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Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme 1 Lineare Gleichungen in einer Unbekannten Beispiele: 7x = 21 | :7 x =3 resp. L = {3} 3x +6=8x |− 3x 6=5x | :3 x = 6 5 resp. L = 6 5 (x 7)(x + 4) = x(x + 1) | ausmultiplizieren x 2 3x 28 = x 2 + x |− x 2 +3x 4x = 28 | :4 x = 7 resp. L = {−7} m(x 2) = r +3x | ausmultiplizieren mx 2m = r +3x |− 3x +2m mx 3x = r +2m | x ausklammern (m 3)x = r +2m | :(m 3) x = r +2m m 3 resp. L = r +2m m 3 Def.: Jede Gleichung mit einer einzelnen Unbekannten x, die durch ¨ Aquivalenz- umformungen auf die Form ax = b mit a, b R gebracht werden kann, heisst linear. Bem.: ur a =0 enth¨ alt die L¨ osungsmenge L jeder linearen Gleichung in einer Unbekannten x genau ein Element, n¨ amlich x = b a resp. L = b a Im Fall a =0, b =0 ist L = {} und im Fall a = b =0 folgt L = R. Rep.: osungsrezept f¨ ur lineare Gleichungen in einer Unbekannten 1. Klammern l¨ osen (ausmultiplizieren), 2. sortieren (alle Glieder mit x auf eine Seite, Rest auf die andere), 3. x ausklammern und durch Klammer teilen. 1

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Lineare Gleichungen und Gleichungssysteme

1 Lineare Gleichungen in einer Unbekannten

Beispiele: ① 7x = 21 | : 7⇔ x = 3 resp. L = {3}

② 3x+ 6 = 8x | − 3x

⇔ 6 = 5x | : 3

⇔ x =6

5resp. L =

{

6

5

}

③ (x− 7)(x+ 4) = x(x+ 1) | ausmultiplizieren

⇔ x2 − 3x− 28 = x2 + x | − x2 + 3x

⇔ 4x = −28 | : 4⇔ x = −7 resp. L = {−7}

③ m(x− 2) = r + 3x | ausmultiplizieren

⇔ mx− 2m = r + 3x | − 3x+ 2m

⇔ mx− 3x = r + 2m | x ausklammern

⇔ (m− 3)x = r + 2m | : (m− 3)

⇔ x =r + 2m

m− 3resp. L =

{

r + 2m

m− 3

}

Def.: Jede Gleichung mit einer einzelnen Unbekannten x, die durch Aquivalenz-umformungen auf die Form

ax = b mit a, b ∈ R

gebracht werden kann, heisst linear.

Bem.: Fur a 6= 0 enthalt die Losungsmenge L jeder linearen Gleichung in einerUnbekannten x genau ein Element, namlich

x =b

aresp. L =

{

b

a

}

Im Fall a = 0, b 6= 0 ist L = { } und im Fall a = b = 0 folgt L = R.

Rep.: Losungsrezept fur lineare Gleichungen in einer Unbekannten

1. Klammern losen (ausmultiplizieren),

2. sortieren (alle Glieder mit x auf eine Seite, Rest auf die andere),

3. x ausklammern und durch Klammer teilen.

1

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2 Lineare Gleichungen in zwei Unbekannten

Def.: Jede Gleichung, die durch Aquivalenzumformungen auf die Form

ax+ by = c mit a, b, c ∈ R

gebracht werden kann, heisst linear in zwei Unbekannten (x und y).

Bem. 1: Ist mindestens eine der beiden Zahlen a oder b verschieden von 0(Normalfall), so besteht die Losungsmenge L dieser Gleichung ausunendlich vielen geordneten Zahlenpaaren (x, y).

Spezialfalle: Fur a = b = 0, c 6= 0 ist L = { } und fur a = b = c = 0ist jedes beliebige Zahlenpaar (x, y) eine Losung.

Bem. 2: Gehen wir vom Normalfall aus (a 6= 0 oder b 6= 0) und tragen wir alleLosungspaare (x, y) als Punkte in ein zweidimensionales Koordinaten-netz ein, so bilden diese Punkte in ihrer Gesamtheit eine luckenloseGerade. Eine lineare Gleichung in zwei Unbekannten bezeichnen wirdaher auch als Geradengleichung.

Haufig versehen wir eine Gerade mit einem Buchstaben, z.B. g, undnotieren zur ihrer Beschreibung die zugehorige Geradengleichung:

g : ax+ by = c

Beispiel: g : 3x+ 4y = 36

Mogliche Losungspaare: (12, 0) (0, 9) (8, 3) (4, 6) (16,−3) (−4, 12)

aber ebenso:

(

10,3

2

) (

7

3,29

4

)

(−1000, 759)

Tragen wir diese Punkte in ein zweidimensionales Koordinatensystem ein, so sehen wir, dass siealle auf einer Geraden g liegen. Jedes Zahlenpaar, das fur die Koordinaten (x, y) eines Punktesauf der Geraden g steht, lost die zugehorige Geradengleichung.

