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Lernort Geologie Plattentektonik 1 Der Schalenaufbau der Erde und die Ursachen der Plattenbewegung 91 2 Die Platten 91 2.1 Die Plattengrenzen 92 2.2 Das magnetische Streifenmuster des Meeresbodens 96 3 Auswirkungen der Plattenbewegungen 97 3.1 Erdbeben 97 3.2 Vulkanismus 100

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Lernort Geologie

Plattentektonik

1 Der Schalenaufbau der Erde

und die Ursachen der Plattenbewegung 91

2 Die Platten 91

2.1 Die Plattengrenzen 92

2.2 Das magnetische Streifenmuster des Meeresbodens 96

3 Auswirkungen der Plattenbewegungen 97

3.1 Erdbeben 97

3.2 Vulkanismus 100

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Sachinformation Plattentektonik

Plattentektonik

Schon in früheren Zeiten hat man sich Gedanken über die Entstehung der Gebirge, das Auftre-ten von Erdbeben und Vulkanausbrüchen gemacht, doch erst mit der Theorie der Plattentekto-nik konnten schlüssige Erklärungen für diese Phänomene, die an der Erdoberfläche zu sehensind, gegeben werden. Wir wissen heute, dass die Dynamik des gesamten Erdkörpers, resultie-rend aus Masseungleichgewichten und thermischen Ungleichgewichten aufgrund des Schalen-aufbaus der Erde, zu einer Bewegung der Lithospärenplatten, der steifen äußeren Haut unse-res Planeten, führt. Das Zusammenwirken der inneren (gendogenen) und äußeren (gexogenen)Kräfte der Erde unterwirft die Erdoberfläche einem kontinuierlichen Veränderungsprozess.

Der kanadische Geophysiker John Tuzo Wil-son hat im Jahr 1970 eine Hypothese aufge-stellt, wie es zum Entstehen und Vergehenvon Ozeanen und großen Kontinenten kom-men kann (u Modul G „Wissenschaftsge-schichte“). Diese plattentektonischen Ereig-nisse wiederholen sich zyklisch alle 300 –500 Mio. Jahre und sind inzwischen unterdem Begriff Wilson-Zyklus bekannt (k C1).Am Anfang der Entwicklung steht eine konti-

nentale Platte in Ruhe (A). Oberhalb einerWärmeanomalie im Erdmantel bilden sichSchmelzen, die an die Erdoberfläche steigen.Durch eine Dehnung der Kruste entwickeltsich eine kontinentale Graben- oder Riftzonemit Vulkanismus (B), öffnet sich unter ersterAnlage ozeanischer Kruste (C) und wirdschließlich zu einem Ozean, der von passivenKontinentalrändern gesäumt wird (D), gehtüber in einen Ozean mit randlichen g Sub-duktionszonen und aktiven Kontinentalrän-dern (E) wird nun immer mehr eingeengt (F)und verschwindet schließlich durch Kollisionseiner Ränder und Heraushebung hoher Ge-birge (G) mit der Vereinigung aller Kontinentein einem Superkontinent (wie z. B. Pangäavor ca. 270 Mio. Jahren). Dadurch kommenSubduktion und Ozeanbildung zum Erliegen,das Gebirge wird gehoben und abgetragen,und es stellt sich wiederum der Ausgangszu-stand (A) ein. Da durch tektonische Vorgängekeine Wärme mehr abgeführt wird, entwickeltsich ein Hitzestau unter dem Superkontinent.Dies wiederum führt zum erneuten Zerbre-chen, oftmals wieder entlang der Linie derehemaligen Kontinent-Kontinent-Kollision. Sowird ein neuer Wilson-Zyklus in Gang gesetzt.

A

E

F

G B

C

D

C1 | Die Stadien des Wilson-Zyklus.

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Die starre äußere „Haut“ der Erde wird alsg Lithosphäre (feste Gesteinshülle, vongriech. líthos = Stein und sfära = Kugel) be-zeichnet (k C2). Zur Lithosphäre gehörtneben der Erdkruste (g kontinentale oder

g ozeanische) auch der obere Teil des Erd-mantels. Die Lithosphäre ist daher nichtdurch Unterschiede in der chemischen Zu-sammensetzung und damit der Dichte derGesteine definiert, die die Unterscheidungin Erdkruste, Erdmantel, Erdkern (u Modul A „Planetensystem und Aufbau der Erde“, k A13, Schalenaufbau der Erde) steuert, sondern durch Änderungen im Festigkeits-verhalten der Gesteine. Die Lithosphären-platten können als starre Körper betrachtetwerden, die von einer Zone geringerer Fes-tigkeit des Erdmantels, der gAsthenosphäre(griech. asthenos = weich), unterlagert wer-den. Hier sind die Gesteine des oberen Man-tels nicht mehr fest, sondern plastisch.

Man ist der Ansicht, dass die Gesteine durchdie in dieser Tiefe herrschenden hohen Tem-peraturen (> 1000 °C) nahe ihrem Schmelz-punkt liegen und sehr leicht verformbar undfliessfähig sind. Sie verhalten sich wie einezähe Masse und die starren Lithosphären-platten können auf diesem Untergrund leichtbewegt werden. Die Asthenosphäre beginntin unterschiedlicher Tiefe unter Ozeanen undKontinenten (kC2). Die Mächtigkeit einer ein-zelnen Lithosphärenplatte kann damit erheb-lich schwanken, von weniger als 20 km amMittelozeanischen Rücken bis hin zu 200 kmunter den Kontinenten.

Eine driftende Lithosphärenplatte kann nuraus ozeanischer oder nur aus kontinentaler

Kruste und dem jeweiligen Anteil des litho-sphären Mantels bestehen, wie die PazifischePlatte bzw. die Eurasische Platte. In vielenFällen besteht sie jedoch aus Anteilen anozeanischer wie auch kontinentaler Krusteund dem entsprechenden lithosphärischenMantel, wie die Afrikanische Platte mit demAfrikanischen Kontinent, die Südamerikani-sche Platte und der ozeanischen Kruste desOstatlantiks.

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Plattentektonik Sachinformation

1 Der Schalenbau der Erde und Ursachen der Plattenbewegung

2 Die Platten

Nach der Theorie der Plattentektonik ist dieLithosphäre in ungefähr ein Dutzend starrerPlatten auseinander gebrochen (k C3). DiePlatten driften auf der teilweise aufgeschmol-zenen, plastischen Asthenosphäre mit un-

terschiedlichen Geschwindigkeiten von meh-reren Zentimetern pro Jahr, und die in diedriftenden Platten eingeschlossenen Konti-nente werden mitgeschleppt (= Kontinental-drift). Dabei ermöglicht es die starre Litho-

C2 | Die Lithosphäre bestehtaus der Erdkruste unddem lithosphärischenMantel.

