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Das Magazin für Wohnen und Genießen genuss raum 2012/01 | Deutschland 4,80 E | Österreich 5,40 E | Schweiz 8,70 CHF | Luxemburg 5,60 E | www.genussraum-magazin.de Februar 2012 EINRICHTEN Immer in Bewegung: Diese Kindermöbel wachsen mit WOHNEN Wie im Film: Leben in London BAUEN UND RENOVIEREN Die Sonne macht`s möglich: Strom und Wärme frei Haus ESSEN UND TRINKEN Brühwarm: Die neue Lust auf frischen Kaffee THEMENSPEZIAL GARTEN Die Lounge für alle Jahreszeiten

Leseprobe genussraum-Magazin Februar 2011

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leseprobe genussraum-magazin februar 2011

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Das Magazin für Wohnen und Genießen

genussraum2012/01 | Deutschland 4,80 E | Österreich 5,40 E | Schweiz 8,70 CHF | Luxemburg 5,60 E | www.genussraum-magazin.de

Februar 2012

EinrichtEn

Immer in Bewegung:Diese Kindermöbel wachsen mit

WohnEn

Wie im Film:Leben in London

BauEn und rEnoviErEn

Die Sonne macht`s möglich: Strom und Wärme frei Haus

EssEn und trinkEn

Brühwarm: Die neue Lust auf frischen Kaffee

thEmEnspEzial GartEn

Die Lounge für alle Jahreszeiten

SolarenergieStrom und Wärme frei HausDie Sonne heizt ein

Die Lounge für alle JahreszeitenDer Wintergarten: Wohnkomfort und Naturerlebnis

Hinter GlasEin paar Handgriffe genügen für das Open-Air-Feeling

Im Garten wohnenAuch im Freiraum gilt: Weniger ist mehr

Ein Platz an der SonneDie aktuellen Gartenmöbel

Der Bäume-SammlerEnzo Enea hat ein besonderes Museum errichtet

Verliebt ins DetailDie Skulpturen von Wolfgang Sanderzählen immer eine Geschichte

Schwarze MagieManfred Schmids Lackschalen vereinen Glanz und Glätte

Immer zu klein!Nicht die Schuhe, sondern die Schränke

Movies und MöbelLondon: Die Set-Designerin Maria Djurkovicsammelt edle Stücke von Kinoproduktionen

In der Hauptstadt entdecktNeue Serie über ambitionierte Berliner Läden

Für die EwigkeitRobert Stephan präsentiert online Designklassiker

Immer in BewegungDiese Kindermöbel wachsen mit

Spiel ohne GrenzenDas Brauseschwein ist voller Überraschungen

Von der Kunst anzukommenBeispielhaftes Bauen: Die Kinder ziehen aus und die Eltern um

Für Sie gelesenEine Schöpfungsgeschichte

WOHNEN UND EINRICHTEN4

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THEMENSPEzIaL GaRTEN

LEBENSaRTBaUEN UND RENOVIEREN

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2 | INHaLT

GaRTENTRäUME

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Schwebend zwischen Form und FunktionWerkstattbesuch bei Helge Ott, Silberschmied

Mustergültige SammlungRund 1,3 Millionen Stoffmuster lagernim Textil- und Industriemuseum Augsburg

maschinenraum Bella Figurakunstraum Kunstvoll den Raum teilenfreiraumExtragroß und farbenfrohstauraumShowroom für edle Tropfen

Welche Farbe? am liebsten bunt!Tipps für die Osterdeko

Party am HerdGemeinsam kochen lautet die Devise

Eine Frage des StilsKnigge-Regeln für Gäste und Gastgeber

Leseraktion Die Brennsuppe hat das Rennen gemacht

BrühwarmDer gute alte Porzellanfilter ist wieder da

MarktplatzFür Sie eingekauft: Vasen und Kissen, Schokolade und Vanille

Kochkunst aus dem atelierHaute Cuisine im Bayerischen Hof

Umgeben von schönen DingenMit seiner Ästhetik begeistert Axel Vervoordtanspruchsvolle Feinschmecker

Kraftprotz statt LeichtgewichtRotweine: Die Württemberger können auch anders

UnterwegsEine Klasse für sich

Sehnsucht nach afrika Der Schauspieler Jacques Breuer lebt gerne umgeben von schönen Erinnerungen

Herstellernachweis

Impressum

Vorschau

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ESSEN UND TRINKEN

SERVICE

DüRFEN WIR REINKOMMEN?

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IMMER zU KLEIN

IMMER IN BEWEGUNGMOVIES UND MöBEL

WERKSTaTT-BESUCH

BRüHWaRM

4 | WOHNEN UND EINRICHTEN SCHUHSCHRäNKE

IMMER zU KLEIN!NICHT DIE SCHUHE, SONDERN DIE SCHRäNKE. DaS MUSS NICHT SEIN. WIR HaBEN DIE SCHöNSTEN, PRaKTISCHSTEN UND ORIGINELLSTEN SCHUHSCHRaNKMODELLE FüR SIE aUSGESUCHT.Von Barbara Zahn

Frauen lieben Schuhe. Und auch immer mehr Männer frönen dieser Leidenschaft. Wenn man aber weder ein Hollywoodstar mit eigenem Ankleidezimmer ist noch zu den oberen Zehntausend gehört, für die ein eigenes Schuhzimmer eine Selbstverständlichkeit ist, bleibt die große Frage: Wohin bloß mit all den Pumps, Stiefelet-ten, Stiefeln, Plateaus, Ballerinas, Sneakers, Wander-stiefeln und Halbschuhen??? „Kein Mensch kauft heute mehr Schuhe, um seine Füße warm und trocken zu halten, sondern wegen des Gefühls, das er mit diesen Schuhen verbindet: Man fühlt sich darin männlich, weiblich, naturverbunden und gelände-sicher, anders, kultiviert, jung, elegant oder in. Der Kauf von Schuhen ist zum Gefühlserlebnis geworden.“ So erklärt der amerikanische Unternehmer Francis C. Rooney unseren Hang zu Schuhen, der allerdings manchmal zum Verhängnis wird, besonders in kleinen Wohnungen. Wir schaffen mit unseren Vorschlägen Abhilfe. Denn wie wir wissen: Ordnung ist das halbe Leben. Ist die Wohnung aufgeräumt, wirkt sich das auch positiv auf die Stimmung auf.

