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4 | Samstagsgespräch Wirtschaftregional | 8. August 2015 | 5 MIT ANDREA KLAUSBERGER SPRACH KIRSTIN DESCHLER Frau Klausberger, Sie bringen als Part- nervermittlerin seit bald 20 Jahren ein- same Herzen zusammen. Wie fing alles an? Andrea Klausberger: Generell hat mich Partnervermittlung an sich schon immer fasziniert. Vor zwanzig Jahren habe ich in München an einer Englisch- schule gearbeitet. Dort haben wir einen «Friendsclub» gegründet, zu dem sehr viele unterschiedliche Leute gekommen sind, einfach um sich auf Englisch aus- zutauschen und gemeinsam etwas zu unternehmen. Das war 1995, zu einer Zeit also, als HIV und Aids ein Riesen- thema war. Mir ist aufgefallen, dass je grösser die Stadt ist, desto mehr HIV-po- sitive Singles gibt es auch. Für sie war es noch schwieriger, einen Partner zu fin- den. Ich bin dann von München wieder zurück in die Schweiz gezogen und habe für mich selbst ein bisschen Marktfor- schung betrieben. Da hat sich sehr schnell gezeigt, dass die Lage hier ähn- lich ist, es aber keine Partnervermittlung für HIV-postive Menschen gibt. Da dachte ich mir, dass ich es versuchen könnte und das hat auch ziemlich schnell eingeschlagen wie eine Bombe: Da kamen Anfragen aus der ganzen Welt. China, Amerika, von überall her haben sich Menschen bei mir gemeldet. Das hat mich absolut überrascht, weil ich die Partnervermittlung eigentlich mehr als Hobby betreiben wollte. Hatten Sie von Anfang an den Gedan- ken, die Vermittlung auszuweiten und auch nicht infizierte Singles zusam- menzubringen? Nein, überhaupt nicht. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass das so einschla- gen würde. Auf die Dauer hielten sich die Anfragen von HIV-positiven Men- schen jedoch in Grenzen. Was dann aber auf einmal kam, waren Anfragen von Menschen mit Handicap. Daran hatte ich selbst gar nicht gedacht, aber als ich den Markt analysiert habe, ist mir auf- gefallen, dass es auch keine Partnerver- mittlung für behinderte Menschen gibt. Das hat sich also ganz natürlich entwi- ckelt. Dazu kam dann noch die Bera- tung von homosexuellen Singles, für die es, genauso wie für Behinderte, bis heute, in der Schweiz kein anderes An- gebot gibt, als meines. Da ich keine «Ghettoisierung» wollte, dachte ich mir, dass ich konsequenterweise gleich eine ganz offene Vermittlung für alle Men- schen anbieten müsste und so entstand die Partnervermittlung mit Herz. Sie sagten, Sie wären schon immer vom System Partnervermittlung fasziniert gewesen. Haben Sie auch persönliche Erfahrungen damit gemacht? Ja das habe ich und leider sehr negative. Das war ein weiterer Grund, selbst eine Agentur zu gründen. Als ich von Mün- chen zurück in die Schweiz gezogen bin, habe ich ziemlich abgelegen auf dem Land gewohnt und nie- manden gekannt. Also dachte ich mir, dass ich es einmal mit einer Singlebörse versuchen könnte. Alles in allem eine ernüchternde Er- fahrung. Als ich von der Beraterin nach Hause gefahren bin, habe ich mich ehr- lich mies gefühlt und bei mir gedacht, dass ich das besser machen könnte. Sie haben die Vermittlung zunächst in Ihrer Freizeit betrieben, neben Ihrer Festanstellung als Aussendienstmitar- beiterin einer Bergsportfirma. Wie ging es weiter? Ich war in meiner