (Abb. 1.1.1d) haben und sind wesentlich länger als breit (ca. 1 mm lang),weshalb Holz mit einer prismatischen Wabenstruktur angenähert werden kann(Abb. 1.1.1e) [7]. Holz weist in Längsrichtung eine große Steifigkeit (Elastizitäts-modul E) bezogen auf seine Dichte ρ auf. Insbesondere erhält man einen sehrhohen Wert für den Materialparameter � = E1/2/ρ – das ausschlaggebende Mate-rialkriterium für den Bau eines möglichst leichten und steifen Balkens, der sichelastisch wenig biegt (siehe Abschnitte 2.1 und 2.3) [7]. Balsaholz in Längsrichtungerreicht Werte von � = 14,1 GPa1/2 (Mg m–3)–1 und übertrifft damit sogar künstli-che Hochleistungswerkstoffe wie unidirektionalen Kohlefaserverbund [8].

    Am Beispiel Holz lässt sich der Vorteil eines zellularen Aufbaus sehr deutlichsehen. Mit sinkender Dichte steigt der Parameter � (auch als Materialeffizienzbezeichnet) im Vergleich zu einem (hypothetischen) Vollmaterial mit Dichte ρs(Abb. 1.1.1b). Bei einer relativen Dichte von ρ∗/ρs = 0,3, wie sie für Fichtenholz

  • 4 1 Leichtbauprinzipien

    typisch ist, ergibt das eine doppelt so hohe Materialeffizienz im Vergleich zumVollmaterial.

    Dreidimensional: trabekulärer Knochen Knochen ist in mehrerer Hinsicht alsLeichtbaumaterial einzustufen. Zunächst umgibt auf makroskopischer Ebene einekompakte Schale einen weniger dichten Kern. Das Innere von Knochen ist mitKnochenmark und teilweise mit schwammartiger Knochenstruktur gefüllt, auchtrabekulärer oder spongiöser Knochen genannt. Trabekulärer Knochen bestehtaus balkenförmigen bzw. plattenförmigen Verstrebungen als tragenden Elemen-ten und ist ein typisches Beispiel für eine dreidimensionale zellulare Struktur. DieDicke der Trabekel liegt im Bereich von 100 bis 300 µm.

    Die mechanischen Eigenschaften von trabekulärem Knochen hängen stark vondessen Dichte ab. Es konnte gezeigt werden, dass die Deformation von trabekulä-rem Knochen hauptsächlich mit der Biegung und – bei entsprechend hohen Lasten– Knickung der Trabekel einhergeht. Daraus lässt sich ableiten, dass E-Modul undDruckfestigkeit proportional zum Quadrat der Dichte sind [7]. Ein entsprechenderZusammenhang zeigt sich auch empirisch, allerdings ist die Streubreite beacht-lich, da bei gleicher Dichte starke Unterschiede in der Trabekelarchitektur auftre-ten [9]. So können die Trabekel als annähernd zylindrische Balken oder als perfo-rierte Platten vorliegen (Abb. 1.1.2c, d). Erstere Struktur findet sich hauptsächlichbei trabekulärem Knochen geringer Dichte tief im (wenig belasteten) Inneren vonKnochen, Letztere oft knapp unter der kompakten Außenhaut. Weiter kann durchVorzugsausrichtung der Trabekel in Belastungsausrichtung strukturelle und me-chanische Anisotropie auftreten. Dadurch verändert sich der Zusammenhang zwi-schen E-Modul bzw. Druckfestigkeit und Dichte und wird bei besonders starkerVorzugsorientierung (prismatische Struktur) in Längsrichtung linear [9].

    1.1.2.2 Sandwich- und Röhren-StrukturenEine andere weit verbreitete Variante natürlichen Leichtbaus sind Sandwich- undRöhren-Konstruktionen. Erstere bestehen aus zwei dichten äußeren Schichtenund einer weniger dichten Mittelschicht, die oft mit zellularem Material ge-füllt ist. Einen solchen Aufbau findet man beispielsweise in Pflanzenblättern(Abb. 1.1.3e, f) oder auch in der Schädeldecke (Abb. 1.1.3d). Die Verbindung derdichten äußeren Schichten durch eine zellulare Mittelschicht bewirkt ein erhöh-tes Flächenmoment im Vergleich zum Vollmaterial und verbessert dadurch denWiderstand gegen Biegung und Knicken. Setzt man umgekehrt eine bestimmteBiegesteifigkeit voraus, so erhält man durch eine Sandwich-Konstruktion eine Re-duktion des Gesamtgewichts, und zwar sowohl gegenüber einer Konstruktion ausVollmaterial als auch einer aus zellularem Material.

