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In Freiheit studieren. Grundsatzprogramm der Liberalen Hochschulgruppen Verabschiedet auf der Bundesmitgliederversammlung in Würzburg vom 22. bis 24. Juni 2012

LHG-BV-Grundsatzprogramm 2012

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Grundsatzprogramm

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Page 1: LHG-BV-Grundsatzprogramm 2012

In Freiheit studieren.

Grundsatzprogramm der Liberalen Hochschulgruppen

Verabschiedet auf der Bundesmitgliederversammlung in Würzburg vom 22. bis 24. Juni 2012

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Grundsatzprogramm: In Freiheit studieren Seite 2

Inhalt

1. Präambel .......................................................................... 3

2. Die Freiheit der Studierenden ................................................ 5

Freiheit als Gestaltungsrahmen ................................................................. 5

Bologna als Prozess verstehen und konsequent verfolgen ................................... 5

Die Hochschule als Dienstleister ................................................................ 7

Studentische Mitbestimmung in einer modernen Hochschule ............................... 8

Die Finanzierung des Studiums .................................................................. 9

3. ... durch die Freiheit der Hochschulen .................................... 11

Finanzierung der Hochschulen .................................................................. 11

Profil entwickeln, Personalautonomie und institutionelle Freiräume .................... 12

Wettbewerb und Kooperation für die besten Ideen ......................................... 13

Durch mehr Transparenz zu mehr Effizienz und Nachhaltigkeit ........................... 13

Epilog .................................................................................. 14

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Grundsatzprogramm: In Freiheit studieren Seite 3

1. Präambel

Die Liberalen Hochschulgruppen tragen den Werten des Liberalismus – Freiheit und Ver-

antwortung, Individualismus und Pluralismus, Demokratie und Chancengerechtigkeit –

Rechnung, indem sie sich für Kommilitonen, Hochschule und Gesellschaft engagieren.

Studierende und Akademiker haben aufgrund der im Studium erworbenen Befähigungen

eine spezifische Verantwortung für die Gesellschaft. Studierende sind durch ihre Lebens-

situation mit ihren spezifischen Problemen und besonderen Herausforderungen eine

Gruppe, die sich selbst organisiert und gemeinsam artikuliert. Die Studierendenvertre-

tung an den Hochschulen ermöglichen dieses: In ihr wirken die Liberalen Hochschulgrup-

pen, treten für die spezifischen Ziele ein und füllen sie mit Leben. Darüber hinaus gehö-

ren das Engagement in der Hochschulpolitik, der aktive Einsatz für die Freiheit und der

Beitrag zur Information der Kommilitoninnen und Kommilitonen zu ihren Aufgaben. Für

diese setzen die Liberalen Hochschulgruppen sich stets fair, innovativ und zuverlässig

ein.

Die Liberalen Hochschulgruppen bekennen sich zu einem Bildungsideal im folgenden Sin-

ne: Die im Grundgesetz festgehaltene und im Liberalismus manifestierte Gleichwertig-

keit aller Menschen und die prinzipielle Freiheit jedes Individuums, die im Bürgerrecht

auf Bildung zur Blüte gebracht werden, begründen Bildung zuvorderst als einen Wert an

sich. Die Förderung benachteiligter Mitmenschen ist integraler Bestandteil liberaler Poli-

tik. Das Bürgerrecht auf Bildung beinhaltet nicht nur die theoretische Chancengerechtig-

keit, sondern auch eine aktive Bildungs- und Gesellschaftspolitik, die die Menschen dazu

befähigt, sich ihres individuellen Anspruchs auf ein öffentliches Bildungsangebot nach

ihrer persönlichen Neigung und Eignung zu bedienen. Die so erforderliche Angebotsviel-

falt findet ihre Grenzen in der Gewährung von Qualität. Dem gegenüber kann Bildung

nur aus eigener Anstrengung entstehen. Den Begriff Bildung verstehen die Liberalen

Hochschulgruppen als Prozess sowie Ideal gleichermaßen. Zum einen ist Bildung die For-

mung des Menschen hinsichtlich seiner geistigen, aber auch kulturellen sowie sozialen

Fähigkeiten. Dieser Lernprozess dauert lebenslang an und ist somit nie abgeschlossen.