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C3 | Auf der Weltreliefkartewerden die Nahtstellender großen Lithosphä-renplatten sichtbar (vgl. auch k C4).

C4 | Geschwindigkeit der Re-lativbewegung (Pfeile)der Lithosphärenplatten(in cm/Jahr).

sphäre der Erde, dass sich Platten mit einerFläche von vielen Tausend Quadratkilome-tern als selbstständige Einheiten ohne grö-ßere Verformung oder Brüche bewegen kön-nen (solange man von den Plattengrenzeneinmal absieht).

Die Driftgeschwindigkeit der Platten variiertsehr stark. Sich langsam bewegende Plattentragen im Allgemeinen große Kontinente (z. B. Nord- und Südamerikanische, Afrikani-sche, Eurasische und Antarktische Platte).Schnelle Platten sind insbesondere die ozea-nischen Platten mit Subduktionszonen alsRänder. Durch das Abtauchen der dichtenozeanischen Kruste wird die Lithosphären-platte in den Mantel gezogen und dadurchdie Drift beschleunigt. Als Folge der ständi-gen Plattendrift entfernen sich z. B. Europa

und Amerika um 2 – 3 cm/Jahr voneinan-der. In den letzten rund 510 Jahren seit der„Entdeckung“ Amerikas durch Kolumbus istdie Entfernung zwischen beiden Kontinen-ten um mehr als 12 m größer geworden.

2.1 Die Plattengrenzen

Wir unterscheiden drei Typen von Grenzender Lithosphärenplatten (k C5): divergie-rende Plattengrenzen, konvergierende Plat-tengrenzen, sowie Transformstörungen.

An divergierenden Plat-tengrenzen driften dieKontinente auseinan-der. Dabei steigt teil-weise geschmolzenes

Magma durch die Konvektionsströme ausdem oberen Mantel auf und füllt die Lückezwischen den Platten. Dieses Material wirdzu neuer Lithosphäre, die den wegdriftendenPlatten angefügt wird. Diese Grenze wirddaher auch als konstruktive Plattengrenzebezeichnet.

Sachinformation Plattentektonik

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Divergierende Plattengrenzen sind im Wil-son-Zyklus an den Phasen B – D beteiligt unddamit an der Bildung eines neuen Ozeans.Beginnend mit dem Graben- oder Riftsta-dium bilden sich durch Dehnungsvorgängeund Ausdünnung der Kruste beispielsweisean der Aufwölbung über einem Hotspot langgestreckte Grabenbrüche innerhalb einerkontinentalen Platte. Entlang der Verwerfun-gen kommt es wiederholt zu Vulkanismusund Erdbeben (z. B. Oberrhein-Graben, Ost-afrikanisches Riftsystem). Senkt sich der in-nerkontinentale Graben ab und erweitertsich, tritt ein Zustand wie heute am RotenMeer ein. Lava strömt ein und bildet zwischenden beiden Teilen der ehemals zusammen-hängenden kontinentalen Platte eine ozea-nische Kruste. Wird eine Verbindung zu einemMeer hergestellt, entsteht ein neuer Ozean.Wie heute im Atlantik finden in der erstenZeit an seinen Rändern keine Gebirgsbil-dungsvorgänge statt. Aus sogenannten ozea-

nischen Riftzonen tritt Lava am Meeresbo-den aus und füllt die Lücke aus, die sich durchdie Dehnung der Platten gebildet hat. DieserVorgang wird auch als Seafloor-Spreading be-zeichnet und ist heute besonders charakte-ristisch am Mittelatlantischen Rücken entwi-ckelt (k C5). Diese viele tausend Kilometerlange Nahtstelle trennt Nord- und Südame-rika von Europa und Afrika. Dabei könnenriesige Vulkanberge entstehen, die weit überden Meeresspiegel herausragen können, wieman sie heute auf Island findet.

An konvergierendenPlattengrenzen kolli-dieren zwei Platten. Istbei solch einer Kolli-sion eine ozeanische

Platte beteiligt, spricht man von Subdukti-onszone. Die überfahrene ozeanische Plattewird durch abtauchende Konvektionsströmein den darunter liegenden Mantel gezogen,wo sie schließlich wieder aufgeschmolzenwird. Diese Grenze wird daher auch als de-struktiver Plattenrand bezeichnet.

Konvergierende Plattengrenzen sind im Wil-son-Zyklus an den Phasen E – G beteiligt unddamit an einer erdumspannenden Gebirgs-bildung. Nachdem die Ausdehnung des Oze-ans zum Stillstand gekommen ist, wird derOzean wieder kleiner. Dabei wird schwererozeanischer Boden unter die leichtere kon-tinentale Kruste gedrückt bzw. gezogen. ImBereich solcher Subduktionszonen kommtes zur Aufschmelzung von Gestein und zumMagmenaufstieg durch die kontinentaleKruste; Vulkane entstehen. Ferner bilden sichim Bereich der Subduktion Tiefseegräben,Faltengebirge oder Inselbögen, wie heute imBereich der Umrandung des Pazifiks. Dabeinähern sich die bis dahin getrennten Konti-

C5 | Querschnitt durch dieAsthenosphäre und dieLithosphäre. Gekenn-zeichnet sind die Haupttypen der Plattengrenzen.

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nente immer mehr an. Die Einengung desOzeans wird stärker, die Faltung mariner Ab-lagerungen führt zu weiterer Gebirgsbildung,wie heute im Bereich des Mittelmeers. DieKollision der bisher getrennten, leichten kon-tinentalen Krustenteile setzt an verschiede-nen Stellen ein. Kommt es zur Kollision bei-der kontinentaler Krustenteile, entstehenDeformationen, Faltungen und Deckenüber-schiebungen. Durch Heraushebung der sogebildeten tektonischen Komplexe kommtes zur Entwicklung von hohen Gebirgen wieden Alpen oder dem Himalaya. Nach der Kol-lision der beiden kontinentalen Krustenteileund der Heraushebung der Hochgebirge kön-nen nochmals gewaltige Massen vulkani-schen Materials gefördert werden (z. B. Bo-zener Porphyrgebiet). Nach der Kollision istwieder eine einheitliche Platte vorhanden,nur die Zone des Zusammenstoßes der bei-den Krustenteile ist oft noch als sogenannteSutur erkennbar. In der Abbildung k C6 sinddrei verschiedene Varianten einer konvergie-renden Plattengrenze dargestellt.