damaligen Anstellung nicht ausgelastet und dachte mir, dass ich die Vermittlung nebenher betreiben könnte. Irgendwann liess sich beides nicht mehr vereinen. Ich hatte mein Pensum bei Schöffel zunächst auf 50 Prozent reduziert, mich dann aber ganz selbstständig gemacht. Die ersten zehn Jahre waren wirklich ziemlich hart. Ich habe sozusagen von der Hand in den Mund gelebt. Wer reich werden möchte, sollte besser keine Partnervermittlung betreiben. Aber nicht nur in finanzieller Hinsicht waren gerade die Anfangsjahre enorm kräftezehrend: Da ich mich auf die Vermittlung von Personen konzen- triert habe, die in gewisser Weise Min- derheitengruppen angehören und da- dadurch vielfach stigmatisiert wurden, wurde ich oft angefeindet. So wurde ich zum Beispiel aus einem Behinderten- Wohnheim geworfen, mit dem Hinweis, dass diese Menschen so etwas nicht brauchen würden. Es gab auch Mails, in denen gefragt wurde, ob ich Gott spie- len möchte, weil ich HIV-positive Men- schen zusammenbringe. Was hat Sie motiviert dennoch durch- zuhalten und weiterzumachen? Ganz eindeutig die positiven Aspekte meines Berufs. Wenn zwei Menschen sich verlieben und zusammenbleiben oder sogar heiraten, dann ist das beson- ders schön. Ich wollte in meinem Leben etwas Sinnvolles machen. Für mich ist Liebe, egal in welcher Form, das Wich- tigste im Leben. Durchgehalten habe ich vor allem, weil ich immer noch die einzige bin, die speziell auch Menschen mit Behinderung zusammenbringt. Ich dachte mir, wenn ich das aufgebe, dann haben diese Menschen so gut wie über- haupt keine Chance mehr auf die Liebe. Haben Sie besondere «Herzenspaare»? Ja, mehrere sogar. Von Anfang an war es eines meiner Ziele, für Menschen mit Handicap die Möglichkeit zu schaffen, zusammen mit einem Partner ausser- halb eines Heims leben zu können. Das ist auch schon bei mehreren Paaren ge- glückt und freut mich immer ganz be- sonders. Eine schöne Geschichte war auch, als ich einen 35-jährigen Mann, der durch eine Krankheit entstellt war, und noch nie eine Beziehung hatte, mit einer Frau zusammenbringen konnte, die blind ist. Bei den beiden hat die Liebe sofort eingeschlagen und mittler- weile sind sie verheiratet. Auch das erste Paar ist ein ganz besonderes für mich: beide sind HIV-positiv, immer noch zusammen und haben ein HIV- negatives Baby bekommen. Solche schönen Lebensgeschichten be- kommt man wahrscheinlich nur bei einer persönlichen Partnervermittlung mit. Was sind weitere Vorteile gegenüber Online-Kontaktbörsen? Viele Leute sind frustriert von der Inter- netsuche. Die Anbieter sind oft nicht se- riös und man weiss nicht, wer hinter dem Computer sitzt und ob die Angaben stimmen. Ich möchte die Menschen kennen, die ich weitervermittle. Und der Markt gibt mir Recht: Während Online- Portale stagnieren oder sogar zurückge- hen, kann ich mich nicht über mangeln- de Aufträge beschweren, im Gegenteil. Sie sind die grösste Partnervermittlung der Schweiz. Was machen Sie besser als Ihre Mitbewerber? Ich glaube wir haben uns einen guten Ruf erworben, weil wir uns intensiv mit den individuellen Wünschen unserer Kunden auseinandersetzen. Wir arbei- ten transparent, unsere Verträge sind korrekt, was leider viel zu oft nicht der Fall ist, und wir sind mit unseren Büros präsent und immer