14
H. STUMPF, Linearisierung des-schwerebehafteten-Gleitproblems 31 ZAMM 47 (1067) Heft 1, Seite 31-44 Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems*) Von H. STUMPF Es werden die Zusammenhange zwischen Boden form, Druckvevteilung und Widerstand eiiier stationar iiber die ungestiirte Wasseroberfliiche bewegten Gleitfltkhe urctersucht, wobei eine Trennung des Geschwindig- keitspotentials in einen von dcr Erdschwere unabhtingigen sowie in einen von der Erdschwere abhiingigen Anteil durchgefiihrt wird. Das schwerefreie Geschwindigkeitspotential, das den Gleituorgung fGr unendlich grope Froudesche Zahl bpschreibt und dus alle wesentlichen Irregularitaten dea Gleitproblema beinhaltet, liefert die schwercfreie Form der Gleitflache sowie Spritz- uitd induzierten Widerstand. 1)er den Xchwere- einflup darstellende Potentialantedl gesta,ttet eine Berechnung der hiderung. die die Form dcr Druckflache infolge Wirkung der Erdschwere erfahrt und die fiir breite Gleitflachen und grope Z'r oudesche Zahl linearisiert werden kann. Hiermit ergibt sich f6r dns sehwerebehaftete Gleiten eine einfache Beziehung zwischen Druck- verteilung und Bodenform, wobei man als dritle Widerstandskomponente einen der Erdschwere proportionalen Widerstand erhclt. The investigation concerns the relations between surface configuration, pressure distribution, and resist- ance for stationnry motion. of a surfnce gliding ouer a n undisturbed water surface. The velocity potential is split into two parts, the one independent oi gruvity and the reminder depending on gravity. The former, which corresponds to an. infinite Froude number, eomprehenda all essen.tial irregularities of pluming pheno- mena; it yields the gravity-free form of the surface as well as splash and induced resistance. The other part of the velocity potenthl which takes account of gmvity yields the component of the surface due to gravity; for broad and short surface and large F r o u d e nuinbcr this component may be Eimearizd. I,it this uruy a simple relation. i s obtained between pressure distribution and surface configuration lor glidiwg under gravity, with a third reaistunce component due to gravity. B pa6o~e MccneAyroTcR ~~~311 MC;K;RY QOPMOIUI rPYHTa, pacnpenenemeiv EasneHm EI co- IIpOTIlBJIeHEIeM CTaUHOHZipEIOXBlXXYmeaCflnOBepXHOCTH Cl~OJlh>li~~IllR no HeBOBIlYQeHHOfi no- BePXHOCTEl BOAbI. npzl 3TOM IlOTeHIllXaJI CKOpOCTIi pa3AeJIReTCR Ha HBe WICTM: OAHa 3aBEICIIT OT TFI>Ki!CTM 3CH;Ikl, a HpyraR HeT. 3Ta BTOpaR YaCTb IIOTeHlllla,?a CIiOPOCTLi, KOTOpaFI OIIHCbIBaeT rynflpH0CTEIIIp06neMbl CIiO.Tlb)feeHEIfl, naeT He3aBEiCHIIXylO OT TRXWTEI aeMJlEI #OpMy IlOBepXHOCTll ApyraH YaCTb IlOTeHIlEIaJla CKOPOCTEI Il03BOJlfleT BbIgMCJIMTb Il3MeHCHEIC @OpMbI IIOBepXHOCTEI CKOJIbXeHEIR Il3-3a HefiCTBEIR TRXeCTII 3CMJII4, KOTOpOe MOXHO JlEIHeapH3HpOBaTb AJIH lUHPOKMX CIiOJlbXN3HIlfl IIOA A&iCTBEICM TSiImeCTM 3eMJlEI llOJ13.YaeTC%l IlpOCTOC? COOTHOIUeHHe MeXtcny paC- IIpeneJICHHCMAaBJIeHEIH EI @OpMOfi I'py HTa, IIpll3TOM L3 KageCTBe TpeTbeB KOMIIOHeHTbI COIIpOTklB- JIeHlXfl n0nyYaeTCH COIIpOTEIBJIeHHe IIpOIlOp~HOHaJIbHOe TJl>ltCCTH BC'MJIM . AsMmeHxe nna SecrcoHewio 6onbmoro mcaa #po yna EI coaepmm ncc cy~ec~se~~s~e Hepe- wonb>KeHxm,a TaKHie COIIpOTHBneHHe p a 3 6 p ~ 3 r n s a ~ ~ ~ 1.1 umyuuposamoe conponmsenue. IIOBepXHOCTe~ CKOJlb~xC?llM>I 11 IlpH 6on1~mo~i YllCJIe QpOyHa. TaliMM nyTdM nn$I CJIyYaR I. Einleitung In einer grof3eren Zahl von Veroffentlichungen haben verschiedene Autoren die stationare Bewegung von Gleitflachen iiber die in Ruhe befindliche Wasseroberflache mit dem Ziel unter- sucht, eine Klarung der Zusammenhange zwischen Druckverteilung, Form der Gleitflache und Widerstand zu geben. HOGNER [l, 21 ersetzte die Gleitflache durch eine a h FOURIER-Integral dargestellte Druckverteilung und bestimmte hierfur den Wellenwiderstand, ohne dabei auf die Form des Gleitbodens einzugehen. WAGNER [2, 31 betrachtete den Grenzfall des schnellen Gleitens bei unendlich grof3er FROUDE- scher Zahl, bei dem der EinfluR der Erdschwere verschwindet. Ausgehend von einer vorgegebenen Gleitflachenform konnte WAGNER eine Parallele zwischen dem schwerefreien Gleiten und der Trag- flugeltheorie aufzeigen : Im groRen regularen ,,Hauptbereich" wirkt auf den Boden der Gleit- flache die gleiche Druckverteilung wie auf die Unterseite eines gleichgeformten Tragfliigeis. Der induzierte Widerstand wird zum Wellenwiderstand. In einem unendlich kleinen singularen Be- reich am Vorderrand der Gleitflache entsteht ein Spritzer, der mit der doppelten Gleitgeschwindig- keit nach vorne abgeschleudert wird. Dem irregularen Bereich an der Vorderkante der Gleit- flache entspricht beim Tragflugel der irregulare Bereich, in dem die Saugkraft auftritt. Durch den Wegfall der Saugkraft bedingt weist die Gleitflache einen Spritzwiderstand auf. In einer Anzahl weiterer Arbeiten behandelten MARUO [5, 61 und Wu [7] das schwerebehaf- tete Gleiten, wobei Wu fur das Beispiel der breiten Gleitflache bei elliptischer Druckverteilung den Wellenwiderstand linearisierte. Danach kann dieser als Summe aus einem von der Erd- schwere unabhangigen sowie aus einem dem Quadrat der FRouDEschen Zahl umgekehrt proportio- nalen Glied dargestellt werden. Unberucksichtigt blieben hierbei Bodenform und Spritzwider- stand. *) Auszug aus der Aachener Dissertationsarbeit des Verfassers. Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. HERBERT WAGNER ist der Verfasser fur die Anregung zu dieser Arbeit sowie fur viele Diskussionen sehr zu Dank verpflichtet.

Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des-schwerebehafteten-Gleitproblems 31

ZAMM 47 (1067) Heft 1, Seite 31-44

Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems*) Von H. STUMPF

Es werden die Zusammenhange zwischen Boden form, Druckvevteilung und Widerstand eiiier stationar iiber die ungestiirte Wasseroberfliiche bewegten Gleitfltkhe urctersucht, wobei eine Trennung des Geschwindig- keitspotentials in einen von dcr Erdschwere unabhtingigen sowie in einen von der Erdschwere abhiingigen Anteil durchgefiihrt wird. Das schwerefreie Geschwindigkeitspotential, das den Gleituorgung fGr unendlich grope Froudesche Zahl bpschreibt und dus alle wesentlichen Irregularitaten dea Gleitproblema beinhaltet, liefert die schwercfreie Form der Gleitflache sowie Spritz- uitd induzierten Widerstand. 1)er den Xchwere- einflup darstellende Potentialantedl gesta,ttet eine Berechnung der hiderung. die die Form dcr Druckflache infolge Wirkung der Erdschwere erfahrt und die fiir breite Gleitflachen und grope Z'r oudesche Zahl linearisiert werden kann. Hiermit ergibt sich f6r dns sehwerebehaftete Gleiten eine einfache Beziehung zwischen Druck- verteilung und Bodenform, wobei man als dritle Widerstandskomponente einen der Erdschwere proportionalen Widerstand erhclt.

The investigation concerns the relations between surface configuration, pressure distribution, and resist- ance for stationnry motion. of a surfnce gliding ouer a n undisturbed water surface. The velocity potential i s split into two parts, the one independent oi gruvity and the reminder depending on gravity. The former, which corresponds to an. infinite Froude number, eomprehenda all essen.tial irregularities of pluming pheno- mena; it yields the gravity-free form of the surface as well as splash and induced resistance. The other part of the velocity potenthl which takes account of gmvity yields the component of the surface due to gravity; for broad and short surface and large F r o u d e nuinbcr this component may be Eimearizd. I,it this uruy a simple relation. i s obtained between pressure distribution and surface configuration lor glidiwg under gravity, with a third reaistunce component due to gravity.

B pa6o~e MccneAyroTcR ~ ~ ~ 3 1 1 MC;K;RY QOPMOIUI rPYHTa, pacnpenenemeiv EasneHm EI co- IIpOTIlBJIeHEIeM CTaUHOHZipEIO XBlXXYmeaCfl nOBepXHOCTH C l ~ O J l h > l i ~ ~ I l l R no HeBOBIlYQeHHOfi no- BePXHOCTEl BOAbI. npzl 3TOM IlOTeHIllXaJI CKOpOCTIi pa3AeJIReTCR Ha HBe WICTM: OAHa 3aBEICIIT O T TFI>Ki!CTM 3CH;Ikl, a HpyraR HeT. 3Ta BTOpaR YaCTb IIOTeHlllla,?a CIiOPOCTLi, KOTOpaFI OIIHCbIBaeT

rynflpH0CTEI IIp06neMbl CIiO.Tlb)feeHEIfl, naeT He3aBEiCHIIXylO OT TRXWTEI aeMJlEI # O p M y IlOBepXHOCTll

ApyraH Y a C T b IlOTeHIlEIaJla CKOPOCTEI Il03BOJlfleT BbIgMCJIMTb Il3MeHCHEIC @OpMbI IIOBepXHOCTEI CKOJIbXeHEIR Il3-3a HefiCTBEIR TRXeCTII 3CMJII4, KOTOpOe MOXHO JlEIHeapH3HpOBaTb AJIH lUHPOKMX

CIiOJlbXN3HIlfl IIOA A&iCTBEICM TSiImeCTM 3eMJlEI llOJ13.YaeTC%l IlpOCTOC? COOTHOIUeHHe MeXtcny paC- IIpeneJICHHCM AaBJIeHEIH EI @OpMOfi I'py HTa, IIpll3TOM L3 KageCTBe TpeTbeB KOMIIOHeHTbI COIIpOTklB- JIeHlXfl n0nyYaeTCH COIIpOTEIBJIeHHe IIpOIlOp~HOHaJIbHOe TJl>ltCCTH BC'MJIM .

AsMmeHxe nna SecrcoHewio 6onbmoro mcaa #po yna EI coaepmm ncc c y ~ e c ~ s e ~ ~ s ~ e Hepe-

wonb>KeHxm, a TaKHie COIIpOTHBneHHe p a 3 6 p ~ 3 r n s a ~ ~ ~ 1.1 umyuuposamoe conponmsenue.