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Weitere Beispiele: h : x+ y = 6 i : x+ y = −4

j : x+ 0y = −2 k : 0x+ 2y = 8

r : 2x− y = 4 s : 2x− y = 0

Bemerke: Die Geraden h und i sind parallel zueinander; zudem besitzen sie in ihren Geradenglei-chungen dieselben Parameter a und b, namlich a = 1 und b = 1.

Auch die Geraden r und s sind parallel zueinander; und auch hier sind die beiden Parametera und b jeweils dieselben: a = 2 und b = −1.

Vermutung: Die Richtung einer Geraden wird einzig durch die beiden Zahlen a und b in derzugehorigen Geradengleichung festgelegt. Eine Veranderung der Zahl c bewirkt lediglicheine Parallelverschiebung.

Steigung als Richtungsangabe (Rep.): Die Steigung einer Geraden erhalt man durch dasAnlegen eines beliebig grossen, rechtwinkligen Steigungsdreiecks an die Gerade, festgelegtdurch die Wahl zweier Punkte A und B auf der Geraden. Die Steigung ist definiert als dasVerhaltnis aus der stehenden zur liegenden Kathete in einem solchen Steigungsdreieck:

Da alle an die Gerade angelegten Steigungsdreiecke zueinander ahnlich sind, besitzen sie diegleichen Seitenverhaltnisse und die Steigung ist somit eindeutig definiert.

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Die explizite Form

Betrachte allgemein: ax+ by = c−ax⇔ by = −ax + c

Wollen wir diese Gleichung nach der Unbekannten y auflosen, so ergeben sich zwei Falle:

Fall 1: b 6= 0 (Normalfall). Damit durfen wir durch b teilen:

by = −ax + c:b⇔ y = −a

bx+

c

b

⇔ y = mx+ q mit m = −a

bund q =

c

b

y = mx+ q ist eine andere Schreibweise der Geradengleichung ax+ by = c. Wir nennen siedie explizite Form. Was genau ist an dieser Form so “explizit”?

Beispiele: f1 : −x+ 2y = 0 ⇔ y =1

2x

f2 : −x+ 2y = 4 ⇔ y =1

2x+ 2

g1 : 3x+ 5y = 0 ⇔ y = −3

5x

g2 : 3x+ 5y = −5 ⇔ y = −3

5x− 1

h : 0x+ y = 2 ⇔ y = 0x+ 2

Bemerke erstens: f1 und f2 haben beide die Steigung 12, was gerade dem Parameter m

in der expliziten Form entspricht. Bei g1 und g2 betragt die Steigung offenbar −35, was

ebenfalls dem Parameter m in deren expliziten Formen entspricht. Die Steigung der Geradeh betragt 0, was ebenfalls zu unserer Feststellung passt.

Bemerke zweitens: f1 und g1 schneiden die y-Achse auf der Hohe y = 0, wahrend f2 undh die y-Achse auf der Hohe y = 2 durchqueren und die Gerade g1 die y-Achse bei y = −1durchstosst. Diese Werte entsprechen jeweils dem Parameter q in der expliziten Form.

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Def.: Fur b 6= 0 kann jede Geradengleichung ax + by = c auf ihreexplizite Form

y = mx+ q mit m = −a

bund q =

c

b

gebracht werden. Dabei steht m fur die Steigung und q fur deny-Achsenabschnitt der zugehorigen Geraden.

Fall 2: b = 0. Die Division durch b, also durch 0, ist nicht erlaubt. Stattdessen erhalten wir ausder ursprunglichen Geradengleichung:

ax+ by = 0b=0⇒ ax = c ⇔ x =

c

a= konst.

Die Unbekannte y taucht also gar nicht mehr in der Gleichung auf. Alle Punkte ( ca, y), also

mit x-Koordinate x = ca, losen diese Gleichung, unabhangig vom Wert der y-Koordinate.

Somit beschreibt diese Gleichung im Koordinatensystem eine Vertikale an der Stelle x = ca.

ax = c ist im eigentlichen Sinne ja gar keine Gleichung in zwei Unbekannten mehr. Dasy mussen wir uns als beliebig wahlbare Grosse schon selber dazudenken, um eine vertikaleGerade in einem zweidimensionalen Koordinatensystem zu erhalten (ax+ 0y = c).

Anmerkungen zu den beiden Formen und ihren Parametern

• y = mx + q bezeichnen wir als explizite Form der Geradengleichung. Im Gegensatz dazuheisst ax+ by = c implizite Form. Wir werden diesen Namen aber nur selten verwenden.

• Die Zahlen a, b, c,m, q ∈ R in den beiden Formen der Geradengleichung nennen wir(Gleichungs-)Koeffizienten oder -Parameter, im Gegensatz zu x und y, die wir als Un-bekannte oder Variablen bezeichnen.

• Zu jeder Geraden gehort in der Regel genau eine explizite Form y = mx + q, also genaueine Steigung m und ein y-Achsenabschnitt q.