Der „Double Berry 4“ von Jan Kurtz bietet viel Stauraum.

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VORHaNG aUF FüR IHRE LIEBLINGSSCHUHE! Schuhe im Flur einfach herumstehen zu lassen – das geht gar nicht. Der Raum wirkt unruhig, unaufge-räumt, die Schuhe werden zu Stolpersteinen und Staubfängern. Die Kunst aufzuräumen, geht ganz einfach: Mit vier Kippfächern, in denen jeweils zwei Paar Schuhe Platz haben, bietet „Double Berry 4“ von Jan Kurtz jede Menge sauberen Stauraum. Nach der Feng-Shui-Lehre kann das Chi im Raum wieder frei fließen, und dazu geben die schmalen pulverbeschich-teten Stahlblechcontainer Ihrem Flur eine beruhigen-de Farbgebung: In neutralem Weiß, schickem Schwarz oder moderner Alufarbe. Manche Schuhe sind für sich ein Kunstwerk. Da wäre es schade, sie hinter Türen zu verstecken. Eine große Bühne bekommen Ihre frisch geputzten Lieblingsschuhe im Schuhregal „TinBarry“. Das Regal überzeugt durch schlichte Farb- und Formgebung. In silbernem oder weißem Kontext bekommen sieben Paare die bewundernde Aufmerk-samkeit, die sie verdient haben! www.jankurtz.de

Große Bühne: Das Schuh-regal „TinBarry“.

Die Londoner Set-Designerin Maria Djurkovic bringt von so mancher Kino produktion ein Mitbringsel für ihr Haus mit. Sie liebt prächtige Farben, ihr Lebensgefährte klare Formen. Ein Leben mit Kontrasten.

Fotos: Andreas von EinsiedelText: Amanda Harling

MOVIES UND MöBEL

WOHNEN UND EINRICHTEN SET-DESIGNERIN | 9

Bunt und hell wie die Filmsets, die von ihr ausgestattet werden, präsentiert sich auch das Haus von Maria Djurkovic im Londoner Westen. Seit sie mit ihrem Lebenspartner, einem Antiquitäten-händler, zusammenwohnt, hat das gemeinsame Heim eine subtile Ver- wandlung durchlaufen: Die klaren Formen der Möbel kontrastieren mit der prächtigen Farbigkeit, die die gebürtige Tschechin so liebt.

Das Haus von Maria Djurkovic und Tycho Andrews spiegelt den kosmopolitischen Background der Bewohner wider und lebt von ihrem sehr unterschied-lichen Geschmack für Möblierung und Dekoration. Maria ist in London aufgewachsen als Tochter eines Vaters mit russischen und montenegrini -schen Wurzeln und einer tschechischen Mutter. Tychos Eltern sind Engländer. Die Leidenschaft für Designer und Möbel des 20. Jahrhunderts erbte er von seinem weitgereisten Vater Paul, einem erfolgreichen Londoner Anti-quitätenhändler. Maria arbeitet als selbstständige Set-Designerin beim

Film. Eines ihrer jüngsten Kinoprojekte war der Kassenschlager „Mamma Mia“ mit Meryl Streep. Von der Produktion in Griechenland brachte sie einen pracht -vollen Spiegel mit nach London. Tycho wuchs inmitten antiker Klassiker im Laden in der Church Street auf und trat schließlich in die Fußstapfen seines Vaters. Er ist ständig auf Schatzsuche und Entdeckungsreise.

Hochklassige Designer stücke und gesammelte Erinnerungen.

In ihrer Einrichtung kombinieren die beiden, was ihnen gefällt, alt und modern, sachlich und verschnörkelt. Helle Böden, weiße Türen und Wände bringen all ihre Schätze zur Geltung: viel moderne Kunst von Matisse über Léger bis Pasmore, Hunderte von Büchern, vor allem Fachliteratur über Möbel und Design, die nach Farben geordnet die Regale bis unter die Zimmerdecke füllen, bunte Decken und Kissen mit floralen Mustern, moderne Stühle und antike Lampen und Spiegel. Das Sofa von Terence Conran oder eine alte Couch mit Bezügen von William Yeoward sind die Rückzugsorte der beiden.

Das Haus lebt von gewollten Kontras-ten, hochklassigen Designerstücken und gesammelten Erinnerungen. Und, natürlich, vom guten Geschmack.

10 | WOHNEN UND EINRICHTEN SET-DESIGNERIN

Tychos Antiquitäten:Tycho Andrews, British and European 20th century furniture, Alfie’s Antique Market, 13-25 Church Street, London NW8 8DT www.alfiesantiques.com

Klassiker ergänzen Anti-quitäten, wie hier in der Küche.

Dies ist noch Blindtext. Hier soll die Bildunter-schrift stehen.

Hier bestimmt die Farbe die Bücherordnung.

16 | WOHNEN UND EINRICHTEN KINDERzIMMER

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IMMER IN BEWEGUNGVERWaNDLUNGSKüNSTLER UND MULTITaLENTE: DIESE KINDERMöBEL WaCHSEN UND VERäNDERN SICH IM LaUF DER JaHRE WIE DaS LEBEN IN EINER FaMILIE.

Von Christina Flötotto-Wassenberg

18 | WOHNEN UND EINRICHTEN KINDERzIMMER

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Wer ein Kind erwartet oder gerade Mama oder Papa geworden ist, kann es einfach nicht glauben, dass diese ersten Tage und Wochen nicht für immer andauern. Ja, man ist beinahe überrascht, dass das Baby schon bald größer wird, es anfängt zu krabbeln, die Windeln ablegt, dem Hochstuhl entwächst, keine Gitterbettchen mehr braucht, dass das kleine Mal-tischchen irgendwann nicht mehr taugt und schließlich ein vernünftiger Schreibtisch her muss. Doch schon nach wenigen Monaten mit Kind ist man schlauer: Die Kleinen wachsen schneller, als einem lieb ist. Sie rasen nur so durch die verschiedenen Lebensphasen, wechseln alle zwei Monate die Kleidergröße und schließlich auch – das Mobiliar. Was tun? Die abgeleg-ten Möbel im Keller stapeln? Auf dem Dachboden deponieren? Oder aus Mangel an beidem einfach weggeben?