Das Ziel bzw. Ideal der Bildung ist, die Erziehung des Menschen zu einem sich durch

Mündigkeit sowie Selbstständigkeit kennzeichnenden autonomen Individuum. Dies zu

fördern ist die Aufgabe des Staates. Auch wenn Erziehung prinzipiell private Angelegen-

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heit ist, hat der Staat dennoch die Aufgabe, die Sozialisation von Kindern und Jugendli-

chen aktiv zu gestalten. Neben dem Erlernen elementarer Kulturpraktiken gehört dazu

auch die Befähigung, diese zu hinterfragen und heranzubilden. Die Reflexion des Status

quo, die Fähigkeit zur Kritik an Gesellschaft, deren Phänomenen sowie an Ideen und Ide-

ologien, sind die notwendigen Kompetenzen zur Entwicklung einer emanzipierten und

freien Persönlichkeit. Diese ist Voraussetzung eines selbstbestimmten Lebensentwurfes.

Dazu sind methodische und soziale Kompetenzen sowie Wissen, nötig, die im Ganzen das

Ergebnis von Bildung und Sozialisation sind.

Staatliche Einrichtungen sollen zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet sein. Le-

diglich die Werte und Normen, die unser Grundgesetz vorgibt, dürfen nicht verletzt wer-

den. Diese Prinzipien müssen in der einzelnen Bildungseinrichtung - wie auch im Bil-

dungssystem als Ganzes - sichtbar sein, dafür sind Pluralität und Vielfalt von Bildungsan-

geboten die Voraussetzung. Um diese sicherzustellen, steht der Staat in der Pflicht, eine

umfassende Grundfinanzierung zu gewähren. Die Liberalen Hochschulgruppen sehen be-

rufliche Ausbildung, humanistische Bildung, moderne Allgemeinbildung und weitere For-

men als gleichwertige Möglichkeiten, dem eigenen Bildungsanspruch gerecht zu werden

und sich selbst zu verwirklichen. Als Verband im Bereich der Hochschulpolitik sehen wir

in der Diversität der Hochschulen nicht zwingend einen qualitativen Unterschied, son-

dern die Antwort auf verschiedene Bedürfnisse der Studierenden.

Unsere Verfassung sieht Bildung nicht als Angelegenheit des Staates, sondern stellt sie

nur unter dessen Aufsicht. Die Bildung bleibt gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Der Staat

bietet einen Rahmen an, innerhalb dessen sich die Schulen und Hochschulen frei entfal-

ten können. Detailsteuerung und Regulierungswut wirken dem entgegen.

Deutschland und Europa sind auf die Bildung ihrer Bürger angewiesen. Sie treten mit ih-

rer Kultur und Bildung in einen globalen Wettbewerb der Ideen. Auf diese Weise wirkt

Bildung weltweit als Innovationsmotor und sichert Wohlstand, Frieden und Freiheit.

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Grundsatzprogramm: In Freiheit studieren Seite 5

2. Die Freiheit der Studierenden

Freiheit als Gestaltungsrahmen

Die Liberalen Hochschulgruppen haben den Anspruch an unsere Hochschulen, dass die

Studentinnen und Studenten ein selbstbestimmtes Studium mit möglichst vielen Gestal-

tungsspielräumen absolvieren können. Mit dem Erwerb der Hochschulzugangsberechti-

gung haben alle Studierenden den Nachweis erbracht, dass sie in der Lage sind selbstän-

dig und eigenverantwortlich zu lernen, sich Inhalte zu erarbeiten und zu organisieren.

Sie sind als mündige Bürger zu betrachten und auch dementsprechend zu behandeln -

ohne staatliche Bevormundung oder Überreglementierung der Hochschule.