Hingegen gibt es zur selben Geraden unendlich viele implizite Formen ax + by = c geben,denn man kann ja beide Seiten dieser Gleichung mit irgendeiner Zahl( 6= 0) multiplizierenund erhalt dadurch eine andere implizite Form, aber die Losungsmenge und somit die Geradebleiben dabei gleich.

Beispiel: 2x− 3y = −1·2⇔ 4x− 6y = −2

:(−4)⇔ −x+3

2y =

1

2

Eindeutige zugehorige explizite Form: y =2

3x+

1

3

Dadurch wird auch erklart, weshalb die implizite Form zur Beschreibung derselben Geraden3 Parameter beinhaltet, die explizite aber nur deren 2: Gibt man sich eine bestimmte Geradevor, so ist die explizite Form dadurch eindeutig festgelegt, denn die Gerade hat genau eineSteigung m und genau einen y-Achsenabschnitt q. Anders bei der impliziten Form, wo wireben gesehen haben, dass es unendlich viele Tripel a, b, c gibt, die dieselbe Losungsmenge,also dieselbe Gerade generieren.

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3 Lineare Gleichungssysteme (LGS) in zwei Unbekannten

Soll eine Losung resp. ein Losungspaar (x, y) gleichzeitig mehrere Gleichungen in den beiden Un-bekannten x, y ∈ R losen, so notieren wir diese Gleichungen als sogenanntes Gleichungssystem:

ax+ by = c

dx+ ey = f

②mit a, b, c, d, e, f ∈ R

Enthalt das Gleichungssystem, wie hier gezeigt, ausschliesslich lineare Gleichungen, so nennen wires linear und bezeichnen es kurz als LGS (= l ineares Gleichungs system).

Allgemeine Anmerkungen zu Gleichungssystemen

• Gleichungssysteme konnen im Prinzip beliebig viele Gleichungen und Unbekannte enthalten.Obiges System enthalt z.B. 2 Gleichungen und 2 Unbekannte. Das nennen wir kurz ein2x2-Gleichungssystem oder noch kurzer ein 2x2-System.

• Fur die weitere Behandlung empfiehlt es sich die Gleichungen zu nummerieren (oben: ①

und ②), damit man gut angeben kann, mit welcher Gleichung gerade gearbeitet wird.

3.1 Losbarkeit linearer 2x2-Gleichungssysteme

Zur Erinnerung: Eine Losung eines linearen 2x2-Gleichungssystems in den beiden Unbekannten x

und y ist ein Paar (x, y), das beide Gleichungen erfullt.Wir mochten nun wissen, ob ein lineares 2x2-Gleichungssystem immer eine Losung hat und ob

es vielleicht sogar mehrere Losungen geben kann. Dabei hilft uns eine. . .

Geometrische Uberlegung

Zu jeder linearen Gleichung in zwei Unbekannten (Geradengleichung) gehort eine Gerade, die ausallen Punkten besteht, deren Koordinaten (x, y) die Gleichung losen. Zwei Gleichungen beschrei-ben somit zwei Geraden, die im Normalfall genau einen gemeinsamen Punkt, den sogenanntenSchnittpunkt aufweisen.

Folglich besitzt ein lineares 2x2-Gleichungssystem im Normalfall genau eine Losung resp.ein eindeutiges Losungspaar (x, y) und es gibt zwei Spezialfalle:

• Die beiden Geraden sind (echt) parallel, d.h. sie liegen nebeneinander und schneiden sichnie. In diesem Fall hat das 2x2-Gleichungssystem keine Losung.

• Die beiden Geraden sind identisch. Dann liegt jeder Punkt (x, y) auf der einen Gerade auchauf der anderen und das 2x2-Gleichungssystem hat unendlich viele Losungen.

Mathematische Unterscheidung der Falle

Naturlich mussen wir uns nun uberlegen, welche mathematischen Kriterien sich fur die Losbarkeiteines linearen 2x2-Gleichungssystems entdecken lassen. D.h., wir mochten bei jedem linearen 2x2-System rasch entscheiden konnen, ob es sich um einen Spezialfall handelt.

In beiden Spezialfallen sind die zugehorigen Geraden parallel zueinander – ob echt parallel odersogar identisch ist vorerst nicht wichtig. Parallele Geraden haben dieselben Steigungen. Sind dieGleichungen in der expliziten Form gegeben, so erkennen wir den Spezialfall also auf einen Blick:

Gegeben:

y = m1 x+ q1y = m2 x+ q2

Es gilt: m1 = m2 ⇔ Spezialfall!

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Wie sieht es damit in der impliziten Form aus. Woran erkennen wir hier, ob die beiden Geradenparallel sind? Wir erinnern uns: In der impliziten Form ax + by = c ist die Steigung der Geradengegeben durch m = −a

b. Das bedeutet, die beiden Geraden sind parallel zueinander und es liegt

ein Spezialfall vor, wenn die beiden Koeffizientenverhaltnisse ubereinstimmen:

Gegeben:

ax+ by = c

dx+ ey = f

Es gilt:a

b=

d

e⇔ Spezialfall!

