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LINEARE ALGEBRA I Ernst B¨ onecke Universit¨ at Hamburg 2015

LINEARE ALGEBRA I - uni-hamburg.de · Lineare Algebra auch vor Beginn eines Mathematik- oder Physikstudiums lernen kann. Kenntnisse in Analysis werden nicht vorausgesetzt, auˇer

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LINEARE ALGEBRA I

Ernst Bonecke

Universitat Hamburg

2015

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V O R W O R T

Dieser Text ist entstanden aus mehreren Vorlesungen uber Lineare Alge-bra, insbesondere den drei Kursen aus den Jahren 2000 - 2004, und anderenVorlesungen,die ich als Dozent an der Universitat Hamburg gehalten habe.Er ist kein reines Vorlesungsskript, denn er enthalt mehr als man in 14 Se-mesterwochen schaffen kann, insbesondere mehr Beispiele.

Der Aufbau richtet sich nicht nach didaktischen, sondern allein nach ma-thematischen Gesichtspunkten. So werden bereits in §2 Faktorgruppen be-handelt - ein Thema, das Anfanger haufig als abstrakt empfinden. Ich hoffeaber, den Text so ausfuhrlich aufgeschrieben zu haben, dass man danach dieLineare Algebra auch vor Beginn eines Mathematik- oder Physikstudiumslernen kann.

Kenntnisse in Analysis werden nicht vorausgesetzt, außer der Existenzvon Quadratwurzeln nichtnegativer reeller Zahlen. Auch das Induktionsaxi-om, das eher in die Analysis gehort, und die Konstruktion des Korpers derkomplexen Zahlen werden nicht vorausgesetzt, sondern ausfuhrlich behan-delt.

Der Text knupft an Schulkenntnisse an, z.B. wird die analytische Geome-trie im R2 und im R3 in §1 wiederholt. Er richtet sich also an alle Anfangermit Studienfach Mathematik oder Physik und eignet sich gut dafur, sich zwi-schen Schule und Hochschule auf das Studium vorzubereiten.

Hamburg, im November 2015

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Inhaltsverzeichnis

§1 Grundbegiffe 4

1.1 Einiges uber Aussagen und Mengen 41.2 Relationen, Induktion 101.3 Funktionen 141.4 Etwas analytische Geometrie im Rn 191.5 Geraden im R2 231.6 Geraden und Ebenen im R3 261.7 Aufgaben 31

§2 Gruppen 34

2.1 Allgemeines 342.2 Untergruppen und Normalteiler 382.3 Homomorphismen von Gruppen 472.4 Aufgaben 53

§3 Ringe und Korper 55

3.1 Etwas Ringtheorie 553.2 Der Ring der ganzen Zahlen 593.3 Der Polynomring in einer Unbestimmten 703.4 Der Korper der Bruche 823.5 Der Korper der komplexen Zahlen 873.6 Aufgaben 94

§4 Vektorraume 98

4.1 Definition und Beispiele 984.2 Basis und Dimension 1044.3 Lineare Abbildungen 1154.4 Matrizen 1214.5 Der Rang einer Matrix 1324.6 Lineare Gleichungssysteme 1424.7 Summen von Vektorraumen 1524.8 Anwendung: Korpererweiterungen 1574.9 Die Algebra der n× n-Matrizen, Quaternionen 1604.10 Aufgaben 167

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§5 Determinanten 171

5.1 Permutationen 1715.2 Definition der Determinante 1765.3 Der Laplacesche Entwicklungssatz 1855.4 Determinante eines Endomorphismus 1915.5 Aufgaben 193

Literaturverzeichnis 195

Verzeichns der Definitionen 196

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§1 Grundbegriffe

1.1 Einiges uber Aussagen und Mengen

Mengenlehre und Logik sind fur uns nicht Selbstzweck, sondern man brauchtsie, um mathematische Sachverhalte kurz und unmissverstandlich zu formu-lieren. Wir werden uns auf das Notwendigste beschranken.

Definition 1.1.1 : Unter einer Aussage A verstehen wir ein sprachlichesoder schriftliches Gebilde, das entweder wahr ( w ) ist oder falsch ( f ) .Man sagt auch, die Aussage A hat den Wahrheitswert w oder f .

Beispiel 1.1.2

Aussage WahrheitswertEs gibt keinen Studierenden in diesem Horsaal f

1 · 2 = 2 w1 · 2 = 2 und 3 · 4 = 4 f1 · 2 = 2 oder 3 · 4 = 4 w

Wenn Ptolemaus Recht hat , dann ist die wErde eine Scheibe 2

Wichtig ist fur uns die Verknupfung von Aussagen : Mathematische Satzesind logisch verknupfte Aussagen. Man definiert so eine Verknupfung, indemman den Wahrheitswert der verknupften Aussage in Abhangigkeit von denWahrheitswerten der gegebenen Aussage festlegt:

Definition 1.1.3 : Seien A und B zwei gegebene Aussagen. Dann definierenwir die Wahrheitswerte vona) A und B , in Zeichen: A ∧B , durch folgende Tabelle:A B A ∧Bw w ww f ff w ff f f

A ∧B ist also genau dann wahr, wenn sowohl A als auch B wahr sind.

b) A oder B , in Zeichen: A ∨B , durch folgende Tabelle:A B A ∨Bw w ww f wf w wf f fA ∨ B ist also auch dann wahr, wenn beide Aussagen wahr sind. Man sieht

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hier, wie sinnvoll es ist, solche Verabredungen am Anfang zu treffen, umMissverstandnisse oder sprachlich unschone Formulierungen wie “und/oder”,die man in juristischen Texten haufig findet, zu vermeiden.

c)Aus A folgt B , in Zeichen: A =⇒ B , man sagt auch:A impliziert B oder : Wenn A gilt, dann gilt B , durch folgenden Ta-

belle:

A B A =⇒ Bw w ww f ff w wf f w

Man beachte: A =⇒ B ist stets wahr, wenn A falsch ist. Das mag man-chen erstaunen, ist aber eine sinnvolle Definition, die sich sogar mit demumgangssprachlichen Gebrauch deckt, wie das Beispiel “Wenn PtolemausRecht hat, dann ist die Erde eine Scheibe” zeigt, das wahr ist , obwohl beideTeilaussagen falsch sind.

d) A gleichbedeutend mit B , in Zeichen : A ⇐⇒ B , man sagt auch:A gilt genau dann, wenn B gilt , durch folgende Tabelle:

A B A ⇐⇒ Bw w ww f ff w ff f w

e) nicht A , in Zeichen : ¬A , auch non A , durch die Tabelle

A ¬Aw ff w

Solche Tabellen mit Wahrheitswerten wie diese funf hier nennt man auchWahrheitstafeln. 2

Wahrheitstafeln verwendet man auch, um die Wahrheitswerte von weiterenverknupften Aussagen wie

A ∧ (B ∧ C)(¬A) ∨B¬(A ∨B)

auszurechnen. Dabei muss man samtliche moglichen Wahrheitswerte von A,B und C berucksichtigen, z.B. fur (¬A) ∨B :

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A B ¬A (¬A) ∨Bw w f ww f f ff w w wf f w w

Wir sehen an diesem Beispiel, dass (¬A)∨B dieselbe Wahrheitstafel hat wieA =⇒ B . Man wird die Aussagen “A =⇒ B ” und “(¬A) ∨ B”deshalb “logisch gleichwertig” nennen:Definition 1.1.4 : Gegeben seien mehrere Aussagen A,B,C, . . . und zweiAussagenX und Y , die beide durch Verknupfung dieser AussagenA,B,C, . . .entstanden sind. Wenn die Aussage

X ⇐⇒ Y

fur alle moglichen Wahrheitswerte der Aussagen A,B,C, . . . den Wahrheits-wert w annimmt, so sagt man: X und Y sind (logisch) gleichwertig . DieAussage “X ⇐⇒ Y ” bezeichnet man dann als eine Tautologie .

Satz 1.1.5 : Wenn A,B,C Aussagen sind, dann gelten folgende Tautologi-en:a) ¬(¬A) ⇐⇒ Ab) A ∧B ⇐⇒ B ∧ Ac) (A ∧B) ∧ C ⇐⇒ A ∧ (B ∧ C)d) A ∨B ⇐⇒ B ∨ Ae) (A ∨B) ∨ C ⇐⇒ A ∨ (B ∨ C)f) A ∧ (B ∨ C) ⇐⇒ (A ∧B) ∨ (A ∧ C)g) A ∨ (B ∧ C) ⇐⇒ (A ∨B) ∧ (A ∨ C)h) ¬(A ∧B) ⇐⇒ (¬A) ∨ (¬B)i) ¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∧ (¬B)j) (A =⇒ B) ⇐⇒ ((¬B) =⇒ (¬A))

Man beweist diesen Satz durch Wahrheitstafeln, z.B. fur h) :

A B A ∧B ¬(A ∧B) ¬A ¬B (¬A) ∨ (¬B) h)w w w f f f f ww f f w f w w wf w f w w f w wf f f w w w w w 2

Zur Schreibweise : Bei den Formeln in Satz 1.1.5 haben wir Klammernweggelassen: Statt d) hatten wir genauer

(A ∨B) ⇐⇒ (B ∨ A)

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schreiben mussen. Man kann die Klammern weglassen, wenn man vereinbart:Die Verknupfungen sind in der Reihenfolge

erst ¬ , dann ∧ , dann ∨ , dann =⇒ und dann ⇐⇒auszufuhren, soweit Klammern nichts Anderes festlegen.

Neben Aussagen hat man es in der Mathematik zu tun mit Zahlen oderBuchstaben, die man zusammenfassen mochte zu einer Menge. Es bereitetnun erhebliche Schwierigkeiten, exakt zu definieren, was eine Menge ist. Dawir uns hier nicht mit Grundlagen der Mathematik beschaftigen wollen, reichtfur uns die folgendeDefinition 1.1.6 : Unter einer Menge M verstehen wir eine Zusammenfas-sung von bestimmten, wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauungoder unseres Denkens, welche die Elemente der Menge M genannt werden,zu einem Ganzen. Ist x ein Element von M , so schreiben wir

x ∈M ;

ist diese Aussage falsch, so schreiben wir

x /∈M .

Definition 1.1.7 (Schreibweise von Mengen) : Man kann eine Mengeauf zwei Arten angeben: Entweder, man schreibt in geschweiften Klammernalle Elemente der Menge hin, etwa

{1, 2, 5, x} ,

das soll bedeuten, dass die Menge aus den Elementen 1, 2, 5 und x besteht,oder man schreibt in den geschweiften Klammern ein Symbol fur die Ele-mente, einen senkrechten Strich und dann die Eigenschaft, die die Elementehaben sollen. Z.B. ist

{ x | x ist ganze Zahl und 2 teiltx }

die Menge der geraden ganzen Zahlen.

Definition und Beispiel 1.1.8 : Mengen, die bei uns immer wieder vor-kommen, sind

N0 = {0, 1, 2, . . .}

(Punktchen setzt man, wenn man nicht alle Elemente hinschreiben will oderkann, aber sich denken kann, wie es weitergeht), die Menge der naturlichenZahlen mit Null ,

N = {1, 2, 3, . . .}

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die Menge der naturlichen Zahlen, (es ist Definitionssache, ob man 0 zuden naturlichen Zahlen rechnet; wir wollen das hier nicht tun),

Z = {0, 1,−1, 2,−2, 3,−3, . . .}

die Menge der ganzen Zahlen ,

Q ={ rs

∣∣∣ r ∈ Z ∧ s ∈ Z ∧ s 6= 0}

die Menge der rationalen Zahlen , schließlich die Mengen R der reellenund C der komplexen Zahlen , die in 3.5 eingefuhrt werden. Wir wollennoch vereinbaren, dass es eine Menge gibt, die gar kein Element enthalt, dieleere Menge ∅ .

Definition 1.1.9 (Gleichheit zweier Mengen) : Zwei Mengen M und Nheißen gleich , man schreibt M = N , wenn jedes Element von M auchElement von N , und jedes Element von N auch Element von M ist. Wirwollen diese Definition etwas formaler aufschreiben und dabei auch gleichzwei neue Symbole kennenlernen :

M = N :⇐⇒ ∀x : (x ∈M ⇐⇒ x ∈ N) ,

das Zeichen :⇐⇒ bedeutet, dass die linke Aussage durch die rechte de-finiert wird, man liest es : “nach Definition gleichbedeutend”. Das Zei-chen ∀ heißt: “fur alle” .

Definition 1.1.10 (Teilmenge): Seien M und N Mengen. Man sagt, M istTeilmenge von N , wenn jedes Element von M auch Element von N ist.Formal :

M ⊂ N :⇐⇒ ∀x : (x ∈M =⇒ x ∈ N).

Beispiel 1.1.11 : a) Es gilt N ⊂ Z und Z ⊂ Q .b) Es gilt fur jede Menge M : ∅ ⊂M .Beweis: Es gilt ∀x : (x ∈ ∅ =⇒ x ∈M ) , denn die Aussage “x ∈ ∅ ” istfur alle x falsch, nach Definition der leeren Menge. 2

Wir definieren drei Operationen zwischen Mengen:Definition 1.1.12 : Seien M und N Mengen.a) Den Durchschnitt der Mengen M und N definieren wir als

M ∩N := { x | x ∈M ∧ x ∈ N } .

Dabei bedeutet das Zeichen “ := ”, dass die linke Menge durch die rechteMenge definiert wird. Man liest es: “nach Definition gleich”.b) Als Vereinigung der Mengen M und N definieren wir

M ∪N := { x | x ∈M ∨ x ∈ N } .

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c) Als Differenz von M und N definieren wir

M \N := { x | x ∈M ∧ x /∈ N } .

Bemerkung 1.1.13 : Wir haben inzwischen einige Zeichen kennengelernt:

∧ , ∨ , ¬ , =⇒ , ⇐⇒ , :⇐⇒

stehen zwischen zwei Aussagen . Die Zeichen

∩ , ∪ , \ , ⊂ , = , :=

stehen zwischen zwei Mengen . Das ist klar, wird aber von Anfangern haufigfalsch gemacht. - In der Mathematik geht man davon aus , dass die Elementevon Mengen selbst wieder Mengen sind. Deshalb konnen die Zeichen

= , :=

auch zwischen Elementen einer Menge stehen.

Falls N ⊂M ist, hat man fur M \N eine besondere Bezeichnung:Definition 1.1.14 : Seien M und N Mengen, N ⊂M . Dann heißt

{N := M \N

das Komplement von N (bezuglich M , genauer kann man auch {M Nschreiben).

Aus Satz 1.1.5 folgen einige Rechenregeln fur ∩,∪, { :

Satz 1.1.15 : Seien R, S, T Mengen, dann gilta) R ∩ S = S ∩Rb) (R ∩ S) ∩ T = R ∩ (S ∩ T )c) R ∪ S = S ∪Rd) (R ∪ S) ∪ T = R ∪ (S ∪ T )e) R ∩ (S ∪ T ) = (R ∩ S) ∪ (R ∩ T )f) R ∪ (S ∩ T ) = (R ∪ S) ∩ (R ∪ T )Sind S und T Teilmengen einer Menge M , so gilt fur das Komplementbezuglich M :

g) {({S) = S

h) {(S ∪ T ) = {S ∩ {T

i) {(S ∩ T ) = {S ∪ {T

Beweis mit den Regeln aus Satz 1.1.5 ; wir wollen das an einem Beispiel

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vorfuhren, etwa:e) Nach Definition 1.1.9 muss man zeigen, dass jedes Element von R∩(S∪T )auch Element von (R ∩ S) ∪ (R ∩ T ) ist, und umgekehrt: Nun gilt fur jedesElement x :

x ∈ R ∩ (S ∪ T )1.1.12⇐⇒

x ∈ R ∧ x ∈ S ∪ T 1.1.12⇐⇒x ∈ R ∧ (x ∈ S ∨ x ∈ T )

1.1.5⇐⇒(x ∈ R ∧ x ∈ S) ∨ (x ∈ R ∧ x ∈ T )

1.1.12⇐⇒x ∈ R ∩ S ∨ x ∈ R ∩ T 1.1.12⇐⇒x ∈ (R ∩ S) ∪ (R ∩ T ) .

2

Definition 1.1.16 : Seien M und N Mengen, dann heißt

M × N := { (x, y) | x ∈M ∧ y ∈ N }

das cartesische Produkt der Mengen M und N . Die Elemente vonM × N heißen geordnete Paare von Elementen von M und N . Wirwollen nicht definieren, was ein geordnetes Paar ist, man muss nur wissen,wann zwei geordnete Paare gleich sind: Seien (x1, y1) , (x2, y2) ∈ M × N ,dann gilt

(x1, y1) = (x2, y2) ⇐⇒ x1 = x2 ∧ y1 = y2 .

Es kommt also auf die Reihenfolge an : (2, 3) 6= (3, 2) !

1.2 Relationen, Induktion

Definition 1.2.1 : Sei M eine Menge. Eine Relation in M ist eine Teil-menge

R von M ×M .

Statt (x, y) ∈ R sagt man dann: “ x steht in Relation R zu y ”.(1.2.2) Beispiele fur Relationen sind

a) ∅,b) D := { (x, y) ∈M | x = y } , die Gleichheitsrelation in M .c) Ein weiteres Beispiel ist die

(1.2.3) Anordnung ≤ in Z: Man setzt

≤ := { (x, y) ∈ Z | es gibt ein z ∈ N0 : x+ z = y } ,

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und wir schreiben im Folgenden x ≤ y statt (x, y) ∈≤. Statt a ≤ b schreibtman auch : b ≥ a fur a, b ∈ Z, und man schreibt

a < b statt a ≤ b ∧ a 6= b ,b > a statt a < b . Es gilt dann

(O1) ∀x ∈ Z : x ≤ x ,(O2) ∀x, y ∈ Z : (x ≤ y ∧ y ≤ x =⇒ x = y ),(O3) ∀x, y, z ∈ Z : (x ≤ y ∧ y ≤ z =⇒ x ≤ z ) .

2

Fur “es gibt ein” fuhrt man eine Abkurzung ein:Definition 1.2.4 : Statt “es existiert ein” schreiben wir : “ ∃ ”. Sei also Meine Menge und A(x) ein sprachliches Gebilde, in das man fur x ein Elementaus M einsetzen kann und dann eine Aussage erhalt. In der Logik nennt mandas ein einstelliges Pradikat . Dann ist

∃x ∈M : A(x)

eine Aussage.

(1.2.5) Beachten Sie: a) “ ∃x ∈M : A(x) ” heißt, dass es mindestens

ein Element x mit der Eigenschaft A(x) gibt, es kann auch mehrere solcheElemente geben ! Will man ausdrucken, dass es genau ein Element x mitder Eigenschaft A(x) gibt, so schreibt man:

∃1 x ∈M : A(x) .

b) Es gibt einige logische Regeln fur “ ∃ ” und “∀ ”: Seien M und N Mengen,A(x), B(x) einstellige Pradikate und C(x, y) ein zweistelliges Pradikat (d.h.hier muss man fur x und y Elemente einsetzen, um eine Aussage zu erhalten).Dann gelten die Regeln:(1) ¬(∀x ∈M : A(x)) ⇐⇒ ∃x ∈M : (¬A(x))(2) ¬(∃x ∈M : A(x)) ⇐⇒ ∀x ∈M : (¬A(x))(3) ∀x ∈M : A(x) ∧ ∀x ∈M : B(x) ⇐⇒ ∀x ∈M : (A(x) ∧B(x))(4) ∀x ∈M : A(x) ∨ ∀x ∈M : B(x) =⇒ ∀x ∈M : (A(x) ∨B(x))(5) ∃x ∈M : (A(x) ∨B(x)) ⇐⇒ ∃x ∈M : A(x) ∨ ∃ x ∈M : B(x)(6) ∃x ∈M : (A(x) ∧B(x)) =⇒ ∃x ∈M : A(x) ∧ ∃x ∈M : B(x)(7) ∀x ∈M ∀ y ∈ N : C(x, y) ⇐⇒ ∀ y ∈ N ∀x ∈M : C(x, y)(8) ∃x ∈M ∃ y ∈ N : C(x, y) ⇐⇒ ∃ y ∈ N ∃x ∈M : C(x, y)(9) ∃x ∈M ∀ y ∈ N : C(x, y) =⇒ ∀ y ∈ N ∃x ∈M : C(x, y) .

Man mache sich an Beispielen klar, dass bei (4),(6) und (9) nicht “⇐⇒ ”steht!

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Definition 1.2.6 : Sei M eine Menge und R eine Relation in M , die die dreiEigenschaften(A1) ∀x ∈M : (x, x) ∈ R (“Reflexivitat”),(A2) ∀x, y ∈M : ((x, y) ∈ R =⇒ (y, x) ∈ R) ( “Symmetrie”)(A3) ∀x, y, z ∈M : ((x, y) ∈ R ∧ (y, z) ∈ R =⇒ (x, z) ∈ R)

( “Transitivitat”)hat, dann heißt R eine Aquivalenzrelation auf M . Man schreibt dann meist

∼ statt R und x ∼ y statt (x, y) ∈ R.

Definition und Satz 1.2.7 : Sei M eine Menge und ∼ eine Aquivalenzre-lation auf M . Fur x ∈M nennt man

x := { y ∈M | y ∼ x }

die Aquivalenzklasse von x . Es gilt

(1) ∀x ∈M : x ∈ x,

(2) ∀x, y ∈M : (x = y ∨ x ∩ y = ∅),

(3)⋃x∈M

x = M.

Der Beweis ist eine leichte Ubungsaufgabe.

2

Eine Eigenschaft der Menge N der naturlichen Zahlen ist das(1.2.8) Induktionsaxiom (IP) : Sei P (n) ein einstelliges

Pradikat, das fur naturliche Zahlen n definiert ist. Dann gilt

(P (1) ∧ ∀m ∈ N : (P (m) =⇒ P (m+ 1))) =⇒ ∀n ∈ N : P (n) .

2

Man kann damit Induktionsbeweise fuhren, um eine Aussage der Form

∀n ∈ N : P (n)

zu beweisen. Entsprechend dem Induktionsaxiom besteht so ein Induktions-beweis aus zwei (!) Schritten:Induktionsanfang : Man zeigt, dass P (1) wahr ist.Induktionsschluss : Man zeigt fur jedes m ∈ N : Wenn P (m) wahr ist

(Induktionsvoraussetzung), dann gilt auch P (m+ 1).

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Aus diesen beiden Aussagen folgt dann, dass die Aussage ∀n ∈ N : P (n)wahr ist.

2

Bemerkung 1.2.9 : In der Schule lernt man haufig folgendes Schema furInduktionsbeweise:

Induktionsanfang : Man zeigt, dass P (1) wahr ist.Induktionsvoraussetzung: Sei m ∈ N, und P (m) sei wahr.Induktionsschluss: Man zeigt, dass dann auch P (m+ 1) wahr ist.Wenn man das Induktionsaxiom verstanden hat, mag diese Schreibweise an-gehen. Aber man darf dieses Schema nicht lesen als

P (1) ∧ ∀m ∈ N : P (m) =⇒ ∀m ∈ N : P (m+ 1)

dann hat man das Induktionsaxiom nicht verstanden. Die obige, zweiteilige,Form des Induktionsbeweises, bei der die Induktionsvoraussetzung (I.V.) Teildes Induktionsschlusses ist, ist logisch durchsichtiger.

2

Man kann auch den Induktionsanfang bei einer Zahl k ∈ Z und den Indukti-onsschluss fur alle m ∈ Z mit m ≥ k machen, dann gilt P (n) fur alle n ∈ Zmit n ≥ k.

Bemerkung 1.2.10 : Man kann das Induktionsaxiom auch fur

rekursive Definitionen verwenden: Wenn man fur alle n ∈ N ein Elementx(n) definieren will, definiert man(1.) x(1) , und(2.) fur jedes m ∈ N : x(m+ 1) mit Hilfe von x(m),dann ist nach dem Induktionaxiom x(n) fur jedes n ∈ N definiert.Ein Beispiel ist die Definition des Summenzeichens:Definition 1.2.11: Sei M eine Menge, in der eine Addition + definiert ist.Seien m,n ∈ Z , m ≤ n . Fur jede Zahl k in Z mit m ≤ k ≤ n sei ak ∈Mgegeben. Dann setzen wir

(I) fur n = m :m∑

k=m

ak := am

(II) fur n ≥ m :n+1∑k=m

ak :=n∑

k=m

ak + an+1 ,

wenn auch an+1 ∈M ist.Ubrigens: wenn M genau ein Element 0 mit der Eigenschaft

∀ a ∈M : a + 0 = a

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besitzt, definiert man noch die leere Summe

n∑k=m

ak := 0 fur n < m .

Wir brauchen das Summenzeichen haufig etwas allgemeiner: Bei der in Mdefinierten Addition + komme es auf die Reihenfolge der Summanden nichtan, es sei a+ b = b+ a fur alle a, b. Sei

I = {j1, . . . , jn} mit n ∈ N0

eine Menge und seien aj1 , . . . , ajn ∈M . Dann setzen wir

∑k∈I

ak :=n∑k=1

ajk .

2

Es gibt noch zwei Aussagen uber naturliche Zahlen, die zum Induktionsaxiom(IP) gleichbedeutend sind. Das wollen wir aber hier nicht beweisen:

(1.2.12) Prinzip der Ordnungsinduktion (OI): Sei P (n) ein einstelliges

Pradikat, das fur naturliche Zahlen n definiert ist. Dann gilt

P (1)∧∀m ∈ N : ((∀ k ∈ N : (k < m =⇒ P (k))) =⇒ P (m)) =⇒ ∀n ∈ N : P (n)

Das liest sich etwas kompliziert, sagt aber nur: Man macht den Induktions-schluss nicht vom m auf m+ 1, sondern von allen Zahlen k < m auf m.

(1.2.13) Wohlordnung der naturlichen Zahlen (WO) : Jede

nichtleere Teilmenge M von N besitzt ein kleinstes Element, d.h.

∃ a ∈M∀x ∈M : a ≤ x .

So ein Element (das dann eindeutig bestimmt ist) nennen wir min(M) .

1.3 Funktionen

Definition 1.3.1 : Seien M und N Mengen, dann heißt eine Vorschriftf , die jedem Element x ∈ M genau ein Element aus N zuordnet, dasman mit f(x) bezeichnet, eine Funktion (Abbildung) von M in N . Manschreibt zur Abkurzung

f : M −→ N

x 7−→ f(x) .

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Die Menge M heißt der Definitionsbereich von f , die Menge N derWertebereich von f , das Element f(x) der Funktionswert von x . Furdie Menge aller Funktionen von M in N schreiben wir: F(M,N) .

Bemerkung 1.3.2 : Falls Sie die Begriffe “Vorschrift” und “Zuordnung”

unprazis finden, machen Sie es formaler (aber weniger einpragsam): Seien Mund N Mengen und F eine Teilmenge von M × N mit den beiden Eigen-schaften:(1) ∀x ∈M ∃y ∈ N : (x, y) ∈ F ,(2) ∀x ∈M ∀y1, y2 ∈ N : ((x, y1) ∈ F ∧ (x, y2) ∈ F =⇒ y1 = y2) .Dann heißt das Paar f := (F,N) eine Funktion von M in N .

Mit dieser etwas formaleren Definition kann man beweisen:

Satz 1.3.3 : Seien M1,M2, N1, N2 Mengen. Zwei Funktionen

f : M1 −→ N1 und g : M2 −→ N2

sind gleich , wenn gilt

M1 = M2 ∧ N1 = N2 ∧ ∀ x ∈M1 : f(x) = g(x) ,

also wenn Definitions- und Wertebereiche und fur alle x ∈M1 dieFunktionswerte ubereinstimmen.

Definition 1.3.4 : Sei f : M −→ N eine Abbildung. Sei A ⊂ M undB ⊂ N . Dann heißt

f(A) := { y ∈ N | ∃x ∈ A : y = f(x) }

das Bild von A unter f und

−1f (B) := { x ∈M | f(x) ∈ B }

das Urbild von B unter f . 2

Definition 1.3.5 : Sei f : M −→ N eine Abbildung und A ⊂ M .Dann heißt die durch

f |A : A −→ N , f |A(x) := f(x)

definierte Abbildung die Restriktion (Einschrankung) von f auf A . f |Ahat also einen kleineren Definitionsbereich als f ; die Funktionswerte f |A(x)sind fur x ∈ A aber die gleichen wie die Funktionswerte f(x) . 2

Zusatzliche Eigenschaften von Funktionen haben besondere Namen:

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Definition 1.3.6 : Sei f : M −→ N eine Abbildung. f heißta) surjektiv (Abbildung von M auf N ) , wenn f(M) = N ist, oder,

was nach Definition 1.3.4 gleichbedeutend ist:

∀ y ∈ N ∃x ∈M : f(x) = y ,

b) injektiv ( eineindeutig ), wenn verschiedene Elemente von Mverschiedene Funktionswerte haben, oder, was gleichbedeutend ist:

∀x, x′ ∈M : ( f(x) = f(x′) =⇒ x = x′ ) ,

c) bijektiv , wenn f surjektiv und injektiv ist.

Definition 1.3.7 : Sei f : M −→ N bijektiv. Sei y ∈ N , dann gibt esdazu, da f surjektiv ist, ein, und da f injektiv ist, genau ein Element ausM , dessen Funktionswert gleich y ist, wir nennen es f−1(y) . Die Funktion

f−1 : N −→ M , y 7−→ f−1(y)

heißt die Umkehrfunktion von f .

(1.3.8) Beachten Sie : Sei f : M −→ N , dann ist fur B ⊂ N das

Urbild−1f (B)

definiert. Nur, wenn f bijektiv ist, ist dieUmkehrfunktion f−1

definiert. Fur B ⊂ N ist dann allerdings

f−1(B) =−1f (B) ,

so dass es keine Missverstandnisse gibt.(1.3.9) Beispiele : 1) Ist M eine Menge, so heißt

idM : M −→ Mx 7−→ x

die identische Abbildung von M . Sie bildet jedes Element auf sich selbstab und ist bijektiv.2) Sei f : R −→ R , f(x) := x2 , so ist f nicht surjektiv, denn zu−1 gibt es kein x ∈ R mit f(x) = −1 . f ist auch nicht injektiv, denn

f(2) = f(−2) = 4 , aber 2 6= −2 .

Setzt man aber R∗+ := { x ∈ R | x > 0 } und betrachtet

g : R∗+ −→ R∗+ , g(x) := x2 ,

so ist g bijektiv. Um das zu beweisen, muss man zeigen, dass es zu jedemy ∈ R∗+ ein x ∈ R∗+ mit y = x2 gibt, also dass man aus positiven reellen

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Zahlen Quadratwurzeln ziehen kann. Man lernt das in der Analysis.

Definition 1.3.10 : Seien f : L −→ M und g : M −→ N Ab-bildungen, dann kann man die Hintereinanderausfuhrung von f und gbilden :

g ◦ f : L −→ N ,

x 7−→ g(f(x)) .

Beachten Sie, dass man (g ◦ f)(x) erhalt, indem man zuerst f auf x unddann g auf f(x) anwendet. 2

Bildet man die Hintereinanderausfuhrung von drei oder mehr Funktionen, sokommt es nicht auf die Reihenfolge der Klammern an:Satz 1.3.11 (Assoziativitat der Hintereinanderausfuhrung) : Seien

f : K −→ L , g : L −→ M , h : M −→ N

Abbildungen, dann gilt

(h ◦ g) ◦ f = h ◦ (g ◦ f) .

Beweis : (h ◦ g) ◦ f und h ◦ (g ◦ f) sind beides Abbildungen von K in N ,und fur alle x ∈ K gilt

((h ◦ g) ◦ f)(x) = (h ◦ g)(f(x)) = h(g(f(x))) ,

(h ◦ (g ◦ f))(x) = h((g ◦ f)(x)) = h(g(f(x))) .

Nach Satz 1.3.3 gilt h ◦ (g ◦ f) = (h ◦ g) ◦ f . 2

Wir wollen noch ein Kriterium dafur beweisen, wann eine Funktion injektiv,surjektiv oder bijektiv ist:Satz 1.3.12 : Sei f : M −→ N eine Funktion und seien M,N 6= ∅ .Dann gilt:a) f ist injektiv genau dann, wenn es eine Abbildung

g : N −→ M mit g ◦ f = idM gibt.

b) f ist surjektiv genau dann, wenn es eine Abbildung

g : N −→ M mit f ◦ g = idN gibt.

c) f ist bijektiv genau dann, wenn es eine Abbildung

g : N −→ M mit f ◦ g = idN und g ◦ f = idM gibt.

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In diesem Fall ist g = f−1 die Umkehrfunktion von f .Beweis : a) 1.) Sei f injektiv. Sei y ∈ N , dann gibt es zwei Moglichkeiten:Entweder ist y ∈ f(M) , dann gibt es, da f injektiv ist, genau ein x mity = f(x) . Wir setzen g(y) := x . Oder es ist y /∈ f(M) . Wegen M 6= ∅gibt es ein Element x0 ∈M . Wir setzen dann g(y) := x0 . Dann ist

g ◦ f = idM ,

denn fur alle x ∈M gilt (g ◦ f)(x) = x .2.) Es gebe ein g : N −→ M mit g ◦f = idM . Seien x, x′ ∈M , danngilt

f(x) = f(x′) =⇒ g(f(x)) = g(f(x′)) =⇒ idM(x) = idM(x′)

=⇒ x = x′ , also ist f injektiv.

b) 1.) Sei f surjektiv. Sei y ∈ N , dann gibt es mindestens ein x ∈M

mit y = f(x) , es ist−1f ({y}) 6= ∅ .

(∗) Wir wahlen ein x ∈−1f ({y})

und setzeng(y) := x ,

dann giltf ◦ g = idN ,

denn fur y ∈ N gilt g(y) = x , wobei f(x) = y ist, also f(g(y)) = y .2.) Es gebe ein g : N −→ M mit f ◦ g = idN . Sei y ∈ N ,dann isty = (f ◦ g)(y) = f(g(y)) , also gibt es ein x ∈M mit y = f(x) , namlichx := g(y) . Also ist f surjektiv.c) 1.) Wenn es ein g : N −→ M mit

f ◦ g = idN und g ◦ f = idM

gibt, folgt aus a) und b) , dass f bijektiv ist.2.) Wenn f bijektiv ist, haben wir die Umkehrfunktion f−1 : N −→ M ,die die beiden Gleichungen

f ◦ f−1 = idN , f−1 ◦ f = idM

erfullt.3.) Sei f bijektiv und es gebe g : N −→ M mit

f ◦ g = idN , g ◦ f = idM ,

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dann folgt

f−1 = f−1 ◦ (f ◦ g) = (f−1 ◦ f) ◦ g = idN ◦ g = g .

Bei (∗) haben wir gebraucht, dass man aus (moglicherweise unendlich vielen)Mengen je ein Element auswahlen kann; das “Auswahlaxiom” der Mengen-lehre besagt, dass das geht. Wir wollen auf solche Fragen der Grundlagen derMathematik hier nicht eingehen. 2

Definition 1.3.13 : a) Fur n ∈ N setzen wir

n := { m ∈ N | m ≤ n } , also

n := {1, 2, . . . , n} , und zusatzlich

0 := ∅ .

b) Sei M eine Menge. M heißt endlich , wenn es ein n ∈ N0 und einebijektive Abbildung

f : n −→ M

gibt. Man kann dann (mit Induktion) beweisen, dass das n eindeutig be-stimmt ist. Es ist daher sinnvoll,

#(M) := n

die Machtigkeit von M zu nennen.c) Ist die Menge M nicht endlich, so heißt M eine unendliche Menge.

1.4 Etwas analytische Geometrie im Rn

Wir wollen dieses Kapitel voranstellen, auch wenn wir hinterher Vieles all-gemeiner machen. Aber Sie sollen zunachst mal etwas lernen, das an die“Vektorrechnung” anknupft, die Sie von der Schule kennen:Bemerkung 1.4.1 : Mit der Einfuhrung der reellen Zahlen beschaftigen Siesich in der Analysis. Hier brauchen Sie zunachst nur zu wissen, dass man fura, b ∈ R

die Summe a+ b ∈ R unddas Produkt a · b ∈ R hat,

die Rechenregeln setzen wir auch mal als bekannt voraus, auch, dass man diereellen Zahlen anordnen kann, so dass

a < b , a ≤ b , b > a , b ≥ a

fur a, b ∈ R definierte Aussagen sind. Wir brauchen noch: Fur a ∈ R, a ≥ 0,ist

√a ∈ R definiert , (

√a)2 = a ,

√a ≥ 0.

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Definition 1.4.2 : Sei n ∈ N. Dann definieren wir mit Def.1.1.16 Rn rekur-siv durch

R1 := R , Rn+1 := Rn × R fur n ∈ N, also

Rn = { (x1, . . . , xn) | ∀ j ∈ n : xj ∈ R } ,also ist Rn die Menge der geordneten n−tupel reeller Zahlen.Man kann Elemente aus Rn addieren,

(x1, . . . , xn) + (y1, . . . , yn) := (x1 + y1, . . . , xn + yn)

und mit einem λ ∈ R multiplizieren:

λ(x1, . . . , xn) := (λ · x1, . . . , λ · xn),

fur x1, . . . , xn, y1, . . . yn ∈ R . Fur n = 2 und n = 3 kann man diese Additionvon “Vektoren” und die Multiplikation mit reellen Zahlen geometrisch ver-anschaulichen (etwa fur n = 2):

-

6

-

6

x2

x1

x2

x1����������

�����>

�������������7

�����

���������

x

y

x+ y

��������>

������������>

x

λx

Noch zur Schreibweise: Man hat die reelle Zahl 0 , und

0 := (0, . . . , 0) ∈ Rn,

wir schreiben fur beide Elemente dasselbe Zeichen. Zu

x = (x1, . . . , xn) ∈ Rn hat man

−x := (−x1, . . . ,−xn) ∈ Rn, dafur gilt

x+ (−x) = 0.

Fur x, y ∈ Rn schreiben wir auch

x− y := x+ (−y).

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Definition 1.4.3 : Seien

x = (x1, . . . , xn) , y = (y1, . . . , yn) ∈ Rn.

Dann nennen wir

〈x, y〉 :=n∑j=1

xjyj

das kanonische Skalarprodukt von x und y. Man hat also die Abbildung

〈 , 〉 : Rn × Rn −→ R ,

(x, y) 7−→ 〈x, y〉 ,

d,h. zwei “Vektoren” x, y ∈ Rn wird ein “Skalar” 〈x, y〉 ∈ R zugeordnet.Behauptung 1.4.4 : Fur alle x, x′, y ∈ Rn, λ ∈ R gilt

(H1) 〈x+x′, y〉 = 〈x, y〉+〈x′y〉 ,

〈λx, y〉 = λ 〈x, y〉 ,

(H2) 〈x, y〉 = 〈y, x〉 ,

(H4) 〈x, x〉 ≥ 0 und (x 6= 0 =⇒ 〈x, x〉 > 0 ).

Beweisen kann man diese Aussagen direkt mit der Definition. Bei (H4)braucht man noch, was man in der Analysis lernt :

∀ a ∈ R : (a 6= 0 =⇒ a2 > 0) , und

∀a, b ∈ R : (a, b ≥ 0 =⇒ a+ b ≥ 0).

2

Wegen (H4) ist die folgende Definition sinnvoll:Definition 1.4.5 : Fur x = (x1, . . . , xn) ∈ Rn nennen wir

‖x ‖ :=√〈x, x〉 =

√x21 + . . .+ x2n

die Norm (Lange) von x .

Den Winkel zwischen zwei “Vektoren” wollen wir jetzt nicht definieren, dazufehlen uns Kenntnisse aus der Analysis. Aber wir konnen “senkrecht stehen”von Vektoren definieren:Definition 1.4.6 : Seien x, y ∈ Rn. Wir sagen, x und y sind zueinander

21

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orthogonal , oder: x und y stehen senkrecht aufeinander, in Zeichen :x⊥y , wenn

〈x, y〉 = 0 ist.

2

Ganz einfach zu beweisen (aber letztlich nur eine Folge davon, dass wir unsereDefinitionen passend gewahlt haben) istSatz 1.4.7 (Pythagoras) Seien x, y ∈ Rn, x⊥y, dann gilt

‖x ‖2 + ‖ y ‖2 = ‖x− y ‖2 .

-

6

� HHHH

HHHHHH

HHHHHj

y

x

x− y

Beweis :

‖x− y ‖2 1.4.5= 〈x− y, x− y〉 (H1)

= 〈x, x− y〉 − 〈y, x− y〉

(H1),(H2)= 〈x, x〉 − 〈x, y〉 − 〈y, x〉+ 〈y, y〉 (*)

= ‖x ‖2 + ‖ y ‖2,

wobei wir bei (*) verwendet haben, dass x⊥y gilt.

2

Definition 1.4.8 : Sei n ∈ N und seien p, a ∈ Rn , a 6= 0 . Dann heißt dieMenge

Gp,a := { p+ λa | λ ∈ R } , kurz geschrieben:

Gp,a = p + R · a

die Gerade durch p mit Richtung a . Die Schreibweise

Gp,a = p + R · a

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heißt eine Parameterdarstellung von Gp,a .

Bemerkung 1.4.9 (1.5) : Zu einer Geraden G ⊂ Rn sind p , a mit

G = Gp,a nicht eindeutig bestimmt. Bitte uberlegen Sie sich: Fur p, q, a, b ∈Rn mit a, b 6= 0 gilt

Gp,a = Gq,b ⇐⇒ q ∈ Gp,a ∧ ∃µ ∈ R \ {0} : b = µa .

2

Man kann mit der Parameterdarstellung durchaus rechnen, z.B. kann manSchnittpunkte ausrechnen, wenn sie existieren. Im R2 kann man Geradenauch anders, als Losungsmenge einer linearen Gleichung, angeben:

1.5 Geraden im R2

Bemerkung 1.5.1 : Sei G ⊂ R2 eine Gerade, dann gibt es p, a ∈ R2 mit

a 6= 0 und

G = Gp,a = { p+ λ a | λ ∈ R } , also gilt :

x = (x1, x2) ∈ G ⇐⇒

∃λ ∈ R : (x1 = p1 + λ a1 ∧ x2 = p2 + λ a2) .

Wir multiplizieren die erste Gleichung mit a2 , die zweite mit a1 und sub-trahieren die beiden Gleichungen voneinander :

a2x1 − a1x2 = a2p1 − a1p2 , dann wird

G ⊂{x ∈ R2

∣∣ 〈x, (−a2, a1) 〉 = 〈 p, (−a2, a1) 〉}

,

wir werden gleich sehen, dass hier nicht nur “⊂ ”, sondern sogar “ = ” steht.Zunachst

Definition und Satz 1.5.2 : Fur a = (a1, a2) ∈ R2 definieren wir

a⊥ := (−a2, a1) .

Dann gilt fur alle a, b ∈ R2 , λ ∈ R :

(1) (a+ b)⊥ = a⊥ + b⊥ , (λ a)⊥ = λ a⊥

(2) 〈 a, a⊥ 〉 = 0 , 〈 a, b⊥ 〉 = −〈 a⊥, b〉 ,

‖a⊥‖ = ‖a‖ , (a⊥)⊥ = −a .

Beweis als Ubungsaufgabe (1.5).

2

23

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Definition und Satz 1.5.3 : Sei c ∈ R2 \ {0} und α ∈ R , dann ist

Hc,α :={x ∈ R2

∣∣ 〈x, c 〉 = α}

={x ∈ R2

∣∣ c1x1 + c2x2 = α}

eine Gerade im R2 , und zwar

(∗) Hc,α = G α‖c‖2·c,c⊥ .

Hc,α heißt die Gleichungsdarstellung der Geraden G := G α‖c‖2·c,c⊥ ,

denn Hc,α ist die Menge der Losungen x der linearen Gleichung

c1x1 + c2x2 = α .

Beweis : Wenn wir die Gleichheit (∗) zeigen, ist bewiesen, dass Hc,α eineGerade ist :1.) Sei x ∈ G α

‖c‖2·c,c⊥ , dann gibt es ein λ ∈ R mit

x =α

‖c‖2c+ λ c⊥ ,

also 〈x, c 〉 =α

‖c‖2〈 c, c 〉+ λ 〈 c⊥, c 〉 ,

〈x, c 〉 =α

‖c‖2‖c‖2 = α , also x ∈ Hc,α .

2.) Sei x ∈ Hc,α , also 〈x, c 〉 = α , dann folgt

〈x− α

‖c‖2c, c 〉 = 〈x, c 〉 − α

‖c‖2〈 c, c 〉 = α− α = 0 .

Fur y := x − α‖c‖2 c gilt also 〈 y, c 〉 = 0 , und es ist c 6= 0 . Ist c1 6= 0 , so

folgt aus 0 = 〈 y, c 〉 = y1c1 + y2c2 :

y1 =y2c1· (−c2) , und sowieso : y2 =

y2c1c1 ,

also y =y2c1· c⊥ .

Ist c2 6= 0 , so folgt

y2 = −y1c2· c1 , und sowieso : y1 = −y1

c2· (−c2) ,

also y = −y1c2· c⊥ ,

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auf jeden Fall: ∃λ ∈ R : y = λc⊥ ,

x− α

‖c‖2c = λc⊥ , x =

α

‖c‖2c + λc⊥ ,

also x ∈ G α‖c‖2·c,c⊥ .

2

Bemerkung 1.5.4 : Mit der Formel

(∗) Hc,α = G α‖c‖2·c,c⊥

erhalt man zu einer Geraden in Gleichungsdarstellung leicht eine Parameter-darstellung. Umgekehrt geht das auch: Fur p, a ∈ R2 mit a 6= 0 gilt

(∗∗) Gp,a = Ha⊥,〈a⊥,p〉 .

Beweis als Ubung.

2

(1.5.5) Schnittpunkt zwischen Geraden im R2 : Hat man zwei

Geraden im R2 , etwa in Parameterform

Gp,a und Gq,b mit p, q, a, b ∈ R2, a, b 6= 0 ,

so kann man fragen, ob sie einen eindeutig bestimmten Schnittpunkt s be-sitzen. Ist s ∈ Gp,a ∩Gq,b , so gibt es λ, µ ∈ R mit

s = p+ λ a = q + µb ,

und wenn wir das Skalarprodukt mit a⊥ bilden :

(0) 〈 p, a⊥ 〉 = 〈 q, a⊥ 〉+ µ〈 b, a⊥ 〉 ,

und es gibt genau dann eine eindeutig bestimmte Losung fur µ , wenn〈 b, a⊥ 〉 6= 0 ist :

(1) Gp,a ∩Gq,b =

{q +〈 p− q, a⊥ 〉〈 b, a⊥ 〉

b

}fur 〈 b, a⊥ 〉 6= 0 .

Ist 〈 b, a⊥ 〉 = 0 , so sieht man:Fur 〈 p− q, a⊥ 〉 6= 0 gibt es keinen Schnittpunkt,fur 〈 p− q, a⊥ 〉 = 0 ist jedes µ ∈ R Losung von (0) .

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Man sieht, dass 〈 b, a⊥ 〉 = 0 bedeutet, dass die Geraden Gp,a und Gq,b

parallel sind. Wir halten es schon einmal fest: Eine lineare Gleichung miteiner Unbekannten, wie (0) , besitzt durchaus nicht immer eine eindeutigbestimmte Losung; es kann auch sein, dass sie keine Losung besitzt oderdass alle reellen Zahlen Losungen sind !