Im Sinne der Eigenverantwortung obliegt es den Studierenden, die zum Bestehen eines

Studienganges nötigen Leistungen zu erbringen und dabei ein persönliches akademisches

Profil zu entwickeln. Beides ist ihnen zu ermöglichen, insbesondere durch die Formulie-

rung von Rechten gegenüber der Hochschule statt teils situativ bedingt nicht erfüllbarer

Pflichten. Zu den studentischen Rechten gehört in jedem Fall die Gewähr, die Ziele der

Bologna-Erklärung erreichen zu können.

Bologna als Prozess verstehen und konsequent verfolgen

Die Liberalen Hochschulgruppen unterstützen die Ziele der Bologna-Reform. Die Umset-

zung dieser Reform muss als demokratischer und stetiger Prozess begriffen werden. Kin-

derkrankheiten, die Freiheiten einschränken und Verantwortungen in die falschen Hände

schieben, müssen bekämpft werden. Die ersten Schritte hierfür sind bereits getan. Die

Liberalen Hochschulgruppen setzen sich dafür ein, dass die Probleme von Hochschulen

und Studierenden Hand in Hand angegangen werden. Jedoch darf Bologna nicht allge-

mein für alle Missstände in der Hochschullandschaft verantwortlich gemacht werden. In

den letzten Jahren wurde ein System reformiert, das auch zuvor nicht ohne Fehler war.

Die Liberalen Hochschulgruppen bekennen sich zu den Chancen der Reform sowie ihren

Vorteilen und ihrem Nutzen und setzen sich für ein positives Bild der Reform in der Ge-

sellschaft ein. Nur wenn die Bologna-Reform als Prozess verstanden wird, der im ur-

sprünglichen Sinne konsequent weitergeführt werden muss, und die Beteiligten zu Ver-

änderungen bereit sind, wird sie erfolgreich Bestand haben.

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Es muss Ziel sein, ein flexibles Studiensystem statt starrer Strukturen zu etablieren und

allen an der Hochschule Beteiligten somit die größten Möglichkeiten zur freien Gestal-

tung zu geben. Allgemeine Anwesenheitspflichten müssen der Vergangenheit angehören.

Auch die teilweise kaum durchdachten Zulassungsverfahren zu einzelnen Prüfungen sind

zu hinterfragen und gegebenenfalls abzuschaffen. Es steht in der individuellen Verant-

wortung aller Studierenden, wie sie sich auf eine Prüfung vorbereiten. Es ist die Aufgabe

der einzelnen Hochschulen für alle Studentinnen und Studenten die erforderlichen Kapa-

zitäten für die Teilnahme an Pflichtveranstaltungen zu gewährleisten.

Überfüllte Hörsäle, ein zu geringes Angebot an Lehrveranstaltungen, Einschränkungen

des Studienablaufes durch Freisemester der Lehrenden ohne ein adäquates Ersatzange-

bot sowie schlecht organisierte Studiengänge und verzögerte Besetzungen des Lehrper-

sonals müssen der Vergangenheit angehören. Die Mobilität darf nicht durch restriktive

Anrechnungsverfahren eingeschränkt werden. Das Erreichen von Noten soll nicht alleini-

ger Sinn und Zweck eines Studiums sein. Eine transparente und nachvollziehbare Noten-

gebung ermöglicht es die Leistungen der Studierenden fair darzustellen. Ein festgelegter

Anteil der zu erreichenden Leistungen soll zudem – frei wählbar von den Studierenden –

unbenotet sein, um den Studierenden mehr Freiheit zu geben und den Druck zu verrin-

gern. Ein Studienzyklus muss sich in seiner Konzeption an den allgemeinen Bologna-

Zielen und den selbstgestellten Qualifikationszielen orientieren, seine Studierbarkeit an

der Qualität und Quantität der zu erwerbenden Kompetenzen. Barrieren für alle Studie-

renden im Bachelor-, Master- und Promotionsstudium sind abzubauen.