Der norwegische Designer Peter Opsvik machte sich bereits 1972 Gedanken zu diesem Thema. Seine Antwort: der erste und bis dahin einzige Kinderstuhl, der die Kinder vom Kleinkindstadium bis ins Jugendal-ter begleitet. Bis heute hat sich sein Kultkinderstuhl „TrippTrapp“ von Stokke weltweit sieben Millionen Mal

verkauft. Der Erfolg bestätigt den anhaltenden Bedarf an Mitwachsmöbeln.

Auf den folgenden Seiten zeigen wir Ihnen, wie multifunktionale Möbel nicht nur wertvolle Ressour-cen, sondern auch schmale Budgets schonen: Ein Geschwisterhochbett kommt – in Einzelbetten zerlegt – später noch im Gästezimmer oder in der Studenten-bude zum Einsatz.

aUS EINER WICKELKOMMODE WIRD EIN LaPTOPaRBEITSPLaTz

Aus einer Wickelkommode wird ein Laptoparbeitsplatz und aus einer Kinderküche ein Nachttischchen. Wir zeigen Ihnen eine Auswahl an Möbeln und Objekten, die sich an die unterschiedlichsten Lebensphasen der Kinder anpassen, sich verwandeln oder mitwachsen und so zum treuen und manchmal sogar lebenslangen Begleiter werden.

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1. Dieser Wickeltisch aus Dänemark landet garantiert nicht auf dem Speicher: Aus dem zierlichen Baby-möbel wird mit wenigen Handgriffen ein stufenlos verstellbarer Schreibtisch. Und der ist für die ersten Schuljahre des Kindes ebenso geeignet wie als Laptoparbeitsplatz für die Eltern. www.leander.com 2. In dem federnden Kinderhochstuhl aus Bugholz macht das Strampeln doppelt so viel Spaß! Wie gut, dass der elegante Stuhl mitwächst – so müssen sich selbst große Kinder nicht von ihm trennen! www.leander.com 3. Das filigrane Regal „Kubus“ ist meisterhaft vielseitig und darum fürs Kinderzimmer eine Idealbesetzung: vertikal oder horizontal aufgehängt, einzeln aufgestellt oder mit weiteren Elementen zu Sideboards oder ganzen Regalwänden erweitert. www.authentics.de 4. Aus Babybett „Killi“ wird ohne Gitter und mit passenden Rückenkissen ein kuscheliges Sofa. www.sebra.dk 5. Der Wäschezuber „2HANDS“ von Konstantin Grcic funktioniert ebenso gut als Spielzeugkorb. www.authentics.de 6. Der geblümte Dickhäuter aus holländischen Retrotapeten sorgt für Safariflair im Kinderzimmer und für viel Spaß beim Anbringen. Das Tapetennas-horn kommt als Set mit Kleister und Pinsel, 150 x 90 cm. www.kinderraeume.de.

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Text: Dagmar LezuoFotos: Bernd Seeland

VON DER KUNST aNzUKOMMENBEISPIELHaFTES BaUEN: DIE KINDER zIEHEN aUS UND DIE ELTERN UM. FaMILIE SELBMaNN WURDE FüR IHR NEUES zUHaUSE aUSGEzEICHNET.

30 | BaUEN UND RENOVIEREN WOHNMODELL FüRS aLTER

Es ist das Ankommen in einem neuen Lebensab-schnitt. Das Ehepaar Ursula und Bernd Selbmann stellt sich unweit von Tübingen (Baden-Württemberg) auf die veränderte Lebenssituation ohne die drei Kinder ein, reduziert seinen Hausstand auf zwei Drittel. In einem neuen Haus. Entstanden in intensivs-ter Diskussion und Auseinandersetzung um jedes Detail, beflügelt durch eine regelrechte Durchdringung von Lebensform, Kunst und Architektur, steht das Bauwerk für den gemeinsamen Weg einer gestalte-risch veranlagten Familie.

EINE GROSSE aUFGaBE:DIE JUNGE GENERaTION PLaNT FüR DIE ELTERN

Der neue Wohnraum sollte Platz bieten genau für das, was den Lebensalltag der beiden bestimmt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Vor dem Ankommen also das Loslassen. Die Kinderzimmer werden aufgegeben, bis auf je zwei Umzugskisten müssen die Kinder ihr Hab und Gut in die eigenen vier Wände mitnehmen oder eben abgeben. Sie tragen das Vorhaben der Eltern mit, begleiten es aktiv. Der älteste Sohn, Sebastian, und seine Lebensgefährtin Daniela Walz, beide kurz davor, ihr Architekturstudium abzuschließen, haben gemeinsam das Haus für die Eltern entworfen.

Es ist ein Projekt, das vielschichtiger nicht sein könnte. Der Vater ist selbst Architekt, die Mutter Künstlerin. Gemeinsam ist ihnen der Hang zur Ordnung, zum Einfachen. Das Innere des Neubaus strahlt Ateliercharakter aus. Das Raumgefüge ist veränderbar, kann den gewünschten Aktivitäten angepasst werden: Sich an die großen Arbeitstische zurückziehen können, um zu schreiben, um künstleri-sche Ideen zu entwickeln. Es ist ein unverstellter Freiraum auf zwei Etagen. All dies spiegelt die Absicht

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des Ehepaars Selbmann wider, auch das dritte Drittel seines Lebens aktiv zu begehen. Es ist das Ankom-men, das Ursula Selbmann beschäftigt, das Ankom-men in Immenhausen.

„SIND WIR MIT DEM NEUEN üBERHaUPT SO WEITWEG VOM aLTEN?“

Das Dorf liegt auf den Härten, einer von Wald umgebe-nen Hochebene nahe Tübingen, typisch dort die Streuobstwiesen und Ackerflächen. „Sind wir mit dem Neuen überhaupt so weit weg vom Alten?“ In Foto grafien und Scherenschnitten verarbeitet sie ihre Eindrücke, nähert sich dem Ort. Da ist die schlichte Form des Neubaus. Zusammen mit der Holzfassade, die nach dem Zuschnitt im Sägewerk nicht weiter bearbeitet, sondern sägerau belassen wurde, erinnert das Gebäude an die Höfe und Scheunen im Dorf. Einordnen und Sortieren, das hat viel mit Ursula Selbmann zu tun. Mit 50 hat sie ihr Kunststudium abgeschlossen, in ihrer Abschlussarbeit hat sie im Rahmen einer einwöchigen Performance ihre 50 Lebensjahre sozusagen katalogisiert, auf Papier gebracht, in Aktendeckel eingelegt, in einer Holz-kiste verstaut. Der Einzug in das neue Haus erfolgte genau zehn Jahre später.