Der Vollstandigkeit halber geben wir noch Formeln fur den Schnittpunkt an,wenn mindestens eine der Geraden in Gleichungsdarstellung gegeben ist: Fura, b, c, p ∈ R2 , a, b, c 6= 0 und α, β ∈ R gilt

(2) Ha,α ∩Hb,β =

{1

〈 a⊥, b 〉(βa⊥ − αb⊥)

}fur 〈 a⊥, b 〉 6= 0 ,

(3) Gp,a ∩Hc,α =

{p+

α− 〈 p, c 〉〈 a, c 〉

a

}fur 〈 a, c 〉 6= 0 .

Beweisen konnen Sie diese Formeln leicht. Auswendig lernen sollten Sie siekeineswegs !

2

Es liegt nahe, dass man so etwas wie den Vektor x⊥ , der “die” zu x senk-rechte Richtung angibt, falls x 6= 0 ist, im Rn fur n ≥ 3 nicht definierenkann.

��������

x⊥

x

HHH

HHHHY

1.6 Geraden und Ebenen im R3

Zuvor die

Definition 1.6.1 : Seien a, b ∈ Rn , n ∈ N . Dann heißt das Paar (a, b)linear unabhangig, wenn fur alle λ, µ ∈ R gilt

λ a+ µ b = 0 =⇒ λ = µ = 0 .

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Bemerkung 1.6.2 : Seien p, a ∈ R3 , a 6= 0 , so ist

Gp,a = { p+ λ a | λ ∈ R }

die Gerade durch p mit Richtung a , in Parameterdarstellung. Aber: Istc ∈ R3 , c 6= 0 , und α ∈ R , so ist

Hc,α ={x ∈ R3

∣∣ 〈x, c 〉 = α}

,

also die Menge der Losungen (x1, x2, x3) der linearen Gleichung

c1x1 + c2x2 + c3x3 = α

keine Gerade: Sei p ∈ Hc,α , also p eine feste Losung dieser Gleichung (diewegen c 6= 0 existiert: Ist etwa c1 6= 0 , so ist

p =

c1, 0, 0

)eine Losung ),

dann gilt fur beliebiges x ∈ Hc,α :

(1) 〈x− p, c 〉 = 〈x, c 〉 − 〈 p, c 〉 = α− α = 0 ,

Hc,α ist die Menge der x ∈ R3 , fur die x − p auf c senkrecht steht : An-schaulich gesehen, ist das eine Ebene:

x1

x3

����

����

����

������

����

x2

�����

�����

�����

�����

�����

�����

�����

�����

�����

�����

�����

��

��

E

�����

�����

XXXXXXXXXXXXXXXX

XXXXXXXXXXXXXXXX�������

c

Sei E := { y ∈ R3 | 〈 y, c 〉 = 0 } ,dann gibt es wegen c 6= 0 stets zwei Losungen a, b von 〈 y, c 〉 = 0 , also zweiElemente aus E , die verschiedene “Richtungen” haben: Ist etwa c1 6= 0 ,so kann man

a :=

(−c2c1, 1, 0

), b :=

(−c3c1, 0, 1

)27

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wahlen, entsprechend fur die Falle c2 6= 0 bzw. c3 6= 0 . Dass a und b ver-schiedene “Richtungen” haben, kann man mit Definition 1.6.1 so ausdrucken:Das Paar (a, b) ist linear unabhangig. Es gilt dann(2) E = { λ a+ µ b | α, µ ∈ R } .

Beweis von (2): 1.) Aus 〈 a, c 〉 = 〈 b, c 〉 = 0 folgt

〈λ a+ µ b , c 〉 = λ 〈 a, c 〉 + µ 〈 b, c 〉 = 0

fur alle λ, µ ∈ R , also { λ a+ µ b | λ, µ ∈ R } ⊂ E .2.) Wir zeigen E ⊂ { λa+ µb | λ, µ ∈ R } fur den Fall c1 6= 0 und obigesa, b : Sei y = (y1, y2, y3) ∈ E , dann setzen wir λ := y2 und µ := y3 .Wegen

〈 y, c 〉 = 0 gilt dann y1 = −c2c1y2 −

c3c1y3 , also

y1 = λa1 + µb1 ,

y2 = λa2 + µb2 wegen a2 = 1 , b2 = 0 ,

y3 = λa3 + µb3 wegen a3 = 0 , b3 = 1 , also

y = λa+ µb

Aus (1) und (2) folgt dann

Hc,α = { p+ λa+ µb | λ, µ ∈ R } ,

wobei p eine feste Losung von 〈x, c 〉 = α ist, und a, b Losungen von〈 y, c 〉 = 0 sind, noch so, dass das Paar (a, b) linear unabhangig ist.

2

Wir haben gesehen: Eine lineare Gleichung

〈x, c 〉 = α , c ∈ R3 \ {0} , α ∈ R

beschreibt eine Ebene im R3 . Kann man eine Gerade im R3 vielleicht durchmehrere lineare Gleichungen beschreiben ?

Definition und Satz 1.6.3 : Seien b = (b1, b2, b3) , c = (c1, c2, c3) ∈ R3 ,dann nennen wir

b × c := (b2c3 − b3c2 , −b1c3 + b3c1 , b1c2 − b2c1)

das Vektorprodukt von b und c . Es gilt

(0) 〈 b, b× c 〉 = 〈 c, b× c 〉 = 0 ,

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d.h. b und c stehen auf b× c senkrecht.Beweis : Die Gleichung (0) ist Aufgabe (1.9) e).

2

Bemerkung 1.6.4 : 1.) Sei

Gp,a = { p+ λa | λ ∈ R } mit a, p ∈ R3 , a 6= 0

eine Gerade im R3 Dann gilt fur x ∈ Gp,a , x = (x1, x2, x3) :

xj = pj + λaj fur j ∈ 3 .

Man kann eine dieser Gleichungen nach λ auflosen und auf diese Weise λeliminieren: Wegen a 6= 0 ist eins der aj ungleich 0 . Sei etwa a1 6= 0 , dann

haben wir λ =1

a1x1 −

1

a1p1 und x2 = p2 +

a2a1x1 −

a2a1p1 , also

a1x2 − a2x1 = a1p2 − a2p1 , entsprechend :

a1x3 − a3x1 = a1p3 − a3p1 .

Setzen wir

b := (−a2, a1, 0) , c := (−a3, 0, a1) ,

β := a1p2 − a2p1 , γ := a1p3 − a3p1 , so ist

(∗) Gp,a ⊂{x ∈ R3

∣∣ 〈 b, x 〉 = β ∧ 〈 c, x 〉 = γ}

,

wobei die Familie (b, c) wegen a1 6= 0 linear unabhangig ist, und b und cstehen auf dem Richtungsvektor a von Gp,a senkrecht:

b⊥a wegen 〈 (−a2, a1, 0), (a1, a2, a3) 〉 = 0 , ebenso :

c⊥a .

2.) Wir zeigen nun : Fur eine linear unabhangige Familie (b, c) mit b, c ∈ R3

und β, γ ∈ R ist {x ∈ R3

∣∣ 〈 b, x 〉 = β ∧ 〈 c, x 〉 = γ}

eine Gerade im R3 , deren Richtungsvektor auf b und c senkrecht steht.Damit ist dann auch gezeigt, dass in (∗) das Gleichheitszeichen steht: Ausder linearen Unabhangigkeit von (b, c) folgt, dass b und c ungleich 0 sind.

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Sei etwa b1 6= 0 . Wir multiplizieren die Gleichung 〈 b, x 〉 = β mit c1 unddie Gleichung 〈 c, x 〉 = γ mit b1 ,

b1c1x1 + b2c1x2 + b3c1x3 = c1β ,

b1c1x1 + b1c2x2 + b1c3x3 = b1γ ,

und subtrahieren:

(b2c1 − b1c2)x2 + (b3c1 − b1c3)x3 = c1β − b1γ .

Angenommen, b2c1 − b1c2 = 0 ∧ b3c1 − b1c3 = 0 , dann folgt

c2 =c1b1b2 ∧ c3 =

c1b1b3 , sowieso: c1 =

c1b1b1 ,

also c =c1b1b , also (b, c) nicht linear unabhangig, Widerspruch. Also ist

b2c1 − b1c2 6= 0 ∨ b3c1 − b1c3 6= 0 . Sei etwa

b2c1 − b1c2 6= 0 , dann konnen wir

p3 := 1 , p2 :=c1β − b1γ − b3c1 + b1c3

b2c1 − b1c2und

p1 :=1

b1(β − b2p2 − b3p3)

wahlen, dann ist p eine Losung von

〈 b, p 〉 = β ∧ 〈 c, p 〉 = γ .

Fur jede weitere Losungx von 〈 b, x 〉 = β ∧ 〈 c, x 〉 = γ gilt dann

〈 b, x− p 〉 = 0 ∧ 〈 c, x− p 〉 = 0 ,

also ist y := x− p eine Losung von

(∗∗) 〈 b, y 〉 = 〈 c, y 〉 = 0 .

Mit derselben Rechnung wie oben folgt

(b2c1 − b1c2)y2 + (b3c1 − b1c3)y3 = 0 .

Wenn wir y3 := b1c2 − b2c1 setzen, folgt

y2 = −b1c3 + b3c1 , und aus 〈 b, y 〉 = 0 :

30

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b1y1 + b2(−b1c3 + b3c1) + b3(b1c2 − b2c1) = 0 ,

b1y1 + b1(c2b3 − c3b2) = 0 ,

y1 = −c2b3 + c3b2 , also

y = (b2c3 − b3c2 , −b1c3 + b3c1 , b1c2 − b2c1) = b × c ,

und jede andere Losung von (∗∗) ist ein λ−faches dieses Vektors, λ ∈ R .Fur jede Losung x von 〈 b, x 〉 = β ∧ 〈 c, x 〉 = γ gilt

x = p+ λ ( b × c) , also{x ∈ R3

∣∣ 〈 b, x〉 = β ∧ 〈 c, x 〉 = γ}

= Gp,b×c .

2

Bemerkung 1.6.5 : Sie sehen: Es ist gar nicht von vornherein klar, wiedie Losungsmenge von m Gleichungen mit n Unbekannten im Rn geome-trisch aussieht. Wir werden im Laufe dieses Semesters eine Theorie dafurentwickeln. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil wir bei unseren bisherigenUberlegungen oft nur Spezialfalle betrachtet haben, wenn wir gesagt haben:

Sei b ∈ R3 , b 6= 0 , dann ist eine der drei Komponenten 6= 0 .Sei etwa b1 6= 0 , dann folgt . . . .

1.7 Aufgaben

(1.1) Sei f : M −→ N eine Abbildung. Zeigen Sie:

a) Fur alle A ⊂M gilt A ⊂−1f (f(A)) .

b) f ist genau dann injektiv, wenn fur alle A ⊂M gilt

A =−1f (f(A)) .

c) Fur alle B ⊂ N gilt f(−1f (B)) ⊂ B .

d) f ist genau dann surjektiv, wenn fur alle B ⊂ N gilt

B = f(−1f (B)) .

e) Ist f bijektiv, so ist fur alle B ⊂ N das Bild von B unter f−1

gleich dem Urbild von B unter f :

f−1(B) =−1f (B) .

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(1.2) Sei f : M −→ N eine Abbildung und seien A,B ⊂M , C,D ⊂ N .Zeigen Sie :

a)−1f (C ∪D) =

−1f (C)∪

−1f (D)

b)−1f (C ∩D) =

−1f (C)∩

−1f (D)

c) f(A ∪B) = f(A) ∪ f(B)

d) f(A ∩B) ⊂ f(A) ∩ f(B)

e) Es gilt ∀A,B ⊂M : f(A ∩B) = f(A) ∩ f(B)genau dann, wenn f injektiv ist.

f) Geben Sie eine Funktion f : M −→ N und TeilmengenA,B von M an mit f(A) ∩ f(B) 6= f(A ∩B) .

(1.3.) Seien L,M,N nichtleere Mengen,

f : L −→ M , g : M −→ N Funktionen. Zeigen Sie :

a) Sind f und g surjektiv, so ist g ◦ f surjektiv.b) Sind f und g injektiv, so ist g ◦ f injektiv.c) Ist g ◦ f surjektiv, so ist g surjektiv .d) Ist g ◦ f injektiv, so ist f injektiv.

(1.4) Seien c ∈ R2 \ {0} , α ∈ R und p ∈ R2 .Sei G := { x ∈ R2 | < c, x >= α } .

a) Berechnen Sie den “Fußpunkt f des Lots von p auf G ”, d.h.den Schnittpunkt der auf G senkrechten Geraden durch p mitG , und damit den “Abstand von p und G ”, d.h. ‖p− f‖ .

b) Zeigen Sie: Ist G in der Form

G ={x ∈ R2

∣∣ 〈c, x〉 = α}

mit ‖c‖ = 1

(“Hessesche Normalform”)

gegeben, so ist der Abstand von p und G gleich

| 〈c, p〉 − α | .

(1.5) Beweisen Sie, dass fur alle a, b ∈ R2 , λ ∈ R gilt:a) (a+ b)⊥ = a⊥ + b⊥ , (λa)⊥ = λ · a⊥ ,b) 〈a, a⊥〉 = 0 , 〈a, b⊥〉 = −〈a⊥, b〉 ,c) ‖a⊥‖ = ‖a‖ , d) (a⊥)⊥ = −a .

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(1.6) Seien a, b, cR2 mit a 6= b , c /∈ Ga,b−a gegeben. Als “Hohen im Dreieck(a, b, c) ” bezeichnet man die Geraden durch die Punkte a, b, c, die aufden Geraden durch die anderen beiden Punkte senkrecht stehen. ZeigenSie, dass sich die drei Hohen in genau einem Punkt h schneiden, undgeben Sie eine Formel zur Berechnung dieses “Hohenschnittpunkts” an.

(1.7) Sei m ∈ R2 und r ∈ R , r > 0 , dann heißtK := { x ∈ R2 | ‖x−m‖ = r }

der “Kreis mit Mittelpunkt m und Radius r ”. Zeigen Sie:a) Sei p ∈ R2 mit ‖p−m‖ < r . Sei S eine Gerade durch p . Dann

gibt es genau zwei Schnittpunkte aS , bS von S mit K , und dasProdukt‖aS − p‖ · ‖bS − p‖

hangt nicht von S ab. (“Zwei-Sehnen-Satz”).b) Sei p ∈ R2 mit ‖p−m‖ > r . Sei S eine Gerade durch p , die

zwei Schnittpunkte aS, bS mit K hat, und T eine Geradedurch p , die K in genau einem Punkt q schneidet. Dann gilt‖aS − p‖ · ‖bS − p‖ = ‖q − p‖2 .

(“Sehnen-Tangenten-Satz”).

(1.8) Seien p, q, a, b ∈ R3 und (a, b) linear unabhangig. Berechnen Sie, ana-log zu Aufgabe (1.4), den Abstand d des Punktes q von der EbeneEp,a,b .

(1.9) Sei P (x, y) das fur ganze Zahlen x, y definierte zweistellige Pradikat

x ≤ y .

Zeigen Sie an diesem Beispiel, dass in Regel 1.2.5 (9) in der Mitte kein⇐⇒ stehen kann.

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§2 Gruppen

2.1 Allgemeines

Definition 2.1.1 : Sei H eine nichtleere Menge und τ eine Verknupfungauf H , d.h. eine Abbildung

τ : H × H −→ H , (x, y) 7−→ xτy .

Wenn die Aussage(G1) ∀x, y, z ∈ H : xτ(yτz) = (xτy)τz (Assoziativgesetz)gilt, dann heißt H (genauer: das Paar (H, τ) ) eine Halbgruppe .

Definition 2.1.2 : Sei G eine nichtleere Menge und τ eine Verknupfung aufG , d.h. eine Abbildung

τ : G × G −→ G , (x, y) 7−→ xτy .

Wenn die Aussagen(G1) ∀x, y, z ∈ G : xτ(yτz) = (xτy)τz (Assoziativgesetz)(G2) ∃ e ∈ G∀x ∈ G : eτx = x (Existenz eines linksneutralen Elements)(G3) ∀x ∈ G∃x∗ ∈ G : x∗τx = e (Existenz eines Linksinversen)richtig sind, dann heißt G (genauer: das Paar (G, τ)) eine Gruppe .Wenn zusatzlich(G4) ∀x, y ∈ G : xτy = yτx (Kommutativgesetz)gilt, heißt (G, τ) eine abelsche (kommutative) Gruppe .

2

Jede Gruppe ist also auch eine Halbgruppe.

Bemerkung 2.1.3 : In Def. 2.1.1 steht mit Absicht moglichst Wenig, damitman wenig Arbeit hat, wenn man nachweisen will, dass eine gegebene MengeG mit einer Verknupfung τ eine Gruppe ist. Tatsachlich folgt aus (G1) - (G3)mehr:

Folgerung 2.1.4 : Sei (G, τ) eine Gruppe, e ein linksneutrales Element.Dann gilt fur alle x, y ∈ G :(a) Wenn x∗ ∈ G ist mit x∗τx = e, dann ist auch xτx∗ = e .(b) xτe = x .(c) Sei f ∈ G mit ∀ a ∈ G : fτa = a , dann ist f = e.Das linksneutrale Elementist also eindeutig bestimmt, und wegen (b) es istauch rechtsneutral. Man spricht daher von dem neutralen Element von

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(G, τ) .(d) ∃1 x∗ ∈ G : x∗τx = e , und es gilt auch

xτx∗ = e . x∗ heißt daher das Inverse von x,

und wir schreiben meist x−1 statt x∗.(e) e∗ = e.(f) Es gelten die Kurzungsregeln :

∀ a ∈ G : (aτx = aτy =⇒ x = y ∧ xτa = yτa =⇒ x = y) .(g) ∃1 a ∈ G : xτa = y ∧ ∃1b ∈ G : bτx = y .(h) ∀x, y ∈ G : ((x−1)−1 = x ∧ (xτy)−1 = y−1τx−1) .Beweis : (a) Wegen (G3) hat man (x∗)∗ ∈ G mit (x∗)∗τx∗ = e , also

xτx∗ (G2)= eτ(xτx∗) = ((x∗)∗τx∗)τ(xτx∗) = (x∗)∗τ(x∗τ(xτx∗))

= (x∗)∗τ((x∗τx)τx∗) = (x∗)∗τ(eτx∗) = (x∗)∗τx∗ = e .

(b) xτe (G3)= xτ(x∗τx) (G1)

= (xτx∗)τx (a)= eτx = x.

(c) e = fτe (b)= f .

(d) Seien x∗ und x′ Linksinverse von x , dann gilt

x∗ = eτx∗ = (x′τx)τx∗ = x′τ(xτx∗) (a)= x′τe (b)

= x′ ,

das Linksinverse x∗ zu x ist also eindeutig bestimmt, und nach (a) auchrechtsneutral.

(e) eτe (G2)= e und e∗τe (G3)

= e . Nach (d) folgt e = e∗.

(f) Aus aτx = aτy folgt

a∗τ(aτx) = a∗τ(aτy), und mit (G1) :

(a∗τa)τx = (a∗τa)τy; und mit (G3) :

eτx = eτy, also mit (G2) : x = y.

Entsprechend zeigt man die zweite Implikation, wobei man noch (d) braucht.(g) Setzen wir a := x∗τy , so folgt

xτa = xτ(x∗τy) = (xτx∗)τy = eτy = y.

Zum Beweis der zweiten Aussage setzt man b := yτx∗. Dass a und b eindeutigbestimmt sind, folgt aus (f).(h) Wegen (d) haben wir

x−1τx = xτx−1 = e ,

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und da das Inverse eindeutig bestimmt ist, ist x das Inverse von x−1, also(x−1)−1 = x. Fur x, y ∈ G gilt

(y−1τx−1)τ(xτy) = (y−1τ(x−1τx))τy = (y−1τe)τy = y−1τy = e ,

also folgt (wieder mit (d)) : (xτy)−1 = y−1τx−1 .

2

In Halbgruppen kann man Potenzen mit Exponenten aus N definieren, inGruppen sogar mit Exponenten aus Z :

Definition 2.1.5 : Sei (G, τ) eine Halbgruppe und x ∈ G . Dann definierenwir Potenzen von x rekursiv durch

x1 := x ,(∗) xn+1 := xnτx fur n ∈ N .

Ist (G, τ) eine Gruppe, e ihr neutrales Element, so setzen wir zusatzlichx0 := x und fur n ∈ N :(∗∗) x−n := (x−1)n .

Bemerkung 2.1.6 : Beim Beweis von Folgerung 2.1.7 setzen wir die folgen-de Eigenschaft der ganzen Zahlen als bekannt voraus: Es ist N0 ⊂ Z , undwenn m ∈ Z,m /∈ N0 ist, dann ist −m ∈ N. Also ist

Z = N0 ∪ { −k | k ∈ N } .

Folgerung 2.1.7 : Sei (G, τ) eine Halbgruppe und seien x, y ∈ G ,n,m ∈ N . Dann gilt(1) xnτxm = xn+m

(2) (xn)m = xn·m

(3) Wenn xτy = yτx ist: (xτy)n = xnτyn .Ist (G, τ) eine Gruppe , so gelten diese Regeln fur alle n,m ∈ Z .Beweis : (1) a) Sei (G, τ) eine Halbgruppe. Dann beweisen wir (1) durchInduktion nach m :Induktionsanfang: Sei n ∈ N beliebig und m = 1 : Dann gilt

xnτx1 = xn+1 nach Definition (∗).

Induktionsschluss: Sei n ∈ N beliebig und fur m sei (1) richtig (I.V.), dannfolgt

xnτxm+1 (∗)= xnτ(xmτx) = (xnτxm)τx (I.V.)

= xn+mτx (∗)= xn+m+1 .

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b) Sei nun (G, τ) eine Gruppe und x ∈ G .b1) Wir zeigen zunachst

∀m ∈ Z : xm+1 = xmτx.

Beweis von b1) : Fur m ∈ N ist das die Definition (∗). Fur m = −1 oderm = 0 gilt das nach Definition von x0. Sei m ∈ Z , m ≤ −2 , dann istm = −k mit k ≥ 2 , also k − 1 ∈ N . Nach Def. (∗∗) folgt

xmτx = (x−1)−mτx = (x−1)−m−1τx−1τx = (x−1)−m−1 = xm+1 .

b2) Wir zeigen nun ∀n ∈ Z∀m ∈ N0 : xnτxm = xn+m durch Induktionnach m :Induktionsanfang: Fur m = 0 gilt

xnτx0 = xnτe = xn = xn+0 .

Induktionsschluss: Sei m ∈ N0 , und fur alle n ∈ Z sei xnτxm = xn+m

richtig. Dann folgt

xnτxm+1 = xnτxmτx = xn+mτx b1)= xn+m+1 .

b3) Wir verwenden b2) fur x−1 statt x. Dann haben wir

∀n ∈ Z∀m ∈ N0 : (x−1)nτ(x−1)m = (x−1)n+m

und nach (∗∗).

∀n ∈ Z∀m ∈ N0 : x−nτx−m = x−(n+m) .

Mit n ∈ Z ist auch −n ∈ Z, und mit m ∈ N0 ist −m ∈ Z \ N , also gilt

∀n ∈ Z∀m ∈ Z \ N : xnτxm = x−(−(n+m)) = xn+m .

c) Mit b2) und b3) haben wir gezeigt:

∀n ∈ Z∀m ∈ Z : xnτxm = xn+m .

(2) und (3) zeigt man ahnlich.

2

(2.1.8) Additive und multiplikative Schreibweise : Haufig haben wir

in einer Menge G zwei Verknupfungen. Dafur kann man dann nicht immer

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“τ ” schreiben:a) Schreibt man die Verknupfung als Addition + , so schreibt man, falls vor-handen,• fur das neutrale Element : 0 , und spricht vom Nullelement,• fur das inverse Element eines x ∈M : −x, und spricht vom Negativen

von x,• fur die n−te Potenz von x , n ∈ N bzw. Z : nx , und spricht vom

n−fachen von x.b) Schreibt man die Verknupfung als Multiplikation ·, so schreibt man, fallsvorhanden,• fur das neutrale Element : 1G oder einfach 1 , und spricht vom Einselement.• fur das Inverse eines x ∈M : wie bisher, x−1 ,• und fur Potenzen von x wie bisher: xn.

2.2 Untergruppen und Normalteiler

Definition 2.2.1 : Sei (G, ·) eine Gruppe. Eine Menge U heißt eine

Untergruppe von G, wenn gilt

(U1) U 6= ∅ und U ⊂ G,(U2) ∀ a, b ∈ U : a−1 · b ∈ U .- Die Definition ist sinnvoll, denn es gilt dieBehauptung 2.2.2 : Sei U eine Untergruppe von (G, ·), dann ist U mit der

auf U eingeschrankten Verknupfung · selbst eine Gruppe, mit dem neutralenElement e von G als neutralem Element von U .Beweis : (1) Wegen U 6= ∅ gibt es ein Element a ∈ U . Dafur ist nach (U2)

a−1 · a ∈ U , also e ∈ U .

Fur a, b ∈ U ist dann nach (U2) auch

a−1 = a−1 · e ∈ U , und damit

a · b = (a−1)−1 · b ∈ U ,

also ist die Restriktion von · auf U × U eine Abbildung von U × Unach U ! Und die Gruppenaxiome (G1)-(G3) gelten fur U .

2

Beispiel (2.2.3) : Sei (G, ·) eine Gruppe und a ∈ G fest. Dann ist

< a >:= { an | n ∈ Z }

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eine Untergruppe.< a > heißt die von a erzeugte zyklische Untergruppevon G.Dass { an | n ∈ Z } eine Untergruppe ist, sieht man leicht mit der Po-tenzregel (1) aus 2.1.6. Andererseits: Jede Untergruppe U mit a ∈ U enthaltauch < a >, denn sie enthalt a, a−1, und mit Induktion folgt dann, dass auchalle Potenzen von a in U liegen.

Bemerkung 2.2.4 : Sei U eine Untergruppe von (G, ·) , dann wird durch

a ∼ b :⇐⇒ a−1 · b ∈ U

eine Aquivalenzrelation in G definiert. Die Aquivalenzklassen sind die Men-gen

a · U := { a · u | u ∈ U } .Die Mengen a · U heißen die Linksnebenklassen von G bezuglich U .Beweis : Es gilt fur alle a, b, c ∈ G:(A1) a ∼ a wegen a−1 · a = e ∈ U.(A2) Aus a ∼ b folgt a−1 · b ∈ U , also (a−1 · b)−1 ∈ U, b−1 · a ∈ U , also b ∼ a.(A3) Aus a ∼ b und b ∼ c folgt

a−1·b ∈ U und b−1·c ∈ U , also a−1·c = a−1·b·b−1·c ∈ U also a ∼ c .

Beachten Sie, dass wir hier die (wegen des Assoziativgesetzes (G1) uber-flussigen) Klammern weggelassen haben. Sei a die Aquivalenzlasse von a ,also

a = { b ∈ G | b ∼ a } ,und u ∈ U , dann ist a ·u ∈ a wegen a−1 · (a ·u) = u ∈ U , also a ·U ⊂ a, undwenn b ∈ a ist, gilt a ∼ b, also u := a−1 · b ∈ U , b = a · u ∈ a · U .

2

(2.2.5) Satz von Lagrange : Sei (G, ·) eine endliche Gruppe, d.h die

Menge G sei endlich, und U eine Untergruppe von G. Sei [G : U ] die Anzahlder Linksnebenklassen von G bezuglich U , dann gilt

#(G) = [G : U ] ·#(U).

Beweis : Nach Bemerkung 2.2.4 wird durch

a ∼ b :⇐⇒ a−1 · b ∈ U fur a, b ∈ G

eine Aquivalenzrelation auf G definiert, wobei die Aquivalenzklassen dieLinksnebenklassen a · U , a ∈ G sind, also gilt nach Satz 1.2.7(3) :

(∗) G =⋃a∈G

a·U .

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Die Nebenklassen sind endliche Mengen, da sie Teilmengen der endlichenMenge G sind.(1) Alle Nebenklassen haben die gleiche Machtigkeit.Beweis: Wegen U ⊂ G gibt es ein m ∈ N mit #(U) = m. Sei a ∈ G und

f : U −→ a · U , f(x) := a · x ,

dann ist f surjektiv nach Definition von a·U , und injektiv nach der Kurzungs-regel 2.1.4(f), also bijektiv. Also ist auch #(a · U) = m, und zwar fur allea ∈ G dasselbe m . Alle Nebenklassen haben also die Machtigkeit #(U).(2) Zwei verschiedene Linksnebenklassen haben nach Satz 1.2.7(2) kein Ele-ment gemeinsam, und es gilt (∗). Es gibt also insgesamt [G : U ] Linksneben-klassen, die je #(U) Elemente enthalten. Also ist

#(G) = [G : U ] ·#(U) .

2

Anwendung 2.2.6 : Sei (G, ·) eine Gruppe. Wenn man die Teilmengen U

von G sucht, die Untergruppen von G sind, so kann man sich also auf dieTeilmengen U beschranken, fur die gilt

∃n ∈ N : #(G) = n ·#(U) ,

man sagt: “Die Machtigkeit von U ist ein Teiler von #(G)”.Bemerkung 2.2.7 : Sei (G, ·) eine Gruppe und U eine Untergruppe, so hatman die Menge

G/U := { a · U | a ∈ G } .

Wir fragen uns, ob diese Menge G/U durch die Definition

(∗∗) (a ·U)◦ (b ·U) := (a ·b) ·U , also

a ◦ b := a · b fur a = a · U , a, b ∈ G

eine Gruppe (G/U , ◦) wird. Die Frage dabei ist, ob durch

a ◦ b := a · b

uberhaupt eindeutig eine Abbildung

◦ : G/U ×G/U −→ G/U

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definiert ist, ob also aus

a · U = a′ · U ∧ b · U = b′ · U immer

(a · b) · U = (a′ · b′) · U folgt.

Wenn ja, dann sagt man: ◦ ist wohldefiniert . Wenn die Gruppe (G, ·) nichtkommutativ ist, ist das nicht immer der Fall. Man muss von U etwas mehrfordern als nur die Untergruppen-Eigenschaft:Definition 2.2.8 : Sei (G, ·) eine Gruppe und N eine Untergruppe von G.Wenn auch noch

(N) ∀x ∈ G∀u ∈ N : x·u·x−1 ∈ N

gilt, dann heißt N ein Normalteiler in G.Bemerkung 2.2.9 : Man sieht, dass in einer kommutativen Gruppe jedeUntergruppe ein Normalteiler ist!- Es wird Zeit, einige Beispiele anzugeben:

(2.2.10) Die symmetrische Gruppe

Sei M eine nichtleere Menge. Wir setzen

SM := { f : M −→ M | f ist bijektiv } ,

Man rechnet nach, dass fur f, g ∈ SM auchdie Hintereinanderausfuhrung f ◦ g und die Umkehrfunktion f−1 bijektiv,

also Elemente von SM , sind. Dass die Hintereinanderausfuhrung ◦ assozia-tiv ist, wissen wir aus Satz 1.3.11, und fur die in 1.3.9 definierte identischeAbbildung idM gilt

∀ f ∈ SM : f ◦ idM = idM ◦ f = f .

Also ist (SM , ◦) eine Gruppe, mit idM als neutralem Element. Sie heißt diesymmetrische Gruppe von M . Fur #(M) ≥ 3 ist sie nicht abelsch: Seiena, b, c drei verschiedene Elemente von M und seien

f, g : M −→ M,

f(a) := b , f(b) := c , f(c) := a , g(a) := b , g(b) := a , g(c) := c

und f(x) := g(x) := x fur x /∈ {a, b, c}, dann gilt

(f ◦ g)(c) = f(c) = a , (g ◦ f)(c) = g(a) = b ,

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also f ◦ g 6= g ◦ f .Wenn M eine unendliche Menge ist, ist auch SM unendlich. Uns interessierenmehr die endlichen Gruppen, die man bekommt, wenn man

M := n fur n ∈ N

nimmt. Wir schreiben dann Sn statt Sn und nennen die Elemente dieserGruppe Permutationen der Menge n . Im Zusammenhang mit Deter-minanten werden wir uns noch ausfuhrlich mit diesen Gruppen beschaftigen.Wir beginnen mitBeispiel (2.2.11) : Die Gruppe S3

Wie gesagt, ist sie nicht kommutativ. Wir werden gleich Bezeichnungen furihre Elemente einfuhren, deren Sinn sich in (2.2.13) erschließen wird. Wirdefinieren hier mal die Permutationen (1, 2, 3) , (1, 3, 2) , (1, 2) , (1, 3) , (2, 3)(das sollen jetzt keine Tripel bzw. Paare ganzer Zahlen, sondern Bezeichnun-gen fur Permutationen sein) durch

(1, 2, 3) : 1 7→ 2 , 2 7→ 3 , 3 7→ 1 ,

(1, 3, 2) : 1 7→ 3 , 2 7→ 1 , 3 7→ 2 ,

(1, 2) : 1 7→ 2 , 2 7→ 1 , 3 7→ 3 ,

(1, 3) : 1 7→ 3 , 2 7→ 2 , 3 7→ 1 ,

(2, 3) : 1 7→ 1 , 2 7→ 3 , 3 7→ 2 .

Zusammen mit id3 sind das alle Permutationen von 3. Die Verknupfung ◦schreibt man sich am besten in einer Gruppentafel auf: Seien a, b ∈ S3. Indie linke Spalte schreibt man das a von a ◦ b, in die obere Zeile das b, undin die Kreuzung der Zeile von a und der Spalte von b die Hintereinander-ausfuhrung a ◦ b:◦ id3 (1,2,3) (1,3,2) (1,2) (1,3) (2,3)

id3 id3 (1,2,3) (1,3,2) (1,2) (1,3) (2,3)(1,2,3) (1,2,3) (1,3,2) id3 (1,3) (2,3) (1,2)(1,3,2) (1,3,2) id3 (1,2,3) (2,3) (1,2) (1,3)(1,2) (1,2) (2,3) (1,3) id3 (1,3,2) (1,2,3)(1,3) (1,3) (1,2) (2, 3) (1,2, 3) id3 (1,3,2)(2,3) (2,3) (1,3) (1,2) (1,3,2) (1,2,3) id3

(a) Wegen Anwendung (2.2.6) wissen wir, dass eine Untergruppe U von(S3, ◦) nur

1, 2, 3 oder 6

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Elemente enthalten kann. Mit 1 bzw. 6 Elementen haben wir dietrivialen Untergruppen

{ id3} bzw. S3 .

Aus der Gruppentafel sehen wir, dass

U3 := { id3, (1, 2)} , U2 := { id3, (1, 3)} , U1 := { id3, (2, 3)}

Untergruppen mit zwei Elementen sind, und zwar die einzigen. Und

V := { id3, (1, 2, 3), (1, 3, 2)}

ist die einzige Untergruppe mit drei Elementen.(b) Nehmen wir mal die Untergruppe U3 und bilden einige Linksnebenklas-sen:

(1, 2, 3) ◦ U3 = (1, 3) ◦ U3 = {(1, 2, 3), (1, 3)} ,

(1, 3, 2) ◦ U3 = (2, 3) ◦ U3 = {(1, 3, 2), (2, 3} .

Aber: Es ist

((1, 2, 3) ◦ (1, 3, 2)) ◦ U3 = id3 ◦ U3 = {(1, 2), id3} ,

((1, 3) ◦ (2, 3)) ◦ U3 = (1, 3, 2) ◦ U3 = {(1, 3, 2), (2, 3)} ,

man sieht, dass durch (∗∗) in (2.2.7) keine eindeutige Verknupfung in S3/U3definiert ist!

(c) Fur die Untergruppe V kann man anhand der Gruppentafel nachrechnen:

∀x ∈ S3 ∀ v ∈ V : x ◦ v ◦ x−1 ∈ V ,

V ist also ein Normalteiler in S3 . Man hat zwei verschiedene Linksneben-klassen

id3 ◦ V = V und (1, 2) ◦ V = {(1, 2), (2, 3), (1, 3)} .

Satz und Definition 2.2.12: Sei (G, ·) eine Gruppe undN ein Normalteilerin G. Dann wird die Menge der Linksnebenklassen

G/N = { a ·N | a ∈ G } mit der durch

(∗∗) (a·N)◦(b·N) := (a·b)·N fur a, b ∈ G

definierten Verknupfung ◦ eine Gruppe, genannt dieFaktorgruppe von G modulo N . Die Nebenklasse N (= e · N , wenn e

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das neutrale Element von G ist,) ist das neutrale Element von (G/N, ◦)Bemerkung : Das Zeichen ◦ bedeutet hier nicht, wie in (2.2.10)und (2.2.11),die Hintereinanderausfuhrung von Funktionen, sondern ist nur ein Zeichenfur eine von · verschiedene Verknupfung (und wir werden spater auch dafurwieder · schreiben, wenn keine Verwechslungen zu befurchten sind).

Beweis : (1) Wir zeigen, dass durch (∗∗) eindeutig eine Verknupfung ◦ aufG/N definiert ist: Seien a, a′, b, b′ ∈ G und

a ·N = a′ ·N und b ·N = b′ ·N , dann gilt

a ∈ a′ ·N und b ∈ b′ ·N , also

∃u ∈ N : a = a′ · u ∧ ∃ v ∈ N : b = b′ · v , also ∀w ∈ N :

a · b · w = (a′ · u) · (b′ · v) · w = a′ · u · b′ · v · w .

= a′ · b′ · (b′)−1 · u · b′ · v · w .

Nach Definition des Normalteilers (angewendet auf (b′)−1 ∈ G und u ∈ N )gibt es ein u′ ∈ U mit

(b′)−1 · u · b′ = u′ , also

a · b · w = a′ · b′ · u′ · v · w , mit u′ · v · w ∈ U , also

a · b · w ∈ a′ · b′ ·N .

Also ist (a ·b) ·N ⊂ (a′ ·b′) ·N , und ebenso zeigt man (a′ ·b′) ·N ⊂ (a ·b) ·N ,die beiden Nebenklassen sind also gleich. Durch (∗∗) ist also eindeutig eineVerknupfung ◦ auf G/N definiert.(2) Die Gultigkeit des Assoziativgesetzes in (G/N, ◦) folgt aus der Def. (∗∗)und dem Assoziativgesetz in (G, ·). Ist e das neutrale Element von (G, ·) , soist

e ·N = N

das neutrale Element von (G/N, ◦) , und zu x · N ∈ G/N ist x−1 · N dasInverse.

2

- Wir wollen uns noch einmal mit der in Beispiel (2.2.11) verwendeten Schreib-weise beschaftigen, damit Sie sehen, was es mit Bezeichnungen wie “(1,3,2)”oder “(2,3)” auf sich hat, und um weitere Beispiele angeben zu konnen:(2.2.13) Schreibweise von Permutationen : Sei n ∈ N , n ≥ 2. Ein

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σ ∈ Sn kann man dadurch angeben, dass man fur 1, . . . , n die Funktions-werte hinschreibt, wie in (2.2.11) :

σ : 1 7→ σ(1), . . . , n 7→ σ(n) .

Das ist ziemlich viel Schreibarbeit. Einfacher ist es, man schreibt nur eineZeile hin, beginnend mit einer runden Klammer, schreibt eine Zahl j ∈ nhin, dahinter ihren Funktionswert k := σ(j) , also

(j, k, . . . ,danach σ(k) usw. Irgendwann wird ein l mit σ(l) = j auftreten, dannschließt man die Klammer :

(j, k, . . . , l) .Z.B. ist (1, 3, 4) eine Abkurzung fur

σ : 1 7→ 3 , 3 7→ 4 , 4 7→ 1 , σ ∈ S4 ,

wenn man vereinbart, dass Zahlen, die nicht in der Klammer auftauchen, aufsich selbst abgebildet werden. Wir formulieren das etwas genauer:

Definition 2.2.14 : Eine Permutation σ ∈ Sn heißt ein Zyklus, wenn eseine Teilmenge {a1, . . . , ar} ⊂ n , r ≥ 1 , gibt, so dass

∀ j ∈ r − 1 : σ(aj) = aj+1 ,fur j = r : σ(ar) = a1 und∀ j ∈ n \ {a1, . . . , ar} : σ(j) = j

gilt . Ist r = 1 , so ist σ = idn und man schreibt(1) := idn .

Ist r > 1 , so schreibt man fur σ kurz(a1, a2, . . . , ar) .

Bemerkungen 2.2.15 : 1) Nicht jedes σ ∈ Sn ist ein Zyklus, sondern i.A.ein Produkt mehrerer Zyklen, z.B. ist

σ = (1, 2) ◦ (3, 4) ∈ S4

kein Zyklus.2) Die Zyklenschreibweise ist nicht eindeutig, z.B. ist

(1, 2, 3) = (2, 3, 1) ∈ S3 .3) Mit der Zyklenschreibweise kann man gut rechnen: Etwa in S3 rechnet manσ := (1, 3, 2) ◦ (2, 3) so aus: Man nimmt eine Zahl aus 3 , etwa 1 , wendetdarauf den hinten stehenden Zyklus an, das ergibt in diesem Fall wieder 1 ,darauf dan den vorderen Zyklus, das ergibt hier 3, man schreibt

(1, 3

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hin und wiederholt das Spiel mit 3 : Der hintere Zyklus,angewendet auf 3 ,ergibt 2 , der vordere, angewendet auf 2 , ergibt 1 . Das hatten wir schon,man schließt die Klammer:

(1, 3)

Zur Probe kann man noch nachrechnen, dass σ(2) = 2 ist. Also istσ = (1, 3). Es kann sein, dass weitere Zyklen hinzukommen (bei Sn mitn ≥ 4 ).

Beispiel (2.2.16) : Die Gruppe V4

In der Gruppe (S4, ◦) sei V4 := {e, a, b, c} mit

e := id4 , a := (1, 2) ◦ (3, 4) , b := (1, 3) ◦ (2, 4) , c := (1, 4) ◦ (2, 3) ,

dann rechnen wir folgende Produkte aus:

◦ e a b ce e a b ca a e c bb b c e ac c b a e

Man sieht aus dieser Tabelle: Fur alle x, y ∈ V4 gilt

x−1 = x und x · y ∈ V4 .

Also ist V4 eine Untergruppe von S4, also (V4, ◦) eine Gruppe und obigeTabellle die Gruppentafel von (V4, ◦) . (V4, ◦) heißt dieKleinsche Vierergruppe .

Beispiel (2.2.17) : Die zyklischen Gruppen Zn

Sei n ∈ N , n ≥ 2. Wir nehmen die Gruppe (Sn, ◦) und darin die Permutation

α := (1, 2, . . . , n) ,

jede Zahl aus n wird also auf die folgende abgebildet, und n auf 1 . Fuhrt mandie Permutation α genau n mal aus, so erhalt man die identische Abbildungidn , und n ist die kleinste Zahl k ∈ N mit αk = idn. Die von α erzeugtezyklische Untergruppe

< α >={αj∣∣ j ∈ n }

bezeichnen wir mit Zn und nennen (Zn, ◦) diezyklische Gruppe mit n Elementen .

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- Um das etwas deutlicher zu machen, nehmen wir n := 4 :

Beispiel (2.2.18): Die zyklische Gruppe Z4

In S4 nehmen wir

α := (1, 2, 3, 4) , dann ist

α2 = (1, 3) ◦ (2, 4) , α3 = (1, 4, 3, 2) , α4 = id4 .

Wir schreiben uns die Gruppentafel von (Z4, ◦) auf:

◦ id4 α α2 α3

id4 id4 α α2 α3

α α α2 α3 id4

α2 α2 α3 id4 αα3 α3 id4 α α2

Wir sehen einen wesentlichen Unterschied zur Gruppentafel von V4 in (2.2.16):Beide Gruppen bestehen aus 4 Elementen. In V4 ist das Quadrat jedes Ele-ments gleich dem neutralen Element, in Z4 gilt das nur fur zwei Elemente.Und in V4 gilt

∀x ∈ V4 : < x > 6= V4 ,

wir sagen: V4 ist keine zyklische Gruppe . Solche Unterschiede werden imnachsten Abschnitt deutlicher:

2.3 Homomorphismen von Gruppen

Definition 2.3.1 : Seien (G, ·) und (H, ◦) Halbgruppen. Eine Abbildung

ϕ : G −→ H

heißt ein Homomorphismus von (G, ·) in (H, ◦) wenn gilt

∀x, y ∈ G : ϕ(x · y) = ϕ(x) ◦ ϕ(y) .

Zusatz 2.3.2 : Ein Homomorphismus der Halbgruppe (G, ·) in die Halb-gruppe (H, ◦) heißt ein

Endomorphismus , wenn (G, ·) = (H, ◦) ,Monomorphismus , wenn ϕ injektiv,Epimorphismus, wenn ϕ surjektiv,Isomorphismus, wenn ϕ bijektiv,Automorphismus, wenn ϕ bijektiv und (G, ·) = (H, ◦) ist.

2

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(2.3.3) Beispiele :(1) Seien (G, ·) und (H, ◦) Gruppen, eH das neutrale

Element von H , dann ist

ϕ : G −→ H , x 7→ eH

ein Homomorphismus.(2) Sei (G, ·) eine Gruppe, a ∈ G ein festes Element, dann ist

ϕa : G −→ G , x 7→ a · x · a−1

ein Automorphismus von (G, ·). Falls (G, ·) abelsch oder a das neutrale Ele-ment von (G, ·) ist, ist ϕa = idG . - Das ist Ubungsaufgabe (2.5 b)!(3) Ein Beispiel aus der Analysis: Sei (R,+) die additive Gruppe der reellenZahlen und (R∗+, ·) mit

R∗+ := { x ∈ R | x > 0 }

die multiplikative Gruppe der positiven reellen Zahlen, dann ist die Expo-nentialfunktion

exp : R −→ R∗+ein Isomorphismus der Gruppe (R,+) in (R∗+, ·).(4) Sei (G, ·) eine Gruppe, N ein Normalteiler in (G, ·) und (G/N, ◦) dieFaktorgruppe von G modulo N . Da wir

(a ·N) ◦ (b ·N) := (a · b) ·N fur a, b ∈ G

definiert hatten, ist die surjektive Abbildung

κN : G −→ G/N , a 7→ a ·N

ein Epimorphismus von Gruppen. κN heißt derkanonische Nebenklassenepimorphismus von G auf G/N . (“kanonisch”bedeutet: “naheliegend”).

2

Satz 2.3.4 : Seien (G, ·) und (H, ◦) Gruppen, mit neutralen Elementen eGbzw. eH , und

ϕ : G −→ H

ein Homomorphismus von (G, ·) in (H, ◦). Dann gilt(1) ϕ(eG) = eH ,(2) ∀x ∈ G : ϕ(x−1) = (ϕ(x))−1 ,

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(3) ∀x ∈ G∀n ∈ Z : ϕ(xn) = (ϕ(x))n .Beweis : (1) Es ist eG ◦ eG = eG , also

ϕ(eG) ◦ ϕ(eG) = ϕ(eG) = ϕ(eG) ◦ eH .

Mit der Kurzungsregel (2.1.4)(f) folgt

ϕ(eG) = eH .

(2) ϕ(x) ◦ ϕ(x−1) = ϕ(x · x−1) = ϕ(eG) (1)= eH , also ist ϕ(x−1) das

(eindeutig bestimmte) Inverse von ϕ(x) in der Gruppe (H, ◦) , also

ϕ(x−1) = (ϕ(x))−1 .