erreichbar. Wie viele Singles haben Sie unter Ver- trag? Ich habe zwischen 700 und 800 Klienten. Für mich ist es aber nicht wichtig, eine möglichst grosse Datenbank zu haben, sondern dass jeden Monat Menschen glücklich vermittelt werden und wieder neue Singles dazukommen. Mittlerweile vermitteln wir pro Jahr sicher 30 bis 50 Paare. Das waren am Anfang natürlich noch nicht so viele. Garantien für eine erfolgreiche Vermittlung gebe ich nicht ab, das wäre unseriös und illusorisch. Gibt es den typischen Kunden? Nein, wir haben Männer und Frauen von 22 bis 86 Jahren in der Kartei. Alle mit ganz unterschiedlichen Charakte- ren, Berufen, Vorstellungen und Bedürf- nissen. Grundsätzlich melden sich im Alter zwischen 25 und 40 mehr Männer, während in der Altersklasse 50plus mehr Frauen einen Partner suchen. Was ist der begehrteste Singletypus? Da gibt es zwei Gruppen: Einmal junge, gutaussehende Frauen, die über eine ge- wisse Bildung verfügen und eine Familie gründen wollen. Und zweitens gut situ- ierte, gebildete und attraktive ältere Herren zwischen 60 und 70. Die gehen weg wie warme Weggli! Im Grunde bestätigt das eigentlich alt- hergebrachte Rollenklischees. Hat sich die Partnervermittlung in den vergan- genen 20 Jahren gross verändert? Grossartig nicht, das kann ich nicht be- stätigen. Was sich verändert hat ist, dass Menschen, die eine Familie gründen wol- len, immer älter werden. Auch sind ältere Frauen jetzt viel selbstbewusster und wünschen sich jüngere Männer. Das zu erfüllen ist aber nach wie vor schwierig. Sie geben bewusst keine Erfolgsgarantie und es gibt sicher Fälle, in denen kein geeigneter Partner gefunden wird. Wie geht es Ihnen, wenn Sie das Ihrem Kun- den mitteilen müssen? Besonders oft geschieht dies bei schwer- behinderten Menschen. Ich habe viele junge behinderte Männer, aber fast keine Frauen. Das ist schwierig und es ist einfach Fakt, dass wir viele Leute traurig machen, weil ich nicht alle Menschen vermitteln kann. Manchmal kriegt man dann auch den kompletten angestauten Frust der Person ab. Das ist hart und muss man aushalten können. Am An- fang hatte ich grosse Mühe damit. Es hat mir selbst weh getan, da viele auch ge- weint haben. Jetzt, nach 20 Jahren, kann ich besser damit umgehen. Aber ich werde mich nie daran gewöhnen. Die Zeiten für die Liebe sind nicht die rosigsten: Es herrscht eine hohe Schei- dungsrate, Tendenz steigend. Lassen Sie sich davon entmutigen? Nein. Ich bin überzeugt davon, dass die hohe Scheidungsrate eher ein von der Gesellschaft gemachtes Problem ist. Es wird immer einfacher, getrennte Wege zu gehen, man kommt auch alleine durch Leben, auch als alleinerziehende Frau. Das war früher nicht der Fall. Der Vorteil für mich als Geschäftsfrau ist, dass dadurch natürlich auch viele Men- schen wiederkommen. Haben Sie auch schon Klienten abge- lehnt? Ja, aber das kommt wirklich sehr selten vor. Auch wenn jemand noch so schwer behindert ist, sage ich nie nein. Allerdings weise ich natürlich schon darauf hin, dass es schwierig werden könnte. Abgelehnt habe ich aber einen Mann, der kam und meinte, es sei ihm alles egal, hauptsache die Frau ist gross, blond und hat einen grossen Busen. Und auch Frauen, die ganz klar formulierten, dass ihnen nur das Vermögen wichtig ist, habe ich die