Dann das Ankommen im neuen Haus. Ohne Zimmer-türen. Eine Offenheit, die für die Einigkeit der Bewoh-

Ursula Selbmann sammelt einiges und verarbeitet vieles in ihrer Kunst.

Ordnung ist alles. Im Haus der Familie Selbmann stört nichts. Alles ist fein säu-berlich in Einbauschränken verstaut.

ner im Umgang miteinander spricht. Türen gibt es, neben den Außentüren, dennoch einige. In geschlosse-nem Zustand zeigen sie sich als weiße Wand, eine Wand, hinter der die Kleiderfächer und Lebensmittel-vorräte, aber auch der Heizkessel oder das Bad angeordnet sind. Das ein Meter tiefe Ordnungssystem, das die Nordseite des Gebäudes vollständig ausfüllt, ist sehr genau den Bedürfnissen der Bewohner angepasst.

Es ist diese „gezielte Magazinierung aller Gebrauchs-gegenstände“, die wiederum auf Ursula Selbmann zurückgeht. „Ich musste meine Familie organisieren“, stellt sie lapidar fest. Es geht um praktische Abläufe,

Auch bei der Einrichtung leben die Selbmanns nach dem Motto „Weniger ist mehr“.

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um einfache Handgriffe und kurze Wege. Kein Keller. Die Wohnräume im Erdgeschoss wie im Obergeschoss können aus den rund 13 Meter langen Schrankzonen jeweils ebenerdig bedient werden.

DIE aUSSTaTTUNG IST EINFaCH UND KLaR, DIE MaTERIaLIEN SIND NaTüRLICH UND WIEDER-VERWERTBaR.

Die Tücken steckten im Detail. Es ging ja nicht nur darum, einen großzügigen, wohlproportionierten Wohnraum für zwei Personen zu gestalten. Auch die Ausstattung sollte dazu passen. Sie sollte einfach und klar beschaffen sein, die zu verwendenden Materialien natürlich und wiederverwertbar. Die Tür- und Fenster-rahmen sind aus verleimter Weißtanne gefertigt, eben-so die Konstruktion der Südfassade, Letztere raum-

Mehr Purismus, mehr Offenheit geht kaum.

42 | THEMENSPEzIaL GaRTEN

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DIE LOUNGE FüR aLLE JaHRESzEITEN

DER WINTERGaRTEN GaRaNTIERT BESTE aUSSICHTEN UND VERBINDET WOHNKOMFORT MIT NaTURERLEBNIS. aN 365 TaGEN IM JaHR.

Von Petra Pintscher

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Der Wintergarten erblüht neu. Aus dem meist wenig heimeligen Notquartier für die nicht frostfesten Sommerlieblinge ist die Wohnoase geworden, die Lounge für alle Jahreszeiten. Möbliert mit Designklas-sikern, edlen Hölzern oder hochwertigen Bodenfliesen, ist hinter Glas ein anspruchsvoll gestalteter Raum mit Topausstattung und hoher Aufenthaltsqualität entstanden.

DER WUNSCH NaCH MEHRWOHNRaUM STEHTMEISTENS IM VORDERGRUND.

Das Leben auf der Sonnenseite hat viele neue Anhänger gefunden und mit der Nachfrage stieg auch mit den Jahren stetig das Angebot. Die technischen und architektonischen Möglichkeiten bieten eine Vielfalt, die kaum Grenzen kennt und vielen Bedürfnis-sen und Ansprüchen gerecht wird. Weitab vom Biedermann-Image. Was heute hinter Glas ganz offen zur Schau gestellt wird, kann sich sehen lassen. Der Wintergarten ist der Lichtraum schlechthin. Er

verbindet moderne Technik, Wohnkomfort und Leben in der Natur – ohne skeptischen Blick zum Himmel. Und weckt Sehnsüchte. Wer einen Wintergarten haben möchte, sollte sich gut umsehen, bevor er mit dem Bau beginnt. Vor allem sollte er ganz genau hinsehen, wo die Sonne am längsten scheint, denn das ist doch das große Ziel – den Sommer verlängern in gemütli-chem Ambiente mitten in der Natur, hinter schützen-

Zimmer mit Aussicht: Wer in derart exponierter Lage wohnt, wird seinen Winter-garten lieben.

Markus Renaltner ist Experte in Sachen Wintergarten.

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dem Glas. Ein Wintergarten ist mehr als ein Raum. Er ist der sonnendurchflutete Mittelpunkt des Hauses. Er ist Lebensgefühl. Dementsprechend sind die Ansprüche gestiegen.

„Das Bauen mit Glas hat heute einen ganz anderen Stellenwert als noch vor etwa 20 Jahren. Das merkt man deutlich auch an der Tatsache, dass wir etwa drei Viertel unserer Wintergärten an bestehende Häuser anbauen. Das heißt, was früher keiner wollte, ist heute gefragter denn je“, so Markus Renaltner. Er muss es wissen, schließlich entstammt er quasi einer Winter-garten-Dynastie. Seit mehr als 100 Jahren gibt es das Familienunternehmen im niederbayerischen Ruhstorf an der Rott. Der Juniorchef hat die Führung des Betriebs mit 35 Mitarbeitern von seinem Vater Max Renaltner übernommen, der der Firma nach wie vor seinen Namen gibt.

„Der Wunsch nach mehr Platz in den eigenen vier Wänden, nach einem zusätzlichen Wohn-Zimmer steht meistens im Vordergrund, denn der Wintergarten ist eben längst keine Abstellkammer mehr, sondern ein

Für Puristen: Klare Linien, klasse Möbel.

Traditionelles Gartenmo-biliar passt natürlich auch im Wintergarten.

Wer's mag, darf's auch gerne verspielt haben.