Eine Kontinent-Kontinent-Kollision führt zumehrfachen Überschiebungen, zu Faltungenund einer Verdickung der kontinentalen

Kruste und damit zu einem hohen Gebirge.Beispiele sind die Alpen und der Himalaya.Diese Art der Kollision wird daher als AlpinerKollisions-Typ bezeichnet (k C6a). Die Sub-duktion einer (schwereren) ozeanischenunter eine leichtere kontinentale Platte führtam Rand des Kontinents zur einer Tiefsee-rinne (Trench) und einem Vulkangürtel. EinBeispiel ist die Westküste von Südamerikamit den Anden. Solch eine Ozean-Kontinent-Kollision wird daher auch Andiner Kollisions-Typ genannt (k C6b). Bei der Subduktioneiner ozeanischen unter eine andere ozea-nische Platte bildet sich durch Aufschmel-zung und Aufstieg des Magmas ein vulkani-scher Inselbogen, wie z. B. Japan. DieserPlattenrand wird daher auch Inselbogen-Typgenannt (k C6c).

An Transformstö-rungen gleitenzwei Platten anei-nander vorbei. Eswird keine neue

Lithosphäre gebildet und auch keine vernich-tet. Ein bekanntes Beispiel ist die San-An-dreas-Störung in Kalifornien mit ihren häufi-gen und heftigen Erdbeben, bei der diePazifische Platte an der NordamerikanischenPlatte entlang gleitet. Die häufigsten Trans-formstörungen sind an den mittelozeanischenRücken entwickelt und unterteilen die Rückenin viele einzelne Segmente (k C7a). DieseTransformstörungen sind eine Folge der Be-wegung der Platten auf der kugelförmigenErde. Bewegt sich eine Platte auf der Kugel,so führt sie eine Rotationsbewegung um eineDrehachse aus, die durch den Erdmittelpunktgeht (k C7b). Die Geschwindigkeit der Rota-tion (Winkelgeschwindigkeit) ist an dem Aus-stichspunkt der Drehachse auf der Erdober-fläche, dem sogenannten Euler-Pol, gleichNull und steigt mit zunehmendem Abstandzum Euler-Pol an. Insbesondere im Bereichder dünnen ozeanischen Lithosphäre kommtes an den Mittelozeanischen Rücken infolgeder unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeitzu Brüchen und Verschiebungen.

Die Ursachen der Plattenbewegungen sindnach heutigem Wissensstand in g Konvek-tionsströmungen im Erdmantel zu sehen(Mantelkonvektion). Unter gegebenen Druck-und Temperaturbedingungen verhalten sich

C6 | Varianten einer konver-gierenden Platten-grenzea) Alpiner Typ, b) Andiner Typ, c) Inselbogen-Typ.

a)

c)

b)

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die Gesteine des Erdmantels zähflüssig (plas-tisch), und der Erdmantel wird fließfähig. Eswird angenommen, dass der Mantel durchKonvektion bestrebt ist, die Temperaturdif-ferenz zwischen heißem Erdkern und kühlerErdoberfläche auszugleichen. Konvektions-bewegungen treten in fließfähigem Materialauf, wenn es an der Unterseite erhitzt wirdund auf der Oberseite abkühlt. Dann steigtheißes Material, das weniger dicht ist als dasMaterial darüber, vom Boden auf, und küh-leres und damit dichteres Material sinkt vonder Oberfläche nach unten. Die Plattengren-zen sind dabei meist an aufsteigende (Sprei-zungsachsen) und abtauchenden (Subduk-tionszonen) Konvektionsäste gebunden.

Neben dem Antrieb durch die Konvektions-ströme gibt es noch zwei weitere Antriebs-kräfte (k C8). Durch die aufgewölbte ozea-nische Kruste an den MittelozeanischenRücken, die sich hier bis zu 3.000 m überdem Tiefseeboden erhebt, kommt es durchdie Gravitationskraft zu einer Hangabtriebs-kraft (k C8b). Diese drückt die Platten vomSpreizungszentrum weg (ridge push force)und verstärkt die Drift der Platte. Mit Abstandvom Mittelozeanischen Rücken wird die ozea-nische Platte durch Abkühlung dichter unddamit schwerer. An einer Subduktionszonesinkt sie in den Erdmantel zurück. Dort istdie alte, dichte Platte schwerer als die heißeUmgebung im Erdmantel, und die Platte wirddurch ihr Eigengewicht in den Mantel hinab-gezogen. Diese Zugkraft (slab pull forces) be-schleunigt die Plattenbewegung (k C8c).

b)

Magma

Druck des Mittelozeanischen Rückens

a) Mantelkonvektion

c) Zug des Mittelozeanischen Rückens

Konvektionsströme

Subduktion

C8 | Die wichtigsten Kräfteals Motor der Platten -bewegung.

C7 | a) Transformstörungen versetzen die Spreizungs-achsen der mittelozeanischen Rücken (MOR). b) Sie entstehen durch Unterschiede der Winkel-geschwindigkeit bei der Plattenbewegung aufeiner kugel förmigen Erde (Betrag ist durchLänge der Pfeile symbolisiert). Die Transformstö-rungen folgen der Spur eines Kleinkreises (z. B.die Breitengrade) um die Rotationsachse. Des-halb sind die Transformstörungen an den Mittel-ozeanischen Rücken nicht gerade, sondernleicht gebogen.

C9 | Plattentektonik heute:Stadien des Wilson-Zyklus (k C1), die z. Zt.auf der Erde verwirk-licht sind.

a)

b)

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Sachinformation Plattentektonik

Wenn wir den heutigen Status der Erde be-trachten, so laufen verschiedene plattentek-tonische Prozesse gleichzeitig ab, d. h. wirkönnen die verschiedenen Stadien des amAnfang des Kapitels genannten Wilson-Zy-klus in unterschiedlichen Regionen der Erdeantreffen. Diese Stadien können damit ver-schiedenen Regionen zugeordnet werden (k C9) und werden nach diesen benannt, soz. B. das Aufbrechen der Kontinentalplattemit Graben- oder Riftstadium am Ostafrika-nischen Grabensystem, die erste Verbindungzum Weltmeer und Bildung erster ozeani-scher Kruste im Roten Meer, die Ausbildungeines Mittelozeanischen Rückens im Atlan-tik, die Ausbildung randlicher Subduktions-zonen im Pazifik, die Einengung der Meeres-becken durch die Annäherung der Kontinentewie heute im Bereich des Mittelmeeres unddie Kollision der Platten und Entstehung eineshohen Gebirges wie des Himalaya.

