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Mitgliederzeitung der SP Schweiz 119 • CH Juni 2011 AZB 3001 Bern SÄGEN AM EIGENEN AST Niemand hat ein grösseres Interesse an der Perso- nenfreizügigkeit als die Wirtschaft. Und gleichzeitig gefährdet sie niemand so sehr wie die Arbeitgeber. Seite 15 links Nationalrat Hans Stöckli spricht über Wohnraum- und Bodenpolitik – und über seine Motivati- on, den verlorenen Ständeratssitz der SP zurückzuerobern. Seiten 6 und 7 Die SP-Fraktion zieht Bilanz und blickt nach vorne. Einiges wurde erreicht, vie- les ist auf Kurs – oft sind wir aber an der bürgerlichen Über- macht gescheitert. Seite 5 Müssen die SP- Frauen einer neuen Gleichstellungs- politik Platz machen oder kommen wir zweigleisig ans Ziel? Vor der DV wird heftig diskutiert. Seite 14 GESPRäCH DEBATTE POSITIONEN © Christian Charisius/Reuters Endlich: Einstieg in den Ausstieg Nach dem Bundesrat hat der Nationalrat einen weiteren Schritt in Richtung Ausstieg gemacht: Er will keine neuen AKW. Ein historischer Entscheid – und ein grosser Erfolg für die SP. Seiten 2 bis 4 Bogen als Beilage ABSCHAFFUNG DER WEHRPFLICHT Argumente auf Seite 18

«links» 119, Juni 2011

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Mitgliederzeitung der SP Schweiz

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Page 1: «links» 119, Juni 2011

Mitgliederzeitung der SP Schweiz 119 • CH Juni 2011 AZB 3001 Bern

SÄGEN AM EIGENEN AST

Niemand hat ein grösseres Interesse an der Perso-nenfreizügigkeit als die Wirtschaft. Und gleichzeitig gefährdet sie niemand so sehr wie die Arbeitgeber.

Seite 15links

Nationalrat Hans Stöckli spricht über Wohnraum- und Bodenpolitik – und über seine Motivati-on, den verlorenen Ständeratssitz der SP zurückzuerobern.

Seiten 6 und 7

Die SP-Fraktion zieht Bilanz und blickt nach vorne. Einiges wurde erreicht, vie-les ist auf Kurs – oft sind wir aber an der bürgerlichen Über-macht gescheitert.

Seite 5

Müssen die SP-Frauen einer neuen Gleichstellungs-politik Platz machen oder kommen wir zweigleisig ans Ziel? Vor der DV wird heftig diskutiert.

Seite 14

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endlich: einstieg in den ausstiegnach dem bundesrat hat der nationalrat einen weiteren Schritt in richtung ausstieg gemacht: er will keine neuen aKW. ein historischer entscheid – und ein grosser erfolg für die SP. Seiten 2 bis 4

bogenals beilage

abSCHaffungder WeHrPfliCHtargumente auf Seite 18

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2 links 119/Juni 2011doSSier AtomAuSStieg und erneuerBAre

«Wie Goethes Zauberlehrling»Grossaufmarsch am «MenschenStrom» und Zehntausende, die unsere Cleantech-Initiative unterschrieben haben – die grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schwei-zer will den Ausstieg! Das beweisen auch die Kommentare, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner unserer Online-Petition geschrieben haben.

«Unser ganzes Team der Gody Hof-mann Architekten AG, Bern will aus-

steigen! Das Parlament soll mit dem Ausstieg vorwärts machen und das Gejammer der Atom- und Stromlobby vergessen. Ausstei-gen bedeutet neue technische Innovationen. Unsere Industrie kann das. Die Politik muss nur den Mut haben den Ausstieg zu be-schliessen.»

«Vielen Dank, dass Sie der Stimme «Ausstieg vom Atom» endlich Gehör

verschaffen!»

«Geben wir der Wirtschaft mit dem Ausstiegsdatum ein klares Zeichen,

damit alle – auch die Economiesuisse – den Anschluss an die Moderne nicht verpassen.»

«Mit der Atomenergie ist es wie mit Goethes Zauberlehrling: Wir spielen

mit etwas, das wir nicht mehr in den Griff bekommen und das uns letztlich vernichtet.»

«Nuklearenergie ist ein Klumpenrisiko und wird leicht zum Risikoklumpen.

Sollte die Menschheit schon nur 100 000 Jahre überstehen, wird unsere Generation als eine der übelsten Sorte in die Geschichte eingehen.»

«Wo sollen wir wohnen und leben, wenn eines unserer AKWs leckt?»

«Es ist Zeit für Taten statt Worte. Auch wenn die Halbwertzeit (zu) lang ist

(man hätte gar nie damit beginnen sol-len). Besser jetzt als nie. Für die SP, für den gesunden Menschenverstand, gegen die Verwaltungsrats-Parlamentarier. Auch wenn der Weg steinig ist und teuer.»

«Wie teuer wäre eine Kilowattstunde Atomstrom, wenn die AKW die Schä-

den versichern müssten?»

«Mir gehen die radioaktiven Abfälle, für die es keine Entsorgung geben

kann, nicht aus dem Sinn. Deshalb: Ein Ausstieg ist die einzig richtige Entscheidung - koste es, was es wolle.»

ob CVP und bdP gleich entschieden hätten, wenn nicht sehr bald Wahltag wäre? Zweifel sind erlaubt.

[email protected] «links»

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Jetzt bloss nicht kalte füsse kriegenSchweizer Parlamentstätigkeit haf-tet selten der glanz der ganz grossen Politik an. entscheide, die das Prädi-kat «historisch» verdienen, sind die ausnahme. der atom-ausstieg ist eine solche. Stefan Krattiger

Dass sich die SVP der Realität verweigert und sich trotzig an einer überholten Techno-logie festklammert, überrascht kaum. Dass die einst stolze und staatstragende FDP den Kopf in den Sand steckt und sich der Stimme ent-hält, gibt hingegen zu denken. Die Grünlibera-len danken.

Noch ist nichts unter Dach und Fach, der Ball liegt nun beim Ständerat. Dort muss in der Herbstsession allen voran die CVP bewei-sen, wie ernst es ihr wirklich ist. Die mächtige Atom-Lobby rüstet nun zum letzten Gefecht.

Ein Gefecht, das sich die Strombarone einiges werden kosten lassen. Jetzt wird sich zeigen, wer käuflich und wer standhaft ist. Wer tat-sächlich Politik für alle statt für wenige macht. Hätten CVP und BDP gleich entschieden, wenn nicht sehr bald Wahltag wäre? Zweifel sind er-laubt. Ebenfalls daran, ob nach den Wahlen nicht versucht wird, irgendwie wieder aus dem Ausstieg auszusteigen. On verra.

Der Bundesrat hat sich ein Herz gefasst, der Nationalrat hat mitgezogen: Beide wollen kei-ne neuen Atomkraftwerke. Das ist ein Riesen-erfolg für die SP, welche seit Jahrzehnten für die Energiewende kämpft und den Ausstieg fordert.

Nach dem Aus- muss jetzt der Umstieg gelingen. Dank der beschlossenen «Entdecke-lung» der kostendeckenden Einspeisevergütung gibt es endlich mehr Sicherheit für Investitionen in Erneuerbare. Das kommt vor allem der Sonnenenergie zugute. Das von uns schon lange geforderte Verbot von Elektrohei-zungen und die Annahme der Wärmekraft-kopplungs-Strategie sind ebenfalls erfreulich.

Weniger erfreulich sind hingegen die Be-schlüsse des Nationalrats im Bereich Energie-effizienz: Keine Lenkungsabgabe, kein Effizi-enzfonds und keine Verpflichtungen für die Stromversorger. Mit diesen Entscheiden kann das riesige Stromsparpotenzial nicht ausge-schöpft werden. Es fehlen Anreize, die Ver-schwendung von Strom einzudämmen. Da-mit der Stromverbrauch nicht weiter wächst, braucht es aber eine griffige Effizienzstrategie. Bundesrat und Parlament müssen nochmals über die Bücher.

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3links 119/Juni 2011 doSSier

Ruedi Rechsteineralt Nationalrat und profilierter Energiepolitiker

reZenSion

leichtfüssig, nicht leichtsinnig

Menschenstrom: Botschaft ist angekommen

nicht leichtsinnig, sondern leichtfüssig geschieht der atomausstieg, wenn wir den rezepten von nationalrat roger nordmann folgen. Jetzt gibt’s sein buch auch auf deutsch. ruedi rechsteiner

Effizienter werden müssen Stromerzeugung, Gebäude und Verkehr. «Der Verbrennungsmo-tor wandelt lediglich einen Viertel der chemi-schen Energie des Benzins in Bewegungsener-gie um.» Nordmann sieht im Elektromotor die Zukunft, betrieben mit Ökostrom aus Wind und Sonne.

Die Fortschritte kommen aber nicht von ungefähr. «Am Anfang stand ein Beschluss Deutschlands.» Die rot-grüne Regierung «per-fektionierte das System der Einspeisevergü-tungen» und «löste eine Welle der Industriali-sierung und des technischen Fortschritts bei der Windkraft, der Fotovoltaik und der Biomas-se aus. Die Kosten der erneuerbaren Energien sanken. Deutschland wurde zum Leader und schuf 305 000 Arbeitsplätze im Sektor der er-neuerbaren Energien».

Am 22. Mai fand im Aargau wiederum der von der SP unterstützte «MenschenStrom gegen Atom» statt. Und die Menschen strömten tatsächlich in Massen ins Kernland der schweizerischen Atom-energie: Rund 20 000 Menschen demonstrierten friedlich gegen die verfehlte Atompolitik und für eine nachhaltige Energiepolitik. Die Botschaft des bunten Grossanlasses war unmissverständlich: Eine Wende muss her! Eine Botschaft, die in Bundesbern ganz offensichtlich gehört wurde.

Roger Nordmann: Atom- und erdölfrei in die Zukunft, Kon-krete Projekte für die energie-politische Wende. Mit einem Vorwort von Bertrand Piccard, Übersetzung: Gerhard Tubandt, Orell Füssli.

Roger Nordmann war im Nationalrat mein Sitznachbar. Stundenlang haben wir über er-neuerbare Energien diskutiert – lange vor Fu-kushima. Nordmann will mehr als den Atom-ausstieg. Er will die Schweiz «aus der Abhän-gigkeit von den fossilen Energien befreien», so der welsche Titel seines Buches. «Atom- und erdölfrei in die Zukunft» heisst es auf Deutsch. Es liest sich sehr flüssig und ist übersichtlich gestaltet.

Wo ist der Pioniergeist unseres Landes ge-blieben?, fragt Bertrand Piccard im Vorwort. «Eine Rückkehr zu einer ländlichen Zivilisati-on stellt keine Option dar: Auf einem Planeten mit acht bis zehn Milliarden Menschen kann man sich nicht den Luxus leisten, Technolo-gien zu verwenden, die viel Energie verbrau-chen. Eine Rückkehr zur Kerze wäre deshalb völlig fehl am Platz: Sie stösst viel CO2 aus und produziert erst noch wenig Licht. Der Wechsel von der Glühbirne zur Leuchtdiode symboli-siert vielmehr den Wandel, den wir erreichen müssen», so die Antworten von Roger Nord-mann.

Sonne und Wind sind zwar kostenlos, aber ihre Nutzung kostet Geld. Deshalb ist Effizi-enz trotz reicher Ressourcen «unumgänglich».

SeSSion

im Schatten der atom-debatte

die energiedebatte steht aktuell im Vordergrund. darob gehen andere wichtige themen beinahe vergessen. Zum beispiel die «too-big-to-fail»- disussion. für grossbanken gibt es nur kleine Verschärfungen. markus müller

Im Oktober 2008 stand die UBS kurz vor der Pleite. Der Bund sprang mit einem eilig ge-schnürten Rettungspaket von 68 Milliarden Franken ein. Der Staat (und damit die Allge-meinheit) musste für die Grossbank und ihre Managementfehler die Backe hinhalten. Er hatte letztlich gar keine andere Wahl, weil die UBS zu gross und zu systemrelevant ist. Oder neudeutsch: «too big to fail».

Seit dem UBS-Debakel wird darüber dis-kutiert, wie solche Rettungsaktionen in Zu-kunft vermieden werden können. Unbestrit-ten ist mittlerweile in allen Parteien die «alte» Forderung der SP nach mehr eigenem Geld, das die Grossbanken halten müssen – die so-genannten Eigenmittel. Der Bundesrat und die von ihm eingesetzte Expertenkommission fordern einen Anteil von 19 Prozent.

Die kleine Kammer übernahm weitgehend die Vorgabe des Bundesrats. Für welche Be-reiche der Finanzinstitute diese Regelung gelten soll, wurde aber heftig diskutiert. Die Banken-Lobbyisten unterlagen bei dieser Frage klar: Der Eigenmittel-Anteil von 19 Pro-zent gilt nach dem Willen des Ständerats für alle relevanten Unternehmensebenen, nicht nur für den Gesamtkonzern.