Das lasst sich vielleicht noch etwas greifbarer formulieren, indem wir diese “Spezialfallsgleichung”umstellen:

a

b=

d

e⇔ ae = bd

Man kann also einfach schauen, ob die beiden Koeffizientenprodukte “ubers Kreuz” identisch sind.Wenn ja, sind die beiden Geraden parallel.

ae = bd ???

Schliesslich wollen wir noch zwischen der echten Parallelitat und der Identitat unterscheiden. Beizwei identischen Geraden sind die expliziten Formen genau gleich (gleiche Steigung m, gleichery-Achsenabschnitt q). Anders bei der impliziten Form. Hier muss sich die eine Gleichung durchMultiplikation mit einem Faktor in die andere uberfuhren lassen, damit eine Identitat vorliegt.

Betrachten wir nun am besten drei Beispiele:

Normalfall “Schnittpunkt”: Die Geraden schneiden sichin einem Punkt S. Das Gleichungssystem hat genau1 Losung: ∣

2x+ 3y = 73x− 5y = 1

2 · (−5) 6= 3 · 3 ⇔ Normalfall!

Die Losung lautet (2, 1) = Koordinaten von S

Spezialfall “echt parallel”: Die Geraden liegennebeneinander und schneiden sich nie. DasGleichungssystem hat keine Losung:

2x+ 3y = 76x+ 9y = 13

2 · 9 = 3 · 6 ⇔ Spezialfall!

① mit 3 zu multiplizieren ergibt links dasselbe wiein ②, aber rechts nicht ⇒ echt parallel!

Spezialfall “identisch”: Die Geraden liegenaufeinander. Das Gleichungssystem hat unendlichviele Losungen:

2x+ 3y = 76x+ 9y = 21

2 · 9 = 3 · 6 ⇔ Spezialfall!

Hier ist nun ② = 3·① ⇒ Identitat!

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Fassen wir nach diesen drei Beispielen nochmals alles Wesentliche bis hierhin zusammen:

Lineare 2x2-Gleichungssysteme (2x2-LGS)

Ein lineares Gleichungssystem mit 2 Gleichungen in 2 Unbekannten istein Gleichungssystem der Form:

ax+ by = c

dx+ ey = f

②mit a, b, c, d, e, f ∈ R

Wir bezeichnen es auch als lineares 2x2-Gleichungssystem oder noch kurzerals 2x2-LGS. Jedes reelle Zahlenpaar (x, y), das die beiden Gleichungen ①

und ② erfullt, ist eine Losung des Gleichungssystems.

Wie viele Losungen (x, y) ein 2x2-LGS aufweist, hangt von den Parametern a,b, c, d, e und f ab. Wir unterscheiden drei Falle:

• 1 Losung (Normalfall): Die zu ① und ② gehorenden Geraden habenunterschiedliche Steigungen. Dies ist aquivalent zur Bedingung:

m1 6= m2 ⇔ ae 6= bd

Es gibt genau einen Schnittpunkt S, dessen Koordinaten (x, y) fur dieeinzige Losung des Gleichungssystems stehen.

• ∞-viele Losungen: Die zu ① und ② gehorenden Geraden sind identisch.Sie haben also gleiche Steigungen

m1 = m2 ⇔ ae = bd

und ① kann zu ② umgeformt werden. Da alle Punkte der einen Geradeauch Punkte der anderen Gerade sind, gibt es unendlich viele Losungen,die durch jede der beiden Gleichungen beschrieben werden.

• 0 Losungen: Die zu ① und ② gehorenden Geraden sind echt parallel.Sie haben zwar dieselben Steigungen

m1 = m2 ⇔ ae = bd

aber ① und ② haben disjunkte (= komplett verschiedene) Losungsmengen.Die Geraden haben keine gemeinsamen Punkte, sodass die Losungsmengedes Gleichungssystems leer ist.

Im Folgenden wird es nun darum gehen 2x2-LGS moglichst effizient zu losen. Dazu lernen wir imnachsten Abschnitt drei verschiedene Verfahren kennen. Das Ziel ist, diese drei Verfahren so gutzu kennen, dass du bei Aufgaben jeweils fast automatisch das geeignetste Verfahren anwendestund auf jeden Fall immer einen Weg kennst, mit dem du die Losung hinbekommst.

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3.2 Drei Standard-Losungsverfahren fur 2x2-LGS

Die folgenden drei Losungsverfahren sind Rezepte, wie wir bei einem 2x2-LGS zur Losung (x, y)gelangen. D.h., wir wollen momentan davon ausgehen, dass es sich jeweils um den Normalfallhandelt, sodass das LGS genau eine Losung besitzt. Ich rede nicht lange um den Brei rum,sondern zeige jedes Verfahren an einem eigenen Beispiel vor.