2.2 Das magnetische Streifenmusterdes Meeresbodens

Geowissenschaftler haben entdeckt, dassdie Basalte am Meeresboden in Richtung deszur Zeit ihrer Bildung herrschenden irdischenMagnetfeldes magnetisiert werden (uModulA „Planetensystem und Aufbau der Erde“).Dieser remanente Magnetismus bleibt überMillionen von Jahren erhalten. Der Paläomag-netismus von Gesteinen verschiedenen Al-ters lässt erkennen, dass das Magnetfeld derErde seine Polarität im Laufe der Erdge-schichte häufig geändert hat. Die derzeitigeRichtung des Magnetfeldes zeigt nach Nor-den (zum magnetischen Nordpol) und wirdals normal, die entgegengesetzte Richtungals invers bezeichnet. Die chronologische Ab-folge dieser wiederholten Feldumkehrung lie-fert zusammen mit der remanenten Magne-tisierbarkeit einer Gesteinsabfolge oftmalsHinweise auf deren Alter.

Um das lokale Magnetfeld von magnetisier-ten Gesteinen des Meeresbodens zu mes-sen, werden Messgeräte im Schlepp hinterSchiffen hergezogen und bestimmte Musterder magnetischen Anomalien registriert, wiez. B. am Mittelatlantischen Rücken (k C10).Die Gesteine unter den bunten Streifen sindnormal (+), die der weißen Zwischenräumeinvers (–) magnetisiert, und zwar symme-trisch von der Achse des MittelozeanischenRückens ausgehend.

beobachtetes magnetischesProfil durch Ozeanforschung

Heu

te

4 3 2 1 1 2 3 4 Alter vor heute(in Millionen Jahren)

Zone aufsteigenden Magmas, das beieiner Temperatur von ca. 500° C ent-sprechend dem herrschenden Magnet-feld polarisiert

inversePolarität

Mittelozeanischer-Rücken

normalePolarität

Lithosphäre

C10 | Modell zur Entstehungder Magnetstreifenmu-ster am Meeresboden.

C11 | Globaler Überblicküber das geologischeAlter der Ozeanbödenin Mio. Jahren. Die Be-reiche, in denen neuerOzeanboden gebildetwird, fallen mit demjüngsten Meeresboden(dunkelrot) zusam-men. Der ältesteOzean boden, der noch nicht subduziertwurde, ist ein Rest des Tethys-Ozeans zwischen der Afrikani-schen und Europäi-schen Platte (Mittel-meer).

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Plattentektonik Sachinformation

3 Auswirkungen der Plattenbewegungen

Unter den ca. 3,5 Mio. Todesopfern durchNaturkatastrophen im 20. Jahrhundertkamen nach Angaben der Münchner Rück-versicherung (Topics 2000, Statistiken 2004)50 % der Menschen durch Erdbeben, Tsuna-mis oder Vulkanausbrüche ums Leben.

Im Jahr 2004 entfielen sogar 92 % der To-desopfer auf diese drei Naturkatastrophen.Diese Bilanz geht auf das verheerende „Tsu-nami-Seebeben“ im Indischen Ozean vom26. Dezember 2004 zurück, das allein ca.200.000 Menschenleben kostete. Die bis-her schwersten Erdbeben des 21. Jahrhun-derts mit einem Epizentrum auf dem Konti-nent waren in Indien (26. Januar 2001:14.000 Tote), Algerien (21. Mai 2003: mehrals 2.300 Tote), Iran (26. Dezember 2003:mehr als 40.000 Tote) und China (12.Mai2008: 80.000 Tote).

3.1 Erdbeben

Die Verbreitung der Beben über die Erde istsehr ungleich. 52 % aller Beben finden in derUmrandung des Pazifiks statt, dem sogenann-ten „Ring of Fire“, und 33 % in der Region dertropischen Mittelmeere (40 – 60° Breite, kC12). Zahlreiche Beben gibt es auch im Be-reich der mittelozeanischen Rücken. InEuropa sind besonders die Alpenländer, dieApenninen- und die Balkanhalbinsel gefähr-det.

Erdbeben entstehen durch dynamische Pro-zesse der Erde. Eine Folge davon ist die Be-wegung der Lithosphärenplatten. Insbeson-dere an den Plattengrenzen kommt es zumAufbau gewaltiger Spannungen innerhalb desGesteins, wenn sich die Platten in ihren Be-wegungen verhaken und verkanten. Wenn

C12 | Epizentren der Erdbe-ben von 1954 bis14.07.2009. Deutlichsichtbar sind die Zu-sammenhänge zuheute aktiven mittel-ozeanischen Rücken,Subduktionszonenund Transformstörun-gen, aber auch zualten Suturen, wie in Europa, Asien undNordamerika.

Streifen magnetisierter Kruste bilden sichdann, wenn neuer Meeresboden entsteht:Aufsteigendes geschmolzenes Material kühltab und wird etwa bei 500°C in Richtung desgerade vorherrschenden Magnetfeldes mag-netisiert. Da beim Seafloor-Spreading die Di-vergenz der Platten fortdauert, wird die frischmagnetisierte Kruste nach beiden Seiten aus-einander geschoben und bewegt sich allmäh-

lich mit den sich trennenden Platten nachaußen (k C11). Das Muster von normal undinvers magnetisierten Streifen auf dem Mee-resboden entspricht der zeitlichen Abfolgeder Umpolungen des Erdmagnetfeldes. Diesekönnen durch Altersbestimmungen an denGesteinen auf dem Festland einer paläomag-netischen Zeitskala zugeordnet werden.

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Sachinformation Plattentektonik

sich dann plötzlich diese Spannungen durchruckartige Bewegungen der Erdkruste entla-den, kommt es zum tektonischen Beben. Erd-beben können auch durch den Aufstieg vonMagma unterhalb von Vulkanen ausgelöstwerden oder durch Förderung von z. B. Erd-gas, da die Druckveränderung wiederumauch die Spannungsverhältnisse im Gesteinbeeinflusst. Weiter können Erdbeben durcheinstürzende unterirdische Hohlräume imBergbau entstehen (Gebirgsschlag). Sowohlvulkanische Beben als auch Gebirgsschlägesind jedoch von der Energiefreisetzung weit-

aus limitierter. 90% aller Erdbeben sind tek-tonischen Ursprungs.