Tür gewiesen. Und dann hatte ich noch einen kuriosen Fall, in dem ein Inder mit seiner Schwester kam, die durchgehend geweint hat. Ich sollte sie quasi zwangs- vermitteln, das habe ich auch abgelehnt. Nicht selbstverständlich für eine Bran- che, in der es viele schwarze Schafe gibt. Leider. Das ist einer der Gründe, warum ich in Zukunft auch auf die Ausbildung von Single-Beratern setzen möchte. Damit könnte man der oftmals unseriö- sen Branche zu neuem Ansehen zu ver- helfen und einsamen Menschen auf kompetente, herzliche und seriöse Art zur Liebe. Erst kürzlich hat mich eine Frau kontaktiert, die gerne eine Partner- vermittlung für adipöse Menschen grün- den und gerne beraten werden würde. Das finde ich extrem spannend. Sie leben selbst in einer Beziehung. Haben Sie Ihren Partner eigentlich durch die Agentur kennengelernt? Nein, bei mir lief das ganz klassisch über Freunde auf einer Geburtstagsfeier. Haben Sie ein Geheimrezept für die Liebe? Ehrlichkeit ist sicher sehr wichtig und auch, dass man keine Bedingungen an die Liebe knüpft. Die Top drei, die von meinen Kunden nachgefragt werden, sind Ehrlichkeit, Humor und Toleranz. «Die Top drei, die von meinen Kunden nachgefragt werden, sind Ehrlichkeit, Humor und Toleranz.» Die meisten Menschen auf Partnersuche kommen erst zu Andrea Klausbeger, wenn es bereits «fünf vor zwölf» ist. Ihre Aufgabe ist es, der Liebe ein wenig nachzuhelfen und das macht sie mit grossem Erfolg. Bilder: Daniel Ospelt «Durchgehalten habe ich vor allem, weil ich immer noch die einzige bin, die speziell auch Menschen mit Behinderung zusammebringt.» Andrea Klausberger, Geschäftsführerin der Andrea Klausberger Beratungs GmbH STECKBRIEF Name: Andrea Klausberger Funktion: Geschäftsführerin der Andrea Klausberger Beratungs GmbH Jahrgang: 1966 Karriere: Zuerst als Erwachsenen- bildnerin in Englisch am Wall Street Institute in München und St. Gallen tätig. Anschliessend ab- solvierte Andrea Klausberger eine Ausbildung in Verkauf und Marke- ting und arbeitete als Aussen- dienstmitarbeiterin einer Berg- sportfirma. Nebenbei baute sie ihre Partnervermittlungsagentur auf, bis sie vollständig den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. Privates: In einer Beziehung und wohnhaft in Flawil. Das Unternehmen: Andrea Klaus- berger begann im Oktober 1995 zunächst hobbymässig als Part- nervermittlerin für HIV-positive Menschen, dann kam die Vermitt- lung von Menschen mit Handicap sowie EqualPartner, die einzige Partnervermittlung für gleichge- schlechtliche Singles in der Schweiz dazu. Mit dem Kauf der Partnervermittlung Pro Due, eine Vermittlung speziell auf ältere Sin- gles zugeschnitten, wurde das Portfolio vervollständigt. Heute ist die Andrea Klausberger GmbH die grösste Partnervermittlungsagen- tur der Schweiz und zählt rund 800 Kunden. Diese werden von drei Mitarbeiterinnen am Haupt- sitz in Flawil und den Standorten Luzern sowie im Tessin betreut. «Liebe, egal in welcher Form, ist das Wichtigste im Leben» Amors Assistentin Seit bald 20 Jahren ist Andrea Klausberger im Namen der Liebe unterwegs. Die grösste Partnervermittlung der Schweiz zählt rund 800 Kunden. Als einzige Agentur kümmert sie sich speziell auch um das Liebesglück homosexueller sowie behinderter Singles in der Schweiz.