3.2.1 Das Gleichsetzungsverfahren

1. Gegeben sei das folgende 2x2-LGS. Der erste Schritt beim Gleichsetzungsverfahren bestehtdarin beide Gleichungen nach derselben Unbekannten aufzulosen (hier z.B. nach y):

3x = 8 + y

5x+ y = 4

②⇔

y = 3x− 8

y = 4− 5x

2. Nun setzen wir die beiden Ausdrucke fur y einander gleich und losen die daraus resultierendelineare Gleichung in x:

y = y ⇔ 3x− 8 = 4− 5x ⇔ x =3

2

3. Diese Teillosung setzen wir zuruck ein in ③ oder ④. So erhalten wir den Wert von y undhaben damit das Losungspaar ermittelt:

x =3

2in ③: y = 3 · 3

2− 8 ⇔ y = −7

2⇒ (x, y) =

(

3

2,−7

2

)

Wir erahnen, in welchen Fallen sich das Gleichsetzungsverfahren besonders empfiehlt, namlichgenau dann, wenn sich die beiden ursprunglichen Gleichungen ① und ② sehr leicht nach einer derbeiden Variablen auflosen lassen. Manchmal trifft man eine oder beide Gleichungen sogar schonso an.

3.2.2 Das Einsetzungsverfahren

1. Wir betrachten das folgende 2x2-LGS. Beim Einsetzungssverfahren starten wir damit eineder beiden Gleichungen nach einer Unbekannten aufzulosen (hier z.B. nach x):

4x− 7y = 10

x+ 5y = 7

②⇔

4x− 7y = 10

x = 7− 5y

2. Den durch ③ gegebenen Ausdruck fur x setzen wir in die andere Gleichung ① ein undlosen die daraus resultierende lineare Gleichung in y:

③ in ①: 4(7− 5y)− 7y = 10 ⇔ 28− 20y − 7y = 10 ⇔ y =2

3

3. Schliesslich setzen wir diese Losung in Gleichung ③ zuruck ein und erhalten so die andereUnbekannte x und amit auch das vollstandige Losungspaar:

y =2

3in ③: x = 7− 5 · 2

3⇔ y =

11

3⇒ (x, y) =

(

11

3,2

3

)

Das Einsetzungsverfahren durfte sich besonders dann empfehlen, wenn eine der beiden Gleichungenbereits nach einer Unbekannten aufgelost ist und das Einsetzen in die andere Gleichung nicht zukompliziert erscheint.

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3.2.3 Das Additionsverfahren

1. Beim Additionsverfahren besteht der erste Schritt darin, beide Gleichungen je so mit jeeinem Faktor zu multiplizieren, dass die Koeffizienten bei einer der beiden Unbekannten(hier: x) bis auf das Vorzeichen gleich werden:

4x− 7y = −1

6x− 9y = 2

②⇔ 3 · ① :

(−2) · ② :

12x− 21y = −3

−12x+ 18y = −4

2. Jetzt addieren wir die beiden Gleichungen. Dadurch fallt x aus der Gleichung raus und wirerhalten eine lineare Gleichung in y:

③+④: − 21y + 18y = −3 + (−4) ⇔ −3y = −7 ⇔ y =7

3

Achtung! Hier sollten wir rasch innehalten, um wirklich gut zu verstehen, weshalb wirGleichungen einfach addieren durfen!

Wenn wir auf beiden Seiten einer Gleichung denselben Wert hinzuaddieren, so ist dies eineerlaubte Umformung, durch die wir an der Losungsmenge der Gleichung nichts verandern(Aquivalenzumformung). Aber genau das machen wir beim Additionsverfahren: Gleichung③ soll ja fur ein ganz bestimmtes Losungspaar (x, y) wahr sein. Und dann addieren wirzu jeder Seite von ③ eine Gleichungsseite von Gleichung ④, die ja fur genau dasselbeLosungspaar (x, y) ebenfalls wahr sein soll. Somit entsteht beim Addieren von ③ und ④

eine neue Gleichung, die ebenfalls fur dasselbe Losungspaar (x, y) wahr sein wird. Allerdingskommt in dieser Gleichung die eine Unbekannte x gar nicht mehr vor. Genau dies nutzenwir ja aus.

3. Den gefundenen y-Wert setzen wir zuruck ein, entweder in ① oder in ②:

y =7

3in ①: 4x− 7 · 7

3= −1 ⇔ x =

23

6⇒ (x, y) =

(

23

6,7

3

)

Das Additionsverfahren scheint im ersten Moment vielleicht das umstandlichste Verfahren zu sein– und effektiv wirst du viele Aufgaben antreffen, bei denen es sich nicht empfiehlt mit diesem Ver-fahren zu arbeiten. Es gibt aber durchaus auch Falle, wo es mit diesem Verfahren sehr schnell gehenkann, namlich dann, wenn beispielsweise der eine Koeffizient von y ein Teiler des y-Koeffizientenin der anderen Gleichung ist.

Ausserdem empfiehlt sich das Additionsverfahren eben genau dann, wenn die Auflosung nach x

oder nach y beim Gleich- oder Einsetzungsverfahren “hassliche Terme”, z.B. komplizierte Bruche,liefert.