Studierende mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten sollen, sofern dies not-

wendig ist, zusätzliche Leistungen von Seiten der Hochschule in Anspruch nehmen kön-

nen, um etwaigen Nachteilen entgegen zu wirken. Studierende dürfen sich aufgrund ih-

rer besonderen Situation im Falle einer Behinderung oder Krankheit nicht zusätzlich

durch schwerfällige Verwaltung oder starre Studien- und Prüfungsordnungen im Studium

benachteiligt fühlen. Ebenso müssen Studierende mit Kind angemessene Strukturen für

die Betreuung und beratende sowie finanzielle Unterstützung zum Absolvieren des Stu-

diums vorfinden. Die Hochschulen sollen sich bewusst sein, dass sie mit Menschen inter-

agieren und diese unterschiedlichen Umständen ausgesetzt sind.

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Grundsatzprogramm: In Freiheit studieren Seite 7

Als eine besondere Herausforderung gilt es weiterhin, den Übergang vom Bachelor- zum

Masterstudium zu gestalten. Bewerbungs- und Rückmeldefristen sind transparent und

einheitlich zu gestaltet. Ein Bachelorabschluss muss für ein fachverwandtes konsekutives

Masterstudium befähigen. Es ist unerlässlich, das die Beweislast umgekehrt wird: Be-

troffene Hochschulen sind verpflichtet zu begründen, warum ein bestimmter Abschluss

dies nicht tut. Der Bachelor muss als berufsqualifizierender Regelabschluss gestärkt wer-

den.

Der direkt an das Bachelorstudium anschließende Master soll auf einen Weg in die For-

schung vorbereiten oder die im Bachelorstudium erworbenen Kenntnisse zur Steigerung

der beruflichen Qualifikation vertiefen. Die Forderungen nach einem garantierten Master

für alle und das undifferenzierte Recht auf diesen sind eine Entwertung des Bachelorab-

schlusses. Um dem Bologna-Prozess gerecht zu werden, sollte er konsequent verfolgt

werden und seine vollständige Implementierung das Ziel sein.

Die Begrenzung einer Studiendauer durch den Begriff der Regelstudienzeit lehnen die

Liberalen Hochschulgruppen ab. Ein Studium, das eigenverantwortlich und individuell

gestaltet sein soll, darf nicht pauschal in ein Korsett von sechs Semestern geschnürt

werden. Studierende, die neben ihren vorgesehenen Veranstaltungen über den Teller-

rand hinaus- und in andere Fachgebiete hineinschauen oder gesellschaftliches Engage-

ment zeigen, dürfen keinen Nachteil bei BAföG-Bewilligungen bzw. –Weiterförderung

erfahren.

Die Hochschule als Dienstleister

Die Hochschule steht dem Studierenden nicht nur als Bildungsanstalt, sondern auch als

Dienstleister gegenüber: Sie berät sowohl in Studienplanung als auch -durchführung und

stellt die maximale Transparenz bezüglich Vorgaben und Regelungen her. Die Einrich-

tung kompetenter Bildungsberater, die Verfügbarkeit informeller und nützlicher Infor-

mationen und die Umwandlung obsoleten Behördendenkens zu einem modernen Ser-

vicegedanken dienen nicht nur dem Komfort des einzelnen Studierenden, sondern auch

der Senkung von Abbrecherzahlen, der Verkürzung der Studiendauer und der Maximie-

rung des Studienerfolgs. So müssen die Öffnungszeiten der Verwaltung dem realen Stu-

dienalltag angepasst werden und effiziente Informationskanäle online zugänglich wer-

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den. Gerade bei Hochschulen mit einem sehr breiten Studien- und Veranstaltungsange-

bot darf dieses nicht zu Gunsten einer aufgeblasenen und handlungsunfähigen Verwal-

tung in den Hintergrund geraten. Hochschulen der Zukunft sind Vorreiter bei Verwal-

tungssystemen, die für die Studierenden arbeiten und nicht für sich selbst.