80 | LEBENSaRT OSTERDEKO

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WELCHE FaRBE? aM LIEBSTEN BUNT!Eier färben hat Tradition. Wenn es um die Osterdekoration geht, erwacht in (fast) jedem der Künstler. also: Nichts wie ran an die Farbtöpfe.

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Das Ei ist das Zeichen der Auferstehung. Nach alten griechischen Mythen ist die Welt aus dem Ei entstanden. Die Götter sollen einem Ei entsprungen sein. Wer das Ei verzehrt, der verleibt sich nach dem mythischen Denken Kräfte des Ursprungs ein. All diese Magie soll in einem simplen Hühnerei stecken? Egal! Mag es auch noch so viele Deutungsmöglichkeiten geben, eines ist klar: Ohne Ei kein Osterfest. Ob aus Pappe, Gips, Holz, Naturstein oder Kunststoff. Oder aus Schokolade, Zucker oder Krokant. Der Vielfalt der Osterdekoration mit Eiern sind keine Grenzen gesetzt. Seit dem 16. Jahrhundert werden in Deutschland zu Ostern Eier in Farbe getaucht.

Ganz sicher haben Hausfrauen und Klosterschwestern damals die Eier so gefärbt, wie es heute wieder in Mode ist. Mit Naturfarben. Der Saft von Rote Beeten ergibt ebenso wie Malventee ein schönes Rot, Heidelbeer- und Holunderbeersaft sind ideal für Blautöne, Zwiebel-schalen färben schön braun, und Spinat sorgt für ein sattes Grün. Inzwischen gibt es auch im Handel und in den Apotheken eine bunte Vielfalt an Naturfarben.

Ob Wachtel-, Hühner- oder Straußenei – Eier, egal welcher Couleur und Größe, lassen sich wirkungsvoll in edles Papier einwickeln, mit feinen Perlen und bunten Bordüren bekleben oder mit zarten Blüten verzieren. Ohne Schnickschnack und in tollen Farbkombinationen wirken sie auch. Wer gut bei Puste ist, kann die unterschiedlich großen Eier ausblasen und in einer schönen Schale in ihrer natürli-chen Färbung dekorieren. Lassen Sie Ihrer Fantasie freien Lauf und lassen Sie sich von unseren Vorschlägen inspirieren.

1 Aufgepeppt: Gekaufte Schoko-Oster eier, eingewickelt in auffallendes blaues Folien-papier. Mit der weißen Keramikschale eine Augenweide.

2 Aufgeklappt: Pappmachéhase mit Oster-eiern und Schoko-Eiern im Kinderkoffer.

3 Aufgepasst: Wachteleier sehen zer-brechlich aus, haben aber eine robuste Schale. In einem schlichten Nest aus Zweigen schauen sie zauberhaft aus.

4 Ausgefüllt: Ton in Ton und gut verstaut in passenden Muffinförmchen erhalten die gefärbten Eier ihren letzten Schliff durch das zarte Grün der Mühlenbeckiaranke.

5 Aufgespießt: Bunte Eiersticks mit bunten Bändern und simplen Schoko-Eiern.

6 Auffallend: In dieser edlen Silberschale sind die Ostereier sanft auf Moos gebettet.

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üBRIGENSWer’s genau wissen möchte: Nicht immer wurde und wird die Farbe beim Färben willkürlich gewählt. Denn auch hier geht es um Botschaften. Rot symbolisiert den Opfertod Christi, Gelb steht für den Wunsch nach Erleuchtung und Weisheit, Weiß ist die Farbe der Reinheit, Grün steht für Jugend und Unschuld und Orange für Kraft, ausdauer und Ehrgeiz.

92 | ESSEN UND TRINKEN MaRKTPLaTz

NEHMEN SIE PLaTz! Edel und bequem: Die edlen Cane-line-Zierkissen und Sitzpolster geben Ihren Garten-möbeln den letzten Schliff, ob farblich abgestimmt oder als Kontrast. Es gibt sie in verschie-denen Größen und unter anderem in den Farben Sand, Schwarz, Chocolate, Silver und Weiß. Sie sind UV-beständig und waschbar. www.wohnkultur-cane-line.de

EINE WIE KEINEJedes Stück ein Unikat – das sind die Vasen von Bauholz design. Und leider: So richtig toll in ihren Farben und Formen kommen sie am besten in der Gruppe zur Geltung. Eine allein reicht Liebhaberinnen dieser außergewöhn-lichen Schmuckstücke mit dem puristischen Design nicht. Dazu ist die Auswahl auch einfach zu groß. Die Bauholz design Glaskollektion wird in traditionsreichen, europäischen Glashütten von erfahrenen Glasbläsern mundgeblasen. In Holzformen transparent vorgeblasen, erhalten die Vasen durch gleichmäßiges Eintauchen in feinen Farbpuder ihre einzigartige Farbbrillanz. Arrangieren Sie die Vasen in gleicher Größe symmetrisch oder in den zwei unterschiedlichen Größen versetzt voreinander, oder doch wieder ganz anders, vielleicht als bunten Blumenstrauß? www.bauholzdesign.com

marktplatz

HIER GEHT'S RUND Table Dancer, das sind „tanzende“ Vasen aus massivem Eichenholz. Sie bestechen durch ihren runden Schaukelboden und ihre unregel-mäßig strukturierte Außenform. Und passend zu Ostern: Ei, Ei, Ei... Die Deko-Eier sind in Linde, Rotkernbuche und geräucherter Eiche erhältlich. Hergestellt werden diese außergewöhnlichen Wohnaccessoires von Alexander Ortlieb (Bernau im Schwarzwald). Er entwirft und drechselt alle seine Produkte selbst – so entstehen reine Einzelstücke, unter anderem von Hand gedrechselte Schalen, Pfeffer-mühlen oder Vasen. www.ortlieb-bernau.de

