39
Leseprobe aus: ISBN: 978-3-498-00678-5 Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf www.rowohlt.de.

Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Leseprobe aus:

ISBN: 978-3-498-00678-5Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf www.rowohlt.de.

Page 2: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Frank Biess

Republik der AngstEine andere Geschichte

der Bundesrepublik

Rowohlt

Page 3: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

1. Auflage März 2019Copyright © 2019 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Satz aus der FF CasusGesamtherstellung CPI books GmbH, Leck, Germany

ISBN 978 3 498 00678 5

Page 4: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Inhalt

VorwortEinleitung Angst und Demokratie

AngstgeschichtenAngst und DemokratieAngst und TraumaEmotionen

Page 5: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

VorwortIch erinnere mich noch gut an den Film, der Ende 1983in deutschen Kinos anlief. Er hieß The Day After und be-schrieb die Verwüstungen nach einem Atomkrieg in einerKleinstadt im Mittleren Westen der USA. Es war die Zeitder Nato-Nachrüstungsdebatte. Sollten die Verhandlungenmit der Sowjetunion über den Abzug der in Ostmitteleuropastationierten SS-20-Raketen scheitern, würde der Westenmit amerikanischen Pershing 2 und Cruise Missiles «nach-rüsten». Als 17-Jähriger sah ich den Film im Kino meinerschwäbischen Heimatstadt. Kürzlich habe ich ihn mir im In-ternet wieder angesehen, und dabei spürte ich einen Hauchder Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö-gen derartige Befindlichkeiten in dieser Lebensphase nichtungewöhnlich sein. Das Gefühl, die Last der Welt auf demgebückten, parkabekleideten Rücken zu tragen, war sicheraltersbedingt und äußerte sich auch in der Kafka-Lektüreoder dem Verfassen düsterer Gedichte. Dazu kam, dass ichbei gelegentlichen Exkursionen in den schwäbischen Walddavon überzeugt war, dass dieser im Sterben lag, ohne al-lerdings wirklich in der Lage zu sein, die allseits behaupte-ten katastrophalen Schäden zu identifizieren. Aber das na-hende Ende des Waldes passte hervorragend in die vorge-stellte Endzeitvision. Interessant finde ich im Nachhinein,dass diese Angst nicht nur als Last, sondern auch als be-sondere Qualität erschien, dass man fast stolz auf die eige-ne Empfindsamkeit war und sich gerne dazu bekannte. In-dem man sich selbst als sensibel, gefühlsbetont und an denvermeintlichen Gefahren geradezu körperlich leidend zeig-te, kultivierte man das Ideal einer sensiblen Männlichkeit,von der man sich zumindest erhoffte, dass sie beim anderenGeschlecht gut ankommen werde.

5

Page 6: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Die geplante Nato-Nachrüstung löste die bei weitem um-fangreichste Protestbewegung in der Geschichte der Bun-desrepublik aus, die Friedensbewegung der frühen achtzi-ger Jahre. Meine politische Sozialisation verlief über die-se Bewegung und die Angst vor dem atomaren Holocaust,wie es damals in bezeichnender Verbindung von Vergan-genheit und Zukunft hieß. Dabei war ich nur am Rande derBewegung aktiv. Mein Jugendzimmer hatte ich zur atom-waffenfreien Zone erklärt, ein Aufkleber mit einer weißenFriedenstaube auf blauem Grund schmückte die Tür, unddie eigentlich unzulässige, weil auf politischen anstatt Ge-wissensgründen basierende Wehrdienstverweigerung hat-te ich schon im Kopf. Meine erste Demonstration war dieMenschenkette, die im Oktober 1983 das Nato-Hauptquar-tier in Stuttgart mit den Wiley-Barracks in Neu-Ulm ver-band. Wie ich später erfuhr, war meine heutige Frau etwasweiter östlich positioniert. Wir hielten also indirekt Händ-chen, bevor wir uns erst knapp zwei Jahrzehnte später inSüdkalifornien trafen. Das Absingen von «We Shall Overco-me» mit leicht schwäbischem Akzent empfand ich bei mei-ner Unmusikalität als etwas peinlich, dann aber doch be-wegend. Denn so konnte man sich als Teil einer grenzüber-greifenden Bewegung sehen – «transnational», wie man dasheute nennt.

Die Nachrüstungsdebatte und die Friedensbewegungwurden für mich eine Obsession. Ich diskutierte den je-weiligen strategischen Nutzen von land- und seegestütztenNuklearwaffen, argumentierte vehement für die Einbezie-hung der französischen und britischen Atomraketen undverteidigte den von Paul Nitze ausgehandelten Waldspa-ziergangkompromiss. Meine Französischkenntnisse leidennoch heute darunter, dass ich den Großteil der Französisch-stunden mit einem Mitschüler, dessen Vater Berufssoldatwar und der später selbst Zeitsoldat wurde, über die Philo-sophie der Abschreckung diskutierte. In Leonid Breschnew

6

Page 7: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

und Juri Andropow sah ich nicht unbedingt «Friedensen-gel», wie von der DKP behauptet, aber überzeugt war ichschon, dass die eigentlichen Aggressoren in den USA sa-ßen, insbesondere Ronald Reagan mit seinem Kampf gegendas evil empire und dem auch im Nachhinein noch ausge-sprochen dummen Witz über die angeblich unmittelbar be-vorstehende Bombardierung der Sowjetunion während ei-ner Mikrophonprobe. Mein Amerika-Bild wurde erst etwaskomplexer, als ich ein Jahr später für einen vierwöchigenAustausch in den Mittleren Westen kam und bei einer Fami-lie von überzeugten Demokraten landete. Damals erkann-te ich das Reisen als das beste Mittel gegen nationale Kli-schees.

Der autobiographische Ursprung dieses Buches liegt imVersuch, diese Gefühlslage eines 17-Jährigen im spätenKalten Krieg zu verstehen. Warum nahm Angst in der po-litischen Sozialisation junger Leute in den 1980er Jahrensolch einen Stellenwert ein? Diese eher autobiographischeFrage überschnitt sich mit einem wissenschaftlichen Inter-esse an der neu aufkommenden Geschichte der Emotionen.Schließlich bestätigte meine persönliche Erfahrung auchdie zunehmenden Zweifel an der verbreiteten Erfolgsge-schichte der Bundesrepublik. Wie erfolgreich war die Ge-schichte des alten Westdeutschland wirklich, wenn Millio-nen von Menschen geradezu apokalyptische Ängste erfuh-ren und diese in Massendemonstrationen auch äußerten?Und was bedeutete es, dass solche Angstkrisen die gesam-te Geschichte der Bundesrepublik durchzogen? Zeigte sichhier nicht eine eigentümliche Spannung zwischen der vonden Historikern und Historikerinnen konstruierten optimis-tischen Erzählung der Bundesrepublik und dem Pessimis-mus der Zeitgenossen?

Es waren sicher auch meine fast zwei Jahrzehnte imamerikanischen Universitätssystem, die es mir erlaubt ha-ben, derartige größere Fragen an die Geschichte der Bun-

7

Page 8: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

desrepublik zu stellen. Der Außenblick aus der südkalifor-nischen Distanz ermutigte mich, über einige größere Liniennachzudenken und den Versuch einer «anderen Geschich-te» der Bundesrepublik zu wagen. Ganz sicher wäre es ein-facher, weniger nervenaufreibend und nicht so langwieriggewesen, eine Monographie zu nur einer der hier diskutier-ten Ängste zu verfassen. Aber der gewählte breite Ansatzerwies sich als für mich lehrreicher und anregender und istes hoffentlich auch für die Leser und Leserinnen.

Republik der Angst ist das Produkt dieser autobiographi-schen und historiographischen Impulse. Das Buch erzähltdie Geschichte der Bundesrepublik als eine Geschichte auf-einanderfolgender Angstzyklen. Es bietet eine interpreta-torische Synthese und ist thematisch umfassender als ei-ne Monographie, aber unvollständiger als eine Gesamtdar-stellung, von denen es mittlerweile genügend gibt. Ich er-hoffe mir von dem Buch Denkanstöße für eine neue, weni-ger selbstverständliche und auch etwas weniger selbstzu-friedene Geschichte der Bundesrepublik, die die vergange-nen Ängste der Zeitgenossen als deren oft durchaus plau-sible vergangene Zukunft ernst nimmt. Das Nachdenkenüber die Ängste der Vergangenheit ermöglicht so auch einbesseres Verständnis der Ängste der Gegenwart – mehr da-zu im Schlusskapitel.