«Liebe, egal in welcher Form, ist das Wichtigste im Leben» · Partnervermittlung an sich schon immer fasziniert. Vor zwanzig Jahren habe ich in München an einer Englisch - schule

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Page 1: «Liebe, egal in welcher Form, ist das Wichtigste im Leben» · Partnervermittlung an sich schon immer fasziniert. Vor zwanzig Jahren habe ich in München an einer Englisch - schule

4|Samstagsgespräch Wirtschaftregional|8. August 2015|5

MIT ANDREA KLAUSBERGERSPRACH KIRSTIN DESCHLER

Frau Klausberger, Sie bringen als Part-nervermittlerin seit bald 20 Jahren ein-same Herzen zusammen. Wie fing allesan?Andrea Klausberger: Generell hat michPartnervermittlung an sich schonimmer fasziniert. Vor zwanzig Jahrenhabe ich in München an einer Englisch-schule gearbeitet. Dort haben wir einen«Friendsclub» gegründet, zu dem sehrviele unterschiedliche Leute gekommensind, einfach um sich auf Englisch aus-zutauschen und gemeinsam etwas zuunternehmen. Das war 1995, zu einerZeit also, als HIV und Aids ein Riesen-thema war. Mir ist aufgefallen, dass jegrösser die Stadt ist, desto mehr HIV-po-sitive Singles gibt es auch. Für sie war esnoch schwieriger, einen Partner zu fin-den. Ich bin dann von München wiederzurück in die Schweiz gezogen und habefür mich selbst ein bisschen Marktfor-schung betrieben. Da hat sich sehrschnell gezeigt, dass die Lage hier ähn-lich ist, es aber keinePartnervermittlung fürHIV-postive Menschengibt. Da dachte ich mir,dass ich es versuchenkönnte und das hatauch ziemlich schnelleingeschlagen wie eine Bombe: Dakamen Anfragen aus der ganzen Welt.China, Amerika, von überall her habensich Menschen bei mir gemeldet. Dashat mich absolut überrascht, weil ich diePartnervermittlung eigentlich mehr alsHobby betreiben wollte.

Hatten Sie von Anfang an den Gedan-ken, die Vermittlung auszuweiten undauch nicht infizierte Singles zusam-menzubringen?Nein, überhaupt nicht. Ich hatte nichtdamit gerechnet, dass das so einschla-gen würde. Auf die Dauer hielten sichdie Anfragen von HIV-positiven Men-schen jedoch in Grenzen. Was dann aber

auf einmal kam, waren Anfragen vonMenschen mit Handicap. Daran hatteich selbst gar nicht gedacht, aber als ichden Markt analysiert habe, ist mir auf-gefallen, dass es auch keine Partnerver-mittlung für behinderte Menschen gibt.Das hat sich also ganz natürlich entwi-ckelt. Dazu kam dann noch die Bera-tung von homosexuellen Singles, für diees, genauso wie für Behinderte, bisheute, in der Schweiz kein anderes An-gebot gibt, als meines. Da ich keine«Ghettoisierung» wollte, dachte ich mir,dass ich konsequenterweise gleich eineganz offene Vermittlung für alle Men-schen anbieten müsste und so entstanddie Partnervermittlung mit Herz.

Sie sagten, Sie wären schon immer vomSystem Partnervermittlung fasziniertgewesen. Haben Sie auch persönlicheErfahrungen damit gemacht?Ja das habe ich und leider sehr negative.Das war ein weiterer Grund, selbst eineAgentur zu gründen. Als ich von Mün-chen zurück in die Schweiz gezogen bin,habe ich ziemlich abgelegen auf dem

Land gewohnt und nie-manden gekannt. Alsodachte ich mir, dass iches einmal mit einerSinglebörse versuchenkönnte. Alles in allemeine ernüchternde Er-

fahrung. Als ich von der Beraterin nachHause gefahren bin, habe ich mich ehr-lich mies gefühlt und bei mir gedacht,dass ich das besser machen könnte.