Die SP hatte – im Sinne einer Verschär-fung – vergeblich gefordert, dass für system-relevante Banken deutlich mehr Eigenmittel erforderlich sind und dass zudem ein unge-wichteter, von den Banken nicht manipulier-barer Eckwert, die sogenannte «Leverage Ra-tio», zum Massstab wird. Der Ständerat folgte jedoch dem Vorschlag des Bundesrats und orientierte sich allein an den risikogewich-teten Aktiven. Das Problem bei den risikoge-wichteten Aktiven ist, dass die Banken diese selber berechnen. In der Folge ist die Eigen-mittelquote manipulationsanfällig.

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Wir sind es den generationen nach uns schuldig, einen sicheren umgang mit radioaktiven abfällen zu finden.

doSSier AtomAuSStieg und erneuerBAre

StAndortSuche für geologiSche tiefenlAger

im dialog mit den regionenradioaktive abfälle lösen ängste aus. nicht zu unrecht. Sind diese abfälle doch gefährlich und müssen für lange Zeit vor Mensch und umwelt abge-schirmt werden. andererseits produ-ziert die Schweiz seit Jahrzehnten jeden tag solche abfälle.

Sie stammen aus der kommerziellen Nutzung der Kernenergie sowie aus Medizin, Indust-rie und Forschung. So lagern wir heute neben abgebrannten Brennelementen z. B. auch alte Notausgangsschilder und Zifferblätter von Uh-ren mit radioaktiven Leuchtfarben, Brandmel-der und Blitzableiter mit radioaktiven Stoffen und Bestrahlungsquellen. Die Abfälle sind da, ob wir sie wollen oder nicht.

Die Frage nach der sichersten Lagerung von radioaktiven Abfällen wurde unter Alt-Bundes-rat Moritz Leuenberger geklärt. Er setzte eine Expertengruppe ein, welche die verschiedenen Lagerkonzepte verglich und als neues Konzept die geologische Tiefenlagerung vorschlug. Ge-mäss diesem Konzept werden die radioakti-ven Abfälle langfristig in tiefen geologischen Schichten gelagert. Es soll aber auch möglich sein, die radioaktiven Abfälle zurückzuholen, bis das Lager von zukünftigen Generationen, vielleicht in 150 Jahren, verschlossen wird. Die-ses Lagerkonzept ist weltweit anerkannt. Heute lagern die ra-dioaktiven Abfälle der Schweiz übrigens oberirdisch entweder in Kühlbecken bei den Kern-kraftwerken oder in Zwischenlagern in Würen-lingen (Kanton Aargau). Sicherheitstechnisch ist geklärt, wie mit radioaktiven Abfällen um-gegangen werden muss.

regionale Partizipation als PionierprojektEs stellt sich heute somit die Frage, wo die Ab-fälle langfristig sicher gelagert werden können. Bei der Suche nach Standorten für geologische Tiefenlager hat die Schweiz ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Suche soll transparent, par-tizipativ und nachvollziehbar erfolgen. Diese Grundsätze hat der Bundesrat 2008 im Sach-plan geologische Tiefenlager festgelegt, wel-cher die Regeln und Kriterien für die Standort-suche enthält.

Als ersten Schritt schlug die Nationale Ge-nossenschaft für die Lagerung radioaktiver Ab-fälle (Nagra) sechs Standortgebiete vor, die sich aus geologischer Sicht für die Lagerung eignen. Nach der genauen Überprüfung durch Sicher-heitsbehörden, Kommissionen und Fachleute

Wir sind es uns und unseren nachfolgenden Generationen schuldig, einen sicheren Um-gang mit den radioaktiven Abfällen zu finden. Gerade weil der Weg lang und komplex ist, müssen wir ihn heute Schritt für Schritt in An-griff nehmen. Es wäre unethisch und gefähr-lich, nichts zu tun und das Problem einfach kommenden Generationen zu überlassen. Schliesslich sind es unsere Generationen, wel-che von der Nutzung der Kernenergie profitier-ten. Es bleibt zu hoffen, dass die energiepoli-tischen Entscheide des Nationalrats die Frage der Entsorgung entkrampfen und hoffentlich so stabil sind, wie es geologische Schichten sein können. Wir fordern alle interessierten Genossinnen und Genossen auf, sich mit der Entsorgung der radioaktiven Abfälle ausein-ander zu setzen und in den Standortregionen mitzuwirken.

➜ www.radioaktiveabfaelle.ch

Michael Aebersold BFE-Projektleiter Sachplanverfahren geologische Tiefenlager, SP-Grossrat, BernSimone Brander BFE (verantwortlich für den Bereich Umwelt und Raumplanung), SP-Gemeinderätin Stadt Zürich Stefan Jordi BFE (verantwortlich für die regionale Partizipation), SP-Stadtrat Bern

aus dem In- und Ausland sowie einem öffent-lichen Mitwirkungsverfahren wird der Bun-desrat voraussichtlich im Herbst darüber ent-scheiden, welche Standortgebiete in der zwei-ten Etappe vertieft untersucht werden sollen.

regionale Partizipation als PionierprojektBei einer solch anspruchsvollen Aufgabe muss die betroffene Bevölkerung mitreden und ihre Interessen einbringen können. Dafür steht die «regionale Partizipation». Das BFE ist des-halb seit 2009 gemeinsam mit kommunalen und kantonalen Behörden daran, in den sechs Standortregionen so genannte Regionalkonfe-renzen aufzubauen. Darin sollen alle wichtigen regionalen Interessen und Organisationen ver-treten sein.

Die Standortregionen sollen sich in Etappe 2 mit den Vor- und Nachteilen eines geologi-schen Tiefenlagers auseinander setzen und Strategien für die nachhaltige Entwicklung erarbeiten können. Weiter sollen Fragen zur Sicherheit eines Lagers gestellt, diskutiert und beantwortet werden. Die regionale Partizipa-tion ist ein in der Schweiz einmaliges Pionier-projekt, das in Zukunft auch in anderen hoch-sensiblen politischen Dossiers zur Lösungsfin-dung beitragen könnte.

Die Region informiert sich im Felslabor Mont Terri über die neusten Forschungsergebnisse.

links 119/Juni 2011CleantechHast du unsereatomausstiegs-initiativeschon unterschrieben?cleantech-initiative.ch

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5links 119/Juni 2011 PoSitionen

legiSlAtur-AuSBlicK

Wir haben in der Sozial- und Wirtschaftspolitik sowie energiepolitisch vieles erreicht. Wichtige geschäfte sind auf Kurs, oft sind wir aber an der bürgerlichen Übermacht gescheitert. So die bilanz der fraktion. für die kommende legislatur hat sie klare Ziele. ursula Wyss

erfolge trotz bürgerlicher Übermacht

Das haben wir ereicht:

Wirtschaftspolitik Bereits vor dem UBS-GAU hatte die SP wiederholt die mangelnden Eigen-mittel der beiden Grossbanken kritisiert. Nach dem ersten Milliarden-Coup forderte die SP im Rahmen der zweiten UBS-Rettung Massnah-men, um das Problem der zu grossen Banken und ihrer faktischen Staatsgarantie anzuge-hen. Leider erneut erfolglos. Mittlerweile hat der Bundesrat aber Einsicht gezeigt. Es ist uns zu verdanken, dass erste Schritte in die richtige Richtung gelungen sind.

Energiepolitik Wir haben dafür gekämpft, dass Investitionen in die erneuerbaren Ener-gien gefördert werden. Mit der kostendecken-den Einspeisevergütung ist ein erster Schritt geglückt. Eine zuverlässige Versorgung mit erneuerbarer Energie ist im Interesse aller. Sie behält die Wertschöpfung in der Schweiz und schafft Zehntausende Arbeitsplätze in den Re-gionen.

Familienpolitik Unser Erfolg bei den Famili-enzulagen zeigt, dass sich unser Engagement auszahlt. Das entsprechende Bundesgesetz ist seit Anfang 2009 in Kraft. Damit erhalten alle LohnempfängerInnen Kinder- beziehungswei-se Ausbildungszulagen – und ab Ende dieses Jahres auch alle Selbstständigerwerbenden. Hinzugekommen ist auf Anfang Jahr die steu-erliche Entlastung der Haushalte mit Kindern.

Unsere Ziele für die nächste Legislatur:

Atom-Ausstieg Die SP ist die politische Kraft, welche für die Erneuerbaren Dampf macht. Die SP ermöglicht mit ihrer Cleantech-Initiative den Ausstieg aus der Atomkraft und die Ener-giewende. Ein wichtiges Instrument ist besag-te kostendeckende Einspeisevergütung. Sie ist derart erfolgreich, dass die Politik hierfür mehr Mittel sprechen muss. Ein Zuwarten käme un-ser Land teuer zu stehen.

Personenfreizügigkeit Im Arbeits-, im Woh-nungsmarkt und in der Bildungspolitik müs-sen die flankierenden Mass nahmen rigide durchgesetzt und rasch ausgebaut werden. Der Arbeitsmarkt braucht nebst verschärften Kont-rollen und Sanktionen auch Mindestlöhne. Be-zahlbarer Wohnraum kann in Städten nur mit gemeinnützigem Wohnungsbau, Wohnbauge-nossenschaften oder über Mehrwertabschöp-fungen geschaffen werden.

Bildungspolitik Wir begrüssen die von Bun-desrat Johann Schneider-Ammann angekün-digte Bildungsoffensive. Es reicht jedoch nicht, die Wiedereinsteigerinnen zu fördern. Eine breite Weiterbildungsoffensive ist nötig, insbe-sondere für Tiefqualifizierte. Zudem braucht die Schweiz mehr Akademikerinnen und Aka-demiker und die Diplome müssen an ihre eu-ropäischen Pendants angeglichen werden.

Sozialpolitik Unsere Sozialwerke müssen umgebaut werden. Solange die bürgerliche Mehrheit weiter auf Leistungsabbau setzt, wird es keine Mehrheiten für Reformen geben – sei dies im Parlament oder in der Bevölkerung. Darum wird sich die SP für eine reale Flexibi-lisierung des Rentenalters einsetzen. Dies ge-lingt mit dem Modell der Lebensarbeitszeit am besten.

[email protected]ätin aus dem Kanton Bern und Präsidentin der SP-Fraktion im Bundeshaus

Die Ziele der SP-Frak-tion für die Legislatur 2011 bis 2015 sind in einer ansprechenden Broschüre übersicht-lich und detailliert festgehalten:

➜ wwwspschweiz.ch/legislaturziele

Legislaturziele der SP-Fraktion 2011 bis 2015

Soziale GerechtiGkeit,

kaufkraft und

erneuerbare enerGien

Politik für alle statt für wenige.

fÜr alleStatt fÜr Wenige

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6 links 119/Juni 2011geSPräCH hAnS StöcKli

«immobilien sind halt ein einträgliches geschäft»

ich mich als Brückenbauer verstehe. Ich kenne die Bedürfnisse der Menschen in der Agglome-ration und den ländlichen Gebieten bestens. Ich suche den politischen Kompromiss. Das liegt einem Bieler so oder so im Blut, weil er es gewohnt ist, Ausgleich zwischen den Sprach-gruppen zu schaffen. Das ist für unseren Kanton und die Schweiz als Ganzes wichtig. Ein Kanton ist nur stark, wenn es allen gut geht. Das gilt für alle Politikbereiche – von der Kultur über die Wirtschafts- bis hin zur Verkehrspolitik. Nicht nur global, auch regional werden die gegenseitigen Abhängig-keiten immer grösser. Alles wird vernetzter, hängt zusammen.

Aber weshalb kandidierst du, ganz persönlich?

Ja, natürlich bin ich auch persönlich inter-essiert. Der Ständerat ist die kleine Kammer unseres Parlaments. Dort wird die sach- und parteipolitische Auseinandersetzung direkt geführt. Das entspricht meinem Naturell. Ich war 25 Jahre in der Exekutive, ich trage die-

se Art des Politisierens in mir und schätze sie sehr. Ausserdem habe ich jetzt – nachdem ich mein Amt als Stadtpräsident abgegeben habe – Kapazität für diese sehr zeitintensive Aufga-be. Dabei ist mir sehr wichtig, dass mir meine Familie den Rücken stärkt und mich in diesem Vorhaben voll und ganz unterstützt.

Zu einem anderen Thema: Viele Menschen finden keinen bezahlbaren Wohnraum. Ist das ein Problem des Zürcher Seefelds?Nein, nicht nur. Es ist eine Tatsache, dass der Teil des Einkommens, der fürs Wohnen aus-gegeben wird, stetig zunimmt. Auch im Kan-ton Bern, auch in der Stadt Biel. Das hat ver-schiedene Gründe. Dass der Wohnraum teu-

bis ende 2010 war Hans Stöckli bieler Stadtpräsident. Volle 20 Jahre lang. im Herbst will der Seeländer nationalrat und Vollblutpolitiker den berner Stän-deratssitz für die SP zurückerobern. «links» hat mit ihm darüber sowie über Wohnraum- und bodenpolitik gespro-chen. interview: Stefan Krattiger

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Hinter der idee der Mehrwertab-schöpfung stehe ich voll und ganz.Herzliche Gratulation zu deiner Nomination.