Als ich vor viel zu langer Zeit mit der Arbeit an die-sem Projekt begann, hätte ich mir kaum träumen lassen,das uns einige der von den Deutschen in der Nachkriegs-zeit geäußerten Ängste Anfang des 21. Jahrhunderts wie-der einholen würden, und das ausgerechnet in den USA!Die Präsenz eines rechtspopulistischen Präsidenten im Wei-ßen Haus und der Aufstieg eines neuen globalen Autori-tarismus lässt den Fortbestand oder «Erfolg» der libera-len Demokratie keinesfalls sicher erscheinen. Paradoxer-weise bietet die Angstgeschichte der alten Bundesrepublikhier aber auch Anlass zur Hoffnung. Denn sie zeigt, wie

8

Page 9: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

und warum sich die schlimmsten Ängste der Vergangen-heit nicht bewahrheiteten, vielleicht eben, weil sie zuvorimmer schon beschworen worden waren. Angst ist sicherkein Impfstoff, der Immunität gegenüber politischen Gefah-ren verleiht. Aber das Gefühl kann als Warnsignal fungie-ren. So lähmend und irreführend sie sein kann, Angst hatzuweilen auch eine produktive Funktion. Zwar wird die De-mokratie durch deren Mobilisierung allerorts mehr als zujedem anderen Zeitpunkt seit dem Zweiten Weltkrieg er-neut in Frage gestellt. Doch die parallele Angst vor demVerlust der Demokratie ist vielleicht auch der erste Schrittzu ihrer mehr denn je notwendigen Verteidigung.

Berlin, im Oktober 2018

9

Page 10: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

EinleitungAngst und Demokratie

Deutsche Angst  – als Selbstwahrnehmung  – Angst  – das«Andere der Demokratie»? – Die Geschichte der BRD alsGeschichte von Angstzyklen  – Kriegskinder und andereKriegsfolgen – Emotionen – Leitende Perspektiven

«Man schaut plötzlich in die Gesichter von Wesen, die oh-ne Ängste leben und wohl seit Jahr und Tag so gelebt ha-ben; und es wird einem erschreckend klar, wie anders dieDeutschen sich heute geben und wie anders sie dreinschau-en», so beschrieb der bayrische Kulturpolitiker Dieter Satt-ler in den Frankfurter Heften seine Eindrücke beim Über-queren der deutsch-schweizerischen Grenze bei Schaffhau-sen im Jahr 1947. Die «ungezwungene, liebenswürdige Artder Menschen» sowie die «Offenheit und Geradheit ihrerBlicke» im Nachbarland stand im Kontrast zu dem, was erdie «deutsche Angst» nannte, «deutsch, weil sie uns Deut-sche am längsten in ihren Fängen hatte und noch immerhat». Sattler sah Angst als eine «deutsche Krankheit», alsnationale Pathologie: «Unser Volk hat beinahe vor allemAngst. Es ist seelisch schwer erkrankt.» Sattler war über-zeugt, dass «jeder, der uns von der Angst heilt, Deutsch-land ernstlich heilt». Demokratie war für ihn gleichbedeu-tend mit der «Freiheit von der Angst».1 Der Erfolg der De-mokratie im Nachkriegsdeutschland hing demnach von derÜberwindung der Angst ab.

Die Geschichte der Bundesrepublik ist auch die Ge-schichte ihrer Ängste. Sattlers Beobachtungen waren nureine von vielen ähnlichen Diagnosen einer tiefen Unsi-cherheit und Angst in der Nachkriegsgesellschaft.2 DieseSelbstwahrnehmung einer spezifisch deutschen Angst war

10

Page 11: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

integraler Bestandteil der Geschichte der «alten» Bundes-republik, ein wichtiger Aspekt der politischen Kultur vor1989, der auch noch in die Berliner Republik hineinragt.3Wie eine Serie von anscheinend nicht enden wollendenAngstzyklen mit immer neuen Objekten – Finanzkrise, Ein-wanderung, Terrorismus – belegt, hat die Geschichte derAngst in der Bundesrepublik kein Ende. Seit 1992 führt dieR+V Versicherung eine jährliche Studie zu den Ängsten derDeutschen durch. Im Jahr 2016 erreichte der dabei ermit-telte «Angstindex», das heißt der Durchschnitt aller Ängste,einen vorläufigen Höchstwert.4 Inwiefern diese gegenwär-tigen Ängste der von Sattler und vielen anderen diagnosti-zierten «deutschen Angst» nach 1945 ähneln oder aber vongrundsätzlich anderer Natur sind, gehört zu den Fragen,die dieses Buch zu beantworten versucht.

11

Page 12: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

AngstgeschichtenDieses Buch nimmt den zeitgenössischen Diskurs zur«deutschen Angst» als Ausgangspunkt, um die Geschichteder Bundesrepublik neu zu erzählen. Die German Angst alsspöttische Außenzuschreibung durch unsere Nachbarn istdabei jüngeren Datums, sie entstand erst während der acht-ziger Jahre. Aber die deutsche Angst war immer auch Teilder Selbstwahrnehmung der westdeutschen Gesellschaftseit der unmittelbaren Nachkriegszeit. Die Diagnosen un-terschieden sich in der Erklärung der Genese dieser Ängstewie in deren Bewertung: Einige Beobachter erkannten dar-in eine Form der nationalen Neurose, andere wiederum sa-hen diese Ängste als durchaus berechtigt an. Unabhängigvon der zeitgenössischen Bewertung verweist jedoch dieschiere Existenz dieses selbstreferentiellen Diskurses zurdeutschen Angst auf eine weitgehende Verunsicherung undZukunftsungewissheit in der westdeutschen Gesellschaft.

Derartige Selbstbeschreibungen mögen wesentliche Be-standteile der politischen Verfasstheit moderner Gesell-schaften sein.5 Im Gefolge von Nationalsozialismus und Ho-locaust, totalem Krieg und totaler Niederlage nahmen siefür die Deutschen allerdings eine besondere Bedeutungan. Deren Selbstreflexion war wesentlich bedingt durch ei-nen «kollektiven Schock», der über eine spezifische Formkollektiver Erinnerung nach 1945 immer präsent blieb.6Mehr als Angehörige anderer Nationen hatten die Deut-schen nach 1945 gute Gründe, ihre Aussicht auf und Be-fähigung für Demokratie, Wohlstand und Frieden in Fragezu stellen. Wie alle Selbstbeschreibungen enthielt auch derDiskurs zur deutschen Angst immer eine prospektive Funk-tion. In der Gegenwartsbeschreibung war eine Zukunftser-wartung enthalten. Die deutsche Angst – das ist eine Kern-these dieses Buches – war keine nationale Pathologie. Sie

12

Page 13: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

resultierte vielmehr aus einer stets präsenten, sich perma-nent verändernden und dynamischen Erinnerung an einekatastrophale Vergangenheit, die eine angstvolle und zu-weilen apokalyptische Zukunftsantizipation nach sich zog.

Die dominierenden historiographischen Leitvorstellun-gen für die Geschichte der Bundesrepublik – «Amerikani-sierung», «Westernisierung», «Liberalisierung» und «De-mokratisierung»  – berücksichtigen die Angst kaum.7 Siealle suggerieren einen positiven Ausgang der Nachkriegs-geschichte und behandeln Angstkrisen meist – wenn über-haupt – als hysterische Panikmache, die von der Entwick-lung entkräftet worden sei. In diesem Buch plädiere ichdafür, diese Ängste nicht mit der «enormen Herablassungder Nachwelt» zu betrachten, nur weil sie sich oft nichtbewahrheiteten.8 Ich versuche im Gegenteil, die zeitgenös-sischen Angstzyklen ernst zu nehmen und auf diese Wei-se ein Korrektiv gegenüber allzu linearen und oft teleolo-gischen Erzählungen der Geschichte der Bundesrepublikzu bieten.9 Die Westdeutschen konnten sich nach 1945 nievöllig sicher sein, dass sich ihr Staat in eine friedliche,wohlhabende und relativ pluralistische demokratische Ge-sellschaft entwickeln würde. Wir müssen daher den Zeit-genossen der Nachkriegsgesellschaft zugestehen, was wirfür uns alle reklamieren: eine offene Zukunft.10 Der «Zu-kunftshorizont der Vergangenheit» blieb, wie der Histori-ker Lucian Hölscher argumentiert, prinzipiell offen.11 Aufdie Geschichte der Bundesrepublik gewendet bedeutet das:Sowenig wie die Deutschen der zwanziger Jahre den Ab-grund der Nazidiktatur und des Holocausts voraussehenkonnten, sowenig konnten die Deutschen nach 1945 mitdem relativ guten Ausgang der Nachkriegsgeschichte rech-nen. Für die Weimarer Zeit ist jüngst ein stark ausgepräg-ter Zukunftsoptimismus unter den Deutschen identifiziertworden, der dem dominanten Narrativ der Krise und desZusammenbruchs von Weimar entgegensteht. In ähnlicher