(3) Fur n = 0 ist das Regel (1).(a) Sei n ∈ N, dann machen wir Induktion nach n : Fur n = 1 gilt

ϕ(x1) = ϕ(x) = (ϕ(x))1 .

Sei n ∈ N und fur n sei (3) richtig, dann folgt

ϕ(xn+1) = ϕ(xn · x) = ϕ(xn) ◦ ϕ(x) = (ϕ(x))n ◦ ϕ(x) = (ϕ(x))n+1 ,

wobei wir die Definition 2.1.5(∗) der Potenzen in den Gruppen (G, ·) und(H, ◦) verwendet haben.(b) Fur negative Exponenten −n , n ∈ N erhalten wir nach (2.1.5)(∗∗)und (a) :

ϕ(x−n) (∗∗)= ϕ((x−1)n) (a)

= (ϕ(x−1))n (2)= ((ϕ(x))−1)n (∗∗)

= ϕ(x)−n .

2

(2.3.5) Sprechweise : Seien (G, ·) und (H, ◦) Gruppen. Es gebe einen

Isomophismus der beiden Gruppen

ϕ : G −→ H ,

dann haben wir wegen der Bijektivitat von ϕ die Umkehrfunktion

ϕ−1 : H −→ G .

Sie ist auch ein Gruppen-Homomorphismus, denn seien x, y ∈ H , dann gibtes a, b ∈ G mit ϕ(a) = x , ϕ(b) = y , also a = ϕ−1(x) , b = ϕ−1(y), undwir erhalten

ϕ−1(x ◦ y) = ϕ−1(ϕ(a) ◦ ϕ(b)) = ϕ−1(ϕ(a · b)) = a · b = ϕ−1(x) · ϕ−1(y) .

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Man kann daher sagen : (G, ·) ist isomorph zu (H, ◦) und schreiben :

G ∼= H. Fur Gruppen (G, ·), (H, ◦) und (L, τ) hat man dann die Aussagen(A1) G ∼= G ,(A2) G ∼= H =⇒ H ∼= G ,(A3) G ∼= H ∧ H ∼= L =⇒ G ∼= L ,wie bei einer Aquivalenzrelation, aber man kann nicht sagen, dass ∼= eineAquivalenzrelation ist, da die “Menge aller Gruppen” nicht existiert! Mankann nicht beliebige Objekte zu einer Menge zusammenfassen, das fuhrt zulogischen Widerspruchen.

2

(2.3.6) Beispiel : Die Gruppen (V4, ◦) und (Z4, ◦) sind nicht isomorph!

Die beiden Mengen V4 und Z4 haben jeweils vier Elemente, es gibt also einebijektive Abbildung von V4 auf Z4. Aber angenommen,

ϕ : Z4 −→ V4

ist ein Isomorphismus der Gruppen (Z4, ◦) und (V4, ◦), dann gilt nach Satz2.3.4 (1) :

∀x ∈ V4 : ϕ(x2) (2.1.6)= ϕ( id4) = id4 ,

also fur das in (2.2.17) definierte α ∈ Z4 :

∃ y ∈ V4 : α = ϕ(y) und damit α2 = (ϕ(y))2 = ϕ(y2) = ϕ( id4) = id4 ,

was nach der Tabelle in (2.2.18) falsch ist.

Definition und Satz 2.3.7 : Seien (G, ·) und (H, ◦) Gruppen, mit neutra-len Elementen eG bzw. eH , und ϕ : G −→ H ein Homomorphismus vonG nach H. Dann heißt

ker ϕ := { x ∈ G | ϕ(x) = eH }

der Kern des Homomorphismus ϕ . ker ϕ ist ein Normalteiler in (G, ·).Beweis : Es ist ker ϕ ⊂ G nach Definition und eG ∈ ker ϕ nach 2.3.4 (1),also ker ϕ 6= ∅ . Seien a, b ∈ ker ϕ , dann gilt nach (2.3.4) (2) :

ϕ(a−1 · b) = ϕ(a−1) ◦ ϕ(b) = (ϕ(a))−1 ◦ eH = (eH)−1 ◦ eH = eH ,

also ist ker ϕ eine Untergruppe von G. Sei x ∈ G und a ∈ ker ϕ , dann gilt

ϕ(x·a·x−1) = ϕ(x)◦ϕ(a)◦ϕ(x−1) = ϕ(x)◦eH◦(ϕ(x))−1 = ϕ(x)◦(ϕ(x))−1 = eH ,

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also x · a · x−1 ∈ ker ϕ . Also ist ker ϕ ein Normalteiler in G .

2

Bemerkung (2.3.8) : Seien M und N Mengen und f : M −→ N ,

und will man zeigen, dass f injektiv ist, so muss man

∀ a, b ∈M : (f(a) = f(b) =⇒ a = b)

zeigen. Hat man einen Gruppenhomomorphismus ϕ : G −→ H vonzwei Gruppen (G, ·) und (H, ◦) , mit neutralen Elementen eG bzw. eH , somuss man nur

∀ a ∈ G : (ϕ(a) = eH =⇒ a = eG)

zeigen, wegen ϕ(eG) = eH und des folgenden Satzes:

Satz 2.3.9 : Seien (G, ·) und (H, ◦) Gruppen, mit neutralen Elementen eGbzw. eH , und ϕ : G −→ H ein Gruppenhomomorphismus. Dann gilt

ϕ ist ein Monomorphismus ⇐⇒ ker ϕ = {eG} .

Beweis : a) Sei ϕ ein Monomorphismus, also ein injektiver Homomorphis-mus, und

x ∈ ker ϕ , also ϕ(x) = eH(2.3.4)(1)

= ϕ(eG) ,

dann folgt x = eG . Also: kerϕ ⊂ {eG} , und “⊃” folgt aus (2.3.4)(1).b) Sei ker ϕ = {eG} und seien a, b ∈ G mit ϕ(a) = ϕ(b). Dann folgt

ϕ(a) ◦ (ϕ(b))−1 = eH , also ϕ(a · b−1) = eH , a · b−1 ∈ ker ϕ ,

also a · b−1 = eG , also a = b. Also ist ϕ injektiv.

2

(2.3.10) Homomorphiesatz fur Gruppen : Seien (G, ·) und (H, τ) Grup-pen ,

ϕ : G −→ H ein Epimorphismus von Gruppen.

Sei κ : G −→ G/ ker ϕ , x 7→ x · ( ker ϕ)

der kanonische Nebenklassenepimorphismus von G auf die FaktorgruppeG/ ker ϕ , dann gibt es genau einen Gruppen-Isomorphismus

ι : G/ ker ϕ −→ H mit ι ◦ κ = ϕ .

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( “ ◦ ” ist hier die Hintereinanderausfuhrung von Abbildungen.) Man sagt,dass das folgende “Diagramm kommutativ” wird:

G H

G/ ker ϕ

-

? �����������

ϕ

κ ∃1 ι

���

���

Beweis : a) Wir zeigen zunachst: Wenn ein Homomorphismus ι mit ι◦κ = ϕexistiert, so ist ι eindeutig bestimmt: Es gilt dann namlich fur x ∈ G :

ι(x · ker ϕ) = ι(κ(x)) = (ι ◦ κ)(x) = ϕ(x) ,

man kann also ι nicht anders als durch

(∗) ι(x · ker ϕ) := ϕ(x)

definieren:b) Wir definieren ι durch (∗). Dann ist ι eindeutig definiert, denn seienx, x′ ∈ G mit x · ker ϕ = x′ · ker ϕ , dann ist x−1 · x′ ∈ ker ϕ , alsoϕ(x−1 · x′) = eG, also ϕ(x) = ϕ(x′). ι ist ein Gruppenhomomorphismus,denn fur

x · ker ϕ , y · ker ϕ ∈ G/ ker ϕ gilt

ι((x · ker ϕ) ∗ (y · ker ϕ)) = ι((x · y) · ker ϕ)

= ϕ(x · y) = ϕ(x)τϕ(y) = ι(x · ker ϕ)τ ι(y · ker ϕ) .

Hier haben wir mit ∗ die Verknupfung in der Faktorgruppe G/ ker ϕ bezeich-

net. ι ist injektiv nach Satz 2.3.9, denn aus

ι(x · ker ϕ) = eH folgt ϕ(x) = eH , also x ∈ ker ϕ ,

und damit ist x · ker ϕ = ker ϕ = eG · ker ϕ das neutrale Element in(G/ ker ϕ, ∗). Und ι ist surjektiv, weil ϕ surjektiv ist: Sei z ∈ H, dann gibt

es ein x ∈ G mit z = ϕ(x), also z = ι(x · ker ϕ) . Die Gleichungι ◦ κ = ϕ folgt aus der Def. (∗) von ι .

2

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2.4 Aufgaben

(2.1) Sei (G, ·) eine Gruppe. Zeigen Sie: Sei a ∈ G, dann ist

la : G −→ G , la(x) := a · x

bijektiv. Die Abbildung

l : G −→ SG , a 7→ la

ist ein Monomorphismus der Gruppe (G, ·) in die symmetrische Gruppe(SG, ◦). (Interpretation: Wegen G ∼= l(G) ist also jede Gruppe isomorphzu einer Untergruppe einer symmetrischen Gruppe.)

(2.2) (Regeln fur das Rechnen mit Zyklen :) Sei n ∈ N und seien a1, . . . , akpaarweise verschiedene Elemente aus n. Zeigen Sie :a) (a1, . . . , ak)

−1 = (ak, ak−1, . . . , a1),b) (a1, a2)

−1 = (a1, a2),c) ∀ τ ∈ Sn : τ ◦ (a1, . . . , ak) ◦ τ−1 = (τ(a1), . . . , τ(ak)) ,d) seien auch b1, . . . , bl paarweise verschiedene Elemente aus n und

{b1, . . . , bl} ∩ {a1, . . . , ak} = ∅, so gilt(a1, . . . , ak) ◦ (b1, . . . , bl) = (b1, . . . bl) ◦ (a1, . . . , ak) .

(2.3) In der symmetrischen Gruppe (S4, ◦) sei

γ := (1, 2, 3, 4) und δ := (2, 4) .

a) Berechnen Sie γm fur m ∈ 4 , δn fur n ∈ 2 .b) Zeigen Sie γ ◦ δ = δ ◦ γ3 .c) Zeigen Sie, dass

D4 := { δn ◦ γm | m ∈ {0, 1, 2, 3} ∧ n ∈ {0, 1} }

eine Untergruppe von (S4, ◦) mit 8 Elementen ist.(D4, ◦) heißt die Diedergruppe (gesprochen: Di-edergruppe)mit 8 Elementen.

(2.4) In der symmetrischen Gruppe (S8, ◦) sei e := id8 ,n := (1, 5) ◦ (2, 6) ◦ (3, 7) ◦ (4, 8) , i := (1, 2, 5, 6) ◦ (3, 4, 7, 8) ,j := (1, 3, 5, 7) ◦ (2, 8, 6, 4) , k := (1, 4, 5, 8) ◦ (2, 3, 6, 7) .Zeigen Sie, dass Q := {e, n, i, j, k, i−1, j−1, k−1} eine nicht kommutati-ve Untergruppe von (S8, ◦) ist. Rechnen Sie dazu moglichst nur

n2, i2, j2, k2, i ◦ j, j ◦ k, k ◦ i

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aus und berechnen Sie die ubrigen Produkte mit den Regeln aus (2.1.4)h) . Q heißt die Quaternionengruppe .

(2.5) Sei (G, ·) eine Gruppe. Zeigen Sie :

a) Aut(G) := { ψ : G −→ G | ψ ist ein Automorphismus vonG }ist eine Untergruppe von (SG, ◦) .Aut(G) heißt die Automorphismengruppe von G.

b) Fur jedes a ∈ G ist

ϕa : G −→ G , ϕa(x) := a · x · a−1

ein Automorphismus von G (siehe auch 2.3.3 (2)) . ϕa heißt eininnerer Automorphismus von G.

c) Sei Inn(G) := { ϕa | a ∈ G } die Menge der innerenAutomorphismen von G, dann ist Inn(G) ein Normalteiler in(Aut(G), ◦) .

d) Zahlen Sie nach, dass

#(Inn(S3)) = #(Aut(S3)) = 6

ist, und damit Aut(S3) = Inn(S3).(Hinweis: Uberlegen Sie sich, dass ein ψ ∈ Aut(S3) bereits durch

ψ((1, 2)) und ψ((1, 2, 3))

bestimmt ist, und dass es fur diese Funktionswerte nur 3 bzw.2Moglichkeiten gibt.)

e) Sei (Z4, ◦) die in (2.2.18) definierte zyklische Gruppe

Z4 ={αk∣∣ k ∈ {0, 1, 2, 3} } mit α = (1, 2, 3, 4) .

Zeige, dass durch

ψ : Z4 −→ Z4 , ψ(αj) := α3j fur j ∈ N0

ein Automorphismus von Z4 definiert ist, der kein innerer Auto-morphismus von Z4 ist .

(2.6) Zeigen Sie: Die in (2.2.16) definierte Gruppe V4 ist ein Normalteiler in(S4, ◦), und es gilt

S4/V4∼= S3 .

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§3 Ringe und Korper

3.1 Etwas Ringtheorie

Definition 3.1.1 : Sei R eine Menge. Es gebe zwei Verknupfungen

+ : R×R −→ R , (x, y) 7→ x+ y ,

· : R×R −→ R , (x, y) 7→ x · y ,

die wir Addition und Multiplikation nennen, so dass gilt:(R1) (R,+) ist eine abelsche Gruppe.

Das neutrale Element dieser Gruppe bezeichnen wir mit 0, und stattvom “Inversen” eines Elements x sprechen wir vom Negativenund schreiben: −x, siehe auch (2.1.7),

(R2) (R, ·) ist eine Halbgruppe. Nach Def.2.1.1 bedeutet das:

∀x, y, z ∈ R : x · (y · z) = (x · y) · z .

(R3) ∃ 1 ∈ R : (1 6= 0 ∧ ∀x ∈ R : 1 · x = x · 1 = x),es gibt also ein neutrales Element bezuglich ·. Wir nennen 1 dasEinselement von (R,+, ·),

(R4) ∀x, y, z ∈ R : (x ·(y+z) = (x ·y)+(x ·z) ∧ (x+y) ·z = (x ·z)+(y ·z))(Distributivgesetz) ,

dann heißt R , genauer: Das Tripel (R,+, ·) , ein Ring .

(3.1.2) Bemerkungen : (1) Das, was wir hier als “Ring” definiert haben,

heißt in der Literatur genauer “assoziativer Ring mit Eins”, aber das ist unszu lang. Man kann aber auch eine Theorie ohne die Axiome (R2) und (R3)entwickeln.(2) Das neutrale Element 1 mit der Eigenschaft aus (R3) ist eindeutig be-stimmt, denn sei auch 1′ ∈ R mit

∀x ∈ R : 1′ · x = x · 1′ = x , dann folgt

1′ = 1′ · 1 = 1 .

(3) Auf die Klammern auf der rechten Seite der Regeln im Distributivgesetzwerden wir verzichten: Wir definieren: “Punktrechnung geht vor Strichrech-nung”, dann bedeutet also

x · y + x · z dasselbe wie (x · y) + (x · z) .

Definition 3.1.3 : Sei (R,+, ·) ein Ring. Gilt zusatzlich zu den Axiomen(R1) - (R4) noch

55

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(R5) ∀x, y ∈ R : x · y = y · x (Kommutativgesetz der Multiplikation) ,

so heißt (R,+, ·) ein kommutativer Ring . Gilt

(R6) ∀x, y ∈ R \ {0} : x · y 6= 0 ,

so heißt (R,+, ·) ein nullteilerfreier Ring .Folgerung 3.1.4 : Sei (R,+, ·) ein Ring, 0 das Nullelement und 1 das Eins-

element von (R,+, ·), dann gilt fur alle x, y ∈ R :(1) x · 0 = 0 ,(2) 0 · x = 0 ,(3) (−x) · y = x · (−y) = −(x · y) ,(4) (−1) · x = −x ,(5) (−x) · (−y) = x · y .

Beweis : (1) Aus 0 + 0 = 0 folgt x · 0 = x · (0 + 0)(R4)

= x · 0 + x · 0 ,andererseits gilt auch x · 0 + 0 = x · 0 , also nach der Kurzungsregel in derGruppe (R,+) :

x · 0 = 0 .(2) zeigt man analog zu (1) mit (R4).

(3) x · y + (−x) · y(R4)

= (x+ (−x)) · y = 0 · y(2)= 0 ,

also ist (−x) · y das eindeutig bestimmte Negative von x · y ,(−x) · y = −(x · y) , und ebenso

x · (−y)+x ·y(R4)

= x · ((−y)+y) = x ·0(1)= 0 , also x · (−y) = −(x ·y) .

(4) (−1) · x(3)= −(1 · x) = −x ,

(5) (−x) · (−y)(3)= −(x · (−y))

(3)= −(−(x · y))

(2.1.4)(h)= x · y .

2

Bemerkung 3.1.5 : Alles, was wir fur Gruppen gelernt haben, gilt auch

fur die abelsche Gruppe (R,+) eines Ringes (R,+, ·). Statt Potenzen in(R,+) spricht man nach (2.1.8) von Vielfachen

na fur a ∈ R , n ∈ Z ,

und da (R, ·) eine Halbgruppe ist, hat man auch Potenzen

an fur a ∈ R , n ∈ N .

Wegen (R3) konnen wir noch definieren:

a0 := 1 fur a ∈ R ,

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dann sind also Potenzen an fur n ∈ N0 definiert und alle a ∈ R , auch

00 = 1 .

(Die untere 0 ist die 0 aus R, die obere die aus N0 .)Definition 3.1.6 : Sei (R,+, ·) ein Ring, mit Einselement 1 und U ⊂ R .Es gelte

(I1) U ist eine Untergruppe von (R,+) , d.h.U 6= ∅ ∧ ∀ a, b ∈ U : b− a ∈ U , und

(UR) 1 ∈ U ∧ ∀ a, b ∈ U : a · b ∈ U ,dann heißt U ein Unterring von (R,+, ·).

2

Bemerkungen 3.1.7 (1) Die Definition ergibt Sinn: Ist U Unterring von

(R,+, ·), so ist (U,+, ·) selbst wieder ein Ring, mit demselben Nullelementund Einselement wie in (R,+, ·).(2) Da (R,+) abelsch ist, ist eine Teilmenge U von R, die (I1) erfullt, einNormalteiler in (R,+) . Man kann daher die Faktorgruppe

(R/U ,⊕) mit (a+ U)⊕ (b+ U) = (a+ b) + U

bilden, aber man mochte diese Linksnebenklassen nun auch multiplizieren.Damit das “wohldefiniert” wird, und nicht nur Triviales ergibt, nimmt manstatt Unterringen “Ideale”:

Definition 3.1.8 : Sei (R,+, ·) ein Ring und I ⊂ R. Es gelte

(I1) I ist eine Untergruppe von (R,+), d.h.I 6= ∅ ∧ ∀ a, b ∈ I : b− a ∈ I , und

(I2) ∀r ∈ R ∀a ∈ I : (r · a ∈ I ∧ a · r ∈ I) , ,dann heißt I ein Ideal in (R,+, ·).- Man beachte, dass wir hier keineswegs gefordert haben, dass 1 ∈ I ist. Istnamlich 1 ∈ I, so ist wegen (I2) :

∀ r ∈ R : r · 1 ∈ I ,dann ist also R ⊂ I , also I = R. Wir wollen aber auch “nichttriviale”Ideale haben !

Definition und Satz 3.1.9 : Sei (R,+, ·) ein Ring, mit Nullelement 0 undEinselement 1 . Sei I ein Ideal in R. Dann hat man die durch

(a+ I)⊕ (b+ I) := (a+ b) + I fur a, b ∈ R

gemaß (2.2.12) definierte Faktorgruppe (R/I ,⊕) , mit dem Nullelement0 + I = I. Durch

(∗) (a+I)�(b+I) := (a ·b)+I

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wird eindeutig eine Verknupfung � auf R/I definiert. (R/I ,⊕,�) ist dann

ein Ring, mit Nullelement 0 + I und Einselement 1 + I . (R/I ,⊕,�) heißtder Faktorring von R modulo I .Beweis : (1) Wir zeigen, dass durch (∗) eindeutig eine Abbildung

� : R/I ×R/I −→ R/I

definiert ist: Seien a, a′, b, b′ ∈ R mit

a+ I = a′ + I und b+ I = b′ + I ,

dann gilt a− a′ ∈ I und b− b′ ∈ I , also

a · b− a′ · b′ = a · b− a · b′ + a · b′ − a′ · b′ = a · (b− b′) + (a− a′) · b′ ,

und das liegt in I , denn b−b′ ∈ I und a−a′ ∈ I , nach (I2) also a·(b−b′) ∈ Iund (a− a′) · b′ ∈ I, und nach (I1) liegt auch die Summe in I . Also gilt

a · b+ I = a′ · b′ + I .

(2) Die anderen Ringaxiome gelten in (R/I ,⊕,�), da sie in (R,+, ·) gelten.

2

Um Homomorphismen von Ringen zu definieren, mussen wir zwei evtl. ver-schiedene Mengen R und S nehmen, mit verschiedener Addtion und Multi-plikation. Um die Formeln aber nicht zu unubersichtlich werden zu lassen,schreiben wir die Zeichen + und · fur die Verknupfungen in beiden Ringen.Fur die Einselemente schreiben wir aber 1R bzw. 1S :

Definition 3.1.9 : Seien (R,+, ·) und (S,+, ·) Ringe, mit Einselementen 1Rbzw. 1S . Eine Abbildung

ψ : R −→ S

heßt ein Ringhomomorphismus, wenn gilt

(RH1) ∀ a, b ∈ R : ψ(a+ b) = ψ(a) + ψ(b) ,(RH2) ∀ a, b ∈ R : ψ(a · b) = ψ(a) · ψ(b) ,(RH3) ψ(1R) = 1S .

2

Man beachte, dass (RH3) nicht aus Satz 2.3.4(1) folgt, denn (R, ·) und (S, ·)sind keine Gruppen!

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Wie bei Gruppen-Homomorphismen definiert man den Kern :Definition und Satz 3.1.10 : Seien (R,+, ·) und (S,+·) Ringe,ψ : R −→ S ein Homomorphismus. Dann heißt

ker ψ := { x ∈ R | ψ(x) = 0 }

der Kern des Ringhomomorphismus ψ . ( Die 0 hier ist naturlich die 0

in S .)ker ψ ist ein Ideal in R .Beweis : (I1) ker ψ ist ein Normalteiler, also eine Untergruppe, von (R,+)nach Satz 2.3.7 .(I2) Fur r ∈ R und a ∈ ker ψ gilt

ψ(r · a) = ψ(r) · ψ(a) = ψ(r) · 0 = 0 und

ψ(a · r) = ψ(a) · ψ(r) = 0 · ψ(r) = 0 ,

also r · a, a · r ∈ ker ψ .

2

Man hat also den Faktorring R/ ker ψ , und kann damit den Homomorphie-

satz fur Ringe formulieren:

(3.1.11) Homomorphiesatz fur Ringe : Seien (R,+, ·) und (S,+, ·)Ringe ,

ψ : R −→ S ein Epimorphismus von Ringen.

Sei κ : R −→ R/ ker ψ , x 7→ x+ ( ker ψ) der

kanonische Nebenklassenepimorphismus von R auf den Faktorring R/ ker ψ,

dann gibt es genau einen Ring-Isomorphismus

ι : R/ ker ψ −→ S mit ι ◦ κ = ψ .

( “ ◦ ” ist hier die Hintereinanderausfuhrung von Abbildungen.)

Beweis : Da Satz 2.3.9 schon bewiesen ist, muss man nur noch nachrechnen,dass κ und ι die Bedingungen (RH2) und (RH3) fur einen Ringhomomor-phismus erfullt. Das ist eine leichte Ubungsaufgabe.

2

3.2 Der Ring der ganzen Zahlen

Das Rechnen mit ganzen Zahlen sollte aus der Schule bekannt sein, d.h. wirwissen, dass (Z,+, ·) mit der gewohnlichen Addition + und der gewohnlichen

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Multiplikation · ein kommutativer, nullteilerfreier Ring ist, mit der Zahl 0 alsNullelement und der Zahl 1 als Einselement.Bemerkung 3.2.1 : Mit der Anordnung der ganzen Zahlen, dem Indukti-onsaxiom und gleichbedeutenden Aussagen hatten wir uns schon in Abschnitt1.2 beschaftigt. Wir setzen als bekannt voraus, dass außer den Axiomen (O1)- (O3) auch noch(O4) ∀x, y ∈ Z : (x ≤ y ∨ y ≤ x) ,(O5) ∀x, y, z ∈ Z : (x ≤ y =⇒ x+ z ≤ y + z),(O6) ∀x, y, z ∈ Z : (x ≤ y ∧ z ≥ 0 =⇒ x · z ≤ y · z)gilt.

Satz 3.2.2 : Sei m eine feste ganze Zahl. Dann ist die Menge

(m) := { km | k ∈ Z } ein Ideal in (Z,+, ·) .

Dabei bezeichnet km fur k ∈ Z das k−fache von m - das aber gleich demProdukt k ·m in Z ist.Beweis : (I1) (m) ⊂ Z sieht man, und (m) 6= ∅ wegen 0 = 0 · m ∈ (m).Seien a, b ∈ (m), dann gibt es k, l ∈ Z mit a = km , b = lm , alsob− a = (l − k)m ∈ (m).(I2) Sei r ∈ Z und a ∈ (m), dann gibt es ein k ∈ Z mit a = km , also

a · r = r · a = r · (km) = r · (k ·m) = (r · k) ·m = (r · k)m ∈ (m) .

2

Wir wollen zeigen, dass die Ideale (m) , m ∈ N0 , sogar alle Ideale von(Z,+, ·) sind. Dazu brauchen wir den

Satz 3.2.3 (Division mit Rest in Z): Sei n ∈ Z, a ∈ N, dann gibt es

eindeutig bestimmte Zahlen v ∈ Z, r ∈ N0 mit

n = v · a+ r und 0 ≤ r < a .

Beweis : a) Wir zeigen die Existenz von v und r:a1 ) Sei zunachst n ∈ N0. Dann zeigen wir die Aussage

∀ a ∈ N ∃ v ∈ N0∃ r ∈ N0 : (n = v · a+ r ∧ r < a)︸ ︷︷ ︸⇐⇒ : P (n)

durch Induktion nach n:Induktionsanfang: Fur n = 0 gilt

0 = 0 · a+ 0 ∧ 0 < a ,

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fur beliebiges a ∈ N. Die Aussage ist also fur n = 0 richtig.Induktionsschluss: Sei n ∈ N0 , und fur n sei P (n) richtig. Dann folgt

n+ 1 = (v · a+ r) + 1 = v · a+ (r + 1) ,

mit 0 ≤ r < a , also 0 ≤ r + 1 ≤ a. Wenn r + 1 < a ist, sind wir fertig, esgilt dann auch P (n+ 1). Anderenfalls gilt r + 1 = a und wir haben

n+ 1 = v · a+ a = (v + 1) · a+ 0 ,

und auch in diesem Fall gilt P (n+ 1).a2) Sei nun n ∈ Z \ N und a ∈ N gegeben. Dann ist −n ∈ N , alsonach a1) :

∃ v ∈ N0 ∃ r ∈ N0 : (−n = v · a+ r ∧ r < a) , also

n = (−v) · a− r mit 0 ≤ r < a .

Ist hier r = 0 , so haben wir die Behauptung gezeigt, mit −v ∈ Z. Ist0 < r < a , so ist 0 < a− r < a, wir haben

n = (−v − 1) · a+ (a− r)

mit −v − 1 ∈ Z, also gilt die Behauptung auch in diesem Fall.b) Wir zeigen nun die Eindeutigkeit von v und r: Sei auch

n = v′ · a+ r′ mit v′ ∈ Z , 0 ≤ r′ < a , dann folgt

v · a+ r = v′ · a+ r′ .

Ist hier v = v′ , so folgt auch r = r′ und wir haben die Eindeutigkeit.Angenommen, v 6= v′, so ist eine der beiden Zahlen die kleinere, etwa v < v′,also existiert ein w ∈ N mit v + w = v′,

v · a+ r = (v + w) · a+ r′ ,

r = w · a+ r′ ,

mit r < a, aber w · a+ r′ ≥ w · a > a , was ein Widerspruch ist.

2

Satz 3.2.4 : Sei I ein Ideal von (Z,+, ·) , dann gibt es genau ein m ∈ N0

mit I = (m) .Beweis : Sei I ein Ideal von (Z,+, ·) , dann kann

I = {0} sein, dann ist I = (0) .

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Sei I 6= {0} , dann gibt es ein c ∈ I, c 6= 0. Es kann c ∈ N sein, sonst ist−c ∈ N , aber auch −c ∈ I , da I Untergruppe von (Z,+) ist. Jedenfalls ist

M := I ∩ N 6= ∅ ,

und nach (1.2.13) existiert

m := min(M) ,

also ist m ∈ I , und da I Untergruppe ist, auch

∀ v ∈ Z : vm ∈ I , also (m) ⊂ I .

Sei nun n ∈ I , dann dividieren wir n mit Rest durch m : Nach Satz 3.2.3haben wir ein r ∈ N0 und ein v ∈ Z mit

n = v ·m+ r und 0 ≤ r < m ,

also r = n − v · m . Da die rechte Seite in I liegt, ist auch r ∈ I. Aus0 < r < m wurde folgen, dass in I ∩ N noch ein kleineres Element als mliegt, Widerspruch zur Definition von m , also r = 0,

n = v ·m ∈ (m).

2

Definition 3.2.5 : Seien a, b ∈ Z. Wir sagen:

a∣∣ b , gesprochen: a teilt b :⇐⇒ ∃ c ∈ Z : a · c = b .

Definition 3.2.6 : Sei p ∈ N , p 6= 1 . p heißt eine Primzahl, wenn gilt

∀ a, b ∈ Z : ( p∣∣ a · b =⇒ p

∣∣ a ∨ p∣∣ b ) .

Satz 3.2.7 : Eine Zahl p ∈ N ist genau dann eine Primzahl, wenn gilt

(∗) ∀ k, l ∈ N : (p = k · l =⇒ k = 1 ∨ l = 1) .

Beweis : 1) p sei eine Primzahl und seien k, l ∈ N mit

p = k · l , dann gilt p · 1 = k · l , also

p |k · l ,

nach Definition 3.2.6 also p | k oder p | l . Aus p | k folgt

∃t ∈ Z : p · t = k ,

62

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sogar t ∈ N wegen p, k ∈ N , also

k = p · t ≥ p · 1 = p .

Aus k > p oder l > 1 wurde dann

k · l > p · 1 = p folgen, Widerspruch, also

k = p und l = 1 . Analog: Aus p | l folgt k = 1 .

2) Fur p gelte (∗) . Seien a, b in Z ; es gelte

p | a · b , aber nicht p | a .

Dann istI := { n · p+m · a | n,m ∈ Z }

ein Ideal von (Z,+, ·) , was man leicht nachrechnet. Nach Satz 3.2.4 gibt esgenau ein d ∈ N0 mit

I = (d) , sogar d ∈ N ,

denn p = 1 · p + 0 · a ∈ I , also I 6= {0} . Es ist p ∈ (d) , also gibt es eins ∈ Z mit

p = s · d , sogar s ∈ N wegen p, d ∈ N .

Nach (∗) folgt s = 1 oder d = 1 . Aus s = 1 wurde folgen: p = d ,

a = 0 · p+ 1 · a ∈ I ∈ (d) = (p) , also

∃ t ∈ Z : a = t · p , p | a , Widerspruch.

Also ist d = 1 , also 1 ∈ I , also

∃u, v ∈ Z : 1 = u · p+ v · a , also

b = u · p · b+ v · a · b ,

und wegen p | p , p | a · b folgt: p | b . Also ist p eine Primzahl.

2

Bemerkung 3.2.8 : Wir kennen nun alle Ideale von (Z,+, ·), es sind dieIdeale (m) mit m ∈ N0, und wollen uns nun die zugehorigen Faktorringe

63

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Z/(m) ansehen:

Ist m = 0 , so haben wir

(0) = { k · 0 | k ∈ Z } = {0} ,

und der Faktorring Z/(0) ist isomorph zu Z : Die Abbildung

Z −→ Z/(0) , z 7→ z + (0)

ist ein Ring-Isomorphismus. Auch fur m = 1 erhalten wir nichts Neues: Esist

(1) = { k · 1 | k ∈ Z } = Z ,

und Z/Z ∼= (0) .Wir nehmen daher im Folgenden m ∈ N , m ≥ 2.

Folgerung 3.2.9 : Sei m ∈ N , m ≥ 2. Wenn wir die Nebenklassen a+ (n)

fur a ∈ Z mit a bezeichnen, so ist

Z/(m) = {0, 1, . . . ,m− 1}

und Summe und Produkt von a, b ∈ Z/(m) erhalt man, indem man die

ganzen Zahlen a, b addiert bzw. multipliziert und vom Ergebnis c den nachSatz 3.2.3 existierenden Divisionsrest c′ modulo m nimmt, d.h. man suchtsich die Zahl c′ ∈ N0 mit

0 ≤ c′ < n und c− c′ ∈ (n),

und bildet dazu c′. Sei namlich c − c′ ∈ (n), dann gilt c + (n) = c′ + (n) ,also c = c′.a) Die additive Gruppe (Z/(n),+) ist fur uns nichts Neues: Sei (Zn, ◦) die

aus Beispiel (2.1.16) bekannte Gruppe, dann ist

Zn =< α >= {α0, α1, α2, . . . , αn−1} mit α = (1, 2, · · · , n)

und die Abbildung

ϕ : Zn −→ Z/(n) , αk 7→ k fur k ∈ {0, . . . , n− 1}

ist ein Isomorphismus der Gruppe (Zn, ◦) auf die Gruppe (Z/(n),+). Wir

sehen uns als Beispiel die Gruppentafeln fur (Z/(5),+) und (Z/(6),+) an,

wobei wir zur Unterscheidung a fur die Elemente aus Z/(6) schreiben:

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(Z/(5),+) : (Z/(6),+)

+ 0 1 2 3 4

0 0 1 2 3 41 1 2 3 4 02 2 3 4 0 13 3 4 0 1 24 4 0 1 2 3

+ 0 1 2 3 4 5

0 0 1 2 3 4 51 1 2 3 4 5 02 2 3 4 5 0 13 3 4 5 0 1 24 4 5 0 1 2 35 5 0 1 2 3 4

Deutliche Unterschiede in der Struktur haben die multiplikativen Halbgrup-pen (Z/(5), ·) und (Z/(6), ·) :

(Z/(5), ·) : (Z/(6), ·) :

· 0 1 2 3 4

0 0 0 0 0 01 0 1 2 3 42 0 2 4 1 33 0 3 1 4 24 0 4 3 2 1

· 0 1 2 3 4 5

0 0 0 0 0 0 01 0 1 2 3 4 52 0 2 4 0 2 43 0 3 0 3 0 34 0 4 2 0 4 25 0 5 4 3 2 1

Dass in den Tabellen jeweils in der ersten Zeile und Spalte, also bei den Pro-dukten mit dem Nullelement, nur das Nullelement steht, ist nach Folgerung3.1.4 klar. Aber wir sehen: In Z/(5) \ {0} besitzt jedes Element ein Inverses

bezuglich · :

1−1

= 1 , 2−1

= 3 , 3−1

= 2 , 4−1

= 4 .

In Z/(6) \{0} gilt das nicht, schlimmer noch: Es gibt Produkte von Elemen-

ten ungleich 0, die 0 sind. Wir haben hier ein Beispiel fur einen Ring, dernicht nullteilerfrei ist. Das liegt daran, dass 5 eine Primzahl ist, 6 aber nicht.Allgemein: Sei n ∈ N , n ≥ 2 und n keine Primzahl,

Z/(n) = { a | a ∈ {0, 1, . . . , n− 1} } mit a := a+ (n) ,

dann gibt es nach Satz 3.2.7 zwei Zahlen

k, l ∈ N mit 1 < k < n , 1 < l < n und n = k · l , also

k · l = 0 und k, l 6= 0 .

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Satz und Definition 3.2.11 : Sei (R,+, ·) ein Ring, 1 das Einselement vonR. Dann ist die Menge der Elemente, die ein Inverses bezuglich · besitzen,also

R× := { a ∈ R | ∃ a∗ ∈ R : a · a∗ = a∗ · a = 1 }

mit · eine Gruppe, genannt die Einheitengruppe von R .Beweis : Sind a, b ∈ R×, so haben wir

(a · b) · (b∗ · a∗) = (a · (b · b∗)) · a∗ = (a · 1) · a∗ = a · a∗ = 1 ,

ebenso: (b∗ · a∗) · (a · b) = 1 . Also ist a · b ∈ R× , · ist eine Verknpfung aufR×.(G1) Das Assoziativgesetz fur · gilt in R×, da es in R gilt.(G2) Wegen 1 · 1 = 1 ist 1 ∈ R× und

∀ a ∈ R× : 1 · a = a .(G3) Sei a ∈ R×, dann haben wir nach Def. von R× ein a∗ ∈ R mit a∗ ·a = 1.

Dieses a∗ gehort aber sogar zu R× wegen a · a∗ = 1, wir konnenalso (a∗)∗ := a nehmen.

(R×, ·) erfullt also die Gruppenaxiome.

2

Beisiele 3.2.12 : 1) Es ist Z× = {1,−1} .2) Ist n eine Primzahl, so ist

(Z/(n))× = Z/(n) \ {0} fur 0 = 0 + (n) .

3) Es gilt

(Z/(8))× = {1, 3, 5, 7} , (Z/(10))× = {1, 3, 7, 9}

mit a := a+ (8) , a := a+ (10) fur a ∈ Z

und wir haben folgende Gruppentafeln:

((Z/(8))×, ·) ((Z/(10))×, ·)

· 1 3 5 7

1 1 3 5 73 3 1 7 55 5 7 1 37 7 5 3 1

· 1 3 7 9

1 1 3 7 93 3 9 1 77 7 1 9 39 9 7 3 1

Wir sehen: (Z/(8))× ∼= V4 , (Z/(10))× ∼= Z4 .

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Ist jedenfalls n eine Primzahl p, so ist Z/(p) \ {0 + (p)} mit der auf diese

Menge eingeschrankten Multiplikation eine kommutative Gruppe. Bevor wirdas beweisen, noch ein neuer Begriff:

Definition 3.2.13 : Sei (K,+, ·) ein kommutativer Ring, mit Nullelement 0und Einselement 1. Wenn dann (zusatzlich zu den Axiomen(R1) - (R5) ) noch gilt

(KK) ∀x ∈ K\{0} ∃x−1 ∈ K : x−1·x = 1 ,

dann nennen wir (K,+, ·) einen Korper .

2

Folgerung 3.2.14 : Ist (K,+, ·) ein Korper, mit Nullelement 0 und Einsele-

ment 1, so ist K \ {0} mit der darauf eingeschrankten Multiplikation · einekommutative Gruppe.Beweis : Wegen der Kommutativitat von (K, ·) und nach Axiom (KK) ist

K \ {0} = K×

die Einheitengruppe von (K,+, ·) , also nach Satz 3.2.11 eine Gruppe. Wegen(R5) ist diese Gruppe kommutativ.

2

Sie kennen aus der Schule Beispiele fur Korper:(Q,+, ·) , den Korper der rationalen Zahlen,(R,+, ·) , den Korper der reellen Zahlen,

dessen genaue Charakterisierung in die Analysis gehort,und vielleicht noch

(C,+, ·) , den Korper der komplexen Zahlen,den wir hier (sicherheitshalber) noch einfuhren werden.

Aber nun eben auch:Satz 3.2.15 : Sei p eine Primzahl, dann ist (Z/(p),+, ·) ein Korper.

Z/(p) enthalt genau p Elemente.

Beweis : Fur a ∈ Z setzen wir wieder

a = a+ (p) ,

dann wissen wir:Z/(p) = {0, . . . , p− 1} ,

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und die angegebenen p Elemente sind verschieden. Dass (Z/(p),+, ·) ein Ring

ist, gilt nach Satz 3.1.9 , und kommutativ ist er, da (Z,+, ·) ein kommutativerRing ist. 1 ist das Einselement von (Z/(p),+, ·) . Sei a ∈ Z/(p) mit

(∗) a 6= 0 , also 0 < a < p .

Sei I := { r · a+ s · p | r, s ∈ Z } , dann ist I ein Ideal im Ring(Z,+, ·) , mit a = 1 · a + 0 · p ∈ I und p = 0 · a + 1 · p ∈ I . NachSatz 3.2.5 gibt es ein d ∈ N0 mit

I = (d) , sogar d ∈ N wegen p ∈ I , also I 6= (0) .

Es ist dann p ∈ (d) , also

∃t ∈ Z : p = t · d ,

sogar t ∈ N wegen p, d ∈ N . Nun ist p ∈ P , also folgt aus p = t · d nachSatz 3.2.8 : d = 1 oder t = 1. Angenommen, t = 1, dann wurde d = p unda ∈ I = (d) = (p) folgen, also

a = a+ (p) = 0 + (p) = 0

folgen, Widerspruch zu (∗). Also ist t = 1 falsch und es gilt d = 1 ,

I = (d) = (1) = Z , also

{ r · a+ s · p | r, s ∈ Z } = Z ,

und das heißt, zu jedem z ∈ Z gibt es r, s ∈ Z mit z = r · a + s · p ,insbesondere

∃ r ∈ Z ∃ s ∈ Z : 1 = r · a+ s · p ,

und mit diesem r folgt

1− r · a = s · p ∈ (p) ,

1 = r · a .

Wir haben also ein Inverses zu a gefunden: Es gilt (KK) .

2

-Zwischen den Korpern Q,R,C einerseits und den Korpern Z/(p) anderer-

seits gibt es einen wesentlichen Unterschied: Nimmt man die 1 dieser Korperund bildet die Vielfachen

n 1 fur n ∈ N ,

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so sind diese in Q,R und C niemals 0. In Z/(5) = {0, 1, 2, 3, 4} mit dem

Einselement 1 gilt aber

5 1 = 1 + 1 + 1 + 1 + 1 = 0 .

Definition und Satz 3.2.16 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer, nullteilerfrei-er Ring, mit Nullelement 0 und Einselement 1. Wenn alle Vielfachen

n 1 fur n ∈ N

ungleich dem Nullement 0 sind, dann sagen wir:R hat die Charakteristik 0 und schreiben : char R = 0.Anderenfalls ist

{ n ∈ N | n 1 = 0 } eine nichtleere Teilmenge von N , und

charR := p := min { n ∈ N | n 1 = 0 }

ist eine naturliche Zahl, sogar eine Primzahl. Wir sagen dann:R hat die Charakteristik p .

Beweisen mussen wir nur, dass p eine Primzahl ist: Angenommen, p istkeine Primzahl, dann haben wir nach Satz 3.2.8 zwei Zahlen

k, l ∈ N mit p = k · l und (1 < k < p) ∧ (1 < l < p) .

Aus p 1 = 0 folgt dann

(k 1) · (l 1) (∗)= (k · l) 1 = p 1 = 0

und da (R,+, ·) nullteilerfrei ist:

k 1 = 0 ∨ l 1 = 0 ,

aber k, l < p , Widerspruch zur Minimalitat von p. Die Formel

(∗) ∀m,n ∈ N0 : (n 1) · (m 1) = (n ·m) 1

folgt mit Induktion aus dem Distributivgesetz und der Potenzregel 2.1.7(1).

2

Wir haben also : char Q = 0 , char Z/(p) = p fur alle p ∈ P.

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3.3 Der Polynomring in einer Unbestimmten

(3.3.1) Zur Motivation : Sei (R,+, ·) ein kommutativer, nullteilerfreier

Ring, dann heißt eine Funktion

f : R −→ R

eine Polynomfunktion , wenn es ein n ∈ N0 und a0, . . . , an ∈ R gibt, sodass

f(t) =n∑k=0

ak · tk fur alle t ∈ R gilt.

Ist R = Q oder R , so haben diese Polynomfunktionen die angenehmeEigenschaft, dass ihre Koeffizienten eindeutig bestimmt sind: Seienn,m ∈ N0, a0, . . . an, b0, . . . , bm ∈ R und

∀ t ∈ R :n∑k=0

ak · tk =m∑k=0

bk · tk , etwa n ≤ m ,

dann folgt ak = bk fur k ∈ {0, . . . , n} und bk = 0 fur k > n . Fur andereRinge oder Korper gilt das nicht: Sei etwa

K := Z/(3) und f, g : K −→ K ,

f(t) := t und g(t) := t3 ,

dann giltf(0) = 0 = g(0) , f(1) = 1 = g(1) ,

f(2) = 2 = g(2) , also f = g , aber

f(t) = 0 + 1 · t+ 0 · t2 + 0 · t3 ,

g(t) = 0 + 0 · t+ 0 · t2 + 1 · t3 ,

die Koeffizienten sind also nicht eindeutig bestimmt und es ist daher nichtmoglich, den Grad einer solchen Polynomfunktion zu definieren. (Soll derGrad von f nun 1 oder 3 sein ?) Man fuhrt daher statt Polynomfunktionen

Polynomen∑k=0

ak ·Xk

mit einem Element X /∈ K ein. In manchen Buchern werden nun Polynome

als “formale Ausdrucken∑k=0

akXk ” eingefuhrt, das ist im Grunde genau so

70

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unverstandlich, wie wenn man versucht, die komplexen Zahlen dadurch ein-zufuhren, dass man sagt: “

√−1 existiert nicht. Wir setzen daher i :=

√−1 ”.

Wie bei der Einfuhrung von C muss man sich die Muhe machen, die MengeK zu erweitern. Das geht naturlich nicht ganz schnell, aber das Ergebnis istso, wie man es haben will. Dazu zunachst eine Abkurzung:

Definition 3.3.2 : Sei M eine Menge und P (y) ein einstelliges Pradikat, indas man Elemente y ∈M einsetzen kann. Dann sagen wir:Fur fast alle y ∈ M gilt P (y) , in Zeichen : ∀′ y ∈M : P (y) , wenn dieMenge

{ z ∈M | ¬P (z) } endlich ist.

2

Was Folgen in M sind, wissen Sie vielleicht aus der Analysis, namlich Funk-tionen a von N0 in M , die wir aber etwas anders schreiben, namlich

(aj)j∈N0 statt a und aj statt a(j) :

Definition 3.3.3 : Sei R ein kommutativer Ring und F(N0, R) die Mengeder Folgen (aj)j∈N0 mit aj ∈ R .Dann setzen wir

R[X] := { (aj)j∈N0 ∈ F(N0, R) | ∀′ j ∈ N0 : aj = 0 } .

Hilfssatz und Definition 3.3.4 : Sei M eine nichtleere, endliche Teilmen-ge von N0 . Dann besitzt M ein großtes Element, also ein

m ∈M mit ∀ a ∈M : a ≤ m .

Dieses Element bezeichnen wir mit max M .Beweis durch Induktion nach n := #(M):Induktionsanfang: Ist #(M) = 1, also M = {a1} , so leistet m := a1 dasGewunschte.Induktionsschluss: Sei n ∈ N, und fur Mengen M ′ mit #(M ′) = n sei dieBehauptung richtig. Sei M eine Teilmenge von N0 mit n+ 1 Elementen undb ∈M , dann hat M ′ := M \ {b} nur m Elemente, es gibt ein m′ mit

m′ ∈M ′ und ∀ a ∈M ′ : a ≤ m′ .