IIOBepXHOCTe~ CKOJlb~xC? l lM>I 11 IlpH 6on1~mo~i YllCJIe QpOyHa. TaliMM nyTdM nn$I CJIyYaR

I. Einleitung

In einer grof3eren Zahl von Veroffentlichungen haben verschiedene Autoren die stationare Bewegung von Gleitflachen iiber die in Ruhe befindliche Wasseroberflache mit dem Ziel unter- sucht, eine Klarung der Zusammenhange zwischen Druckverteilung, Form der Gleitflache und Widerstand zu geben. HOGNER [l, 21 ersetzte die Gleitflache durch eine a h FOURIER-Integral dargestellte Druckverteilung und bestimmte hierfur den Wellenwiderstand, ohne dabei auf die Form des Gleitbodens einzugehen.

WAGNER [2, 31 betrachtete den Grenzfall des schnellen Gleitens bei unendlich grof3er FROUDE- scher Zahl, bei dem der EinfluR der Erdschwere verschwindet. Ausgehend von einer vorgegebenen Gleitflachenform konnte WAGNER eine Parallele zwischen dem schwerefreien Gleiten und der Trag- flugeltheorie aufzeigen : Im groRen regularen ,,Hauptbereich" wirkt auf den Boden der Gleit- flache die gleiche Druckverteilung wie auf die Unterseite eines gleichgeformten Tragfliigeis. Der induzierte Widerstand wird zum Wellenwiderstand. In einem unendlich kleinen singularen Be- reich am Vorderrand der Gleitflache entsteht ein Spritzer, der mit der doppelten Gleitgeschwindig- keit nach vorne abgeschleudert wird. Dem irregularen Bereich an der Vorderkante der Gleit- flache entspricht beim Tragflugel der irregulare Bereich, in dem die Saugkraft auftritt. Durch den Wegfall der Saugkraft bedingt weist die Gleitflache einen Spritzwiderstand auf.

In einer Anzahl weiterer Arbeiten behandelten MARUO [5, 61 und Wu [7] das schwerebehaf- tete Gleiten, wobei Wu fur das Beispiel der breiten Gleitflache bei elliptischer Druckverteilung den Wellenwiderstand linearisierte. Danach kann dieser als Summe aus einem von der Erd- schwere unabhangigen sowie aus einem dem Quadrat der FRouDEschen Zahl umgekehrt proportio- nalen Glied dargestellt werden. Unberucksichtigt blieben hierbei Bodenform und Spritzwider- stand.

*) Auszug aus der Aachener Dissertationsarbeit des Verfassers. Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. HERBERT WAGNER ist der Verfasser fur die Anregung zu dieser Arbeit sowie fur viele Diskussionen sehr zu Dank verpflichtet.

Page 2: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

32 H. STUMP+, Linearisierung des schwerebehaft.eten Gleitproblems

11. Geschwindigkeitspotential des Gleitproblems

1. Hogner sches Geschwind igke i t spo ten t i a l

Wir untersuchen die stationare, reibungsfreie Bewegung einer beliebigen Gleitflache uber die in Ruhe befindliche Wasseroberflache, wobei zunachst die Gleitflache durch eine Druckver- teilung ersetzt wird. Wir wahlen ein mit dem Druckbereich mitbewegtes Koordinatensystem

Bild 1

und der BERNoULLIschen Gleichung

(x, y, z) , in dem man denselben stationairen Geschw’lndig- keitszustand erhalt wie bei festgehaltener Gleitflache, die von einer Stromung mit der Geschwindigkeit U ange- stromt wird. Die x, y-Ebene des Koordinatensystems falle mit der ungestorten Wasseroberflache zusammen. Mit ( E , 7) bezeichnen wir die Koordinaten eines Druck- punktes, mit 5 die Erhebung der Wasseroberflache uber den ungestorten Wasserspiegel (Bild 1).

Der Bewegungszustand des schwerbehafteten Gleit- problems wird durch das Geschwindigkeitspotential p beschrieben, aus dem sich die Komponenten der Storge- schwindigkeit ergeben :

Das Potential p mu13 der Kontinuitatsgleichung

(11.2)

sowie an der Wasseroberflache der kinematischen Ober- flachenbedingung

(11.3) ax

(11.4) - + 9 C - U ( % ) P = o e z = o

genugen. Dabei wurde angenommen, da13 die Storgeschwindigkeit klein gegenuber der Gleit- geschwindigkeit U ist, was eine Linearisierung der Gleichungen (11.3) und (11.4) gestattete und die Moglichkeit bietet, die Randbedingungen bei z = 0 statt bei z = 5 zu erfullen.

Weit unterhalb der Wasseroberflache sowie weit vor dem Druckbereich mu13 die Storung abgeklungen sein :

(11.5), (11.6) pz=-m - - 0, f&-.+w = 0.

Setzt man die Druckverteilung p ( f , 7) als FOURIER-Integral in komplexer Schreibweise an, so crgibt sich aus den Gleichungen (11.1) bis (11.5) als Losung das Geschwindigkeitspotential :

(11.7) +-m + w

wobei die iibliche Bezeichnung

(11.8)

eingefuhrt wurde.

2. S c h w eref r e ies Ge s c h win d ig k e i t s p o t e n t i a l

Wahrend Gleichung (11.7) das von HOGNER erstmals angegebene Geschwindigkeitspotential des schwerebehafteten Gleitproblems darstellt, sol1 nun das Geschwindigkeitspotential p1 be- stimmt werden, das den Bewegunszustand ohne Berucksichtigung der Erdschwere beschreibt. p2 sei dann der Potentialanteil, der den EinfluB der Erdschwere gesondert erfa13t:

(11.9) p(x, y, 2) = Ql& y, 4 + p2@, y, 2).

Page 3: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems 33

Mit ul, u,, w1 und 5, bezeichnen wir die Geschwindigkeitskomponenten bzw. die Oberflachen- erhebung bei schwerefreier Bewegung, mit u2, v,, w2 und c2 die durch die Wirkung der Erdschwere bedingte Anderung der Geschwindigkeitskomponenten bzw. Anderung der Oberflachenerhebung.