13

Page 14: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Weise ist es mein Anliegen, die erfolgsgeschichtlich orien-tierten Darstellungen zur Geschichte der Bundesrepublikmit der oft pessimistischen und angstbesetzten zeitgenös-sischen Zukunftsvorstellung der Deutschen nach 1945 zukonterkarieren.12 So wird auch deutlich, wie der Histori-ker Joachim Radkau bemerkt, dass die «aus der Rückschaueher undramatische Geschichte der Bundesrepublik in ih-ren Zukunftsvisionen höchst dramatische Seiten erkennen»lässt.13 Die Schattenlinien der gewaltsamen Verwerfungender ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten somit dieImagination der Zukunft in der zweiten Hälfte. Die darinenthaltenen Ängste gründeten sich auf ein geschärftes Be-wusstsein für die Fragilität moderner demokratischer Ge-sellschaften. In Zeiten einer weltweiten Krise westlicherDemokratien ist uns diese Unsicherheit nach 1945 histo-risch wieder etwas näher gerückt. Die historischen Erfah-rungen, die diese Ängste hervorriefen, wie der Untergangvon Weimar oder die Erfahrung des Nationalsozialismus,waren den Westdeutschen nach 1945 zeitlich und emotio-nal so nahe, wie es die Terrorattacken des 11. Septemberunserem gegenwärtigen Zukunftsbewusstsein sind. Frei-lich waren die Ängste der Deutschen nach 1945 nicht nurstörend und destabilisierend. Im Gegenteil: Die erhöhteAngstbereitschaft der Deutschen sensibilisierte sie auchfür mögliche Gefahren. Sie intensivierte die demokratischeWachsamkeit und schärfte das Bewusstsein für die inhären-te Krisenanfälligkeit moderner Demokratien. Die Angstge-schichte nach 1945 trug paradoxerweise auch zur Stabili-sierung und letztlich dem «Erfolg» der Bundesrepublik bei.

14

Page 15: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Angst und DemokratieIn diesem Buch untersuche ich die Rolle der Angst in ei-ner sich liberalisierenden und demokratisierenden Gesell-schaft. Dies erklärt auch, warum sich das Buch ausschließ-lich mit der Bundesrepublik befasst. In dem diktatorischenoder zumindest autoritären System der DDR spielte Angsteine grundsätzlich andere Rolle, auch wenn gewisse Ängstewie z. B. vor einem neuen Krieg auf beiden Seiten des Eiser-nen Vorhangs auftraten. Eine vergleichende Geschichte derbeiden aufeinander bezogenen deutschen Nachkriegsge-sellschaften bietet für bestimmte Themen zweifellos neueErkenntnismöglichkeiten.14 Aber in diesem Buch spielt dieSBZ/DDR nur im Hinblick auf ihre Auswirkungen in West-deutschland eine Rolle. Das Buch setzt sich mit einer lan-gen intellektuellen Tradition auseinander, die den Gegen-satz oder gar die Unvereinbarkeit von Angst und Demokra-tie betont. Schon Montesquieu sah die Angst als das Grund-gefühl der tyrannischen Regierungsform.15 Der amerikani-sche Präsident Franklin D. Roosevelt nannte die «Freiheitvon Furcht» als eine der «Vier Freiheiten» in seiner Redevor dem amerikanischen Kongress im Januar 1941. Die At-lantik-Charta erhob einige Monate später diese «Freiheitvon Furcht» zu einem der zentralen alliierten Kriegsziele imZweiten Weltkrieg.16 Im Kalten Krieg assoziierten Politikerund Intellektuelle Angst immer wieder mit Totalitarismus.Angst wurde somit zum «Anderen» der liberalen Demokra-tie nach 1945. Der Emigrant und Politologe Franz Neu-mann, Autor der klassischen Studie Behemoth zum Natio-nalsozialismus, sah Angst als entscheidende Triebkraft desNationalsozialismus und ihre Überwindung als unabding-bare Voraussetzung der Demokratisierung nach 1945.17 Inden Vereinigten Staaten beschrieb die Politikwissenschaft-lerin und Emigrantin aus dem stalinistischen Russland, Ju-

15

Page 16: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

dith Shklar, einen «Liberalismus der Angst». Die Hauptauf-gabe des liberalen Staates bestand für Shklar darin, sei-ne Bürger und Bürgerinnen vor Angst zu bewahren.18 Sh-klar definierte Angst als einen universellen menschlichenZustand und eine liberale politische Ordnung als geradezuuniverselles Gegenmittel, verlor damit aber auch die histo-rische und kulturelle Bedingtheit sowohl der Angst als auchder liberalen Demokratie aus den Augen.19 In jüngster Zeitanalysierte der Soziologe Zygmunt Baumann in ähnlicherWeise die «Geschichte des Aufstiegs der Demokratie» als«Beseitigung oder Beschränkung aufeinanderfolgender Ur-sachen der Ungewissheit, Angst und Furcht».20 Angst er-schien als ein Gefühl, das vor allem in totalitären Diktatu-ren existierte, die ihren Bürgern und Bürgerinnen grundle-gende Rechte verwehrten und sie mit einer allgegenwärti-gen Geheimpolizei terrorisierten.

Im Gegensatz zu diesem historisch verankerten Gegen-satz von «Angst» und «Demokratie» erzählt dieses Buchdie Geschichte der Bundesrepublik als eine Geschichte vonAngstzyklen. Die Rolle der Angst in der Demokratie erweistsich dabei als deutlich komplexer, als die These von derAngst als dem «Anderen» der Demokratie suggeriert. An-hand einer Reihe von Fallstudien zu periodischen Angstkri-sen wird das sich verändernde Verhältnis von Angst undDemokratie nach 1945 untersucht. Mein Ziel ist es dabeinicht, zu einer allgemeingültigen Theorie des Verhältnissesvon Angst und Demokratie zu kommen – dies überlasse ichden Kollegen und Kolleginnen der Soziologie und Politik-wissenschaft. Vielmehr erhellen die empirischen Fallstudi-en gerade die politische Mehrdeutigkeit der Angst, die inunterschiedlichen Kontexten ganz unterschiedliche Funk-tionen annehmen kann.

Dennoch versucht das Buch, eine emotionale Dimen-sion der Demokratisierung ebenso wie die Demokratisie-rung der Emotionen als zentrale Aspekte der Nachkriegs-

16

Page 17: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

geschichte in den Blick zu rücken. Zwar haben politischeTheoretiker damit begonnen, das Verhältnis von Demokra-tie und Emotionen oder «Leidenschaften» zu erforschen,diese Einsichten sind allerdings bisher kaum auf die Ge-schichte der Bundesrepublik übertragen worden.21 Verein-zelt ist die Rolle von Emotionen in der Nachkriegsgesell-schaft bereits analysiert worden, selten jedoch sind sie zumAusgangspunkt einer Neuinterpretation der Geschichte derBundesrepublik gemacht worden.22 So wurde die emotio-nale Grundstimmung der frühen Bundesrepublik richtiger-weise mit einer «Ethik der Nüchternheit», einem «Abschiedvom Pathos» beschrieben, die eine «begrenzte», «pragma-tische» und «realistische» Definition der Demokratie er-möglichte, im Gegensatz zu den utopischen Versprechenvon Faschismus und Kommunismus.23 Die Bundesrepublikwar damit ein weiteres Beispiel für die generelle Hinwen-dung zu einer dezidierten emotionalen Anti-Intensität, dieals grundlegendes Phänomen die westlichen Gesellschaf-ten im 20. Jahrhundert auszeichnete.24 Diese emotionalenNormen bestimmten die Ausdrucksbedingungen für Angstin der frühen Bundesrepublik, veränderten sich im Verlaufder Nachkriegsgeschichte dann aber auch. In einem mitt-lerweile klassischen Aufsatz kam der Zeithistoriker und Po-litologe Hans-Peter Schwarz dem in diesem Buch vertre-tenen Ansatz am nähesten. Er beschrieb die Geschichteder Bundesrepublik als eine Geschichte der «ausgebliebe-nen Katastrophe» und identifiziert eine Angst vor der Ka-tastrophe sowohl bei der politischen Rechten wie Linkenals ein «durchgehend weitverbreitetes Zeitgefühl».25 Aller-dings nahm Schwarz diese Einsicht partiell wieder zurück,indem er auf die erfolgreiche Stabilisierung der Bundesre-publik als Gegenmittel des Katastrophenbewusstseins ver-wies. Diese Stabilität – so meine These – blieb in der bundes-republikanischen Gesellschaft jedoch immer prekär. DasVersprechen von «Sicherheit» reichte nie ganz aus, die an-

