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Nr. 4 | 33. Jahrgang 2002 | Physik in unserer Zeit | 197 | MAGAZIN sich dann die resultierende Einstrah- lung auf der Erdoberfläche berech- nen. Die Ergebnisse dienen einerseits zur Modellierung geplanter Photovol- taik-Anlagen, andererseits lassen sich auch durch Vergleich mit der bereit- gestellten Leistung die Effizienz einer bestehenden Anlage bewerten und Fehlfunktionen entdecken. Daneben werden aber auch weiterhin Messun- gen auf der Erdoberfläche durchge- führt. Diese dienen unter anderem zur Bestimmung des so genannten UV-Indexes, einem Maß für die physiologische Wirkung der Einstrah- lung. Literatur und Internet A. Voskuhl, Brit. J. for the Hist. of Science 1997, 30, 337. D.S. Evans et al. (Hrsg.), Herschel at the Cape, Univ. of Texas Press, Austin, 1969. D. Heinemann et al., Phys. Bl. 1999, 55 (4), 47. www-groups.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathe- maticians/Herschel.html www.astroleague.org/al/obsclubs/herschel/fw hershs.html www.dwd.de/general/meteosat.html www.dwd.de/research/mop/mop1.html www.umweltdaten.de/down-d/uv.pdf Peter Heering, Uni Oldenburg Abb. 3 Mit Meteosat gewonnene Deutschlandkarte der Strahlungs- summe im April 1998. Die Werte reichen von < 83 kWh/m 2 (grün) bis 130 kWh/m 2 (rot). In seiner Kindheit soll er ein eher schüchterner Junge gewesen sein. Doch im Laufe der Zeit wird aus ihm ein wilder Stier, aufs Blut gereizt von Ungerechtigkeiten im Pensionat, den Mängeln der jeweils herrschenden Regierung und der Dumpfheit wis- senschaftlicher Institutionen, im besonderen der Académie de Scien- ces. Er flüchtet sich in seine eigene Welt, vor allem die der Mathematik. Doch seine mathematischen Ideen finden nicht den Anklang, den sie seiner Meinung nach verdienten. Dreimal sendet er sein „mémoire“ an die Académie. Darin stellt er eine Theorie vor, mit der sich zum Bei- spiel beweisen lässt, ob und unter welchen Bedingungen die Nullstellen eines Polynoms analytisch darstellbar sind. Die Arbeit ist ein genialer Brückenschlag zwischen Geometrie und Algebra und heute Stoff einer jeden Algebravorlesung. In der Schule allerdings wird er so zum Außenseiter. Seine Mitschüler wollen mit ihm nichts zu tun haben. Zum einen verstehen sie ihn nicht – nicht einmal die hohen Herren der Académie scheinen seine unklare Ausdrucksweise voll begriffen zu haben –, zum anderen fürchten sie, mit ihm in die blutigen Revolutions- wirren gezogen zu werden. Seinem Revolutionsaktivismus verdankt er es denn auch, dass er schließlich von der Schule fliegt. Gelernt hat er dort ohnehin wenig, was ihn interessiert hätte. „Wird im Unterricht je der Versuch unternommen, den wahren Geist der Wissenschaft zu verstehen, durch die Erklärung der einfachsten Metho- den?“, wütet er in einem offenen Brief. „Wie lange noch werden die elenden Jugendlichen gezwungen, HISTORISCHES RÄTSEL | Liebe, Revolution und Mathematik Die Absagen seiner Angebeten zerriss er, weil sie ihm das Herz zerfetzten. Anschließend klebte er die Zettel wieder zusammen. Und starrte dann weiter auf den Zellenboden, grübelnd über die Liebe, die Mathematik und die Revolution: Seine Hauptbeschäf- tigung in der neun Monate währenden Gefängnishaft. den ganzen Tag nichts zu tun als zuzuhören und den Stoff wiederzuge- ben?“ Er kämpft aber nicht nur für einen besseren Unterricht, sondern auch für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und gegen den König Louis Philippe. Dessen Vorgänger hatte seinen Vater in den Selbstmord getrieben. Kein Wunder also, dass der Jugendliche zum Beispiel bei einem Gelage aufspringt und, mit seinem neuen Taschenmesser fuchtelnd, ruft, dies sei für Louis Philippe. Natürlich wird er nach dem folgenden Aufruhr verhaftet und vor Gericht gestellt. Mit der Teilnahme an einer Demonstration in Uniformrock und Waffen ist dann das Maß endgültig voll, und er muss ins Zuchthaus. Doch das macht den 20jährigen erst recht trotzig. Kaum ist er wieder in Freiheit, macht er weiter mit der Revolution, der er sein Leben opfern will: Einem Polizeispitzel will er seinen Tod dann in die Schuhe schieben. Im Morgengrauen setzt er ein Duell an. Später wird behauptet, nur die Waffe des unbekannten Gegners sei geladen gewesen. Wie dem auch sei: Er stirbt wie erwartet an einem Bauchschuss. Und die Revolution? Sie bleibt aus. Geblieben ist uns von ihm aber seine Theorie, die sich mit der Auflösbarkeit alge- braischer Gleichungen befasst. Andreas Loos, Berlin Wer war der hitzige mathematische Revo- lutionär? Schreiben Sie die Lösung auf ei- ne Postkarte (keine Briefe oder Email) und schicken Sie diese an: Physik in unse- rer Zeit, Wiley-VCH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Einsendeschluss ist der 15.8.2001. Der Rechtsweg ist aus- geschlossen. Wir verlosen drei Exemplare des Buches: Verschränkte Welt von Jürgen Andretsch. Auflösung aus Heft 3/2002 Der sportliche Po- larbär war Alfred Wegener (1.11.1880 bis Mitte November 1930). Die Gewinner aus Heft 2/2002 R. Friedmann aus Gießen, A. Zetsche aus Dreieich und S. Wichmann aus Potsdam. Wir gratulieren den Gewinnern.