Warum muss Hans ins Stöckli?Ich will, dass auch das links-grüne Lager, das Berner Mittelland und der urbanere Teil der Bevölkerung wieder eine starke Stimme im Ständerat hat.

Aber ich als Landei soll dich auch wählen, oder?Wer mich und meine Arbeit kennt, weiss, dass

Der Bieler Hans Stöckli sitzt seit 2004 im Natio-nalrat. 1984 wurde er in die Bieler Exekutive ge-wählt, von 1990 bis 2010 war er Finanzdirektor und Stadtpräsident. In dieser Zeit vollzog die Uh-renstadt am Jurasüdfuss einen grundlegenden Wandel von der «Krisen-Stadt» zur «Boom-Town».

Ein Leistungsausweis, der weit über die Partei-grenzen hinaus gewürdigt und anerkannt wird. Der 59-jährige Fürsprecher, der sich nicht zuletzt auch als treibende Kraft hinter der EXPO.02 ei-nen Namen machte, ist verheiratet und hat drei volljährige Kinder.

Zur PerSon

«Ich suche politisch den Ausgleich. Das liegt mir als Bieler im Blut.»

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7links 119/Juni 2011

Am 23. Oktober 2011 …… werde ich mich auf den zweiten Wahlgang vorbereiten.

Adrian Amstutz ist …… im zweiten Wahlgang ebenfalls dabei.

In der SP bin ich, weil …… ich die beiden Aspekte «sozial» und «demo-kratisch» in mir trage und weil wir die positive, gestaltende Kraft in diesem Land sind.

Die Stromlücke …… wird es nicht geben, weil wir in der Lage sind, den Bedarf mit erneuerbaren Energien und Effizienzsteigerungen zu decken.

Seit ich nicht mehr Stadtpräsident bin …… bin ich zu 150 Prozent Bundesparlamenta-rier.

«Hans ins Stöckli» ist …… Programm!

rer geworden ist, liegt auch daran, dass sich mit Immobilien gute Erträge erzielen lassen. Sie sind halt ein gutes Geschäft. Sie werfen durchschnittlich zwischen 5 und 6 Prozent ab – eine hohe und vor allem stetige Rendite. Das schlägt natürlich auch auf die Mietzinse durch. Bei Wertschriften schwankt die Rendite deut-lich stärker und das Risiko ist entsprechend grösser. Offensichtlich ist aber auch, dass die oder der Einzelne immer mehr Wohnraum be-ansprucht und dass in der dicht besiedelten Schweiz nur begrenzt Bauland vorhanden ist. In Biel haben wir das gut im Griff.

Was ist das Erfolgsrezept?Die Stadt besitzt einen Viertel des Baulandes. Ich habe die Politik meiner Vorgänger fortge-setzt und alles Land, das gekauft werden konn-te, gekauft. Dann, wenn der Verkäufer es ver-kaufen wollte und wenn es günstig zu haben war. Dann haben wir es – wenn immer möglich – im Baurecht abgegeben. Das Land bleibt also im Besitz der Stadt und generiert einen gesi-cherten Ertrag. Das hat auch den Vorteil, dass nicht finanzpolitischer Übermut aufkommt, indem plötzlich grosse Summen aufs Mal in die Kasse gespült werden.

Ist das der einzige Vorteil?Wenn die Stadt Eigentümerin ist, kann sie auch auf die Preisbildung Einfluss nehmen: In der Hochkonjunktur kann sie «dämpfend» wirken und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten achtet sie darauf, dass das Land nicht verschleudert wird. Das wirkt stabilisierend. Wir haben die Preise jeweils moderat angesetzt, rund 25 Pro-zent unter dem Verkehrswert. Basierend darauf haben wir dann den Baurechtszins berechnet. Genossenschaften haben wir zudem während den ersten fünf Jahren den Baurechtszins er-lassen. Das sind gute Startbedingungen. In der Folge stimmt die Qualität und die Mieten sind gleichzeitig vergleichsweise günstig.

Du bist derjenige, der Biel aus der Krise geführt hat, der Macher. Bei vielen giltst du als «gutbür-gerlicher Sozialdemokrat»…Wir haben ein Wirtschaftssystem…

…das wir überwinden wollen?Genau (lacht). Es ist ein System, das durchaus viele negative Aspekte hat. Dann, wenn Men-schen übertreiben, wenn Gier herrscht und die Vernunft auf der Strecke bleibt. Aber betref-fend Wohlstand hat dieses System natürlich auch Vorteile – sofern man es kontrolliert, im Zaum hält und mit klaren Rahmenbedingun-gen fixiert. Dass die Gräben zwischen Arm und Reich immer grösser werden, ist ein grosses Problem. Das ist systemimmanent und muss unbedingt korrigiert werden. Der Kapitalismus ist ein Auswuchs der Marktwirtschaft, die statt-dessen sozial ausgestaltet werden muss.

Um nochmals auf das Thema zurückzukommen: Ist Hans Stöckli ein «sozialer Wohnungsbauer»?Ich würde es so sagen: Wir haben alles daran gesetzt, den Wohnungsbau mit unserer Lie-genschaftspolitik zu unterstützen. Jetzt steht dann die nächste wichtige Etappe an, die ich nur noch habe aufgleisen helfen: Die nach 50 Jahren auslaufenden Baurechtsverträge müs-sen nach und nach neu ausgehandelt werden. Das ist eine grosse Herausforderung für die Stadt. Da wird sich dann das soziale Gewissen deutlich manifestieren. Ausserdem mache ich mir übrigens gewisse Sorgen um die Mieter und Eigentümer, wenn die Hypothekarzinsen steigen – was früher oder später geschehen wird. Das wird die Kosten zusätzlich treiben.

War eine Abschöpfung des Planungsmehrwerts nie ein Thema?Wenn das Gemeinwesen Haupteigentümer eines Grossteils des Bodens ist, der gehandelt wird, ist das logischerweise weniger ein The-ma. Aber grundsätzlich stehe ich voll und ganz hinter der Idee der Mehrwertabschöpfung. Man muss aber vorsichtig sein: Die Varian-te, die aktuell im Ständerat diskutiert wird, ist für die Städte und Gemeinden problematisch: Die Abschöpfung soll zugunsten der Kantone geschehen. Dann können die Gemeinden ihre Erschliessungskosten nicht mehr finanzieren und auch die von uns geforderte Verbilligung von Wohnraum ist kaum mehr mach- respek-tive finanzierbar.

Wohn- und BodenPolitiK geSPräCH

in aller KÜrZe

Verzögerung wegen fdP/SVPBERN Die FDP wirft sich der SVP an die Brust und fegt dringend notwendige Massnahmen ge-gen die Abzockerei kurzerhand vom Tisch: Kei-ne Extra-Steuer auf den höchsten Löhnen und Boni, keine rasche Abstimmung über die Abzo-cker-Initiative. Es ist zu hoffen, dass der Stände-rat seinem bisherigen Kurs treu bleibt und den Entscheid des Nationalrats noch korrigiert. Die SP bleibt im Kampf gegen die Abzocker jeden-falls am Ball.

gesuch bleibt in brüsselBERN Der Ständerat hat die Europakritiker in die Schranken gewiesen und in seiner ausser-ordentlichen Session ein Bekenntnis zu Europa abgelegt: Das aktuell «eingefrorene» EU-Bei-trittsgesuch der Schweiz aus dem Jahre 1992 wird nicht zurückgezogen. Der Ständerat ist der Meinung, dass das gute Einvernehmen mit der EU nicht aus einer Laune heraus und aufgrund einer kurzsichtigen Denkweise gefährdet wer-den sollte. Bereits in der Sondersession im April hat die SP-Fraktion zudem eine Reihe von Vor-stössen eingereicht, die die flankierenden Mass-nahmen zur Personenfreizügigkeit stärken und die Sanktionsmöglichkeiten bei Verstössen und Missbräuchen verbessern sollen.

erbschaftssteuer für die aHVOLTEN Rund 220 000 Personen in der Schweiz haben ein Vermögen von mindestens einer Mil-lion Franken. Das Vermögen der 100 Reichsten im Land hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verfünffacht. Heute besitzt ein Prozent der Bevölkerung so viel Vermögen wie die restli-chen 99 Prozent. Und die Ungleichheit wächst weiter: Von den rund 40 Milliarden Franken, die 2010 vererbt wurden, gingen mehr als die Hälfte an Millionärinnen und Millionäre. Die Hälfte der 300 reichsten Schweizerinnen und Schweizer ist durch Erbschaften reich geworden – genau da setzt die Initiative «Millionen-Erbschaften be-steuern für unsere AHV» an. Der Entscheid, die Lancierung dieser Initiative zu unterstützen, wird an der Delegiertenversammlung vom 25. Juni in Olten im Zentrum stehen – neben den Reden von Bundesrätin Simonetta Sommaruga und Christian Levrat.

unterstützung für initiativeBERN Die Initiative «für eine öffentliche Kran-kenkasse» ist auf Kurs und stösst in der Bevöl-kerung auf sehr positives Echo. Und der breit abgestützte Trägerverein ist mit dem Schwei-zerischen Gewerkschaftsbund (SGB) und dem Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) gleich um zwei ge-wichtige Organisationen gewachsen. Damit sind nun 23 Organisationen und Verbände, welche die Volksinitiative unterstützen, im Trägerverein vertreten. Das von der SP mitlancierte Volksbe-gehren fordert eine öffentliche Krankenkasse nach dem Vorbild der Suva.

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Auf erneuerbare Energien setzen.

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Die SP hat gleich reihenweise kommunale und kantonale Wahlen gewonnen: in Zug, Luzern, Thurgau, Appenzell Innerrhoden, Genf, Frei-burg und Waadt. In der Romandie haben wir gar erdrutschartige Siege hinter uns. Ursula Wyss, SP-Nationalrätin und Fraktionspräsi-dentin, erzielte bei den Ersatzwahlen um den Berner Ständeratssitz von Simonetta Som-maruga ein Glanzresultat. Und auch die Ergeb-nisse in Zürich und Basel-Landschaft sind im grünen Bereich. Mindestens vier Lehren soll-ten wir daraus ziehen:

1. glauben wir etwas mehr an uns selber …… und weniger den Polit-Experten und den bürgerlichen Medien. Diese haben nach dem Parteitag in Lausanne vom vergangenen Ok-tober beschlossen, dass es mit der SP fortan bachab gehen werde. Die Realität ist gerade umgekehrt: Seit 2005 hatten wir keine ver-gleichbare Siegesserie mehr. Die Schlussfolge-rung ist an sich einfach: Politik wird eben zum Glück weder in den Statistikprogrammen der Universitäten noch in den Redaktionen der

WAhlKAmPf

die SP gewinnt flächendeckend!

KoMMentar

raum für öffentlicheslebenDie Frage, wie man in öffentlichen Räu-men das Miteinander verschiedener

Gruppen gestalten kann, wird zur Zeit ausgiebig diskutiert. Sie erschöpft sich in der heutigen Pra-xis schnell in Verboten, mehr Sicherheitsperso-nal, Regeln und weiteren repressiven Massnah-men. In einem Postulat

vom 25. Mai 2011* frage ich den Aargauer Regierungsrat, ob es heute auch andere, ganzheitlichere Ansätze gibt. Die Fra-ge, die uns als politisch Verantwortliche heute beschäftigen muss, ist nicht mehr, WIE oder WAS die Generationen mitein-ander unternehmen sollen, sondern WO.

«Wenn die Trennung von privatem und öffentlichem Raum nicht mehr deut-lich ist, verlieren wir das Bewusstsein für das Private und das Öffentliche.»** Wer-den immer mehr Strassen und Plätze privat, so ist es bald nicht mehr möglich, sich frei und selbstbestimmt zu bewegen und politisch zu agieren. 1. Mai-Veran-staltungen in Zürich verkommen immer mehr in diesem Sinne.

Die individuelle Nutzung des öffent-lichen Raums wird heute stark einge-schränkt. Öffentlich bleibt nur der Raum, der nicht privatwirtschaftlich verwertbar ist. Der wird dann auch vernachlässigt. Der öffentliche Raum MUSS aber als Begegnungszone für die verschiedenen kulturellen und politischen Gruppen zur Verfügung stehen. Wir dürfen nicht zulassen, dass in der Demokratie der öf-fentliche Raum durch Verbote und Regu-lierungen immer mehr privatisiert wird und verloren geht.