DIE BESTE IST GUT GENUGDie Gewinnung echten Vanillegeschmacks ist aufwändig und kostenintensiv. Die Lebensmittelin-dustrie trickst deshalb gerne mit synthetisch erzeugten Vanille-Aromen, und das schmeckt man. Wer das Echte will, sollte beim Einkauf auf Qualität achten, die hat leider ihren Preis. Aber es lohnt sich. Die auf den sogenannten Bourbon-Inseln (Madagaskar, La Réunion, Mauritius und den Komoren) angebaute Bourbon-Vanille ist aufgrund ihres intensiven und harmonischen Aromas die beliebteste Sorte der Europäer. Das Familienunternehmen Madavanilla bezieht seit 30 Jahren seine Bourbon Vanilleschoten aus dem familieneigenen Anbau auf Madagaskar. Ge-schäftsführer Christian Terno hat mit der Heirat seiner madagassischen Frau auch die Liebe zur madagassischen Qualitätsvanille entdeckt. Er stieg in das in Antalaha (Madagaskar) gelegene Familienunternehmen ein und ermöglichte über den Standort Ingolstadt den Direktversand innerhalb Deutschlands. www.madavanilla.de

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SaFT-CUVéE STaTT WEINWein gehört für die meisten von uns zum Essen wie Kerzenlicht zum Candle-Light-Dinner. Was aber, wenn einer der Tischgäste keinen Alkohol trinken möchte oder darf? Eine genussvolle Alternative sind die Lucullus Saft-Cuvées. Die Bioland-Kelterei Perger hat die innovativen Menübegleiter erstmals zum Firmenjubiläum komponiert. Nun kommt das geschmacklich ausgereifte Sortiment aus drei roten und zwei weißen Cuvées in noch edlerem Design auf den Markt − zusammen mit einer neuen, sechsten Sorte, die an einen blumig-ausgewogenen Rosé erinnert. www.perger-saefte.de

EDLE WüRzE„Königin der Gewürze" nannten die Eroberer Mexikos die aus den Schoten einer Orchidee gewonne-ne Vanille. Und sie macht ihrer edlen Herkunft alle Ehre: Ihre blumige Würze bezaubert heute noch, wie sie es zu Zeiten der Azteken tat. Begleitet von über 100 Farbfotos erzählt das Buch

„Vanille, Gewürz der Göttin" von den poetischen und abenteuerli-chen Geschichten, die sich um die Vanille ranken, es beschreibt die aufwändige Herstellung der unscheinbaren schwarzen Stangen mit ihren geheimnisvollen Duftstoffen, denen auch Heilwir-kungen und aphrodisierende Kraft zugeschrieben werden. Die mehr als 70 Rezepte in diesem Buch beweisen, dass man mit dem wohl beliebtesten Aroma der Dessert-küche auch vielen pikanten Gerichten eine exotisch raffinierte Note verleihen kann. Annemarie WildeisenVanille, Gewürz der Göttin, AT Verlag, 128 Seiten, gebunden, € 32,90 ISBN-10: 385502751X

WER DIE WaHL HaT …… hat wirklich die Qual. Gott sei Dank gibt es bei Art of Chocolate einen gut funktionierenden Onlineshop, so kann man Stunden vor dem Computer verbringen und überlegen, ob man Olivenöl-Trüffel-Zitrone oder -Orange nimmt, oder Whiskey-Orange-Trüffel probiert oder lieber auch noch den Mango-Ingwer-Trüffel. Ein Augenschmaus sind sie in jedem Fall. Alle. Ausnahmslos. Und der Rest ist Geschmackssache. Damit Sie auch für jeden Tag und jede Stimmung genau das Richtige finden gibt es bei Art of Chocolate eine große Auswahl an ungewöhnlichen Kompositionen. Honigmelone, Orange oder Cassis bringen Frische. Caipirinha sorgt für Schwung. Thymian, Basilikum und Lavendel verführen Neugierige. Fleur de Sel ist das ganz besondere Salz in der Schokolade. www.art-of-chocolate.de

94 | ESSEN UND TRINKEN HOTEL BayERISCHER HOF

Feinschmecker bekommen im Bayerischen Hof fantasievolle Haute Cuisine aufgetischt, mit der sich Steffen Mezger einen Platz am Münchner Sterne-Himmel erkochte.

Von Margit Uber

KOCHKUNST aUS DEM aTELIER

entsprechendes Qualitätsbewusstsein zu vermitteln“, sagt Steffen Mezger. „Von allen Produkten, die wir in unserer Küche verwenden, sind mein Team und ich restlos überzeugt“, fügt er hinzu. „Und ich wünsche mir, dass unsere Gäste all das bewusst genießen.“

Das fängt beim Brot an, das Steffen Mezger von Arnd Erbel aus dem fränkischen Dachsbach bezieht. Auf der Website des Mannes, der sich „Freibäcker“ nennt, steht unter anderem zu lesen: „Wer sich mit dem Brotbacken entsprechend befasst, bekommt irgend-wann die Möglichkeit, es als bedeutend und wunder-bar zu empfinden.“ Dieser Satz könnte in leicht abgewandelter Form auch von Steffen Mezger stammen, der jedem noch so kleinen Detail größte Aufmerksamkeit schenkt. Jüngst hat er zusammen mit Sommelière Christine Müller ein neues Mineral-wasser-Konzept für das „Atelier“ erstellt und sich „quer durch Deutschland“ getrunken. „Das Wasser ist bei einem Essen die Nebensache und sollte die Hauptsache nicht stören“, begründet er seine Suche nach dem idealen Begleiter zu Speisen und Wein. Die Hauptsache: Das ist eine möglichst naturbelassene Küche, „ohne Türmchen, ohne Schnickschnack“, durchaus aber mit Schäumchen, wenn effektvolle Zugaben wie Austernluft Steffen Mezger angebracht erscheinen.

OHNE SCHNICKSCHNaCK, aBER DURCHaUS MIT SCHäUMCHEN.

Die Karte verzichtet auf jegliches verbale Imponierge-habe, doch hinter so schlichten Formulierungen wie „Poltinger Lamm, Rücken und Bries mit Bohnen“ verbirgt sich ein Gericht von subtilem Raffinement. Der Rücken kommt nicht einfach so aus dem Ofen, sondern wird mit der zuvor gerösteten, getrockneten und anschließend fein gehackten Haut ummantelt. Und während der ambitionierte Hobbykoch sein Beef Tartar durch den Fleischwolf dreht, wird es in der Küche von Steffen Mezger von Hand geschnitten, um es anschließend mit Demeter-Ei und Kaviar als Amuse-Gueule zu servieren.