Die Gleichungen (11.1) bis (11.6) konnen in entsprechender Weise fur das schwerefreie Ge- schwindigkeitspotential q1 angesetzt werden, wobei die BERNoULLIsche Gleichung (11.4) mit (11.9) die Bedingungen liefert :

Setzt man den Druck wieder als FOURIER-Integral an, so erhalt man mit (11.10):

--M - w --m --m

Hierbei ist ql,0(y, z ) in der Weise zu bestimmen, dalj das Geschwindigkeitspotential ql(x, y, z ) fur grolje x-Werte gemalj Bedingung (11.6) verschwindet. Geht man in Gleichung (11.12) mit x gegen unendlich, so ergibt sich :

+a,

(I I. 13)

--M -a, --m

Mit (11.13) liefert (11.12)

t m +a, t - m

--M --M --M

Das Geschwindigkeitspotential (11.14) definiert eindeutig den Bewegungszustand fur den Grenzfall des schwerefreien Gleitens, d. h. bei unendlich groljer FRouDEscher Zahl, unter der ein- gefuhrten Voraussetzung einer kleinen Neigung der Wasseroberflache. Ein Geschwindigkeits- potential, das dem schwerefreien Potential der Gleitflache (11.14) entspricht, leitet VON KLRMLN [8] fur einen Tragflugel in allseitiger Luftstromung ab, wobei er den Tragflugel durch eine Zirku- lationsverteilung ersetzt.

3. S c hw e r e a n t e i 1 d e s Hog n e r s c h e n G e s c h w i n d ig k e i t s p o t e n t i a 1 s

Der den Einflulj der Erdschwere darstellende Potentialanteil q2 kann aus (11.9) durch Ein- setzen von (11.7) und (11.14) bestimmt werden:

(IT. 15)

J J J J --M -a, --M -a,

-a, -a, - w

Der erste Integralausdruck von (I 1.15) weist ebenso wie das HoGNERsche Geschwindigkeits- potential (11.7) eine singulare Stelle auf, die eine Unbestimmtheit des Bewegungszustandes zur Folge hat. Um diese Unbestimmtheit zu beheben, sol1 zunachst der CAuoHYsche Hauptwert des ersten Integrals ermittelt werden. Dazu fuhren wir Polarkoordinaten ein :

(I I. 1 6) a = r cos 8, /3 = r sin 6, und setzen (I I. 17) X ( 8 ) = (x - E ) cos 8 + (y - 17) sin 8,

3

Page 4: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

34 H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

womit man erhalt : (I I. 18)

Der Hauptwert des Integrals (11.18) 1aBt sich durch Integration in der komplexen Ebene bestim- men, wenn man langs der in den Bildern 2 und 3 angegebenen Integrationswege integriert.

Bild 2 Bild 3

Fur X ( 6 ) > 0 folgt :

sowie fur X ( 6 ) < 0: W 00

Setzt man (11.19) und (11.20) in (11.18) und dies in (11.15) ein, so ergibt sich das Schwerepotential 9 2 zu:

X(6) > 0 X ( 6 ) < 0 I -I-

X(6) > 0 X(&) < 0

-w -cc -W

Hierbei ist die Integration der Ausdriicke von (11.21) nur uber die durch die Restriktionen angegebenen Bereiche auszufuhren. Der Potentialanteil y2,0 ist so zu bestimmen, daB man mit Randbedingung (11.6) diejenige Losung erhalt, die keine Bewegung des Wassers weit vor dem Druckbereich liefert. Wie gezeigt werden kann, fuhrt diese Bedingung zu dem Ergebnis :

Page 5: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems 35

Wahrend der Imaginarleil von Gleichung (11.21) null wird, erhalt man nach Einsetzen von (11.22) sowie nach Berucksichtigung der Restriktionen in den Integrationsgrenzen :

( [x -~ lcos2y . - [y -T l s inQ - J cos3 6 + cos ~

LCOSZ 8 Ix-bl arctg ~

Iy-vl

12-€1 srctg- IY-vi M /n n

0 J

+n/2

+276 --cicos 4 -1Y-

x s sin (s z ) - - cos (sz)

cos2 6 x2

s2 + - c0s4 8

-ly-vlsin 8)) - ds

x s sin (s z ) - - cos (sz)

cos2 6 x2

-ly-vlsin 8)) - ds ss + -

c0s4 8

s sin ( s z ) - x 9 c o s ( s z ) x

) - x2

-q/sin 4)

5-2 + __ c0s4 6

s sin ( s z ) - x 9 c o s ( s z ) x

) - x2

-q/sin 4)

5-2 + __ c0s4 6

Gleichung (11.23) stellt den von der Erdschwere abhangigen Anteil des HocNERschen Geschwindig- keitspotentials dar. Geht man hierin mit der Erdschwere gegen null, so wird dieser Ausdruck, wie sich verifizieren laflt, null.

111. Form der Gleitflache beim schwerefreion Gleiten

4. Bel ieb ige D r u c k b e r e i c h e

Wir berechnen die Form der Druckflache, wobei wir diese zunachst fur den Fall des schwere- freien Gleitens betrachten. Anschlieflend bestimmen wir die Anderung, die die Druckflache durch die Wirkung der Erdschwere erfahrt. Hierbei wollen wir uns beschranken auf eine Untersuchung der Neigung der Bodenflache in Bewegungsrichtung. Nicht eingegangen werden sol1 auf die Hoch- lage der Gleitflache sowie ihre Neigung quer zur Bewegungsrichtung.

Das schwerefreie Geschwindigkeitspotential (11.14) kann, wie sich durch einige Umformun- geri zeigen laflt, auf die folgende, gleichwertige Darstellung gebracht werden :

Ein analoges Potential leitet in der Tragfliigeltheorie TRUCKENBRODT [9] ab, indem er den Trag- fliigel durch Elementarhufeisenwirbel ersetzt, damit nach BIOT-SAVART das Geschwindigkeitsfeld und hieraus das Potential bestimmt.