Studentische Mitbestimmung in einer modernen Hochschule

Reformen, innovative Studienmodelle und auch die Verbesserung der Studienbedingun-

gen können nur vorangetrieben werden, wenn Studierende konstruktiv einbezogen wer-

den. Unter den Studierenden muss eine Kultur der Partizipation mit einer breiten Betei-

ligung entstehen. Der Wille zur Beteiligung beginnt mit dem aktiven Wahlrecht bei Hoch-

schulwahlen und geht bis zum aktiven Mitgestalten in Gremien. Die Hochschule muss

dafür sorgen, dass für die Ausübung des Wahlrechtes eine tragende Infrastruktur ge-

schaffen wird. Ziel ist hierbei eine möglichst hohe Wahlbeteiligung.

Es darf in der Hochschule der Zukunft kein Gremium geben, das studienrelevante Inhalte

ohne Studierende beschließt. Die Sicht der Studierenden ist elementar für die Entwick-

lung von Studiengängen. Für Hochschulen, die diese Partizipation der Studierenden ver-

hindern wollen, müssen Sanktionsmechanismen greifen. Solange Hochschulen nicht im

Wettbewerb um ihre Studierenden autonome Anreize haben, sich umfassend um deren

Belange zu kümmern, kann das Mittel der Verfassten Studierendenschaft zur Mitbestim-

mung den Studierenden helfen, sich Gehör zu verschaffen und für ihre gemeinsamen In-

teressen einzutreten. Dies ergibt sich unter anderem aus der besonderen Lebenslage der

Studierenden, die trotz struktureller Erwerbslosigkeit außerhalb des Sozialsystems ste-

hen, sehr kurzfristig Entscheidungen treffen müssen und häufig längere Perioden nicht

am Studienort weilen. Zudem wird die Studierendenschaft als soziales Lebensumfeld und

die Universität stärker als Lebensmittelpunkt gesehen. In kommunalen und universitären

Strukturen werden die so entstehenden besonderen Bedürfnisse kaum berücksichtigt.

Ziel und Aufgabe der Verfassten Studierendenschaft muss es sein, auf diese besonderen

Bedürfnisse einzugehen. Die Verfasste Studierendenschaft hat sich auf ihr hochschulpoli-

tisches Mandat zu beschränken. Ein allgemeinpolitisches Mandat lehnen die Liberalen

Hochschulgruppen vehement ab.

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Eine Studierendenvertretung muss generell demokratisch und subsidiär aufgebaut sein.

Darüber hinaus müssen Studierendenparlamente, Studierendenräte, ASten, Konvente

und Fachschaftsvertretungen sich auch selbst Grenzen setzen und mit den ihr anvertrau-

ten Geldern verantwortungsvoll umgehen. Die soziale Aufgabe der Studierendenvertre-

tung erstreckt sich auf die Beratung und die Erfüllung der Bedürfnisse von Studierenden.

Ihre politische Aufgabe besteht darin, dass die Studierenden im hochschulpolitischen

Bereich ein Gehör finden und ihre Interessen vertreten werden.

Um hochschulpolitisches und besonders studentisches Engagement zu fördern und die

Hochschulen als einen attraktiven Lern- und Bildungsraum zu gestalten, müssen die Par-

tizipationsstrukturen der Hochschulen konsequent an die durch Bologna entstehenden

Veränderungen der Studienstrukturen angepasst werden. Die Hochschulen müssen er-

kennen, wie essentiell studentisches Engagement ist. Ein Anreizsystem muss geschaffen

werden, vor allem steht jedoch die Beseitigung der Nachteile im Vordergrund.

In der akademischen Selbstverwaltung wie auch im Studium darf den Beteiligten kein

Nachteil durch ihr ehrenamtliches Engagement entstehen. Sie sollten Entscheidungen

treffen, Grundlinien festlegen und die Administration kontrollieren, aber keiner admi-

nistrativen Arbeit nachgehen müssen. Unerlässlich ist dabei, dass die demokratischen

Strukturen an den Hochschulen nicht geschmälert werden und in diesem Sinne die aka-

demische Selbstverwaltung gleichermaßen angepasst wird. Hierzu fordern die Liberalen

Hochschulgruppen, dass auf allen Ebenen Studierende aktiv in die Entscheidungsprozesse

mit einbezogen werden.