Von dem in der Tiefe gelegenen Erdbeben-herd breiten sich die Erschütterungen wel-lenförmig nach allen Seiten aus. Dabei sindzwei Wellenarten zu unterscheiden: P-Wel-len (k C13a) und S-Wellen (k C13b).

Die Bezeichnungen Primär- und Sekundär-wellen beziehen sich darauf, dass sich ers-tere schneller ausbreiten als letztere. Aneinem vom Erdbebenherd entfernten Ort wer-den zuerst die P-Wellen und später die S-Wel-len aufgezeichnet. Aus der Zeitdifferenz zwi-schen dem Eintreffen der P- und der S-Wellenkann die Entfernung zum Herd errechnet wer-den. Können an drei verschiedenen Ortenauf diese Weise die Entfernung zum Erdbe-benherd und die Laufrichtung der Wellen be-stimmt werden, kann der Herd genau lokali-siert werden.

Für die großen Verwüstungen an der Erdober-fläche sind aber insbesondere die sogenann-ten Oberflächenwellen verantwortlich. Hierlaufen Verdichtungswellen und Scherwellen

Magnitudenach Richter

WirkungAnzahl der Bebenpro Jahr

bis 1,9 nur durch Instrumente registrierbar sehr zahlreich

2,0 – 2,9nur von sehr wenigen, ruhenden Menschen spürbar; freihängende Pendel schwingen leicht

300.000

3,0 – 3,9nur von wenigen Menschen wahrgenommene Schwingungen; Erschütterung vergleichbar einem vorbei-fahrenden Lastwagen; leises Klirren aneinander stehender Gläser

49.000

4,0 – 4,9wird von den meisten Menschen bemerkt; freies Pendel schwingt deutlich; Gläser und Teller klappern,Fensterläden schwingen; abgestellte Autos schaukeln leicht; geringste Schäden

6.200

5,0 – 5,9von allen Menschen mit Schrecken wahrgenommen; viele Menschen verlassen ihre Häuser; Schornsteinekönnen einstürzen; Möbel bewegen sich; einzelne Risse im Putz; es besteht die Gefahr von Verletzungen

800

6,0 – 6,9

wird von allen betroffenen Menschen mit großem Schrecken erlebt; auch im fahrenden Auto spürbar; teil-weise Panik möglich; einzelne Schocks treten auf; Menschen verlassen rasch ihre Häuser; Gebäude kön-nen erhebliche Beschädigungen erleiden; es kann zu Einstürzen kommen; Bäume schwanken wie beistarkem Wind; es gibt oft Verletzte; es besteht Gefahr für Leib und Leben; an Küsten Flutwellen möglich

120

7,0 – 7,9

weit verbreitete Panik; Menschen versuchen ins Freie zu kommen; akute Lebensgefahr in Gebäuden; nurwenige Gebäude bleiben stehen; Spalten im Boden reißen auf; es gibt Tote und Verletzte; Wasser- und Gas-leitungen brechen in großen Mengen; teilweise katastrophale Auswirkungen; an Küsten vernichtende Flut-wellen (Tsunamis) möglich

18

8,0 – 8,9Verwüstung; alle Gebäude unbewohnbar; akute Lebensgefahr innerhalb und außerhalb von Gebäuden;flächendeckende Zerstörungen; an Küsten katastrophale, bis zu 40 m hohe Flutwellen möglich

alle 5 Jahre ein Beben

ab 9,0

Große Katastrophe; Zerstörungen wie zuvor. Zusätzlich: Lokale Erdschollen verschieben sich. Weiterhinmöglich: große Verschiebungen der Kontinentalplatten, „Erscheinen, Verschieben oder Verschwinden“von Landesteilen/Inseln, Bildung neuer Subduktionszonen, Änderung der Erdnutation oder der Erdrotati-onsgeschwindigkeit.

unbekannt,vermutlich alle

10 – 100 Jahreein Beben

Tabelle C1 | Die nach oben offene Richter-Skala dient dem Vergleich der Stärke von Erdbeben.

C13 | a) P-Wellen (Primärwel-len) schwingen in Aus-breitungsrichtung (Lon-gitudinalwellen,Verdichtungswellen).Sie können sich in fe-sten Gesteinen, aberauch in Flüssigkeitenwie Wasser oder denquasi flüssigen Teilendes Erdinneren aus-breiten. Wie bei Schall-wellen in der Luft wer-den hier die Teilchenim Boden geschobenund gezogen, wobeidie Bewegung in Aus-breitungsrichtung derWelle erfolgt.b) Die S-Wellen (Sekun-därwellen) schwingenquer zur Ausbreitungs-richtung (Transversal-wellen, Scherwellen).Sie können sich in fe-sten Körpern, jedochnicht in Flüssigkeitenoder Ga sen ausbreiten,da die beiden letzterenkeinen (nennenswer-ten) Scherwiderstandhaben. Daher kannman flüssige Bereicheim Erdinneren daranerkennen, dass dortkeine S-Wellen laufen.

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entlang der Oberfläche des Erdkörpers underzeugen ein Wackeln des Untergrundes. Die international anerkannte, logarithmischeErdbeben-Stärketabelle, auch Richter-Skalagenannt, wurde im Jahr 1935 von dem ame-rikanischen Seismologen Charles FrancisRichter und dem von Deutschland nach Ame-rika ausgewanderten Beno Gutenberg entwi-ckelt. Aufgrund der logarithmischen Skalie-rung bedeutet eine Magnitude (lat. = Größe)mehr ein zehnmal stärkeres Erdbeben.

Erdbeben mit einer Magnitude 9,0 und da-rüber sind extrem selten und ereigneten sichin den letzten gut 100 Jahren nur in Russ-land (4. November 1952: Magnitude 9,0),Chile (22. Mai 1960: Magnitude 9,5), Alaska(27. März 1964: Magnitude 9,2) und im In-dischen Ozean (das „Tsunami-Seebeben“ am26. Dezember 2004: Magnitude 9,4).Die Aufzeichnung der Erdbebenwellen wirdals Seismogramm bezeichnet. Hier wird dieBewegung der Erdoberfläche in ein graphi-sches Signal umgesetzt.