Die meisten Menschen verbinden mit Spinat nicht gerade die glücklichsten Kindheitserinnerungen. Steffen Mezger jedoch schon. Das grüne „Blubb-Ge-müse“ schmeckt ihm auch heute noch so gut wie damals, als die Großmutter für ihn kochte – und so überrascht es nicht, dass Rahmspinat mit Kartoffelpü-ree immer wieder mal auf dem Speiseplan seiner Restaurantküche steht. Allerdings bleibt Popeyes Kraftnahrung einzig und allein der Küchencrew vorbehalten: Die Feinschmecker im noblen „Atelier“ bekommen statt Hausmannskost fantasievolle Haute Cuisine aufgetischt, mit der Steffen Mezger dem Hotel Bayerischer Hof zuletzt einen Platz am Münchner Sterne-Himmel erkochte.

„ICH HaBE VORHER aKRIBISCH GEaRBEITET, UND ICH aRBEITE JETzT aKRIBISCH.“

Die Auszeichnung des Guide Michelin scheint den 33-Jährigen nicht sonderlich unter Druck zu setzen: „Ich habe vorher akribisch gearbeitet, und ich arbeite jetzt akribisch“, beantwortet er kurz und bündig die Frage nach Erfolgszwang und -drang. Gegen einen zweiten Stern hätte er natürlich nichts einzuwenden, doch was ihn vor allem antreibt, ist die Lust an der Perfektion – und der Ehrgeiz, neue Geschmackserleb-nisse zu schaffen. Alle fünf bis sechs Wochen wechselt die Karte des intimen Gourmetrestaurants, auf der ein fünf- und ein siebengängiges Menü zur Auswahl stehen. Bis ein neu kreiertes Gericht „Atelier“-Reife erlangt hat, wird es mehrmals gekocht; für die Suche nach dem korrespondierenden Wein sind weitere Durchgänge vonnöten.

Im Mittelpunkt steht immer das Produkt – von allererster Güte, versteht sich, wobei auch die ethische Qualität der verwendeten Lebensmittel eine wesentli-che Rolle spielt. Die Fische, die auf den schlicht weißen Fürstenberg-Tellern landen, werden aus-schließlich mit der Leine gefangen. Für jeden Räucheraal, der sein Leben lassen musste, werden drei Jungfische ausgesetzt, um den Bestand nicht zu gefährden. „Es ist mir ein Anliegen, den Gästen ein

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96 | ESSEN UND TRINKEN HOTEL BayERISCHER HOF

Lothar Eiermann als Küchenchef. „Das war eine großartige und prägende Zeit für mich“, erzählt Steffen Mezger. „Lothar Eiermann hat mir viele Frei-heiten gelassen; ich konnte mich kreativ aus toben – und das mit Produkten, die stets in allerbester Qualität vorhanden waren.“ Die französische Haute Cuisine, die er bei Eiermann verinnerlichte, wurde zur Basis seiner Kochkunst. Längst jedoch hat er sich weiterentwickelt.

„Unsere Küche ändert sich in dem Maß, wie wir uns ändern“, sagt Steffen Mezger und bezieht bewusst sein 18-köpfiges Team mit ein. Vor mehr als sieben Jahren kam der gebürtige Heilbronner an die Isar und hatte als Küchenchef des damaligen „Garden Restau-rant“ einen kulinarischen Balanceakt zu meistern, weil er seine Innovationslust mit den Traditionen eines Grandhotels in Einklang bringen wollte. Nun, nach der kulinarischen Neuausrichtung mit zwei autonomen Restaurants im Hotel, sind er und sein Team für das Gourmetrestaurant „Atelier“ verantwortlich. Aber auch noch für das „Garden“, in dem der Gast Klassiker und eine mediterran geprägte Küche serviert bekommt.

Rahmspinat mit Kartof-felpüree zählt übrigens nicht dazu. Allerdings bietet die Karte jeweils freitags Bachforelle aus niederbayerischer Zucht, die von Blattspinat und Petersilienkartoffeln begleitet wird. Unerfreu-liche Kindheitserinnerun-gen stellen sich da garan-tiert bei niemandem ein!

Der Tag eines Kochs beginnt früh und endet spät – eine Erfahrung, die den jungen Steffen Mezger nicht davon abhielt, seinen Weg konsequent zu verfolgen. Dabei galt es, den Vater zu überzeugen, der gänzlich andere Vorstellungen von der beruflichen Zukunft seines Sohnes hatte. Doch auch ihm war nicht entgangen, dass Steffen bereits als dreijähriger Junge begeistert den Schneebesen schwang. Als dieser vier war, schenkte ihm der Urgroßvater einen voll funktionsfähigen Kinderherd – und von da an kochte er en miniature nach, was bei den Großen auf den Tisch kam.

DIE HaUTE CUISINEWURDE DIE BaSISSEINES SCHaFFENS.

Mit 16 begann er seine Ausbildung im Panoramahotel Waldenburg; als weitere Stationen folgten das Alte Amtshaus in Ailringen und schließlich das Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe mit dem legendären

Treffpunkt für Gourmets: Das „Atelier" im Bayerischen Hof.

Küchenchef Steffen Mezger (links) und Restaurantleiter Enrico Spannenkrebs.

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RüBENaCKER

zUTaTEN60 g Frischkäse, 40 g Crème fraîche, Malzbrot, Salz, Butter, Erbsenkresse und Rettichkresse

zUBEREITUNGBrotwürfel trocknen, im Mixer fein malen und in einer Pfanne mit der Butter anrösten und abschmecken. Karotten und Radieschen, rot und weiß, im Salzwasser knackig garen, im Eiswasser abschrecken und das Grün zuputzen. Frischkäse und Crème fraîche schaumig schlagen und mit Salz abschmecken. Einen Klacks auf einen Teller geben, mit der „Broterde“ bedecken, Karotten und Radieschen leicht eindrücken. Mit Erbsenkresse und Rettichkresse garnieren.

STEFFEN MEzGERS MENüSTEFFEN MEzGER HaT FüR UNSERE LESERINNEN UND LESER EIN STERNE-MENü zUSaMMENGESTELLT. ER HaT ES zUM NaCHKOCHEN ETWaS VEREINFaCHT, aLLERDINGS SETzT ES ERFaHRUNG IN DER KüCHE VORaUS.