* www.ag.ch/grossrat/temp/dmp2ik12v61aequj3dt

bfbbki526135416688478_110524 POS Petrusic.pdf

** Guido Brendgens: Vom Verlust des öffentlichen

Raums. Simulierte Öffentlichkeit in Zeiten des Neo-

liberalismus. In: UTOPIE kreativ, H. 182 (Dezember

2005), S. 1088-1097. Siehe auch: Richard Sennett: Ver-

fall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei

der Intimität. Dt. 1986

Ivica Petrušic von Aarau ist SP-Grossrat. Er kandi-diert 2011 für den Nationalrat.

bürgerlichen Medien gemacht, sondern bei den Menschen. Und das Vertrauen der Men-schen gewinnen wir dann, wenn wir an uns und unsere Überzeugungen glauben und diese vermitteln können.

2. Wir gewinnen dort, wo wir konkret werdenDie erfolgreichen Kantonalparteien haben praktisch alle sehr intensiv für die laufenden nationalen Initiativen gesammelt und sind mit eigenen Volksbegehren in der kantonalen Politik präsent. Thurgau und Appenzell In-nerrhoden beispielsweise mit Initiativen für gerechte Steuern, Luzern mit einer Initiative zur Prämien verbilligung. Diese konkrete Über-setzung unserer Visionen aus dem Parteipro-gramm macht unsere Politik wieder fassbar.

3. Wir gewinnen dort, wo wir gemeinsam und geschlossen auftretenIn Appenzell und im Thurgau errangen die JUSO eigene Sitze bei Einwohnerratswahlen, und in Luzern holten sie sogar einen direkten Sitz im Kantonsrat mit der eigenen Liste (no-tabene mit einem höheren Wähleranteil in der Stadt Luzern als die BDP). Jusos und Secondos stellen in Luzern inzwischen vier von 15 Sitzen in der SP-Fraktion. Und das nicht etwa auf Kos-ten der Partei – die SP hat zwei Sitze gewonnen. Die bürgerlichen Medien haben nach dem Par-teitag in Lausanne praktisch alles versucht, um uns zu spalten – teilweise leider mit Erfolg. In dieser Debatte haben wir wohl alle Fehler ge-macht. Eine solche Steilvorlage dürfen und wollen wir den Medien im nationalen Wahl-kampf nicht mehr geben.

4. im Herbst ist alles möglich – wirklich alles!Die Umfragen sagen der SP nach wie vor ein leichtes Minus voraus – die Ergebnisse bei den letzten Wahlen sprechen wie gezeigt eine an-dere Sprache. Das Fazit für uns muss sein: Es ist alles möglich in diesem Herbst – es kommt auf uns selber an! Unser Regierungsrat hat es in einer der letzten links-Ausgaben vorgerech-net: Wenn jedes SP-Mitglied fünf Leute davon überzeugt, neu unsere Liste einzuwerfen, dann würde es sogar für einen vierten Sitz reichen. Und einmal ehrlich: Ist diese Vorstellung wirk-lich so absurd? Wir Kandidierende der SP Aar-gau glauben an unsere Chance – wir hoffen auf eure Unterstützung!

Cédric Wermuth von Baden ist SP-Einwohnerrat und Vizeprä-sident der SP Schweiz. Er kandidiert 2011 für den Nationalrat.

dieser titel hat Sie überrascht? Stimmt – keine bürgerliche Zeitung hat in den vergangenen Jahren solche Schlagzeilen gedruckt. aber: ein blick auf die Wah-len der vergangenen acht Monate zeigt, dass es tatsächlich so ist. cédric Wermuth

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Kanton aargaulinks 119/Juni 2011

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10 links 119/Juni 2011Kanton baSelland

StänderAtSWAhlen 2011

len. Anita und ich ziehen da am selben Strick. Umso unverständlicher ist natürlich, dass sich die Bürgerlichen im Nationalrat nicht entspre-chend verhalten oder ihre Fraktion nicht über-zeugen.

Sprecht ihr damit an, dass FDP und SVP im Nationalrat fast geschlossen gegen die Mitfinan-zierung der Hafeninfrastruktur waren?Fetz: Nicht nur, das war kein Einzelfall. Bisher haben wir die Krankenkassenprämien anderer Kantone mitfinanzieren müssen. Aber nicht alle Basler und Baselbieter NationalrätInnen wollten das ändern. Janiak: Die Abschaffung dieser Millionen-Transfers geht übrigens auf eine Motion von Anita zurück. Unterdessen ist das Baselbieter Konto ausgeglichen.Fetz: Die Hafen-Motion war dafür von Claude. Wir ergänzen uns bei den Themen, was ein Plus für beide Kantone ist.

Auch in der Kommissionsarbeit?Janiak: Auch dort. Mein Hauptengagement liegt bei der Verkehrskommission und der Geschäftsprüfungs-Delegation. Dort hat mich

unter anderem die Basler Fichenaffäre beschäf-tigt, wie Anita übrigens auch, bei ihr als Mit-glied des Basler Staatsschutz-Kontroll organs. Daneben bin ich Präsident der «ordentlichen» Geschäftsprüfungskommission sowie Mitglied der Rechtskommission und der schweizerisch-italienischen Parlamentsdelegation.

Und du bist die einzige Frau in der Finanzkom-mission?Fetz: Ja, zudem bin ich Mitglied der Bildungs-, der Wirtschafts- und der Sozialkommissionen sowie der schweizerisch-deutschen Parla-mentsdelegation. Die hat unter anderem im «Indianer-Streit» zwischen dem damaligen deutschen Finanzminister und der Schweiz die Wogen glätten helfen.

Hat euch die Finanzkrise eigentlich stark be-schäftigt?Fetz: Ja. Gerade deshalb hat der Ständerat meine Boni-Motion angenommen und ent-sprechende Regeln beschlossen. Wir haben aber auch viele weitere Geschäfte beraten. Bei der IV-Revision etwa konnten wir ein weiteres schleichendes Ausbluten verhindern, und das im bürgerlich dominierten Ständerat.Janiak: Überhaupt ist die soziale Abfederung ein wichtiges Ziel unserer Arbeit.

Stellt ihr euch beide deshalb wieder zur Wahl?Janiak: Auch. Ausserdem braucht und verdient das Baselbiet keinen SVP-Vertreter, der strikt die Zürcher Linie verfolgt, sondern einen prag-matischen Sozialdemokraten.Fetz: Das gilt auch für Basel, seine Bevölkerung und seine Wirtschaft. Linke vertreten die ge-meinsame Wohlfahrt besser als SVP-Parteisol-daten.

Seit vier Jahren stellt die SP die Stan-desvertretungen beider basel: im Stän-derat politisiert anita fetz für basel-Stadt, Claude Janiak für das baselbiet. Sie ergänzen sich bei den themen und haben die gleiche politische Wellen-länge. «links.ch» hat sie getroffen.

Seite an Seite für Baselland und Basel-Stadt: Ständerat Claude Janiak und Ständerätin Anita Fetz vor Siebendupf und Baslerstab.

BS: unabhängiges Komitee für Ständerätin Anita fetz

Mitglied im unabhängigen Unterstützungskomi-tee von Anita Fetz werden kann frau/man via Mail ([email protected]) oder Telefon (078 611 95 40). Dort sind auch Spendeninformationen erhältlich. Das Komitee wird sich im Verlauf des Sommers der Öffentlichkeit vorstellen. www.letsfetz.ch

Bl: überparteiliches Komitee für Ständerat claude Janiak

Mitglied werden kann frau/man via Mail ([email protected]) oder per Post (Überparteiliches Un-terstützungskomitee von Claude Janiak, Postfach 250, 4102 Binningen), Spenden sind via Basel-landschaftliche Kantonalbank möglich und will-kommen (IBAN CH68 0076 9028 3130 1200 2; Komitee Ständeratswahl 2011). www.janiak.ch

Bild

: ZVG

Mitglied Werden in den unterStÜtZungSKoMiteeS!

ein dreamteam beider basel im Ständerat

Anita Fetz, Claude Janiak, die SVP hat den Ständerat zur Dunkelkammer erklärt und ein «Sündenregister des Ständerats» erstellt. Wie fühlt man sich als Sünder?Claude Janiak: Danke, ich fühle mich gut. Die Liste des «Sündenregisters» ist der beste Ausweis dafür, wie pragmatisch der Ständerat geworden ist: Wir sind umweltfreundlicher als der Nationalrat, und sozialer sind wir auch. Wenn das Sünde ist, dann sündige ich gerne.

Und als Sünderin?Anita Fetz: Ebenfalls gut, danke! Von Dunkel-kammer kann natürlich keine Rede sein. Was stimmt: Der Ständerat ist lösungsorientiert und hat auch bei den Finanzen oder in der Ver-kehrspolitik oft Augenmass bewiesen.

Was heisst das konkret?Fetz: Für beide Basel sind die Verkehrsinfra-struktur sowie Bildung, Forschung und In-novation matchentscheidend. Genau diese Bereiche aber kommen bei Sparprogrammen immer unter die Räder. Hier haben wir ein zusätzliches Sparprogramm gestoppt: Wenn es um Bildung und Forschung geht, vertreten wir die Interessen des Wirtschaftsstandorts.

Und im Verkehr?Janiak: Ebenfalls: Der Verkehr ist ein zentra-les Dossier für einen Baselbieter Ständerat, ich denke da an die Schifffahrtspolitik, den Viertelstundentakt, an die Verlagerungspoli-tik oder an die dritte Juraquerung. Der Wisen-berg kostet alles in allem etwa gleich viel wie die Kampfjets, welche die Bürgerlichen wol-

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11links 119/Juni 2011 Kanton SolotHurn

Bild

: ZVG der Papierfabrik Sappi wieder in den Schlagzei-

len. Welche Möglichkeiten hat ein Ständerat in einem solchen Fall überhaupt einzugreifen?Grundsätzlich fast keine, leider. In unserem System ist es gewollt, dass sich die Politik aus der Wirtschaft herauszuhalten hat. Wenn dann aber mal alle Stricke reissen, erwarten plötzlich alle, dass die Politik sämtliche Probleme sofort löst. Als Parlamentarier kann man bloss seine Kontakte nutzen und seine Erfahrungen wei-tergeben. Das habe ich im Fall Sappi gemacht. Zusammen mit anderen habe ich versucht, Bundesbern – und insbesondere Bundesrat Schneider-Ammann – einzubeziehen. Und ich habe Kontakt mit den Sappi-Verantwortlichen, der Volkswirtschaftsdirektorin, der Betriebs-leitung, den Personalvertretungen und den Gewerkschaften sowie den Gemeinden aufge-nommen und bei der Suche nach Lösungen mitgeholfen.

Du hast damals als Gemeindepräsident von Gerlafingen bei der drohenden Schliessung des Stahlwerks bereits einschlägige Erfahrungen sammeln müssen. Hast du davon im Fall Sappi profitieren können?Zweifellos habe ich von meinen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Rettung des Stahl-werks profitiert. Ich habe auch versucht, meine Erfahrungen weiterzugeben.

Will man bürgerlichen Politikern glauben, ziehen über den Schweizer Sozialwerken schwarze Wolken auf. Muss die SP umdenken und den Sozialstaat straffen, das Erreichte verteidigen oder gar einen Ausbau fordern?Die jüngsten Äusserungen von Bundesrat Burkhalter zeigen, dass die Zukunftsprogno-sen unserer Sozialwerke zu düster gezeichnet worden sind. Ein Sozialabbau steht deshalb nicht zur Debatte, punktuelle Verbesserungen sind aber möglich und notwendig.

Welches sind deiner Meinung nach die grössten Herausforderungen?Für mich steht die Erhaltung des Wirtschafts-standortes und insbesondere des Werkplatzes Schweiz im Vordergrund. Eine blühende Wirt-schaft schafft die Voraussetzungen für den Ausbau anderer Politikbereiche.

Du bist im letzten Jahr gegen zwei bürgerliche Konkurrenten mit fast 50 Prozent der Stimmen glanzvoll in den Ständerat gewählt worden. Wird die Erneuerungswahl vom Oktober also ein Spaziergang?Ganz und gar nicht! Im kommenden Herbst gilt es beide Ständeratssitze zu besetzen und es

treten politische Schwergewichte zur Wahl an. Da besteht die Möglichkeit widernatürlicher Allianzen, politischer Ränkespiele und takti-scher Winkelzüge. Deshalb wird der kommen-de Wahlkampf alles andere als ein Sonntags-spaziergang. Wir werden hart, engagiert und lustvoll Wahlkampf machen müssen.

Warum sollen die Wählerinnen und Wähler dich wieder in den Ständerat wählen?Weil sich eine sozialdemokratische Standes-vertretung des Kantons Solothurn über Jahr-zehnte bewährt hat und weil ich im Ständerat aus einer klaren politischen Position heraus Hand zu konstruktiven Lösungen bieten kann.