Große Schäden können Tsunamis (jap. = „Ha-fenwellen“) anrichten, die vor allem durchSeebeben, also Erdbeben unter Wasser ent-stehen (k C14). Für die Entstehung einesTsunamis müssen alle drei folgenden Bedin-gungen erfüllt sein:

• Das Beben erreicht Magnitude 7 oder mehr,• der Bebenherd liegt nahe der Erdoberflä-

che am Meeresgrund, und• der Spannungsabbau verursacht eine ver-

tikale Verschiebung des Meeresbodens,welche die darüber liegende Wassersäulein Bewegung versetzt.

Auf offener See sind Tsunamis mit einer Wel-lenhöhe von nur einem Meter eher unschein-bar aber sehr schnell, sie können sich inner-halb weniger Stunden bis zu 20.000 kmausbreiten. Kommt eine derartige Welle inflaches Wasser, bricht sie sich am Meeres-boden und wird abgebremst. Ab dann begin-nen ein Höhenwachstum der Welle und eineVersteilung ihrer Flanken. Tsunamis könnenan der Küste und in Buchten und Hafenbe-cken Höhen von mehreren zehner Meternbis über 100 Meter erreichen (Kreta 1450 v.Chr.: 150 m, Krakatau 1883: 40 m, Suma-tra 2004: 30 m).

Erdbeben in Deutschland

Deutschland liegt mitten auf der europäi-schen Platte, also in einer plattentektonischrecht stabilen Position. Die Verteilung der fürDeutschland registrierten Erdbeben (kC15)zeigt jedoch, dass wir auch hier tektonischaktive Gebiete haben. Die stärkste Erdbe-benhäufung liegt im Bereich des Rheingra-bens vom Oberrheingraben bis zur Nieder-rheinischen Bucht. Das stärkste Bebennördlich der Alpen seit Menschengedenkenereignete sich 1356 in der Stadt Basel, diedamals etwa 7.000 Einwohner hatte. Im Win-ter 1755/56 bebte in Düren (zwischen Aa-chen und Köln) die Erde mit der Magnitude6,2. Pro Jahrzehnt sacken die Flanken desOberrheingrabens um einige Millimeter ab.Immer wieder ruckelt der Boden, zumeist un-merklich. Als besonders erdbebenintensivhat sich im 20. Jahrhundert auch die Schwä-bische Alb erwiesen. Ein schweres Beben mitder Magnitude 6 hat sich dort 1978 ereig-net. Alle diese Beben sind durch tektonischeSpannungen verursacht, die durch denimmer noch aktiven Schub der Alpen entste-hen.

Subduktionszone im gespannten Zustand

Entspannter Zustand unmittelbar nach dem Beben

Wellenausbreitung ca. 10 Minuten nach dem Beben

SumatraIndischer Ozean

C14 | SchematischeDarstellungder Wellen-entstehungbei Seebebenam Beispieldes Erdbe-bens vor Sumatra, Dezember2004.

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Eine weitere Region mit Häufung von Erdbe-ben ist das Vogtland. Dieses Gebiet zeichnetsich durch wiederkehrende, sogenannteSchwarmbeben aus. Die letzten bedeuten-den Schwarmbeben ereigneten sich 1985/1986, als innerhalb weniger Wochen über8.000 Einzelereignisse registriert wurdenund im August/September 2000, ebenfallsmit mehreren tausend Einzelbeben, die aberselten die Magnitude 3 in der Richter-Skalaerreichten. Ein jüngstes Ereignis gab es vom6. bis 10. Oktober 2008 mit mehr als 300Beben der Magnitude >1 und mit dem stärks-ten Ereignis der Magnitude 4,1 im tsche-chischen Novy Kostel. Die Spannungen inder Erdkruste werden bei Schwarmbebennicht in einem großen Ereignis abgebaut,sondern in vielen kleinen Einzelbeben. DieUrsachen der Beben im Vogtland sind aller-dings noch nicht umfassend geklärt.

Manchmal kommt es in Deutschland zu Ein-zelbeben, die nicht in Zusammenhang mittektonischen Strukturen stehen. Hierzu zäh-len insbesondere Beben im Ruhrgebiet undin Norddeutschland, die als Einsturz bebenbezeichnet werden. Bergsenkungen und ge-

legentliche kleine Erdstöße sind Konsequen-zen des Abbaus aller in Flözen vorkommen-den Rohstoffe wie Kohle, Stein- und Kalisalz.Beim Bergbau entstehen Hohlräume, dienach dem Abbau zusammenfallen können,das überliegende Gestein kann ruckartignachbrechen. Das schwerste dieser Einsturz-beben in Deutschland hatte die Magnitude5,7 und ereignete sich im Jahre 1978 in denKaligruben um Völkershausen im Werratal.

3.2 Vulkanismus

Weltweit gibt es ca. 1.900 aktive Vulkane,62 % davon liegen in der Umrandung des Pa-zifiks. Ihre Verteilung ist eng mit der Platten-tektonik verbunden:

• Vulkane der Subduktionszonen liegen ober-halb der subduzierten Platte und bilden gInselbögen auf einer unterschobenen ozea-nischen Kruste oder Vulkanketten auf einemKontinent. Die abtauchende Platte bringtgroße Mengen von Fluiden mit in die Tiefe,die eine Schmelzbildung in den umgeben-den heißen Gesteinen bewirkt. Die Schmelzesteigt, da sie eine geringere Dichte hat, zurErdoberfläche auf, wo es zu Eruptionenkommt. Dieses kieselsäurereiche, zäheMagma bringt die typischen Schichtvulkanehervor. Ein Beispiel sind die hochaufragen-den Vulkane in Chile oberhalb der Subduk-tionszone der Pazifischen unter die Südame-rikanische Platte. In Europa gehören dieVulkane der Liparischen Inseln zu diesemTypus. • Vulkane der divergierenden Plattengren-zen kommen an den Spreizungszonen vorund liegen mit wenigen Ausnahmen auf demMeeresgrund. Das kieselsäurearme Magmabringt Basalte hervor und diese bilden dieozeanische Kruste. • Intraplatten-Vulkane kommen an Deh-nungszonen innerhalb der kontinentalen Platten vor. Daneben gib es aber auch Vul-kanketten innerhalb der ozeanischen undkontinentalen Kruste, die keine Beziehung zuPlattenrändern oder Störungszonen aufwei-sen. Diese liegen oberhalb sogenannter gManteldiapire (Aufströmungszonen im Erd-mantel). Diese auch als g Hotspot bezeich-neten Strukturen sind über geologische Zeit-räume nahezu ortsfeste Aufschmelzungsbe-reiche im Erdmantel. Man nimmt an, dass der

C15 | Verteilung der Erdbe-ben in Deutschland.Dargestellt sind dietektonischen (rot) undnichttektonischenBeben (braun) miteiner Magnitude > 4.0,die im Zeitraum von1954 bis 2009 re -gistriert worden sind.