17

Page 18: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

haltenden Ängste zu entkräften. Vielmehr durchdrang dieFurcht vor einem potenziellen Scheitern den Prozess derDemokratisierung bis in die 1980er Jahre. Demokratisie-rung erschien im zeitgenössischen Bewusstsein vor allemals krisenhaft und oft als Vorlauf einer drohenden Katastro-phe.26

18

Page 19: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Angst und TraumaDiese Angstgeschichte der Bundesrepublik distanziert sichvon einer ganzen Reihe populärwissenschaftlicher Bücher,die die deutsche Angst als eine Art pathologische Verfor-mung des bundesdeutschen Nationalcharakters porträtierthaben.27 Diese oft von Journalisten oder Psychotherapeu-ten geschriebenen Publikationen schließen – in methodolo-gisch problematischer Weise – von einer Analyse recht in-dividueller Fälle auf die Existenz einer kollektivpsychologi-schen deutschen Angst. Zuletzt haben sich solche Bücherauf die «Kriegskinder» konzentriert, das heißt, diejenigenjungen Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ohneoder mit psychisch und physisch schwer angeschlagenenVätern aufgewachsen sind. Mittlerweile ist diese Perspek-tive auch auf die Kinder der Kriegskinder, also die «Krieg-senkel», ausgeweitet worden.28 Viele dieser Bücher bezie-hen sich auf eine relativ kleine Gruppe von Männern ausdem westdeutschen Bildungsbürgertum, die sich oft einerPsychotherapie unterzogen haben. Es ist daher methodischproblematisch, diese Auswahl als repräsentativ für eine Ge-neration der «Kriegskinder» zu stilisieren.29

Dies bedeutet jedoch nicht, die Realität von langfristi-gen psychologischen Kriegsfolgen zu leugnen, die in denletzten Jahren zunehmend in den Fokus der Nachkriegs-geschichte gerückt sind.30 Auch für mich sind die langfris-tigen Nachwirkungen von Nationalsozialismus, Krieg undHolocaust Grundbedingungen der bundesdeutschen Angst-geschichte. Allerdings müssen die individuellen und kollek-tiven Kriegsfolgen im Kontext der breiteren und mittler-weile sehr gut erforschten Erinnerungsgeschichte der Bun-desrepublik betrachtet werden. Dies ist in der psychologi-schen und psychotherapeutischen Literatur jedoch nur sel-ten der Fall. Vielmehr wiederholt diese Literatur oft zentra-

19

Page 20: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

le Elemente des zeitgenössischen Opferdiskurses, wonachentweder externe Verbote oder interne Selbstzensur eineThematisierung des deutschen Leidens unmöglich gemachtoder zumindest erschwert hätten. Dies war nach 1945 je-doch schlichtweg nicht der Fall. Deutsches Leiden als Re-sultat von Flucht, Vertreibung, Kriegsgefangenschaft oderBombenkrieg war im kollektiven Gedächtnis der Bundesre-publik immer präsent. Es trifft allerdings zu, dass dies nichtimmer zur symbolischen und materiellen Anerkennung psy-chischen Leidens führte. Das lag unter anderem auch dar-an, dass unser gegenwärtiger Begriff von «Trauma» alsdurch externe Ereignisse induziertes, langfristiges psychi-sches Leiden in der Nachkriegsgesellschaft noch nicht exis-tierte. «Trauma» ist selbst eine historische Kategorie; ge-genwärtige Vorstellungen von Traumata können nicht ohneweiteres auf die Vergangenheit projiziert werden, wie diesin der psychologischen Literatur oft geschieht. Schließ-lich wird oft der kategoriale Unterschied von Geschichts-schreibung und Therapie verwischt. Die angeblich verspä-tete Thematisierung deutschen Leidens soll endlich eineKatharsis bewirken. Das öffentliche Gespräch über das ei-gene Leiden schüfe so ein Bewusstsein für bisher unbe-wusste Emotionen, woraus wiederum die «Bewältigung» ei-ner schwierigen Vergangenheit sich ergäbe. Dieser thera-peutische Prozess würde es dann erlauben, so zum BeispielGabriele Baring, endlich «aus dem Schatten der Vergan-genheit» herauszutreten und ein «glücklicheres, selbstbe-stimmtes Leben» zu führen.31 Diese Rede von einer Bewäl-tigung der Vergangenheit ähnelt dem in der Nachkriegs-gesellschaft immer wieder vorgebrachten Wunsch nach ei-nem «Schlussstrich» unter die Beschäftigung mit der Ver-gangenheit. Die Verheißung einer therapeutisch gedachtenKatharsis enthält somit auch eine – bewusste oder unbe-wusste – apologetische Dimension, indem sie verspricht, dieGegenwart der Vergangenheit zu beenden und die Nach-

20

Page 21: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

kriegsdeutschen endlich von einer schweren historischenLast zu befreien.

Im Gegensatz zu diesen populärwissenschaftlichen Stu-dien zielt mein Buch weder auf die Bestätigung ohnehinproblematischer kollektivpsychologischer Stereotype, nochsieht es sich als Beitrag zur therapeutischen Befreiungder Nachkriegsdeutschen von ihrem vermeintlichen histo-rischen Trauma. Stattdessen nehme ich die psychothera-peutische Literatur zur German Angst als historische Quel-le, als Beitrag zur Selbstbeschreibung der Bundesrepublik.Statt daraus eine wie auch immer definierte kollektivpsy-chologische nationale Pathologie abzuleiten, geht es mirum eine empirische Rekonstruktion der sich veränderndenhistorischen Formen und Funktionen von Angst.

21

Page 22: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

EmotionenDie Analyse der historischen Bedeutung von Angst stütztsich auf einige grundlegende Einsichten einer neu konzi-pierten und neuerdings wieder zunehmend populären Ge-schichte der Emotionen. Dass Emotionen eine Geschichtehaben, ist keineswegs neu und geht auf den programma-tischen Aufsatz des französischen Historikers Lucien Feb-vre aus dem Jahr 1941 zurück, in dem er eine «Geschich-te des Hasses, eine Geschichte der Angst, eine Geschich-te der Grausamkeit, eine Geschichte der Liebe» propagier-te.32 Febvres Aufsatz war tief verwurzelt in dem zeitgenös-sischen Verständnis der Emotionen als «primitive, basaleKräfte in uns», die er dann auch für den Aufstieg des Fa-schismus in Europa mitverantwortlich machte.33 Seit derJahrtausendwende hat das Interesse an Emotionen in derinternationalen geistes- und sozialwissenschaftlichen For-schung wieder deutlich zugenommen.34 Dieses neu erwach-te Interesse an Emotionen hat mehrere inner- und außer-wissenschaftliche Gründe. Dazu gehören die Suche nacheinem neuen Anker geisteswissenschaftlicher Analyse imGefolge des Poststrukturalismus der 1990er Jahre; der Auf-stieg der Neurowissenschaften und bildgebender Verfah-ren, die es ermöglichen, Emotionen in bestimmten Gehirn-regionen zu visualisieren; oder auch eine neue Sensibilitätfür die politische Wirksamkeit von Emotionen, insbesonde-re nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.35

Allerdings gibt es keine allgemein akzeptierte Definitionvon «Emotionen» überhaupt oder von spezifischen Emotio-nen wie «Angst». In der Tat fallen unter das Phänomen«Angst» so viele unterschiedliche Gefühlszustände, dassmanche Forscher dazu neigen, den Begriff ganz aufzuge-ben.36 Andererseits operieren Individuen und Gesellschaf-ten natürlich immer mit kulturellen Konzepten dessen, was

22

Page 23: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

«Angst» bedeutet, auch wenn dieser Gefühlszustand nichteindeutig definiert werden kann.

Grundsätzlich bewegen sich Definitionen von Emotio-nen zwischen den Polen relativistischer sozialkonstruktivis-tischer Ansätze einerseits und universalistischer, neurobio-logischer Ansätze andererseits. Sie betonen also entwederdie historische und kulturelle Bedingtheit von Emotionenoder deren physiologische Basis, die unabhängig von Ortund Zeit ist.37 Einige dieser neueren psychologischen undneurobiologischen Theorien sind mit einer Geschichte vonEmotionen besser vereinbar als andere. Ich will daher vierwichtige Erkenntnisse der interdisziplinären Emotionsfor-schung benennen, die sich als besonders nützlich für eineGeschichte von Emotionen in der Nachkriegszeit erwiesenhaben. Eine solche theoretisch fundierte Konzeption vonEmotionen ist notwendig, um über den bloß alltagssprach-lichen Wortgebrauch von Emotionsbegriffen hinauszukom-men.