Maflgebend fur die Form der Gleitflache ist die Vertikalkomponente der Storgeschwindigkeit innerhalb des Druckbereiches in unmittelbarer Nahe der Wasseroberflache. Hierfur wird der Integrand von (111.1) singular, weshalb bei der Integration uber die Spannweite der singulare Bereich y - E 5 7 5 y + E mit E < 2 b auszuklammern und gesondert zu berechnen ist. Setzt man voraus, da13 die Druckverteilung in Spannweitenrichtung stetig ist und eine stetige Ableitung

3*

Page 6: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

36 H. STUNPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitprobleins

besitzt, so kann der Beitrag der singularen Stelle bestimmt werden. Fur den Grenzfall z -+ 0 erhalt man schliel3lich bei einer Beschrankung auf die wesentlichen Glieder :

Das Geschwindigkeitspotential (111.2) beschreibt den schwerefreien Bewegungszustand in unmittelbarer Nahe der Wasseroberflache. Durch Differentiation nach z ergeben sich daraus die Vertikalkomponente der Storgeschwindigkeit und mit (11.3) die Neigung der Gleitflache in Bewe- gungsrichtung :

m

Gleichung (111.3) liefert eine allgemeine Darstellung der Gleitflachenform bei schwerefrziem Gleiten. 1st die Druckverteilung der Gleitflache vorgegeben - auflerhalb der Gleitflache ist sie null -, so 1aRt sich hieraus die zugehorige Bodenform ermitteln. 1st dagegen die Form der Gleit- flache bekannt, so stellt (111.3) eine Integralgleichung zur Bestimmung der Druckverteilung dar.

Vergleicht man das erhaltene Ergebnis mit den Resultaten der Tragflugeltheorie, so zeigt dies, daR bei gleicher Druckverteilung auf den Boden der Gleitflache sowie auf die Unterseite eines diinnen Tragflugels die schwerefreie Gleitflache und der Tragflugel die gleiche Form aufweisen, was die von WAGNER auf andere Weise gewonnenen Ergebnisse bestatigt. Wir betrachten zwei interessante Grenzfalle von Gleichung (111.3), die in einfacher Weise ein Eingehen auf die am Vorderrand einer Gleitflache auftretende Singularitat gestatten : die unendlich breite Gleitflache, d. h. das ebene Problem, sowie die breite Gleitflache.

5. E b e n e s P r o b l e m

Beim ebenen Problem ist die Druckfunktion unabhangig von der Breitenkoordinate 17. Damit kann in (111.3) uber 17 von - 00 bis + 00 integriert werden, woraus folgt:

+ a

(I 11.4)

~

I

- I + 7 J/a

-a

Gleichung (111.4) beschreibt die Form einer unendlich breiten, schwerefreien Gleitflache.

Von besonderer Bedeutung fur das ebene Gleitproblem ist die aus der Tragflugeltheorie bekannte Druckverteilung :

(111.5)

die an der Vorderkante eine Irregularitat aufweist, da hier der Druck fur E J O mit E - ~ / ~ gegen unendlich geht (Bild 4). Setzt man (111.5) in (111.4) ein und fuhrt die Integration aus, so ergibt sich als Gleitflachenform die angestellte, ebene Platte mit einer konstanten Neigung (Bild4). Bei 2 = + Q allerdings wird die Neigung unendlich groB, was eine nahere Untersuchung dieser Stelle erforderlich macht.

Zur Vermeidung des unendlich groBen Druckes an der Vorder- kante wahlen wir statt (111.5) die Druckfunktion :

Bild 4 rnit 8 4 0 (Bild5), die bei 5 = f a eine endliche Druckspitze besitzt.

Page 7: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems 37

Berechnet man die Gleitflachenform (111.4) fiir die Druckverteilung (111.6), so liefert dies nach Ausfuhrung der Integration:

wobei P die auf die Gleitflache wirkende.Druckkraft bedeutet. Definiert man eine Zahl E derart, dalj (I I I .8) 1s < 8 < 1 fur S - t O gilt, so beschreibt Gleichung (111.7) die in Bild 6 dargestellte Oberflachenform. Danach erhalt man, von dem kleinen Bereich E abgesehen, eine konstante Neigung der Gleitflache vom Betrage:

(I I I .9)

An der Vorderkante der Gleitflache biegt die Oberflache hakenformig nach unten ab und weist bei x + + a eine unendlich grol3e Neigung auf, was der eingefiihrten Voraussetzung einer

I /I J7 t

Bild 5 Bild 6 Bild 7

kleinen Oberflachenneigung widerspricht. Daher ist der singulare Bereich e aus dem erhaltenen Ergebnis auszuklammern und gesondert zu betrachten.

Eine Untersuchung der am Vorderrand einer Gleitflache auftretenden Irregularitat wurde von WAGNER durchgefiihrt, der, von einer vorgegebenen Gleitflache ausgehend, nachweisen konnte, da13 in diesem Bereich die Bedingung einer stetigen Kriimmung der Gleitflache zur Entstehung eines Spritzers fiihrt, der mit der Gleitgeschwindigkeit U nach vorne abgeschleudert wird, wobei die Wasseroberflache im Spritzer eine Neigung von nahezu 180" annimint (Bild 7).