Schliesslich ist das Additionsverfahren die Methode, die uns auch in komplizierteren Fallenweiterhelfen wird, z.B. spater bei 3x3-Gleichungssystemen. Es lohnt sich also nur schon aus diesemGrund dieses Verfahren gut zu verinnerlichen.

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3.3 Behandlung der Spezialfalle

Einem Gleichungssystem sieht man manchmal direkt an, dass wir es mit einem Spezialfall, alsomit zwei parallelen Geraden zu tun haben, die entweder echt parallel oder identisch sind. Beispiel:

5x− y = 25x− y = 3

⇒ echt parallele Geraden, kein gemeinsamer Punkt ⇒ L = { }

Manchmals stosst man aber erst im Verlauf des Losens auf diese Erkenntnis. Sie zeigt sich dannin Form einer Gleichung, in der plotzlich weder x noch y enthalten ist. Ich zeige hier fur beideSpezialfalle ein Beispiel vor:

Spezialfall “echt parallel”: Ich versuche das folgende Gleichungssystem mit dem Einsetzungs-verfahren zu losen:∣

2y = 11− 8x4x+ y = 7

②⇒

2y = 11− 8xy = 7− 4x

⇒ ③ in ①: 2(7− 4x) = 11− 8x ⇔ 14− 8x = 11− 8x ⇔ 14 = 11 ???

Was sagt uns diese letzte Gleichung 14 = 11, die ganz offensichtlich falsch ist?

Sie ist im logischen Sinne das Resultat einer reductio ad absurdum, also einer Folgerungs-kette, die auf einen Widerspruch fuhrt. Solche Widerspruchsfolgerungen fuhren jeweils voneiner Annahme auf einen Widerspruch, womit dann gezeigt ist, dass die Annahme falsch ist.

Das ist hier nicht anders! Sobald wir namlich ein Gleichungssystem zu losen beginnen,haben wir implizit (= ohne es speziell zu deklarieren) die Annahme aufgestellt, dass es einLosungspaar (x, y) gibt, das beide Gleichungen lost. Diese Annahme fuhrt im obigen Beispielauf einen Widerspruch (14 = 11) und muss somit falsch sein.

Konsequenz: Das Gegenteil der Annahme muss wahr sein! (So logisch ist Mathe! ,)Es gibt folglich kein Losungspaar (x, y), das beide Gleichungen lost⇒ die beiden zugehorigenGeraden sind echt parallel und fur das LGS ist L = { }.

Spezialfall “identisch”: Folgendes Gleichungssystem gehe ich mit dem Additionsverfahren an:∣

7x− 91y = 2111x− 143y = 33

②⇒ 11 · ① :

(−7) · ② :

77x− 1001y = 231−77x+ 1001y = −231

⇒ ③+④: 0 = 0 ???

Durch die Multiplikationen mit 11 und (−7) habe ich offensichtlich versucht die Unbekanntex zu eliminieren. Das ist mir auch gelungen, aber dabei habe ich eine Gleichung fur y

erhalten, in der y selber gar nicht mehr vorkommt und die stets wahr ist (0 = 0).

Konsequenz: Jedes beliebige y kann Teil eines Losungspaares sein, ich muss nur das pas-sende x dazu wahlen! Und welches x zu einem bestimmten y passen wurde, das erfahre ichaus einer der beiden ursprunglichen Gleichungen ① oder ②.

Z.B. wurden wir fur y = 1 fur x einen Wert von x = 16 erhalten, denn 7 · 16 − 91 · 1 =112− 91 = 21.

Und wie notieren wir nun die Losungsmenge dieses Gleichungssystems? Da gibt es gar nichtviel uberlegen. Es ist eher eine Frage der Notation. Hier die direkteste Variante:

L = {(x, y) | x, y ∈ R und 7x− 91y = 21}

Das liest sich folgendermassen: “Die Losungsmenge besteht aus allen reellen Zahlenpaaren(x, y), wobei zusatzlich gilt, dass 7x− 91y = 21 sein muss.”

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3.4 Substitution – ein toller Trick

Ab und zu trifft man auf eine Situation, die zunachst mal recht kompliziert aussieht. Ein Beispiel:

√x+ y + x = 5

2x√x+y

= 3

Dieses Gleichungssystem mag wegen dem Bruch in ②, vor allem aber wegen der Wurzel in beidenGleichungen abschreckend wirken. Durch einen Trick namens Substitution vereinfacht sich dieSituation aber im Nu, wie wir gleich sehen werden.

Substitution bedeutet soviel wie “Ersetzung” (von lat. substituere = “ersetzen”). In unseren“komplizierten” Gleichungen ① und ② wollen wir also eine Ersetzung vornehmen. Und zwar bietetes sich hier an, die ganze Wurzel

√x+ y durch eine neue Variable zu ersetzen. Es sei also:

z :=√x+ y damit wird

√x+ y + x = 5

2x√x+y

= 3

②zu

z + x = 52xz= 3

Es gibt kein Argument, das uns diese Ersetzung verbieten wurde. Schliesslich hat die Wurzel√x+ y fur jedes beliebige Zahlenpaar (x, y) (mit x + y ≥ 0) einen bestimmten Wert, dem ich

durch die Substitution z :=√x+ y einfach einen neuen Namen gebe.