Es kann b ≤ m′ sein, dann setzen wir m := m′. Ist b > m, so setzen wirm := b.

2

71

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Definition 3.3.5 : Sei (aj)j∈N0 ∈ R[X] . Es kann

(aj)j∈N0 = (0, 0, . . .)

sein. Anderenfalls ist { j ∈ N0 | aj 6= 0 } nichtleer und endlich. Wir nen-nen

deg(aj)j∈N0 := max { j ∈ N0 | aj 6= 0 }den Grad von (aj)j∈N0 . Fur (0, 0, . . .) definieren wir keinen Grad.

Satz 3.3.6 : Sei R ein kommutativer Ring. Setzt man fur(aj)j∈N0 , (bj)j∈N0 ∈ R[X] :

(aj)j∈N0 + (bj)j∈N0 := (aj + bj)j∈N0 ,

(aj)j∈N0 · (bj)j∈N0 :=

(j∑

k=0

ak · bj−k

)j∈N0

,

so wird (R[X],+, ·) ein kommutativer Ring, mitNullelement (0, 0, 0, . . .) undEinselement (1, 0, 0, . . .) .

Den Beweis dafur wollen wir nicht im Einzelnen fuhren. Man muss sichzunachst uberlegen, dass aus

∀′ j ∈ N0 : aj = 0 und ∀′ j ∈ N0 : bj = 0 auch

∀′ j ∈ N0 : aj + bj = 0 und ∀′j ∈ N0 :

j∑k=0

ak · bj−k = 0

folgt. Fur letzteres und den Beweis der Assoziativitat und Kommutativitatvon · ist es nutzlich, zu verwenden, dass

j∑k=0

ak · bj−k =∑

(k,l)∈N0×N0 mit k+l=j

ak · bl

gilt.Bemerkung 3.3.7 : Man mochte haben, dass R ⊂ R[X] gilt. Das ist das-

selbe Problem wie bei der Zahlbereichserweiterung von Z zu Q . Dort siehtman zunachst nicht, dass ganze Zahlen n ∈ Z Bruche sind, aber man kann

n mitn

1∈ Q identifizieren.

Hier wird man ein

a ∈ R mit dem Element (a, 0, 0, . . . )

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identifizieren; das geht wegen der

Beh. 3.3.8 : ϕ : R −→ R[X] , a 7−→ (a, 0, 0, . . .) ist ein injektiverRinghomomorphismus.

Der Beweis ist leicht.

2

Folgerung 3.3.9 : Wenn wir fur a ∈ Ra statt (a, 0, 0, . . .) ∈ R[X]

schreiben, ist es egal, ob wir a+ b oder a · b in R oder in R[X] bilden, unddann ist R ⊂ R[X] . Wir setzen noch

X := (0, 1, 0, 0, . . .) , dann gilt

X /∈ R , und ∀ k ∈ N0 : Xk = ( 0︸︷︷︸0-te Stelle

, . . . , 0, 1︸︷︷︸k-te Stelle

, 0, . . .) .

Sei nun (aj)j∈N0 ∈ R[X] , dann gibt es ein n ∈ N0 mit

aj = 0 fur j > n , also

(aj)j∈N0 = (a0, a1, . . . , an, 0, 0, . . .)

=n∑k=0

(0, . . . , 0, ak, 0, . . .)

=n∑k=0

(ak, 0, 0, . . .) · (0, . . . , 0, 1︸︷︷︸k-te Stelle

, 0, . . .)

=n∑k=0

ak ·Xk .

Zwischen Folgen (aj)j∈N0 und (bj)j∈N0 , also Funktionen von N0 nach R ,hat man

(aj)j∈N0 = (bj)j∈N0 ⇐⇒ ∀ j ∈ N0 : aj = bj .

Mit dem oben definierten X und der Schreibweise∞∑k=0

ak ·Xk statt (a0, a1, . . . , an, 0, . . .) erhalt man

Satz und Definition 3.3.10 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer Ring.

Dann ist

R[X] =

{∞∑k=0

ak ·Xk

∣∣∣∣∣ ∀ k ∈ N0 : ak ∈ R ∧ ∀′ k ∈ N0 : ak = 0

},

73

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und (R[X],+, ·) ist ein kommutativer Ring, wenn man

∞∑k=0

ak ·Xk +∞∑k=0

bk ·Xk :=∞∑k=0

(ak + bk) ·Xk ,

(∞∑k=0

ak ·Xk

(∞∑k=0

bk ·Xk

):=

∞∑j=0

(j∑

k=0

ak · bj−k

)·Xj

setzt. Es istX ∈ R[X] , X /∈ R .

(R[X],+, ·) heißt der Polynomring in der Unbestimmten X uber R .Es gilt in R[X] :

∞∑k=0

ak ·Xk =∞∑k=0

bk ·Xk ⇐⇒ ∀ k ∈ N0 : ak = bk .

Damit ist dann fur f(X) =∞∑k=0

ak ·Xk 6= 0

deg f(X) = max { k ∈ N0 | ak 6= 0 }

definiert. Die Elemente von R[X] heißen Polynome in X .

Definition 3.3.11 : Sei R ein kommutativer Ring, mit Einselement 1 , und

f(X) ∈ R[X] , f(X) 6= 0 ,

dann ist also n = deg f(X) definiert, und man hat a0, . . . , an ∈ R mit

f(X) =n∑k=0

ak ·Xk und an 6= 0 .

Das Element`(f) := an

heißt der Leitkoeffizient des Polynoms f(X) . Ist f(X) 6= 0 und

`(f) = 1 ,

so heißt das Polynom f(X) normiert .Behauptung 3.3.12 : Sei R ein kommutativer, nullteilerfreier Ring .

Seien f(X) , g(X) ∈ R[X] \ {0} , dann gilt

deg(f(X) · g(X)) = deg f(X) + deg g(X) ,

74

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`(f · g) = `(f) · `(g) ,

und der Polynomring ist auch nullteilerfrei.Beweis : Sei n := deg f(X) , m := deg g(X) , dann ist

f(X) =n∑k=0

ak ·Xk mit `(f) = an 6= 0 ,

g(X) =m∑k=0

bk ·Xk mit `(g) = bm 6= 0 , und

f(X) · g(X) =∞∑j=0

(j∑

k=0

ak · bj−k

)·Xj .

Ist j > n+m und k ∈ {0, . . . , j} , so kann(1) k ≤ n sein, dann ist j − k > n+m− n = m, also bj−k = 0 ,

oder es kann(2) k > n sein, dann ist ak = 0 , auf jeden Fall :

ak · bj−k = 0 . Also ist

f(X) · g(X) =n+m∑j=0

(j∑

k=0

ak · bj−k

)·Xj ,

und fur j = n+m gilt akbj−k 6= 0 hochstens fur k = n und j − k = m .Also ist

n+m∑k=0

ak · bn+m−k = an · bm = `(f) · `(g) .

Also ist f(X) · g(X) 6= 0 , R[X] ist nullteilerfrei und wir haben die angege-benen Formeln.

2

Definition 3.3.13 (Einsetzen in Polynome) : Sei R ein kommutativer,

nullteilerfreier Ring und

f(X) =n∑k=0

ak ·Xk ∈ R[X]

75

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ein Polynom, dann kann man fur X jedes Element aus R[X] einsetzen, mankann etwa

f(X2) :=n∑k=0

ak ·X2k

bilden. Insbesondere kann man jedes λ ∈ R einsetzen, man kann

f(λ) :=n∑k=0

ak · λk ∈ R

bilden und erhalt so zu f(X) ∈ R[X] eine Polynomfunktion

f ∈ F(R,R) , f(λ) := f(λ) .

Macht man nun die Menge F(R,R) zu einem Ring (F(R,R),+, ·) , indemman fur g, h ∈ F(R,R)

g + h : R −→ R durch (g + h)(λ) := g(λ) + h(λ) ,

g · h : R −→ R durch (g · h)(λ) := g(λ) · h(λ)

fur λ ∈ R definiert, so wird die Abbildung

˜ : R[X] −→ F(R,R) , f(X) 7−→ f

ein Ring-Homomorphismus (wozu man

f1 + f2 = f1 + f2 , f1 · f2 = f1 · f2 fur f1 , f2 ∈ R[X]

im Einzelnen nachrechnen musste). ˜ ist i.A. nicht surjektiv; man sieht,etwa fur R := R , leicht, dass es Funktionen gibt, die keine Polynomfunk-tionen sind. Z.B. ist

sin : R −→ R

ungleich 0 und hat unendlich viele “Nullstellen”. Nach dem nachsten Satzhaben Polynomfunktionen 6= 0 aber nur endlich viele Nullstellen. Die Ab-bildung ˜ ist i.A. aber auch nicht injektiv, wie wir in (3.3.1) gesehenhaben:

f(X) := X und g(X) := X3 ∈ Z/(3)[X]

sind verschiedene Polynome, aber fur die Polynomfunktionen gilt

f(λ) = λ = λ3 = g(λ) fur alle λ ∈ Z/(3) , also

f = g .

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˜ ist aber injektiv, wenn R unendlich viele Elemente hat, das ist Satz3.3.15 . ZunachstDefinition und Satz 3.3.14 : Sei R ein kommutativer, nullteilerfreier Ring.Fur f(X) ∈ R[X] heißt

N(f(X)) := { α ∈ R | f(α) = 0 }

die Menge der Nullstellen von f(X) . Es gilt dann fur f(X) 6= 0 :

#(N(f(X))) ≤ deg f(X) .

Beweis durch Induktion nach deg f(X) :Induktionsanfang: Ist deg f(X) = 0 , so ist

f(X) = a0 ∈ R , a0 6= 0 ,

es gibt kein α ∈ R mit f(α) = 0 , also

#(N(f(X))) = 0 = deg f(X) .

Induktionsschluss: Sei n ∈ N , und fur Polynome vom Grad n − 1 sei dieBeh. richtig. Sei nun f(X) ∈ R[X] \ {0} und deg f(X) = n . Es kann sein,dass es keine Nullstelle von f(X) gibt, dann ist

#(N(f(X))) = 0 < n = deg f(X) ,

die Behauptung ist also fur f(X) richtig. Sonst: Sei α eine Nullstelle vonf(X) ,

f(X) =n∑k=0

ak ·Xk mit an 6= 0 ,

dann ist f(α) = 0 , also

f(X) = f(X) − f(α) =n∑k=0

ak ·Xk −n∑k=0

ak ·αk =n∑k=1

ak ·(Xk−αk) .

Wie Sie durch Ausmultiplizieren (ohne Induktion) beweisen konnen, ist furalle j ∈ N :

Xj − αj = (X − α) ·j−1∑l=0

X l · αj−1−l , also

f(X) = (X − α) ·n∑k=1

ak ·

(k−1∑j=0

Xj · αk−1−j)

.

77

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Nun ist g(X) :=n∑k=1

ak ·

(k−1∑j=0

Xj · αk−1−j)

ein Polynom vom Grad n− 1 ,

denn die hochste Potenz von X , die darin vorkommt, ist Xn−1 , mit demKoeffizienten an 6= 0 . Also ist

f(X) = (X − α) · g(X) mit deg g(X) = n− 1 ,

und da R nullteilerfrei ist, ist eine Nullstelle von f(X) eine Nullstelle vonX −α oder von g(X) , und g(X) hat hochstens n− 1 Nullstellen. Also ist

#(N(f(X))) ≤ 1+(n−1) = n . 2

Man erhalt damit den

Satz 3.3.15: Sei R ein kommutativer, nullteilerfreier Ring und unendlichvielen Elementen, dann ist die Abbildung

˜ : R[X] −→ F(R,R) ,

die dem Polynom

f(X) =n∑k=0

ak ·Xk ∈ R[X]

die Polynomfunktion f : R −→ R , f(λ) :=n∑k=0

ak · λk

zuordnet, injektiv.Beweis : Seien f1(X) , f2(X) ∈ R[X] und

f1 = f2 ,

dann hat das Polynomf1(X)− f2(X)

unendlich viele Nullstellen, namlich alle λ ∈ R . Nach Satz 3.3.14 geht dasnur, wenn f1(X)− f2(X) das Nullpolynom ist, also:

f1(X) = f2(X) . 2

Fur den folgenden Satz braucht man nun einen Korper K. Fur die Elementeaus K[X]werden wir im Rest dieses Abschnitts, wie schon in 3.3.13, einfach

f , g , , . . . statt f(X) , g(X) , . . .

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schreiben:Satz 3.3.16 : Sei K ein Korper, f, g ∈ K[X] und g 6= 0 . Dann gibt eseindeutig bestimmte Polynome q, r ∈ K[X] mit

f = q · g + r ∧ (r = 0 ∨ deg r < deg g) .

Beweis : 1) der Eindeutigkeit von q und r : Seien auch q′, r′ ∈ K[X] mit

f = q′ · g + r′ ∧ (r′ = 0 ∨ deg r′ < deg g ) , dann folgt

0 = (q − q′) · g + (r − r′) , also

(q − q′) · g = r′ − r .

Aus q− q′ 6= 0 wurde folgen: deg(q− q′) ≥ 0 , also nach Behauptung 3.3.12:

deg(r′ − r) = deg((q − q′) · g) = deg(q − q′) + deg g ≥ deg g ,

aber (r = 0 ∨ deg r < deg g) ∧ (r′ = 0 ∨ deg r′ < deg g) , alsor − r′ = 0 ∨ deg(r − r′) < deg g , Widerspruch.Also ist q − q′ = 0 , q = q′ , und damit

r − r′ = 0 , r = r′ .

2) der Existenz von q, r :a) Ist f = 0 , so kann man q := r := 0 nehmen.b) Ist f 6= 0 , so beweisen wir die Existenz von q, r durch Induktionnach deg f :Induktionsanfang : Ist deg f = 0 , so ist f(X) = a ∈ K \{0} . Ist deg g = 0,also g(X) = b ∈ K \ {0} , so ist

a = a · b−1 · b+ 0 , wir konnen also q := a · b−1 und r := 0 nehmen.Ist deg g ≥ 1 , so haben wir

a = 0 · g + a , wir konnen also q := 0 und r := a nehmen.Induktionsschluss : Sei deg f = m ∈ N , und fur Polynome u ∈ K[X] mitdeg u < m sei die Behauptung richtig. Trivial ist der Falldeg g > m : Dann konnen wir

r := f , q := 0 nehmen, dann istf = 0 · g + f ∧ deg f < deg g . Sei nun

deg g ≤ m , also

f(X) =m∑k=0

ak ·Xk , g(X) =n∑k=0

bk ·Xk mit am, bn 6= 0

und n ≤ m , so ist

u(X) := f(X)− am · bn−1 · g(X) ·Xm−n

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ein Polynom, bei dem Xm den Koeffizienten

am − am · bn−1 · bn = 0

hat, also ist deg u < m oder u = 0 . Ist u = 0 , so haben wir

f(X) = q(X) · g(X) + 0 mit q(x) := am · bn−1 ·Xm−n .

Ist deg u < m , so konnen wir die Induktionsvoraussetzung anwenden: Esgibt q1, r ∈ K[X] mit

u = q1 · g + r ∧ (r = 0 ∨ deg r < deg g) , also

f(X) = (q1(X) + am · bn−1 ·Xm−n) · g(X) + r(X) ,

und mit q(X) := q1(X) + am · bn−1 ·Xm−n folgt die Behauptung.

2

Man kann also im Polynomring K[X] , wenn K ein Korper ist, “mit Restdividieren”, so wie wir es in Satz 3.2.3 fur Z bewiesen haben. Man definiertdaher allgemein:

Definition 3.3.17 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer, nullteilerfreier Ring. Rheißt ein euklidischer Ring , wenn es eine Funktion

δ : R \ {0} −→ N0

gibt mit folgender Eigenschaft: Zu a, b ∈ R mit b 6= 0 gibt es Elementeq, r ∈ R mit

a = q · b+ r und entweder r = 0 oder δ(r) < δ(b) .

Die Abbildung δ heißt dann eine Gradfunktion .

2

(3.3.18) Beispiele: (1) Setzt man fur c ∈ Z \ {0} :

| c | :=

{c fur 0 < c−c fur c < 0

,

so kann man δ(c) := | c | fur c 6= 0 setzen. Z mit δ wird dann ein euklidischerRing.(2) Sei K ein Korper, dann wird der Polynomring K[X] mit δ := deg eineuklidischer Ring.

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Der Vorteil dieser allgemeinen Definition ist, dass man damit sehr uber-sichtlich folgenden Satz beweisen kann - den wir fur Z schon als Satz 3.2.5bewiesen haben:

Satz 3.3.19 : Sei (R,+, ·) ein euklidischer Ring, und I ein Ideal von R. Danngibt es ein d ∈ R mit

I = (d) := { x · d | x ∈ R } .

Beweis : Sei δ die Gradfunktion von R. Ist I = {0}, so konnen wir d := 0nehmen. Sonst ist

M := { δ(x) | x ∈ I \ {0} }

eine nichtleere Teilmenge von N0, es existiert also minM , und dazu ein d ∈Mmit δ(d) = minM . Sei nun y ∈ I beliebig. Dann gibt es q, r ∈ R mit

y = q · d+ r und (r = 0 ∨ δ(r) < δ(d)) .

Wegen d, y ∈ I folgt r ∈ I , und aus r 6= 0 wurde δ(r) < δ(d) = minMfolgen, Widerspruch zur Definition von M . Also ist r = 0 und damit

y = q · d ∈ (d) ,

und damit I ⊂ (d) . (d) ⊂ I gilt wegen d ∈ I.

2

Wie in Z kann man in K[X] Teilbarkeit und Primelemente definieren:

Definition 3.3.20 : Sei K ein Korper und seien f, g ∈ K[X]. Wir sagen:

f∣∣ g , gesprochen: f teilt g :⇐⇒ ∃h ∈ K[X] : f · h = g .

Definition 3.3.21 : Sei p ∈ K[X] \ {0} , deg(p) 6= 0 .p heißt ein Primpolynom, wenn gilt

∀ f, g ∈ K[X] : ( p∣∣ f · g =⇒ p

∣∣ f ∨ p∣∣ g ) .

Mit einem Beweis, den man fast wortlich bei Satz 3.2.8 abschreiben kann(und den wir besser gleich allgemeiner fur euklidische Ringe bewiesen hatten)zeigt man, dass man Primpolynome nicht in ein Produkt von Polynomen mitkleinerem Grad zerlegen kann - außer einer der Faktoren hat den Grad 0 :

Satz 3.3.22 : Sei K ein Korper. Ein Polynom p ∈ K[X]\{0} ist genau dannein Primpolynom, wenn gilt

∀ f, g ∈ K[X] : (p = f · g =⇒ deg f = 0 ∨ deg g = 0)

81

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2

Bemerkung 3.3.23 : Ist R ein kommutativer, nullteilerfreier Ring, so ha-

ben wir in 3.3.10 und 3.3.12 gesehen, dass auch R[X] ein kommutativer,nullteilerfreier Ring ist. Wir konnen daher den Polynomring in einer Unbe-stimmten uber R[X] bilden, mit einer Unbestimmten, die nicht in R[X] liegtund die wir daher nicht X nennen konnen. Nennen wir sie Y , so haben wir

R[X, Y ] := (R[X])[Y ]

und nennen (R[X, Y ],+, ·) den Polynomring in zwei Unbestimmtenuber R . Als Menge ist

R[X, Y ] =

{∞∑

j,k=0

ajk ·Xj · Y k

∣∣∣∣∣ ajk ∈ R ∧ ajk = 0 fur fast alle j, k ∈ N0

}.

Man muss aber vorsichtig sein, nicht alle Eigenschaften des Polynomrings ineiner Unbestimmten hat auch der Polynomring in zwei Unbestimmten, z.B.:Hat man einen Korper K , so ist K[X] nach Satz 3.3.16 und Def. 3.3.17 eineuklidischer Ring. K[X, Y ] ist es aber nicht !

2

3.4 Der Korper der Bruche

Aus der Schule wissen Sie, dass man den Ring (Z,+, ·) der ganzen Zahlenerweitern kann zum Korper der rationalen Zahlen. Das geht allgemein furkommutative, nullteilerfreie Ringe :

Satz und Definition 3.4.1 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer, nullteilerfreierRing, mit Nullelement 0 und Einselement 1. Wir setzen

R∗ := R \ {0} .

Dann wird durch

(a, f) ∼ (b, g) :⇐⇒ a · g = b · f fur a, b ∈ R , f, g ∈ R∗

eine Aquivalenzrelation auf der Menge R×R∗ definiert. Fur die Aquivalenz-

klasse von (a, f) schreiben wir:a

f. Dann wird

Q(R) :=

{a

f

∣∣∣∣ a ∈ R, f ∈ R∗ }

82

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ein Korper (Q(R),⊕,�), mit Nullelement0

1und Einselement

1

1, wenn man

definiert:a

f⊕ b

g:=

a · g + b · ff · g

,

a

f� b

g:=

a · bf · g

,

fur a, b ∈ R, f, g ∈ R∗ . (Q(R),⊕,�) heißt der Korper der Bruche oderauch der Quotientenkorper von R . In Q(R) konnen wir “kurzen“: Es gilt

(Ku)a · gf · g

=a

ffur alle a ∈ R , f, g ∈ R∗ .

Beweis : Im Folgenden seien stets a, b, c, a′, b′ ∈ R , f, g, h, f ′, g′ ∈ R∗.(1) Wir zeigen zunachst, dass ∼ eine Aquivalenzrelation auf R × R∗ ist: Esgilt(A1) (a, f) ∼ (a, f) wegen a · f = a · f ,(A2) ( (a, f) ∼ (b, g) =⇒ (b, g) ∼ (a, f) ) wegen

a · g = b · f =⇒ b · f = a · g .

(A3) ( (a, f) ∼ (b, g) ∧ (b, g) ∼ (c, h) )

=⇒ (a · g = b · f ∧ b · h = c · g)

=⇒ (a · g · h = b · f · h ∧ b · h · f = c · g · f) .

Wegen der Kommutativitat des Ringes R folgt daraus

a · h · g = c · f · g , also (a · h− c · f) · g = 0 .

Wegen der Nullteilerfreiheit von R, und wegen g ∈ R∗, also g 6= 0, folgtdaraus

a · h− c · f = 0 , also a · h = c · f , also (a, f) ∼ (c, h) .

(Ku) folgt sofort aus der Definition von ∼ .(2) Wir zeigen nun, dass Addition ⊕ und Multiplikation � in Q(R) eindeutigdefiniert (also “wohldefiniert”) sind : Es gelte

a

f=

a′

b′und

b

g=

b′

g′, dann gilt

(a, f) ∼ (a′, f ′) ∧ (b, g) ∼ (b′, g′) , also

83

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(∗) a · f ′ = a′ · f ∧ b · g′ = b′ · g .

Aus (∗) erhalten wir :a · f ′ · g · g′ = a′ · f · g · g′ ∧ b · g′ · f · f ′ = b′ · g · f · f ′ .

Wir addieren die beiden Gleichungen. Unter Verwendung der Kommutati-vitat der Multiplikation und des Distributivgesetzes in R folgt :

(a · g + b · f) · g′ · f ′ = (a′ · g′ + b′ · f ′) · g · f , also

(a · g + b · f, f · g) ∼ (a′ · g′ + b′ · f ′, f ′ · g′) , also

a · g + b · ff · g

=a′ · g′ + b′ · f ′

f ′ · g′.

⊕ ist also wohldefiniert. Und aus (∗) folgt durch Multiplikation der beidenGleichungen:

a · b · f ′ · g′ = a′ · b′ · f · g , also

(a · b, f · g) ∼ (a′ · b′, f ′ · g′) , alsoa · bf · g

=a′ · b′

f ′ · g′.

Also ist auch � wohldefiniert.

(3) Ohne Probleme, aber muhsam, konnen wir nun zeigen, dass (Q(R),⊕)eine abelsche Gruppe ist. Wir verwenden dabei die Rechenregeln im Ring(R,+, ·), ohne sie jedesmal zu erwahnen:(a

f⊕ b

g

)⊕ c

h=

a · g + b · ff · g

⊕ c

h=

(a · g + b · f) · h+ c · (f · g)

(f · g) · h

=a · g · h+ b · f · h+ c · f · g

f · g · h,

und das erhalt man auch , wenn man

a

f⊕(b

g⊕ c

h

)ausrechnet, also gilt das Assoziativgesetz fur ⊕ . Und

a

f⊕ b

g=

a · g + b · ff · g

=b · f + a · g

g · f=

b

g⊕ a

f,

es gilt also auch das Kommutativgesetz fur ⊕ . Wegen

a

f⊕ 0

1=

a · 1 + 0 · ff · 1

=a

f

84

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ist0

1das neutrale Element in (Q(R),⊕). Zu

a

fhaben wir das Negative

−af

,

denna

f⊕ −a

f=

a · f + (−a) · ff · f

=(a+ (−a)) · f

f · f(Ku)

=a+ (−a)

f=

0

f=

0 · f1 · f

(Ku)=

0

1.

Bezuglich ⊕ haben wir also

−af

=−af

.

(4) Einfacher ist es, nachzurechnen, dass (Q(R),�) eine Halbgruppe ist: Esgilt (

a

f� b

g

)� c

h=

a · bf · g

� c

h=

(a · b) · c(f · g) · h

=a · (b · c)f · (g · h)

=a

f�(b

g� c

h

).

Es gilt auch das Kommutativgesetz fur �:

a

f� b

g=

a · bf · g

=b · ag · f

=b

g� a

f.

(5)1

1ist das Einselement in (Q(R), ·) wegen

a

f� 1

1=

a · 1f · 1

=a

f.

(6) Nun zum Distributivgesetz: Da � kommutativ ist, brauchen wir nur eineGleichung nachzurechnen. Es gilt(

a

f⊕ b

g

)� c

h=

a · g + b · ff · g

� c

h=

(a · g + b · f) · c(f · g) · h

=a · c · g + b · c · f

f · g · h(Ku)

=a · c · g · h+ b · c · f · h

(f · h) · (g · h)

=a · cf · h

⊕ b · cg · h

=

(a

f� c

h

)⊕(b

g� c

h

).

(5) Um den Beweis, dass (Q(R),⊕,�) ein Korper ist, zu vervollstandigen,mussen wir nur noch die Eigenschaft (KK) nachweisen: Sei

a

f∈ Q(R) ,

a

f6= 0

1,

85

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dann ist a ∈ R∗, denn aus a = 0 wurde

a

f=

0

f=

0 · ff

(Ku)=

0

1

folgen. Zua

fmit a ∈ R∗ haben wir aber

f

a∈ Q(R) , und

f

a� a

f=

f · aa · f

(Ku)=

1

1.

In (Q(R),�) haben wir also(a

f

)−1=

f

afur a, f ∈ R∗ .

2

Folgerung 3.4.2 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer, nullteilerfreier Ring und

Q(R) der in 3.4.1 definierte Korper der Bruche von R. Dann ist durch

j : R −→ Q(R) , a 7→ a

1

ein injektiver Ringhomomorphismus von (R,+, ·) in (Q(R),⊕,�) definiert.Wenn wir nun

a statta

1fur a ∈ R

und + statt ⊕ , · statt � in Q(R) schreiben, ist (R,+, ·) ein Unterring von(Q(R),+, ·) .

2

(3.4.3) Beispiele fur Korper der Bruche:

(1) (Z,+, ·) ist ein kommutativer, nullteilerfreier Ring. Der Korper derBruche ist der Korper

Q(Z) = Q

der rationalen Zahlen. Das wissen Sie aus der Schule, aber es ist zu bezweifeln,dass Sie das dort so ausfuhrlich wie in Satz 3.4.1 bewiesen haben !(2) Sei K ein Korper. Nach (3.3.10) und (3.3.12) ist dann der PolynomringK[X] ein kommutativer, nullteilerfreier Ring , und daher konnen wir

K(X) := Q(K[X]) =

{f(X)

g(X)

∣∣∣∣ f(X), g(X) ∈ K[X] ∧ g(X) 6= 0

}86

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bilden. K(X) heißt der Korper der rationalen Funktionen mit Koeffizi-enten in K .

3.5 Der Korper der komplexen Zahlen

Die Einfuhrung der komplexen Zahlen ist eigentlich Schulstoff. Da aber er-fahrungsgemaß nicht jeder Abiturient die komplexen Zahlen kennt, und wirsie von §4 an standig brauchen, geben wir hier eine kurze Einfuhrung.

(3.5.1) Die Anordnung der reellen Zahlen : Wir wollen hier nicht auch

noch die reellen Zahlen definieren, und nicht mal alle Axiome angeben, durchdie der Korper (R,+, ·) charakterisiert ist. Was wir brauchen, ist die Anord-nung der reellen Zahlen. Man muss wissen:(R,+, ·) ist ein Korper, mit Nullelement 0 und Einselement 1. In R gibt eseine Teilmenge R∗+ von Zahlen, die man als positive reelle Zahlen bezeich-net, mit den Eigenschaften:(AK1) Fur alle a ∈ R gilt genau eine der drei Aussagen:

a ∈ R∗+ , a = 0 , −a ∈ R∗+.

(AK2) ∀ a, b ∈ R∗+ : a+ b ∈ R∗+ ,(AK3) ∀ a, b ∈ R∗+ : a · b ∈ R∗+.

Der Vollstandigkeit halber, aber man braucht es nurin der Analysis: Es gilt noch

(AK4) ∀ a ∈ R ∃n ∈ N : n 1− a ∈ R∗+.Man kann damit fur a, b ∈ R definieren:

a < b :⇐⇒ b− a ∈ R∗+, und : a ≤ b :⇐⇒ (a < b ∨ a = b) .

Wir schreiben gelegentlich noch b > a statt a < b und b ≥ a statt a ≤ b. Furreelle Zahlen gelten dann die Anordnungsaxiome (O1) - (O6) , wie wir sieaus 1.2.3 und 3.2.1 fur die ganzen Zahlen kennen.

Folgerung 3.5.2 : (i) Fur alle reellen Zahlen a gilt 0 ≤ a2 ,(ii) −1 < 0 .Beweis : (i) Ist a = 0 , so gilt nach Folgerung 3.1.4(1) : a2 = 0 · 0 = 0.Ist a ∈ R∗+, so ist a2 = a · a ∈ R∗+ nach (AK3) .Ist a /∈ R∗+ und a 6= 0, so ist −a ∈ R∗+ nach (AK1) , und nach Folgerung3.1.4(5):

a2 = a · a = (−a) · (−a) ∈ R∗+ nach (AK3) ,

in jedem Fall also 0 ≤ a2.(ii) Nach (i) und wegen 1 6= 0 ist 0 < 1 · 1 = 1, also 1 ∈ R∗+, also

87

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0− (−1) ∈ R∗+, also −1 < 0 .

2

Man entnimmt dieser Folgerung: −1 ist nicht Quadrat einer reellen Zahl. Wirwollen nun R so zu einem Korper C erweitern, dass es in C ein Element mit−1 als Quadrat gibt. Das wird dann aber kein Korper sein, in dem es eineTeilmenge mit den Eigenschaften (AK1)- (AK3) gibt.

Definition 3.5.3 : In der Menge

C := { (x, y) | x, y ∈ R }

definieren wir eine Addition ⊕ und eine Multiplikation � durch

(a, b)⊕ (u, v) := (a+ u, b+ v) ,

(a, b)� (u, v) := (a · u− b · v, a · v + b · u)

fur a, b, u, v ∈ R.

Satz und Definition 3.5.4 : Mit der in 3.5.3 definierten Addition ⊕ undMultiplikation � erhalten wir einen Korper (C,⊕,�), mit Nullelement (0, 0)und Einselement (1, 0),den wir den Korper der komplexen Zahlen nen-nen.Beweis : Man sieht, dass ⊕ und � Abbildungen von C × C nach C, alsoVerknupfungen auf C, sind.Seien im Folgenden (a, b), (u, v), (s, t) ∈ C.(1) Wir zeigen, dass (C,⊕) , eine abelsche Gruppe ist: Es gilt

((a, b)⊕(u, v))⊕(s, t) = (a+u, b+v)⊕(s, t) = ((a+u)+s, (b+v)+t)

= (a+(u+s), b+(v+t)) = (a, b)⊕(u+s, v+t) = (a, b)⊕((u, v)⊕(s, t)) ,

(a, b)⊕ (u, v) = (a+ u, b+ v) = (u+ a, v + b) = (u, v)⊕ (a, b) ,

(a, b)⊕ (0, 0) = (a+ 0, b+ 0) = (a, b) ,

also ist (0, 0) das Nullelement, und

(a, b)⊕ (−a,−b) = (a+ (−a), b+ (−b)) = (0, 0) ,

also ist (−a,−b) das Negative von (a, b) ∈ C ,

−(a, b) = (−a,−b) .

(2) Wir zeigen nun, dass (C,⊕,�) ein kommutativer Ring ist: Es gilt

((a, b)� (u, v))� (s, t) = (a · u− b · v, a · v + b · u)� (s, t)

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= ((a ·u− b ·v) ·s− (a ·v+ b ·u) · t, (a ·u− b ·v) · t+(a ·v+ b ·u) ·s)

= (a ·u ·s−b ·v ·s−a ·v · t−b ·u · t, a ·u · t−b ·v · t+a ·v ·s+b ·u ·s)

= (a · (u · s− v · t)− b · (u · t+ v · s), a · (u · t+ v · s) + b · (u · s− v · t))

= (a, b)� (u · s− v · t, u · t+ v · s) = (a, b)� ((u, v)� (s, t)) ,

(a, b)�(u, v) = (a·u−b·v, a·v+b·u) = (u·a−v·b, v·a+u·b) = (u, v)�(a, b) ,

(a, b)� (1, 0) = (a · 1− b · 0, a · 0 + b · 1) = (a, b) ,

also ist (1, 0) das Einselement, und es gilt das Distributivgesetz:

(a, b)� ((u, v)⊕ (s, t)) = (a, b)� (u+ s, v + t)

= (a·(u+s)−b·(v+t), a·(v+t)+b·(u+s))

= (a · u+ a · s− b · v − b · t, a · v + a · t+ b · u+ b · s)

= (a · u− b · v, a · v + b · u)⊕ (a · s− b · t, a · t+ b · s)

= ((a, b)�(u, v))⊕((a, b)�(s, t)) .

(3) Nun zum Axiom (KK) : Sei (a, b) ∈ C , (a, b) 6= (0, 0). Dann gilt nachFolgerung 3.5.2 :

0 ≤ a2 und 0 ≤ b2 ,

und wegen (a, b) 6= (0, 0) gilt nicht a2 = b2 = 0 , eine der beiden Zahlen istalso nicht Null, und fur die Summe gilt daher

0 < a2 + b2 nach (AK2) .

Daher haben wir t := (a2 + b2)−1 ∈ R . Es folgt

(a, b)�(a·t,−b·t) = (a·(a·t)−b·(−b·t), a·(−b·t)+b·(a·t))

= (a2 · t+ b2 · t,−a · (b · t) + a · (b · t)) = ((a2 + b2) · t, 0) = (1, 0) .

Wir haben also ein Inverses zu (a, b) 6= (0, 0),

(a, b)−1 = (a · ((a2 + b2)−1),−b · ((a2 + b2)−1)) .

Insgesamt: (C,⊕,�) ist ein Korper.

2

So ahnlich, wie wir in 3.3.9 gesehen haben, dass man R als Unterring vonR[X], und in 3.4.2, dass man R als Unterring von Q(R) auffassen kann, sehenwir, dass man R als Unterring (in diesem Fall muss man besser sagen: als

89

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Unterkorper) von C auffassen kann:Folgerung 3.5.5 : Die Abbildung

ι : R −→ C , a 7→ (a, 0)

ist ein injektiver Ringhomomorphismus von (R,+, ·)in (C,⊕,�) .Wir schreiben daher

a statt (a, 0) ,

dann wird R ⊂ C . Wenn wir nun auch noch

+ statt ⊕ , · statt �

fur die Verknupfungen in C schreiben, wird (R,+, ·) ein Unterring von (C,+, ·).Da beide Korper sind, sagen wir: (R,+, ·) ist ein Unterkorper von (C,+, ·).Wenn wir diese Schreibweisen verwenden, also a statt (a, 0) schreiben, giltfur beliebiges (a, b) ∈ C :

(a, b) = (a, 0) + (0, b) = (a, 0) + (0, 1) · (b, 0) = a+ (0, 1) · b .

Das Element (0, 1) gehort zu C, aber nicht zu R . Wir nennen

i := (0, 1)

die imaginare Einheit . Dann gilt fur jedes (a, b) ∈ C :

(a, b) = a+ i · b , und damit

(∗) C = { a+ i · b | a, b ∈ R } .

Es gilti2 = (0, 1) · (0, 1) = (−1, 0) = −1 ,

aber i ist nicht die einzige Zahl mit Quadrat −1, denn es gilt auch

(−i)2 = (−i) · (−i) = i · i = −1 .

Die Schreibweise i =√−1 sollte man deshalb besser nicht verwenden ! Mit

der Schreibweise (∗) fur C - und mit i2 = −1 - kann man auch die Definitionvon Addition und Multiplikation in C ubersichtlicher schreiben als

(a+ ib) + (u+ iv) = (a+ u) + i(b+ v) ,

(a+ ib) · (u+ iv) = (a · u− b · v) + i(a · v + b · u) .

90

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Definition 3.5.6: Sei z ∈ C , z = x + iy = (x, y) mit x, y ∈ R . Aus derDefinition des cartesischen Produkts folgt

(x, y) = (x′y′) ⇐⇒ (x = x′ ∧ y = y′) fur x, x′, y, y′ ∈ R .

Hat man also z = x+ i · y mit x, y ∈ R, so sind x und y eindeutig bestimmt.Man nennt

x den Realteil von z , und schreibt Re z := x , undy den Imaginarteil von z , und schreibt Im z := y .

Und man nennt nochz := x− i · y das Konjugiert-Komplexe von z.

Folgerung 3.5.7 : Die Abbildung

: C −→ C , z 7→ z

ist ein Automorphismus des Korpers (C,+, ·) , d.h. ist bijektiv, und esgilt

(∗) ∀ z, w ∈ C : (z + w = z+w ∧z · w = z·w) .

Und es gilt

(∗∗) ∀ z ∈ C : z = z .

Beweis : Die Regeln (∗) und (∗∗) kann man leicht nachrechnen. Aus (∗∗)folgt, dass die Abbildung sich selbst als Umkehrfunktion hat und daherbijektiv ist.

2

Bemerkung 3.5.8 : In der Analysis lernt man: Zu jedem a ∈ R mit a ≥ 0

gibt es genau ein y ∈ R mit y2 = a und y ≥ 0. Wir setzen√a := y und

haben damit die Wurzelfunktion

√: { a ∈ R | a ≥ 0 } −→ { a ∈ R | a ≥ 0 } , a 7→

√a .

Es gilt ∀ a, b ∈ R :√a · b =

√a ·√b . Damit ist

√ein Endomorphismus

der Gruppe (R∗+, ·) (aber keineswegs ein Homomorphismus bezuglich +) .Die Wurzelfunktion ist streng monoton wachsend: Es gilt

(M) ∀ a, b ∈ R : (0 ≤ a < b =⇒√a <√b) .

Beweis : von (M) : Es gelte 0 ≤ a < b. Dann ist

√a+√b > 0 ,

91

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denn aus√a+√b = 0 wurde a = b = 0 folgen. Aus

√b−√a ≤ 0 und der

Gleichung

(√b+√a) · (√b−√a) = b− a

wurde b− a ≤ 0 folgen, Widerspruch zu a < b . Also :√b−√a > 0 .

2

Definition 3.5.9 : Sei z ∈ C , z = x + i · y mit x, y ∈ R. Nach Folgerung3.5.2(1) und nach (AK2) gilt dann x2 +y2 ≥ 0. Wir konnen daher definieren:

| z | :=√x2 + y2

und nennen diese Zahl den Betrag von z . Auch fur eine reelle Zahl x ist

damit |x| definiert, als |x| =√x2.

Nachrechnen kann man die

(3.5.10) Rechenregeln fur den Betrag : Fur alle z, w ∈ C gilt

(a) |z| =√z · z,

(b) |z| = |z|,(c) |Re z| ≤ |z| und |Im z| ≤ |z|und es gelten die folgenden, auch fur den Betrag reeller Zahlen wichtigen,Regeln(d) |z| ≥ 0 und (|z| = 0 ⇐⇒ z = 0) ,(e) |z + w| ≤ |z|+ |w| ,(f) |z · w| = |z| · |w|und daher auch die aus (e) und (f) folgende Regel(g) | |z| − |w| | ≤ |z − w| .

2

(3.5.11) Die komplexe Zahlenebene: Man kann sich die komplexen

Zahlen, das Konjugiert-Komplexe und die Summe komplexer Zahlen geome-trisch veranschaulichen. Wir hatten C eingefuhrt als cartesisches ProduktC = R× R, daher kann man sich C vorstellen als dieGaußsche Zahlenebene , in der die komplexen Zahlen in der Formz = x+ i · y mit x, y ∈ R eingetragen sind:

92

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����

���

���

���

���

��*

HHHHH

HHHHHH

HHHHHHHj

ReReelle Achse

ImImaginare Achse

z = x+ i · y

z

i · y

−i · y

x

|z| ist dann die Lange des “Vektors” z = x + iy , z der Vektor, den mandurch Spiegelung von z an der reellen Achse bekommt, und die Summe istdie aus 1.2 bekannte Summe von Vektoren aus R2:

Im

Re����������

�����>

�������������7

�����

���������

z

w

z + w

Zur Veranschaulichung des Produkts braucht man Winkel, das gehort in die

93

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Analysis.

Fur den nachsten Satz brauchen wir noch das Produktzeichen, das manahnlich wie das Summenzeichen in 1.2.11 definiert:

Definition 3.5.12 : Sei (R,+, ·) ein Ring. Seien m,n ∈ Z. Dann definierenwir rekursiv

(i) fur n < m:

n∏j=m

aj := 1 (“leeres Produkt”),

(ii) fur m ≤ n und am, . . . , an ∈ R :

n∏j=m

aj :=n−1∏j=m

aj · an .

(3.5.13) Fundamentalsatz der Algebra : Sei f(X) ∈ C[X] ein Polynom,

f(X) 6= 0 , so dass n := degf(X) definiert ist, n ∈ N0. Dann gibt es (nichtnotwendig verschiedene) Zahlen a1, . . . , an ∈ C und ein c ∈ C \ {0} mit

f(X) = c ·n∏j=1

(X − aj) .

Man sagt dazu: f(X) zerfallt in ein Produkt von Linearfaktoren.

2

Was der Name des Satzes nicht vermuten lasst: Der Satz lasst sich nur mitMitteln der Analysis beweisen, der Beweis gehort also nicht hierher. DerBeweis geht am Einfachsten mit Satzen aus der Theorie der differenzierbarenFunktionen einer komplexen Variablen (“Funktionentheorie”). Wir werdenihn aber spater bei der Theorie der Eigenwerte brauchen.

2

3.6 Aufgaben

(3.1) Sei K ein Korper. Zeigen Sie:

a) Sei I ein Ideal im Polynomring K[X], dann gibt es ein Polynomm(X) mit

I = (m(X)) := { f(X) ·m(X) | f(X) ∈ K(X) } .

94

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b) In K[X, Y ] ist

I :=

∑(j,k)∈N0×N0 mit (j,k)6=(0,0)

ajk ·Xj · Y k

∣∣∣∣∣∣ ajk ∈ K

ein Ideal, aber es gibt kein Polynom m(X, Y ) ∈ K[X, Y ] mit

I = { f(X, Y ) ·m(X, Y ) | f(X, Y ) ∈ K[X, Y ] } .

(3.2) Sei (A,+) eine abelsche Gruppe, 0 ihr neutrales Element. Sei

End(A) := { ϕ : A −→ A | ϕ ist ein Gruppen-Endomorphismus von A } .

Fur ϕ, ψ ∈ End(A) definiere ϕ+ ψ durch

(ϕ+ ψ)(x) := ϕ(x) + ψ(x) fur x ∈ A .

Sei ◦ die Hintereinanderausfuhrung von Abbildungen. Zeigen Sie, dass( End(A),+, ◦) ein Ring ist.

(3.3) Sei M eine nichtleere Menge und (R,+, ·) ein Ring.Fur f, g : M −→ R und x ∈M setze

(f + g)(x) := f(x) + g(x) ,

(f · g)(x) := f(x) · g(x) .

Zeigen Sie, dass (F(M,R),+, ·) ein Ring ist, der fur #(M) ≥ 2 nichtnullteilerfrei ist.

(3.4) Sei R ein kommutativer Ring, 1 das Einselement, 1 , 1 6= 0 . Fur

u(X) =∞∑j=0

aj Xj ∈ K[X] sei D(u(X)) :=

∞∑j=0

(j + 1) aj+1Xj .

Zeigen Sie (ohne Benutzung von Regeln aus der Analysis), dass furu(X), v(X) ∈ R[X] und a ∈ R gilt

a) D(a · u(X)) = a ·D(u(X)) ,

b) D(u(X) + v(X)) = D(u(X)) +D(v(X)) ,

c) D(u(X) · v(X)) = D(u(X)) · v(X) + u(X) ·D(v(X)) .

Ist die Abbildung D : R[X] −→ R[X] , u(X) 7−→ D(u(X))ein Homomorphismus von Ringen ?

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(3.5) Sei (R,+, ·) ein kommutativer Ring und α ∈ R . Sei

Rα := R×R , und fur (a, b), (c, d) ∈ Rα sei

(a,b) ⊕(c, d) := (a+ b, c+ d) ,(a, b) ◦ (c, d) := (a · c+ α · b · d, a · d+ b · c) . Zeigen Sie:

a) (Rα,⊕, ◦) ist ein kommutativer Ring mit Eins,ϕ : R −→ Rα , ϕ(a) := (a, 0)

ist ein injektiver Ringhomomorphismus, und es gibt ein(x, y) ∈ Rα mit (x, y)2 = (α, 0) .

b) Ist R ein Korper, und gibt es kein x ∈ R mit x2 = α , so ist(Rα,⊕, ◦) ein Korper.

(Hinweis: Mit R := R und α := −1 ist C := R−1 der Korper derkomplexen Zahlen, wir haben hier also nur eine Verallgemeinerung vonSatz 3.5.4 .)

(3.6) Zeigen Sie, etwa mit Aufgabe (3.5), dass es Korper mit 9 und mit 25Elementen gibt.

(3.7) Sei K := Z/(3) . Geben Sie alle normierten Primpolynome vom

Grad 3 aus K[X] an. Hinweis: Fur alle α ∈ K gilt α3 = α .

Zu den folgenden Aufgaben: Sei n ∈ Z \ {0, 1}, und n sei quadratfrei, d.h.es gebe keine Quadratzahl in N \ {1}, die Teiler von n ist. Fur n < 0 setze√n := i

√−n. Zeigen Sie:

(3.8) a) Z[√n] := { a+ b

√n | a, b ∈ Z } ,

und fur n− 1 ∈ (4)( d.h. wenn 4 Teiler von n− 1 ist ) auch

On :=

{a+ b

1 +√n

2

∣∣∣∣ a, b ∈ Z}

sind Unterringe von C .b) Fur z = a+ b

√n ∈ Z[

√n] setze z := a− b

√n , und fur

z = a+ b1 +√n

2∈ On setze z := a+ b

1−√n

2.