6. B r e i t e D r u c k f l a c h e Uer Grenzfall der breiten Gleitflache folgt aus der allgemeirien Gleichung (111.3), wenn man

hierin die Voraussetzung einfiihrt, dalj das Seitenverhaltnis A der breiten Gleitflache sehr vie1 kleiner als eins sei:

a b 1 =-< 1 . (I I I. 10)

Entwickelt man die Integranden der in Gleichung (111.3) auftretenden Integrale fur kleine Werte von (X - E)/(y - 7) bzw. (x - ( ) / a , so erhalt man nach einigen Umformungen:

-a -a -b

Der erste Ausdruck von Gleichung (111.11) liefert die Form der breiten Gleitflache, die mit der einer unendlich breiten Gleitflache iibereinstimmt. Bei Druckverteilungen, die an der Vorder- kante eine Irregularitat E - ~ / ~ aufweisen, treten analog zum ebenen Problem irregulare Bereiche der Oberflachenneigung auf, die bei stetiger Kriimmung der Gleitflache zum Entstehen von Spritzern fiihren. Bei endlicher Breite weist die Gleitflache eine zusatzliche, nur von der Druckverteilung quer zur Bewegungsrich tung abhangige Neigung auf, dargestellt durch den zweiten Ausdruck von (111. I l), die der induzierten Neigung eines breiten Tragfliigels entspricht.

IV. Einflull der Erdschwere auf die Form der Druckflache 7. Bel ie b ig e D r u c k b ere ic he

Der Einflul3 der Erdschwere auf die Neigung der Druckflache in Bewegungsrichtung kann aus dem Schwerepotential (11.23) unter Beriicksichtigung von (11.3) bestimmt werden :

(IV.1)

Page 8: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

38 H. STUMPF, Linearisierung des sohwerebehafteten Gleitproblems

wobei die Funktion K(6, x, q, y, z ) definiert ist zu: Z/2

eBz cos [j3 (y - q)] j3 dj3 - sign (x -- 6) x 0

sin 6) -~ ] ,,d,:* +

1 % - € 1 co arctg __

IZI-nl I" ..

J 0

- s ( l x -

x sin (s z) s cos (sz) + ___

9 + 1- cos2 6

x2

cos4 6

__ sds E l cos 8 - ! y - v ] sin 6) ~-

x 00

s cos (sz) ,sin(sz) 1 Iz-El 0

lY--rll arctg I Lua- u

Die letzten beiden Integralausdriicke lassen sich durch komplexe Integration so umformen, da13 sie zu einem einzigen Doppelintegral zusammengefallt werden konnen. Substituiert man in diesem Doppelintegral : (IV.3) s cos 6 = a , s sin 6 = j3, und fuhrt in allen weiteren Integralen von (IV.2) die Substitution:

(IV.4) t g 8 = u ein, so erhalt man K(6, z, q, y, z ) zu:

m

(IV.5) K ( ~ , z , ~ , Y , z ) = x 2 C " ( ~ ' + ~ ) ~ C O S [x(x - f ) J u 2 + 11 C O S [ ~ (' - q) u 1/u2 + 11 (u2 + l ) Y r ' d ~ - I-

Page 9: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems 39

Mit (IV.5) beschreibt Gleichung (IV.l) in allgemeiner Weise die Anderung, die die Form der Druckflache infolge Wirkung der Erdschwere erfahrt. Im Gegensatz zur schwerefreien Ober- flachenneigung (111.3) weist die von der Erdschwere abhangige Neigung (IV.1) keine irregularen Bereiche auf.

Aus dem Ergebnis (IV.l) leiten wir den Schwereeinflufl fur die zwei interessanten Grenz- falle des ebenen Problems sowie der breiten Gleitflache ab.

8. E b e n e s P r o b l e m

Das ebene Problem folgt aus (IV.l), wenn man hierin die Gleitflachenbreite zu unendlich ansetzt, wobei der Druck von der Spannweitenkoordinaten 9 unabhangig ist. Integriert man die Integralausdriicke von (IV.5) uber die unendliche Breite, so erhalt man, wie sich zeigen laflt:

-a

-1 a x + z7 1 p ( ~ ) sign (z - E ) [sin ( x jz - ~ 1 ) c i ( x ~z - E I ) - COS (. 15 - 51) s i ( x IJ: - EI)I d t ,

wobei unter Ci der Integralcosinus und unter Si der Integralsinus zu verstehen sind. Gleichung (IV.6) stellt fur das ebene Problem die Anderung der Druckflachenneigung infolge Erdschwere dar.

Setzt man weiterhin voraus, daB die Lange der Druckflache klein gegenuber der Wellenlange ist :

(IV.7) 2 a < 2 3 7 ; - ,

so kann man in (IV.6) sin, cos sowie Si und Ci in eine TAnoRreihe entwickeln, wonach sich bei Vernachlassigung von hoherer Ordnung kleiner Beitrage mit (11.8) ergibt :

-a

U2 g

(IV.8)

-a

Der Einflul3 der Erdschwere auf eine unendlich breite, kurze Druckflache besteht mithin in einer der Erdschwere proportionalen Neigung sowie in einer der Erdschwere proportionalen Kriimmung.

8. B r e i t e Druckf l ache be i g r o g e r F roudesche r Zah l

Der zweite zu betrachtende Greiizfall ist die breite Oruckflache bei grol3er Gleitgeschwindig- keit. Dieser werde durch die folgenden Bedingungen charakterisiert :

Das Seitenverhaltnis A der Gleitflache sei sehr viel kleiner als eins :

(IV.9) n

n = - < 1 b *

Ebenfalls sei der Kehrwert des Quadrats der auf die Breite der Gleitflache bezogenen FRouDEschen Zahl sehr viel kleiner als eins:

(IV. 10)

Es sol1 die Oberflachenform innerhalb bzw. in unrnittelbarer Nahe des Druckbereiches betrachtet werden, so daB gilt:

(IV.11) ( x - E ) < l . b

Unter den Voraussetzungen (IV.9), (IV.10) und (IV.l l ) kann der EinfluB der Erdschwere auf die Gleitflache linearisiert werden. Dazu sind die einzelnen Integrale von (IV.5) fur den be- schriebenen Grenzfall zu untersuchen, worauf an dieser Stelle wegen der Lange der hierfiir notigen Ausfiihrungen nicht eingegangen werden kann. Wie sich zeigen laat, fiihrt eine Linearisierung von