    Röhren-Strukturen sind vor allem bei Pflanzenstängeln zu finden. Der Stän-gel besitzt eine dichte äußere Hülle, das Innere besteht aus einer Waben- oderSchaumstruktur. Dabei kann die Schaumstruktur als Mittelschicht innerhalb ei-ner Doppelwand eingesetzt werden (Abb. 1.1.3a, b) oder den gesamten Innenraumausfüllen. Auch in der Tierwelt ist diese Konstruktion durchaus verbreitet und fin-

  • 1.1 Vorbild Natur 5

    Abb. 1.1.2 (a) Menschlicher Oberschenkelknochen (Femur),(b) Oberschenkelkopf im Längsschnitt: außen kompakter Kno-chen, innen trabekulärer Knochen, (c) trabekulärer Knochenaus dem Gelenksknorren Richtung Knie: orientierte platten-förmige Struktur, (d) trabekulärer Knochen aus dem Ober-schenkelkopf: stabförmige Trabekel mit zufälliger Ausrichtung(a, b aus [3]; c, d aus [7]).

    det sich beispielsweise in Federkielen oder Stacheln (Abb. 1.1.3c). Dabei wirkt derzellulare Kern als elastische Unterstützung der äußeren Schale, nimmt Deforma-tionen auf und erhöht so den Widerstand gegen Knicken [7, 10].

    1.1.3Organische Fasern und Faserverbunde

    Leichtbaukonstruktionen erfordern neben geeigneter Architektur auch möglichstleichte Grundkomponenten. In biologischen Materialien bieten sich dafür vor al-lem organische Faserverbunde an. Beispiele sind Haut, Haare, Sehnen oder Pflan-zenzellwände. Sie bestehen aus longitudinal steifen, organischen Fasern, die ineine weichere, ebenfalls organische, Matrix eingebettet sind. Je nach Gewebe kön-nen die Fasern aus Protein (z. B. Kollagen, Keratin) oder Polysacchariden (Zellu-lose, Chitin) bestehen; gemeinsam ist ihnen jedenfalls die relativ niedrige Dichteim Bereich von 1,2 bis 1,4 g/cm3. Faserverbunde bieten eine Reihe von Vorteilenwie leichte Herstellbarkeit im Wachstumsprozess oder große Variationsbreite vonmechanischen Eigenschaften bei gleichen Grundkomponenten. Nachteilig ist al-

  • 6 1 Leichtbauprinzipien

    Abb. 1.1.3 Beispiele für Röhren-Konstruktionen und Sand-wich-Strukturen in der Natur: (a, b) Grasstängel (gewöhn-liche Quecke, Elytrigia repens), (c) Stachel vom Stachelschwein,(d) menschliche Schädeldecke, (e) Querschnitt durch Blatt derSchwertlilie (Iris), (f) Querschnitt durch Blatt von Rohrkolben(Typha); angepasst aus [7].

    lerdings die Gefahr des Materialversagens durch Faserknicken unter Druck. In derNatur finden sich einige Strategien diese Schwächen zu beheben, wie zum Bei-spiel die Vorspannung der Fasern unter Zug (in Pflanzenzellwänden durch Wachs-tumsspannungen und Zellinnendruck) oder die laterale Unterstützung der Faserndurch eine mechanisch stabile Matrix.

    1.1.3.1 Zellulosefaserverbund in der HolzzellwandEin typisches Beispiel für einen natürlichen Faserverbund stellt die Holzzellwanddar. Sie besteht aus ca. 2,5 nm dicken teilkristallinen Zellulosefibrillen, die in eineamorphe Matrix aus Hemizellulose und Lignin eingebettet sind. Die Zellwand istaus mehreren Schichten aufgebaut, wobei die Zellulosefibrillen in verschiedenenSchichten unterschiedlich orientiert sind [6] (Abb. 1.1.4a). In der dicksten Schicht(der Sekundärwand 2, auch S2) laufen die Zellulosefibrillen spiralförmig um dieröhrenförmige Holzzelle, wobei der Kippwinkel gegen die Längsrichtung (Mikro-fibrillenwinkel, MFA) in ein und demselben Baum an unterschiedlichen Stellen

  • 1.1 Vorbild Natur 7

    Abb. 1.1.4 Zellulosefaserverbund in der Holz-zellwand: (a) schichtförmiger Aufbau derHolzzelle, Orientierung der Zellulosefibrillenin der S2, gekennzeichnet als MFA (aus [29]),(b) Spannungs-Dehnungskurven von Fichten-

    holz mit verschiedenem MFA im Zugversuch(aus [13]), (c, d) Bruchflächen von Fichtenholzim Zugversuch mit MFA = 0◦ und MFA = 50◦(Prinzipskizzen der Zellulosefaserorientierungjeweils rechts); angepasst aus [14].

    stark variieren kann. So finden sich beispielsweise im Zentrum von Stämmen undan der Unterseite von Ästen vorwiegend Holzzellen mit Zellulosefibrillen, die eineeher flache Spirale beschreiben (großer Mikrofibrillenwinkel), während an der Au-ßenseite von älteren Stämmen vorwiegend Holz mit kleinerem Mikrofibrillenwin-kel zu finden ist [11]. Tatsächlich ergibt eine Änderung des Mikrofibrillenwinkelsvon beinahe null (fast senkrechte Fibrillen) auf bis zu 50 Grad bei ansonsten weit-gehend gleicher Struktur und Morphologie das Absinken des makroskopischenE-Moduls um einen Faktor 10, während die maximale Dehnung um einen Faktor12 ansteigt (Abb. 1.1.4b) [12, 13].