GäNSELEBER UND RäUCHERaaL

zUTaTEN400 g Gänseleberterrine gegart, 600 g Räucheraal, 3 Birnen, 0,5 l Birnensaft, 40 g Rote-Beete-Granulat, 1,2 kg Rote Beete, 25 g Zucker

zUBEREITUNG Aal häuten und in der Pfanne angrillen. Rote Beete im Ofen weich schmoren. Aus den Birnen, Zucker und dem Birnensaft ein Sorbet herstellen. Gänseleber aufschlagen, mit Stücken von der geschmorten Rote-Beete und frischer Birne anrichten. Mit Rote Beete Granulat bestreuen und mit einer kleinen Nocke Sorbet und Skarlettkres-se dekorieren.

aNaNaS MIT KOKOS UND PyRaT RUM

zUTaTENPyrat Rum, Ananas, Kokosmilch, Kokoslikör, 50 g Rohrzucker, Ananassaft, 4 Eiweiß, 70 g Mandelgrieß, 40 g Kokosflocken

zUBEREITUNGAus Eiweiß, Mandelgrieß und Kokosflo-cken eine Baisermasse herstellen und im Ofen backen. Frische Ananas dünn aufschneiden und zuckern. Ananassaft mit Kokoslikör, Kokosmilch, Rum und Zucker aufschäumen. Das Baiser mit Rum tränken, die dünnen Ananasschei-ben rundum drapieren, den Schaum auf und neben das Baiser geben und mit einer Nocke Kokoseis servieren.

100 | ESSEN UND TRINKEN WEIN

DIE WÜRTTEMBERGER KÖNNEN AUCH ANDERS UND ÜBERRASCHEN MIT ELEGANTEN TROLLINGERN UND WÜRZIGEN LEMBERGERN.

Von Jossi Loibl

KRaFTPROTz STaTT LEICHTGEWICHT

WEINLAND WÜRTTEMBERG

Rund 70 Prozent der Württemberger Weinberge sind mit roten Reben bepflanzt. Die wichtigste ist der Trollinger, er allein nimmt etwa 22 Prozent der Württembergischen Rebfläche (gesamt 11 500 ha) ein. Weitere wichtige rote Sorten sind Schwarzriesling (Müller-Rebe), Lemberger und Spätburgunder. Bei den Weißen führt der Riesling vor Kerner und Müller-Thurgau. Die Reben stehen überwiegend am Neckar und seinen Nebenflüssen, wo auch steile Terrassenlagen zu finden sind. Bewirtschaftet werden sie von 16 500 Weingärtnerfamilien, von denen knapp 15 000 in Genossen-schaften organisiert sind und die den Weinbau in der Regel im Nebenerwerb betreiben. Die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt gut einen halben Hektar.

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Tiefdunkel glänzt der Wein im Glas, Frucht und Würze strömen der Nase entgegen, kraftvoll entfaltet sich der Tropfen am Gaumen – ein Württemberger ist’s. Ein Württemberger? Waren da nicht dieser hellrote, leicht-gewichtige Trollinger, von dem böse Zungen sagen, er sei eigentlich gar kein richtiger Rotwein. Doch – natür-lich gibt es diesen Wein noch. Man darf nicht verges-sen, dass Wein in Württemberg ein Alltagsgetränk ist wie andernorts Bier, weshalb er weder zu schwerge-wichtig und zuletzt auch nicht zu teuer sein darf. Doch die Württemberger gehen neue Wege.

WANDLUNG: VOM RUSTIKALENSCHOPPEN ZUM ELEGANTENWEIN ZUM ESSEN.

Der weitaus größte Teil des in Württemberg gewach-senen Weins wird nach wie vor im Ländle getrunken, oder „geschlotzt“, wie man auf gut Schwäbisch sagt. Aber die Welt des Weins dreht sich. Weniger, dafür mehr Qualität, ist ein anhaltender Trend, dem sich auch die Württemberger nicht entziehen können. Und gar nicht zu entziehen brauchen, denn die Region kann mit einer großen Vielfalt respektabler Rotweine aufwarten. Immer noch führend ist besagter Trollin-ger, der in Südtirol Vernatsch heißt und hier wie dort eine erstaunliche Wandlung vollzieht – vom rustikalen Schoppenwein zum eleganten, feingliedrigen Wein, der auch als Essensbegleiter eine gute Figur abgeben kann. Entscheidend ist immer: Die Erträge müssen runter. Nur so kommt ausreichend Substanz in die Flasche.

Der Fasskeller der Wein-manufaktur Untertürkheim.

Tiefdunkel glänzt der Wein im Glas – ein Württemberger ist’s.

Auch aus der Weinregion Fellbach kommen edle Trofpen.

Eine weitere schwäbische Spezialität ist der Lem berger, in Österreich unter dem Namen Blau fränkisch zu großen Ehren gekommen, trumpft diese Rebsorte mittlerweile auch im Ländle richtig auf, nämlich nicht mehr als Verstärkung für allzu schwachbrüstige Trollinger, sondern als eigenstän-dige Größe. Im großen Holzfass oder sogar im kleinen Barrique gereift, zeigt der Lemberger beachtliche Würze und Kraft.

Noch mehr Feuer kommt mit sogenannten Cuvées ins Spiel. Das sind Weine, für die mehrere Rebsorten miteinander vermählt werden. Häufig ist ein Lemberger die Basis, dazu kommen neu gezüchtete, besonders frostresistente Rebsorten wie Cabernet Mitos und Cabernet Dorsa, für die Dornfelder oder Blaufränkisch mit der klassischen Bordeaux-Rebe Cabernet Sauvignon gekreuzt wurden. Auch von diesen Neuzüchtungen reifen die besten Qualitäten im kleinen Holzfass. Es braucht Zeit und viel Feinarbeit, bis bei diesen Cuvées wirklich alles passt. Doch als große Tüftler sind die Schwaben ja schließlich bekannt.

VORSCHaU112 | DaS NäCHSTE HEFT ERSCHEINT aM 26. aPRIL 2012

THEMENSPEzIaLMesser, Mixer, Moulinette: Was ist in der Küche unentbehrlich?

ESSEN UND TRINKENDie Außenküche: Open Air für Genießer

BaUEN UND RENOVIERENLeben in der GlasboxEnergiesparpotenziale im Haus entdecken

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