Was willst du für den Kanton Solothurn in den nächsten vier Jahren erreichen?Ich will dem Kanton Solothurn ein soziales, ökologisches und weltoffenes Gesicht geben und ich will die vielen Stärken unseres Kantons in den Vordergrund rücken.

im Januar 2010 wurde roberto Zanetti als nachfolger des verstorbenen ernst leuenberger in den Ständerat gewählt. Seither hat er dort als Wirtschaftsver-treter der büezer hartnäckig die inter-essen des Kantons vertreten und Politik über die Parteigrenzen hinweg gemacht, die allen zugute kommt, statt nur einigen wenigen. genau das will er auch in Zukunft tun. interview niklaus Wepfer

Zanetti wieder in den Ständerat

Roberto, seit März 2010 wirkst du als Ständerat. Wie fühlt sich das an?Es fühlt sich toll an, ich bin von der Arbeit im Ständerat begeistert! Sie erinnert mich sehr an die Arbeit im Gemeinderat von Gerlafingen oder in der Finanzkommission des Kantons-rates: Hier wie dort steht und stand nicht das Spektakel auf der Bühne, sondern die harte Knochenarbeit hinter der Bühne im Zentrum. Das passt mir.

Welches waren für dich die Höhepunkte?Der Ständerat ist immer wieder für positive Überraschungen gut. Gelegentlich kommen Entscheide zustande, die man eigentlich nicht hätte erwarten können. Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen der SP-Fraktion und mit meinem Standeskollegen Rolf Büttiker sind ebenfalls Höhepunkte. Das per-sönliche Highlight war allerdings meine Verei-digung am 1. März 2010. Das war schon ganz speziell – feierlich, würdevoll und auch ein bisschen emotional.

Gab es denn auch Enttäuschungen?Eigentlich nicht. Klar, ich bin in vielen Fragen unterlegen. Aber das ist man sich als Sozialde-mokrat ja durchaus gewohnt und damit muss man umgehen können.

Man hat den Eindruck, im Ständerat werde anders politisiert als im Nationalrat. Wird im Stöckli nicht gestritten und um gute Lösungen gekämpft?Im Ständerat wird tatsächlich anders politisiert als im Nationalrat. Es ist weniger hektisch, we-niger aggressiv und man hört einander besser zu. Trotzdem wird durchaus hart und intensiv um gute Lösungen gekämpft. In Zeiten perso-nalisierter Zuspitzung mögen das viele lang-weilig finden. Ich persönlich schätze den re-spektvollen Umgang sehr und bin überzeugt, dass er auch bessere Lösungen ermöglicht.

In den letzten Wochen und Monaten stand unser Kanton im Zusammenhang mit der Schliessung

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12 links 119/Juni 2011Kanton luZern

ZuWAnderung, SteuerWettBeWerB und WAchStum

die Schweiz wächst rasant. gemäss Prognosen soll sie weiter wachsen. die weit verbreitete begeisterung über diese aussichten gibt mir zu denken. Zu offensichtlich geht da vergessen, dass wir bereits heute deutlich über unsere Verhältnisse leben. dass unsere Welt endlich ist. dass zwei weitere Millionen einwohnerinnen in der engen Schweiz auch ein Problem darstellen könnten. die Probleme sind real, auch aus linker Sicht. Jörg häfliger

Luzern allein wären bis 2025 Investitionen von rund drei Milliarden Franken fällig, um den Verkehr flüssig zu behalten. Pro Jahr wären das 150 bis 200 Millionen. Aus meiner Sicht ein Ding der Unmöglichkeit. Arbeitsmarkt: Studien zum Thema Lohndruck und Zuwanderung ergeben zwar kein einheit-liches Bild. Die Resultate sind je nach Inter-essenlage und genauer Fragestellung unter-schiedlich. Es gibt aber deutliche Anzeichen dafür, dass vor allem die Löhne für den Mittel-stand unter Druck geraten sind; sie sind in den letzten Jahren hinter dem Wirtschaftswachs-tum zurückgeblieben.

Hauptursache SteuerwettbewerbDie Populisten haben natürlich rasch eine einfache Antwort bereit: Die Freizügigkeit ist schuld. Das ist zwar nicht völlig falsch. Zweifel-los gibt es auch aus linker Sicht Mängel bei den flankierenden Massnahmen. Diese Mängel gilt es rasch zu beheben.

Hauptursache ist meiner Meinung nach je-doch eine andere. Es ist unsere masslos über-drehte Form des Steuerwettbewerbs. «Wir haben ausländische Unternehmen zu stark bevorteilt, indem wir ihnen günstigen Boden verkauft haben und sie steuerlich entlastet ha-ben.» Selbst Bundesrat Schneider-Ammann ist mittlerweile zu dieser Erkenntnis gelangt. Sei-ne Aussage gaukelt aber vor, dass das Problem

nun gelöst sei oder wenigstens angegangen werde. Dem ist nicht so. Der Steuerwettbewerb ist weiter im Gang. Trotz Abstimmungsnieder-lage im letzten Herbst: In diesem Bereich muss die SP weiterhin Kräfte investieren!

ewiges Wachstum?Wirtschaftswachstum und Zuwanderung seien nötig. Das ist das gängige Glaubensbekenntnis unter Ökonomen und Politikern. Zu den offen-sichtlichen Problemen kommt von dieser Seite kaum eine brauchbare Bemerkung. Die SVP fordert vehement das eine und lehnt das ande-re lautstark ab. Obwohl beides in unserer heu-tigen Lage nur zusammen erhältlich ist. Für die SP ist dieser Mangel eine Chance.

fazitDie SP sollte das Thema Zuwanderung im Wahlkampf aktiv angehen. Die Probleme sind real. Sie haben sehr viel mit der unsinnigen Tiefsteuerpolitik von Bund und Kantonen zu tun. Sie ignorieren die Grenzen des Wachs-tums.

Lassen wir uns nicht auf die fremden- und europafeindlichen Denkmuster der Populisten ein. Fügen wir stattdessen ein paar lose Enden von SP-Konzepten zusammen – so entsteht ein Strang, an dem sich ziehen lässt!

Im Kanton Zug hat vor wenigen Wochen ein is-ländischer Generika-Produzent seinen neuen Hauptsitz bezogen. Von 150 neuen Arbeitsplät-zen besetzt die Firma 100 mit mitgebrachten Angestellten. Lediglich 50 Stellen werden in der Schweiz ausgeschrieben. Unternehmenssteuern bezahlt das Unternehmen fast keine. Die Steu-ern der Angestellten sind ebenfalls gering. Dies nicht nur wegen der tiefen Zuger Steuersätze.

Sondern auch, weil die ausländischen Angestell-ten Kosten für Wohnen oder die Privatschule der Kinder steuerlich abziehen können. Andererseits wollen die Angestellten der Firma alle angenehm wohnen. Ein Anspruch, der die Preise auf dem ohnehin überhitzten Zuger Wohnungsmarkt noch stärker in die Höhe treibt.

Das ist Standort- und Steuerpolitik der dümmsten Sorte.

aufruhr im Paradiesvon Philipp Löpfe und Werner Vontobel

Die beiden erfahrenen Wirtschaftsjournalisten stellen Probleme und Ursachen der neuen Zuwanderung ähnlich dar, wie das im obigen Artikel geschieht. Sehr gut dokumentiert, leicht zu lesen, argumentativ überzeugend. Sehr lesenswert.

SteuerPolitiK auf KoSten der einHeiMiSCHen buCHtiPP

die Schattenseiten unseres erfolgs im Standortwettbewerb

Jörg Häfligerwar mehrere Jahre Co-Präsident

der SP Kanton Luzern. Kontakt: [email protected]

lassen wir uns nicht auf die fremden- und europafeindlichen denkmuster der Populisten ein.

drei beispiele: Wohnen. Mehr Einwohner brauchen mehr Wohnraum. Die Prognosen für die Zent-ralschweiz gehen von einem Bevölkerungs-wachstum von mindestens 1 Prozent pro Jahr aus. Das führt zu noch mehr Überbauung von Grünflächen. Und es führt zu einem enormen Druck auf die Mietpreise. Eine Studie der Nationalbank zeigt, dass die Mieten in den vergan-genen Jahren um 2,6 Prozent gestiegen sind, wenn sich die Einwohnerzahl um 1 Prozent erhöhte. Angewendet auf die Zentralschweiz: 15 Prozent mehr Einwohner führen zu 40 Prozent höheren Kosten für die Wohnung! Verkehr. Die Infrastruktur in diesem Bereich genügt heute nur knapp. Auch hier gehen Sta-tistiker und Verwaltung davon aus, dass die Bevölkerung in unserem Kanton anhaltend wächst. Das führt zu einer steigenden Nach-frage nach Mobilität. Wie bewältigen wir diese zusätzliche Nachfrage? In der Agglomeration

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13

Julia gerber rüeggCo-Präsi den tin der SP-Frauen Schweiz und Kantonsrä[email protected]

auch nach dem 14. Juni: gleich viel ist unser Ziel

Bei den Banken und Versicherungen verdie-nen Männer 40 Prozent mehr als Frauen. Das Boni-System fördert die Ungleichheit. Am Bankenplatz Zürich geht die Lohnschere wie-der weiter auf.

In der Industrie verdienen Frauen 27 Pro-zent weniger als ihre Kollegen. Der Grund-satz «gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit am gleichen Ort» wird auch nach 30 Jahren Lohngleichheitsartikel und 15 Jahren Gleich-stellungsgesetz noch immer in der ganzen Schweiz verletzt. Das ist ein Skandal!

Heute ist eher die Forderung von Verein-barkeit von Beruf und Familie in aller Frauen Munde. Doch auch das ist eine Frage der Lohngleichheit. Solange Männer mehr verdie-nen als Frauen, wird das Ernährerprinzip wei-ter zementiert. Denn es ist ökonomisch nur logisch, dass Frauen im Beruf zurückstecken und Männer sogar noch zulegen, wenn eine Familie gegründet wird. Lohngleichheit ist der Hebel zur Gleichstellung von Frau und Mann in Gesellschaft und Beruf. Darum haben die Frauen in der Schweiz am 14. Juni 2011 ein-mal mehr gefordert: «Gleich viel ist unser Ziel!» Auf politischer Ebene heisst das: Es müssen Instrumente geschaffen werden, die der Lohn-gleichheit endlich zum Durchbruch verhelfen.• Es braucht eine Behörde, die ein Klagerecht hat und die gesetzlich vorgeschriebene Lohn-gleichheit durchsetzen kann.• Es braucht die Verpflichtung zur Offenle-gung der betriebsinternen Lohnstruktur, wie das in Österreich bereits eingeführt worden ist.• Die Lohnkontrollen, welche im Rahmen der flankierenden Massnahmen bereits durch-geführt werden, müssen auch auf die Lohn-gleichheit zwischen Frauen und Männern aus-gedehnt werden.

Entsprechende Vorstösse wurden am 14. Juni 2011 auf nationaler und kantonaler Ebe-ne eingereicht. Damit der 14. Juni 2011 nicht nur ein farbiger und lauter Protest- und Festtag war, sondern auch nachhaltig die Lohnschere zwischen Männer- und Frauenlöhnen schliesst. Wir bleiben dran.

Mehr Informationen zu den Vorstössen finden sich auf www.sp-frauen.ch/frauenstreik

Knallrot

in anderen ländern sind sie normal. bei uns immer noch die ausnahme. obwohl sich fast alle Parteien dazu bekennen. Weshalb haben tagesschulen einen so schweren Stand? Jacqueline fehr

erledigt. Damit haben die Kinder mehr Freizeit und die Eltern weniger Stress. Tagesschulen pflegen einen engeren Austausch zwischen Schule und Elternhaus. Von Tagesschulen pro-fitieren nachweislich alle Kinder, ganz beson-ders diejenigen aus bildungsfernen Familien.

Seltsamerweise stossen diese «richtigen» Ta-gesschulen trotz ihrer Vorteile auf Widerstand. Den Familien werde der Mittagstisch wegge-nommen, wird kritisiert. Auch würden viele El-tern den Kindern gerne bei den Hausaufgaben helfen und so Einblick in den Schulalltag be-kommen. Egal, wie man zu diesen Einwänden steht – man muss sie ernst nehmen. Damit ist klar: Obligatorisch können die Tagesschulen

nicht werden. Sie müssen sich kraft ihrer Vor-teile durchsetzen.

Dazu braucht es ein faires Nebeneinander. Konkret: Es braucht überall auch richtige Ta-gesschulen mit genügend Plätzen. Alle Kinder, die von den Vorteilen profitieren wollen, sollen dies tun können – unabhängig vom Portemon-naie der Eltern.

obligatorisch können tagesschulen nicht werden. Sie müssen sich kraft ihrer Vorteile durchsetzen.