Der erste Aspekt bezieht sich auf die Betonung der ko-gnitiven Aspekte von Emotionen, die auf die psychologi-schen Appraisal-Theorien der 1960er Jahre zurückgehen.38

Deren Bedeutung bestand darin, den traditionellen karte-sianischen Dualismus zwischen «Vernunft» und «Emotio-nen» zu überwinden. Emotionen erschienen nicht mehr nurals «das Andere» der Vernunft, sondern waren eng mit ko-gnitiven Prozessen wie der Entscheidungsfindung, der Ge-dächtnisbildung oder der Aufmerksamkeitsökonomie ver-bunden. Philosophen wie Martha Nussbaum oder Ronald deSousa entwickelten Theorien, die Rationalität und Intentio-nalität von Emotionen betonen.39 Danach enthalten Emotio-nen ein «Beurteilungs- oder Werturteil», das «Dingen undPersonen außerhalb der eigenen Kontrolle eine besondereBedeutung für das eigene Wohlergehen zuweist».40 Emo-tionen sind als Teil eines «affektiv-kognitiven Zugangs zur

23

Page 24: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Welt» zu verstehen, über den Themen und Dinge, die füruns wichtig sind, von Emotionen vorausgewählt werden.41

Der Aufstieg der Neurowissenschaften hat die For-schung zur kognitiven Dimension von Emotionen revolu-tioniert. Über bildgebende Verfahren wie Magnetresonanz-tomographie (MRI) versuchen Neurowissenschaftler dieWechselwirkung von kognitiven und physiologischen Fak-toren bei der Erzeugung einer Emotion zu bestimmen so-wie spezifische Emotionen in bestimmten Hirnregionen zulokalisieren. Dabei reduzieren viele neuere neurowissen-schaftliche Theorien die kognitive Komponente von Emo-tionen allerdings wieder. Angst wird als vorbewusste phy-siologische Reaktion gesehen, die von der Amygdala, einerRegion im Gehirn, ausgeht und den Kortex als Ort der ko-gnitiven Verarbeitung zunächst umgeht. Die bewusste Ver-arbeitung dieser physiologischen Tatsache trägt dann da-zu bei, die Emotionen präzise zu definieren. Demnach istdie kognitive Komponente von Emotionen weniger funda-mental als die biologische. «Bewusste Gefühle» sind eineArt «Verzierung der Emotionen», während Gehirnzustän-de und körperliche Reaktionen die «fundamentale Tatsa-che einer Emotion» konstituieren.42 Doch wenn Emotionengrößtenteils oder ausschließlich physiologisch und univer-sal wären, dann könnte es eine Geschichte der Emotionennicht geben, sie müsste sich allenfalls auf eine Geschichtedes Körpers beschränken. So beschrieb beispielsweise derGöttinger Neurowissenschaftler Boris von Bandelow in ei-nem Interview mit mir die Geschichte der Angst in Analo-gie zu einer «Geschichte der Gallenblase», das heißt als dieGeschichte einer rein physiologischen Funktion ohne jegli-chen kulturellen oder historischen Bezug.43

Allerdings findet die Debatte über die kognitive und/oder physiologische Natur der Emotionen nicht nur zwi-schen den «zwei Kulturen» der Geisteswissenschaften undNeurowissenschaften statt, sondern auch innerhalb der

24

Page 25: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

psychologischen und neurowissenschaftlichen Forschungselbst.44 Ein wesentlicher Zweig der neurowissenschaft-lichen Forschung hinterfragt beispielsweise die Theorie,dass Emotionen innerhalb bestimmter Hirnregionen lokali-sierbar sind. Jene neurowissenschaftlichen Ansätze, die ineiner Person mehr als nur einen Roboter sehen, der senso-rische Impulse gewissermaßen unbewusst verarbeitet, sinddurchaus kompatibel mit dem interpretativen Ansatz derGeisteswissenschaften.45 Auch ist die Theorie der universa-len, von Ort und Zeit unabhängigen Grundemotionen, wiesie insbesondere Paul Ekman vertreten hat, mittlerweiledeutlich diskreditiert. Stattdessen unterstreicht ein Teil derpsychologischen und neurowissenschaftlichen Forschungdie Bedeutung von Wissen und Erfahrung, also eindeutigkognitiver und damit kulturell und historisch variabler Ele-mente, für emotionale Erfahrung. In der Verhaltensöko-logie des Psychologen Alan Fridlund erscheinen Emotio-nen beispielsweise als radikal kontextabhängige Kommuni-kationsformen. Diese letzteren Emotionstheorien sind an-schlussfähig für historische und geisteswissenschaftlicheAnalysen von Emotionen.46

Der zweite Aspekt der interdisziplinären Forschungüber Emotionen, der für dieses Buch relevant ist: Die Ar-tikulation eines Gefühls ist integraler Bestandteil des Ge-fühls selbst. Emotionen konstituieren spezifische Sprech-akte, die William Reddy «emotives» nennt. «Emotives» sinddabei nicht nur beschreibend («Ich habe Angst») oder rela-tional («Ich habe Angst vor dir»), sondern enthalten auch ei-ne selbst verändernde und selbst erforschende Dimension.Mit der Aussage «Ich habe Angst» verleiht ein Sprecher zu-mindest provisorisch einem chaotischen Gedankenmaterialeine emotionale Bedeutung. Er oder sie identifiziert diesesGefühlschaos als das Gefühl der Angst.47 Auf diese Weise istdie Artikulation der Angst tatsächlich ein wesentlicher Be-standteil dieses Gefühls. Und gerade weil die Rhetorik der

25

Page 26: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Angstbekundungen Teil des Gefühls ist, zitiere ich teilwei-se auch ausführlich aus den Quellen. Die Artikulation einesGefühls ist darüber hinaus notwendig für eine Geschichteder Emotionen – wie sollte man sonst Emotionen erkennen?Wir haben zu vergangenen Emotionen nur dann Zugang,wenn sie in der einen oder anderen Weise ausgedrückt wor-den sind. Die Geschichte der Emotionen verfolgt also nichtwie die Psychohistorie der 1970er Jahre das Ziel, ein unarti-kuliertes individuelles oder kollektives Unbewusstes sicht-bar zu machen. Sie versucht stattdessen, tatsächlich arti-kulierte Emotionen zu historisieren.48 Dabei stellt sich na-türlich das Problem, dass wir nicht immer wissen können,ob die äußere Artikulation eines Gefühls der tatsächlicheninneren Erfahrung entspricht. Die Menschen können un-ehrlich oder unaufrichtig hinsichtlich ihrer Emotionen sein.Weiter ist die Beziehung zwischen der inneren Erfahrungund der äußeren Manifestation selbst historischem Wandelunterworfen. Während beispielsweise Normen der frühenNachkriegszeit die äußere Artikulation einer Emotion eherzu unterdrücken versuchten, galt ab den 1970er Jahren diepräzise Artikulation einer Emotion als Indiz einer gesundenSubjektivität.

Dieses Verhältnis zwischen internen und externen Mani-festationen der Emotionen führt zu der dritten Einsicht derinterdisziplinären Emotionsforschung, die für dieses Buchwichtig ist. Die Geschichte der Emotionen beruht auf ei-ner konstruktivistischen Position, die die Artikulation (undeventuell die Erfahrung) von Emotionen als abhängig vonsich verändernden normativen Rahmenbedingungen sieht,den «emotionalen Regimen» oder Gefühlskulturen.49 Dieseemotionalen Regime repräsentieren nicht nur einen norma-tiven Rahmen, sie formen auch eine Serie von «emotives»,das heißt kulturell sanktionierter emotionaler Sprechakte.Diese historisch variablen emotionalen Regime unterdrü-cken oder ermutigen die Artikulation von spezifischen Emo-

26

Page 27: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

tionen wie Angst und Gefühlen im Allgemeinen. Im Zugeder «Verwissenschaftlichung des Sozialen» im 20. Jahrhun-dert übten wissenschaftliche Diskurse der Psychiatrie, Psy-chologie und Medizin einen immer größeren Einfluss aufdie Formierung «emotionaler Regimes» aus.50 Was Psych-iater, Psychologen oder Ärzte über «Angst» schrieben, wardaher von besonderer Bedeutung für die kulturellen Nor-men, die wiederum die zeitgenössische Erfahrung und Ar-tikulation von Angst bestimmten.

