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Leseproben - Verlag

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Leseproben

Page 4: Leseproben - Verlag

Der Lyriker und Sänger Chris Goell-nitz, 1968 in Frankfurt a. M. geboren, schreibt seit seinem 14. Lebensjahr, veröffentlichte in seiner Jugendzeit zusammen mit Freunden Lyrikantho-logien und hielt in Kneipen und Clubs Lesungen.

1996 gründete er die Band »The Beautiful Disease«, die seit 1997 unre-gelmäßig in deutschen Clubs und bei Festivals (u.a. beim Wave Gotik Tref-fen) spielt. 2004 war »The Beautiful

Disease« Vorband von Goethes Erben und sie begleiten die Band HENKE im Januar 2010 bei einigen Konzerten. Als Sänger und Texter ist Chris Goellnitz auch in seinem Projekt »Birdmachine« tätig, gleiche Funktionen erfüllte er als Gastmusiker in den Klassik/Avantgarde-Formationen »Artwork« und »Belladonna« aus Bayreuth. Anfang 2005 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband unter dem Titel »Gene im Blutlicht«.

Der Künstler ist zusammen mit dem Autor Philipp Blömeke im Rah-men der gemeinsamen Lyrikperformance »Surreal-Sousreal« seit Oktober 2009 auf deutschen Bühnen zu sehen. Die beiden Auto-ren eint ein merkwürdig gleiches Weltempfinden, die Vorliebe zum Traumhaften, Grotesken und Absurden. Beiden Lyrikern sind ihre Gedichte zu schade für die Realität. Daraus resultiert eine durch und durch surreale Performance, bestehend aus Lyrik, Soundexperimen-ten und einer ganz eigensinnigen Vortragsweise. Hautnah und ver-meintlich weltfremd …

Weitere Informationen zu Chris Goellnitz finden Sie unter

www.BeautifulDisease.de

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Culex - Verlag

Traumfleisch

Page 6: Leseproben - Verlag

1. Auflage

Alle Rechte vorbehalten© Culex – Verlag 2009

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-942003-03-2

Culex – Verlag – ein Bereich der Culex – Litmedia,Inh. Michaela Paarmann, Güntherstr. 30, D-47051 DuisburgTel: 0203/9309688, Fax: 0203/9309687eMail: [email protected], Web: www.culex-verlag.de

Umschlaggestaltung:Eike Bühring (www.augenkrebs.info)

Photographien:Philipp Blömeke

Herstellung:InDemand Printing Solutions GmbH, 40764 Langenfeld

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Für Nepomuk, Mariska und Lilith

Dank gebührt Sandra (schön, dass es dich gibt)und auch dem flüsternden Herbstlaub,

das all meine Worte ersetzen wird,irgendwann ...

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Inhalt

Dezemberschwäne .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8Absenthia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9Ophelia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10Traumfleisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11Erdembryonen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12Lufteinsam .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13Rotkehlchenstaub .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14Organische Gedichte .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15Strohpüppchen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16Zeitlupenzimmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17Windtaub .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18Kenne ich noch … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19Rostkind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20Spätherbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21Unkraut .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22Durch die Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23Vogelscheuche .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24Kristallfleisch .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25Versprechen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26Aus der Tiefe .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .27Und Ferne baut ein Haus aus Liebe .. . . . . . . . . . . . . .28Meerwald .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .29Hiddensee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30Inselnächte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31Malst dich rot mit Scherben .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32Windteleskope .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33Meerkleider .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .34Zu viel Sehnsucht im Windsaal . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35Zum Licht … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36Durch die Uhr meiner Stirn .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37Menschenstunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38Im Meer meiner Stirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39Polaris. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .40

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Im Glas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42Traumlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43Medusa träumt .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .45Blau .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46Dich liebte ich bloß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47Die Furcht atmet weiter .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48Präzise verloren .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50War ein Schrei .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51Sie trank den Wind nicht mehr … . . . . . . . . . . . . . . . .52Eiseinsam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .54Und wenn ich dich lasse … . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55Kosmonaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .56Nepomuk .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57Trauertröpfchen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59Nepomuk and Marisol .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60Nepomuk und Marisol .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .61Graveyard Haven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .62Friedhofshafen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63Sylvia nailed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64Sylvia, festgenagelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65Glückserschöpft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .66Pupillentraumbrand .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .67