Die Gleichungen ③ und ④ forme ich je so um, dass ich anschliessend das Einsetzungsverfahrenanwenden kann und eine Gleichung in x erhalte, die sich schnell losen lasst:

z + x = 52xz= 3

④⇔

z = 5− x

2x = 3z

⑥⇒ ⑤ in ⑥: 2x = 3(5− x) ⇔ x = 3

Nun gilt es dieses x zuruck einzusetzen und so zunachst einmal einen Wert fur z zu erhalten:

x = 3 in ⑤: z = 5− x = 5− 3 = 2

Jetzt sind wir soweit, dass wir mittels der Werte fur x und fur z auch auf y schliessen konnen:

z =√x+ y ⇒ 2 =

3 + y ⇒ 4 = 3 + y ⇒ y = 1

Somit haben wir die Losung gefunden: (x, y) = (3, 1).

Anmerkung: Unser ursprungliches Gleichungssystem ist nichtmehr linear! Die beiden Gleichungen ① und ② enthalten mit denbeiden Wurzeln nicht-lineare Terme. Zu diesen Gleichungengehoren im x-y-Koordinatensystem keine Geraden mehr.Vielmehr handelt es sich um Kurven, die wegen der Wurzel (dieper Definition positiv sind) ein Ende aufweisen → siehe rechts.

Wir konnen in einer solchen Situation also auch nicht mehrsicher sein, dass nur 0, 1 oder ∞-viele Losungen existieren.

Dank der Substitution haben wir es aber doch fertig gebracht,den einzigen Schnittpunkt dieser beiden Kurven zu ermitteln!Die Substitution hat unser nicht-lineares Gleichungssystem,bestehend aus den beiden Gleichungen ① und ② in x und y,per Zufall in ein lineares Gleichungssystem mit den Gleichungen⑤ und ⑥ in x und z umgewandelt. Dieses hat dann wieder eineeindeutige Losung (x, z), und daraus folgt schliesslich auch eineindeutiger Wert fur das y unter der Wurzel.

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3.5 Das Determinantenverfahren

Zum Schluss dieses Kapitels wollen wir ein weiteres Losungsverfahren kennenlernen. Mit dem(merkwurdigen?!) Determinantenverfahren lasst sich ein 2x2-LGS ohne grosses Nachdenkennach einem sturen Rezept losen. Dafur muss das System allerdings in der Form

ax+ by = c

dx+ ey = f

gegeben sein (oder in diese Form gebracht werden) – ① und ② sind implizite Geradengleichungen!Ich zeige zuerst am konkreten Beispiel vor, wie das Verfahren funktioniert. Erst danach setzen

wir uns damit auseinander, weshalb es dies denn tut. . .

Vorgabe: Gegeben sei das folgende 2x2-LGS:

Berechnung der Hauptdeterminante D: Wir schreiben die Koeffizienten in der x- und in dery-Spalte separat heraus und notieren sie resp. rechnen mit ihnen wie folgt:

D =

3 24 6

:= 3 · 6− 2 · 4 = 18− 8 = 10

Diese Rechnung liefert die Hauptdeterminante D unseres Gleichungssystems. In unseremBeispiel betragt sie offenbar D = 10.

Schauen wir uns genau an, was da wie gerechnet wurde, so finden wir die “Uberskreuz”-Rechnung, der wir in Abschnitt 3.1 schon einmal in ahnlicher Weise begegnet sind:

N.B.: Die zwei senkrechten Striche |2| links und rechts kennzeichnen sowohl Gleichungs-systeme, wie auch Determinanten – ist halt so! Die beiden Objekte sind ja nicht besondersschwierig voneinander zu unterscheiden: In Gleichungssystemen besteht jede Zeile aus einerGleichung, in Determinanten haben wir lauter Einzeleintrage in Spalten und Zeilen.

Berechnung der Nebendeterminanten Dx und Dy: Zur Berechnung der Nebendetermi-nante Dx nehmen wir die noch unausgerechnete Hauptdeterminante D und ersetzen dieKoeffizienten, die aus der x-Spalte des ursprunglichen Gleichungssystems stammen, durchdie Koeffizienten aus der Konstantenspalte:

Analog ersetzen wir zur Berechnung der Nebendeterminante Dy die Koeffizienten aus dery-Spalte durch diejenigen aus der Konstantenspalte:

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Berechnung der Losung (x, y): Sind D, Dx und Dy erst einmal berechnet, geht es ganzschnell. Es ist dann namlich:

x =Dx

D=

10

10= 1 und y =

Dy

D=

−5

10= −1

2⇒ (x, y) =

(

1,−1

2

)