Schließlich und viertens enthalten Emotionen auch einzeitliches Element. «Angst» ist per Definition eine zukunfts-orientierte Emotion. Logisch kann Angst definiert werdenals «X» will nicht, dass «Y» eintritt und «X» denkt, dass«Y» wahrscheinlich ist.51 Angst ist immer auf eine als unsi-cher und bedrohlich empfundene Zukunft ausgerichtet. ImNachkriegsdeutschland war Angst eng mit der Erinnerungan eine katastrophale Vergangenheit verbunden. «Negati-ve Kontingenz» beinhaltete somit die Projektion einer kata-strophalen Vergangenheit in die Zukunft.52 Diese Verknüp-fung zwischen Erfahrungen und Erwartungen ist darüberhinaus selbst kontingent, das heißt historisch veränderbar.Mit anderen Worten: Welche Vergangenheiten in welchenMomenten mobilisiert wurden, um bestimmte Zukunftssze-narien zu imaginieren, variierte während der Nachkriegs-zeit.53 Die relativ gut erforschte Geschichte der westdeut-schen Erinnerungskultur bildet somit einen entscheiden-den Ausgangspunkt für die Geschichte der Angst im Nach-kriegsdeutschland.54 Allerdings benutze ich diese Literaturhier nicht retrospektiv – wie haben sich die Westdeutschender Vergangenheit erinnert?  – , sondern prospektiv  – wieprägten die westdeutschen Erinnerungen ihre Erwartungan die Zukunft?55 Dabei stütze ich mich auch auf jüngereErgebnisse psychologischer Forschung, die gerade die Be-deutung prospektiven Denkens für die menschliche Spezies

27

Page 28: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

und die wichtige Rolle der Emotionen bei der Antizipationder Zukunft betont.56

Die Beziehung zwischen Vergangenheit, Gegenwart undZukunft unterlag immer dem historischen Wandel. Sichverändernde Erinnerungen an die Vergangenheit implizier-ten auch neue Zukunftserwartungen oder «vergangene Zu-künfte», um Reinhart Kosellecks Begriff zu benutzen. Wäh-rend Koselleck jedoch von einer stetig zunehmenden Dis-krepanz zwischen «Erfahrungsräumen» und «Erwartungs-horizonten» seit Beginn der Moderne im 18. Jahrhundertausging, blieben beide Zeitdimensionen im Nachkriegs-deutschland eng aufeinander bezogen.57 Die Geschich-te der Bundesrepublik war somit geprägt von ständigen«Rückkoppelungsprozessen zwischen Zukunftsprognosenund Vergangenheitsentwürfen».58 Das Gefühl der Angstfungierte somit als eine unter vielen Möglichkeiten, die Ver-gangenheit mit der Gegenwart und Zukunft zu verbinden.Dabei praktizierten die historischen Akteure natürlich un-terschiedliche Formen des Zukunftsbezugs. Gerade im 20. Jahrhundert erschien die Zukunft zunehmend im Plural –Zukünfte.59 Im Mittelpunkt der hier erzählten Geschichtesteht die Geschichte der «Risikozukunft», der «gefürchte-ten und gefährlichen Zukunft, die vor allem zu dem Zweckentworfen und prognostiziert wird, um sie zu vermeidenoder gegen sie vorsorgen zu können».60 Die Geschichteder Angst in der Bundesrepublik war die Geschichte einesangsterfüllten Zukunftsbezuges, der wesentlich aus der an-haltenden Präsenz einer katastrophalen Vergangenheit re-sultierte. Damit ist insbesondere die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gemeint. Jüngste Versuche, die German Angstauf die Erfahrung des Dreißigjährigen Krieges zurückzu-führen, mögen zwar intellektuell anregend sein, lassen sichempirisch jedoch kaum belegen. Der Zusammenbruch vonWeimar, der Nationalsozialismus, totaler Krieg und tota-le Niederlage sowie der Holocaust waren dagegen für die

28

Page 29: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Deutschen bis ins frühe 21. Jahrhundert von unmittelba-rer lebensgeschichtlicher Relevanz.61 Die Erinnerungskul-tur der Bundesrepublik aktivierte unterschiedliche Aspektedieser Vergangenheit, die dann die Basis bildeten für pre-käre, oft ängstliche und gelegentlich apokalyptische Vor-stellungen von der Zukunft.

Ein Wort zur Begrifflichkeit: Søren Kierkegaard undMartin Heidegger haben die Unterscheidung von «Angst»und «Furcht» eingeführt. Furcht richtet sich danach auf ei-nen konkreten Gegenstand; Angst ist ein diffuses Gefühl oh-ne ein bestimmtes Objekt. In diesem Buch verwende ich bei-de Begriffe allerdings synonym. Lexikalische Studien zei-gen, dass im Deutschen «Furcht» und «Angst» ohne Un-terscheidung verwendet werden.62 Zwar wurde die Unter-scheidung von «Furcht» und «Angst» bereits im Diskurs derNachkriegszeit mobilisiert, um bestimmte Emotionen alsbloß neurotische und damit grundlose «Angst» abzuwerten,andere dagegen als gerechtfertigte «Furcht» zu bestätigen.Der Gebrauch dieser Unterscheidung würde aber Teile deszeitgenössischen politischen Diskurses bloß reproduzieren,anstatt Angst zu historisieren.63 Wenn ich in diesem Buchbestimmte historische Ängste benenne, die auf faktisch fal-schen Annahmen beruhen, liegt es nicht in meiner Absicht,als eine Art retrospektiver Therapeut historische Ängste imNachhinein als mehr oder weniger gerechtfertigt zu beur-teilen. Stattdessen geht es mir darum zu zeigen, wie Angstdie politischen Debatten in der Bundesrepublik beeinfluss-te und Zukunftserwartungen prägte. Und noch ein Kom-mentar zur Sprache. Um die Leser und Leserinnen daran zuerinnern, dass die männliche Form für Kollektive (Bürger,Aktivisten, Historiker) immer auch Frauen miteinbezieht,verwende ich in unregelmäßiger Ordnung im Text immerwieder die männliche und die weibliche Form (Bürger undBürgerinnen, Aktivisten und Aktivistinnen, Historiker undHistorikerinnen). Aus Gründen der Lesbarkeit des Textes

29

Page 30: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

habe ich jedoch von einem vollständigen Gendering abge-sehen.

[...]

30

Page 31: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

Endnoten1 Dieter Sattler, «Die deutsche Angst», in: Frankfur-ter Hefte 2/10 (1947), 993 – 1005; zu Sattler vgl. UlrikeStoll, Kulturpolitik als Beruf. Dieter Sattler (1906 – 1968)in München, Bonn, Rom (Paderborn, 2005).2 Als einige Beispiele unter vielen vgl. Richard Tüngel,«Gespenst der Angst», in: Die Zeit, 31. 8. 1950; Franz Xa-ver von Hornstein, Von der Angst unserer Zeit (Frankfurt,1954); Hans Zbinden, Der bedrohte Mensch (Bern, 1959);Darmstädter Gespräch 1963. Angst und Hoffnung in unse-rer Zeit (Darmstadt, 1965); Armin Mohler, Was die Deut-schen fürchten. Angst vor der Politik, Angst vor der Ge-schichte, Angst vor der Macht (Stuttgart, 1965); HeinzWiesbrock (Hg.), Die politische und gesellschaftliche Rol-le der Angst (Frankfurt, 1967); Dietrich Langen, «Angst,das Problem unserer Zeit», in: Schopenhauer-Jahrbuch 55 (1974), 11 – 18; David A. Seeber, «Angst als Zivilisati-onskrankheit?», in: Herder Korrespondenz 31/4 (1977),165 – 168; Jürgen Leinemann, Die Angst der Deutschen.Beobachtungen zur Bewußtseinslage der Nation (Reinbek,1982); Sabine Bode, German Angst – Die deutsche Krank-heit (Stuttgart, 2006).3 Axel Schildt, « ‹German Angst›: Überlegungen zurMentalitätsgeschichte der Bundesrepublik», in: JuliaSchwarzkopf und Daniela Münkel (Hg.), Geschichte alsExperiment. Studien zu Politik, Kultur und Alltag im 19.und 20. Jahrhundert. Festschrift für Adelheid von Saldern(Frankfurt, 2004), 87 – 97; Heinz Bude, Gesellschaft derAngst (Hamburg, 2014).4 https://www.ruv.de/presse/aengste-der-deut-schen/aengste-der-deutschen-langzeitvergleich. Im Jahr2018 fiel der Angstindex vom Höchstwert 52 wieder auf47.