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Dezemberschwäne

Ich tauche meine Träume ins Lichtdie Sonne schläft in meinen Lendenwie ein Feuerembryo. Schatten malst duauf meine Wangen, meinen Halsgerade aus der Nacht genommenhast du deine Hand, libellenzartwassertief, tropfst noch betäubtvon der blaugrünen Lähmung des Schlafswo sich dein Blut schlossüber deinem Gesicht wie ein erschöpftes Meer

Erzählst mir nun Seltsames, Erträumtesgestikulierst mit Heuschreckenfingernverlierst deine Augen am Wortflusssuchst sie verwirrt zwischen Butterblumenmit hilflosen AugenhöhlenIch schiebe blind meine Zunge hineinkoste die Farbe deiner Netzhautdu lachst birkenweiß, grellkämmst deine Haut schneewärtswohnst warm in deinem Haarund Dezemberschwäne brüten schon eisgrauüber windgefüllten Nesterndie Hälse geflochten ins Schilf …

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Absenthia

Deine Stimme stillt mir die BrustIch verteile letzte Liebes(ge)schwüre

Du hältst meine Hand mit FremdkörperfingernMachst mechanische Geständnisse ans Leben:

„Ich wüsste was du fühlst wenn ich nurfühlte komm lass uns Kinder töten fangen wir

an mit den Fragen die Wand weiß Rat umsewig Gleiche hat uns gleich erkannt gleichverschwiegen gleichgemacht weiß und rot

du und ich gleich Leid gleich Gerechtigkeitkomm sei mir gleichtot … “

Studierst mechanisch meine Sehnsuchtjetzt riesig wie ein Venusstaubkorn

im Brutbett meiner Stirn, mein Herzdraußen vor der Tür, im Laternenregen

sich entleerend an kurzer ReißleineEin Zucken, ein Ziehen, „mach Sitz,mach Platz, mach Glück im Dreck!“Braves, braves Pulshündchen ……

Meine Handschale serviert dir traumtote GestenDu wählst die noch warme, kaust sie glücksgierig

mit Millionen von Zähnen, sie macht dich nicht sattund mich hungrig vor Sehnsucht, dann legst du dichnackt in das Grab deiner Augen, ich schaufle darüberein Wort oder zwei … deine Stirn bleibt als Grabmal

die Inschrift unkenntlich und präzise vergessenIch lege meine Lippen dort nieder, statt Kränzengehe fort, hin zur Haut mit steinernem Rücken

ohne Mund, ohne dich, ohne mich, ohne Trauereine Weide weint dazu …

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Erdembryonen

Du, die Kristallpuppenrosemit verdrehtem Kopfin einer Winterschachtelwarm verschneit

Erinnerung an Blaulandwenn die Weinstöcke Arktis atmenim Zugvogelrauschund die Kälte aus Raben und Rauchihre zartgrauen Gesten formt …

wenn alle weiten Wegesich eng um meine Brust legenund ich glücksringend allem winkeden Zweigen, der Luft, den Ostvögelndie aufgeschlitzt an ihren Gedärmendie tropfenden Wolken tragenblutgroß und tief …

Krüppelzweigen winke ichden Äpfeln mit den fleckigenSterbeaugen im Grasden Haut- und Knochenbäumengefangen in Windguillotinendie Kronen schon zerschnittenunsichtbar sanft …

und dir winke ich endlicheingewickelt in Novembercellophanmit ersticktem, durchsichtigem Gesichtfliehst du über sturmschiefe Straßenzu kaputten, dunklen Horizontenzertrümmert vom Licht …

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mit magerer Espenhandwinke ich, eingesponnenin traumschweres Haarfünftausend Jahre weiß, unsichtbarKindergreis, zähle Erdsternbildermit verzweifelten Fingernvergrabe Küsse und Körperfür die tote Zeitwenn alles allem gleicht …

Lebe nicht, liebe nichtfülle meine Stirn mit Fernebis der Weltraum schwarzmir aus den Augen schießtmein Kopf ein Stein in Leerlandin der Schlafheimat, auf dem Brandfriedhof …

die Gräber sind nicht tief,doch gekrümmt für Erdembryonenendgeboren, ein Wurm als Nabelschnurlächle dem Wurm, der Blume nur!dem flackernden Menschlichtvom Regen gelöscht …