Page 10: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

40 H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

Gleichung (IV.5) zu dem einfachen Ergebnis:

wobei die dimensionslosen Koordina ten :

X Y 2 5 T 5' T o = p 5'o==b (IV.13) X o = ; , y o = p z o = - , b lo=T,

eingefiihrt wurden. Mit (IV.12) und (IV.13) ergibt sich aus (IV.l) der linearisierte Schwereeinflulj auf die breite Druckflache :

(IV.14)

+1 + I M O O

2 sin [A 1x0 - 501 a1 COS [ ( Y o 3 4 16] da. dp - - *7c J sign ( X o - E ~ ) d t 0 j p ( t 0 , To) dy0 j j e r m z o ___ a

-1 -1 0 0

Im ersten Integralausdruck von (IV.14) liefert beim Grenziibergang zo -+ 0 lediglich die singulare Stelle qo -+ yo einen Beitrag, der dem Druck an dieser Stelle proportional ist :

Setzt man im zweiten Integralausdruck von (IV.14)

(IV. 16)

und beriicksichtigt die FouRIER-Integraldarstehng

(IV. 17)

so erhalt man:

Mit (IV.15) ud (IV.18) folgt unter Verwendung von (IV.10):

(IV. 19)

Der linearisierte Schwereeinflufl auf die breite Druckflache setzt sich damit zusammen aus einer der Erdschwere proportionalen Neigung sowie aus einer der Erdschwere proportionalen Kriimmung der Druckflache. Hierbei sind Neigung und Kriimmung an einer Stelle yo proportional dem an dieser Stelle wirkenden Druck, unabhangig also von der Druckverteilung im restlichen Bereich quer zur Bewegungsrichtung.

Page 11: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

V. Form, Druckverteilung und Widerstand der Gleitfliiche

Bei Beriicksichtigung der Erdschwere kann die Gleitflache beschrieben werden durch ihre schwerefreie Form nach Gleichung (111.3) sowie durch den SchwereeinflulJ nach Gleichung (IV.1). Diese Trennung in einen schwerefreien sowie in einen schwerebehafteten Anteil liefert einmal den Vorteil, dalJ die Irregularitaten des Gleitproblems lediglich im schwerefreien Anteil auftreten, zum anderen bietet sie die Moglichkeit, die Ergebnisse der Tragfliigeltheorie zur Losung des Gleit- problems heranzuziehen. Naher betrachtet werden sollen die unendlich breite sowie die breite Gleitflache bei grolJer FRouDEscher Zahl.

41

10. Form. E b e n e s P r o b l e m

Beim ebenen Problem besteht die Neigung der Gleitflache, die mit ageom(xO) bezeichnet werde, aus den Komponenten :

(v.1) wobei a g = O l b = c o die schwerefreie Gleitfliichenform bei unendlicher Breite :

ageom(x0) = ~ g = o / b = c & d + ag + aggr(xo) ,

t -1

ag die der Erdschwere proportionale Neigung nach (IV.8) :

und agKr die der Erdschwere proportionale Kriimmung : +I

-1

darstellen. Bei vorgegebener Druckverteilung laI3t sich aus (V.l) die Form der Gleitflache leicht berechnen.

11. Wide r s t and . E b e n e s P rob lem

Durch Multiplikation der Neigung der Gleitflache mit dem Druck und Integration iiber den Druckbereich ergibt sich der Gleitwiderstand :

+a W = J p ( ~ ) a(.) dx .

- a

Setzt man die von der Erdschwere unabhangige Neigung (V.2) in die Widerstandsformel (V.5) ein, so liefert die Integration fur alle Druckverteilungen den Wert null. Klammert man dagegen bei den Druckverteilungen, bei denen ein Spritzer entsteht und die an der Vorderkante eine Irre- gularitat E - ~ / ~ aufweisen, den dadurch bedingten irregularen Neigungsbreich an der Vorderkante der Gleitflache aus, so erhalt man den Spritzwiderstand :

Dem entspricht in der Tragflugeltheorie die Berechnung der Saugkraft als negative Widerstands- kraft eines unendlich breiten Tragfliigels unter Ausklammerung des irregularen Saugkraftbe- reiches.

Neben dem Spritzwiderstand tritt beim ebenen Problem ein der Erdschwere proportionaler Schwerewiderstand

(v-7) g p 2 w, = - e u4 auf, bedingt durch die Schwereneigung (V.3), wahrend die Kriimmung (V4.) keinen Widerstand zur Folge hat, wie man leicht nachpriifen kann.

Zur naheren Erlauterung des Spritzwiderstandes nach (V.6) berechnen wir diesen fur das Beispiel der in Abschnitt I11 betrachteten Druckverteilung (111.6), die die schwerefreie Ober-

Page 12: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

42 H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

flachenneigung (111.7) liefert. Bei Ausklammerung der Irregularitat erhalt man den Spritzwider- stand :

SchlieRt man dagegen den irregularen Bereich an der Vorderkante der Gleitflache nicht aus, so ergibt sich der Widerstand zu null, was dadurch bedingt ist, da13 die irregulare Neigung im Bereich E eine tatsachlich nicht vorhandene, nach vorn gerichtete Widerstandskraft gleichen Betrages zur Folge hat:

-L 1

-! l--F -1

wie sich mit (111.7) nachprufen 1aRt.

12. Druckve r t e i lung . E b e n e s P r o b l e m

Bei vorgegebener Form der Gleitflache bildet (V. 1) eine Integralgleichung zur Bestimmung der Druckverteilung. Die Losung dieser Integralgleichung 1aRt sich dadurch vereinfachen, daR man das schwerebehaftete Problem auf ein schwerefreies Problem reduziert : Es weist die gegebene Gleitflache in einer Stromung unter Beriicksichtigung der Erdschwere die gleiche Druckverteilung auf wie eine Gleitflache in schwerefreier Stromung, die unter dem Winkel

(V.10) '~g=o/b=oo(xo) = ngeom(x0) - ag - ngRr(xo)

Bild 8

angestromt wird (Bild 8). Dies bedeutet eine Drehung der Stromung um den Winkel ng sowie eine Krummung der Stromung um ngKr(xo), wobei die Krummung iterativ zu berucksichtigen ist. Nach dieser Reduzierung des schwerebehafteten Gleitens auf ein schwerefreies Problem kann die Druck- verteilung mit Hilfe der aus der Tragflugeltheorie bekannten Methoden ermittelt werden.