Die Finanzierung des Studiums

Die staatliche finanzielle Unterstützung von Studierenden nach dem Bundesausbildungs-

förderungsgesetz (BAföG) ist eines der wichtigsten Mittel zur Sicherung des Bürgerrechts

auf Bildung im tertiären Bereich. Sein Ziel ist die Ermöglichung von Bildung nach Neigung

und Eignung des Einzelnen. Weder wird das derzeitige BAföG diesem Ziel gerecht, noch

ist es an sich gerecht. Die Unsicherheit der Einzelnen, ob und in welcher Höhe einem

komplizierten und mithin schwer zu stellenden BAföG-Antrag stattgegeben wird, stellt

für viele eine hohe Barriere bei der Entscheidung für ein Studium dar. Deshalb muss eine

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umfassende Reform stattfinden. Die Liberalen Hochschulgruppen treten dabei für ein

eltern-, und vermögensunabhängiges BAföG ein.

Einen weiteren wichtigen Baustein bei der Studienfinanzierung stellt neben Studienkre-

diten, BAföG, familiären Zuwendungen und Nebenjobs das Stipendiensystem dar. Die

nationalen Begabtenförderungswerke erweisen der Gesellschaft durch finanzielle und

ideelle Unterstützung von Studierenden einen wichtigen Dienst. Das private Stipendien-

wesen, wie auch das Deutschlandstipendium tragen maßgeblich zu der Förderung aka-

demischer Talente bei. Die Liberalen Hochschulgruppen unterstützen ausdrücklich ein

pluralistisches Stipendiensystem, mit dem vielfältige Begabungen und Fähigkeiten geför-

dert werden können, weist aber darauf hin, dass es das Ziel sein muss ein selbsttragen-

des System zu schaffen.

Es ist den Liberalen Hochschulgruppen wichtig, dass eine bessere Gewichtsverteilung der

Stipendien in die Master- und Postgraduiertenprogramme stattfindet. Der Bachelor wird

immer weiter zu einem für viele selbstverständlichen Teil der Ausbildung, während die

Finanzierung späterer Programme schwieriger, aber nicht unwichtiger wird – insbesonde-

re bei der Durchsetzung des geforderten BAföG-Modells.

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3. ... durch die Freiheit der Hochschulen

Ein selbstbestimmtes Studium der einzelnen Studierenden ist nur möglich, wenn die ge-

samte Hochschullandschaft freiheitlich orientiert ist und dabei eine breite Vielfalt bie-

tet. Ziel ist ein vielseitiges Angebot an Hochschulen mit unterschiedlichen Profilen, An-

geboten und methodischen sowie thematischen Schwerpunkten. Damit eine Hochschule

ihr eigenes Profil entwickelt und ihre individuellen Stärken hervorheben kann, benötigt

sie auch die entsprechende institutionelle, personelle und finanzielle Autonomie.

Finanzierung der Hochschulen

Die derzeitigen Finanzierungskonzepte der Hochschulen sind weder für die Gegenwart

noch für die Zukunft geeignet. Die starke Abhängigkeit von staatlicher Reglementierung

und Wahlperioden lässt keine vorausschauende Planung zu. Dieser Zustand nimmt den

Hochschulen Handlungsfähigkeit und lähmt sie in ihrer Entwicklung. Hochschulen sind

keine Unternehmen, aber sie müssen lernen unternehmerisch zu denken. Daher müssen

neue Konzepte geschaffen werden, die eine Kluft zwischen unterfinanzierten staatlichen

Hochschulen und exzellent ausgestatteten Privathochschulen verhindert. Differenzierte

Finanzierungskonzepte der Zukunft müssen auf jede Hochschule individuell zugeschnit-

ten sein und Historie und Umfeld der Hochschule berücksichtigen. Ein Einheitskonzept

wird einer vielseitigen Hochschullandschaft nicht gerecht.