Lächle der Leerehier geht die Einsamkeit umein unhörbarer Tonwenn Völker von Sternenwie nachtweiße Meeremich traumheiß umwogenihren frierenden Sohn …

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Rotkehlchenstaub

in deiner Stirnschale sammelst du Küssewie durstige Lilienfür die hautlose Zeit im Januarwenn die Lippen der Liebsten vernäht sindmit Frostnadelnund du mit ihr bewegungslos träumstauf einer Kristallbankin einem fiebrigen Schneegartenwenn die Eisfliegen knisternin gläsernen Obstbäumen …

schlag dir die Hoffnung ins Herzmit Elfenbein-Nägeln, mechanischen Armenaus kindhaftem Glückvielleicht drückst du deine Wangean die Kühle ihrer Brust, irgendwannund ein Kuss fällt aus ihrem Mund in dein Haarwie eine junge Amselund bleibt bis zum Frühlingvielleicht rinnt das Meer aus deinen Augenund lehrt dich die Liebe, den Abschied,das Geheimnis vom Salz …

dann lass sie ihre Wangen pudernlustvoll mit Rotkehlchenstaubatme ein!erkläre sie zum Duftschreibe …ein Gedicht über ihren Hals

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Organische Gedichte

Im summenden Grün einer Waldstillehabe ich ein Wort verloren an deinen Atem

Deine Haare lilienfarben im MooslichtDeine Brust halboffen für meine Zungeschwarz und bitter wie ein Blütenspalt

Ich ertaste mit den Fingern organische GedichteDu lächelst nach innen und stumm

ist deine Stirn, auf die ich dich küsseohne Mund

(Liebesversuch mit Narbenmädchen, Hageltraumfleisch 2008)

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Kristallfleisch

Winter … der gläserne Raumzerschnitten vom Schneelichtdarüber– stirngroß– die Kuppel aus Lufteinsamer, menschgrauer Dom … den wir durchträumenauf dem Brandfeld verstreut … südlose Vögelwie bittere Kerne aus der Frucht eines Himmelsaus ihr hat der Frost alles Innen gelöst …sie mit glaszarter, leerer Hand ausgehöhltund ihr kristallblaues Fleisch schmilzt im Laub …

Mondsichel schneidet gläsernes SchilfSchnee formt einen Schwan und schwebtdurch warme Zimmer in den Ästendie Erde wird wie Haut und lebt …darin Insektensterne nisten …die Sonne knistert wie Papier, das Lichtwird Pergament und friert und reißtbei jedem Ton …

wenn du dich im Abschied regstund wenn du weinst, die Reinheit allen Salzes trübst …Gräber, die wie Schiffe sindschwanken regungslos im Gras …Segel aus Stein versinken im Wind

Auf zum lautlosen Leuchten!Zu heimlichen Häfen!All die flüsternden, menschlosen Reisen …

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Und Ferne baut ein Haus aus Liebe

Ich denke an dich und erinnere Sommertagewarme Stunden aus duftender Nachtdie Haare voll Traum und Verlangen

Erinnere Wintertageim Schutz eines Raumes aus Liebe

Du wärmtest mich und ich sang für dicheine Schneemelodie …

Dann bauten unsere Gedankenein weites Haus

und wir schliefen daringanz nah, umschlungen

eingewickelt in einen Drei-Nächte-Kussgeborgen im Schoß aller Dinge

Und als du dich mit Ferne schmücktest,warst du in mir

sieben Monde, sieben Tode, sieben Storchenflüge lang …ein warmer Schatten, den ich trank,

wenn ich am Leben warund das war oft …

Doch nun mein Herz, kehrst du zurückaus anderer, begrenzter Zeit

in einem Kleid aus Luftauf deinem Weg der StundenUnd ich treibe dir entgegen

wie ein verwehtes Windkornmit riesigen, hilflosen Gesten der Freude

Auf meinen Lippen ungeduldigder für dich bestimmte Rosenkuss …

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Menschenstunde

Kristallfassadenin den Städten

Balkone aus Glas …sie zerbrechen im Eislicht,Menschen tauschen Blicke

zersplittern im Glückund sie küssen sich

Augen werden SpiegelMenschen tauschen Blicke

zersplittern im Glückund sie küssen sich …

schreien mit offenen Stirnendie Münder gefroren

die Gesten verloren im Nichtsschreien mit offenen Stirnen

die Münder gefrorendie Gesten verloren im Lichtin der Menschenstunde …

Karusselle auf arktischen Wiesenmit Schmetterlingen aus Schnee

an elastischen StäbenPuppenkinder an Eislichtfäden

Alles taut, alles tautund fließt bald fort … in der Menschenstunde …

(Text für gleichnamigen The Beautiful Disease-Song Album: Hallucination Picture Book)