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links 119/Juni 2011 tAgeSSchule WaHlPlattforM

[email protected]ätin aus dem Kanton Zürich und

Vizepräsidentin der SP Schweiz

Tagesschulen entstanden, weil es praktisch war. Lange Schulwege oder die Arbeitsbelas-tung der Eltern waren die Hauptgründe. So be-suchte mein Vater in den 40er-Jahren in einem Bauerndorf im Sommer einen Tageskindergar-ten, damit die Eltern den Rücken frei hatten für die Feldarbeit. Im Dorf, in dem ich aufgewach-sen bin, gab es für die Oberstufenkinder aus den umliegenden Weilern über Mittag ein einfaches Essen, weil sie aufgrund des langen Weges nicht nach Hause konnten.

Heute sehen wir zwei Trends: (1) Wo in ländlichen Regionen Schulen geschlossen werden müssen, versucht man eine zentrale Schule als Tagesschule anzubieten. Die Kinder werden mit Bussen aus der Region am Morgen dorthin gebracht und am Abend wieder zurückgeführt. (2) In den Städten gibt es ein Nebeneinander von «richtigen» Tagesschulen (Schulen, an denen alle Kinder alle schulergänzenden An-gebote nutzen) und unterbrochenen Schulen mit freiwilligen ergänzenden Tagesstrukturen. Die Wartelisten der ersteren, also der richtigen Tagesschulen, sind überall lang. Und das hat seinen guten Grund.

Tagesschulen haben einen anderen Rhyth-mus. Insbesondere die Mittagspause ist kürzer und die Hausaufgaben werden in der Schule

Tagesschulen haben einen anderen Rhythmus: Kinder haben mehr Freizeit und Eltern weniger Stress.

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14 links 119/Juni 2011debatte SP-frAuen und gleichStellungSPolitiK14

gleichstellung ist nicht dasselbe wie parteiinterne frauenförderung.

diskriminierungen lassen sich nicht wegdiskutieren, sie sind nachweisbar.

der kleine unterschied

An der Delegiertenversammlung vom 25. Juni in Olten steht unter anderem das Reglement der SP-Frauen zur Diskussion. In einem Antrag an die Delegierten bekennt sich die Gruppe junger Sozial-demokratInnen zur Gleichstellung und kritisiert, dass sie sich «in einer Gleichstellungspolitik, wie sie aus dem Reglement der SP Frauen Schweiz hervorgeht, nicht wiedererkennt». Mit der Rückweisung soll «der Weg für eine neue Gleichstellungspolitik der SP» geebnet werden.

die SP müsse gleichstellungspolitik machen, die frauen und Männer gleichermassen in die Pflicht nimmt – das verlangt eine gruppe junger Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und kritisiert damit vor allem die SP-frauen. diese wiederum finden: Mehr Mittel für die gleichstellung ja, aber nicht auf Kosten der frauenförderung und ihrer organisation. das Ziel der gesellschaftlichen gleichstellung sei letztlich nur «zweigleisig» zu erreichen.

Als in letzter Zeit die Gleichstellungsdebatte wieder Aufwind bekam, sprach mich auch meine Mutter darauf an. Sie, die selber poli-tisch aktiv war, damals zu Titos Zeiten im ehe-maligen Jugoslawien, erzählte mir, dass sich zu ihrer Zeit Frau und Mann gegen die Rollenbil-der von heute gewehrt hätten. Gegen die Wer-

bungen, in denen aus Frauen Sexobjekte und aus Männern Machos gemacht werden. Sie hätten diese Plakate in Nacht-und-Nebel-Ak-tionen niedergerissen.

Wie sieht es heute aus? Einigen von uns

fällt die Werbung schon gar nicht mehr auf, zu fest haben sich die Rollenbilder verfestigt. Stattdessen führen wir Scheindiskussionen da-rüber, ob Frauen bessere Managerinnen sind als Männer oder ob ein Kind besser bei Mutter oder bei Vater aufgehoben ist – und lenken da-mit vom eigentlichen Problem ab.

Die SP-Frauen betreiben eine feministische Po-litik, die sich als Lobby gegen Diskriminierun-gen an Frauen versteht. Die SP ist dagegen ei-nem umfassenden Gleichstellungsansatz ver-pflichtet. Diese Doppelstrategie wurde 2008 in den Statuten verankert. Die SP bezeichnet sich selbst als Gleichstellungspartei und trägt der Bedeutung der Gleichstellung in ihren Statu-

ten Rechnung, indem sie sich nach Artikel 1.3 der Statuten «partei-intern wie auch in ih-rer öffentlichen Arbeit für die Gleichstellung von Frau und Mann ein[setzt] und systema-tisch den Blickwinkel

und die Bedürfnisse beider Geschlechter in ihre Politikfelder sowie in ihre Entscheidungen einbezieht. Dafür stellt sie die geeigneten Mit-tel und Ressourcen zur Verfügung.»

Der Weg von den Statuten zur Realität er-scheint mir manchmal ähnlich weit wie der-jenige des Verfassungsgrundsatzes zur um-gesetzten Lohngleichheit. Es fehlt nicht an Worten, aber es fehlt an der Verbindlichkeit. Es reicht nicht, sich auf den Lorbeeren auszuru-hen. Wenn wir uns für eine soziale und gerechte Gesellschaft einsetzen, und das tut die SP, dann

Und wie sieht es innerhalb der SP aus? Die Gleichstellung ist zu einem Randthema ge-worden. Die Gleichstellungspolitik wurde an die SP-Frauen delegiert und somit zum Frau-enproblem erklärt. Nach dieser Logik soll-ten heute die JUSO nur Ju-gendpolitik machen und die Second@s nur Integrations- und Einwanderungspolitik. Natürlich brauchen bestimm-te Gruppen spezielle Förder-massnahmen. Wir müssen aber unterscheiden zwischen parteiinterner Frauenförderung und der Gleichstellungspolitik der SP.

Wir haben die Wahl: Entweder überlassen wir die Gleichstellungspolitik den Antifemi-nisten und ihrem Oberspinner René Kuhn oder wir holen die Gleichstellungspolitik wie-der zurück ins Herz der Sozialdemokratie. Das wird uns nur gelingen, wenn wir erkennen, dass der heutige Konflikt nicht zwischen Mann und Frau verläuft, sondern zwischen links und rechts und unten und oben. Heute profitie-

muss die Gleichstellung der Geschlechter und die damit verbundene Macht- und Umvertei-lungsfrage im Zentrum stehen. Sie muss mit Herzblut diskutiert und umgesetzt werden.

Die SP-Frauen unterstützen, die Bestrebun-gen, die Gleichstellungspolitik wieder ins Zen-trum der Partei zu rücken und sprechen sich für die dafür nö-tigen Ressourcen aus. Sie sind jedoch nicht bereit, die eige-nen Ressourcen für die Gleich-stellungspolitik der Partei zur Verfügung zu stellen. Denn die SP-Frauen vertreten einen feministischen Ansatz, der die Diskriminierung an Frauen auf der strukturel-len Ebene bekämpft, wie das auch das Frauen-rechtsabkommen CEDAW tut. Es sind die SP-Frauen, die aus unterschiedlichsten Frauen aus der Partei bestehen, die garantieren, dass die Macht- und Umverteilungsfrage immer

ren einige wenige von unserer Unfreiheit und Ungleichheit. Von der Unfreiheit, nicht die Wahl zu haben arbeiten zu gehen und Kinder in die Krippe geben zu können oder zu Hause zu bleiben mit und bei den Kindern. Und von

der Ungleichheit, dass Frauen für gleiche Ar-beit 20 Prozent weniger verdienen als Männer.

Es ist höchste Zeit, dass die Gleichstellungs-politik der SP uns alle angeht und auch von uns allen mitgestaltet werden kann. Unsere Politik muss die Voraussetzungen schaffen, damit die Menschen selbstbestimmt über ihren Platz in der Gesellschaft entscheiden können.

[email protected] zusammen mit anderen jungen SP-Mitgliedern den Rückweisungsantrag eingereicht.

wieder gestellt wird. Denn die Diskriminierun-gen lassen sich nicht wegdiskutieren, sie sind statistisch nachweisbar. Und sie betreffen alle Frauen, so unterschiedlich diese auch sind.

Diese Lobbyarbeit ist ein Teil einer Gleich-stellungspolitik, die auch aus anderen Teilen

bestehen muss, wenn sie dem umfassenden Ansatz gerecht werden soll. Denn Gleichstel-lung geht uns wirklich alle an! Sowohl in der Überzeugung, wie auch in den Mitteln und Ressourcen.

tHeMa an der dV

[email protected]ärin der SP-Frauen Schweiz

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links 119/Juni 2011 PoSitionen 15

[email protected] Nationalrat aus dem Kanton Schaffhausen

PerSonenfreiZügigKeit

lohndrückerei gefährdet bilateraleniemand hat ein so grosses interesse an der Personenfreizügigkeit wie die Wirtschaft. niemand gefährdet sie so wie die arbeitgeber. hans-Jürg fehr

den massiv erhöht. Gegenüber unbelehrbaren Lohndrückern wird eine Marktzutritt-Sperre verhängt.2. Bei Verletzung der Melde- und Auskunfts-pflicht wird der fehlbare Arbeitgeber nicht nur verwarnt, sondern gebüsst, mit stark steigen-der Progression im Wiederholungsfall.3. Die Kantone müssen unverzüglich in den kritischen Branchen Normalarbeitsverträge (NAV) mit angemessenen Mindestlöhnen er-lassen. Sie müssen das Recht bekommen, Ver-tragsverstösse zu bestrafen.4. Der Bundesrat muss den GAV für Temporär-arbeitende allgemeinverbindlich erklären und er muss den GAV für das Reinigungsgewerbe auf die Betriebe mit weniger als sechs Ange-stellten ausdehnen.

5. Um der grassierenden Scheinselbständig-keit den Riegel zu schieben, braucht es eine neue gesetzliche Grundlage. In Zukunft soll gelten: Der Selbständige muss seine Selbstän-digkeit beweisen, nicht der Kontrolleur seine Scheinselbständigkeit. Kann er es nicht, hat er das Land zu verlassen. Sein Entsendebetrieb wird gebüsst, und für den Wiederholungsfall wird ihm eine Marktzutritt-Sperre angedroht.

Das Personenfreizügigkeitsabkommen ist der wichtigste Vertrag, den die Schweiz mit der EU abgeschlossen hat. An ihm hängt das gesamte bilaterale Vertragswerk, das für unser Land von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung ist. Seine positiven Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze (plus 300 000), auf die Finan-zierung der Sozialwerke und auf die Steuerein-nahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden sind unübersehbar. Sie überwiegen klar gewis-se Nachteile der Zuwanderung. Das aber nur, wenn die Arbeitgeber die massenhafte Lohn-drückerei in ihren eigenen Reihen endlich abstellen.

Die Kontrolleure überprüften letztes Jahr 140 000 Arbeitsverhältnisse und registrierten in vier von zehn Fällen einen Verstoss gegen gesetzliche oder gesamtarbeitsvertragliche Bestimmungen. Das ergibt eine Missbrauchs-quote von 40 Prozent! Aufdecken allein genügt aber nicht. Es braucht ein griffiges Sanktions-regime, das so ausgelegt sein muss, dass sich Lohndrückerei nicht mehr lohnt. Durchzuset-zen ist der einfache Grundsatz, dass für Arbei-ten in der Schweiz Schweizer Löhne bezahlt werden.

Gefordert sind der Bundes-rat und die Kantone, denn sie haben die notwendigen Kom-petenzen, um die gassieren-den Missbräuche abzustellen. Folgendes ist zu tun:1. Die Bussen für das erstmalige und erst recht für das wiederholte Lohndumping wer-

Missbräuche aufdecken allein genügt nicht. es braucht ein griffiges Sanktionsregime.

angst vor lösungen«Ich hätte der Personenfreizügigkeit zuge-stimmt ohne die flankierenden Massnahmen.» So äusserte sich vor einigen Jahren der dama-lige SVP-Parteipräsident Ueli Maurer. Und auch SVP-Nationalrat Schlüer hatte im Zusammen-hang mit der Personenfreizügigkeit vor allem eine Angst: «Mit Annahme der Personenfrei-zügigkeit würde die Schweiz zum Mindest-lohnland.» Diese Angst ist der SVP offenbar geblieben. Noch heute warnt sie in Communi-qués davor, dass mit der Personenfreizügigkeit «sozialistische Rezepte wie der Mindestlohn» hoffähig werden.

Die Absichten der SVP sind klar. Sie möchte erstens die Personenfreizügigkeit künden. Und damit zweitens wieder zurück zum System der Kontingente der 90er-Jahre. Der Vorteil der da-maligen Einwanderung aus SVP-Sicht: Die feh-lenden Kontrollen der Lohn- und Arbeitsbedin-gungen. Die Folge davon: Mehr Schwarzarbeit und zusätzlichen Druck auf die Löhne. Offen-bar ganz nach dem Gusto der SVP. Mit ihrer neuen Initiative wehrt sich die SVP also nicht grundsätzlich gegen die Einwanderung. Denn sie weiss: SVP-nahe Bauern und SVP-nahes Kleingewerbe sind zwingend auf Ausländer an-gewiesen. Vielmehr wehrt sich die SVP gegen die mit der Personenfreizügigkeit verbundenen Massnahmen gegen Lohndumping.