Sie haben die Vermittlung zunächst inIhrer Freizeit betrieben, neben IhrerFestanstellung als Aussendienstmitar-beiterin einer Bergsportfirma. Wie ginges weiter?Ich war in meiner damaligen Anstellungnicht ausgelastet und dachte mir, dassich die Vermittlung nebenher betreibenkönnte. Irgendwann liess sich beidesnicht mehr vereinen. Ich hatte meinPensum bei Schöffel zunächst auf 50Prozent reduziert, mich dann aber ganz

selbstständig gemacht. Die ersten zehnJahre waren wirklich ziemlich hart. Ichhabe sozusagen von der Hand in denMund gelebt. Wer reich werden möchte,sollte besser keine Partnervermittlungbetreiben. Aber nicht nur in finanziellerHinsicht waren gerade die Anfangsjahreenorm kräftezehrend: Da ich mich aufdie Vermittlung von Personen konzen-triert habe, die in gewisser Weise Min-derheitengruppen angehören und da-dadurch vielfach stigmatisiert wurden,wurde ich oft angefeindet. So wurde ichzum Beispiel aus einem Behinderten-Wohnheim geworfen, mit dem Hinweis,dass diese Menschen so etwas nichtbrauchen würden. Es gab auch Mails, indenen gefragt wurde, ob ich Gott spie-len möchte, weil ich HIV-positive Men-schen zusammenbringe.

Was hat Sie motiviert dennoch durch-zuhalten und weiterzumachen?Ganz eindeutig die positiven Aspektemeines Berufs. Wenn zwei Menschensich verlieben und zusammenbleibenoder sogar heiraten, dann ist das beson-ders schön. Ich wollte in meinem Lebenetwas Sinnvolles machen. Für mich istLiebe, egal in welcher Form, das Wich-tigste im Leben. Durchgehalten habeich vor allem, weil ich immer noch dieeinzige bin, die speziell auch Menschenmit Behinderung zusammenbringt. Ichdachte mir, wenn ich das aufgebe, dannhaben diese Menschen so gut wie über-haupt keine Chance mehr auf die Liebe.

Haben Sie besondere «Herzenspaare»?Ja, mehrere sogar. Von Anfang an war eseines meiner Ziele, für Menschen mitHandicap die Möglichkeit zu schaffen,zusammen mit einem Partner ausser-halb eines Heims leben zu können. Dasist auch schon bei mehreren Paaren ge-glückt und freut mich immer ganz be-sonders. Eine schöne Geschichte warauch, als ich einen 35-jährigen Mann,der durch eine Krankheit entstellt war,und noch nie eine Beziehung hatte, miteiner Frau zusammenbringen konnte,die blind ist. Bei den beiden hat dieLiebe sofort eingeschlagen und mittler-weile sind sie verheiratet. Auch daserste Paar ist ein ganz besonderes fürmich: beide sind HIV-positiv, immernoch zusammen und haben ein HIV-negatives Baby bekommen.

Solche schönen Lebensgeschichten be-kommt man wahrscheinlich nur beieiner persönlichen Partnervermittlungmit. Was sind weitere Vorteile gegenüberOnline-Kontaktbörsen? Viele Leute sind frustriert von der Inter-netsuche. Die Anbieter sind oft nicht se-riös und man weiss nicht, wer hinterdem Computer sitzt und ob die Angabenstimmen. Ich möchte die Menschenkennen, die ich weitervermittle. Und derMarkt gibt mir Recht: Während Online-Portale stagnieren oder sogar zurückge-hen, kann ich mich nicht über mangeln-de Aufträge beschweren, im Gegenteil.

Sie sind die grösste Partnervermittlungder Schweiz. Was machen Sie besser alsIhre Mitbewerber? Ich glaube wir haben uns einen gutenRuf erworben, weil wir uns intensiv mitden individuellen Wünschen unsererKunden auseinandersetzen. Wir arbei-ten transparent, unsere Verträge sindkorrekt, was leider viel zu oft nicht derFall ist, und wir sind mit unseren Bürospräsent und immer erreichbar.