Ein zweites, kompaktes Beispiel

Mit diesem zugigen Abschluss ist das Determinantenverfahren ab und zu wirklich sehr empfeh-lenswert. Das gilt besonders bei etwas muhsameren Zahlen. Das mochte ich an einem zweitenBeispiel ohne weitere Kommentare vorzeigen:

18x+ 23y = 10017x+ 22y = 100

⇒ D =

18 2317 22

= 18 · 22− 23 · 17= (20− 2)(20 + 2)− (20 + 3)(20− 3)

= 400− 4− (400− 9) = −4 + 9 = 5

Dx =

100 23100 22

= 100 · 22− 23 · 100 = −100

Dy =

18 10017 100

= 18 · 100− 100 · 17 = 100

⇒ x =Dx

D=

−100

5= −20 und y =

Dy

D=

100

5= 20

⇒ (x, y) = (−20, 20)

Stelle dir vor, wie muhsam hier wohl das Gleichsetzungs- oder das Einsetzungsverfahren gewesenware. . . !

Gultigkeit des Determinantenverfahrens und Spezialfalle

Wir wollen uns davon uberzeugen, dass das Determinantenverfahren wirklich verlassliche Resultateliefert. Dazu leiten wir die Losung des 2x2-LGS, bestehend aus zwei impliziten Geradengleichungenganz allgemein her.

Es sei also einmal mehr:∣

ax+ by = c

dx+ ey = f

②mit a, b, c, d, e, f ∈ R

Gemass unseren Beispielen sind die drei Determinanten und somit die Losungen des 2x2-LGSgegeben durch:

D =

a b

d e

= ae− bd Dx =

c b

f e

= ce− bf Dy =

a c

d f

= af − cd

⇒ (x, y) =

(

Dx

D,Dy

D

)

mit x =Dx

D=

ce− bf

ae− bdund y =

Dy

D=

af − cd

ae− bd

Genau diese Losung sollten wir nun erhalten, wenn wir das Gleichungssystem mit einem anderen,bereits bewahrten Verfahren allgemein losen.

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Ich lose das 2x2-LGS mit dem Additionsverfahren und eliminiere zuerst die Unbekannte y:

ax+ by = c

dx+ ey = f

②⇒ e · ① :

(−b) · ② :

aex+ bey = ce

−bdx− bey = −bf

Nun addieren wir die beiden Gleichungen, sodass y wegfallt und wir eine lineare Gleichung in x

erhalten:

③+④: aex− bdx = ce− bf ⇔ x(ae− bd) = ce− bf ⇒ x =ce− bf

ae− bd

X=

Dx

D

Das passt schonmal. Die Losung fur x ist also die Richtige. Setzen wir dieses x zuruck ein,beispielsweise in ①, so ergibt sich fur y:

x in ①: a · ce− bf

ae− bd+ by = c ⇒ a(ce− bf) + by(ae− bd) = c(ae− bd)

⇔ ace− abf + by(ae− bd) = ace− bcd

⇔ by(ae− bd) = abf − bcd

⇔ by(ae− bd) = b(af − cd)

⇔ y(ae− bd) = af − cd

⇔ y =af − cd

ae− bd

X=

Dy

D

Tatsachlich haben wir fur x und y genau die Losungen erhalten, die sich auch mit dem Determi-nantenverfahren ergeben.

Aber halt! Da gab es doch noch Spezialfalle! Liefert das Determinantenverfahren jetzt plotz-lich auch eine Losung (x, y), wenn die beiden durch ① und ② beschriebenen Geraden parallelzueinander liegen?

Nein, es ist alles in bester Ordnung, denn wenn wir kurz in die zwischenzeitliche Zusammen-fassung auf Seite 8 zuruckschauen, sehen wir, dass ae 6= bd sein muss, wenn genau eine Losungfur das 2x2-LGS existieren soll. Im Fall ae = bd haben wir es mit einem Spezialfall zu tun (echteParallelitat oder Identitat der Geraden).

Aber genau fur ae = bd verschwindet unsere Hauptdeterminante:

ae = bd ⇔ D = ae− bd = 0

Das bedeutet, dass die Nenner von x = Dx

Dund von y = Dy

Dgleich Null sind, was bekanntlich

verboten ist. Der Wert eines Bruchs mit einer Null im Nenner ist nicht definiert! Folglich gibt esin diesem Fall keine eindeutige Losung (x, y).

Die Determinante D = ae− bd ist somit ein einfaches Losbarkeitskriterium fur ein LGS:

D 6= 0 ⇔ Normalfall mit 1 Losung (x, y)

D = 0 ⇔ Spezialfall mit 0 oder ∞-vielen Losungen

Eine letzte Anmerkung zur Namensgebung

Haupt- und Nebendeterminante sind keine offiziell verwendeten Ausdrucke. Sie bieten sich andieser Stelle an, um einfach uber die Sache sprechen zu konnen. In der mathematischen Fachlite-ratur gibt es diese Unterscheidung so nicht. Es wird einfach von Determinanten gesprochen, diedann fallbezogen eigene Namen erhalten.

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