Genau dort muss aber der Hebel ange-setzt werden. Fast jedes zweite kontrollierte Unternehmen in der Schweiz hat die Perso-nenfreizügigkeit für Lohn- und Sozialdumping missbraucht – eine auch nur annähernd so hohe Missbrauchsquote in den Sozialversiche-rungen würde zu einem kollektiven Aufschrei der Empörung führen. Darum braucht es noch stärkere Massnahmen gegen Lohndumping. Insbesondere einen Mindestlohn für alle.

Es braucht aber auch Massnahmen auf dem Wohnungsmarkt. Rund 35 bis 40 Milliar-den flossen in den letzten Jahren zusätzlich von den Mietern, den Arbeitnehmenden und KonsumentInnen zu Immobilienbesitzern. Eine schier unvorstellbare Zahl. Darum braucht es dringend eine öffentliche Förderung von güns-tigem Wohnraum.

Günstigen Wohnraum, höhere Löhne. Diese Forderungen müssen wir im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeitsdebatte ins Zen-trum stellen. Um die Missbräuche zu bekämp-fen. Und um damit gleichzeitig auch die Perso-nenfreizügigkeit zu stärken.

StandPunKt

thomas Christen Generalsekretär

Page 16: «links» 119, Juni 2011

16 links 119/Juni 2011PerSonen

rotStiCH

Während dem Wahlkampf ver-stärkt emanuel Wyler aus Zürich das Kampagnenteam. Bevor er schon bald als Biochemie-Postdoc nach Berlin entschwindet, wird

sich der 30-jäh-rige nochmals so richtig für die gute Sache ins Zeug legen. Sein ETH-Dok-tortitel wird ihm dabei wohl

weniger helfen, umso mehr dafür seine zwölf Jahre SP-Erfahrung mit Dutzenden von Kampagnen auf allen Ebenen. Emanuel wird sich vor allem um Mobilisierung und eCampaigning kümmern und dabei auch Kantonalparteien und Sektionen tatkräftig unterstützen – auf dass alle statt nur wenige für die SP Wahlkampf machen.

Medwedew twittert früh

Der «Social Media Gipfel» in Zürich war auf 7.30 Uhr angesetzt. Eine gewöhnungsbedürftige Zeit, für mich als überzeugten Morgenmuffel sowieso. Aber dass ich in der Peripherie wohne und um 4.50 Uhr aus den Federn musste, dafür konnten die OrganisatorInnen ja wirklich nichts. Das The-ma des Morgens: «Mit sozialen Medien Wahlen gewinnen». Überproportional im Publikum ver-treten: Werberinnen und Journalisten. Just jene Berufsgruppen, die sowieso die viel besseren Politiker wären, wenn sie sich denn dazu herab-lassen würden, welche zu sein. Ich bin zuerst am Start, nach mir der smarte CVP-Stadtpräsident von Wädenswil. Beide berichten wir von unseren

Erfahrungen, beide probieren wir den Ball flach zu halten.

Doch die Evangelisten des Web 2.0 leisten Widerstand. Warum, wird aus der Runde gefragt, denn noch immer keine Parlamentarierin die Mega-Chance beim Schopf gepackt habe und laufend sowie lückenlos aus dem Ratssaal twitte-re. Wir halten dagegen: Erstens sei es zumindest fraglich, ob das jemanden interessiere, und zwei-tens bringe unser Milizparlament eine Knappheit an Ressourcen und Zeit mit sich. «Billige Aus-rede!», wird widersprochen. Sogar der russi-sche Präsident twittere schliesslich laufend aus den Regierungssitzungen, und der habe ja wohl kaum weniger zu tun als ein gemeiner Natio-nalrat. Vielleicht steht der ja jeden Morgen um

4.50 Uhr auf, dann hat der natürlich Zeit zum zwitschern, geht’s mir durch den Kopf. Unsere Verdacht, dass Medwedew unter Umständen nicht höchstpersönlich in die Tasten haut, lässt man jedenfalls nicht so einfach gelten. Das sei so bestätigt worden.

Alles in allem war’s ein vergnüglicher Morgen und eine Gelegenheit mal wieder klarzumachen: Mit Facebook & Co. kann man Wahlen gewin-nen. Ohne aber auch, im Fall. Soziale Netzwer-ke krempeln die Art und Weise, wie Politik und Wahlkampf funktionieren, nicht komplett um, sie sind aber ein zusätzliches Instrument. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Stefan Krattiger

Ebenfalls für alle statt für wenige ist neu beni urech eine wichtige Anlaufstelle – zumindest im Zen-tralsekretariat. Der 23-Jährige

ist nämlich neuer IT-Chef der SP. Seine Erfahrung als « S u p p o r t e r » dürfte ihm da-bei das Leben e r l e i c h t e r n .

Berufsbegleitend studiert das ak-tive SP- und JUSO-Mitglied In-formatik an der FH Bern. Er freut sich auf seinen «herausfordern-den und vielseitigen Job» und hofft auf einen «heissen und aus

Zu viel des Guten? Die SP macht sich bekanntlich für mehr Transparenz bei der Kampagnen- und Parteienfinanzierung stark. «Wenn jemand in ein Anlie-gen investiert, soll er oder sie doch dazu stehen», findet beispielsweise Bun-desrätin Simonetta Sommaruga. Letztlich ist alles eine Frage des Masses.

Was jetzt? Wollt ihr jetzt mehr Transparenz oder nicht?!

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technischer Sicht möglichst pro-blemlosen Wahlkampf». In der spärlichen Freizeit – die neben dem 130%-Pensum von Beruf und Studium noch bleibt – ist er gerne mit dem Mountainbike oder sei-ner Fotokamera unterwegs.

Auch Hannes rettenmund hatte in den vergangenen Monaten nicht viel Freizeit. Der 19-Jährige

machte letzten Sommer die Matura und a b s o l v i e r t e nach der RS ei-nen ersten WK. Jetzt ist er froh, als Praktikant

in der Kampagnenabteilung end-lich wieder sein Hirn einsetzen zu dürfen. Neben seinem Engage-ment für SP und JUSO kocht und liest er in seiner Freizeit viel und geht fürs Leben gern auf Reisen. Begeistert ist er vom Zeitpunkt des Praktikums: «Spannender als jetzt geht es fast nicht!»

Spannend wird der Wahlkampf auch für Stefan Hostettler wer-

den. Der Win-terthurer ist SP-Fachsekre-tär für Wirt-schafts- und Steuerpolitik und leitet die Abteilung «Po-

litik» des Zentralsekretariats – neu ist er zudem stellvertretender Generalsekretär. Wir gratulieren herzlich!

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Page 17: «links» 119, Juni 2011

17links 119/Juni 2011 PerSonen

Meine SP

rote oHren

In den Tagen, als der Freisinn unbe-zwingbar schien, wurde 1896 im damals

noch kleinen Dörfchen Ostermundigen unsere Sektion gegründet. Innert kurzer Zeit wurden wir kommunal zu einer wichtigen politischen Kraft, auf die man zählen konnte. Von den elf Gemeindepräsidenten seit 1912 stellten wir deren acht. Auch heute noch sind wir die tra-gende Kraft in «Mundigen». Unsere Delegation in der lokalen Politik umfasst unter anderem drei Gemeinderatsmitglieder (inklusive Ge-meindepräsidium) sowie zwölf Personen im 40-köpfigen Parlament. Unsere Kraft ziehen wir aus unserer Arbeit auf der Strasse, denn keine andere Ortspartei präsentiert sich mit solchem Engagement der Bevölkerung – sei es für einen aktiven Dialog mit der Bevölkerung, für ein Nein zu einem neuen Atomkraftwerk oder für einen gerechten Mindestlohn für alle.

Eine unserer grossen Qualitäten ist der Dis-kurs. Wer uns kennt, weiss, dass wir oft unsere Leidenschaft auf der Zunge tragen, aber gerade deshalb finden wir immer wieder verbindliche Lösungen zum Wohl unserer Gemeinde. Sol-

che sind wahrlich nötig, denn verschiedens-te Herausforderungen stehen aktuell an. So zum Beispiel der Bau der autofreien Siedlung «Oberfeld», die Bekämpfung von Vandalismus oder die Realisierung einer Tramlinie nach Ostermundigen.

Da es uns ein grosses Anliegen ist, uns in der Region und in der Kantonalpartei einzu-bringen, ist es nicht verwunderlich, dass wir mit Liliane Schärer eine kompetente und sach-verständige Nationalratskandidatin portieren, welche wir aktiv im Wahlkampf unterstützen werden. Mehr über uns und unsere Arbeit er-fahrt ihr auf Facebook und auf unserer Website.

www.sp-ostermundigen.ch

Bruno Grossniklaus ist Co-Sekretär der SP Oster mundigen und Mitglied des Grossen Gemeinderates. Willst du, dass die «links»-Leserinnen und -Leser «deine SP» ebenfalls kennen lernen? Dann schicke deinen 1800 Zeichen langen Text mitsamt Fotos an [email protected].

SMS-talK

Thomas HardeggerZürcher Ständeratskandidat

Ostermundigen

Die SP Ostermundigen in

Aktion

Bruno Grossniklaus

Nationalratskandidatin Liliane Schärer

Thomas, herzliche Gratulation zu deiner No-mination als Ständeratskandidat! Wie fühlt sich das an?

Sehr gut. Das Vertrauen, das mir die SP-Mitglieder damit entgegenbringen, stärkt mich und ich freue mich auf Diskussionen mit den anderen Kandidierenden.

55-jährig, drei erwachsene Kinder, gelernter Sekundarlehrer, arbeite und politisiere seit 30 Jahren in Rümlang, ab 06 als Gemeinde-präsident und ab 01 im Kantonsrat.

Insbesondere mit den zwei Wiederkandidie-renden :-)

National bist du ja noch nicht so bekannt. Ich weiss, 160 Zeichen sind wenig - trotzdem: Was muss man über dich wissen?

Und politisch?

In der Flughafenregion sind die Verkehrs-fragen (Luft, Strasse, Schiene) und die Raumplanung sehr wichtig, aber auch in der Sozial-, Familien- und Bildungspolitik bin ich zu Hause

Okay, ausnahmsweise – du bekommst noch ein SMS ;-)

…als Gemeindepräsident und Finanzvor-stand natürlich auch in der Steuer- und Wirtschaftspolitik.

Und warum soll Züri dich wählen?

„Für alle statt für wenige“ – so betreibe ich Politik im Gegensatz zu meinen Konkurren-tinnen, die Klientelpolitik betreiben.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel bei der Spitalfinanzierung, die nun zu Prämienerhöhungen führt.

So wie es mir als Milizpolitiker möglich ist. Aber jede politische Aktion im Alltag wird nun natürlich auch zur Wahlkampfaktion.

Bist du jetzt schon voll im Wahlkampf-Modus?

Gibt’s was, das noch gesagt sein muss?

Ja, die Neid- und Angstkampagnen der SVP nerven mich ungemein, sie beleidigt viele Menschen und uns als Gesellschaft. Dass mit den Mitteparteien keine Allianz für die Solidarität mit Minderheiten und gegen Aus-grenzung möglich ist, nervt fast noch mehr.

Mit einer gewohnt provokativen Plakatkam-pagne wollte die JUSO im Vorfeld des Aktions-tags vom 14. Juni auf die unterschiedlichen Karrierechancen von Frauen und Männern aufmerksam machen: «Welche Karriere hätte roger Köppel als Frau gemacht?» fragen die JungsozialistInnen und machten den Welt-woche-Chef flugs zur Kioskfrau. Nicht mit-machen wollte aber der nationale Plakat-Aus-hänger APG. Zu diffamierend, lautete das Ver-dikt. Bei Minaretten und schwarzen Schafen war man freilich kulanter. Aber auch so sorg-te die Kampagne für einigen Gesprächsstoff: «bedeutungslos.ch», nach eigenen Angaben «ein Projekt von drei Schweizer Studenten,

die ein Ventil für ihre überlaufenden Gedan-kenmassen, Meinungsgebilde und bedeu-tungslosen Kommentare brauchen», spielte den Ball zurück: «Welche Karriere hätte Cédric Wermuth als Zürcher Frau gemacht?».

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Gleichstellung jetzt!JungsozialistInnen

Schweiz

Unverwüstlich seit 1896

Das Original… …und das Plagiat

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18 links 119/Juni 2011aKtiV

[email protected]ätin aus dem Kanton Bern und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission

Würde unser Massenheer aufgeboten, hätte das den sofortigen Zusammenbruch der Wirtschaft zur folge.