31

Page 32: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

5 So Ulrich Bielefeld, Nation und Gesellschaft. Selbst-thematisierung in Frankreich und Deutschland (Hamburg,2003).6 Andreas Pettenkofer, «Erwartung der Katastrophe, Er-innerung der Katastrophe. Die apokalyptische Kosmolo-gie der westdeutschen Umweltbewegung und die Beson-derheit des deutschen Risikodiskurses», in: Lars Clausen,Elke M. Geenen und Elísio Macamo (Hg.), Entsetzlichesoziale Prozesse. Theorie und Empirie der Katastrophen(Münster, 2003), 204.7 Für eine kritische Diskussion der Historiographie zurBundesrepublik vgl. auch Frank Biess und Astrid Eckert,«Why Do We Need New Narratives for the History of theFederal Republic». Erscheint im März 2019 bei CentralEuropean History.8 E. P. Thompson, The Making of the English WorkingClass (New York, 1964), 12.9 Eine Ausnahme: Christian Schletter, Grabgesang derDemokratie. Die Debatten über das Scheitern der bun-desdeutschen Demokratie von 1965 bis 1985 (Göttingen,2015). Schletter kommt zu wichtigen Ergebnissen, diein Kapitel fünf bis acht miteinbezogen sind. Aber er be-schränkt seine Analyse auf die Zeit nach 1965 und beziehtsich ausschließlich auf die Publikationen Der Spiegel undRheinischer Merkur.10 Zur Kontingenz im 19. Jahrhundert David Blackbournund Geoff Eley, The Peculiarities of German History (Ox-ford, 1984).11 Lucian Hölscher, «Theoretische Grundlagen der Zu-kunftsforschung», in: idem. (Hg.), Die Zukunft des 20. Jahrhunderts. Dimensionen einer historischen Zukunfts-forschung (Frankfurt, 2017), 33.12 Zum Optimismus in der Weimarer Republik vgl. Rüdi-ger Graf, Die Zukunft der Weimarer Republik (München,2008).

32

Page 33: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

13 Joachim Radkau, Geschichte der Zukunft. Prognosen,Visionen, Irrungen in Deutschland 1945 bis heute (Mün-chen, 2017), 131.14 Ich habe dies versucht zu zeigen in: Frank Biess,Homecomings. Returning POWs and the Legacies of De-feat in Postwar Germany (Princeton, 2006).15 Vgl. Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totalerHerrschaft (München, 1991), 715 – 716.16 Zur Atlantik-Charta vgl. http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_16912.htm (letzter Zugang 15. 7. 2016). Vgl. auch Elizabeth Borgwardt, A New Deal for theWorld. America’s Vision for Human Rights (Cambridge / Mass., 2007). Peter Stearns sieht diese Aussage Roose-velts als typisch für die Kultur der emotionalen «Anti-In-tensität» in den 1940er und 1950er Jahren, vgl. PeterStearns, American Fear. The Causes and Consequences ofHigh Anxiety (London, 2006), 14.17 Franz Neumann, Angst und Politik (Tübingen, 1954),3 – 20.18 Judith Shklar, «The Liberalism of Fear», in: StanleyHoffmann (Hg.), Political Thought and Political Thinkers(Chicago, 2002), 3 – 20.19 Max Weiss, «Introduction: Fear and Its Oppositesin the History of Emotions», in: Michael Laffan und MaxWeiss (Hg.), Facing Fear. The History of an Emotion inGlobal Perspective (Princeton, 2012), 3 – 4.20 Zygmunt Bauman, Liquid Fear (Cambridge, 2006),157.21 George E. Marcus, The Sentimental Citizen. Emoti-on in Democratic Politics (University Park, 2002); Geor-ge E. Marcus, «Reason, Passion, and Democratic Politics.Old Conceptions – New Understandings – New Possibi-lities», in: James Fleming (Hg.), Passions and Emotions(New York, 2013), 127 – 188; Paul Hoggett, Politics, Identi-ty, and Emotion (Boulder, 2009).

33

Page 34: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

22 Till van Rahden, «Clumsy Democrats. Moral Passionsin the Federal Republic», German History 29/3 (2011),485 – 504; Anna M. Parkinson, An Emotional State: The Po-litics of Emotion in Postwar West German Culture (AnnArbor, 2015); Schletter, Grabgesang der Demokratie.23 Paul Nolte, Was ist Demokratie? Geschichte und Ge-genwart (München, 2012), 291.24 Peter Stearns, American Cool. Constructing a Twenti-eth-Century Emotional Style (New York, 1994).25 Hans-Peter Schwarz, «Die ausgebliebene Katastro-phe: eine Problemskizze zur Geschichte der Bundesre-publik», in: Herrmann Rudolph (Hg.), Den Staat denken.Theodor Eschenburg zum Fünfundachtzigsten (Berlin,1990), 156.26 Schletter, Grabgesang der Demokratie, 369; ArndBauerkämper, «The Twisted Road to Democracy as aQuest for Security: Germany in the Twentieth Century»,in: German History 32/3 (2014), 431 – 455.27 Bode, German Angst; Klaus-Uwe Adam, Die Psycheder Deutschen. Was wir denken, fühlen und handeln (Düs-seldorf, 2007); Gabriele Baring, Die geheimen Ängste derDeutschen (München, 2011).28 So z. B. Sabine Bode, Die vergessene Generation. DieKriegskinder brechen ihr Schweigen (München, 2011);Sabine Bode, Kriegsenkel. Die Erben der vergessenen Ge-neration (Stuttgart, 2014).29 Lu Seegers und Jürgen Reulecke (Hg.), Die Generati-on der Kriegskinder. Historische Hintergründe und Erfah-rungen (Gießen, 2009); Dorothee Wierling, «Generationsas Narrative Communities: On the Private Sources of Of-ficial Cultures of Remembrance in Postwar Germany», in:Frank Biess und Robert Moeller (Hg.), Histories of the Af-termath. The Legacies of the Second World War in Europe(New York, 2010), 102 – 133.

34

Page 35: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

30 Richard Bessel und Dirk Schumann (Hg.), Life afterDeath. Approaches to the Social and Cultural History ofEurope During the 1940s and 1950s (Cambridge, 2003);Richard Bessel, Germany 1945. From War to Peace (NewYork, 2010); Klaus Naumann (Hg.), Nachkrieg in Deutsch-land (Hamburg, 2001); Biess, Homecomings; Svenja Gol-terman, Die Gesellschaft der Überlebenden. DeutscheKriegsheimkehrer und ihre Gewalterfahrungen im Zwei-ten Weltkrieg (München, 2009); Biess und Moeller (Hg.),Histories of the Aftermath; Keith Lowe, Der wilde Kon-tinent. Europa in den Jahren der Anarchie (Stuttgart,2014).31 Baring, Die geheimen Ängste, 17.32 Lucien Febvre «Sensibility and History: How to Re-constitute the Emotional Life of the Past», in: Peter Burke(Hg.), A New Kind of History. From the Writings of LucienFebvre (New York, 1973), 26.33 Jan Plamper, Geschichte und Gefühl. Grundlagen derEmotionsgeschichte (München, 2012), 55.34 Als programmatische Texte zur Geschichte der Emo-tionen vgl. Ute Frevert, «Angst vor Gefühlen. Die Ge-schichtsmächtigkeit von Emotionen im 20. Jahrhundert»,in: Paul Nolte, Manfred Hettling, Frank-Michael Kuhle-mann und Hans-Walter Schmuhl (Hg.), Perspektiven derGesellschaftsgeschichte (München, 2000), 95 – 111; Wil-liam Reddy, The Navigation of Feeling. A Framework forthe History of Emotions (Cambridge, 2001); Gesa Sted-man, Ingrid Kasten, Margarete Zimmermann, «LucienFebvre und die Folgen. Zu einer Geschichte der Gefüh-le und ihrer Erforschung», in: Querelles. Jahrbuch fürFrauenforschung 7 (2002), 9 – 25; Jakob Tanner, «Das Rau-schen der Gefühle. Vom Darwinschen Universalismuszur Davidsonschen Triangulation», in: Nach Feierabend.Zürcher Jahrbuch für Wissensgeschichte 2 (2006), 129 – 152; Barbara H. Rosenwein, «Worrying about Emotions