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Ursprung des Diapirs an der Grenze zwischenflüssigem Erdkern und dem Erdmantel liegt.Die Lithosphärenplatten schieben sich wäh-rend langer Zeiträume über den ortsfestenHotspot hinweg und bilden so perlenschnur-artig aufgereihte neue Vulkane aus.

Aus diesem „Wandern“ über den Hotspotkann man Richtung und Geschwindigkeit derPlattenbewegungen rekonstruieren (bei derozeanischen Kruste bei Hawaii zur Zeit ca.8,5 cm/Jahr) und das Alter der durch ihn ent-standenen Vulkaninseln errechnen. Bekann-testes Beispiel ist die Hawaii-Emperor-Vul-kankette. Die Hauptinsel Hawaii, die jüngsteder Vulkaninseln, ist erst 400.000 Jahre alt,während Kauai, die älteste nordwestlich ge-legen, bereits vor ca. 6 Mio. Jahren entstan-den ist (k C16). Untermeerisch setzt sich dieVulkankette fort, und der älteste Vulkan vorder Küste von Kamtschatka ist über 80 Mio.Jahre alt. Gegenwärtig befindet sich der Hot-spot unterhalb von Loihi ca. 30 km südlichvon Hawaii. Es fehlen diesem jungen unter-meerischen Vulkan noch 975 m, bis er dieMeeresoberfläche erreicht und anfangenkann, eine neue Insel zu bilden. Die bishe-rige Bildungszeit des Loihi wird mit ca.150.000 Jahren angenommen, und es wirdnochmals so lange dauern, bis der Vulkandie Meeresoberfläche durchbricht.

Vulkane werden nach ihrer äußeren Form un-terteilt in Schicht- oder auch Stratovulkane,Schildvulkane sowie Schlacken- und Aschen-kegel. Etwa 95 % der Vulkane auf der Erdegehören zu den Schichtvulkanen. Anderer-seits sind ca. 90 % aller aktiven VulkaneSchildvulkane.

Schichtvulkane sind an ihrer typischen rela-tiv steilen, spitzkegeligen Form erkennbar.Gefördert wird meist zähflüssiges, beim Aus-tritt nur ca. 700 – 900°C heißes Magma,das recht kieselsäurereich ist (55 – 60 %SiO2). Der hohe Gasanteil bewirkt, dass dieEruptionen explosiv verlaufen, und zwar meistim Wechsel zwischen austretendem Locker-material und Lava. Eine solche Abfolge ver-ursacht bei Erkaltung und Ablagerung diecharakteristische Schichtung. Die Gewalt derEruptionen, auch als plinianische g Eruptio-nen bezeichnet (nach dem Augenzeugen undChronisten Plinius d. J., der den Ausbruchdes Vesuvs und den Untergang von Pompejiund Herculaneum im Jahre 79 n. Chr. be-schrieb), ist bei dieser Form des Vulkanis-

C16 | Schema der Entste-hung von ozeanischenVulkanketten übereinem Hotspot am Bei-spiel der Inseln vonHawaii. Man geht voneiner stationären Lagedes Hotspots aus. DerKnick in der Vulkan-kette markiert eine Än-derung der Driftrich-tung der Platte vor ca. 42 Mio. Jahren.

Radialgänge

Lavaergüsse

Zentralschlot, gefüllt mit Material der vorangegangenen Eruption

Pyroclastische Lagen

C17 | Cotopaxi NationalPark, Ecuador.

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mus so groß, dass die vulkanischen Aschenbis in Höhen von 40 km in die Erdatmo-sphäre geschleudert werden können.Schichtvulkane finden sich z. B. entlang des pazifischen Feuerrings, meist an Sub-duktionszonen. Der höchste Schichtvulkander Erde ist der Nevado Ojos del Salado inChile mit 6.887 m ü. NN.

Schildvulkane fördern gigantische Massendünnflüssiger, gasarmer Lava zu Tage, diesich auch bei flachen Hangneigungen weitausbreiten können. Ihre Böschungswinkelbetragen aufgrund der hohen Fließgeschwin-digkeit der Lava (bis zu 60 km/h) nur etwa5°, das heißt, es handelt sich durchweg umsehr flach abfallende, dafür ausgedehnteKegel. Die geförderte kieselsäurearme ba-

saltische Lava (< 52 % SiO2) stammt aus demoberen Erdmantel und ist bei ihrem Austrittzwischen 1.000 – 1.250°C heiß. Sie fördernkaum vulkanische Lockermaterialien. Welt-weit gibt es ca. hundert Schildvulkane, siesind charakteristisch über Hotspots (z. B.dem Hawaii-Archipel), sowie an divergieren-den Plattenrändern (z. B. Island), die meis-ten liegen am Ozeanboden (z. B. Kerguelen-Plateau). Flut- oder auch Plateaubasaltebilden gewaltige Deckenergüsse, die insge-samt 2,5 Mio. km2 der festen Landoberflä-che überziehen (z. B. Columbia-Plateau inOregon und Washington, Dekkan-Plateau inIndien). Die Mächtigkeit der einzelnen Abla-gerungen schwankt zwischen einem und 15m, aber die Gesamtmächtigkeit eines De-ckenpaketes kann bis zu 3 km betragen. DerVogelsberg in Hessen ist der einzige Schild-vulkan Deutschlands.

Schlacken- und Aschenkegel erreichen meis-tens nur eine Höhe von zehn bis wenigenhundert Metern bei einem Durchmesser vonhöchstens einigen hundert Metern und sinddamit wesentlich kleiner als die Schicht- undSchildvulkane. Sie haben fast immer eine re-gelmäßige konische Form mit steilen Flan-ken und stumpfer Spitze. Aschenkegel be-stehen aus nur locker geschichtetenvulkanischen Aschen und Lapilli, die ledig-lich durch die Schwerkraft zusammengehal-ten werden. Ihre Flanken haben je nachDurchmesser der Aschen einen Winkel rundum typische 33°. Schlackenkegel setzen sichaus größeren Lapilli, vulkanischen Bombenund Bimsstein-Brocken zusammen. DieseBestandteile sind so groß, dass ihre Hitzeauch noch nach dem Ausstoß nahe an derSchmelztemperatur liegt und den Kegel ver-backen kann. Die Flanken eines Schlacken-kegels sind daher oft wesentlich steiler alsdie eines Aschenkegels.