Dann gilt fur alle z, w ∈ Z[√n] bzw. On

N(z) := z · z ∈ Z , N(z · w) = N(z) ·N(w)

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und damit: Zu z existiert genau dann ein z∗ ∈ Z[√n] bzw. On

mit z · z∗ = 1 , wenn N(z) ∈ {±1} ist.

(3.9) Sei (R,+, ·) ein Ring, 1 das Einselement von R . Nach Satz 3.2.11 istdie Menge R× der invertierbaren Elemente von R, also

R× := { a ∈ R | ∃ a∗ ∈ R : a · a∗ = a∗ · a = 1 }mit · eine Gruppe , die Einheitengruppe von R .a) Bestimmen Sie mit Aufgabe (3.4) b) die Einheitengruppen der in

Aufgabe (3.4) a) definierten RingeZ[√−1] , Z[

√−2] , O−3 .

b) Zeigen Sie, dass Z[√

3]× unendlich viele Elemente hat. Tipp:Wenn Sie ein Element z1 ∈ Z[

√3]× , z1 6= ±1 , gefunden

haben, dann sind alle zn1 , n ∈ N0 , verschieden und liegen auchin Z[

√3]× .

(3.10) Alle Q(√n) := { a+ b

√n | a, b ∈ Q } sind Unterkorper von C , im

Falle von n > 0 auch von R .

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§4 Vektorraume

4.1 Definition und Beispiele

(4.1.1) Zur Motivation : Wenn man von “Vektoren” spricht , denkt man

von der Schule her meistens an “Vektoren im dreidimensionalen Raum” ,wie wir das in 1.6 gemacht haben. Wir wollen hier aber von der Vorstellungloskommen, dass Vektoren “Pfeile” sind. Gleich die ersten Beispiele werdenzeigen, dass es auch etwas allgemeiner sein muss.

Definition 4.1.2 : V sei eine nichtleere Menge und K ein Korper,1 das Einselement von K . Es gebe eine Verknupfung

+ : V × V −→ V , (a, b) 7−→ a+ b

und eine außere Operation

ω : K × V −→ V , (α, a) 7−→ αa ,

so dass gilt :(V1) (V,+) ist eine abelsche Gruppe.(V2) Fur alle α, β ∈ K und alle a, b ∈ V gilt

(a) α(a+ b) = αa+ αb ,(b) (α + β)a = αa+ βa ,(c) (α · β)a = α(βa) ,(d) 1 a = a .

Dann heißt V (genauer: Das Tripel (V,+, ω) ) einK-(Links-)Vektorraum . Die Elemente von V heißen Vektoren,

die Elemente von K Skalare . 2

Beispiel 4.1.3 : Sei L ein Korper und K ein Unterkorper von L , d.h. einUnterring, der auch noch Korper ist. Dann ist (L,+) eine abelsche Gruppe,es gilt also (V1) fur (L,+) . Als außere Operation von K auf L nehmen wirdie Multiplikation in L , eingeschrankt auf K × L ; wir setzen also

ω : K × L −→ L , ω(α, a) := α ·︸︷︷︸↑

a ,

Multiplikation in Lalso αa := α · a . Auf diese Weise wird L ein K−Vektorraum, denn dieRechenregeln(V2) (a) und (b) folgen dann aus dem Distributivgesetz in L ,

(c) aus dem Assoziativgesetz fur (L, ·) , und

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(d) daraus, dass 1 das Einselement von L ist .Wir erhalten damit gleich weitere Beispiele:a.) Sei (K,+, ·) ein Korper, dann ist K ein Unterkorper von sich selbst. Kselbst ist also ein K−Vektorraum.b.) Q,R,C sind Korper mit Q ⊂ R ⊂ C, Q ist Unterkorper von R und Rist Unterkorper von C . Also sind

Q,R,C jeweils Q−Vektorraume ,R und C auch R−Vektorraume , undC ist ein C−Vektorraum.

Beispiel 4.1.4 : Sei (K,+, ·) ein Korper, A eine nichtleere Menge und V einK−Vektorraum, den wir schon kennen (z.B. V = K ). Dann wird F(A, V ),die Menge der Funktionen von A nach V , wieder ein K−Vektorraum, wennwir fur f, g ∈ F(A, V ) definieren:(∗) (f+g)(x) := f(x)+g(x) fur alle x ∈ A

↑Addition in V ,

dann ist also f + g ∈ F(A, V ) fur alle f, g ∈ F(A, V ) , und wir definieren dieaußere Operation von K auf F(A, V ) durch(∗∗) (λf)(x) := λ f(x) fur alle λ ∈ K und f ∈ F(A, V ) ,

↑außere Operation von K auf V ,

dann ist also λf ∈ F(A, V ) . Wir prufen nach, ob die Axiome (V1) , (V2)gelten:(V1) + ist eine Verknupfung auf F(A, V ) . Es gilt(G1) ∀ f, g, h ∈ F(A, V ) : (f + g) + h = f + (g + h) ,denn (V,+) ist eine Gruppe, und damit gilt nach (∗) :

∀x ∈ A : ((f + g) + h)(x) = (f + g)(x) + h(x)

= (f(x) + g(x)) + h(x) = f(x) + (g(x) + h(x))

= f(x) + (g + h)(x) = (f + (g + h))(x) .

(G4) ∀ f, g ∈ F(A, V ) : f + g = g + f ,denn (V,+) ist eine abelsche Gruppe, also gilt

∀x ∈ A : (f+g)(x) = f(x)+g(x) = g(x)+f(x) = (g+f)(x) .

(G2) Sei 0 : A −→ V , 0(x) := 0, wobei die hintere 0 das Nullelement derabelschen Gruppe (V,+) ist, dann gilt fur alle f ∈ F(A, V ) :

0 + f = f wegen (0 + f)(x) = 0(x) + f(x) = 0 + f(x) = f(x) .

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(G3) Zu f ∈ F(A, V ) haben wir −f , definiert durch (−f)(x) := −f(x) furx ∈ A. Dafur gilt

(−f)+f = 0 wegen ((−f)+f)(x) = (−f)(x)+f(x)

= −f(x) + f(x) = 0 = 0(x) fur x ∈ A .

Also ist (F(A, V ),+) eine abelsche Gruppe.(V2) Fur beliebige α, β ∈ K, f, g ∈ F(A, V ), x ∈ A gilt nun nach (∗∗) :

((α + β)f)(x) = (α + β)f(x)

= αf(x) + βf(x) wegen (V2)(b) furV

= (αf)(x) + (βf)(x) = (αf + βf)(x), also

(α + β)f = αf + βf ,

also gilt (V2)(b) fur F(A, V ) ,

(α(f + g))(x) = α(f + g)(x) = α(f(x) + g(x))

= αf(x) + αg(x) wegen (V2)(a) furV

= (αf)(x) + (αg)(x) = (αf + αg)(x) , also

α(f + g) = αf + αg ,

also gilt (V2)(a) fur F(A, V ) ,

(α(βf))(x) = α(βf)(x) = α(β(f(x)))

= (α · β)f(x) wegen (V2)(c) fur V ,

= ((α · β)f)(x) , also

α(βf) = (α · β)f ,

also gilt (V2)(c) fur F(A, V ) , und

(1f)(x) = 1f(x) = f(x) wegen (V2)(d) furV , also

1f = f ,

also gilt (V2)(d) fur F(A, V ) . Insgesamt haben wir gezeigt: F(A, V ) ist einK−Vektorraum. 2

Beispiel 4.1.5 : Sei K ein Korper. Nach Beispiel 4.1.3 a.) ist K selbst einK−Vektorraum, wenn man die Multiplikation von K als “außere” Operation

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von K auf K nimmt. Nach Beispiel 4.1.4 ist dann fur eine beliebige nichtleereMenge A auch F(A,K) ein K−Vektorraum, wenn man fur

f, g ∈ F(A,K) und α ∈ K

f + g und αf definiert durch

(∗) (f + g)(x) := f(x) + g(x) und (∗∗) (αf)(x) := α · f(x)fur x ∈ A . Einen wichtigen Spezialfall betrachten wir gleich.

Definition 4.1.6 : Seien J und M Mengen. Fur

a : J −→ M , j 7−→ a(j)

schreiben wir auch

(aj)j∈J statt a und aj statt a(j) ,

und sprechen von der Familie (aj)j∈J in M mit der Indexmenge J stattvon der Funktion a . - Familien sind also einfach Funktionen, etwas andersgeschrieben. Familien mit Indexmenge N bzw. N0 hatten wir in §3 , daswaren Folgen.Die Familie (aj)j∈J heißt endlich , wenn J eine endliche Menge ist. IstI ⊂ J , so heißt

a|I = (aj)j∈I

eine Teilfamilie von (aj)j∈J . 2

Beispiel 4.1.7: Der K−Vektorraum Kn

Sei K ein Korper und n ∈ N . Wir hatten definiert:

n = {1, . . . , n} .

Nach Beispiel 4.1.5 ist dann

F(n,K) = { (aj)j∈n | ∀ j ∈ n : aj ∈ K }

ein Vektorraum, mit den durch (∗) und (∗∗) definierten Rechenoperationen,die sich in der Schreibweise mit Familien schreiben lassen als

(∗) (aj)j∈n + (bj)j∈n := (aj+bj)j∈n ,

(∗∗) λ (aj)j∈n := (λ· aj)j∈n fur (aj)j∈n , (bj)j∈n ∈ F(n,K) , λ ∈ K .

Schreibt man nun

(a1, . . . , an) := (aj)j∈n ,

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so sieht man , dass F(n,K) die Menge der n−tupel von Elementen aus Kist. Man schreibt Kn := F(n,K) , und Kn wird also ein K−Vektorraum,wenn man

(∗) (a1, . . . , an)+(b1, . . . , bn) := (a1+b1, . . . , an+bn) ,

(∗∗) λ(a1, . . . , an) := (λa1, . . . , λan)

definiert. Insbesondere erhalten wir damit fur K := R die R−VektorraumeR2 und R3 als Beispiele. 2

Einige Rechenregeln fur Vektorraume folgen direkt aus den Axiomen:Satz 4.1.8 : Sei K ein Korper, 1 das Einselement von K , und V einK−Vektorraum. Dann gilt fur alle a ∈ V und alle α ∈ K :(1) 0 a = 0 , (2) α 0 = 0 ,

↑ ↑ ↑ ↑0 in K 0 in V 0 in V

(3) (−α)a = −(α a) = α(−a) ,man kann daher fur alle drei Elemente −αa schreiben,

(4) (−1)a = −a .

Beweis : (1) 0 a = (0 + 0)a(V2)(b)

= 0a+ 0a , also0a+ (−(0a)) = 0a+ 0a+ (−0a) , also

0 = 0a .

(2) α0(V1)

= α (0 + 0)(V2)(a)

= α0 + α0 ,und Addition von −(α 0) ergibt 0 = α 0 .

(3) 0(1)= 0 a = (α + (−α))a

(V2)(b)= α a+ (−α)a , also

(−α)a = −(αa) , und

0(2)= α 0

(V1)= α(a+ (−a))

(V2)(a)= αa+ α(−a) , also

α(−a) = −(αa) .

(4) (−1)a(3)= −(1 a)

(V2)(d)= −a . 2

Satz 4.1.9 : Sei V ein K−Vektorraum. Dann gilt

∀α ∈ K ∀ a ∈ V : (αa = 0 ⇐⇒ α = 0 ∨ a = 0) .

Beweis : “ ⇐= ” gilt nach Satz 4.1.8 (1) und (2) .“ =⇒ ” : Sei αa = 0 . Es kann α = 0 sein, dann sind wir fertig, oderα 6= 0 , also α ∈ K∗ . Dann existiert α−1 ∈ K∗ , und es folgt

0 = α−1 0 = α−1(α a)(V2)(c)

= = (α−1 α)a = 1a(V2)(d)

= a .

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In jedem Fall gilt α = 0 ∨ a = 0 . 2

Definition 4.1.10 : Sei K ein Korper und V ein K−Vektorraum. Wheißt ein Untervektorraum ( Unterraum, Teilraum ) von V , falls gilt(UV1) W ⊂ V ∧ W 6= ∅(UV2) ∀ v, w ∈ W : v + w ∈ W(UV3) ∀ v ∈ W ∀λ ∈ K : λ v ∈ W . 2

Die Definition des Untervektorraums ist sinnvoll wegen

Satz 4.1.11 : Ist V ein K−Vektorraum und W ein Untervektorraum vonV , so ist W mit der auf W ×W eingeschrankten Verknpfung + und derauf K ×W eingeschrankten außeren Operation selbst ein K−Vektorraum.Beweis : Die Axiome (UV2) und (UV3) sagen, dass die Restriktionen

+|W ×W : W ×W −→ V , (v, w) 7−→ v + w , und

ω|K ×W : K ×W −→ V , (λ, v) 7−→ λv

tatsachlich Abbildungen nach W sind. Man hat also eine Addition und eineaußere Operation auf W . Die Rechenregeln

u+ (v + w) = (u+ v) + wu+ v = v + u

λ(u+ v) = λu+ λv(λ+ µ)u = λu+ µu(λ · µ)u = λ(µu)

1u = u

fur alle u, v, w ∈ W und alle λ, µ ∈ K gelten, da sie sogar fur alleu, v, w ∈ V gelten. Damit hat man (V2), und einen Teil von (V1). Sei v ∈ W ,dann ist nach (UV3) auch

−v = (−1) v ∈ W .

Damit hat man zu v, u ∈ W ein x ∈ W mit v + x = u , namlichx := (−v) +u ∈ W nach (UV2) . Auch ist W 6= ∅ . Also gilt auch (V1) furW . 2

Beispiele 4.1.12 : a.) Sei V ein beliebiger Vektorraum, dann sind {0} undV Untervektorraume von V .b.) Sei v ∈ R2 , v 6= 0 und

R v := { λ v | λ ∈ R } ,

dann ist R v ein Untervektorraum des R−Vektorraums R2 . Man kann sichR v vorstellen als Gerade durch den Nullpunkt, wobei v die “Richtung”

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angibt.(4.1.13) Sei K ein Korper. Dann haben wir nach 3.3.10 den Polynomring

(K[X],+, ·) mit

K[X] =

{∞∑k=0

ak ·Xk

∣∣∣∣∣ ak ∈ K , ∀′ k ∈ N0 : ak = 0

}.

Die Multiplikation · in K[X] ist eine Abbildung

· : K[X] × K[X] −→ K[X] ,

wir schranken sie ein auf K ×K[X] , dann haben wir eine außere Operation

ω : K ×K[X] −→ K[X] , (α,∞∑k=0

ak ·Xk) 7−→∞∑k=0

(α · ak) ·Xk

und aus den Rechenregeln im Ring K[X] folgt, dass (K[X],+, ω) einK−Vektorraum ist.

4.2 Basis und Dimension

Grundlegend fur die Lineare Algebra sind die Begriffe“lineare Unabhangigkeit” und “Erzeugendensystem”:Definition und Satz 4.2.1 : Sei K ein Korper , V ein K−Vektorraum,n ∈ N und (vj)j∈n eine Familie von Vektoren aus V . Sei

span(vj)j∈n :=

{a ∈ V | ∃ (α1, . . . , αn) ∈ Kn : a =

n∑j=1

αjvj

}.

Dann ist span(vj)j∈n ein Untervektorraum von V . Er heißt der von derFamilie (vj)j∈n aufgespannte Untervektorraum von V . Die Elementevon span(vj)j∈n heißen Linearkombinationen von (vj)j∈n . Es gilt :(1) v1, . . . , vn ∈ span(vj)j∈n .(2) Fur jeden Untervektorraum U von V mit

{v1, . . . , vn} ⊂ U ist span(vj)j∈n ⊂ U ,d.h. span(vj)j∈n ist der “kleinste” Untervektorraum von V , der die Vekto-ren v1, . . . , vn enthalt. - Man setzt noch :

span(vj)j∈0 := {0} .

Beweis : Sei n ∈ N0 und T := span(vj)j∈n .(0) Wir zeigen zunachst, dass T ein Untervektorraum von V ist:

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Fur n = 0 ist das klar. Sei nun n ∈ N . Es gilt T ⊂ V nach Definition,und

(UV1) T 6= ∅ , da 0 =n∑j=1

0 vj ∈ T .

↑ ↑∈ V ∈ K

(UV2,3) Seien a, b ∈ T und λ ∈ K , dann gibt es(α1, . . . , αn) , (β1, . . . , βn) ∈ Kn mit

a =n∑j=1

αjvj und b =n∑j=1

βjvj , also

a+ b =n∑j=1

(αj + βj)vj , λ a =n∑j=1

(λαj)vj , also

a+ b ∈ T , λ a ∈ T wegen

(αj + βj)j∈n , (λαj)j∈n ∈ Kn .

(1) Fur n = 0 ist bei (1) und (2) nichts zu zeigen. Sei n ∈ N , dann gilt furalle k ∈ n :

vk =n∑j=1

δjk vj mit δjk =

{1 fur j = k0 fur j 6= k

,

also vk ∈ T .(2) Sei U ein Untervektorraum von V mit

{v1, . . . , vn} ⊂ U ,dann sind alle vj ∈ U fur j ∈ n , und fur beliebiges αj ∈ K ist nach(UV3) auch αjvj ∈ U . Nach (UV2), und mit Induktion nach n , folgt auch

n∑j=1

αjvj ∈ U .

Also gilt T ⊂ U . 2

Definition 4.2.2 : Sei V ein K−Vektorraum. Gibt es ein n ∈ N0 und eineFamilie (vj)j∈n mit vj ∈ V und

V = span(vj)j∈n ,

dann heißt V endlich erzeugt und die Familie (vj)j∈n einErzeugendensystem von V . 2

Formal etwas komplizierter ist der Begriff “linear unabhangig”:

Definition 4.2.3 : Sei K ein Korper und V ein K−Vektorraum.Sei n ∈ N , und seien a1, . . . , an ∈ V . Die Familie

(a1, . . . , an) = (aj)j∈nheißt linear unabhangig , wenn gilt

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∀ (α1, . . . , αn) ∈ Kn :

(n∑k=1

αkak = 0 =⇒ ∀ j ∈ n : αj = 0

).

Die Familie (v1, . . . , vn) heißt linear abhangig , wenn sie nicht linear un-abhangig ist, d.h. wenn gilt

∃ (α1, . . . , αn) ∈ Kn :

(n∑k=1

αkak = 0 ∧ ∃ j ∈ n : αj 6= 0

).

Die “leere Familie” (aj)j∈0 nennen wir linear unabhangig. 2

Bemerkung 4.2.4 : Nach Definition 4.2.1 heißt der Vektorn∑k=1

αk vk eine

Linearkombination von (v1, . . . , vn) . Man nennt nun eine

Linearkombinationn∑k=1

αk vk , in der nicht alle αk = 0 sind, eine

nichttriviale Linearkombination von (v1, . . . , vn) , und dieLinearkombination

n∑k=1

αk vk mit ∀ k ∈ n : αk = 0

die triviale Linearkombination. Also besagt Definition 4.2.3 :Eine Familie (v1, . . . , vn) mit n ∈ N ist

• linear unabhangig genau dann, wenn nur die triviale Linearkombinationvon (v1, . . . , vn) Null ist, und

• linear abhangig, wenn es eine nichttriviale Linearkombination von(v1, . . . , vn) gibt, die Null ist. 2

Beispiel 4.2.5 : Fur eine beliebige Teilmenge A von R , A 6= ∅ , ist nach

Beispiel 4.1.5F(A,R) = { f : A −→ R }

ein R−Vektorraum, mit den dort durch (∗) und (∗∗) definiertenRechenoperationen. Fur x ∈ A sei

f1(x) := |x| , f2(x) := x2 + x , f3(x) := x2 − x .

a) Sei A := R und (α1, α2, α3) ∈ R3 mit

α1 f1 + α2 f2 + α3 f3 = 0 ∈ F(A,R) ,

dann gilt fur alle x ∈ A = R :α1 f1(x) + α2 f2(x) + α3 f3(x) = 0(x) = 0 ∈ R ,

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α1 |x|+ α2 (x2 + x) + α3 (x2 − x) = 0 ,insbesondere fur x = 1, 2,−1 :

α1 + 2α2 = 0 , also α2 = −1

2α1,

2α1 + 6α2 + 2α3 = 0 , also α3 =1

2α1,

α1 + 2α3 = 0 , also 2α1 = 0,

also α1 = 0 und damit auch α2 = α3 = 0 . Also ist (f1, f2, f3) imR−Vektorraum F(R,R) linear unabhangig.b) Sei nun A := R∗+ , dann gilt fur alle x ∈ A :

f1(x) = x ,−2x+ (x2 + x)− (x2 − x) = 0 , also−2f1 + 1 · f2 + (−1)f3 = 0 ,

also ist (f1, f2, f3) im R−Vektorraum F(R∗+,R) linear abhangig. 2

- Was bedeutet “lineare Unabhangigkeit” fur zwei Vektoren ?

Bemerkung 4.2.6 : Seien a1, a2 ∈ V , und (a1, a2) sei linear abhangig,dann gibt es α1, α2 ∈ K mit

α1a1 + α2a2 = 0und α1, α2 sind nicht beide 0 . Ist α1 6= 0 , so folgt

a1 = −(α−11 · α2)a2 ,ist α1 = 0 , so folgt α2 6= 0 und

α2a2 = 0 , also a2 = 0 , alsoa2 = 0 a1 .

Jedenfalls ist einer der beiden Vektoren (man weiß aber nicht, welcher) einλ− faches des anderen. Das gilt im Prinzip genau so fur mehr als zweiVektoren:Satz 4.2.7 : Sei V ein K−Vektorraum . Sei n ∈ N , n ≥ 2 und(a1, . . . , an) eine Familie von Vektoren aus V . Dann gilt:

(a1, . . . , an) ist linear abhangig ⇐⇒ es gibt ein k ∈ n , so dassak Linearkombination von (a1, . . . , ak−1, ak+1, . . . , an) ist.

Beweis : “ =⇒ ” Sei (a1, . . . , an) linear abhangig, dann gibt es(α1, . . . , αn) ∈ Kn , (α1, . . . , αn) 6= 0 , mit

0 =n∑j=1

αj aj .

Es gibt ein k ∈ n mit αk 6= 0 , also ist

ak = −α−1k ·∑

j∈n\{k}

αjaj =∑

j∈n\{k}

(−α−1k · αj)aj .

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“ ⇐= ”: Sei ak Linearkombination von (a1, . . . , ak−1, ak+1, . . . , an) , danngibt es eine Familie (βj)j∈n\{k} ∈ Kn−1 mit

ak =∑

j∈n\{k}βjaj , also mit βk := −1 :

n∑j=1

βjaj = 0 und (β1, . . . , βk, . . . , βn) 6= 0 ,

also ist (a1, . . . , an) linear abhangig . 2

Definition 4.2.8 : Sei V ein endlich erzeugter K−Vektorraum .Sei n ∈ N0 . Eine Familie (vj)j∈n von Elementen aus V heißt eineBasis von V , wenn gilt(B1) V = span(vj)j∈n , d.h. (vj)j∈n ist ein Erzeugendensystem von V ,

und(B2) (vj)j∈n ist linear unabhangig.Die Zahl n heißt die Lange der Basis (vj)j∈n . 2

Hier in diesem Paragraphen beschaftigen wir uns hauptsachlich mit endlicherzeugten Vektorraumen. Wir definieren aber auch, was eine Basis eines nichtendlich erzeugten Vektorraums ist:

Definition 4.2.9 : Sei V ein K−Vektorraum , V 6= {0} . Eine Familie(vj)j∈J von Vektoren vj ∈ V , wobei J eine beliebige Menge ist, heißt eineBasis von V , wenn gilt(B1’) (vj)j∈J ist ein Erzeugendensystem von V , d.h. zu jedem a ∈ V

gibt es eine endliche Teilmenge {j1, . . . , jn} von J , so dassa ∈ span(vj1 , . . . , vjn) ist, und

(B2’) (vj)j∈J ist linear unabhangig , d.h. fur jede endliche Teilmenge{j1, . . . , jn} von J ist (vj1 , . . . , vjn) linear unabhangig. 2

Satz 4.2.10 : Sei V ein K−Vektorraum und (vj)j∈n mit n ∈ N eineFamilie in V . Dann gilt:

(vj)j∈n ist Basis von V ⇐⇒ ∀ v ∈ V ∃1 (α1, . . . , αn) ∈ Kn : v =n∑j=1

αjvj ,

d.h. (vj)j∈n ist genau dann eine Basis von V , wenn man jeden Vektor ausV eindeutig als Linearkombination von (vj)j∈n erhalt.Beweis : “ =⇒ ” : Sei v ∈ V , dann gilt wegen V = span(vj)j∈n :

∃ (α1, . . . , αn) ∈ Kn : v =n∑j=1

αj vj .

Sei auch (β1, . . . , βn) ∈ Kn mit v =n∑j=1

βj vj , dann ist

n∑j=1

(αj − βj) vj = v − v = 0 ,

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und da (vj)j∈n linear unabhangig ist : ∀ j ∈ n : αj − βj = 0 , also∀ j ∈ n : αj = βj , also

∃1 (α1, . . . , αn) ∈ Kn : v =n∑j=1

jαj vj .

“ ⇐= ” : Es gelte ∀ v ∈ V ∃1 (α1, . . . , αn) ∈ Kn : v =n∑j=1

αj vj , dann

ist (vj)j∈n ein Erzeugendensystem von V . Sei

(α1, . . . , αn) ∈ Kn mitn∑j=1

αj vj = 0 ,

dann folgt wegen 0 =n∑j=1

0 vj , und da sich 0 eindeutig als

Linearkombination von (vj)j∈n darstellen lasst,∀ j ∈ n : αj = 0 .

Also ist (vj)j∈n linear unabhangig. 2

Beispiel 4.2.11 : Sei n ∈ N , dann ist Kn , die Menge der n−tupel vonElementen in K , mit den in 4.1.7 definierten Rechenoperationen einK−Vektorraum . Setzen wir fur k ∈ n :

ek := (0, . . . , 0, 1, 0, . . . , 0) = (δjk)j∈n mit δjk =

{1 fur j = k0 fur j 6= k

,

k−te Stelleso ist (ek)k∈n eine Basis von Kn . Sie heißt die kanonische oderStandard-Basis von Kn .

Beweis: Sein∑k=1

αk ek = 0 ∈ Kn mit (α1, . . . , αn) ∈ Kn , dann ist

(α1, . . . , αn) = (0, . . . , 0) , also

∀ k ∈ n : αk = 0 ,nach Definition der Gleichheit zweier Funktionen bzw. Familien. Also ist(ek)k∈n linear unabhangig. Sei (α1, . . . , αn) ∈ Kn beliebig, dann gilt

(α1, . . . , αn) =n∑k=1

αk ek ,

also ist (ek)k∈n ein Erzeugendensystem von Kn . 2

Beispiel 4.2.12 : Sei K ein Korper. In dem in 4.1.13 definierten

K−Vektorraum K[X] der Polynome mit Koeffizienten aus K seifj(X) := Xj fur j ∈ N0 .

Wir behaupten: (fj(X))j∈N0 ist eine Basis von K[X] .Beweis: (B1’) ist klar, denn sei f(X) ∈ K[X] , dann gibt es ein n ∈ N0 unda0, . . . , an ∈ K , so dass

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f(X) =n∑j=0

aj ·Xj =n∑j=0

ajfj(X) ist, also

f(X) =n∑j=0

aj fj(X) .

f(X) ist eine Linearkombination der endlichen Teilfamilie (fj(X))j∈n∪{0} .(B2’) Sei J ⊂ N0 endlich und

∑j∈J

αj fj(X) = 0 . Setzen wir noch

αj := 0 fur j ∈ N0 \ J , so haben wir∞∑j=0

αjXj = 0 .

Nach Folgerung 3.3.9 sind die Koeffizienten eines Polynoms eindeutig be-stimmt,also ∀ j ∈ N0 : αj = 0 .Also ist (fj(X))j∈N0 linear unabhangig. 2

Bemerkung 4.2.13 : Unser Ziel ist es, zu zeigen:

(I) Jeder Vektorraum besitzt eine Basis. Fur endlich erzeugte Vektorraumefolgt der Beweis.

(II) Ist V endlich erzeugt, so haben zwei Basen von V die gleiche Lange.Zum Beweis brauchen wir den Basiserganzungssatz und den Austauschsatz,die beide nicht wirklich schwierig zu beweisen sind :

Basiserganzungssatz 4.2.14 : Sei V ein endlich erzeugter

K−Vektorraum . Sei(aj)j∈r mit r ∈ N0 ein endliches Erzeugendensystem von V

und(bk)k∈s mit s ∈ N0 eine linear unabhangige Familie in V .

Dann gibt es t Vektorenbs+1, . . . , bs+t ∈ {a1, . . . , ar} , so dass(bk)k∈s+t eine Basis von V ist.

Also: Man kann jede linear unabhangige Familie durch Hinzunahmegeeigneter Vektoren aus V zu einer Basis von V erganzen.Beweis : Es kann sein, dass gilt :

(a) (bk)k∈s ist ein Erzeugendensystem von V ,dann ist (bk)k∈s bereits eine Basis von V , wir brauchen also nichts hinzu-zunehmen, konnen also t := 0 nehmen. Wenn (a) nicht gilt, ist jedenfalls

(b1, . . . , bs, a1, . . . , ar)ein Erzeugendensystem von V , denn sei v ∈ V , dann gilt

∃ (αj)j∈r ∈ Kr : v =r∑j=1

αj aj , also

v =s∑

k=1

0 bk +r∑j=1

αj aj ∈ span(b1, . . . , bs, a1, . . . , ar) .

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Dabei kann es sein, dass man nicht alle der Vektoren a1, . . . , ar braucht , um- zusammen mit den b1, . . . , bs - V zu erzeugen. Sei

M := {m ∈ N0 | ∃{c1, . . . , cm} ⊂ {a1, . . . , ar} :

V = span(b1, . . . , bs, c1, . . . , cm) } ,

dann ist 0 /∈M , da (a) nicht gilt, also M ⊂ N . Es ist r ∈M , alsoM 6= ∅ , und nach Satz 1.2.13 existiert

t := minM ∈ N .

Dann ist(b1, . . . , bs, c1, . . . , ct) mit {c1, . . . , ct} ⊂ {a1, . . . , ar}

ein Erzeugendensystem von V , und auch linear unabhangig, denn seienβ1, . . . , βs, γ1, . . . , γt ∈ K mit

s∑k=1

βk bk +t∑l=1

γl cl = 0 ,

dann konnte gelten :(1) ∃ j ∈ t : γj 6= 0 , dann folgt fur dieses j :

cj =s∑

k=1

(−γ−1j βk)bk +∑

l∈t\{j}(−γ−1j γl)cl ,

also cj ∈ span(b1, . . . , bs, c1, . . . , cj−1, cj+1, . . . , ct) , also

(∗) V = span(b1, . . . , bs, c1, . . . , cj−1, cj+1, . . . , ct) ,denn zu jedem v ∈ V gibt es α1, . . . , αs, δ1, . . . , δt ∈ K mit

v =s∑

k=1

αk bk +t∑l=1

δl cl , also

v =s∑

k=1

(αk − δjγ−1j βk)bk +∑l∈t\{j}

(δl − δjγ−1j γl)cl .

Aus (∗) folgt aber : t − 1 ∈ M , Widerspruch zu t = minM . Also gilt (1)nicht, sondern(2) ∀ l ∈ t : γl = 0 , und damit

s∑k=1

βkbk = 0 , also, da (bk)k∈s linear unabhangig ist, auch

∀k ∈ s : βk = 0 ,und wir sind fertig. 2

Folgerung 4.2.15 : Sei V ein K−Vektorraum und

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(aj)j∈r mit r ∈ N0 ein Erzeugendensystem von V .Dann gibt es ein n ∈ N0 , n ≤ r und eine Teilfamilie

(c1, . . . , cn) von (aj)j∈r , die Basis von V ist.Beweis : Man wende Satz 4.2.14 mit s := 0 an. 2

Folgerung 4.2.16 : Jeder endlich erzeugte K−Vektorraum V besitzt eineBasis. 2

Bemerkung 4.2.17 : Auch Vektorraume, die nicht endlich erzeugt sind, be-sitzen eine Basis. Wir wollen das aber nicht beweisen.

Hilfssatz 4.2.18 : Sei V ein K−Vektorraum und (b1, . . . , bn) eine Basisvon V . Seien u, v ∈ V beliebig, dann ist

(u, v, b2, . . . , bn) linear abhangig.Beweis : Wegen u, v ∈ span (bj)j∈n gilt :

∃ (βj)j∈n ∈ Kn : u =n∑j=1

βj bj ∧ ∃ (γj)j∈n ∈ Kn : v =n∑j=1

γj bj ,

also

γ1u− β1v =n∑j=2

(γ1βj − β1γj) bj ,

und wenn γ1 6= 0 oder β1 6= 0 ist, folgt die Beh. Fur γ1 = 0 haben wir

0u + (−1)v +n∑j=2

γj bj = 0 ,

und wegen −1 6= 0 folgt die Behauptung. 2

Austauschsatz 4.2.19 : Sei V ein K−Vektorraum , (b1, . . . , bn) eine Ba-sis von V und (a1, . . . , am) ein Erzeugendensystem von V . Dann gilt furalle k ∈ N0 :Wenn k ≤ n ist, gibt es k Vektoren ai1 , . . . , aik ∈ {a1, . . . , am} , so dass

(ai1 , . . . , aik , bk+1, . . . , bn)eine Basis von V ist.Beweis durch Induktion nach k :(I) Fur k = 0 ist die Behauptung trivialerweise wahr.(II) Sei k ∈ N0 , und fur k sei die Behauptung wahr. Ist k ≤ n , so habenwir dann eine Basis

(ai1 , . . . , aik , bk+1, . . . , bn) mit ai1 , . . . , aik ∈ {a1, . . . , am}von V . Ist nun k + 1 > n , so ist die Behauptung fur k + 1 richtig.Ist k + 1 ≤ n , so ist k < n , und

(ai1 , . . . , aik , bk+2 . . . , bn)ist eine aus n− 1 Vektoren bestehende, linear unabhangige, Familie in

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V . Nach Satz 4.2.14 kann man sie durch Hinzunahme von Vektoren aus{a1, . . . , am} erganzen zu einer Basis von V . Zwei (oder mehr) Vektoren aus{a1, . . . , am} konnen es nach Hilfssatz 4.2.18 nicht sein, denn dann ware dieentstehende Familie linear abhangig, da wir aus

(ai1 , . . . , aik , bk+1, bk+2, . . . , bn)nur den einen Vektor bk+1 herausgenommen haben. 0 Vektoren aus{a1, . . . , am} konnen es auch nicht sein, denn dann ware bereits(ai1 , . . . , aik , bk+2, . . . , bn) eine Basis von V , also bk+1 eine Linearkombina-tion dieser Basis und damit (ai1 , . . . , aik , bk+1, . . . , bn) linear abhangig. Alsokonnen wir einen Vektor aus {a1, . . . , am} finden, den wir aik+1

nennen, sodass

(ai1 , . . . , aik+1, bk+2, . . . , bn) eine Basis von V ist. 2

Folgerung 4.2.20 : Sei V ein K−Vektorraum . Seien m,n ∈ N0 ,(a1, . . . , am) ein Erzeugendensystem und (b1, . . . , bn) eine Basis von V .Dann gilt

n ≤ m .Beweis : Wir wenden den Austauschsatz an mit k := n : Es gibt nVektoren ai1 , . . . , ain ∈ {a1, . . . , am} , so dass

(ai1 , . . . , ain) eine Basis von V ist.Die Vektoren ai1 , . . . , ain sind alle verschieden, denn gabe es j, k ∈ n mitj 6= k und aij = aik , dann hatten wir

1 · aij + (−1)aik +∑

l∈n\{j,k}

0 · ail = 0 ,

im Widerspruch zur linearen Unabhangigkeit von (ai1 , . . . , ain) . Also liegenin {a1, . . . , am} mindestens n verschiedene Elemente; es ist n ≤ m .

2

Folgerung 4.2.21 : Sei V ein K−Vektorraum . Seien n,m ∈ N0 , undseien (a1, . . . , am) und (b1, . . . , bn) Basen von V . Dann gilt n = m, d.h.zwei Basen von V haben gleiche Lange.Beweis : Jede Basis ist auch ein Erzeugendensystem von V , also gilt nachFolgerung 4.2.20 :

n ≤ m und m ≤ n . 2

Definition 4.2.22 : Sei V ein K−Vektorraum .a) Ist V endlich erzeugt, so gibt es nach Folgerung 4.2.15 eine Basis

endlicher Lange. Sei n die Lange einer beliebigen endlichen Basis

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von V . (Das n ist nach Folgerung 4.2.21 eindeutig bestimmt.) Dannsetzen wir

dimV := dimK V := n

und nennen n die Dimension von V (uber K ).b) Ist V nicht endlich erzeugt, so schreiben wir :

dimV = dimK V = ∞

und nennen V einen unendlichdimensionalen K−Vektorraum.

2

Beispiel 4.2.11 : Sei n ∈ N . Im K−Vektorraum Kn war

(e1, . . . , en) mit ek = (δjk)j∈neine Basis, also ist dimK Kn = n .Beispiel 4.2.12 : Im K−Vektorraum K[X] war

(fj(X))j∈N0 mit fj(X) = Xj

eine Basis. K[X] ist nicht endlich erzeugt, denn waredimK K[X] = n ∈ N0 ,

dann konnte man die aus n+1 Elementen bestehende Familie (fj(X))j∈n∪{0}zu einer Basis erganzen, die dann mehr als n Elemente hatte, Widerspruchzu Folgerung 4.2.21. Also ist

dimK K[X] = ∞.Beispiel 4.2.23 : Nach Beispiel 4.1.3 ist C ein R−Vektorraum. Zu jedemz ∈ C gibt es eindeutig bestimmte a, b ∈ R mit

z = a · 1 + b · i ,also ist (1, i) eine Basis des R−Vektorraums C , also ist

dimR C = 2 .Nach Beispiel 4.2.11 ist andererseits wegen C = C1 :

dimC C = 1 .

Satz 4.2.24 : Sei V ein K−Vektorraum . V sei endlichdimensional, d.h.es gebe ein n ∈ N0 mit

dimK V = n .Dann gilt fur jeden Untervektorraum U von V :(1) Auch U ist endlich erzeugt, und dimK U ≤ dimK V .(2) Aus dimK U = dimK V folgt U = V .Beweis : (1) Es gibt eine Basis (b1, . . . , bn) von V . Angenommen, es istdimK U = ∞ oder dimK U = m > n , dann gibt es in U eine linearunabhangige Familie

(u1, . . . , un+1) ,

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die dann auch in V linear unabhangig ist. Nach dem Basiserganzungssatz4.2.14 lasst sie sich erganzen zu einer Basis

(u1, . . . , un+1, . . . , ur) von V ,mit r ≥ n+ 1 > n , Widerspruch zu Folgerung 4.2.21. Also ist dimU ≤ n .(2) Sei dimK U = dimK V = n , dann gibt es eine Basis

(a1, . . . , an) von U .(a1, . . . , an) ist linear unabhangig in V , lasst sich also nach 4.2.21 erganzenzu einer Basis

(a1, . . . , an, c1, . . . , ct) mit t ∈ N0 , c1, . . . , ct ∈ Vvon V , die dann die Lange n+ t hat. Nach 4.2.21 folgt n+ t = n , alsot = 0 , also ist (a1, . . . , an) Basis von V ,

V = span (a1, . . . , an) = U .

2

4.3 Lineare Abbildungen

Definition 4.3.1 : Sei K ein Korper, V und W seien K−Vektorraume(also Vektorraume uber demselben Korper). Eine Abbildung

F : V −→ Wheißt eine K−lineare Abbildung (oder einK−Vektorraum-Homomorphismus ), wenn gilt

(L1) ∀ a, b ∈ V : F (a+ b) = F (a) + F (b) , und↑ ↑

Addition in V , Addition in W(L2) ∀ a ∈ V ∀λ ∈ K : F (λa) = λF (a) .

↑ ↑außere Operation aufV , auf W .

Die Begriffe Endo-, Mono-, Epi-, Iso- und Auto-morphismus von Vektorraum-en definiert man wie in 2.3.2.

Bemerkung 4.3.2 : Seien V , W K−Vektorraume und

F : V −→ W sei K−linear.Dann ist F nach (L1) ein Gruppenhomomorphismus von (V,+) in (W,+).Aus Satz 2.3.4 folgt daherF (0) = 0 und ∀ b ∈ V : F (−b) = −F (b) und damit∀ a, b ∈ V : F (a− b) = F (a)− F (b) .

Satz 4.3.3 : (1) Sei (v1, . . . , vn) linear abhangig in V , dann ist(F (v1), . . . , F (vn)) linear abhangig in W .

(2) Ist V ′ ein Untervektorraum von V , so ist F (V ′) einUntervektorraum von W .

(3) Ist W ′ ein Untervektorraum von W , so ist−1F (W ′) ein

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Untervektorraum von V .(4) dim F (V ) ≤ dim V , wenn man fur ∈ N0 ∪ {∞} setzt: n ≤ ∞.Beweis : (1),(2),(3) als Ubungsaufgabe.(4) Fur dim V = ∞ ist das sicher richtig. Sei dim V = n ∈ N0 , dannhaben wir eine Basis (v1, . . . , vn) von V . Zu y ∈ F (V ) gibt es ein v ∈ Vmit y = F (v) , und

∃ (αj)j∈n ∈ Kn : v =n∑j=1

αjvj , also

F (v) = F (n∑j=1

αj vj)(L1)

=n∑j=1

F (αjvj)(L2)

=n∑j=1

αjF (vj) ,

also ist (F (v1), . . . , F (vn)) ein Erzeugendensystem von F (V ) , und nachFolgerung 4.2.20 :

dimK F (V ) ≤ n . 2

Bemerkung 4.3.4 : Sei F : V −→ W K−linear, dann definiert man

den Kern von F als Kern des Gruppenhomorphismus F von (V,+) in (W,+),also

ker F :=−1F ({0}) = { v ∈ V | F (v) = 0 } .

Nach 4.3.3(3) ist ker F ein Untervektorraum von V . Nach Satz 2.3.9 giltF ist injektiv ⇐⇒ ker F = {0} .

2

(4.3.5) Beispiele fur lineare Abbildungen

Triviale Beispiele sind0 : V −→ W , 0(v) := 0 ∈ W fur alle v ∈ V , undidV : V −→ V , idV (x) := x fur alle x ∈ V .

Ein weiteres Beispiel fur lineare Abbildungen steht inSatz und Definition 4.3.6 : Sei V ein K−Vektorraum mitdimk V = n ∈ N und

B := (v1, . . . , vn) eine Basis von V , dann ist

ΦB : Kn −→ V , ΦB(β1, . . . , βn) :=n∑j=1

βj vj

ein K−Vektorraum-Isomorphismus. .ΦB heißt der durch B gegebeneBasisisomorphismus von Kn nach V .

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Der Beweis ist eine sehr leichte Ubungsaufgabe. 2

Satz und Definition 4.3.7 : Seien V und W K−Vektorraume, dann ist

HomK(V,W ) := { F ∈ F(V,W ) | F ist K − linear }

ein Untervektorraum von F(V,W ) . Fur V = W schreibt man

EndK(V ) := HomK(V, V ) ,

die Elemente von EndK(V ) sind also die Endomorphismen von V . FurW = K nennt man

V ∗ := HomK(V,K)

den Dualraum von V und die Elemente von V ∗ Linearformen auf V.

Beweis : Nach Definition ist HomK(V,W ) ⊂ F(V,W ) undHomK(V,W ) 6= ∅ , da 0 : V −→ W , v 7−→ 0 , K− linear ist. SeienF,G ∈ HomK(V,W ) und λ ∈ K , dann sind auch

F +G , λF ∈ HomK(V,W ) ,denn fur a, b ∈ V und α ∈ K gilt

(F +G)(a+ b)(∗)= F (a+ b) +G(a+ b)

(1)= F (a) + F (b) +G(a) +G(b)

= F (a) +G(a) + F (b) +G(b)(∗)= (F +G)(a) + (F +G)(b) ,

(F +G)(αa)(∗)= F (αa) +G(αa)

(1)= αF (a) + αG(a)

= α(F (a) +G(a))(∗)= α(F +G)(a) ,

(λF )(a+ b)(∗∗)= λF (a+ b)

(1)= λ(F (a) + F (b))

= λF (a) + λF (b)(∗∗)= (λF )(a) + (λF )(b) ,

(λF )(αa)(∗∗)= λF (αa)

(1)= λ(αF (a))) = (λ · α)F (a)

= (α · λ)F (a) = α(λF (a))(∗∗)= α(λF )(a) .

Bei (∗) und (∗∗) haben wir die Definition der Rechenoperationen in F(V,W )benutzt, bei (1) die Linearitat von F und G . 2

Auch die Hintereinanderausfuhrung linearer Abbildungen ist linear :

Satz 4.3.8 : Seien U, V,W K−Vektorraume,G ∈ HomK(U, V ) und F ∈ HomK(V,W ) ,

dann ist F ◦G ∈ HomK(U,W ) .Beweis : F ◦ G ist eine Abbildung von U in W . F ◦ G ist K−linear,denn fur alle a, b ∈ U und alle α ∈ K gilt

(F ◦G)(a+ b) = F (G(a+ b))G linear

= F (G(a) +G(b))

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F linear= F (G(a)) + F (G(b)) = (F ◦G)(a) + (F ◦G)(b) ,

(F ◦G)(αa) = F (G(αa))G linear

= F (αG(a))F linear

= αF (G(a)) = α(F ◦G)(a) . 2

Definition und Satz 4.3.9 : Sei K ein Korper, V ein K−Vektorraum und

W ein Untervektorraum von V . Dann hat man nach 2.2.12 die Faktorgruppe

V/W = { v +W | v ∈ V } , wobei

v +W = { v + w | w ∈ W } ist ,

und es gilt fur u, v ∈ V :

(u+W ) + (v +W ) = (u+ v) +W ,

u+W = v +W ⇐⇒ u− v ∈ W.

Wenn man fur v ∈ V , λ ∈ K definiert:

ω(λ, v +W ) := λ(v +W ) := (λv) +W ,

dann wird (V/W ,+, ω) ein K−Vektorraum. V/W heißt derQuotienten-Vektorraum von V modulo W .

Beweis : Das Axiom (V2) fur V/W gilt, da es fur (V,+, ω) gilt.

2

Beispiel 4.3.10 : Nehmen wir

V := R2 und W := R ·(

12

),

dann sind die Elemente von V/W Geraden, die zu R ·(

12

)parallel sind.

- Der Homomorphiesatz fur Gruppen gilt auch fur Quotienten-Vektorraume:

(4.3.11) Homomorphiesatz fur Vektorraume : Seien V und U

K−Vektorraume,

F : V −→ U eine surjektive lineare Abbildung . Sei

κ : V −→ V/ ker F , x 7→ x+ ker F

118

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der kanonische Nebenklassenepimorphismus von V auf denQuotienten-Vektorraum V/ ker F , dann gibt es genau einen Vektorraum-Isomorphismus

ι : V/ ker F −→ U mit ι ◦ κ = F .

Als Diagramm:

V U

V/ ker F

-

? �����������

F

κ ∃1 ι

���

���

Beweis : Da Satz 2.3.9 gilt, mussen wir nur noch zeigen, dass κ und ι dieLinearitatsbedingung (L2) erfullen. Das ist aber leicht zu sehen.