Liebe, Revolution und Mathematik

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Page 1: Liebe, Revolution und Mathematik

Nr. 4| 33. Jahrgang 2002 | Physik in unserer Zeit | 197

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sich dann die resultierende Einstrah-lung auf der Erdoberfläche berech-nen. Die Ergebnisse dienen einerseitszur Modellierung geplanter Photovol-taik-Anlagen, andererseits lassen sichauch durch Vergleich mit der bereit-gestellten Leistung die Effizienz einerbestehenden Anlage bewerten undFehlfunktionen entdecken. Danebenwerden aber auch weiterhin Messun-gen auf der Erdoberfläche durchge-führt. Diese dienen unter anderemzur Bestimmung des so genanntenUV-Indexes, einem Maß für diephysiologische Wirkung der Einstrah-lung.

Literatur und InternetA. Voskuhl, Brit. J. for the Hist. of Science 11999977,30, 337.D.S. Evans et al. (Hrsg.), Herschel at the Cape,Univ. of Texas Press, Austin, 1969.D. Heinemann et al., Phys. Bl. 11999999, 55 (4), 47.

www-groups.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathe-maticians/Herschel.htmlwww.astroleague.org/al/obsclubs/herschel/fwhershs.htmlwww.dwd.de/general/meteosat.htmlwww.dwd.de/research/mop/mop1.htmlwww.umweltdaten.de/down-d/uv.pdf

Peter Heering, Uni Oldenburg

Abb. 3 Mit Meteosat gewonneneDeutschlandkarte der Strahlungs-summe im April 1998. Die Wertereichen von < 83 kWh/m2 (grün) bis 130 kWh/m2 (rot).

In seiner Kindheit soll er ein eherschüchterner Junge gewesen sein.Doch im Laufe der Zeit wird aus ihmein wilder Stier, aufs Blut gereizt vonUngerechtigkeiten im Pensionat, denMängeln der jeweils herrschendenRegierung und der Dumpfheit wis-senschaftlicher Institutionen, imbesonderen der Académie de Scien-ces. Er flüchtet sich in seine eigeneWelt, vor allem die der Mathematik.