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Im Meer meiner Stirn

Im Meer meiner Stirn treibt dein Kussalles andere sinkt zu den Steinen,

den kleinen roten Fischen, den salzigenRosenblättern, den Unterwasserwunden

der Luft …Meine Augen, sie sinken ins Blickmausoleum

den Wolkensaal meiner Träumewo erahnte Vögel in erahnten Herbsten

in erfundene Südländer fliegenwelk, mager und knochenlos …

Wo die Blätter noch immer im Baum sindtropfnass und giftig

vergoren von trunkenen gelben Sommernzu schwer und zu tot für die Herbste

Wo die Hülle der Glut noch an den Kirchtürmen hängtvon fröstelnden Elfenbeinkreuzen, Luftfriedhöfe …

Ich ziehe Haut und Fleisch aus, werde gleichlege mich zu den Resten, beobachte, beobachte …Kinder lassen Sterne steigen an silbernen Leinen

aus TauIch ertrinke am Wind, Fische atmen für mich

in weißen WeltraumländernIm Meer meiner Stirn treibt dein Kuss …

(Text für gleichnamigen The Beautiful Disease-Song; Album: The Secrets EP)

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Medusa träumt

In meinen Lenden kriecht der NebelMein Haupt ist kalt und bergesfernund Höhe tropft von meiner Stirn

zu meinen tiefen Händen …Der Frühling klebt an Winterwänden

Es regnet schwere WasserglutIch treibe auf der Stundenflut zum Rande

eines JahrsSchneekristalle, leichte Fliegentrinken lautlos blau mein HaarAuf den Türmen Sonnenbälleaufgespießt und himmelslos

Antennensterne – weltraumgroß –schwanken auf den Dächern

Die Häuser werden fensterlosversagen sich der Nacht

mein Schiff aus Hautpapier ist wachund segelt noch im Schlaf …

der Gittermond fängt einen Seeund lässt ihn silbrig dürsten

verstört … im Schoß von weißem Kleeund alle Wege fließen … wie Ströme

ohne Schritt … weit begehrt und weltbewegtins regungslose All …

Medusa träumt … hörst du?

(Text für gleichnamigen Birdmachine-Song; Album: Crippled Catharsis)

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Sie trank den Wind nicht mehr …

Fliegentürme wachsen in glühende Himmeldürre Brandbäume sammeln Blaufür kommende Frühlingeund erschöpftes Fallobst schläft sonnenvernarbtdort, wo die Erde sich nach innen wölbt, zur Vergangenheitirgendwo dazwischen dein Kopf, deine fleckigen Wangendein vergorener Traum, kaum noch unterscheidbarvon den Oktoberäpfeln, einen Schneckenfraßnur vom Vergessen entfernt …

Ich nähe meine Lunge neu aus südlicher Luftseidemeine alte trank den Wind nicht mehrnachdem wir ihn verbittertenmit dem grausamen Gas des Abschiedsnoch immer strömt es uns aus den Augenunsere Gesten verstummenund deine Hände erblinden mir im Haar …

in einem Traum, den ich nie versteheweil ich entsetzlich deutlich ihn sehewarte ich flüchtig für immer auf einerschmerzgroßen Wieseam weißen Stecknadelgrab deiner Seeleund warte auf Tote, die so sind wie du …

die mir dann reichen eine Schale voll Meerin der ich bade mein Tränengeschwürdas wächst aus meiner Stirn seit Jahrennicht mehr …

schwer auch, aus TautropfenKränze zu flechtenmit zerstörenden, wutgroßen Menschenhändenund sie niederzulegen dir zum Gedenkenwird noch ein Stein gebrauchtnehm ich mein Herz …