2

Satz 4.3.12 : Sei V ein endlichdimensionaler K−Vektorraum und W einUntervektorraum von V , dann ist

dimV/W = dimV − dimW .

Es gilt:(∗) Wenn (w1, . . . , wk) eine Basis von W ist,

und wir diese durch v1, . . . , vr zu einer Basis(w1, . . . , wk, v1, . . . , vr) von V erganzen konnen, dann ist(v1 +W, . . . , vr +W ) eine Basis von V/W .

Beweis : Nach Satz 4.2.24 ist auch W endlichdimensional. Sei

(w1, . . . , wk) eine Basis von W ,

dann konnen wir diese Basis nach Satz 4.2.14 erganzen zu einer Basis

(w1, . . . , wk, v1, . . . , vr) von V

und behaupten:

(∗) (v1 +W, . . . , vr +W ) ist eine Basis von V/W .

119

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Wenn wir das gezeigt haben, folgt

dimV/W = r = (r + k)− k = dimV − dimW .

(4.3.13) Dimensionsformel fur lineare Abbildungen : Seien V, U

K−Vektorraume,

F : V −→ U K − linear und dimk V <∞ .Dann gilt die Formel

dim V = dim ker F + dim F (V ) .(∗) Nach 4.2.24 existiert eine endliche Basis

(w1, . . . , wk) von ker F ,die wir durch v1, . . . , vr zu einer Basis (w1, . . . , wk, v1, . . . vr) von V erganzenkonnen. Dann ist

(F (v1), . . . , F (vr)) eine Basis von F (V ) .

Beweis : Wir schranken den Wertebereich von F ein, indem wir

G : V −→ F (V ) , G(x) := F (x)

setzen, dann ist G linear und surjektiv, und es ist

ker G = ker F .

Nach Satz 4.3.12 ist dann

dimV = dim ker F + dimV/ ker F .

Nach dem Homomorphiesatz 4.3.11 gibt es einen Isomorphismus

ι : V/ ker F −→ F (V ) ,

also dimV/ ker F = dimF (V ), womit

dimV = dim ker F + dimF (V )

bewiesen ist. Der Rest folgt aus (∗) von Satz 4.3.12 : Wenn wir eine Basis(w1, . . . , wr) von ker F haben, und diese durch (v1, . . . , vr) zu einer Basis vonV erganzen, ist

(v1 + ker F, . . . , vr + ker F ) eine Basis von V/ ker F .

Die folgenden Aussagen (mit κ(x) := x+ ker F ) sind gleichbedeutend:

(κ(v1), . . . , κ(vr)) ist eine Basis von V/ ker F .

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und da ι ein Isomorphismus ist:

(ι(κ(v1)), . . . , ι(κ(vr))) ist eine Basis von F (V ) .

und wegen ι ◦ κ = F :

(F (v1), . . . , F (vr)) ist eine Basis von F (V ) .

2

4.4 Matrizen

Unser Ziel ist es, einer linearen Abbildung

F : V −→ W ,

wobei V und W endlichdimensionale Vektorraume uber einem Korper Ksind, eine Matrix zuzuordnen. Matrizen sind aber auch fur sich genommeninteressante Objekte in der Algebra. Wir beschaftigen uns daher zunachstmit Matrizen und den Rechenoperationen zwischen ihnen:

Definition 4.4.1 : Seien m,n ∈ N . Eine m× n - Matrix mit Eintragenaus einer Menge R ist eine Familie

A = (akj)(k,j)∈m×n mit akj ∈ R , kurz: A = (akj) ,

also eine Abbildung A ∈ F(m × n,R) , A(k, j) := akj . Man schreibt sicheine Matrix A = (akj)(k,j)∈m×n zumeist als “rechteckiges Schema” auf:

A =

a11 . . . a1n...

...am1 . . . amn

.

Fur die Menge aller m× n - Matrizen mit Eintragen aus R schreiben wir

M(m× n,R) ,

und fur A = (akj) ∈M(m× n,R) nennen wir dieak := (ak1, . . . , akn) fur k ∈ m die Zeilenvektoren von A ,

und die

aj :=

a1j...amj

fur j ∈ n die Spaltenvektoren von A .

121

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Ist m = n , so heißt die Matrix A quadratisch .

Nach unserer Definition ist M(m × n,R) = F(m × n,R) . Damit ist auchdefiniert, wann zwei Matrizen

A = (akj) , B = (bkj) gleich sind:Es gilt (akj) = (bkj) ⇐⇒ ∀ (k, j) ∈ m× n : akj = bkj .

Definition 4.4.2 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer Ring, m,n ∈ N . Dann

definieren wir fur (akj), (bkj) ∈M(m× n,R) und λ ∈ R:

(∗)

(akj) + (bkj) := (akj + bkj) ,

λ(akj) := (λ · akj)

Wenn 0 das Nullelement und 1 das Einselement von R bezeichnet, setzen wirfur (k, j) ∈ m× n:

Ekj :=

0

0... 00

0 . . . 0 1 0 . . . 00

0... 00

←− k − te Zeile

↑j−te Spalte

Folgerung 4.4.3 : Ist K ein Korper, so ist

M(m× n,K) = F(m× n,K)

mit der in (∗) definierten Adition und außeren Operation nach Beispiel 4.1.4ein K−Vektorraum, und da fur jedes A = (akj)) ∈M(m× n,K)

A =m∑k=1

n∑j=1

akj Ekj

gilt, mit eindeutig bestimmten Koeffizienten akj, ist

(Ekj)(k,j)∈m×n

eine Basis von M(m× n,K) , und damit

dimK M(m× n,K) = m · n .

122

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2

Definition 4.4.4 : Seien m,n, r ∈ N, R ein kommutativer Ring. Dann defi-

niert man das Produkt der Matrizen

A = (akj) ∈M(m× n,R) , B = (bjl) ∈M(n× r, R) als

A ·B := (ckl) ∈M(m× r, R) mit ckl :=n∑j=1

akjbjl .

(4.4.5) Bemerkungen : 1) Man kann also nicht beliebige Matrizen

multiplizieren, A ·B ist nur definiert, wennA ∈M(m× n,R) , B ∈M(n× r, R)

ist, d.h. wenn die Spaltenzahl der ersten gleich der Zeilenzahl der zweitenMatrix ist.2) Man merkt sich die Definition des Matrizenprodukts

A ·B =

(n∑j=1

akjbjl

)(k,l)∈m×r

= (ckl)

am besten so: Um ckl auszurechnen, bildet man das “Skalarprodukt” desk−ten Zeilenvektors von A mit dem l−ten Spaltenvektor von B .

Satz 4.4.6 : Seien m,n, r, t ∈ N , R ein kommutativer Ring und

A ∈M(m× n,K) , B ∈M(n× r,K) , C ∈M(r × t,K) ,

dann gilt A · (B · C) = (A ·B) · C .Beweis : Sei A = (akj) , B = (bjl) , C = (cls) mitk ∈ m, j ∈ n, l ∈ r, s ∈ t , dann gilt

A · (B · C) =

(n∑j=1

akj ·

(r∑l=1

bjl cls

))(k,s)∈m×t

=

(r∑l=1

(n∑j=1

akj bjl

)· cls

)(k,s)∈m×t

= (A ·B) · C .

2

Das Matrizenprodukt ist also assoziativ. Kommutativ ist es nicht, auch wennder Ring (R,+, ·) kommutativ ist:

Bemerkungen 4.4.7 : Sei (R,+, ·) ein kommutativer Ring.

123

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(1) Wir rechnen das Produkt der in 4.4.2 definierten Elemente

Ekj = (δku · δjv)(u,v)∈m×n ∈M(m× n,R) mit

Est = (δsv · δtw)(v,w)∈n×r ∈M(n× r, R)

fur m,n, r ∈ N aus. Am besten geht das, indem man sich ein Blatt Papiernimmt, die Matrizen Ekj und Est hinschreibt und dann gemaß (4.4.5) 2)multipliziert (und es ist wichtig, dass Sie einen Blick dafur entwickeln, wieman einfache Matrizenprodukte schnell ausrechnet). Aber wenn Sie es formalmit der Definition in 4.4.4 ausrechnen wollen:

Ekj · Est = (δku · δjv)(u,v)∈m×n · (δsv · δtw)(v,w)∈n×r

=

(n∑v=1

δku · δjv · δsv · δtw

)(u,w)∈m×r

,

und da δjvδsv nur fur v = j = s gleich 1 und sonst 0 ist:

Ekj · Est = (δku · δjs · δsw)(u,w)∈m×r = δjs (δku · δsw)(u,w)∈m×r , also

(∗∗) Ekj·Est = δjsEkt fur k ∈ m, j, s ∈ n, t ∈ r .

Wir werden diese Formel noch brauchen, z.B. fur

(2) Wir sehen uns quadratische Matrizen an, also M(n×n,R), und behaup-ten, dass die Multiplikation in M(n× n,R) fur n ≥ 2 nicht kommutativ ist.Fur ein Gegenbeispiel setzen wir

C :=n∑k=3

Ekk , A := E11 + E12 + E21 + C , B := E12 + E21 + C ,

dann folgt nach (∗∗) in (1) :

A ·B = (E11 +E12 +E21 +C) · (E12 +E21 +C) = E11 +E12 +E22 +C ,

B ·A = (E12 +E21 +C) · (E11 +E12 +E21 +C) = E11 +E21 +E22 +C ,

Sei (dkj) := A ·B und (fkj) := B · A , dann gilt also

d21 = 0 , aber f21 = 1 , also A ·B 6= B · A .

Ubrigens: Zu A und B gibt es Metrizen A−1 und B−1 mit

A · A−1 = A−1 · A = En und B ·B−1 = B−1 ·B = En , namlich

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A−1 := E12 + E21 − E22 + C und B−1 := B .

Wir brauchen das in 4.4.9 .

Satz 4.4.8 : Sei n ∈ N, R ein kommutativer Ring. Dann ist die Menge

M(n × n,R) mit der in Definition 4.4.2 definierten Addition + und der in4.4.4 definierten Multiplikation · ein Ring, mit dem Einselement

En :=

1 0. . .

0 1

= (δkj) mit δkj =

{1 fur k = j0 fur k 6= j

.

En heißt die Einsmatrix in M(n × n,R). Fur n ≥ 2 ist dieser Ring wederkommutativ noch nullteilerfrei.

Beweis : Fur A,B ∈ M(n × n,R) sind A + B , A · B ∈ M(n × n,R) nach4.4.2 bzw.4.4.4. + und · sind also Verknupfungen in M(n× n,R).(R1) Dass (M(n × n,R),+) eine abelsche Gruppe ist, rechnet man leichtnach. Das Nullelement ist die Nullmatrix

0 :=

0 . . . 0...

...0 . . . 0

,

das Negative von (akj) ist (−akj).(R2) Das Assoziativgesetz fur · haben wir gerade als Satz 4.4.6 bewiesen.(R3) Seien (akj), (bkj), (ckj) ∈M(n× n,R), dann gilt

(((akj) + (bkj)) · (ckj) = (akj + bkj) · (ckj)

=

(n∑l=1

(akl + bkl) · clj

)=

(n∑l=1

akl · clj +n∑l=1

bkl · clj

)

=

(n∑l=1

akl · clj

)+

(n∑l=1

bkl · clj

)= (akj) · (ckj) + (bkj) · (ckj) ,

entsprechend die zweite Gleichung des Distributivgesetzes.(R4) Sei A = (akj) ∈M(n× n,R) , dann gilt

A · En =

(n∑l=1

aklδlj

).

In dieser Summe ist hochstens der Summand mit l = j ungleich 0, also

A · En = (akj · 1) = A .

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entsprechend En·A = A. En ist also das Einselement des Ringes M(n×n,R).Kommutativ ist (M(n × n,R),+, ·) nicht, das folgt aus Bemerkung (2) in(4.4.7). Es gilt

E12 · E11 = 0 ,

also ist (M(n× n,R),+, ·) nicht nullteilerfrei .

2

Bemerkung: M(n× n,R) ist mit · keine Gruppe, weil (M(n× n,R),+, ·)nicht nullteilerfrei ist. Aber man kann die Einheitengruppe M(n × n,R)×

betrachten. Man nennt sie GL(n,R) . Dass fur einen beliebigen Ring (S,+, ·),mit Einselement 1, die Menge

S× = { a ∈ R | ∃ a∗ ∈ R : a∗ · a = a · a∗ = 1 }

eine Gruppe ist, hatten wir schon in 3.2.11 bewiesen. Dass GL(n,R) nichtkommutativ ist, folgt aus dem Gegenbeispiel in (4.4.7) 2) :

Satz und Definition 4.4.9 : Sei n ∈ N , R ein kommutativer Ring und

GL(n,R) := {A ∈M(n× n,R) |∃A−1 ∈M(n× n,R) : A−1 · A = A · A−1 = En } ,

dann ist (GL(n,R), ·) eine, fur n ≥ 2 nicht kommutative, Gruppe. Sie heißtdie allgemeine lineare Gruppe vom Grad n uber R .

2

Nun kommen wir zum Thema: Matrizen linearer Abbildungen vonK−Vektorraum-en. Dabei sei also stets K ein Korper.

Satz 4.4.10 : Sei V ein endlichdimensionaler K−Vektorraum,

(v1, . . . , vn) eine Basis von V ,und seien b1, . . . , bn beliebige Vektoren aus einem K−Vektorraum W .Dann gibt es genau eine lineare Abbildung

F : V −→ W mit F (vj) = bj fur alle j ∈ n ,d.h. man kann eine lineare Abbildung dadurch definieren, dass man die Funk-tionswerte von Basiselementen festlegt.Beweis : (1) Es gibt hochstens eine lineare Abbildung

F : V −→ W mit F (vj) = bj fur alle j ∈ n ,denn man kann jedes v ∈ V eindeutig als Linearkombination

v =n∑j=1

αj vj mit (α1, . . . , αn) ∈ Kn

126

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schreiben, und aus der Linearitat von F folgt dann

(∗) F (v) = F

(n∑j=1

αj vj

)=

n∑j=1

αjF (vj) =n∑j=1

αjbj .

Wir wissen also, wie F (v) zu berechnen ist, wenn uberhaupt so einF ∈ HomK(V,W ) existiert.(2) Um die Existenz eines F ∈ HomK(V,W ) mit ∀j ∈ n : F (vj) = bj zuzeigen, definieren wir F durch (∗) :

F (v) :=n∑j=1

αj bj fur v =n∑j=1

αj vj .

Da die αj durch v eindeutig bestimmt sind, ist F auf diese Weise eindeutigfestgelegt, also eine Abbildung. F ist linear, denn fur

v =n∑j=1

αj vj , v′ =

n∑j=1

βj vj , λ ∈ K gilt

F (v + v′) = F

(n∑j=1

(αj + βj)vj

)=

n∑j=1

(αj + βj)bj = F (v) + F (v′) und

F (λ v) = F

(n∑j=1

(λαj)vj

)=

n∑j=1

(λαj)bj = λF (v) .

Es gilt ∀ k ∈ n : F (vk) = bk , denn

vk =n∑j=1

δjk vj mit δjk =

{1 fur j = k0 fur j 6= k

, also

F (vk) =n∑j=1

δjkbj = bk . 2

Bemerkung : In Satz 4.4.10 ist (vj)j∈n eine Basis von V , aber (bj)j∈ni.A. keine Basis von W . Man kann aber die bj als Linearkombinationeneiner Basis von W schreiben, dann erhalt man(4.4.11) Die zu einer linearen Abbildung gehorige Matrix :

Seien V und W endlichdimensionale K−Vektorraume und seiF : V −→ W K−linear.

Gegeben seien feste Basen(v1, . . . , vn) von V und (w1, . . . , wm) von W , mit n,m ∈ N .

Dann hat man fur alle j ∈ nbj := F (vj) ,

die Vektoren bj sind durch F eindeutig bestimmt, und umgekehrt ist nach

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Satz 4.4.10 auch F durch (F (v1), . . . , F (vn)) eindeutig festgelegt. Da(w1, . . . , wm) eine Basis von W ist, kann man die bj eindeutig als Linear-kombinationen von (w1, . . . , wm) schreiben :

b1 = a11w1 + . . .+ am1wm...

...bn = a1nw1 + . . .+ amnwm

mit gewissen m−tupeln (a1j, . . . , amj) ∈ Km , die naturlich von j abhangen.Kurz als Formel, die man sich unbedingt merken muss :

(4.4.12) ∀ j ∈ n ∃1

a1j...amj

∈ Km : F (vj) =m∑k=1

akj wk

Auf diese Weise kann man bei gegebenem F und festgelegten Basen(v1, . . . , vn) von V und (w1, . . . , wm) von W die Elemente

akj fur j ∈ n und k ∈ mberechnen, die zusammen eine Matrix (akj) ∈M(m× n,K) bilden :

Definition und Satz 4.4.13 : Seien V und W K−Vektorraume,

K ein Korper,A := (v1, . . . , vn) sei Basis von V undB := (w1, . . . , wm) sei Basis von W , mit n,m ∈ N .

SeiMA

B : HomK(V,W ) −→ M(m× n,K) ,

MAB (F ) := (akj) , wobei akj durch

F (vj) =m∑k=1

akj wk fur j ∈ n

definiert ist, dann ist MAB ein K−Vektorraum-Isomorphismus.

Beweis : (1) Nach (4.4.11) ist MAB eine Abbildung.

(2) Seien F , G ∈ HomK(V,W ) und λ ∈ K , dann gilt fur j ∈ n :

(F +G)(vj) = F (vj) +G(vj) =m∑k=1

akjwk +m∑k=1

bkjwk ,

wenn MAB (G) = (bkj) ist, also

(F +G)(vj) =m∑k=1

(akj + bkj)wk ,

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nach Formel (4.4.12) also

MAB (F +G) = (akj + bkj)

4.4.2= (akj) + (bkj) = MA

B (F ) + MAB (G) ,

ahnlich:

(λF )(vj) = λF (vj) = λ

m∑k=1

akjwk =m∑k=1

(λakj)wk ,

also nach Formel (4.4.12) :

MAB (λF ) = (λ akj)

4.4.5= λ (akj) = λ MA

B (F ) .

MAB ist also K−linear.

(3) MAB ist injektiv, denn sei F ∈ ker MA

B , also MAB (F ) = 0 das Null-

element von M(m× n,K) also

MAB (F ) =

0 . . . 0...

...0 . . . 0

die Nullmatrix ,

dann gilt nach Formel (4.4.12) :

∀ j ∈ n : F (vj) =m∑k=1

0wk = 0 ∈ W ,

also ist F die Nullabbildung , F = 0 ∈ HomK(V,W ) . Nach Bemerkung4.3.4 ist MA

B injektiv.(4) MA

B ist surjektiv, denn sei (akj) ∈M(m× n,K) , dann ist durch

F : V −→ W , F (vj) :=m∑k=1

akj wk

nach Satz 4.4.10 genau eine lineare Abbildung F ∈ HomK(V,W ) definiert.Fur dieses F gilt dann nach (4.4.12) wieder

MAB (F ) = (akj) .

Insgesamt : MAB ist ein Vektorraum-Isomorphismus. 2

Bemerkung 4.4.14 : In Satz 4.3.8 haben wir gesehen: Sind U, V,W

K− Vektorraume, und

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G : U −→ V , F : V −→ W K−linear ,dann ist auch F ◦G : U −→ W K−linear .

Sind nun U, V,W endlichdimensional, mit BasenA = (u1, . . . , ur) von U ,B = (v1, . . . , vn) von V ,C = (w1, . . . , wm) von W ,

dann hat man Matrizen

A := MBC (F ) = (akj) ∈M(m×n,K) , B := MA

B (G) = (bjl) ∈M(n×r,K) ,

die gemaß Formel (4.4.12) definiert sind durch

F (vj) =m∑k=1

akj wk fur j ∈ n ,

G(ul) =n∑j=1

bjl vj fur l ∈ r .

Aus diesen Gleichungen erhalt man fur l ∈ r :

(F ◦G)(ul) = F (G(ul)) =n∑j=1

bjlF (vj)

=n∑j=1

bjl

m∑k=1

akjwk =m∑k=1

(n∑j=1

akjbjl

)wk ,

also gilt fur die − nach 4.4.13 eindeutig bestimmte − Matrix

C := (ckl) = MAC (F ◦G) ∈M(m× r,K) mit

(F ◦G)(ul) =m∑k=1

cklwk :

ckl =n∑j=1

akjbjl fur k ∈ m , l ∈ r .

C ist daher das Produkt der Matrizen

A = (akj) ∈M(m×n,K) , B = (bjl) ∈M(n×r,K) , also

C = A ·B := (ckl) mit ckl :=n∑j=1

akjbjl ,

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es gilt also die Formel

(4.4.15) MAC (F ◦G) = MB

C (F ) · MAB (G) ,

d.h. bezuglich festgelegter Basen ist die Matrix der HintereinanderausfuhrungF ◦G gleich dem Produkt der Matrizen von F und von G .

Bemerkung 4.4.16 : Seien V und W K−Vektorraume,

F : V −→ W K−linear,dimk V = n , dimk W = m ,

dann hatten wir in 4.4.11 die Matrix von F bezuglich gegebener Basen

A = (a1, . . . , an) von V , B = (b1, . . . , bm) von W

definiert, also A := MAB(F ) ∈M(m× n,K) , und zwar durch Formel

(4.4.12) . Wahlt man nun andere Basen von V bzw. W , so haben sie diegleiche Lange. Sei also auch

A′ = (a′1, . . . , a′n) eine Basis von V und

B′ = (b′1, . . . , b′m) eine Basis von W ,

so hat man A′ := MA′

B′(F ) ∈M(m× n,K) . Wie kann man A′ aus A

berechnen ? Das geht ganz einfach (und ohne dass man viele Indizes hin-schreiben muss) so: Sicher ist

F = idW ◦ F ◦ idV ,aber wir nehmen jetzt folgende Basen :

VidV−→ V

F−→ WidW−→ W

| | | |mit Basis A′ mit Basis A mit Basis B mit Basis B′ ,

dann gilt nach Formel (4.4.15) :(∗ ∗ ∗) MA′

B′(F ) = MA′

B′( idW ◦ F ◦ idV ) = MA′

B′( idW ◦ (F ◦ idV ))

= MBB′( idW )·MA′

B (F◦ idV ) = MBB′( idW )·MA

B(F )·MA′

A ( idV ) .

Wir setzen S := MBB′( idW ) , dann ist S ∈M(m×m,K) , und wegen

MBB′( idW ) · MB′

B ( idW )4.4.15

= MB′

B′ ( idW )4.4.12

= Em ,

MB′

B ( idW ) · MBB′( idW )

4.4.15= MB

B ( idW )4.4.12

= Em

ist sogar S ∈ GL(m,K) , S−1 = MB′

B ( idW ). Ebenso gilt fur T := MAA′( idV ) :

T ∈ GL(n,K) und T−1 = MA′

A ( idV ) . Setzen wir das in (∗) ein, so erhalten

131

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wir

A′ = S · A · T−1 fur

A = MAB(F ) , A′ = MA′

B′(F )(4.4.17)

mit den Transformationsmatrizen

T := MAA′( idV ) , S := MB

B′( idW )

Dabei haben wir (4.4.11) benutzt, um MBB ( idW ) = Em zu zeigen: Es gilt

∀ r ∈ m : idW (br) = br =r∑l=1

δlrbl und (δlr) = Em .

Man braucht die Formel (4.4.11) auch, wenn man S und T konkret aus-rechnen will: T = (tkj) ∈ M(n × n,K) ist nach Formel (4.4.11) definiertdurch

∀ j ∈ n : idV (aj) =n∑k=1

tkj a′k , also

∀ j ∈ n : aj =n∑k=1

tkj a′k ,

d.h. man erhalt die Eintrage tkj der Transformationsmatrix T , indem mandie Basisvektoren von A als Linearkombinationen der Basisvektoren von A′

darstellt. Entsprechend ist

S = (slr) ∈ GL(m,K) gegeben durch

∀ r ∈ m : br =r∑l=1

slr b′l . 2

Wir brauchen die Transformationsformel (4.4.17) schon im nachsten Ab-schnitt. Den wiederum brauchen wir zur Losung linearer Gleichungssysteme:

4.5 Der Rang einer Matrix

Definition 4.5.1 : Seien m,n ∈ N , K ein Korper,

A = (akj)(k,j)∈m×n ∈ M(m× n,K) ,

dann definieren wir die transponierte Matrix tA ∈M(n×m,K) als

tA := (bjk)(j,k)∈n×m mit bjk := akj .

132

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Rechenregeln 4.5.2 : Seien n,m, r ∈ N , K ein Korper,

A,C ∈M(m× n,K) , B ∈M(n× r,K) , λ ∈ K ,

dann gilt(1) t(A+ C) = tA+t C , (2) t(λA) = λ tA ,(3) t(tA) = A , (4) t(A ·B) = tB ·t A .(5) Ist m = n und A ∈ GL(n,K) , so ist auch

tA ∈ GL(n,K) , und es gilt (tA)−1 = t(A−1) .Beweis : (1) ,(2) und (3) sind leicht einzusehen.(4) Es ist

tA = (αjk)(j,k)∈n×m mit αjk := akj ,tB = (βlj)(l,j)∈r×n mit βlj := bjl

fur k ∈ m, j ∈ n , l ∈ r , also ist tB ·t A ∈M(r ×m,K) definiert,

tB ·t A =

(n∑j=1

βljαjk

)(l,k)∈r×m

=

(n∑j=1

bjlakj

)(l,k)∈r×m

=

(n∑j=1

akjbjl

)(l,k)∈r×m

= t(A ·B) .

(5) Aus A · A−1 = A−1 · A = En folgt nach (4) :

t(A−1) ·t A = tA ·t (A−1) = tEn = En ,

also tA ∈ GL(n,K) und (tA)−1 = t(A−1) . 2

Definition 4.5.3 : Seien m,n ∈ N , K ein Korper,A = (akj) ∈M(m× n,K) ,

dann hatten wir in 4.4.1 dieak = (ak1, . . . , akn) fur k ∈ m die Zeilenvektoren,

und die

aj =

a1j...amj

∈ Km fur j ∈ n die Spaltenvektoren von A

genannt. Besser ist es ubrigens, alle n− und m−tupel als Spalten zu schrei-ben, dann sind also

ta1, . . . ,t am ∈ Kn die Zeilenvektoren von A .

Wir nennen nun

ZRg(A) := dim span(ta1, . . . ,t am) den Zeilenrang von A und

SRg(A) := dim span(a1, . . . , an) den Spaltenrang von A .

133

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Bemerkung 4.5.4 : Es ist

span(ta1, . . . ,t am) ⊂ Kn ,

span(a1, . . . , an) ⊂ Km ,

wir haben also Untervektorraume verschiedener Vektorraume. Wir werdenaber zeigen, dass sie gleiche Dimension haben, dass also

ZRg(A) = SRg(A) gilt.Dazu zunachst dieSchreibweise (4.5.5) : Seien m,n ∈ N , K ein Korper und

A ∈M(m× n,K) . Sei

fA : Kn −→ Km , fA(x) := A · x ,

wobei unter A · x das Produkt der m × n−Matrix A mit der n × 1−Matrixx ∈ Kn = M(n×1, K) verstanden wird, dann ist fA eine lineare Abbildung.

Hilfssatz 4.5.6 : Sei K ein Korper, n ∈ N , U ein Untervektorraumvon Kn und T ∈GL(n,K) . Dann gilt

dim fT (U) = dim U .

Beweis : Sei F : U −→ fT (U) , F (x) := fT (x) ,dann ist F linear, da fT linear ist, und surjektiv, also

F (U) = fT (U) .

F ist auch injektiv, denn fur x, y ∈ U gilt

F (x) = F (y) =⇒ fT (x) = fT (y) =⇒ T · x = T · y ,

und da T−1 ∈ GL(n,K) existiert, folgt

T−1 · (T · x) = T−1 · (T · y) , also (T−1 · T ) · x = (T−1 · T ) · y ,

also x = y . Nach Bemerkung 4.3.4 ist ker F = {0} , und nach derDimensionsformel (4.3.13) folgt

dimU = dim ker F + dimF (U) = 0 + dim fT (U) . 2

Hilfssatz 4.5.7 : Sei A ∈M(m×n,K) , S ∈GL(m,K) und T ∈GL(n,K) .Dann gilt(1) SRg(S · A · T ) = SRg(A) ,(2) ZRg(S · A · T ) = ZRg(A) .

134

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Beweis : (1) a) Seien a1, . . . , an die Spaltenvektoren von A und e1, . . . , en

die kanonischen Basisvektoren von Kn , als Spalten geschrieben, dann gilt

aj = A · ej fur j ∈ n ,

wie man mit scharfem Blick fur die Matrizenmultiplikation sieht, also

SRg(A) = dim span(fA(e1), . . . , fA(en)) = dim fA(Kn) .

Nach Hilfssatz 4.5.6 ist

dim fT (Kn) = dim Kn = n ,

also wegen fT (Kn) ⊂ Kn nach Satz 4.2.24(2) :

fT (Kn) = Kn , also

SRg(A) = dim fA(fT (Kn)) = dim(fA ◦ fT )(Kn)

= dim fA·T (Kn) = SRg(A · T ) .

b) Es ist

SRg(S · A) = dim fS·A(Kn) = dim fS(fA(Kn)) ,

und Hilfssatz 4.5.6, angewendet auf den Untervektorraum fA(Kn) von Km ,ergibt

dim fS(fA(Kn)) = dim fA(Kn) , also

SRg(S · A) = dim fA(Kn) = SRg(A) .

Insgesamt folgt aus b), angewendet auf A · T statt A , und aus a) :

SRg(S · A · T ) = SRg(A · T ) = SRg(A) .

(2) Es istZRg(A) = SRg(tA) , und

t(S · A · T ) = tT ·t A ·t S nach 4.5.2 (4) ,

und nach 4.5.2 (5) sind auch tT und tS invertierbar, also gilt nach (1) :

ZRg(S · A · T ) = SRg(t(S · A · T )) = SRg(tT ·t A ·t S)

(1)= SRg(tA) = ZRg(A) . 2

135

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Satz und Definition 4.5.8 : Seien m,n ∈ N , K ein Korperund A ∈M(m× n,K) . Dann gilt

SRg(A) = ZRg(A) ,

d. h. Zeilenrang und Spaltenrang von A sind gleich. Wir nennen diese Zahlden Rang von A , also

RgA := SRg(A) = ZRg(A) .

Beweis : SeiK := (e1, . . . , en) die kanonische Basis von Kn undL := (f 1, . . . , fm) die kanonische Basis von Km . Dann gilt

∀ j ∈ n : fA(ej) = A · ej = aj =n∑k=1

akjfk , also

MKL (fA) = A .

Nun haben wir in (4.3.13)(*) (bei der Dimensionsformel fur lineareAbbildungen) bewiesen: Es gibt eine Basis

B := (w1, . . . , wr) von fA(Kn) und eine Basis

A := (u1, . . . , ur, v1, . . . , vk) von Kn (also r + k = n), so dass

fA(uj) = wj fur j ∈ r und fA(vl) = 0 fur l ∈ kist. Erganzen wir B zu einer Basis

C := (w1, . . . , wr, wr+1, . . . , wm) von Km , so wird nach (4.4.12):

B := MAC (fA) =

1 0 |. . . | 0

0 1 |− − − + −

0 | 0

r Zeilen

=

Er | 0− + −0 | 0

∈ M(m×n,K) .

r SpaltenFur die Matrix B gilt nun offensichtlich SRg(B) = ZRg(B) . Andererseitsgilt nach der Formel fur die Koordinatentransformation aus (4.4.17) :

MKL (fA) = MC

L( idKm) · MAC (fA) · MK

A( idKn) ,

136

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also mit T := MKA( idKn) ∈GL(n,K) , S := MC

L( idKm) ∈GL(m,K) :

A = S ·B · T ,

und nach dem Hilfssatz 4.5.7 :

SRg(A)↓= SRg(B) = ZRg(B)

↓= ZRg(A) . 2

Wie kann man nun den Rang praktisch berechnen ? Es ist dazu nicht notig,Basen von Kn bzw. Km zu finden, so dass die Matrix von fA bezuglichdieser Basen die Form Er | 0

− + −0 | 0

mit r = RgA

hat, es geht etwas einfacher. Man uberlegt sich, dass gewisse Umformungenden Rang von A nicht andern :

Definition 4.5.9 : Sei A ∈M(m× n,K) , mit Zeilenvektorena1, . . . , am ∈ Kn (als Zeilen geschrieben).

Unter einer elementaren Zeilenumformung von A versteht man eineUmformung der folgenden Art:

(I) Multiplikation der k−ten Zeile mit λ ∈ K \ {0} : Aus

A =

a1...ak...am

wird AI :=

a1...λak

...am

.

(II) Addition der j−ten Zeile zur k−ten Zeile, j 6= k : Aus

A =

a1...ak...aj...am

wird AII :=

a1...

ak + aj...aj...am

.

Durch Hintereinanderausfuhrung mehrerer Umformungenvom Typ (I) oder (II) erhalt man noch folgende Umformungen:

137

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(III) Addition des λ−fachen der j−ten Zeile zur k−ten Zeile, k 6= j , λ ∈ K :Aus

A =

...ak...aj...

wird AIII :=

...ak + λaj

...aj...

,

und zwar erhalt man das folgendermaßen: Fur λ = 0 macht man gar nichts.Fur λ 6= 0 formt man so um :

...ak...aj...

I−→

...ak...λaj

...

II−→

...ak + λaj

...λaj

...

I mitλ−1

−→

...ak + λaj

...aj...

(IV) Vertauschen der k−ten Zeile mit der j−ten Zeile, k 6= j : Aus

A =

...ak...aj...

wird AIV :=

...aj...ak...

,

und zwar erhalt man das folgendermaßen:

...ak...aj...

I−→

...ak...−aj

...

II−→

...ak...

ak − aj...

III−→

...ak − (ak − aj)

...ak − aj

...

=

...aj...

ak − aj...

II−→

...aj...ak...

.

138

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Entsprechend definiert man elementare Spaltenumformungen .

Hilfssatz 4.5.10 : Entsteht B aus A durch elementareZeilen- bzw. Spaltenumformungen, so gilt

RgA = RgB .

Beweis fur Zeilenumformungen: Es reicht, den Satz fur eine el. Umformungvom Typ I oder II zu beweisen. Durch Induktion nach der Anzahl solcherUmformungen folgt er dann auch fur endlich viele Umformungen vomTyp I - IV :I) Es ist AI = Sk(λ) · A mit

Sk(λ) :=

1 0. . .

... 01 0

0 . . . 0 λ 0 . . . 00 1

0...

. . .

0 1

←− k − te Zeile ,

↑k−te Spalte,

Sk(λ) ∈M(m×m,K) , sogar Sk(λ) ∈ GL(m,K) wegen

Sk(λ) · Sk(λ−1) = Sk(λ−1) · Sk(λ) = Em .

Nach Hilfssatz 4.5.7 und Satz 4.5.8 folgt

RgAI = RgA .

II) Es ist AII = Qjk(1) · A mit

Qjk(λ) :=

1 0. . . 0

... 01 0

0 . . . 0 1 0 . . . 0 λ 0 . . . 01 0

. . ....

1 00 1 0

0 1...

. . .

0 1

←− k − te Zeile ,

↑j−te Spalte,

139

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fur λ ∈ K . Es ist

Qjk(λ) ∈M(m×m,K) , sogar Qj

k(λ) ∈ GL(m,K) ,denn es existiert

Qjk(λ)−1 = Qj

k(−λ) .

Nach Hilfssatz 4.5.7 und Satz 4.5.8 folgt RgAII = RgA .Fur Spaltenumformungen folgt die Behauptung daraus wegen

RgA = SRg(A) = ZRg(tA) = RgtA . 2

Definition und Satz 4.5.11 : Man sagt, eine Matrix M ∈ M(m × n,K)hat Zeilenstufenform , wenn es Zahlen j1, . . . , jr ∈ n gibt mit

1 ≤ j1 < j2 < . . . < jr ≤ n ,

so dass B die Form

| b1j1|

| b2j2 ∗|

. . .

0 | brjr|

hat, mit

b1j1 , . . . , brjr 6= 0 ,

Nullen unterhalb der “Stufenlinie” und irgendwelchen Eintragen oberhalbder bkjk . Es gilt dann

RgB = ZRg(B) = r .

Beweis : (b1, . . . , br) ist eine Basis von

span(b1, . . . , br, . . . , bm) ,

denn br+1, . . . , bm = 0 , und ausr∑

k=1

βk bk = 0

folgt zunachst, wenn man die j1−te Komponente dieser Summe betrachtet :

β1 b1j1 = 0 , also wegen b1j1 6= 0 : β1 = 0 .

Mit der Gleichungr∑

k=2

βk bk = 0 kann man so fortfahren und erhalt

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0 = β2 = . . . = βr .Also ist ZRg(B) = r . 2

Bei einer Matrix in Zeilenstufenform kann man also den Rang leicht ablesen,es ist die “Anzahl der Stufen” dieser Matrix. Es gilt nun

Satz 4.5.12 : Jede Matrix A ∈M(m×n,K) kann man durch endlich vieleelementare Zeilenumformungen auf Zeilenstufenform bringen.Beweis : Wir machen hier keinen exakten Induktionsbeweis, sondern gebendie Schritte an, die man praktisch macht und auch so programmieren kann:Ist A = 0 , so sind wir fertig: A hat Zeilenstufenform, mit

0 Stufen.(∗) Sei nun A 6= 0 , so gibt es mindestens ein akj 6= 0 . Die j1−te Spalte seidiejenige mit dem kleinsten Index, in der nicht nur Nullen stehen, also

a1 = . . . = aj1−1 = 0 , und

∃ k ∈ m : akj1 6= 0 .

Wenn nicht schon a1j1 6= 0 ist, vertauschen wir die 1. mit der k−ten Zeile(das ist eine Umformung vom Typ IV) und erhalten eine Matrix A′ mit

a′1j1 6= 0 .

In der Matrix A′ addieren wir nun zur k−ten Zeile, k = 2, . . . ,m , jeweils

das −a′kj1a′1j1−fache der 1.Zeile, das sind m − 1 Umformungen vom Typ III,

und erhalten so eine Matrix A′′ mit

a′′kj1 = a′kj1 −a′kj1a′1j1· a′1j1 = 0 .

A′′ hat also die Form

A′′ =

| a′′1j1 ∗|

0 |... | B1

0 |

.

Ist nun B1 = 0 oder j1 = n , so sind wir fertig, A′′ hat Zeilenstufenform.Anderenfalls ist B1 eine Matrix mit m − 1 Zeilen, und wir fangen wiederbei (∗) an, mit B1 statt A . Nach r solchen Schritten, r ≤ m , erhalt

141

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man eine Matrix der Form

B =

| b1j1|

| b2j2 ∗|

. . .

0 | brjr|

.

Bemerkung 4.5.13 : Unser Problem, den Rang einer Matrix zu bestimmen,

ist damit gelost: Man formt die Matrix durch elementare Zeilenumformungenso um, dass man auf eine Matrix in Zeilenstufenform kommt, die denselbenRang hat. Man kann zur Vereinfachung der Matrix auch elementare Spalten-umformungen verwenden; diese andern den Rang auch nicht.

4.6 Lineare Gleichungssysteme

Definition 4.6.1 : Sei K ein Korper, m,n ∈ N ,

A = (akj) ∈M(m× n,K) und b =

b1...bm

∈ Km

seien gegeben. Dann heißen die m Gleichungen

(1)

a11 x1 + . . . + a1n xn = b1...

......

am1 x1 + . . . + amn xn = bm

,

wobei x1, . . . , xn gesucht sind, ein lineares Gleichungssystem von mGleichungen mit n Unbekannten. Fasst man den gesuchten Vektor

x =

x1...xn

∈ Kn

als n×1−Matrix und b als m×1−Matrix auf, so kann man statt (1) kurzerschreiben:

142

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(2) A · x = b .

Das System (1) bzw. (2) heißt homogen , falls b = 0 ist, sonst inhomogen.Die Menge

Los(A, b) := { x ∈ Kn | A · x = b } ⊂ Kn

heißt die Losungsmenge von (1) bzw.(2) . A · x = b heißt losbar , wenn

Los(A, b) 6= ∅ ist.

Bemerkung 4.6.2 : Zu A ∈M(m× n,K) haben wir nach (4.5.5) die

lineare Abbildung

fA : Kn −→ Km , fA(x) := A · x .

Statt (2) kann man daher auch

(3) fA(x) = b

schreiben. Auf diese Weise konnen wir unsere Satze uber lineare Abbildungenauf lineare Gleichungssysteme anwenden.

Satz 4.6.3 : Das lineare Gleichungssystem A · x = b sei losbar, unda ∈ Kn sei eine Losung. Dann ist die Losungsmenge

Los(A, b) = a+ ker fA := { a+ y | y ∈ ker fA } ,

wobei fA(x) = A · x ist. Man erhalt also alle Losungen von A · x = b ,indem man zu einer festen Losung a alle Losungen des “zugehorigen homo-genen Systems” A · y = 0 addiert.Beweis : 1) Sei x ∈ Los(A, b) , dann folgt wegen a ∈ Los(A, b) :

fA(x) = b und fA(a) = b , also fur y := x− a :fA(y) = fA(x)− fA(a) = 0 , y ∈ ker fA , alsox = a+ y mit y ∈ ker fA .

2) Sei x = a+ y mit y ∈ ker fA , dann giltfA(x) = fA(a)+fA(y) = b+0 = b , also x ∈ Los(A, b) . 2

Bemerkung 4.6.4 : Bei einem inhomogenen linearen Gleichungssystem

fA(x) = b , also mit b 6= 0 ,

ist Los(A, b) kein Untervektorraum von Kn , denn wegen

fA(0) = 0 6= b ist 0 /∈ Los(A, b) .

Bei einem homogenen linearen Gleichungssystem

fA(x) = 0

ist Los(A, 0) = ker fA , also Los(A, 0) ein Untervektorraum von Kn , al-so 0 ∈ Los(A, 0) ; das System hat also auf jeden Fall die triviale Losung

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x = 0 , und es hat nichttriviale Losungen, also Losungen 6= 0 , wenn

ker fA 6= {0} , also dim ker fA > 0 ist.

Diese Dimension kann man mit der Dimensionsformel (4.3.13) berechnen:

Satz 4.6.5 : Sei A ∈M(m×n,K) , dann gilt fur den Losungsraum Los(A, 0)von A · x = 0 :

dim Los(A, 0) = n− RgA .

Beachte: n ist die Anzahl der Unbekannten im System A · x = 0 .Beweis : Es ist Los(A, 0) = ker fA fur

fA : Kn −→ Km , fA(x) = A · x ,

und nach der Dimensionsformel (4.3.13) gilt fur fA :

dimKn = dim ker fA + dim fA(Kn) , also

n = dim Los(A, 0) + dim fA(Kn) .

Sei (e1, . . . , en) die kanonische Basis des Kn , dann ist

(fA(e1), . . . , fA(en))

ein Erzeugendensystem von fA(Kn) . Nun gilt fur j ∈ n :

fA(ej) = A · ej =

a1j...amj

= aj ,

wobei aj der j−te Spaltenvektor von A ist. Also gilt

dim fA(Kn) = dim span(a1, . . . , an) = SRg(A) = RgA . 2

Damit wissen wir alles uber homogene lineare Gleichungssysteme. Wann istnun ein inhomogenes System A · x = b losbar ?

Definition 4.6.6 : Sei A ∈ M(m × n,K) und b ∈ Km . Dann heißt dieMatrix

A die einfache Matrix des Systems A · x = bund die m × (n + 1)−Matrix, die entsteht, wenn man zu A den Vektor bals zusatzliche Spalte nimmt, also

(A, b) :=

a11 . . . a1n b1...

......

am1 . . . amn bm

die erweiterte Matrix des Systems A · x = b .

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Satz 4.6.7 : Fur die Losungsmenge des linearen Gleichungssystems

A · x = b mit A ∈M(m× n,K) , b ∈ Km gilt :

Los (A, b) 6= ∅ ⇐⇒ RgA = Rg (A, b) ,

wobei (A, b) die erweiterte Matrix des Systems ist.Beweis : Sei

fA : Kn −→ Km , x 7−→ A · x ,

dann gilt:

Los (A, b) 6= ∅ ⇐⇒ ∃x ∈ Kn : fA(x) = b

⇐⇒ b ∈ fA(Kn) .

Wie wir beim Beweis von Satz 4.6.5 gesehen haben, ist

fA(Kn) = span(a1, . . . , an) ,

wobei a1, . . . , an die Spaltenvektoren von A sind, also gilt

Los (A, b) 6= ∅ ⇐⇒ b ∈ span(a1, . . . , an)

⇐⇒ span(a1, . . . , an, b) = span(a1, . . . , an)

4.2.24 (2)⇐⇒ dim span(a1, . . . , an, b) = dim span(a1, . . . , an)

⇐⇒ Rg (A, b) = RgA .

Man mache sich bei jedem Schritt klar, warum “ ⇐⇒ ” gilt. 2

Es kann durchaus sein, dass A · x = b mehrere Losungen hat. Es gilt

Satz 4.6.8 : Fur A ∈ M(m × n,K) und b ∈ Km sind folgende Aussagengleichbedeutend:

(i) A · x = b ist eindeutig losbar.

(ii) RgA = Rg (A, b) = n .

Beweis : (i) =⇒ (ii) : A ·x = b sei eindeutig losbar, dann ist A ·x = blosbar, und nach Satz 4.6.7 folgt

RgA = Rg (A, b) .

Fur die Losungsmenge von A · x = b gilt nach Satz 4.6.3 :

145

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Los (A, b) = a+ ker fA ,

wobei a eine feste Losung ist. Da A · x = b eindeutig losbar ist, istker fA = {0} , also dim ker fA = 0 , dim Los(A, 0) = 0 , alsonach Satz 4.6.5 : n− RgA = 0 , also n = RgA .

(ii) =⇒ (i) : Es gelte RgA = Rg (A, b) = n . Wegen RgA = Rg (A, b)folgt nach Satz 4.6.7 : A · x = b ist losbar, und nach Satz 4.6.3:

Los (A, b) = a+ ker fA ,

wobei a eine Losung ist, und nach Satz 4.6.5:dim ker fA = dim Los(A, 0) = n− RgA = 0 , also

ker fA = {0} , Los (A, b) = {a} .

2

- Wie kann man nun ein lineares Gleichungssystem A · x = b praktischlosen? Man bringt dazu die erweiterte Matrix (A, b) durch elementare Zei-lenumformungen auf Zeilenstufenform (B, c) und lost dann

B · x = c ,was, wie wir sehen werden, ganz einfach ist. Zunachst

Hilfssatz 4.6.9 : Wird aus der m × (n + 1)−Matrix (A, b) durch endlichviele elementare Zeilenumformungen die Matrix (B, c) , so gilt

Los (A, b) = Los(B, c) ,

d.h. an der Losungsmenge andert sich nichts.Beweis : Beim Beweis von Hilfssatz 4.5.10 haben wir gesehen, dass manelementare Zeilemformungen einer Matrix A durch Multiplikation von linksmit Matrizen aus GL(m,K) erhalt : Aus A ∈M(m× n,K) wird

F1 · F2 · . . . · Fr · A mit r ∈ N0 und F1, . . . , Fr ∈ GL(m,K) .