Wie viele Singles haben Sie unter Ver-trag?Ich habe zwischen 700 und 800 Klienten.Für mich ist es aber nicht wichtig, einemöglichst grosse Datenbank zu haben,sondern dass jeden Monat Menschenglücklich vermittelt werden und wiederneue Singles dazukommen. Mittlerweilevermitteln wir pro Jahr sicher 30 bis 50Paare. Das waren am Anfang natürlichnoch nicht so viele. Garantien für eineerfolgreiche Vermittlung gebe ich nichtab, das wäre unseriös und illusorisch.

Gibt es den typischen Kunden?Nein, wir haben Männer und Frauenvon 22 bis 86 Jahren in der Kartei. Allemit ganz unterschiedlichen Charakte-

ren, Berufen, Vorstellungen und Bedürf-nissen. Grundsätzlich melden sich imAlter zwischen 25 und 40 mehr Männer,während in der Altersklasse 50plus mehrFrauen einen Partner suchen.

Was ist der begehrteste Singletypus?Da gibt es zwei Gruppen: Einmal junge,gutaussehende Frauen, die über eine ge-wisse Bildung verfügen und eine Familiegründen wollen. Und zweitens gut situ-ierte, gebildete und attraktive ältereHerren zwischen 60 und 70. Die gehenweg wie warme Weggli!

Im Grunde bestätigt das eigentlich alt-hergebrachte Rollenklischees. Hat sichdie Partnervermittlung in den vergan-genen 20 Jahren gross verändert?Grossartig nicht, das kann ich nicht be-stätigen. Was sich verändert hat ist, dassMenschen, die eine Familie gründen wol-len, immer älter werden. Auch sind ältereFrauen jetzt viel selbstbewusster undwünschen sich jüngere Männer. Das zuerfüllen ist aber nach wie vor schwierig.

Sie geben bewusst keine Erfolgsgarantieund es gibt sicher Fälle, in denen keingeeigneter Partner gefunden wird. Wiegeht es Ihnen, wenn Sie das Ihrem Kun-den mitteilen müssen?Besonders oft geschieht dies bei schwer-behinderten Menschen. Ich habe vielejunge behinderte Männer, aber fastkeine Frauen. Das ist schwierig und es isteinfach Fakt, dass wir viele Leute traurigmachen, weil ich nicht alle Menschenvermitteln kann. Manchmal kriegt mandann auch den kompletten angestautenFrust der Person ab. Das ist hart undmuss man aushalten können. Am An-fang hatte ich grosse Mühe damit. Es hatmir selbst weh getan, da viele auch ge-weint haben. Jetzt, nach 20 Jahren, kannich besser damit umgehen. Aber ichwerde mich nie daran gewöhnen.

Die Zeiten für die Liebe sind nicht dierosigsten: Es herrscht eine hohe Schei-dungsrate, Tendenz steigend. Lassen Siesich davon entmutigen?Nein. Ich bin überzeugt davon, dass diehohe Scheidungsrate eher ein von derGesellschaft gemachtes Problem ist. Eswird immer einfacher, getrennte Wegezu gehen, man kommt auch alleinedurch Leben, auch als alleinerziehendeFrau. Das war früher nicht der Fall. DerVorteil für mich als Geschäftsfrau ist,dass dadurch natürlich auch viele Men-schen wiederkommen.

Haben Sie auch schon Klienten abge-lehnt?Ja, aber das kommt wirklich sehr seltenvor. Auch wenn jemand noch so schwerbehindert ist, sage ich nie nein. Allerdingsweise ich natürlich schon darauf hin, dasses schwierig werden könnte. Abgelehnthabe ich aber einen Mann, der kam undmeinte, es sei ihm alles egal, hauptsachedie Frau ist gross, blond und hat einengrossen Busen. Und auch Frauen, dieganz klar formulierten, dass ihnen nurdas Vermögen wichtig ist, habe ich dieTür gewiesen. Und dann hatte ich nocheinen kuriosen Fall, in dem ein Inder mitseiner Schwester kam, die durchgehendgeweint hat. Ich sollte sie quasi zwangs-vermitteln, das habe ich auch abgelehnt.