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Eiseinsam

Bete um Hautmit schwebenden Händenden Herbsthimmel gefaltetdie Baumkronen mit Vögeln entflammtDeine Stirn schon Kuss-zerregnet, beatmetvom Licht einer sterbenden StadtDeine Haare wie lose Gedankenendenschwimmen ziellos im RaumDein Kissen schläft und atmet für dichwährend du die Stille bestarrst,die Augen wortverformt

Nimmst gleich einem Kinddein Herz aus dem Bluthütest es blind im Winterkäfig deiner Fingerflüsterst ihm traumleiseAnweisungen zur Liebe eindenkst schon seit Stunden über das Lächeln nachwährend die Nacht das Muster der Traurigkeitauf deinen Rücken malt mit einer Mondnadel

Vor deinem Haus – gewunden und weiß – ein spurloser Schneeweg … wie das vergesseneHalstuch der Dame DezemberDie Schläfen schon frostverkabeltlegst du dich gekrümmt in die Traumschablone …Um das Bett schleicht lauernd deine FreiheitIn Zukunft verschweigst du mit den Wänden deine LiederNur deine Glücksbatterie summt dazu, eiseinsam …

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Und wenn ich dich lasse …

Mit dir auf einer Sommerwiese – Himmelsstaub im Haar – von deiner Wange süße Honigdüfte küssenin deine Handflächen vertieft

Geschichten von Liebe und Abschied lesenund ertragen …Zusammen kleine Lügen sammeln und sie mit einem Lächelnin Wünsche verwandelnDir ein Heim bauen aus unerhörten Belustigungentanzender Tageund dir beim Freisein zuschauen …Dir mit kühlen Birkenzweigen

Sonnenzeichen auf die Stirn malenDir dreizehn Küsse schenken … und wenn du sie nicht willst,fliegen sie und gehören der Freude für immerUnd wenn ich dann schlafe

– hilflos gekrümmt – auf deiner Brustwährend du mich liebst und hasst und nicht kennstbin ich noch glücklich in der reglosen Stilledie du mit tastenden Träumen benennstUnd wenn ich dich lasse, so wie du bist …ohne Sucht, ohne Gier und Klammerverstandlöst du dich sanft aus dem Griff meiner Hand?und bist frei und für immer in mir?

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Graveyard Haven

A cemetery walk with trees heart in hearthere in graveyard haven …

holes are swaying in the liquid grassand the dead ones sail on stones …

six sick cemetery sailors steal your souland sail away, their cherry tree pylons

dipped into bitter butterfliesI’m the sad one … and I’ll give you feeling!

the stones are made of skin and lovehere in graveyard haven …

I lay my lips like a wreath down on your chestyou blow a tiny lie across my cheek

and hide in hairy curtainmy hope is buried in a coffin cloud

I wave goodbye with hands of earth …

Still I’m searching for our kissthat’s creeping out of your ear …

will I catch it with my lipsor smash it with my helpless fear?I drop my anchor down your smile

here in graveyard haven …Elisabeth the heartbeat willow

drinks my pulse away …I’m the dead one … and I’ll show you

how to breathe ……

(Text für einen geplanten Song)

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Friedhofshafen

Ein Friedhofsspaziergang mit Bäumen,Herz an Herz, hier, im Friedhofshafen …

Löcher schweben im flüssigen GrasUnd die Toten segeln auf Steinen

Sechs kranke Friedhofssegler stehlen deine SeeleUnd segeln fort, ihre Kirschbaummasten

Eingetaucht in bittere SchmetterlingeIch bin der Traurige … und ich werde euch Gefühle spenden!

Die Steine sind aus Haut und LiebeHier, im Friedhofshafen …

Ich lege meine Lippen wie einen Kranz nieder an deine BrustDu bläst eine winzigkleine Lüge über meine Wange

Und versteckst dich hinter dem Vorhang deines HaarsMeine Hoffnung ist begraben in einer Sargwolke

Ich winke zum Abschied mit Händen aus Erde …

Immer noch suche ich nach unserem KussDer kriecht aus deinem Ohr heraus …

Werde ich ihn fangen können mit meinen LippenOder zertrümmern mit meiner hilflosen Angst?Ich werfe den Anker deinem Lächeln entgegen

Hier, im Friedhofshafen …Elisabeth, die Herzschlag-Weide

Trinkt meinen Puls aus …Ich bin der Tote und ich werde euch zeigen,

wie man atmet …

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