Weitere vulkanische Großstrukturen sind Cal-deren und g Maare. Calderen (span.= Kes-sel) sind großräumige ringförmige Einbruch-strukturen. Diese entstehen z. B. nachdemeine Magmenkammer in der oberen Krustedurch Eruptionen teilentleert wurde und derdarüberliegende Vulkan nach unten absackt.Maare bzw. Maarseen entstehen dort, wodurch g phreatomagmatische Explosionen (u Modul B „Minerale und Gesteine“) kegel-

ZentralschlotFlankeneruption Lavaerguss

Magma-reservoir

Tiefe 5800 m

Zentralschlot, gefüllt mit Gesteinstrümmern

Schichten des geförderten Materials

C18 | Sierra Grande, NewMexico, USA.

C19 | Sunset Crater Volcano NationalMonument, Arizona, USA.

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förmige Hohlformen geschaffen wurden,sogenannte Diatreme.

Eine weitere Erscheinung in Vulkange-genden sind Exhalationen (Gasaushau-chungen) von aus dem Magma freige-setzten Gasen. Durch die Verminderungdes Druckes infolge einer Eruption oderdurch Abkühlung des Magmas werdensie frei und steigen in Spalten an dieOberfläche. Sie werden auch als Fuma-rolen bezeichnet. Stark schwefelgasrei-che Exhalationen werden auch Solfa-tare und stark kohlensäurehaltigeEntgasungen Mofetten genannt (kC20).

Exkurs

Gefährdung durch Vulkane Der Mensch ist sich der Tatsachedurchaus bewusst, dass das Lebenin der Umgebung von Vulkanen mitRisiken verbunden ist. Der Grundfür die intensive Besiedelung auchgefährlicher Vulkane liegt in derFruchtbarkeit der vulkanischenBöden. Vulkanausbrüche könnenwohl niemals verhindert werden. Esgibt aber Möglichkeiten, sie zu prog-nostizieren und somit Gefahren fürdie Bevölkerung, z. B. durch schnelldurchgeführte Evakuierungen, zumindern. Steht ein Vulkan vor demAusbruch, ist dies in den allermeis-ten Fällen die einzige Möglichkeit,eine Katastrophe zu verhindern.1991 wurden so am Pinatubo auf

C21 | Der Vesuv, eingerahmt von Wohnsiedlungen in Neapel.

den Philippinen Tausende von Menschen gerettet. Der Zeitpunkt des Ausbruchs wurde sehr genau bestimmt und Eva-kuierungsmaßnahmen eingeleitet. Fast 500 Mio. Menschen leben heute im Gefahrenbereich von Vulkanen. Um sie rechtzeitig vor einem drohenden Aus-bruch warnen zu können, werden viele aktive Vulkane kontinuierlich überwacht. Mithilfe unterschiedlichster Messme-thoden versuchen die Vulkanologen, die Warnsignale zu erkennen:• Deformationsmessung: Durch Magmenbewegungen im Inneren des Vulkans verändert sich auch seine Oberfläche.• Spaltenmessung: Kurz vor einer Eruption drängt das Magma in einem Vulkan langsam nach oben. Die Oberfläche

des Vulkans dehnt sich dadurch leicht aus, Risse und Spalten entstehen oder verbreitern sich.• Gasmessung: Zusammensetzung und Menge der austretenden Gase zeigen, ob das Magma im Reservoir steigt oder

sinkt und wie hoch der Druck im Schlot ist.• Magnetfeldmessung: Magnetfeld und Schwerkraft ändern sich, wenn sich die Höhe einer bestimmten Stelle am Vul-

kan ändert.• Erdbebenmessung: Kurz vor einem Vulkanausbruch steigt die Erdbebenaktivität meist deutlich an. Deshalb instal-

lieren Vulkanologen bei besonders aktiven Vulkanen ein dichtes Messnetz aus Seismometern um den Vulkan herum.• GPS-Satellit: Satellitenmessungen registrieren nicht nur Veränderungen in der Form des Berges, sondern erkennen

auch, wenn das Innere eines Schlots kurz vor dem Ausbruch langsam heißer wird.• GPS-Empfänger: Damit GPS-Satelliten auch kleine Veränderungen im Profil eines Vulkans registrieren können, in-

stallieren Vulkanologen an einigen Vulkanen GPS-Messpunkte, deren genaue Position zueinander bei aufeinanderfolgenden Überflügen des Satelliten verglichen werden.

C20 | Im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet gibt es, geologisch betrachtet, jun-gen Vulkanismus, mit Vulkanen wie dem Kammerbühl und dem Eisenbühl,die vermutlich nur einige 100.000 Jahre alt sind. Man findet dort auch Mo-fetten, z. B. bei Soos nahe Františkovy Lázně im Egergraben.

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Weiterführende Literatur, Links und Karten (Auswahl):

Bahlburg, H. & Breitkreuz, C. 2007. Grundlagen der Geologie, 411 S., Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-82741-811-1.

Frisch, W. & Meschede, M. 2009. Plattentektonik, Kontinentverschiebung undGebirgsbildung, 196 S., Primus Verlag, ISBN 978-3-89678-656-2.

Grotzinger, J., Jordan, Th.H., Press, F. & Siever, R. 2008. Press/Siever – Allgemeine Geologie, 736 S., Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 978-3-82741-812-8.

Nicolas, A. 1995. Die ozeanischen Rücken – Gebirge unter dem Meer, 200 S., Springer Verlag, ISBN 978-3-54057-381-4.

Schmincke, H.-U., 2000. Vulkanismus, 264 S., Wissenschaftliche Buchgesellschaft, ISBN 978-3-53414-102-9.

Erdbebendienst Bayern des Landesamtes für Umwelt: u www.erdbebendienst.de

Erdbebendienst der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover: u www.seismologie.bgr.de

Lernmaterial und Bilder zum Thema Erdbeben vom Geologischen Dienst der USA: u www.earthquake.usgs.gov/learning/topics

Bilder der Erde aus dem Weltall von der NASA: u www.earthobservatory.nasa.gov/Features/BlueMarble

Herausgeber

Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt und Gesundheit (StMUG)

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)