Die Kapazitätsverordnung muss dem konsequent durchgeführten Konzept „Geld folgt

Studierenden“ weichen und die Hochschulen müssen starke Alumnistrukturen aufbauen,

um zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen. Staatliche Sonderförderpro-

gramme für Forschung und Lehre dürfen nicht die Grundfinanzierung stellen, sondern

lediglich Leuchtturmprojekte stärker fördern. Die privaten Mittel sollen einen größeren

Anteil des Haushaltes der Hochschule bilden. In einer starken Kooperation mit der Wirt-

schaft müssen sich die Hochschulen selbstbewusst präsentieren und verantwortungsvoll

agieren. Sie dürfen sich nichts aufzwingen lassen, sondern haben eine große Auswahl an

Kooperationspartnern, die es ihnen ermöglicht auch finanziell attraktive Angebote abzu-

lehnen ohne in Unterfinanzierung zu geraten.

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Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit kann das Einführen von Studienentgelten sein.

Die Liberalen Hochschulgruppen sehen diese jedoch kritisch, da Studierende in ihrer

Studienzeit nicht durch finanzielle Unsicherheiten belastet werden sollen, sondern sich

auf ihr Studium und ihre Lebensplanung konzentrieren sollen. Jedoch sehen die Libera-

len Hochschulgruppen es als gerecht an, wenn jemand, der durch ein Studium profitiert

hat, auch einen Teil direkt an seine Hochschule zurückzahlt. Dies kann teilweise durch

Alumnistrukturen freiwillig geschehen, sollte jedoch flächendeckend durch nachgelager-

te Studienentgelte gesichert werden. Nachgelagerte Studienentgelte sind aus ordnungs-

politischer Sicht das beste Modell, das zur Verbesserung der Studien- und Finanzierungs-

situation entschieden beitragen kann. Studienentgelte sollen dabei grundsätzlich nur zur

Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. Über die Verwendung müssen Studierende

maßgeblich mitentscheiden können.

Die Hochschulen agieren frei in ihrer Haushaltsplanung und bestimmen selbst, wie sie

ihre finanziellen Mittel verteilen.

Profil entwickeln, Personalautonomie und institutionelle Freiräume

Freie Hochschulen brauchen Spielraum und Handlungsfähigkeit. Viel zu oft werden Ent-

wicklungen durch eine lähmende Bürokratie verhindert oder verzögern den Hochschulbe-

trieb. Die Hochschule der Zukunft muss sicherstellen, dass Qualitätsstandards gefunden

und eingehalten werden. Sie ist darauf angewiesen, dass alle Ebenen miteinander kor-

rekt kommunizieren und die Beschlüsse einvernehmlich getroffen und umgesetzt wer-

den. Dabei muss das Prinzip der Subsidiarität innerhalb der Hochschule gelten. Hierfür

ist ein Hochschulmanagement notwendig, gegenüber dem die Hochschulleitung wei-

sungsberechtigt ist. Universitäten müssen Sanktionsmöglichkeiten haben, die denjeni-

gen, die zur Verantwortung gezogen werden können, Handlungsspielraum geben. Quali-

tät darf sich nicht in Konzepten erschöpfen, sondern muss auch umgesetzt werden. Da-

bei muss der Servicegedanke der Hochschulen für die Wissenschaftler und Studierenden

im Mittelpunkt stehen.