Da GL(m,K) eine Gruppe ist, ist auch

F :=r∏j=1

Fj ∈ GL(m,K) ,

und durch elementare Zeilenumformungen wird aus (A, b) also die MatrixF · (A, b) . Nun gilt fur x ∈ Kn :

A · x = b ⇐⇒ F · A · x = F · b , ,

wobei man fur “⇐= ” braucht, dass F invertierbar ist. Also ist

Los (A, b) = Los(F · A,F · b) = Los(B, c) . 2

Warnung : Fur elementare Spaltenumformungen an (A, b) gilt 4.6.9 nicht.

Sie andern zwar den Rang von (A, b) nicht, wohl aber die Losungsmengevon A · x = b . 2

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(4.6.10) Gaußsches Eliminationsverfahren : Gegeben sei ein lineares

Gleichungssystem

A · x = b mit A ∈M(m× n,K) , b ∈ Km gegeben,und x ∈ Kn gesucht.

Dann schreibt man sich die erweiterte Koeffizientenmatrix (A, b) auf undbringt sie, wie in Satz 4.5.12 beschrieben, durch endlich viele elementare Zei-lenumformungen auf Zeilenstufenform (B, c) , und nach Hilfssatz 4.6.9 sinddie Losungen von

B · x = c genau die Losungen von A · x = b ,

und es gilt nach Hilfssatz 4.5.10 :

RgA = RgB und Rg (A, b) = Rg(B, c) .

Die Matrix (B, c) hat die Form

| b1j1 | c1| |

| b2j2 ∗ | ...| |

. . . | ...0 | brjr | cr

| || cr+1

|| 0

und daraus kann man alles ablesen, was man wissen mochte:

a) Ist cr+1 6= 0 , so ist RgB = r , Rg(B, c) = r + 1 , also ist das Systemnach Satz 4.6.7 nicht losbar.

b) Ist cr+1 = 0 , so ist

RgB = Rg(B, c) = r ,

das System ist also losbar, und eindeutig losbar, wenn auch noch

r = n = Anzahl der Unbekannten ist. Die Losungen erhalt manfolgendermaßen: Fur die Unbekannten

xj , j /∈ {j1 , . . . , jr}kann man beliebige Werte aus K einsetzen. Die Unbekannten

xj1 , . . . , xjr erhalt man in Abhangigkeit von diesen Unbekannten,

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wenn man die Gleichungen

brjr xjr + . . . = cr...

...b1j1 xj1 + . . . = c1

in dieser Reihenfolge nach xjr , . . . , xj1 auflost. Man sieht das am besten anBeispielen.

Beispiele 4.6.11 : 1) Gegeben sei das lineare Gleichungssystem

x1 + 2x2 − x3 + 4x5 = 2x1 + 4x2 − 5x3 + x4 + 3x5 = 1

3x1 + 2x2 + 5x3 + 2x4 + 2x5 = 122x1 − 2x2 + 10x3 + 4x4 − x5 = 112x1 + 6x2 − 6x3 + x4 + 7x5 = 3

Die erweiterte Matrix1 1 −1 0 4 | 21 4 −5 1 3 | 13 2 5 2 2 | 122 −2 10 4 −1 | 112 6 −6 1 7 | 3

bringen wir, wie im Beweis von Satz 4.5.12 beschrieben, auf Zeilenstufenform:

(A′, b′) =

1 2 −1 0 4 | 20 2 −4 1 −1 | −10 −4 8 2 −10 | 60 −6 12 4 −9 | 70 2 −4 1 −1 | −1

,

(A′′, b′′) =

1 2 −1 0 4 | 20 2 −4 1 −1 | −10 0 0 4 −12 | 40 0 0 7 −12 | 40 0 0 0 0 | 0

,

(A′′′, b′′′) =

1 2 −1 0 4 | 20 2 −4 1 −1 | −10 0 0 4 −12 | 40 0 0 0 9 | −30 0 0 0 0 | 0

.

148

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Wir sehen: RgA′′′ = Rg(A′′′, b′′′) = 4 6= 5 , das System ist also losbar, abernicht eindeutig losbar. Wir wahlen

x3 ∈ R beliebig und erhalten damit

9x5 = −3 , also x5 = −1

3,

4x4 − 12x5 = 4 , also x4 = 1 + 3x5 = 0 ,

2x2−4x3+x4−x5 = −1 , also x2 = 2x3−1

2−0−1

2·13

= 2x3 −2

3,

x1+2x2−x3+4x5 = 2 , also x1 = 2−4x3+4

3+x3+

4

3=

14

3− 3x3 .

2) x1 + 2x2 − x3 = 1 ,2x1 − x2 + x3 = 2 ,−x1 + 3x2 − 2x3 = 1 .

Die erweiterte Matrix ist

(A, b) =

1 2 −1 | 12 −1 1 | 2−1 3 −2 | 1

,

wir bringen sie auf Zeilenstufenform:

(A′, b′) =

1 2 −1 | 10 −5 3 | 00 5 −3 | 2

,

(A′′, b′′) =

1 2 −1 | 10 −5 3 | 00 0 0 | 2

.

Wir sehen: Es war

RgA = 2 , aber Rg (A, b) = 3 ,das System ist also nicht losbar. 2

Fur das nachste Rechenverfahren brauchen wir

Satz 4.6.12 : Sei n ∈ N und K ein Korper. Dann sind fur eine MatrixA ∈M(n× n,K) die folgenden Aussagen gleichbedeutend:

(i) A ∈ GL(n,K) ,(ii) Rg A = n ,(iii) fA : Kn −→ Kn , fA(x) := A · x ist ein Isomorphismus.

Beweis : Sei K := (e1, . . . , en) die kanonische Basis des Kn (als Spalten-vektoren geschrieben), dann ist

A = MKK (fA) .

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(i) =⇒ (ii) : Ist A ∈ GL(n,K) , so gilt

RgA = ZRg(A) = ZRg(A · En)4.5.7

= ZRg(En) = n .

(ii) =⇒ (iii) : Wenn (ii) gilt, haben wir

n = RgA = dim span(a1, . . . , an) =

dim span(fA(e1), . . . , fA(en)) = dim fA(Kn) ,

also fA(Kn) = Kn , also ist fA surjektiv. Nach der Dimensionsformel (4.3.13)ist dim ker fA = 0 , also ist fA injektiv. Also ist fA ein Isomorphismus.(iii) =⇒ (i) : Ist fA ein Isomorphismus, so ist fA bijektiv, wir haben alsodie Umkehrfunktion G : Kn −→ Kn , die, wie wir nachrechnen konnen,wiederum K−linear ist. Aus

fA ◦G = G ◦ fA = idKn

folgt nach (4.4.15) :

MKK (fA) · MK

K (G) = MKK (G) · MK

K (fA) = MKK ( idKn) ,

also fur B := MKK (G) :

A ·B = B · A = En ,

also A ∈ GL(n,K) . 2

Anwendung 4.6.13 : Man kann das Gaußsche Eliminationsverfahren an-wenden, um mit geringem Rechenaufwand das Inverse einer Matrix

A ∈ M(n× n,K)

auszurechnen, und man sieht bei der Rechnung auch, ob es existiert : Dieinverse Matrix

B = (bkj) := A−1 ,

erfullt, falls sie existiert, die Gleichung A ·B = En , also

∀ k, j ∈ n :n∑l=1

akl · blj = δkj =

{1 fur k = j0 fur k 6= j

.

Das sind n2 lineare Gleichungen mit den n2 Unbekannten bkj , aber manmuss erfreulicherweise nicht alle diese Gleichungen hinschreiben: Fur jedesfeste j ∈ n hat man n Gleichungen mit n Unbekannten b1j, . . . , bnj :

n∑l=1

akl · blj = δkj , also

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A · bj = ej

mit dem unbekannten Spaltenvektor bj . Die einfache Matrix A ist fur allej ∈ n dieselbe, nur die “rechte Seite” hangt von j ab. Wir losen nun diesen Gleichungssysteme (mit jeweils n Gleichungen mit n Unbekannten) da-durch, dass wir alle “rechten Seiten”, also die Spaltenvektoren ej , auf einmalrechts neben die Matrix A schreiben, das ergibt die Matrix a11 . . . a1n | 1 0

...... | . . .

an1 . . . ann | 0 1

= (A | En) ,

und mit allen rechten Seiten gleichzeitig, also mit En , die elementarenZeilenumformungen ausfuhren. Wir kommen dann zunachst auf eine Matrixder Form

(A′ | C ′ ) .

Hat dieses A′ nun weniger als n Stufen, so war

RgA = Rg A′ < n

und nach Satz 4.6.12 ist A nicht invertierbar, wir brauchen also nicht weiterzu rechnen. Hat man n Stufen, so ist

A′ =

| a′11 ∗|

| a′22|

. . .

0 | a′nn|

, mit a′11, . . . , a

′nn 6= 0 ,

und man fuhrt weitere elementare Zeilenumformungen an (A′ | C ′) aus:Man dividiert die k−te Zeile durch a′kk , fur k = 1, . . . , n, und addiert dann,beginnend mit der letzten Zeile, passende Vielfache jeder Zeile zu den vor-hergehenden, so dass man auch oberhalb der Diagonale nur noch Nullen hat.Insgesamt hat man dann die Matrix

(En | C ) ,

und wenn man sich nun wieder die einzelnen Gleichungssysteme ansieht, sosteht da

En · bj = cj fur j = 1, . . . , n,

151

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fur die “unbekannten” Vektoren bj . Also gilt

cj = bj , C = B ,

die rechts stehende Matrix ist also die Inverse von A :

(En | A−1) .

2

4.7 Summen von Vektorraumen

Definition und Satz 4.7.1 : Sei K ein Korper, n ∈ N , und fur jedesj ∈ n sei Vj ein K−Vektorraum. Dann ist nach Definition 1.0.16 dascartesische Produkt ∏

j∈n

Vj := V1 × V2 × . . . × Vn

definiert. Diese Menge wird ein K−Vektorraum, wenn man fur

(v1, . . . , vn) , (w1, . . . , wn) ∈∏j∈n

Vj und λ ∈ K definiert :

(v1, . . . , vn) + (w1, . . . , wn) := (v1 + w1, . . . , vn + wn) ,

λ(v1, . . . , vn) := (λv1, . . . , λvn) .

Dieser K−Vektorraum heißt das außere direkte Produkt von V1 , . . . , Vn .Sind V1 , . . . , Vn endlichdimensional,

dimVj = kj fur j ∈ n ,

so ist auch∏j∈n

Vj endlichdimensional,

dimK

∏j∈n

Vj = k1 + . . .+ kn .

Beweis : Dass fur∏j∈n

Vj die Vektorraum-Axiome gelten, kann man nach-

rechnen. Hat man dimK Vj = kj ∈ N0 fur j ∈ n , so hat man fur jedesj ∈ n Basen

(b(j)1 , . . . , b

(j)kj

) von Vj , und man sieht, dass

((b(1)1 , 0, . . . , 0) , . . . , (b

(1)k1, 0, . . . , 0) , (0, b

(2)1 , 0, . . . , 0) , . . . , (0, b

(2)k2, 0, . . . , 0) ,

152

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. . . , (0, . . . , 0, b(n)1 ) , . . . , (0, . . . , 0, b

(n)kn

))

eine Basis von∏j∈n

Vj ist.

2

- Meistens benutzt man diese Konstruktion fur n = 2 . Aber man kanndiese Konstruktion sogar fur beliebig (moglicherweise unendlich) viele Vek-torraume machen :

Definition und Satz 4.7.2 : Sei I eine nichtleere Menge, K ein Korper,und fur jedes j ∈ I sei Vj ein K−Vektorraum. Dann setzt man

∏j∈I

Vj :=

{(vj)j∈I ∈ F(I,

⋃j∈I

Vj)

∣∣∣∣∣ ∀ j ∈ I : vj ∈ Vj

},

man nimmt also die Menge aller Familien (vj)j∈I , bei denen vj ∈ Vj furjedes j ∈ I gilt, und definiert

fur (vj)j∈I , (wj)j∈I und λ ∈ K :

(vj)j∈I + (wj)j∈I := (vj + wj)j∈I ,

λ (vj)j∈I := (λ vj)j∈I ,

dann wird∏j∈I

Vj ein K−Vektorraum, den man das außere direkte

Produkt der Vektorraume Vj , j ∈ I , nennt. Man hat darin den Untervek-torraum⊕

j∈I

Vj :=

{(vj)j∈I ∈

∏j∈I

Vj

∣∣∣∣∣ ∀′ j ∈ I : vj = 0

},

also die Menge der Familien, bei denen fast alle Komponenten Null sind.⊕j∈I

Vj heißt die außere direkte Summe der Vj , j ∈ I , und fur eine

endliche Indexmenge I ist⊕j∈I

Vj =∏j∈I

Vj ,

es ist dann also egal, ob man von der außeren direkten Summe oder demaußeren direkten Produkt spricht.Der Beweis dieser Aussagen ist leicht.

2

153

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(4.7.3) Beachte hierbei, dass die Vj beliebige K−Vektorraume sind. Sie

konnen ganz verschieden sein. Es kann aber auch V1 = V2 =: V und I ={1, 2} gelten, dann hat man

V1 × V2 =⊕j∈2

Vj = V × V ,

und wenn dimV = n ist, ist

dim(V × V ) = 2n .

Soweit war alles ganz einfach. Etwas verwirrend wird die Situation dadurch,dass man noch eine andere Konstruktion hat:

Definition 4.7.4 : Sei V ein K−Vektorraum, r ∈ N und W1, . . . ,Wr seienUntervektorraume von V . Dann setzt man

r∑j=1

Wj := W1 + . . .+Wr

:= { v ∈ V | ∀ j ∈ r ∃wj ∈ Wj : v = w1 + . . .+ wr }= { w1 + . . .+ wr | ∀ j ∈ r : wj ∈ Wj } .

Satz und Definition 4.7.5 : Sei V ein K−Vektorraum, r ∈ N , und

W1 , . . . , Wr seien Untervektorraume von V .

Dann sind folgende Aussagen gleichbedeutend :

(1) Zu jedem w ∈r∑j=1

Wj gibt es ein eindeutig bestimmtes r−tupel

(w1, . . . , wr) ∈ W1 × . . .×Wr mit

w = w1 + . . .+ wr .

(2) Fur jedes j ∈ r sei wj ∈ Wj , und es sei w1 + . . .+ wr = 0 , dannfolgt:

∀ j ∈ r : wj = 0 .

(3) Fur alle k ∈ r ist Wk ∩∑

j∈r\{k}

Wj = {0} .

Falls eine dieser drei Aussagen erfullt ist (und damit alle drei Aussagen gel-

ten) , nennen wir W :=r∑j=1

Wj die innere direkte Summe der Wj und

schreiben

W = W1 ⊕W2 ⊕ . . .⊕Wr =r⊕j=1

Wj .

154

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Beweis : (1) =⇒ (2) ist trivial: Wenn sich jeder Vektor w ∈r∑j=1

Wj

eindeutig als w = w1 + . . .+wr mit wj ∈ Wj darstellen laßt, dann auch 0 .

(2) =⇒ (3) : Sei w ∈ Wk ∩∑

j∈r\{k}

Wj , dann gibt es zu jedem

j ∈ r \ {k} ein wj ∈ Wj mit

w =∑

j∈r\{k}

wj , und es ist wk := −w ∈ Wk , also

0 =r∑j=1

wj mit wj ∈ Wj fur alle j ∈ r .

Nach (2) folgt daraus

∀ j ∈ r : wj = 0 , insbesondere

w = −wk = 0 .

(3) =⇒ (1) : Sei w ∈r∑j=1

Wj , dann gibt es w1, . . . , wr mit

w =r∑j=1

wj und ∀ j ∈ r : wj ∈ Wj . Sei auch

w =r∑j=1

vj mit ∀ j ∈ r : vj ∈ Wj ,

dann gilt fur jedes k ∈ r :

vk − wk =∑

j∈r\{k}

(wj − vj) ∈

∑j∈r\{k}

Wj

∩Wk ,

und nach (3) : vk − wk = 0 , also

∀ k ∈ r : vk = wk .

2

Bemerkung 4.7.6 : Sei V ein K−Vektorraum, r ∈ N , und seien

W1, . . . ,Wr Untervektorraume von V , fur die die Aussage

155

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(3) Fur alle k ∈ r ist Wk ∩∑

j∈r\{k}

Wj = {0}

gilt, dann hat man also die innere direkte Summer∑j=1

Wj . Man kann aber

auch die Vektorraume Wj nehmen und gemaß Definition 4.7.1 deren auße-

res direktes Produkt∏j∈r

Wj bilden (das wir in 4.7.2 auch als außere direkte

Summe bezeichnet hatten). Erfreulicherweise gibt es keine Verwechslungsge-fahr, denn innere und außere direkte Summe sind in diesem Fall isomorph.Genauer: Sei

ϕ :∏j∈r

Wj︸ ︷︷ ︸ −→r⊕j=1

Wj︸ ︷︷ ︸ , (w1, . . . , wr) 7−→ w1 + . . .+ wr ,

außere , innere direkte Summedann ist ϕ ein Isomorphismus.

Beweis : Seien (v1, . . . , vr) , (w1, . . . , wr) ∈∏j∈r

Wj und λ ∈ K , dann

giltϕ((v1, . . . , vr) + (w1, . . . , wr)) = ϕ(v1 + w1, . . . , vr + wr)

= v1 + w1 + . . .+ vr + wr = v1 + . . .+ vr + w1 + . . .+ wr

= ϕ(v1, . . . , vr) + ϕ(w1, . . . , wr) ,

ϕ(λ(v1, . . . , vr)) = ϕ(λv1, . . . , λvr) = λv1 + . . .+ λvr

= λ(v1 + . . .+ vr) = λϕ(v1, . . . , vr) ,

also: ϕ ist K−linear. ϕ ist surjektiv, denn

r⊕j=1

Wj = { w1 + . . .+ wr | ∀ j ∈ r : wj ∈ Wj }

= { ϕ(w1, . . . , wr) | ∀j ∈ r : wj ∈ Wj } = ϕ

(r∏j=1

Wj

).

Und: ϕ ist injektiv, denn sei (w1, . . . , wr) ∈ ker ϕ , dann ist

w1 + . . . + wr = 0 .

Es gilt die Aussage (3), also auch die Aussage (2), von Satz 4.7.5, also

∀ j ∈ r : wj = 0 , also (w1, . . . , wr) = (0, 0, . . . , 0) .

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2

Folgerung 4.7.7 : Außere und innere direkte Summe von VektorraumenW1 , . . . , Wr (wobei man die innere direkte Summe nur bilden kann, wennalle Wj , j ∈ r , Unter-Vektorraume eines Vektorraums V sind), sind zwarnicht gleich, aber isomorph.

2

4.8 Anwendung: Korpererweiterungen

Bemerkung 4.8.1 : Sei (K,+, ·) ein Korper. Dann suchen wir zunachst den

“kleinsten” in K enthaltenen Korper, den wir P (K) nennen, d.h. den KorperP (K) , fur den fur jeden Unterkorper U von K gilt:

P (K) ⊂ U ⊂ K .

P (K) heißt der Primkorper von K . P (K) ist dann ein Unterring von(K,+, ·) , und wenn wir das Einselement von K mal mit 1K bezeichnen, gilt

1K ∈ P (K) .

Da (K,+) eine abelsche Gruppe ist, folgt mit Induktion

∀n ∈ N0 : n 1K ∈ P (K)

und da auch das Negative dazugehort,

∀n ∈ Z : n 1K ∈ P (K) .

n 1k bezeichnet dabei stets das n−fache von 1K . Also ist

UK := { n 1K | n ∈ Z }

eine Teilmenge von K, sogar ein Untering. Man braucht dazu die Potenzre-geln 2.1.6 (umgeschrieben fur die Vielfachen von 1K), und die Regel (∗) ausdem Beweis von Satz 3.2.16. Die Abbildung

ϕ : Z −→ UK , n 7→ n 1K

ist dann ein surjektiver Ring-Homomorphismus. In Def. und Satz 3.2.16 hat-ten wir nun die Charakteristik von K definiert, und das ergibt fur P (K) zweiMoglichkeiten:

(1.) char K = p , p eine Primzahl: Dann ist

p 1K = 0 ,

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p ist die kleinste naturliche Zahl n mit n 1K = 0 , und wir haben

ker ϕ = (p) .

Nach dem Homomorphiesatz fur Ringe (3.1.11) haben wir genau einen Ring-Isomorphismus

ι : Z/ ker ϕ −→ UK mit ι(a+ ker ϕ) = ϕ(a) fur a ∈ Z , also

ι : Z/(p) −→ UK , a+ (p) 7→ a 1K .

Da Z/(p) ein Korper ist, ist auch UK ein Korper: Das Inverse eines Elements

x ∈ UK \ {0} ist

x−1 = ι((ι−1(x))−1) mit (ι−1(x))−1 ∈ Z/(p) .

Es ist also P (K) = UK und damit

P (K) ∼= Z/(p) .

(2.) char K = 0. Dann sind alle Elemente aus UK verschieden, denn wareetwa

n 1k = m 1k mit n,m ∈ Z , n < m ,

dann ware m− n ∈ N, die Menge

{ k ∈ N | k 1K = 0 }

ware nichtleer, Widerspruch zu char K = 0. Die Abbildung ϕ ist nur einIsomorphismus von Ringen, UK ist kein Korper. In P (K) liegen aber auchdie Inversen der Elemente von UK \ {0}, wir setzen

BK :={

(n 1K) · (m 1K)−1∣∣ n,m ∈ Z ∧ m 6= 0

},

dann ist BK ⊂ P (K) und

ψ : Q −→ BK ,n

m7→ (n 1K) · (m 1k)

−1

ist ein Ring-Isomorphismus. Dazu mussen wir nur zeigen, dass ψ wohldefiniertist: Seien n, n′ ∈ Z , m,m′ ∈ Z \ {0}, dann gilt

n

m=

n′

m′=⇒ n·m′ = m·n′ =⇒ (n 1K)·(m′ 1K) = (m 1K)·(n′ 1K)

=⇒ (n 1K) · (m 1K)−1 = (n′ 1K) · (m′ 1K)−1 ,

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die Homomorphiebedingungen (RH1) - (RH3) sind offensichtlich erfullt. DaQ ein Korper ist, ist es auch BK und damit

P (K) = BK∼= Q .

2

Folgerung 4.8.2 : Fur einen beliebigen Korper K haben wir also den

Unterkorper P (K), und nach Folgerung 4.1.3 ist K ein P (K)−Vektorraum,wir haben also

dimP (K) K ∈ N oder dimP (K) K = ∞ .

Allgemein mit Korpererweiterungen beschaftigt man sich in der Algebra. Hiernur einigeBeispiele 4.8.3 :(1) Sei K ein endlicher Korper. Dann ist auch P (K)

endlich, also existieren eine Primzahl p mit P (K) ∼= Z/(p) und ein n ∈ Nmit dimP (K) K = n. Man kann dann nachzahlen:

#(K) = pn .

Korper mit 6 Elementen braucht man also gar nicht erst zu suchen.(2) Der Primkorper von R und C ist also Q. Es ist

dimQ R = ∞ .

Zum Beweis kann man zeigen, dass die Familie (√p)p∈P eine linear unabhangi-

ge Familie ist, oder auch: Q ist abzahlbar, d.h. es gibt eine bijektive Abbil-dung von Z auf Q, aber fur R gilt das nicht. Das gehort aber in die Analysis.(3) Schreibt man die komplexen Zahlen z als a+ i · b mit a, b ∈ R , so sinda und b eindeutig bestimmt. Daher ist (1, i) eine Basis des R−VektorraumsC,

dimR C = 2 .

Daraus sieht man, dass es keinen Korper K mit R⊂6= K

⊂6= C gibt, weil es

keine Zahl n ∈ N mit 1 < n < 2 gibt.(4) Fur einen beliebigen Koper K und den Korper K(X) der rationalenFunktionen mit Koeffizienten aus K gilt

dimK K(X) = ∞ .

(5) Es gibt beliebig viele Korper K mit Q⊂6= K

⊂6= R oder Q

⊂6= K

⊂6= C.

Dazu gehoren

159

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Q(√

2) :={a+ b ·

√2∣∣ a, b ∈ Q

},

Q(√−3) :=

{a+ b · i ·

√3∣∣ a, b ∈ Q

}, auch

Q(i) := { a+ b · i | a, b ∈ Q } .Mit solchen Korpern und Unterringen davon beschaftigt man sich in derZahlentheorie.(6) Es gibt keinen Korper K mit

C⊂6= K und dimC K = n ∈ N .

Angenommen, es gibt doch so einen Korper K, dann haben wir ein a ∈ K\C.Die Familie

(a0, a1, . . . , an)

ist dann eine linear abhangige Familie im C−Vektorraum K, da sie aus n+1Elementen besteht. Es gibt dann

α0, . . . , αn ∈ C mit (α0, . . . , αn) 6= 0 undn∑j=0

αjaj = 0 ,

also ein Polynom

f(X) :=n∑j=0

αj ·Xj ∈ C[X] \ {0} mit f(a) = 0 .

Man hat dann k := deg f(X) , 0 ≤ k ≤ n, und nach dem Fundamentalsatzder Algebra (3.5.13) :

∃ c, b1, . . . , bk ∈ C : f(X) = c ·k∏j=1

(X − bj) .

Wegen f(a) = 0 folgt daraus

a ∈ {b1, . . . , bk} ⊂ C , Widerspruch.

Sie sehen also, dass man Satze und Methoden der Linearen Algebra in an-deren Gebieten der Mathematik, insbesondere der Algebra und der Zahlen-theorie, braucht !

4.9 Die Algebra der n× n-Matrizen, Quaternionen

Bemerkung 4.9.1 : Sei n ∈ N und K rin Korper. Nach Bemerkung 4.4.5

160

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hat man eine Addition

+ : M(n×n,K)×M(n×n,K) −→ M(n×n,K) , ((akj), (bkj)) 7→ (akj+bkj)

und eine außere Operation ω,

ω : K ×M(n× n,K) −→ M(n× n,K) , (λ, (akj)) 7→ (λ · akj) ,

so dass (M(n × n,K),+, ω) ein K−Vektorraum ist. Nach Definition 4.4.9haben wir in M(n × n,K) auch noch eine Multiplikation · , und damit ist(M(n× n,K),+, ·) nach Satz 4.4.13 ein Ring. Die Regel

(L) ∀λ ∈ K ∀A,B ∈M(n×n,K) : λ(A·B) = (λA)·B = A·(λB)

kann man nachrechnen. Man sagt: (M(n×n,K),+, ·, ω) ist eine K−Algebra:

Defnition 4.9.2 : Sei K ein Korper. A sei eine Menge mit zwei Verknupfun-gen +, · und einer außeren Operation ω von K auf A, so dass gilt

(R) (A,+, ·) ist ein Ring.

(V) (A,+, ω) ist ein K−Vektorraum.

(L) ∀λ ∈ K ∀a, b ∈ A : λ(a · b) = (λa) · b = a · (λb) ,

dann heißt (A,+, ·, ω) (kurz: A) eine K−Algebra (Plural : K−Algebren).

2

Bemerkung 4.9.3 : Wir wollen die K−Algebra M(n×n,K) etwas genauer

untersuchen. Nach Bemerkung 4.4.3 ist die Familie (Ejk)(j,k)∈n×n , wobei Ejkdie Matrix ist, die am Schnittpunkt der j−ten Zeile mit der k−ten Spaltedie 1 aus K hat und sonst nur Nullen, eine Basis des K−VektorraumsM(n× n,K). Fur jedes A = (ajk) ∈M(n× n,K) gilt also

A =n∑

j,k=1

ajk Ejk .

Die Matrizen-Multiplikation wird nun sehr einfach, wenn man die Regel 4.4.7(1) fur die Multiplikation der Basiselemente verwendet: Es war

Ejk · Ers = δkrEjs fur j, k, r, s ∈ n, mit

δkr =

{1 fur k = r0 fur k 6= r

.

Definition und Satz 4.9.4 : Sei (R,+, ·) ein Ring. Dann heißt

Z(R) := { a ∈ R | ∀ r ∈ R : a · r = r · a }

161

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das Zentrum von R. Z(R) ist ein Unterring von R.Beweis : Sei 1 das Einselement von R. Dann ist 1 ∈ Z(R), also Z(R) 6= ∅.Fur alle a, b ∈ Z(R) und alle r ∈ R gilt

(a− b) · r = a · r − b · r = r · a− r · b = r · (a− b) und

(a · b) · r = a · (b · r) = a · (r · b) = (a · r) · b = (r · a) · b = r · (a · b) ,

also a− b ∈ Z(R), a · b ∈ Z(R).

2

Wie sieht nun das Zentrum des Ringes M(n× n,K) aus? Es zeigt sich, dassnur die Matrizen dazu gehoren, von denen man das sowieso erwartet:

Satz 4.9.5 : Sei K ein Korper, n ∈ N. Dann ist

Z(M(n× n,K)) = K En := { λEN | λ ∈ K } .

Beweis : Fur n = 1 ist das klar, da (M(1× 1), ·) kommutativ ist undM(1× 1, K) = K E1 ist.Sei nun n ≥ 2, und seien s, t ∈ n zwei Indizes mit s 6= t. SeiA = (ajk)(j,k)∈n×n ∈ Z(M(n× n,K)). Wir haben nach 4.4.3 :

A =n∑j=1

n∑k=1

ajk Ejk .

Dann gilt

Est · A = A · Est ,

Est ·n∑j=1

n∑k=1

ajk Ejk =n∑j=1

n∑k=1

ajk Ejk · Est ,

n∑j=1

n∑k=1

ajk Est · Ejk =n∑j=1

n∑k=1

ajk Ejk · Est ,

und nach der Multiplikationsregel in 4.4.7 :

n∑j=1

n∑k=1

ajk δtjEsk =n∑j=1

n∑k=1

ajk δksEjt .

162

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Links enthalt die Summe uber j hochstens einen Summanden ungleich 0,namlich den mit j = t . Rechts enthalt die Summe uber k hochstens einenSummanden ungleich 0, namlich den mit k = s. Wir erhalten

n∑k=1

atk Esk =n∑j=1

ajsEjt ,

(∗)n∑k=1

atk Esk −n∑j=1

ajsEjt = 0 .

Nun ist die Familie (Ejk)(j,k)∈n×n linear unabhangig. Wir sehen daher aus derGleichung (∗):(1.) Fur k 6= t ist atk = 0, da Esk in der zweiten Summe nicht vorkommt,ebenso: ajs = 0 fur j 6= s. Jedenfalls ist A eine Matrix mit 0 außerhalb derDiagonale.(2.) Die Gleichung (∗) vereinfacht sich also zu

attEst = assEst ,

A ist also eine Diagonalmatrix, bei der alle Diagonalelemente gleich sind,etwa att =: λ ∈ K ,

A = λEn ∈ K En , also Z(M(n× n,K)) ⊂ K En .

Dass K En ⊂ Z(M(n × n,K)) gilt, sieht man mit Regel (L) und der Tat-sache En ∈ Z(M(n× n,K)).

2

In 3.1.8 haben wir gelernt, was das Ideal eines Ringes ist, hier haben wir den

Satz 4.9.6 : Sei K ein Korper, n ∈ N . Dann enthalt (M(n× n,K),+, ·)nur die Ideale {0} und M(n× n,K).Beweis : Sei I ein Ideal in M(n×n,K). Es kann I = {0} sein. Anderenfalls

enthalt I eine Matrix

A =n∑j=1

n∑k=1

ajk Ejk ,

in der nicht alle ajk = 0 sind. Seien etwa s, t ∈ n mit ast 6= 0. Da I ein Idealist, enthalt I mit A auch

Ess · A =n∑j=1

n∑k=1

ajk Ess · Ejk =n∑j=1

n∑k=1

ajk δsjEsk =n∑k=1

ask Esk ,

163

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und I enthalt auch

Ess · A · Ett =n∑k=1

ask Esk · Ett =n∑k=1

ask δktEst = astEst ,

und auch

((ast)−1En) · Ess · A · Ett = (ast)

−1 · astEst = Est ,

fur dieses feste Paar (s, t). Sei nun aber j ∈ n beliebig, dann enthalt I auch

(Ejs · Est) · Etj = Ejt · Etj = Ejj

und damit auchn∑j=1

Ejj = En . Fur eine beliebige Matrix B ∈M(n× n,K)

enthalt I dann auch B = B · En. Also ist I = M(n× n,K).

2

Satz und Definition 4.9.7 : In M(2× 2,C) sei

H :=

{ (u v−v u

) ∣∣∣∣ u, v ∈ C}

,

wobei u das Konjugiert-Komplexe von u bezeichnet. Dann gilt:

a) H ist ein Unterring von (M(2× 2,C),+, ·), mit Einselement E2.

b) Wegen R ⊂ C ist ω(α,A) := αA fur α ∈ R und A ∈ H definiert,und H wird auf diese Weise ein R−Vektorraum. Eine Basis diesesR−Vektorraums ist (E2, I, J,K) mit

I :=

(i 00 −i

), J :=

(0 1−1 0

), K :=

(0 ii 0

).

Fur die Produkte gilt

I · J = −J · I = K , J ·K = −K · J = I , K · I = −I ·K = J ,

I · I = J · J = K ·K = −E2 .

H ist eine R−Algebra.

c) Jedes Element aus H \ {0} besitzt bezuglich · ein Inverses.

164

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d) Die Abbildung

ϕ : C −→ H , u 7→(u 00 u

)ist ein injektiver Ringhomomorphismus. ϕ ist R−linear, aber nichtC−linear.

(H,+, ·, ω) heißt die Algebra der ( Hamiltonschen )Quaternionen .

Beweis : a) Es ist H ⊂M(2× 2,C),

H 6= ∅ wegen

(0 00 0

)∈ H . Seien

(u v−v u

),

(x y−y x

)∈ H ,

also u, v, x, y ∈ C. Dann gilt(u, v−v, u

)−(

x, y−y, x

)=

(u− x, v − y−v + y, u− x

)

=

(u− x, v − y−(v − y), u− x

)∈ H ,(

u, v−v, u

)·(

x, y−y, x

)=

(u · x− v · y, u · y + v · x−v · x− u · y, −v · y + u · x

)=

(u · x− v · y, u · y + v · x−(u · y + v · x), (u · x− v · y)

)∈ H ,

E2 =

(1 00 1

)=

(1 0−0 1

)∈ H .

b) Sei

(u v−v u

)∈ H , dann gibt es eindeutig bestimmte a, b, c, d ∈ R mit

u = a+ ib , v = c+ id , also(u v−v u

)=

(a+ ib c+ id−c+ id a− ib

)= aE2 + bI + cJ + dK .

Also ist (E2, I, J,K) eine Basis von H als R−Vektorraum. Die Produkte derBasiselemente rechnen wir hier nicht alle aus, vielleicht ein Beispiel:

I · J =

(i 00 −i

)·(

0 1−1 0

)= K = −J · I .

165

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Dass H die Algebra-Bedingung (L) erfullt, folgt daraus, dass M(2 × 2,C)eine C−Algebra ist.

c) Sei q :=

(u v−v u

)6=(

0 00 0

), dann ist

N(q) := u · u− v · (−v) = u · u+ v · v = |u|2 + |v|2 ∈ R∗+ .

Also ist

1

N(q)

(u −vv u

)=

1

N(q)

(u −v

−(−v) u

)∈ H ,

wobei wir auch noch benutzt haben, dass H ein R−Vektorraum ist. Es gilt(u v−v u

)· 1

N(q)

(u −vv u

)=

1

N(q)

(u · u+ v · v −u · v + v · u−v · u+ v · u v · v + u · u

)

=1

N(q)

(N(q) 0

0 N(q)

)= E2

und ebenso1

N(q)

(u −vv u

)·(

u v−v u

)= E2 .

Wir haben also

q−1 =1

N(q)

(u −vv u

)fur q =

(u v−v u

).

d) Schreiben wir zur Abkurzung+· fur + oder ·, so gilt fur u, x ∈ C:

ϕ(u+· x) =

(u

+· x 0

0 u+· x

)=

(u 00 u

)+·(x 00 x

)= ϕ(u)

+· ϕ(x) ,

und es gilt

ϕ(1) =

(1 00 1

)= E2 ,

ϕ ist also ein Ring-Homomorphismus, und injektiv wegen

ker ϕ = { u ∈ C | ϕ(u) = 0 }

=

{u ∈ C

∣∣ ( u 00 u

)=

(0 00 0

)}= {0} .

166

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ϕ ist R− linear, denn fur λ ∈ R , u ∈ C gilt

ϕ(λu) =

(λu 0

0 λu

)=

(λu 00 λu

)= λ

(u 00 u

)= λϕ(u) .

Fur λ ∈ C gilt das zweite Gleichheitszeichen im Allgemeinen nicht!

Bemerkung 4.9.8 : H erfullt also alle Korperaxiome, bis auf die Kommuta-

tivitat von · , was man an den Produkten der Basiselemente sieht. Mannennt H deshalb auch einen Schiefkorper . Wegen (4.9.7) (d) kann man Cals Unterring von H auffassen. Aber H ist kein C−Vektorraum, und Korper

K mit C⊂6= K und dimCK ∈ N gibt es ja nach 4.8.3 (6) nicht !

(4.10) Aufgaben

(4.1) a) C ist ein R-Vektorraum mit dimR C = 2. Zeigen Sie, dass die Ab-bildung

: C −→ C , z 7→ z

R−linear ist. Bestimmen Sie MBB ( ) bezuglich der Basis

a1) B := (1, i) , a2) B := (1 + i, 1− i).b) Ist auch C−linear?

(4.2) (Hier werden einfache Analysis-Kenntnisse vorausgesetzt:)Im R−Vektorraum F(R,R) haben wir die Funktionen sin, cos, exp. Zei-gen Sie, dass die Familie B := (sin, cos, exp) linear unabhangig ist. SeiV := span(B) und D(f) := f ′ fur f ∈ V die erste Ableitung von f .Zeigen Sie, dass durch D(f) := f ′ eine lineare Abbildung von V nach Vdefiniert ist, und berechnen Sie B := MB

B (D) . Besitzt B ein Inverses?

(4.3) Sei V ein K−Vektorraum und B = (bj)j∈I eine Basis von V .Nach Definition 4.3.7 war V ∗ = HomK(V,K) der Dualraum von V .Zeigen Sie:

a) Durch βj(bk) := δjk , δjk :=

{1 fur j = k0 fur j 6= k

fur j, k ∈ I

sind Elemente βj ∈ V ∗ definiert, und B∗ := (βj)j∈I ist in V ∗

linear unabhangig.b) Ist n ∈ N und I = n , so ist B∗ sogar eine Basis von V ∗ .

B∗ heißt die zu B duale Basis von V ∗ .c) Ist I nicht endlich, so wird durch β(bj) := 1 fur alle j ∈ I ein

Element aus V ∗ definiert, fur das β /∈ spanB∗ gilt.

167

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(4.4) Sei V ein K−Vektorraum und V ∗ der Dualraum von V .a) Zeigen Sie, dass

ϕ : V −→ (V ∗)∗ ,ϕ(a) := fa , wobei fa(β) := β(a) fur a ∈ V , β ∈ V ∗ist, ein Vektorraum-Homomorphismus von V in (V ∗)∗ ist.

b) Sei dimK V ∈ N , dann ist ϕ sogar ein Isomorphismus. (Man kannAufgabe (4.3) b) verwenden.)

(4.5) Sei V ein K−Vektorraum, U und W seien Untervektorraume vonV . Nach Definition 4.7.4 ist

U +W := { u+ w | u ∈ U ∧ w ∈ W }

ein Untervektorraum von V , und nach Definition 4.7.1 ist

U ×W := { (u,w) | u ∈ U ∧ w ∈ W }

ein K−Vektorraum. Zeigen Sie :a) F : U ×W −→ U +W , F (u,w) := u+ w

ist K−linear und surjektiv. Bestimmen Sie ker F .b) Seien U und W endlichdimensional, dann gilt

dim(U +W ) + dim(U ∩W ) = dimU + dimW .

(4.6) Seien a, b ∈ C und P (X) := X2 − a ·X − b ∈ C[X] . Zeigen Sie, dass

U := { (un)n∈N0 ∈ F(N0,C) | ∀n ∈ N0 : un+2 = a · un+1 + b · un }

ein Untervektorraum von F(N0,C) ist, und dass gilt:a) Hat P (X) zwei verschiedene Wurzeln λ, µ ∈ C ,so bilden die Folgen

(λn)n∈N0 und (µn)n∈N0 eine Basis von U .b) Hat P (X) eine zweifache Nullstelle λ ∈ C , gilt also a2 + 4b = 0 ,

und ist b 6= 0 , so bilden die Folgen (λn)n∈N0 und (nλn)n∈N0

eine Basis von U .c) Finden Sie eine Basis von U fur den Fall a = b = 0 .d) Geben Sie mit a) eine nicht-rekursive Formel zur Berechnung der

durch

F0 := 0 , F1 := 1 , Fn+2 := Fn+1 + Fn fur n ∈ N0

definierten Fibonacci-Zahlen an.

168

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(4.7) Bestimmen Sie den Rang von 12− i

2

√3 0 1

1 12− i

2

√3 0

0 1 12− i

2

√3

∈ M(3× 3,C) .

(4.8) Bestimmen Sie fur n ∈ N die Losungsmenge L ⊂ Rn des linearenGleichungssystems

n∑j=1

(1− δjk)xj = 1 , k ∈ n , wobei δjk =

{1 fur j = k0 fur j 6= k

.

(4.9) Fur welche λ ∈ R ist die Matrix

A :=

1 λ 0 0λ 1 0 00 λ 1 00 0 λ 1

∈ M(4× 4,R)

invertierbar? Berechnen Sie A−1 fur diese λ .

(4.10) Eine Matrix A ∈ M(3 × 3,R) heißt ein magisches Quadrat, wennes ein c ∈ R gibt, so dass alle Zeilensummen, alle Spaltensummen undalle Diagonalsummen gleich c sind. Zeigen Sie, dass die Menge V allermagischen Quadrate ein Untervektorraum von M(3 × 3,R) ist, undgeben Sie eine Basis von V an.(Tipp: Setzen Sie a := a12 , b := a21 und drucken Sie die anderenMarixelemente durch a, b und c aus.)

(4.11) Konstruieren Sie einen Korper mit 4 Elementen.

(4.12) Im Korper Z/(5) sei a := a + (5) fur a ∈ Z . Bestimmen Sie die

Losungsmenge L ⊂ (Z/(5))4 des linearen Gleichungssystems A · x = b

fur

A :=

1 3 1 32 2 4 04 1 0 20 2 3 4

, b :=

0120

.

(4.13) Sei n ∈ N . Eine Matrix A ∈ M(n × n,K) heißt nilpotent, wenn esein m ∈ N mit Am = 0 gibt. Zeigen Sie:

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a) A sei eine echte obere Dreiecksmatrix , d.h. A = (akj) mit

akj = 0 fur k ≥ j ,

dann ist A nilpotent.

b) A sei nilpotent. Dann ist En − A invertierbar.(Tipp: Eine Idee liefert die geometrische Reihe aus der Analysis:Fur q ∈ R mit | q | < 1 gilt

(1− q)−1 =∞∑s=0

qs . )

170

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§5 Determinanten

5.1 Permutationen

(5.1.1) Zur Wiederholung : Schon in (2.2.10) hatten wir fur n ∈ N die

symmetrische Gruppe Sn kennengelernt, das war die Menge aller bijektivenAbbildungen von

n = {1, . . . , n}auf sich selbst, mit der Hintereinanderausfuhrung ◦ von Abbildungen alsVerknupfung. Die Elemente von Sn hatten wir Permutationen von n genannt.Behauptung (5.1.2) : #(Sn) = n! ,

wobei n! fur n ∈ N0 rekursiv definiert ist durch

0! := 1 , (n+ 1)! := n! · (n+ 1) .

Beweis : Wir zeigen mit Induktion nach n die folgende, scheinbar allgemei-nere Aussage:(P (n)) : Seien S, T Mengen mit #(S) = #(T ) = n , n ∈ N , dann

gibt es genau n! bijektive Abbildungen von S auf T .Induktionsanfang: Fur n = 1 hat man je genau ein Element a ∈ S, b ∈ T , esgibt genau eine bijektive Abbildung von S auf T , namlich die Abbildung mita 7→ b. Wegen 1 = 1! ist P (1) richtig.Induktionsschluss : Sei n ∈ N . Sei nun #(S) = n + 1 und #(T ) = n + 1,dann hat man ein a ∈ S und S ′ := S \ {a}, so dass

S = S ′ ∪ {a} und #(S ′) = n

ist, und es istT = {b1, . . . , bn+1}

mit n+ 1 verschiedenen Elementen b1, . . . , bn+1. Fur j ∈ n+ 1 setzen wir

Mj := { f : S −→ T | f ist bijektiv und f(a) = bj } .

Wenn nun P (n) richtig ist, hat Mj genau n! Elemente, namlich so viele, wiees bijektive Abbildungen von S ′ auf T \ {bj} gibt. Und

{ f : S −→ T | f ist bijektiv } =n+1⋃j=1

Mj ,

wobei rechts die Vereinigung elementfremder Mengen steht. Also ist

#( { f : S −→ T | f ist bijektiv } ) = (n+1)·n! = (n+1)! ,

171

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was zu beweisen war. Fur S = T = n erhalten wir die Behauptung.

2

Definition 5.1.3 : Sei n ∈ N , τ ∈ Sn und es gebe j, k ∈ n , j 6= k , mitτ = (j, k) ,

dann heißt τ eine Transposition . 2

Man sieht, dass fur Transpositionen τ giltτ = τ−1 .

Satz 5.1.4 : Sei n ∈ N , dann ist jedes σ ∈ Sn ein Produkt von endlichvielen Zyklen.Beweis : Fur jedes σ ∈ Sn setzen wir

B(σ) := { j ∈ n | σ(j) 6= j } .

Wir beweisen die Behauptung durch Induktion nach #(B(σ)) :Induktionsanfang : Ist #(B(σ)) = 0 , so ist σ = idn = (1) .Induktionsschluss : Sei k ∈ N0 , und fur die ϕ ∈ Sn mit

#(B(ϕ)) ≤ ksei die Behauptung richtig. Sei σ ∈ Sn mit

#(B(σ)) = k + 1 , also

B(σ) = {a1, . . . , ak+1} ⊂ n ,

dann ist σ(ak+1) gleich einem der aj mit j 6= k + 1 und

τ := (aj, ak+1) ∈ Sn . Es gilt

(τ ◦ σ)(ak+1) = τ(aj) = ak+1 , also

B(τ ◦ σ) ⊂ {a1, . . . , ak} ,

denn fur die l ∈ n \ {a1, . . . , ak+1} gilt

(τ ◦ σ)(l) = τ(l) = l ,

sie werden weder von τ noch von σ verandert. Also ist

#(B(τ ◦ σ)) ≤ k

und daher τ ◦ σ ein Produkt endlich vieler Zyklen: Es gibt Zyklenψ1, . . . , ψm ∈ Sn mit

τ ◦ σ = ψ1 ◦ . . . ◦ ψm , und wegen τ = τ−1 :

172

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σ = τ ◦ ψ1 ◦ . . . ◦ ψm .