Nicht selbstverständlich für eine Bran-che, in der es viele schwarze Schafe gibt.Leider. Das ist einer der Gründe, warumich in Zukunft auch auf die Ausbildungvon Single-Beratern setzen möchte.Damit könnte man der oftmals unseriö-sen Branche zu neuem Ansehen zu ver-helfen und einsamen Menschen aufkompetente, herzliche und seriöse Artzur Liebe. Erst kürzlich hat mich eineFrau kontaktiert, die gerne eine Partner-vermittlung für adipöse Menschen grün-den und gerne beraten werden würde.Das finde ich extrem spannend.

Sie leben selbst in einer Beziehung.Haben Sie Ihren Partner eigentlichdurch die Agentur kennengelernt?Nein, bei mir lief das ganz klassisch überFreunde auf einer Geburtstagsfeier.

Haben Sie ein Geheimrezept für dieLiebe?Ehrlichkeit ist sicher sehr wichtig undauch, dass man keine Bedingungen andie Liebe knüpft. Die Top drei, die vonmeinen Kunden nachgefragt werden,sind Ehrlichkeit, Humor und Toleranz.

«Die Top drei, die von meinen Kundennachgefragt werden,

sind Ehrlichkeit, Humorund Toleranz.»

Die meisten Menschen auf Partnersuche kommen erst

zu Andrea Klausbeger, wenn es bereits «fünf vor zwölf» ist. Ihre Aufgabe ist es, der Liebe

ein wenig nachzuhelfen und dasmacht sie mit grossem Erfolg.

Bilder: Daniel Ospelt

«Durchgehaltenhabe ich vor allem,weil ich immernoch die einzigebin, die speziellauch Menschen mit Behinderungzusammebringt.»Andrea Klausberger,Geschäftsführerin der Andrea KlausbergerBeratungs GmbH

STECKBRIEFName: Andrea KlausbergerFunktion: Geschäftsführerin derAndrea Klausberger BeratungsGmbHJahrgang: 1966Karriere: Zuerst als Erwachsenen-bildnerin in Englisch am WallStreet Institute in München undSt.Gallen tätig. Anschliessend ab-solvierte Andrea Klausberger eineAusbildung in Verkauf und Marke-ting und arbeitete als Aussen-dienstmitarbeiterin einer Berg-sportfirma. Nebenbei baute sieihre Partnervermittlungsagenturauf, bis sie vollständig den Schrittin die Selbstständigkeit wagte.Privates: In einer Beziehung undwohnhaft in Flawil.Das Unternehmen: Andrea Klaus-berger begann im Oktober 1995zunächst hobbymässig als Part-nervermittlerin für HIV-positiveMenschen, dann kam die Vermitt-lung von Menschen mit Handicapsowie EqualPartner, die einzigePartnervermittlung für gleichge-schlechtliche Singles in derSchweiz dazu. Mit dem Kauf derPartnervermittlung Pro Due, eineVermittlung speziell auf ältere Sin-gles zugeschnitten, wurde dasPortfolio vervollständigt. Heute istdie Andrea Klausberger GmbH diegrösste Partnervermittlungsagen-tur der Schweiz und zählt rund800 Kunden. Diese werden vondrei Mitarbeiterinnen am Haupt-sitz in Flawil und den StandortenLuzern sowie im Tessin betreut.

«Liebe, egal in welcher Form, ist dasWichtigste im Leben»Amors Assistentin Seit bald 20 Jahren ist Andrea Klausberger im Namen der Liebe unterwegs. Die grösste Partnervermittlung der Schweiz zählt rund 800 Kunden. Als einzige Agentur kümmert sie sich speziell auch um das Liebesglück homosexueller sowie behinderter Singles in der Schweiz.