Zur Personalautonomie einer Hochschule gehört auch die Vertragsfreiheit der Hochschu-

len mit ihren Angestellten, die von der Landespolitik entkoppelt ist. Die Hochschule

muss zur Profilbildung den finanziellen Handlungsspielraum haben, Dozenten, die für

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den jeweiligen Schwerpunkt wichtig sind, individuelle Angebote zu machen, die über

genormte Tarife hinausgehen. Dabei muss auch individuell verhandelt werden, wie hoch

der Lehr- bzw. Forschungsanteil einer Stelle ist. Die Einheit von Forschung und Lehre ist

Teil des Bildungsideals der Liberalen Hochschulgruppen, muss jedoch im Sinne der Per-

sonalautonomie grundlegend neu gedacht werden. Dabei ist wichtig, dass die Hochschule

insgesamt die Einheit von Forschung und Lehre wahrt – jedoch nicht bei jeder einzelnen

wissenschaftlichen Stelle. Der Zwang jedes Dozenten zu Lehre und Forschung ist nicht

mehr zeitgemäß und verschwendet viele Ressourcen. Ein schlechter Dozent ist in der

Lehre für die Studierenden eine Belastung, kann jedoch durch exzellente Forschung den

Studierenden im Studium viele Möglichkeiten bieten. Von einem solchen Verhältnis profi-

tieren alle Akteure.

Wettbewerb und Kooperation für die besten Ideen

Global, national und regional sollen autonome Hochschulen im Wissenschaftssystem um

die erfolgreichsten Konzepte ringen. In der deutschen Politik konkurrieren die Bundes-

länder um den besten Ordnungsrahmen dafür. Der Wettbewerbsföderalismus ist ein we-

sentlicher Erfolgsfaktor im deutschen Hochschulsystem. Neben dem Wettbewerb müssen

aber auch Kooperationen möglich sein, nicht durch goldene Zügel des Bundes sondern

durch Kooperation zwischen den Bundesländern. Länderübergreifende Hochschulkoope-

rationen oder gemeinsame Hochschulfreiheitsgesetze können effiziente und effektive

Antworten auf die finanziellen sowie organisatorischen Herausforderungen im 21. Jahr-

hundert sein.

Durch mehr Transparenz zu mehr Effizienz und Nachhaltigkeit

Viel zu oft ist nicht nachvollziehbar, wie Hochschulen sich finanzieren, weil viele Teil-

haushalte weder zusammengeführt noch veröffentlicht werden. Ebenso ist die Personal-

politik der Hochschulen häufig intransparent. Die Mechanismen zur Verhinderung von

Vetternwirtschaft haben die Nebenwirkung, dass Lehrstühle lange unbesetzt bleiben, da

bürokratische Bewerbungsverfahren nicht zum Ziel führen. Die Hochschule der Zukunft

ist eigenverantwortlich – aber das bedingt auch maximale Transparenz.

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Der Haushalt einer Hochschule muss nachvollziehbar und transparent gestaltet sein. Je-

dem Mitglied der Hochschule, jedem Studierenden, jedem Bürger, der die Hochschule

durch seine Steuern mitfinanziert, muss es ermöglicht werden, diesen Haushalt aufge-

schlüsselt zu betrachten. Hierbei dürfen auch private Kooperationspartner nicht ausge-

nommen werden. Private Mittel müssen ebenfalls offengelegt werden. Auch die Vergabe

der Stellen muss nachvollziehbar sein. Diese müssen ausgeschrieben werden und brau-

chen ein effizientes Auswahlverfahren, um zeitnah neu besetzt zu werden, damit Leer-

lauf verhindert werden kann. Es darf nicht sein, dass ein Ranking der Bewerber nach ei-

ner gewissen Anzahl an Absagen hinfällig ist. Die Hochschule muss die Freiheit haben,

die Bewerber jederzeit zu kontaktieren und ihnen Fristen zur Annahme der Stelle aufzu-

erlegen. Eine Neubesetzung einer Stelle muss binnen eines Semesters nachvollziehbar

möglich sein.

Epilog

Die Hochschule der Zukunft ist noch in weiter Ferne und es bedarf vieler Veränderungen,

um die Entwicklung zu mehr Selbstbestimmung für Studierende und Hochschulen zu er-

reichen. Die Liberalen Hochschulgruppen engagieren sich ambitioniert in diesem Prozess,

um Weichen zu stellen und für mehr Partizipation und Autonomie zu kämpfen.