    Ebenso gravierend ändert sich das Bruchverhalten: im Fall von MFA = 0◦ ver-formt sich Holz zunächst elastisch, um dann spröde zu brechen (Abb. 1.1.4c);im Fall von MFA = 50◦ erfolgt starke plastische Verformung, die von einem Her-ausziehen spiralförmiger Bruchstücke begleitet wird, und so wesentlich zu einererhöhten Zähigkeit des Werkstoffs beiträgt [14] (Abb. 1.1.4d). Konsequenterwei-se finden sich hohe MFA hauptsächlich in jungen Bäumen und Ästen, wo Fle-

  • 8 1 Leichtbauprinzipien

    xibilität essenziell ist [11]. Weiter ist Holz mit großem MFA für Druckbelastungwesentlich besser geeignet, weil der Spiralaufbau der Holzzelle die Stabilität ge-gen Knicken wesentlich erhöht. Druckholz an der Unterseite von Nadelholzästenweist daher immer besonders große MFA und einen höheren Anteil an Lignin auf(harter Klebstoff in der Holzzellwand), wobei Letzteres die laterale Stabilität nochzusätzlich erhöht.

    1.1.3.2 Insektenpanzer: von hart bis weich mit ChitinfasernEin weiteres Beispiel eines organischen Faserverbundwerkstoffs mit äußerst varia-blen mechanischen Eigenschaften ist der Chitinpanzer von Insekten. Chitin ist wieZellulose ein Polysaccharid, das – ebenso wie natürliche Zellulose – in Form vonsteifen, kristallinen Fasern vorliegt (E-Modul ca. 150 GPa [15]). Anders als bei Pflan-zengeweben, besteht die Matrix des Insektenpanzers jedoch aus Protein. Ebensowie bei Holz werden die mechanischen Eigenschaften stark durch die Faserori-entierung bestimmt. So findet man zum Beispiel in Sehnen von HeuschreckenChitinfasern, die fast völlig parallel in Längsrichtung orientiert sind (da Sehnenausschließlich unter Zug beansprucht werden). Der E-Modul von Heuschrecken-sehnen wird in [1] mit E = 11 GPa in Längsrichtung und 0,15 GPa in Querrich-tung angegeben. Im Gegensatz dazu müssen die plattenförmigen Elemente desAußenskeletts unterschiedliche Belastungsarten aushalten. Daher findet man dorteinen schichtweisen Aufbau mit unterschiedlicher Faserorientierung in den einzel-nen Schichten (oft mit einem genau definierten Winkel zwischen Nachbarschich-ten: helikoidaler Aufbau, siehe Abb. 1.1.5a). Dies hat eine Reduktion des E-Modulsauf 3/8 dessen der Sehne zur Folge. Allerdings gewinnt man auf diese Weise Iso-tropie in der Ebene und vor allem auch eine erhöhte Bruchzähigkeit [1].

    Im Vergleich zu Holz ist die Variationsbreite von mechanischen Eigenschaftenin Chitinfasergewebe noch wesentlich ausgeprägter: Der E-Modul variiert über 7(!)Größenordnungen, und zwar von ca. 1 kPa für intersegmentale Membranen bis zu20 GPa für trockenes Chitingewebe aus Flügel oder Schädeldecke (Abb. 1.1.5b) [15].Diese Variationsmöglichkeit ist biologisch notwendig, da das gesamte Insekt – vomAußenpanzer bis zu sämtlichen Organen – aus Chitinfasergewebe besteht. Zusätz-lich zur Faserorientierung (siehe oben) können noch weitere Parameter variiertwerden, wie z. B. der relative Anteil von steifen Fasern (Chitin) und Matrix (Prote-in). Weiter können die mechanischen Eigenschaften durch die Zusammensetzungund den Vernetzungsgrad der Proteinmatrix eingestellt werden [15, 16].

    1.1.4Hierarchischer Aufbau

    Viele natürliche Werkstoffe weisen ausgeprägte Strukturen auf mehreren verschie-denen Längenskalen auf, weshalb sie auch als „hierarchisch“ aufgebaut bezeich-net werden. Markante Beispiele sind Holz, Knochen oder Sehnen. Typischerwei-se folgen Hierarchieebenen mit sehr unterschiedlicher Architektur aufeinanderund ergeben zusammen einen hierarchischen Verbund, der im Allgemeinen einhoch komplexes Spektrum von funktionellen Anforderungen erfüllt. Inzwischen