VolKSinitiAtiVe

Wehrpflicht ist ein alter Zopfnach dem Zusammenbruch des ostblocks gestalteten die meisten länder europas ihre Sicherheitspolitik neu. Sie haben sich nicht nur von den Massenheeren verabschiedet, sondern ihre armeen grundlegend reformiert – weil der ab-bau Hand in Hand mit einem umbau, mit einer echten reform der Streitkräfte gehen muss. evi Allemann

von bis 350‘000 Mann – viel zu viel! Deshalb werden heute rund 40 Prozent der Stellungspflich-tigen von der Armee ferngehal-ten und nur knapp 50 Prozent bleiben der Armee bis zum Ende der Dienstpflicht erhalten. Und dennoch bleibt ein Massenheer von einer Grösse, das – falls je-mals aufgeboten – zum sofortigen Zusammenbruch der Wirtschaft führen würde.

Im globalisierten Wettbewerb stellt eine Wehrpflichtarmee ei-nen Standortnachteil dar. So ist es denn auch kein Zufall, dass in der Schweiz führende Wirtschafts-verbände die Wehrpflicht seit

längerem in Frage stellen. Viele Unternehmen sehen heute eine Militärkarriere ihrer Angestellten nicht mehr als Gewinn, sondern als einen möglichst zu vermei-denden Kostenfaktor.

Doch die Armee verschliesst trotz dieser Fakten weiter die Augen, statt der Realität in die Augen zu schauen und mutige Massnahmen zu ergreifen. Lieber schreibt die Armee heute Männer krank, die im zivilen Leben mit Höchstleistungen brillieren. Ro-ger Federer etwa ist militärdienst-untauglich. Und ein Blick auf die

Limonade für alle

einem Limonaden-Stand präsent. Falls du mit deiner Sektion kurz-fristig ebenfalls noch mitmachen willst, melde dich möglichst rasch bei Andrea Bauer ([email protected], 031 329 69 83).

DIE ZITRONE IST AUSGEPRESST!www.spschweiz.ch

Die neuen Risiken einer globali-sierten Welt führten zu einem tief greifenden Strukturwandel: Wehr-pflichtarmeen wurden zu Freiwil-ligenarmeen und die Aufgaben und Ziele wurden an die neue Be-drohungslage angepasst. Das hat die Schweiz verpasst.

Und das, obwohl auch nam-hafte Experten die allgemeine Wehrpflicht äusserst kritisch be-urteilen. Sie ist nicht nur aus si-cherheitspolitischer Optik fragwürdig, sondern auch öko-nomischer Unsinn. Vollkostenrechnun-gen zeigen, dass eine Wehrpflichtarmee weit höhere Kosten verursacht als eine Freiwilligenar-mee. Zudem verletzt sie das Prin-zip der Wehrgerechtigkeit. Wür-den wirklich alle jungen Männer von zehn Jahrgängen der Armee angehören, hätten wir Bestände

Tauglichkeit unserer Fussball-Na-ti-Spieler fördert Erstaunliches zu Tage: Untauglichkeitsraten wie in einem Lazarett! Klar ist: Wer inte-ressiert ist, dass die Armee nicht ungerecht rekrutiert und ineffizi-ent funktioniert, muss bereit sein, den alten Zopf der allgemeinen Wehrpflicht abzuschneiden.

Armee ohne Plan: Neue Risiken und Bedrohungslagen müssen zu einem tief greifenden Strukturwandel führen – das hat die Schweiz verpasst.

Die Krankenkassenprämien stei-gen unaufhaltsam, die Löhne kaum: Die Zitrone ist ausgepresst. Wir wollen die Kaufkraft stärken und den sinnlosen Wettbewerb bei den Krankenkassen endlich stoppen. So, dass am Ende des Monats alle noch etwas im Porte-monnaie haben, statt dass sich ein paar wenige die Taschen auf Kosten der grossen Mehrheit fül-len. Mit der Mindestlohn-Initia-tive und der Initiative für eine öf-fentliche Krankenkasse beweisen wir, dass es uns damit ernst ist. Um das klarzumachen und um Unterschriften für die beiden Ini-tiativprojekte zu sammeln, ist die SP am 2. Juli in möglichst vielen Orten in der ganzen Schweiz mit

20 Jahre FrauenstreikProzent und Frauen leisten fast doppelt so viel unbezahlte Arbeit. «Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit» forderten deshalb Christian Levrat und Ma-ria Roth-Bernasconi während der Aktion von Fraktion und SP-Frau-en auf dem Bundesplatz.

40 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts ist die Gleich-stellung von Mann und Frau nicht durchgesetzt. Darauf mach-te die SP am Aktionstag zum 20. Jahrestag des Frauenstreiks von 1991 aufmerksam. Der Lohnun-terschied beträgt immer noch 20

JetztunterschreibenabSCHaffungder WeHrPfliCHtunterschriftenbogenin dieser ausgabe

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Page 19: «links» 119, Juni 2011

links 119/Juni 2011

reden wir über Heimat!

D2.3.1103IV und Behinderte unter Spardruck – Die Invalidenversicherung im SchraubstockFunktionsweise, Leistungen und Fi-nanzierung der IV, Zukunftsperspek-tiven und gewerkschaftliche Positi-onen zu Integrationsmassnahmen.Di, 21.6.2011 in Bern. Referentin: Christine Goll (Nationalrätin)

D2.4.1107S.O.S. Stammtisch – Schlagfertig-keit und ArgumentationRegeln der Schlagfertigkeit, Tipps für verschiedene Gesprächssituati-onen, wann ist diplomatisches, wann direktes Vorgehen angebracht.Do, 23.6.2011 in Solothurn. Referent: Michael Liechti (Erwachsenenbild-ner)

D2.1.1105Demografischer Wandel und die FolgenAusmass der demografischen Alte-rung, wirtschaftliche Zusammenhän-ge und Folgen dieses Wandels.Mi, 24.8.2011 in Zürich. ReferentIn-nen: Daniel Lampart (SGB), Barbara Zahrli (Movendo)

D2.5.11051×1 des ZeitmanagementsLebens- und Berufsziele, Prioritäten-setzung, Planungshilfen, Transfer in den Alltag, Stressmuster.Do, 15.9.2011 in Zürich. Referent: Gerhard Friedl (Erwachsenenbildner)

D2.4.1115Gewaltfrei miteinander redenGrundlagen des Modells der Gewalt-freien Kommunikation, Bedürfnisse und Gefühle wahrnehmen und aus-drücken, Üben an Beispielen aus dem Berufsalltag.Do-Fr, 15.–16.9.2011 in Olten. Refe-rentinnen: Heidi Minder (Erwachse-nenbildnerin), Emiliana Della Torre (Movendo)

Anmeldung:online www.movendo.chper Mail [email protected]. 031 370 00 70Fax 031 370 00 71

Das Bildungsinstitut der Gewerkschaften

agenda

Sibylle Marti ist Co-Präsidentin der SP Zürich 3,isst Fondue und hat das «Heimatpapier» mitgeschrieben.

iMPreSSuM

HerausgeberSP Schweiz und Verein SP-Info, Spitalgasse 34, 3001 Bern, Telefon 031 329 69 69 Fax 031 329 69 70Erscheint 9 Mal pro JahrAuflage 43 310 (Wemf)AbonnementspreiseFür Mitglieder der SP Schweiz gratisAdressänderungen/Abos:[email protected] Krattiger (Chefredaktion), Markus Müller, Barbara Berger (SP-Frauen), Niklaus Wepfer (SP Kanton Solothurn), Simon Saner (SP Basel-Stadt), Ruedi Brassel (SP Baselland), Daniel Furter (SP Kanton Bern), Katharina Kerr (SP Kan-ton Aargau), Pascal Ludin (SP Kanton Luzern), Susanne Oberholzer (SP Kanton Thurgau), Leyla Gül (SP Stadt Bern), Urs Geiser (Korrektor)E-Mail Redaktionstefan.krattiger@spschweiz.chGestaltungskonzeptmuellerluetolf.chProduktionAtelier Kurt Bläuer, BernDruckRingier Print Adligenswil AGPostfach 3739, 6002 LuzernAnzeigenKilian Gasser, Medienvermarktung GmbHHellgasse 12, 6460 AltdorfTelefon 041 871 24 46, Fax 041 871 24 [email protected]

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 6.6.Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 15.8.

Carte blanCHe

Letzten Winter sassen wir einmal zu fünft bei einem Fondue zusammen. Mit der Ausschaffungsinitiative hatten die Rechten kurz zuvor schon wieder einen Sieg über uns errungen. Auch in meinem Umfeld hörte ich: «Die SVP macht wenigstens unsere Probleme zum Thema.» Und alte Schulfreunde hatten Angst davor, sich wie Fremde im eigenen Land zu fühlen. Ich fühlte mich hilflos. Fakten aus Studien, Po-sitionspapiere und Motionen im Parlament änderten nichts daran. Und wenn ich an der Standaktion mit dem «In Wahrheit ist es so, dass»-Argument den Leuten die Richtig-keit ihrer eigenen Wahrnehmung absprach, hielten sie mich zu Recht für eine weltfrem-de Idiotin. Wir Linken haben offensichtlich keine Glaubwürdigkeit in der Debatte um Sicherheit, Einwanderung und Integration.

So stocherten wir zunächst ratlos im Käse herum. Der Schriftsteller Pedro Lenz hatte kurz zuvor in der WOZ von einem «Überhosengraben» in der Schweiz ge-schrieben. Die Linken würden in den Kern-städten bei Latte macchiato kluge Papiere schreiben, während die Rechten in den Beizen und Turnhallen auf dem Land und in der Agglomeration zuhörten, diskutier-ten und so ihren Deutungsrahmen stärkten: Ausländer und EU bedrohten die Schwei-zerInnen – und das mit Unterstützung der Classe politique.

Fondue essen statt Latte macchiato trin-ken löst natürlich noch kein Problem. Also begannen wir zu diskutieren. Was unsere Positionen sind, was unser Deutungs-rahmen ist. Wie wir diese selbstbewusst vertreten können, um Schritt für Schritt unsere Glaubwürdigkeit zurückzuerobern. Einen ersten Zwischenstand haben wir nun aufgeschrieben. Unser Text ist nicht perfekt. Vieles darin ist strittig und unausgegoren. Und das soll so sein, denn um weiterzu-kommen, wollen wir eine breitere Diskus-sion. In der Partei und darüber hinaus an unseren Arbeitsplätzen, Familientischen, in den Beizen und Fussballgarderoben. Wir freuen uns darauf!

Hier schon so viel: Letztlich, so unsere Vermutung, geht es in der Diskussion um Heimat. Diese, so glauben wir, kann man nicht bewahren. Man schafft sie laufend und in gemeinsamer Verantwortung. Und alle, die hier wohnen, ob «Schweizer» oder «Ausländer», gehören dazu.

Das Papier findet sich auf www.deutungshoheit.ch/heimat

24. JuniKoordinationskonferenzin Olten

25. JuniDelegiertenversammlung der SP Schweiz in Olten

2. JuliStrassenaktion «Die Zitrone ist ausgepresst!»in der ganzen Schweiz

30. SeptemberKoordinationskonferenzin Biel

1. OktoberDelegiertenversammlungder SP Schweiz in Biel

23. OktoberEidgenössische Wahlen

WaHlen 2011Unsere Wahlplattform so-wie aktuelle Informationen zur Kampagne und den Kandi-dierenden der SP findest du auf unserer ab jetzt laufend aktualisierten Wahl-Website:

www.spschweiz.ch/wahlen

Page 20: «links» 119, Juni 2011

Stiftung Abendrot Güterstrasse 1334002 Basel

Tel. 061 269 90 20Fax 061 269 90 29

Ethisch, ökologisch, sozial.

Die Stiftung Abendrot legt die ihr anvertrauten Vor-

sorgegelder seit ihrer Gründung 1985 nach ethischen,

ökologischen und sozialen Kriterien an – in Immobilien,

in erneuerbare Energien und in Wertpapiere, die strengen

Nachhaltigkeitskriterien genügen müssen. Von den 1200

angeschlossen Institutionen und Betrieben haben sich

1200 bewusst der Stiftung Abendrot angeschlossen.

Ihre Zufriedenheit mit der Ausrichtung, mit den Leistungen,

mit der Betreuung und den Kosten fassen sie, wie zum

Beispiel SP-Nationalrat Beat Jans, auch in Worte.

Mir ist nicht nur wichtig, dass ich eine sichere Alters-

vorsorge habe, sondern dass mein Geld so angelegt ist,

dass es weder die Umwelt noch die Natur zerstört.

Bei Abendrot ist beides der Fall.

Beat Jans, Nationalrat, Basel.

Abendrot ist für mich ganz klar die bessere Pensionskasse!

Wenn Abendrot auch Ihre Pensions-

kasse wäre? Klicken Sie auf

www.abendrot.ch

abendrot_ins_links_210x285mm11061 1 1.6.2011 9:35:05 Uhr