Doch seine mathematischenIdeen finden nicht den Anklang, densie seiner Meinung nach verdienten.Dreimal sendet er sein „mémoire“ an die Académie. Darin stellt er eineTheorie vor, mit der sich zum Bei-spiel beweisen lässt, ob und unterwelchen Bedingungen die Nullstelleneines Polynoms analytisch darstellbarsind. Die Arbeit ist ein genialerBrückenschlag zwischen Geometrieund Algebra und heute Stoff einerjeden Algebravorlesung.

In der Schule allerdings wird erso zum Außenseiter. Seine Mitschülerwollen mit ihm nichts zu tun haben.Zum einen verstehen sie ihn nicht –nicht einmal die hohen Herren derAcadémie scheinen seine unklareAusdrucksweise voll begriffen zuhaben –, zum anderen fürchten sie,mit ihm in die blutigen Revolutions-wirren gezogen zu werden. SeinemRevolutionsaktivismus verdankt er esdenn auch, dass er schließlich vonder Schule fliegt.

Gelernt hat er dort ohnehinwenig, was ihn interessiert hätte.„Wird im Unterricht je der Versuchunternommen, den wahren Geist derWissenschaft zu verstehen, durch dieErklärung der einfachsten Metho-den?“, wütet er in einem offenenBrief. „Wie lange noch werden dieelenden Jugendlichen gezwungen,

H I S TO R I S C H E S R Ä T S E L |Liebe, Revolution und MathematikDie Absagen seiner Angebeten zerriss er, weil sie ihm das Herz zerfetzten. Anschließend klebte er die Zettel wieder zusammen. Und starrte dann weiter auf den Zellenboden, grübelnd über die Liebe, die Mathematik und die Revolution: Seine Hauptbeschäf-tigung in der neun Monate währenden Gefängnishaft.

den ganzen Tag nichts zu tun alszuzuhören und den Stoff wiederzuge-ben?“ Er kämpft aber nicht nur füreinen besseren Unterricht, sondernauch für Freiheit, Gleichheit undBrüderlichkeit und gegen den KönigLouis Philippe. Dessen Vorgängerhatte seinen Vater in den Selbstmordgetrieben. Kein Wunder also, dass derJugendliche zum Beispiel bei einemGelage aufspringt und, mit seinemneuen Taschenmesser fuchtelnd, ruft,dies sei für Louis Philippe. Natürlichwird er nach dem folgenden Aufruhrverhaftet und vor Gericht gestellt.

Mit der Teilnahme an einerDemonstration in Uniformrock undWaffen ist dann das Maß endgültigvoll, und er muss ins Zuchthaus.Doch das macht den 20jährigen erstrecht trotzig. Kaum ist er wieder inFreiheit, macht er weiter mit derRevolution, der er sein Leben opfernwill: Einem Polizeispitzel will erseinen Tod dann in die Schuheschieben. Im Morgengrauen setzt erein Duell an. Später wird behauptet,nur die Waffe des unbekanntenGegners sei geladen gewesen. Wiedem auch sei: Er stirbt wie erwartetan einem Bauchschuss. Und dieRevolution? Sie bleibt aus. Gebliebenist uns von ihm aber seine Theorie,die sich mit der Auflösbarkeit alge-braischer Gleichungen befasst.

Andreas Loos, Berlin

Wer war der hitzige mathematische Revo-lutionär? Schreiben Sie die Lösung auf ei-ne Postkarte (keine Briefe oder Email)und schicken Sie diese an: Physik in unse-rer Zeit, Wiley-VCH, Boschstraße 12,69469 Weinheim, Einsendeschluss ist der15.8.2001. Der Rechtsweg ist aus-geschlossen. Wir verlosen drei Exemplaredes Buches: Verschränkte Welt von JürgenAndretsch.

Auflösung ausHeft 3/2002Der sportliche Po-larbär war AlfredWegener(1.11.1880 bis Mitte November1930).

Die Gewinneraus Heft2/2002 R. Friedmann aus Gießen,A. Zetsche ausDreieich undS. Wichmann ausPotsdam.

Wir gratulierenden Gewinnern.