13. Form. B r e i t e G le i t f l ache

Form und Anstellung einer breiten Gleitflache bei grol3er FRouDEscher Zahl werden gegeben durch : (V. 11)

Hierin bedeuten : a g = O / b = oo die schwerefr eie Gleitflachenneigung : ageorn(xo9 YO) = a g = ~ / b = a ( x o , YO) + 4 ~ 0 ) + ag(Yo) + a g d x o , YO) -

(V.12) -1

ni die durch die endliche Breite bedingte induzierte Neigung:

(V.13)

n, die. der Erdschwere proportionale Neigung :

(V.14)

Page 13: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems 43

und agKr die der Erdschwere proportionale Krummung -; 1

(V.15)

Der Vergleich mit dem ebenen Problem zeigt, daB die breite Gleitflache dieselbe Form wie die unendlich breite Gleitflache aufweist, wahrend sich der Anstellwinkel bei endlicher Breite dadurch andert, daB zusatzlich die induzierte Neigung (V.13) auftritt und auflerdem die der Erdschwere proportionale Neigung (V.14) halb so groB ist wie beim ebenen Problem.

14. Wide r s t and . B r e i t e G le i t f l ache

Multipliziert man die Neigung (V.ll) mit dem Druck und integriert uber den gesamten Druckbereich, so erhalt man den Gleitwiderstand der breiten Gleitflache:

+a + b (V.16) w = .I- .I- 4 x 3 Y) P(Z, Y) d x dY Y

-a -b

der mit (V.ll) aus den folgenden drei Komponenten besteht: dem Spritzwiderstand :

+1 +l-& +1 d50 (V. 17) w, = ____- ;I.; L2 J- dY0 .I P(Z0t Yo) dxo $ P(50, Yo) 9

-1 -1 -1

dem induzierten Widerstand :

sowie einem der Erdschwere proportionalen Schwerewiderstand :

(V. 19)

Der Widerstand (V.18) entspricht dem induzierten Widerstand eines Tragflugels. Entwickelt man das von HOUNER [2] angegebene Widerstandsintegral fur breite Gleitflachen

und grofle FRouDEsche Zahl in eine Reihe, so erhalt man als erstes Glied dieser Entwicklung den induzierten Widerstand (V.18), als zweites Glied den Schwerewiderstand (V.19). Der Spritz- widerstand (V.17) wird vom HoGNERschen Widerstandsintegral nicht erfaflt, da die an der Vorder- kante der Gleitflache auftretenden singularen Bereiche nicht ausgeklammert wurden.

15. D r u c k v e r t e i l u ng. B re i t e Glei t f l a c he

1st mit ageom die Form der breiten Gleitflache vorgegeben, so kann die Druckverteilung in der Weise bestimmt werden, da13 wir das schwerebehaftete Problem auf ein schwerefreies, ebenes Problem zuruckfuhren. Aus (V.11) folgt: (V.20)

Es verhalt sich demnach die vorgegebene breite Gleitflache bei Berucksichtigung der Erdschwere wie eine unendlich breite, schwerefreie Gleitflache, die um den Winkel at + ug flacher angestellt und um agKr zusatzlich nach unten gekrummt ist (Bild 9).

ag=~/b=w(xo, YO) = ageom(xo:0, YO) - a&o) - ag(~o) - ~ g ~ r ( x o , YO).

Bilcl9

Page 14: Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

44 H. STUMPF, Linearisierung des schwerebehafteten Gleitproblems

Nachdem das schwerebehaftete Gleitproblem in dieser Weise auf ein schwerefreies, ebenes Problem reduziert ist, lafit sich die Druckverteilung wieder unter Anwendung aus der Tragfliigel- theorie bekannter Berechnungsverfahren ermitteln.

Literatur 1 E. HOGNER, A contribution t o the theory of ship-waves, Ark. f . Mat., Astr. 0. Fys. 17, S. 1-50 (1922123). 2 E. HOGNER, On the theory of ship wave resistance, Ark. f. Mat., A&. 0. Fys. 21A, S. 1-11 (1928). 3 H. WAGNER, Uber StoB- und Gleitvorgange an deroberflache vonFlussigkeiten, ZAMM 12,s. 193-215 (1932). 4 H. WAGNER, Ubcr das Gleiten von Wasserfahrzeugen, Jahrb. d. Schiffbautechn. Ge~ellschaft, S. 205-227

5 H. MARUO, Two-dimensional theory of the hydroplane, Proc. First Japan National Congr. f . appl. Mech.,

6 H. MARUO, Theory of t,he hydroplane with broad and short planing surface, Bulletin Yokohama Nat. Uni-

7 Y . T. Wu, A theory for hydrofoils of finite span, Journ. Math. Phys. 33, S. 207-248 (1964). 8 Th. v. K ~ R M ~ N , Neue Darstellung der Tragfliigeltheorie, ZAMM 15, 8. 56-61 (1935). 9 E. TRUCRENBRODT, Das Geschwindigkeitspotential der tragenden Flache bei inkompressibler Stromung,

(1933).

S. 409-415 (1951).

versity 2, S. 1-14 (1953).

ZAMM 33, S. 165-173 (1953).

Manuskripteingang: 21. 12. 1965

Anschrift : Dr.-Ing. HELMUT STUMPF, Lehrstuhl fur Mechanik der Technischen Hochschule, 51 Aachen, Templer- graben 55