35

Page 36: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

in History», in: American Historical Review 107/3 (2002),821 – 845; Daniela Saxer, «Mit Gefühl handeln. Ansätzeder Emotionsgeschichte», in: Traverse. Zeitschrift für Ge-schichte 14/2 (2007), 15 – 29; Bettina Hitzer, «Emotionsge-schichte – ein Anfang mit Folgen», H-Soz-u-Kult, 23. 11. 2011; Birgit Aschmann, «Vom Nutzen und Nachteil derEmotionen in der Geschichte. Eine Einführung», in: BirgitAschmann (Hg.), Gefühl und Kalkül (Stuttgart, 2005), 9 – 32. Vgl. auch die Foren zur Emotionsgeschichte, kompi-liert von Frank Biess in: German History 28/1 (2010), 67 – 80 und Jan Plamper, in: History and Theory 49/2 (2010),237 – 265 sowie «AHR Conversation: The Historical Stu-dy of Emotions», in: American Historical Review 117/5(2012), 1487 – 1531. Zur Geschichte der Emotionen imNachkrieg vgl. Frank Biess, «Feelings in the Aftermath:Toward a History of Postwar Emotions», in: Biess und Mo-eller (Hg.), Histories of the Aftermath, 30 – 48.35 Plamper, Geschichte und Gefühl, 72 – 78.36 Ruth Leys, The Ascent of Affect. Genealogy and Cri-tique (Chicago, 2017), 300 – 306.37 Plamper, Geschichte und Gefühl, 20 – 34.38 Zu den Appraisal-Theorien vgl. ibid., 241 – 244 und Ni-co H. Frijda, «The Psychologists’ Point of View», in: Mi-chael Lewis und Jeanette M. Haviland-Jones (Hg.), TheHandbook of Emotions, Second Edition (New York, 2000),59 – 75, insbesondere 70 – 71.39 Ronald de Sousa, The Rationality of Emotion (Cam-bridge, 1987); Martha Nussbaum, Upheavals of Thought.The Intelligence of Emotions (Cambridge, 2001); Robert C. Solomon, Not Passion’s Slave: Emotions and Choice(New York, 2003); Christoph Demmerling und Hilge Land-wehr, Philosophie der Gefühle. Von Achtung bis Zorn(Stuttgart, 2007).40 Nussbaum, Upheavals of Thought, 4.41 Tanner, «Das Rauschen der Gefühle», 142.

36

Page 37: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

42 Joseph LeDoux, The Emotional Brain. The MysteriousUnderpinnings of Emotional Life (New York, 1996), 302;Plamper, Geschichte und Gefühl, 244 – 296. LeDoux folgtletztendlich den Thesen des Philosophen William James,«What is an Emotion», in: Mind 9/34 (1884), 188 – 205.43 Interview mit Boris Bandelow, Göttingen, 12. 8. 2008.44 Zum Gebrauch der Neurowissenschaften in den Geis-teswissenschaften vgl. William Reddy, «Humanists andthe Experimental Study of Emotion», in: Frank Biess undDaniel M. Gross (Hg.) Science and Emotions after 1945. ATransatlantic Perspective (Chicago, 2014), 41 – 66; Dani-el M. Gross und Stephanie Preston, «Emotion at the Heartof the Two Cultures Problem», in: idem, 96 – 117. Für einekritische Perspektive, die Darwin für die Geisteswissen-schaften nützlich macht, vgl. Daniel M. Gross, «Defendingthe Humanities with Charles Darwin’s The Expression ofthe Emotions in Man and Animals (1872)», in: Critiqual In-quiry 37/1 (2010), 34 – 59.45 Reddy, «Humanists and the Experimental Study ofEmotion», 58.46 Zur Kritik an der Theorie universaler Emotionen vgl.insbesondere Leys, The Ascent of Affect. Zu Fridlund,ibid., 220 – 265. Kognitivistische Ansätze wurden dafür kri-tisiert, den spontanen, unkontrollierbaren und «irrationa-len» Aspekt der Emotionen zu unterschätzen. Neuere An-sätze versuchen daher auch, die binäre Unterscheidungzwischen kulturell variablen kognitiven Aspekten einer-seits und universellen physiologischen Komponenten an-dererseits zu überwinden. Laut Monique Scheer konsti-tuieren Emotionen eine spezifische Art von «Praxis», diesowohl kognitive wie auch physiologische Aspekte ent-hält und Teil eines kulturell variablen historischen Habi-tus ist, wie ihn Pierre Bourdieu beschreibt. Vgl. Plamper,Geschichte und Gefühl, 313 – 319; Monique Scheer, «AreEmotions a Kind of Practice (and Is That What Makes

37

Page 38: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

them Have a History)? A Bourdieuan Approach to Under-standing Emotions», in: History and Theory 51/2 (2012),193 – 220.47 Reddy, The Navigation of Feeling, 74 – 130.48 Die Geschichte der Emotionen beansprucht nicht not-wendigerweise, Zugang zur inneren Wirklichkeit der Emo-tionen zu besitzen, im Gegensatz zur Annahme von Rüdi-ger Schnell, Haben Gefühle eine Geschichte? Aporien ei-ner History of emotions (Göttingen, 2015).49 Reddy, The Navigation of Feeling, 129; Plamper, Ge-schichte und Gefühl, 89 – 176.50 Uffa Jensen und Daniel Morat (Hg.), Rationalisierun-gen des Gefühls: Zum Verhältnis von Wissenschaft undEmotionen 1880 – 1930 (München, 2008); Lutz Raphael,«Die Verwissenschaftlichung des Sozialen», Geschich-te und Gesellschaft 22 (1996), 165 – 193; Biess und Gross(Hg.), Science and Emotions after 1945.51 Aaron Ben-Ze’ev, The Subtlety of Emotions (Cam-bridge / Mass., 2000), 475 – 479.52 Bauerkämper, «The Twisted Road to Democracy».53 Zur Geschichte der Zukunft vgl. Lucian Hölscher, DieEntdeckung der Zukunft (Frankfurt, 1999); Joachim Rad-kau, Geschichte der Zukunft. Prognosen, Visionen, Irrun-gen in Deutschland von 1945 bis heute (München, 2017);Hölscher (Hg.), Die Zukunft des 20. Jahrhunderts.54 Robert G. Moeller, «What has coming to terms withthe past meant in the Federal Republic of Germany?», in:Central European History 35/2 (2002), 223 – 256.55 Als Beispiel hierfür vgl. Pieter Lagrou, «The Age ofTotal War: 1945 – 55», in: Biess und Moeller (Hg.) Histo-ries of the Aftermath, 287 – 296.56 Peter Railton, Martin P. Seligman, Roy F. Baumeis-ter und Chandra Sripada, Homo Prospectus (New York,2016).

38

Page 39: Leseprobe aus - Buchkomplizen · der Gemütsverfassung, die mich damals umtrieb, einer in-tensiven, geradezu weltuntergänglerischen Angst. Nun mö- ... Aber die deutsche Angst war

57 Reinhart Koselleck, « ‹Erfahrungsraum› und ‹Erwar-tungshorizont› – zwei historische Begriffe», in: idem (Hg.),Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten(Frankfurt, 1987), 349 – 375. Als kritische Perspektive aufKoselleck vgl. AHR Forum «Histories of the Future», in:American Historical Review 117/5 (2012), 1402 – 1485 undAnders Schinkel, «Imagination as a Category of History.An Essay Concerning Koselleck’s Concept of Erfahrungs-raum und Erwartungshorizont», in: History and Theory 44(2005), 42 – 54.58 Hölscher, «Theoretische Grundlagen», 13; HaraldWelzer, «Erinnerungskultur und Zukunftsgedächtnis», in:Aus Politik und Zeitgeschichte 25/26 (2010), 16 – 23.59 Vgl. Elke Seefried, Zukünfte. Aufstieg und Krise derZukunftsforschung 1945 – 1980 (Berlin, 2015).60 Rüdiger Graf und Benjamin Herzog, «Von der Ge-schichte der Zukunftsvorstellungen zur Geschichte ihrerGenerierung. Probleme und Herausforderungen des Zu-kunftsbezugs im 20. Jahrhundert», in: Geschichte und Ge-sellschaft 42 (2017), 510.61 Vgl. zum Beispiel «Weltenbrand», in: Der Spiegel72/19 (2018), 104 – 118. Zur Relevanz der NS-Vergangen-heit vgl. Norbert Frei, 1945 und Wir. Das Dritte Reich imBewusstsein der Deutschen (München, 2005).62 Henning Bergenholtz, Das Wortfeld ‹Angst›. Eine lexi-kographische Untersuchung mit Vorschlägen für ein gro-ßes interdisziplinäres Wörterbuch der deutschen Sprache(Stuttgart, 1980); Landwehr, Philosophie der Gefühle, 80 – 91.63 Vgl. auch Joanna Bourke, Fear. A Cultural History(Emeryville, 2005), 189 – 192.

39