Da auch τ ein Zyklus ist, gilt die Behauptung auch fur σ . 2

Definition 5.1.5 : Fur jedes σ ∈ Sn nennen wir

signσ :=∏

(k,j)∈n×nmit k<j

σ(j)− σ(k)

j − k

das Signum von σ .Folgerung 5.1.6 : Es ist sign σ ∈ {−1, 1} , und zwar

signσ = +1 ,

wenn die Anzahl der Fehlstande von σ , worunter man die Paare

(k, j) ∈ n× n mit k < j , aber σ(k) > σ(j)

versteht, gerade ist, und

signσ = −1 , ,

wenn die Anzahl der Fehlstande von σ ungerade ist.Beweis : In dem Bruch ∏

(k,j)∈n×nmit k<j

σ(j)− σ(k)

j − k

treten im Nenner fur alle zweielementigen Teilmengen {k, j} von n die Dif-ferenzen auf, genau einmal und mit positivem Vorzeichen. Da σ bijektiv ist,sind auch die Mengen {σ(k), σ(j)} mit (k, j) ∈ n× n und k < j alle zwei-elementigen Teilmengen von n . Also treten auch im Zahler alle Differenzenj − k auf, aber mit negativem Vorzeichen, wenn σ(j) < σ(k) ist. Bis aufdiese Vorzeichen kurzt sich alles weg, und es bleiben so viele Faktoren (−1)ubrig, wie σ Fehlstande hat.

2

Beispiele 5.1.7: In S3 gilt

a) sign (1, 2) =(1− 2)(3− 2)(3− 1)

(2− 1)(3− 1)(3− 2)= −1 ,

b) sign (1, 3, 2) =(1− 3)(2− 3)(2− 1)

(2− 1)(3− 1)(3− 2)= 1 .

173

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Satz 5.1.8 : Fur σ, τ ∈ Sn gilt

sign (τ ◦ σ) = sign τ · signσ .

Beweis : Es gilt

sign (τ ◦ σ) =∏

(k,j)∈n×nmit k<j

τ(σ(j))− τ(σ(k))

j − k= a · b mit

a :=∏

(k,j)∈n×nmit k<j

τ(σ(j))− τ(σ(k))

σ(j)− σ(k), b :=

∏(k,j)∈n×nmit k<j

σ(j)− σ(k)

j − k.

Es ist b = sign σ , und

a =∏

(k,j)∈n×nmit k<j∧σ(k)<σ(j)

τ(σ(j))− τ(σ(k))

σ(j)− σ(k)·

∏(k,j)∈n×n

mit k<j∧σ(k)>σ(j)

τ(σ(j))− τ(σ(k))

σ(j)− σ(k)

=∏

(k,j)∈n×nmit k<j∧σ(k)<σ(j)

τ(σ(j))− τ(σ(k))

σ(j)− σ(k)·

∏(k,j)∈n×n

mit k>j∧σ(k)<σ(j)

τ(σ(j))− τ(σ(k))

σ(j)− σ(k),

hier haben wir im zweiten Produkt zuerst die Variablen umbenannt ( j in kund k in j) , und dann mit −1 erweitert. Also ist

a =∏

(k,j)∈n×nmitσ(k)<σ(j)

τ(σ(j))− τ(σ(k))

σ(j)− σ(k),

denn mit k < j und k > j erhalt man (wegen σ(k) < σ(j) , also k 6= j )alle Paare (k, j) ∈ n× n mit σ(k) < σ(j) . Da σ bijektiv ist, enthalt a bisauf die Reihenfolge dieselben Faktoren wie∏

(k,j)∈n×nmit k<j

τ(j)− τ(k)

j − k,

also a = sign τ .

2

Korollar 5.1.9 : Fur alle σ ∈ Sn gilt signσ−1 = sign σ .

Beweis : Es ist σ ◦ σ−1 = idn , also nach 5.1.8 :

signσ · signσ−1 = sign idn5.1.6

= 1 ,

174

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also signσ−1 =1

signσ, und wegen sign σ ∈ {1,−1} ist das gleich signσ .

2

Korollar 5.1.10 : Sei n ∈ N , n ≥ 2 und τ ∈ Sn eine Transposition. Dannist

sign τ = −1 .

Beweis : Nach Definition 5.1.3 gibt es k, l ∈ n mit k 6= l und

τ = (k, l) .

a) Ist {k, l} = {1, 2} , so ist

τ = (1, 2) und

sign τ =n∏k=1

n∏j=k+1

τ(j)− τ(k)

j − k=

2∏k=1

n∏j=k+1

τ(j)− τ(k)

j − k

=n∏j=2

τ(j)− 2

j − 1·

n∏j=3

τ(j)− 1

j − 2=

1− 2

2− 1·

n∏j=3

j − 2

j − 1·

n∏j=3

j − 1

j − 2= −1 .

Haben {k, l} und {1, 2} genau ein Element gemeinsam, etwa k = 2 , so gilt

(l, 1)◦ (1, 2)◦ (l, 1) = (l, 2) = (2, l) = (k, l) = τ , also

sign τ = sign (l, 1) · sign (1, 2) · sign (l, 1) = (−1) · (sign (l, 1))2 = −1 .

c) Ist {k, l} ∩ {1, 2} = ∅ , so gilt

(k, 1) ◦ (l, 2) ◦ (1, 2) ◦ (k, 1) ◦ (l, 2) = (k, l) = τ , also

sign τ = sign (1, 2) · (sign (k, 1))2 · (sign (l, 2))2 = sign (1, 2) = −1 .

2

Hilfssatz 5.1.11 : Ist n ∈ N, n ≥ 2 , so gibt es zu jedem σ ∈ SnTranspositionen τ1, . . . , τq ∈ Sn mit

σ = τ1 ◦ . . . ◦ τq ,

also nach Satz 5.1.8 und Korollar 5.1.10 :

(∗) signσ = (−1)q .

Weder q noch die Transpositionen τ1, . . . , τq sind eindeutig bestimmt.Wegen (∗) ist durch σ aber festgelegt, ob q gerade oder ungerade ist.

175

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Beweis : Nach Satz 5.1.4 wissen wir, dass σ ein Produkt von endlich vielenZyklen ist. Wir mussen also nur zeigen, dass jeder Zyklus

(a1, . . . , aq) mit verschiedenen Elementen a1, . . . , aq ∈ n

ein Produkt von Transpositionen ist: Man rechnet nach:

(a1, aq) ◦ (a1, aq−1) ◦ . . . ◦ (a1, a2) = (a1, . . . , aq) .

Dass q nicht eindeutig bestimmt ist, sieht man an

idn = (1, 2) ◦ (1, 2) ,

hier kann man also q = 0 oder q = 2 nehmen.

2

Definition und Satz 5.1.12 : Sei n ∈ N , n ≥ 2 , dann setzen wir

An := { σ ∈ Sn | signσ = 1 } .

(An, ◦) ist eine Untergruppe von (Sn, ◦) und heißt diealternierende Gruppe vom Grad n .

An enthaltn!

2Elemente.

Beweis : 1) Nach Definition ist An ⊂ Sn, und es ist An 6= ∅ wegen idn ∈ An.Seien σ, τ ∈ An , dann gilt σ ◦ τ−1 ∈ Sn und

sign (σ ◦ τ−1) = signσ · sign τ−1 = 1 · 1 = 1 ,denn wegen τ ◦ τ−1 = idn ist auch sign τ−1 = 1. Also ist σ ◦ τ−1 ∈ An . Alsoist An eine Untergruppe von (Sn, ◦).2) Nach dem Satz von Lagrange (2.2.5) haben wir

#(Sn) = [Sn : An] ·#(An) ,

wobei [Sn : An] die Anzahl der Linksnebenklassen von Sn bezuglich An ist.Außer An selbst gibt es nur noch die Linksnebenklasse (1, 2) ◦ An, die ausallen Permutationen aus Sn mit Signum −1 besteht. Also ist [Sn : An] = 2

und damit #(An) =1

2#(Sn ) =

n!

2.

2

5.2 Definition der Determinante

Definition 5.2.1 : Sei n ∈ N und R ein kommutativer Ring. Eine Abbil-dung

176

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det : M(n× n,R) −→ R , A 7−→ detA

heißt (eine) Determinante, falls gilt :

(D1) det ist R -linear als Funktion jedes Zeilenvektors. Das soll heißen: Istj ∈ n fest und gilt fur den j−ten Zeilenvektor von A :

(a) aj = a′j + a′′j , so gilt

det

a1...aj...an

= det

a1...

aj−1a′jaj+1

...an

+ det

a1...

aj−1a′′jaj+1

...an

,

(b) aj = λa′j mit λ ∈ R , so gilt

det

a1...aj...an

= λ det

a1...

aj−1a′jaj+1

...an

.

(D2) det ist alternierend, das soll heißen: Gilt

aj = ak fur zwei Zeilenvektoren aj, ak mit k 6= j , so ist

detA = 0 .

(D3) det ist normiert , d.h. detEn = det

e1...en

= 1 .

(5.2.2) Motivation dafur, warum man eine Funktion mit diesen Eigenschaf-ten sucht: Hat man n Vektoren a1, . . . , an im Rn , so soll das Volumen desvon a1, . . . , an aufgespannten Parallelotops

P (a1, . . . , an) :=

{n∑j=1

αjaj

∣∣∣∣∣ ∀ j ∈ n : 0 ≤ αj ≤ 1

}

gerade die Eigenschaften (D1) - (D3) haben. Fur n = 3 nennt man einParallelotop auch einen Spat, und fur n = 2 ein Parallelogramm.

177

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Die Eigenschaften (D1) - (D3) sind dann folgende Eigenschaften, die manvon einem Flacheninhalt erwartet:

(D1)(a) Hat man zwei Parallelogramme P ′ und P ′′ mit den Seitena′1 und a2 bzw. a′′1 und a2

mit den Flacheninhalten F ′ bzw. F ′′ , so hat das Parallelogramm mitden Seiten a′1 + a′′1 und a2 den Flacheninhalt F ′ + F ′′ ,

(b) Hat das Parallelogramm mit den Seiten a1 und a2 den FlacheninhaltF und ist λ ∈ R , so hat das Parallelogramm mit den Seiten λa1 unda2 den Flacheninhalt λF .

(D2) Ein Parallelogramm mit den Seiten a1 und a1 hat den Flacheninhalt0 .

(D3) Das Parallelogramm mit den kanonischen Basisvektoren e1 und e2 alsSeiten hat den Flacheninhalt 1 .

2

Bevor wir zeigen, dass es genau eine Abbildung det mit den Eigenschaften(D1) - (D3) gibt, wollen wir aus diesen Eigenschaften einige Folgerungenziehen:Satz 5.2.3 : Sei R ein kommutativer Ring, n ∈ N . Eine Determinante

det : M(n× n,R) −→ R

hat die folgenden weiteren Eigenschaften:

(D4) Fur alle λ ∈ R ist det(λA) = λn detA .

(D5) Ist eine Zeile von A der Nullvektor, so ist detA = 0 .

(D6) Entsteht B aus A durch eine Zeilenvertauschung, so gilt

detB = − detA .(Daher kommt der Name “alternierend” !)Also: Eine elementare Zeilenumformung vom Typ IV andert an detAdas Vorzeichen.

(D7) Ist λ ∈ R , und entsteht B aus A durch Addition des λ−fachen derj−ten Zeile zur k−ten Zeile, k 6= j , so ist

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detB = detA .Also: Eine elementare Zeilenumformung vom Typ III andert nichts andetA .

Beweis : (D4) Nach (D1)(b) , n mal angewendet, gilt

det(λA) = det

λa1...

λan

= λn detA .

(D5) Ist j ∈ n und aj = 0 , so gilt aj = 0 · aj , also nach (D1)(b) :

detA = 0 · detA = 0 .

(D6) B entstehe aus A durch Vertauschen der Zeilen ak und aj . Schreibenwir uns in A und B die unveranderten Zeilen al , l /∈ {k, j} , gar nicht ersthin, so gilt

detA+ detB = det

...ak...aj...

+ det

...aj...ak...

(D2)

=

det

...aj...aj...

+ det

...aj...ak...

+ det

...ak...aj...

+ det

...ak...ak...

(D1)(a)

=

det

...aj...

aj + ak...

+ det

...ak...

aj + ak...

(D1)(a)

= det

...aj + ak

...aj + ak

...

(D2)

= 0 ,

also detB = − detA .

179

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(D7) Mit derselben Schreibweise wie eben gilt

detB = det

...ak + λaj

...aj...

(D1)(a)

= det

...ak...aj...

+ det

...λaj

...aj...

(D1)(b)= detA+ λ det

...aj...aj...

(D2)

= detA+ 0 .

2

Eine Verallgemeinerung von (D6) ist

Korollar 5.2.4 : Sei R ein kommutativer Ring,n ∈ N , b1, . . . , bn seien

(Zeilen-)Vektoren aus Rn und σ ∈ Sn . Dann gilt

det

bσ(1)...

bσ(n)

= signσ · det

b1...bn

.

Beweis : Nach Hilfssatz 5.1.11 gibt es Transpositionen τ1, . . . , τq ∈ Sn mit

σ = τ1 ◦ . . . ◦ τq , und es ist signσ = (−1)q .

Wir zeigen nun

(∗) det

b(τ1◦...◦τq)(1)...

b(τ1◦...◦τq)(n)

= (−1)q det

b1...bn

durch Induktion nach q :Induktionsanfang: Fur q = 0 ist (∗) trivial wegen τ1 ◦ . . . ◦ τq = idn .Induktionsschluss : Sei q ∈ N und fur q − 1 sei (∗) richtig. τq ist eineTransposition, etwa τq = (k, j) mit k, j ∈ n und k 6= j . Dann ensteht dieMatrix

A =

b(τ1◦...◦τq)(1)...

b(τ1◦...◦τq)(n)

aus A′ :=

b(τ1◦...◦τq−1)(1)...

b(τ1◦...◦τq−1)(n)

180

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durch Vertauschung der k-ten mit der j-ten Zeile, also durch eine Vertau-schung, also nach (D6) :

detA = − det A′(∗∗)= −(−1)q−1 det

b1...bn

= (−1)q det

b1...bn

,

wobei wir bei (∗∗) die Induktionsvoraussetzung benutzt haben.

2

Satz 5.2.5 : Ist n ∈ N und R ein kommutativer Ring, so gibt es genau eineFunktion

det : M(n× n,R) −→ R

mit den Eigenschaften (D1) - (D3) , und zwar die fur

A = (akj) ∈M(n× n,R) durch

(∗) detA :=∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · anσ(n)

definierte Funktion.Bemerkung 5.2.6 : (∗) heißt die Leibniz-Formel fur det . Zur Berech-nung von det ist sie − außer fur n ∈ {1, 2} − unpraktisch, da man dieSumme uber n! Summanden zu bilden hat. Zur Berechnung von det verwen-det man besser die Eigenschaften (D1)-(D7) und weitere Satze, die folgen.

Beweis von Satz 5.2.5 : (1) Wir zeigen, dass aus (D1) - (D3) die Regel(∗) folgt, dass es also fur detA nur eine Moglichkeit gibt, also die Eindeu-tigkeit von det : Fur l ∈ N seien die al die Zeilenvektoren von A , danngilt

al = al1e1 + . . .+ alnen ,

wobei e1, . . . , en die (als Zeilen geschriebenen) kanonischen Basisvektorenvon Kn sind, und wir wenden (D1) nacheinander fur alle Zeilen an :

det

a1...an

= det

n∑

k1=1

a1k1ek1

a2...an

=n∑

k1=1

a1k1 det

ek1a2...an

181

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=n∑

k1=1

a1k1 ·n∑

k2=1

a2k2 det

ek1ek2a3...an

= . . .

=n∑

k1=1

n∑k2=1

. . .n∑

kn=1

a1k1a2k2 · . . . · ankn det

ek1...ekn

.

Hier wird also summiert uber alle n−tupel

(k1, . . . , kn) ∈ nn ,

also uber nn Summanden. Ist in einem solchen n−tupel aber

kj = kl fur ein Paar (j, l) ∈ n× n mit j 6= l ,

so ist nach (D2)

det

ek1...ekj...ekl...ekn

= 0 .

Wir mussen also nur summieren uber die n−tupel (k1, . . . , kn) , fur die dieAbbildung

σ : n −→ n , σ(j) := kj

injektiv ist, also, da n endlich ist, bijektiv ist. Also ist

det

a1...an

=∑σ∈Sn

a1σ(1) · . . . · anσ(n) · det

eσ(1)...

eσ(n)

,

und nach Korollar 5.2.4 :

detA =∑σ∈Sn

a1σ(1) · . . . · anσ(n) · signσ · det

e1...en

,

und aus (D3) folgt (∗) .

Um die Existenz einer Funktion det mit den Eigenschaften (D1) - (D3) zu

182

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zeigen, definieren wir detA durch die Leibniz-Formel (∗) und zeigen, dassdas so definierte detA die Eigenschaften (D1) - (D3) hat:

(D1)(a) Ersetzt man in A die Zeile aj durch a′j + a′′j , so erhalt man aus(∗)

det

...

a′j + a′′j...

=∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · (a′jσ(j) + a′′jσ(j)) · . . . · anσ(n)

=∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · a′jσ(j) · . . . · anσ(n)

+∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · a′′jσ(j) · . . . · anσ(n)

= det

a1...a′j...an

+ det

a1...a′′j...an

,

(b) Ersetzt man aj durch λaj , λ ∈ R , so wird

det

...λaj

...

=∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · λajσ(j) · . . . · anσ(n)

= λ∑σ∈Sn

signσ a1σ(1) · . . . · ajσ(j) · . . . · anσ(n)

= λ det

...aj...

.

(D2) Sei A eine Matrix, in der die k−te und die l−te Zeile gleich sind, etwak < l . Sei τ die Transposition (k, l) , dann ist

Sn = An ∪ An ◦ τ und An ∩ An ◦ τ = ∅ .Fur σ ∈ An ist signσ = 1 . Wenn σ die Gruppe An durchlauft, durchlauftσ ◦ τ die Menge An ◦ τ , und es ist sign (σ ◦ τ) = −1 . Also ist

(∗∗) detA =∑σ∈An

a1σ(1) · . . . · anσ(n) −∑σ∈An

a1σ(τ(1)) · . . . · anσ(τ(n)) .

183

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Die k−te und die l−te Zeile sind gleich, also gilt wegen τ = (k, l) :

a1σ(τ(1)) · . . . · akσ(τ(k)) · . . . · alσ(τ(l)) · . . . · anσ(τ(n)) =

a1σ(1) · . . . · akσ(l) · . . . · alσ(k) · . . . · anσ(n)↓=

a1σ(1) · . . . · alσ(l) · . . . · akσ(k) · . . . · anσ(n) =a1σ(1) · · · . . . · akσ(k) · . . . · alσ(l) · . . . · anσ(n) ,

im letzten Schritt haben wir die Kommutativitat von (K, ·) benutzt. In (∗∗)heben sich also immer zwei Summanden gegenseitig auf, es ist

detA = 0 .

(D3) Es ist En = (δkj) mit δkj =

{1 fur k = j0 fur k 6= j

also nach (∗) :

detEn =∑σ∈Sn

signσ · δ1σ(1) · . . . · δnσ(n) .

Ist nun σ 6= idn , so steht im Produkt δ1σ(1) · . . . · δnσ(n) ein Faktor δjσ(j)mit σ(j) 6= j , also 0 . Also ist

detEn = sign idn · δ11 · . . . · δnn = 1 .

2

Korollar 5.2.7 : Sei n ∈ N , R ein kommutativer Ring und

A ∈M(n× n,R) . Dann gilt

det tA = detA .

Beweis : Fur A = (akj) ist tA = (a′kj) mit a′kj = ajk , also nach derLeibniz-Formel:

det tA =∑σ∈Sn

signσ · a′1σ(1) · . . . · a′nσ(n)

=∑σ∈Sn

signσ · aσ(1)1 · . . . · aσ(n)n

Da (R, ·) kommutativ ist, gilt fur b1, . . . , bn ∈ R :

n∏j=1

bj =n∏j=1

bσ−1(j) , also folgt

det tA =∑σ∈Sn

signσ · aσ(σ−1(1)),σ−1(1) · . . . · aσ(σ−1(n)),σ−1(n)

184

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und wegen signσ = sign σ−1 :

det tA =∑σ∈Sn

signσ−1 · a1,σ−1(1) · . . . · an,σ−1(n)

Da die Abbildung Sn −→ Sn , σ 7−→ σ−1 bijektiv ist, konnen wir den“Summationsindex” σ−1 durch σ ersetzen :

det tA =∑

σ−1∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · anσ(n)

=∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · anσ(n) = detA . 2

Korollar 5.2.8 : Die Aussagen (D1) - (D7) fur die Determinante bleibenrichtig, wenn man uberall “Zeile” durch “Spalte” ersetzt.

5.3 Der Laplacesche Entwicklungssatz

Definition 5.3.1 : Sei n ∈ N und R ein kommutativer Ring,

A ∈ M(n × n,R) und seien j, k ∈ n fest. Dann bezeichnen wir mit A′jkdie Matrix, die aus A durch Streichen der j−ten Zeile und k−ten Spalteentsteht, also

A′jk :=

a11 . . . a1,k−1 | a1,k+1 . . . a1n...

... | ......

aj−1,1 . . . aj−1,k−1 | aj−1,k+1 . . . aj−1,n− − − + − − −

aj+1,1 . . . aj+1,k−1 | aj+1,k+1 . . . aj+1,n...

... | ......

an1 . . . an,k−1 | an,k+1 . . . ann

∈M((n−1)×(n−1), K) .

Hilfssatz 5.3.2 : Sei n ∈ N , R ein kommutativer Ring. Seien j, k ∈ n fest,und die Matrix A ∈M(n× n,R) habe als j−ten Zeilenvektor den Vektorek = (δkl)l∈n , es sei also

A =

a11 . . . a1k . . . a1n...

......

aj−1,1 . . . aj−1,k . . . aj−1,n0 . . . 1 . . . 0

aj+1,1 . . . aj+1,k . . . aj+1,n...

......

an1 . . . ank . . . ann

.

185

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Dann giltdetA = (−1)j+k detA′jk .

Beweis : 1) Im Spezialfall j = k = n hat man

A =

a11 . . . a1,n−1 a1n...

......

an−1,1 . . . an−1,n−1 an−1,n0 . . . 0 1

.

Nach der Leibniz - Formel ist

detA =∑σ∈Sn

signσ · a1σ(1) · . . . · anσ(n) .

Ist nun σ ∈ Sn mit σ(n) 6= n , so ist anσ(n) = 0 . Wir mussen also nuruber die σ ∈ Sn mit σ(n) = n summieren. Fur diese ist

σ′ : n− 1 −→ n− 1 , σ′(l) := σ(l)

ein Element aus Sn−1 , die Abbildung

′ : { σ ∈ Sn | σ(n) = n } −→ Sn−1 , σ 7−→ σ′

ist eine Bijektion, und es gilt noch signσ′ = sign σ . Also ist

det A =∑

σ′∈Sn−1

signσ′ · a1σ′(1) · . . . · an−1,σ′(n−1) · 1

= det A′nn = (−1)n+n detA′nn ,

in diesem Fall ist die Behauptung also richtig.2) Seien nun j, k ∈ n beliebig. Durch n−j Zeilenvertauschungen in A brin-gen wir die Zeile ek nach unten, das gibt nach (D6) n−j Vorzeichenwechsel.Nun bringen wir durch n − k Spaltenvertauschungen die unten stehende 1nach hinten, das gibt nach (D6) und Korollar 5.2.8 n−k Vorzeichenwechsel.Dann konnen wir 1) anwenden auf die Matrix

| a1k

| ...| aj−1,k

A′jk | −| aj+1,k

| ...| ank

− − − + −0 . . . 0 | 1

und erhalten insgesamt :

186

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detA = (−1)n−j · (−1)n−k detA′jk = (−1)j+k detA′jk . 2

Satz 5.3.3 (Laplacescher Entwicklungssatz) : Sei R ein

kommutativer Ring, n ∈ N , n ≥ 2 und A ∈ M(n × n,R) . Dann gilt furfeste j, k, l ∈ n :

(1)n∑s=1

asl · (−1)s+j detA′sj = δlj · detA ,

fur l = j nennt man diese Formel die “Entwicklung von det A nach derj−ten Spalte”, und

(2)n∑s=1

als · (−1)k+s detA′ks = δlk · detA ,

fur l = k heißt das “Entwicklung von det A nach der k−ten Zeile ”.Beweis : (2) Fur die k−te Zeile ak von A gilt

ak =n∑s=1

aks es mit den Zeilenvektoren es = (0, . . . , 0, 1 0, . . . , 0) ,

↑s−te Stelle

tes ∈ Kn . Nach (D1) ist det linear als Funktion der k−ten Zeile, also

(∗) detA = det

a1...

ak−1n∑s=1

aks es

ak+1...an

=

n∑s=1

aks det

a1...

ak−1esak+1

...an

︸ ︷︷ ︸

= (−1)k+s detA′ksnach Hilfssatz 5.3.2. Fur l = k haben wir damit (2) bewiesen. Fur l 6= kbetrachten wir statt A die Matrix B , die aus A entsteht, wenn man diek−te Zeile durch die l−te Zeile ersetzt. B hat dann zwei gleiche Zeilen, alsogilt nach (D2) :

detB = 0 .

Entwickeln wir nun B nach der k−ten Zeile, so erhalten wir nach (∗) :

0 =n∑s=1

als (−1)k+s detA′ks ;

187

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wegen δlk = 0 also (2) in diesem Fall.(1) folgt nach Kor. 5.2.7 durch Vertauschen von Zeilen und Spalten aus(2). 2

Es mag merkwurdig erscheinen, den Laplaceschen Entwicklungssatz auch hin-zuschreiben fur l 6= j bzw. l 6= k . Man erhalt damit aber sofort den

Satz 5.3.4 : Sei R ein kommutativer Ring, n ∈ N und A ∈ M(n× n,R) .Sei detA ∈ R× , dann besitzt A die inverse Matrix

A−1 = (ckj)(k,j)∈n×n mit ckj := (detA)−1 · (−1)k+j detA′jk .

Beweis : Mit den so definierten ckj gilt nach den Formeln (1) und (2) imLaplaceschen Entwicklungssatz fur j, k, l ∈ n :

(1)n∑s=1

cjsasl = δjl , (2)n∑s=1

alscsk = δlk , also

C · A = En , A · C = En ,

also C = A−1 .

2

(5.3.5) Bemerkungen : 1) Man beachte die Indexvertauschung:

ckj = (detA)−1(−1)k+j detA′jk .

2) Sei R ein Korper. Zur numerischen Berechnung von A−1 ist Satz 5.3.4 furn ≥ 3 ungeeignet, da man n2 Determinanten ausrechnen muss. Das als An-wendung 4.6.13 angegebene Verfahren geht schneller. Aber fur theoretischeZwecke ist es gut, dass man uberhaupt eine Formel zur Berechnung von A−1

hat.3) Sei R ein kommutativer Ring. Fur

A =

(a bc d

)∈M(2×2, R) mit detA = ad−bc ∈ R× erhalt man

A−1 = (ad− bc)−1(

d −b−c a

).

2

Satz 5.3.6 (Determinanten-Multiplikationssatz) : Sei n ∈ N , R ein

kommutativer Ring und seien A,B ∈ M(n× n,R) . Dann gilt

det(A ·B) = detA · detB

188

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Beweis : Sei A = (alk)(l,k)∈n×n , B = (bkj)(k,j)∈n×n , dann ist

A · B = (clj) mit clj =n∑k=1

alkbkj ,

A ·B hat also die Zeilenvektoren

cl =n∑k=1

alk bk ,

wobei bk = (bk1, . . . , bkn) der k−te Zeilenvektor von B ist. Also gilt

det(A ·B) = det

c1...cn

= det

n∑

k1=1

a1k1 bk1

...n∑

kn=1

ankn bkn

(D1)

=n∑

k1=1

. . .n∑

kn=1

a1k1 · . . . · ankn det

bk1...bkn

.

Wir summieren also uber alle n−tupel k := (k1, . . . , kn) ∈ nn :

det(A ·B) =∑k∈nn

a1k1 · . . . · ankn det

bk1...bkn

.

Da det alternierend ist , also wegen (D2) , ist

det

bk1...bkn

= 0 , falls es r, s ∈ n mit r 6= s und kr = ks gibt,

wir mussen also nur uber die n−tupel summieren, fur die

σ : n −→ n , σ(r) := kr bijektiv ist :

det(A ·B) =∑σ∈Sn

a1σ(1) · . . . · anσ(n) · det

bσ(1)...

bσ(n)

,

189

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also nach Korollar 5.2.4 :

det(A ·B) =∑σ∈Sn

a1σ(1) · . . . · anσ(n) · sign (σ)︸ ︷︷ ︸ · det

b1...bn

︸ ︷︷ ︸

det A det B ,wobei wir hier fur det A die Leibniz-Formel verwendet haben.

2

Folgerung 5.3.7 : Sei n ∈ N , R ein kommutativer Ring. Eine Matrix

A ∈ M(n × n,R) ist genau dann invertierbar, wenn detA ∈ R× ist, alsodetA invertierbar in R.Beweis : 1) Sei detA ∈ R× , dann existiert

A−1 = (detA)−1((−1)k+j detA′jk

)(k,j)∈n×n

nach Satz 5.3.4.2) Ist A invertierbar, so existiert A−1 ∈M(n× n,R) mit

A · A−1 = En , also nach Satz 5.3.6 :

detA · detA−1 = detEn(D3)

= 1 , also detA ∈ R× .

2

Satz 5.3.8 : Sei n ∈ N , R ein kommutativer Ring. Die Determinante

det : M(n× n,R) −→ R

hat noch die Eigenschaften:(D8) Ist A eine obere Dreiecksmatrix, also

A =

λ1 ∗. . .

0 λn

mit λ1, . . . , λn ∈ R

und irgendwelchen Elementen aus R bei ∗,so ist detA = λ1 · . . . · λn .

(D9) Sei A ∈M(n× n,R) , n ≥ 2 , von der Form

A =

B | C− + −0 | D

, wobei B und D quadratisch sind, so gilt

190

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detA = detB · detD .

Beweis : (D9) Sei B ∈M(r × r, R) , D ∈M((n− r)× (n− r), R) ,mit 1 ≤ r < n , dann haben wir

A =

B | C− + −0 | D

=

Er | C− + −0 | D

· B | 0− + −0 | En−r

,

wie man mit der Definition des Matrizenprodukts nachrechnet, also mit

D′ :=

Er | C− + −0 | D

, B′ :=

B | 0− + −0 | En−r

:

detA = detD′ · detB′

nach dem Determinanten-Multiplikationssatz 5.3.6 . Entwickelt mandet D′ nacheinander nach der 1. bis r−ten Spalte unddet B′ nacheinander nach der n−ten bis (r + 1)−ten Spalte,

so erhalt man:

detD′ = detD , detB′ = detB , also die Beh.

(D8) folgt aus (D9) durch Induktion nach n : Fur n = 1 gilt

detA = det(λ1) = λ1 nach der Leibniz-Formel,

und wenn (D8) fur n− 1 ∈ N richtig ist , folgt nach (D9) :

det

λ1 ∗ |

. . . | ∗0 λn−1 |− − − + −

0 | λn

= det

λ1 ∗. . .

0 λn−1

· det(λn)

= λ1 · . . . · λn−1 · λn .

2

5.4 Determinante eines Endomorphismus

Definition 5.4.1 : Sei V ein K−Vektorraum mit dimK V = n ,

n ∈ N , K ein Korper, und

F ∈ EndKV = HomK(V, V ) ,

191

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also nach Definition 4.3.8 : F ein Endomorphismus von V . Sei A eine Basisvon V , dann ist

A := MAA (F ) ∈ M(n× n,K)

nach Formel (4.4.12) definiert. Bezuglich einer anderen Basis B von Vhaben wir

B := MBB (F ) ∈ M(n× n,K) ,

und nach der Formel (4.4.17) fur die Koordinatentransformation haben wir

B = S · A · S−1

mit S = MBA ( idV ) ∈ GL(n,K) , also nach dem Determinanten - Multi-

plikationssatz 5.3.6 :detB = detS · detA · det(S−1)

= detS · detS−1 · detA = det(S · S−1) · detA

= detEn · detA = detA,

die Determinante det MAA (F ) ist also unabhangig davon, welche Basis A

von V wir nehmen, und wir konnen

(5.4.2) detF := det MAA (F )

setzen, wobei es egal ist, welche Basis A von V wir wahlen. 2

Folgerung 5.4.3 : Sei V ein n−dimensionaler K−Vektorraum, K ein

Korper, n ∈ N , dann sind fur einen Endomorphismus F : V −→ V diefolgenden Eigenschaften gleichbedeutend :(i) F ist ein Vektorraum-Automorphismus, d.h. F ist bijektiver

Endomorphismus.(ii) det F 6= 0 .

Beweis : Sei A eine Basis von V , dann gilt:

F ist Automorphismus von V

⇐⇒ ∃G ∈ End(V ) : G ◦ F = F ◦G = idV

⇐⇒ ∃G ∈ End(V ) : MAA (G) ·MA

A (F ) = MAA (F ) ·MA

A (G) = En(∗)⇐⇒ MA

A (F ) ∈ GL(n,K)

(5.3.7)⇐⇒ det MA

A (F ) 6= 0

(5.4.2)⇐⇒ detF 6= 0 .

Bei (∗) , “⇐= ” benutzen wir, dass

192

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MAA : EndK(V ) −→ M(n× n,K)

ein Vektorraumisomorphismus ist, zu B := (MAA (F ))−1 hat man also ein

G ∈ EndK(V ) mit

MAA (G) = B .

2

5.5 Aufgaben

(5.1) Sei K ein Korper, n ∈ N und a1, . . . , an, b1, . . . , bn ∈ K . BerechnenSie die Determinante D von

a)

1 1 1 . . . 1b1 a1 a1 . . . a1b1 b2 a2 . . . a2

b3...

......

. . ....

b1 b2 b3 . . . bn an

,

b)

a1 + b1 b2 b3 . . . bnb1 a2 + b2 b3 . . . bnb1 b2 a3 + b3 b4 . . . bn

b3. . .

......

......

. . . bnb1 b2 b3 . . . bn−1 an + bn

,

c) (1− δjk)(j,k)∈n×n .

(5.2) Sei K ein Korper, 1 das Einselement von K und a, b ∈ M(n× 1, K) .Zeigen Sie :

det(En + a ·t b) = 1 +t a · b .

(5.3) Sei K ein Korper, n ∈ N , charK 6= 2 und A ∈M(n× n,K)schiefsymmetrisch , d.h. A = −tA . Zeigen Sie:a) Ist n ungerade, so ist detA = 0 .b) Ist n gerade, so ist detA ein Quadrat in K . Zeigen Sie dazu,

dass man A fur n > 2 durch elementare Zeilen- und Spalten-umformungen auf die Form

0 α0

−α 0

∗ B

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mit α ∈ K und einer schiefsymmetrischen Matrix B bringenkann, und machen Sie Induktion.

(5.4) Sei K ein Korper, n ∈ N , A ∈ GL(n,K) und b ∈ M(n × 1, K) einSpaltenvektor. Dann hat das lineare Gleichungssystem

A · x = b

die eindeutig bestimmte Losung

x = A−1 · b mit x = (xj)j∈n und

xj = (detA)−1 · detBj ,

wobei Bj die Matrix ist, die man erhalt, wenn man aus A die j−te Spal-te herausnimmt und sie durch den Spaltenvektor b ersetzt (CramerscheRegel).Achtung: Obwohl diese Regel elegant aussieht, sollte man sie nicht zumLosen linearer Gleichungssysteme benutzen: Man kann zeigen, dass derRechenaufwand dabei proportional zu n3 ist, bei dem in (4.6.10) be-schriebenen Gaußschen Eliminationsverfahren aber nur proportionalzu n2 - abgesehen davon, dass (4.6.10) auch funktioniert, wenn dasSystem nicht eindeutig losbar ist.

(5.5) Sei K ein Korper, a, b, c, d ∈ K. Zeigen Sie:

det

a b c d−b a −d c−c d a −b−d −c b a

= (a2 + b2 + c2 + d2)2 .

(5.6) (Vandermondesche Determinante:) Sei K ein Korper, a1, . . . , an ∈ K.Zeigen Sie :

det

1 a1 a21 . . . an−11

1 a2 a22 . . . an−12...

...1 an a2n . . . an−1n

=∏

(k,j)∈n×n mit k<j

(aj − ak) .

(Tipp: Zum Beweis subtrahiere man nacheinander fur k = n,n−1, . . . , 3, 2 das a1−fache der (k−1)−ten Spalte von der k−ten Spalteund forme dann so um, dass man Induktion nach n machen kann.)

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Empfehlenswerte Literatur

zur Linearen Algebra :

Gerd Fischer : Lineare Algebra, eine Einfuhrung fur Studienanfanger.18.Auflage. Springer 2014.

Bertram Huppert, Wolfgang Willems : Lineare Algebra, 2., uberar-beitete und erweiterte Auflage. Vieweg+Teubner 2010.

Max Koecher : Lineare Algebra und analytische Geometrie. 4.Auflage,Springer Berlin 1997.

H.-J.Kowalsky, G.O.Michler : Lineare Algebra. 12., uberarbeiteteAuflage. De Gruyter Lehrbuch, Berlin 2008.

M.Roczen und H.Wolter, W.Pohl, D.Popescu, R.Laza: LineareAlgebra individuell. Online Ver. 0.62, 20.3.2010.

zur Analysis :

Konrad Konigsberger: Analysis 1, 6.Auflage. Springer-Lehrbuch 2004.Otto Forster : Analysis 1, 11., erweiterte Auflage. Springer Spektrum

2013.Harro Heuser : Lehrbuch der Analysis, Teil 1. 15.Auflage. Vieweg+Teubner,

2003.

zur Algebra :

Siegfried Bosch : Algebra, 6.Auflage. Springer-Lehrbuch 2006.Nathan Jacobson : Basic Algebra I, 2nd edition, Dover Publications 2009.Chr.Kapfinger, K.Meyberg : Algebra, 3.Auflage.Springer Spektrum 2013.

zur elementaren Zahlentheorie :Ivan Niven, Herbert S.Zuckerman, Hugh L.Montgomery :

An Introduction to the Theory of Numbers. 5th edition, Wiley 1991.Harold M.Stark : An Introduction to Number Theory. New edition,

MIT Press 1978.

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Verzeichnis der Definitionen

Abkurzungen: e. : einer, eines, v. : vonA C

abelsche Gruppe, 34 cartesisches Produkt, 10Abbildung, 14 Charakteristik, 69- auf, 16 Cramersche Regel, 194- , lineare, 115Addition, 55 DAlgebra uber K, 161Aquivalenzklasse, 12 Definitionsbereich, 15Aquivalenzrelation, 12 Determinante, 177außere direkte Summe, 153 - e.Endomorphismus, 191außere Operation, 98 -nmultiplikationssatz, 188außeres direktes Produkt, 152, 153 Diedergruppe, 53allgemeine lineare Gruppe, 126 Dimension, 114alternierende Abbildung, 177 Dimensionsformel furalternierende Gruppe, 176 lineare Abbildungen, 120aufgespannter Untervektorraum , 104 direktes Produkt, 152Anordnung Division mit Rest, 60- in R, 87 Dreiecksmatrix, echte obere, 170- in Z, 10 duale Basis, 167Automorphismus Dualraum, 117- von Gruppen, 47 Durchschnitt, 8- , innerer, 54Aus A folgt B, 5 EAussage, 4Austauschsatz, 112 echte obere Dreiecksmatrix, 170

eineindeutig, 16B einfache Matrix, 144

Einheit, imaginare, 90Basis, 108 Einheitengruppe e.Rings, 66Basiserganzungssatz, 110 Einschrankung, 15Basisisomorphismus, 116 Einselement, 38,55Betrag e.komplexen Zahl, 92 Einsetzen in Polynome, 75bijektiv, 16 Einsmatrix, 125Bild, 15 einstelliges Pradikat, 11Bruche, Korper der, 83 Eintrage e.Matrix, 121

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noch E G

Element, 7 ganze Zahl, 8elementare Spaltenumformung, 139 Gaußsche Zahlenebene, 92elementare Zeilenumformung, 137 Gaußschesendlich erzeugt, 105 Eliminationsverfahren, 147endliche Familie, 101 geordnetes Paar, 10endliche Menge, 19 Gerade, 4Endomorphismus v.Gruppen, 47 gilt genau dann, wenn, 5Entwicklungssatz v.Laplace, 187 GL(n,K), 130Epimorphismus, Nebenklassen-, 48 gleichbedeutend, 6Epimorphismus v. Gruppen, 47 Gleichheit v. Mengen, 8erweiterte Matrix, 144 Gleichheitsrelation, 10Erzeugendensystem, 105 Gleichungsdarstellung- in beliebigen Vektorraumen, 108 e.Geraden, 24erzeugte zyklische Untergruppe, 39 Gleichungssystem, lineares, 142euklidischer Ring, 80 gleichwertig, 6

Grad e. Polynoms, 72F Gradfunktion, 79

Grassmann-Identitat, 33F , 15 großtes Element, 71faches, 38 Gruppe, 34Faktorgruppe, 43 - , allgemeine lineare, 130Faktorring, 58 - , alternierende, 176falsch, 4 - , symmetrische, 41Familie, 101 Gruppentafel, 42fast alle, 71Fehlstande, 173 HFibonacci-Zahlen, 168Folge, 71 Halbgruppe, 34fur alle, 8 Hintereinanderausfuhrung, 17Fundamentalsatz homogenes lineares

der Algebra, 94 Gleichungssystem, 143Funkltion, 14 Homomorphiesatz- swert, 15 - fur Gruppen, 51

- fur Ringe, 59- fur Vektorraume, 118Homomorphismus v. Gruppen , 47Homomorphismus v. Ringen, 58

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I noch K

Ideal, 57 komplexe Zahlen, 8,88identische Abbildung, 16 -ebene, 92imaginare Einheit, 90 Konjugiert-Komplexes, 91Imaginarteil, 91 Kurzungsregeln, 35impliziert, 5Indexmenge, 101 LInduktionsaxiom, 12Induktionsbeweis, 12 Lagrange, Satz von, 39inhomogenes lineares Lange e.Vektors im Rn, 21

Gleichungssystem, 143 Lange e.Basis, 108innere direkte Summe, 154 Laplacescher Ent-innerer Automorphismus, 54 wicklungssatz, 187Inverses, 35 leere Menge, 6Isomorphie v.Gruppen, 50 leere Summe, 14Isomorphismus v.Gruppen, 47 Leibniz-Formel, 181

Leitkoeffizient, 74J linear abhangig, 106

linear unabhangig, 105Jacobi-Identitat, 33 - im Rn, 26

- in beliebigen Vektorraumen, 108K lineare Abbildung, 115, 177

lineares Gleichungssystem, 142kanonische Linearform, 117- Basis v. Kn,109 Linearkombination, 104-r Nebenklassenepimorphismus, 48 - , nichttriviale, 106-s Skalarprodukt, 21 Links-Vektorraum, 98Kern Linksnebenklasse, 39- e.Gruppenhomomorphismus, 50 losbares lineares- e.linrearen Abbildung, 116 Gleichungssystem, 143- e.Ringhomomorphismus, 59 Losung, triviale, 143Kleinsche Vierergruppe,46 Losungsmenge, 143Korper, 67 logisch gleichwertig, 6- der Bruche, 83- der komplexen Zahlen, 88- der rationalen Funktionen, 87kommutative Gruppe, 34kommutativer Ring, 56Komplement, 9

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M O

Machtigkeit, 19 oder, 4magisches Quadrat, 169 Operation, außere, 98Matrix, 121 Ordnungsinduktion, 14- e.linearen Abbildung, 127 orthogonal im Rn, 22- , einfache, 144- , erweiterte, 144 P- , m× n−, 123- , quadratische, 122 Parallelogramm, 177- , schiefsymmetrische, 193 Parallelotop, 177- , transponierte, 132 ParameterdarstellungMatrizenprodukt, 123 e.Geraden, 23max M , 71 Permutation, 42Menge, 7 Polynommodulo, 43, 198 - , normiertes, 74Monomorphismus, 47 -funktion, 70Multiplikation, 554 -ring in e.Unbestimmten, 74

-ring in zwei Unbestimmten, 82N positive reelle Zahl, 87

Potenz, 36n−faches, 38 Pradikat, 11n−tupel, 102 Primkorper, 157nach Definition gleich, 8 Primpolynom, 81- - -bedeutend, 8 Primzahl, 62naturliche Zahlen, 8 Produkt von Matrizen, 123- - mit 0, 7 Produkt, außeres direktes, 152Nebenklassenepimorphismus, 48 Produktzeichen, 94Negatives, 38 Pythagoras, 22- in Ringen, 57neutrales Element, 34 Qnicht A, 5-triviale Linearkombination, 106 quadratfreie ganze Zahl, 96non A, 6 quadratische Matrix, 122Norm e.Vektors im Rn, 21 Quaternionen, 165Normalteiler, 41 -gruppe, 54normierte lineare Abbildung Quotienten

von M(n× n,K) in K, 177 -korper, 83normiertes Polynom, 74 - -Vektorraum, 118Nullelement, 38

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R T

Rang e.Matrix,136 Tautologie, 6rationale Funktionen, 87 Teilerrationale Zahlen, 8 - in R[X], 81Realteil, 91 - in Z, 62reelle Zahlen, 8 Teilfamilie, 101rekursive Definition, 13 Teilmenge, 8Relation, 10 Teilraum, 103Restriktion, 15 Transformationsmatrix, 132Richtung e.Geraden, 22 transponierte Matrix, 132Ring, 55 Transposition, 172- , euklidischer, 79 triviale Losung, 143- , kommutativer, 56 triviale Linearkombination, 106- , nullteilerfreier, 56 triviale Untergruppe, 43Ringhomomorphismus, 58 tupel, 102

S U

Schiefkorper, 167 Umkehrfunktion, 16schiefsymmetrische Matrix, 193 Unbekannte, 142Schnittpunkt v.Geraden, 25 und, 4senkrecht stehen im Rn, 22 unendlichSignum e.Permutation, 173 -dimensionaler Vektorraum, 114Skalar, 98 -e Menge, 19-produkt, kanonisches im Rn, 21 Untergruppe, 38Spaltenrang, 133 - , triviale, 43Spaltenumformung, elementare, 139 Unterkorper, 90Spaltenvektor e.Matrix, 121 Unterring, 57span, 104 Untervektorraum, 103Spat, 177 - , aufgespannter, 104Standard-Basis v. Kn, 109 Urbild, 15streng monoton wachsend, 91Summenzeichen, 13surjektiv, 16

symmetrische Gruppe, 41

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V Z

Vandermondesche Determinante, 194 Zeilenstufenform, 140Vektoren, 98 Zeilenrang, 133Vektorprodukt im R3, 28 Zeilenumformung, elementare, 137Vektorraum, 98 Zeilenvektor e.Matrix, 121- -Homomorphismus, 115 Zentrum, 162Vereinigung, 8 zyklische Gruppe, 47Verknupfung, 34 - - mit n Elementen, 46

- - Z4, 47W - - Zn, 46

zyklische Untergruppe, 39wahr, 4 Zyklus, 45Wahrheitstafel, 5Wahrheitswert, 4Wenn A gilt, dann gilt B, 5Wertebereich, 15wohldefiniert, 41Wohlordnung, 14Wurzelfunktion, 91

201