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FREITAG, DEN 26. FEBRUAR 2016 LITERATUR OSTFRIESEN-ZEITUNG, SEITE 14 LEER - Eigentlich ist Carsten Tergast Journalist. Doch schon seit 2007 arbeitet der Leeraner als Ghostwriter. Er hat bereits diverse Bücher für ganz verschiedene Autoren geschrieben. „Die Kunst ist dabei, den richtigen Ton zu treffen“, sagt Tergast. „Der Autor muss sich in den Wor- ten wiedererkennen können und denken: ,Das könnte ich geschrieben haben.‘“ Tergast hatte Glück bei seinem Berufsein- stieg. „Gleich mein ers- tes Buch als Ghostwriter war extrem erfolgreich.“ 2007 schrieb Tergast für Michael Winterhoff „Wa- rum unsere Kinder Ty- rannen werden“. Zum ei- nen war das der Auftakt zu insgesamt fünf Bü- chern mit diesem Auto- ren. Zum anderen wirft das Erstlingswerk bis heute Geld ab. „Vielleicht hat der Titel damals polarisiert, vielleicht hat er den Zeitgeist getroffen – jedenfalls war das Medien- interesse enorm“, so Tergast. 2008 hatte zunächst der Westdeutsche Rundfunk einen größeren Fernseh- beitrag über den Erzie- hungsratgeber gesendet. „Der Durchbruch kam, als Günther Jauch Winterhoff in seine damalige Sendung Stern-TV holte“, berichtet Tergast. Noch am selben Abend stiegen die Verkaufs- zahlen. Tergast, der während der Sendung im Publikum saß, berichtet von der After- showparty: „Wir konnten bei Häppchen und Sekt verfol- gen, wie der Verkauf durch die Decke ging, und plötzlich stand das Buch bei Amazon auf Platz eins. Danach hat die Bildzeitung eine Serie ge- bracht, und im Juni lag der Verkauf bei 80 000 Stück.“ Inzwischen hat Tergast mit mehreren anderen Auto- ren gearbeitet, zum Beispiel mit dem für seine außerge- wöhnlichen Urteile bekann- ten und als ex- zentrisch gel- tenden Berli- ner Jugend- richter Andre- as Müller. Oder mit Kerstin Guef- froy. Der heute 49-Jährigen half Ter- gast, ihre erschütternde Le- bensgeschichte in dem Buch „Die Hölle von Torgau“ in Worte zu fassen. „Alle meine Autoren haben etwas zu erzäh- len, viele haben eine Mission“, sagt Tergast. Ge- meinsam sei ih- nen, dass sie das, was sie zu sagen hätten, nicht selbst aufschrei- ben könnten. Auf- träge ergattert Tergast auf unterschiedliche Art. Teils fragen Verlage an, ob er eine Arbeit übernehmen möchte, teils schlägt er Verlagen ein Thema vor. Ein Agent han- delt für ihn die Konditionen aus. „Ich schrei- be aber kein Buch, bevor es nicht an ei- nen Verlag verkauft ist“, so Tergast. Wichtig sei ihm – ne- ben dem Honorar –, dass sein Name auf dem Titelblatt erscheint. Bevor es zu einem Ver- tragsabschluss kommt, füh- ren Autor und Co- Autor viele inten- sive Gespräche. Dann schreibt Tergast ein Expo- sé und die ersten 50 Seiten. „Wenn ich das abgelie- fert habe, kommt der spannendste Moment“, sagt Tergast. „Dann entscheidet der Autor: ,Bin ich das, oder bin ich das nicht?‘“ Damit die Zusammenarbeit gelinge, müsse man sich als Ghostwriter zurücknehmen können. Immer wieder werde an den Manuskripten gefeilt, manchmal würden Kleinig- keiten geändert, manchmal ganze Passagen, manchmal werde das komplette Kon- zept noch mal umgeschmis- sen. „Bei der ,Hölle von Tor- gau‘ hatte ich zunächst die Idee, Passagen über die Ge- schichte der DDR einzuflech- ten. Aber das, was Kerstin Gueffroy zu erzählen hatte, war so stark, dass wir größ- tenteils darauf verzichtet haben.“ Für gewöhnlich dauere es etwa vier bis sechs Monate, bis ein Buch so weit sei, dass es an den Verlag gegeben werden könne. „Inwie- weit es ein Erfolg wird, hängt ganz stark von der Werbung und dem Medieninteresse ab.“ Trotz seines Ein- stiegserfolgs kann sich Tergast nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. „Es geht mal rauf, mal runter“, sagt der Freibe- rufler. Inzwischen wer- de der Markt von ar- beitslos gewordenen Re- dakteuren über- schwemmt. „Darunter sind einige extrem gute Leute“, räumt der Leeraner ein. Das mache es nicht einfacher, Aufträge an Land zu ziehen. Derzeit arbeitet Tergast an drei Bü- chern in unterschied- lichen Bearbeitungsphasen. „Der Messie in uns – Wie wir Wohnung und Seele entrüm- peln“ von Sabine Hirzt liegt in den letzten Zügen und kommt Ende Mai heraus. Im September erscheinen zwei Bücher, eines veröffentlicht Tergast unter seinem eigenen Namen. „Es geht um Weih- nachten in Ostfriesland“, ver- rät er. Über das andere Buch dürfe er noch nicht sprechen, sagt der Ghostwriter, der die Kunst beherrscht den richti- gen Ton zu treffen, sich zu- rückzunehmen und Still- schweigen zu bewahren. VON DORIS ZUIDEMA LITERATUR Carsten Tergast aus Leer arbeitet freiberuflich als Ghostwriter Die Kunst sei es, den richtigen Ton zu treffen. Der Autor müsse sich in den Worten wiedererken- nen können, sagt der Co- Schreiber. Der heimliche Schriftsteller _________ ______________________ CARSTEN TERGAST „Der Autor entscheidet: ,Bin ich das, oder bin ich das nicht?‘“ Der Leeraner Carsten Tergast hat schon an vielen Büchern mitge- schrieben. BILD: ZUIDEMA ücher und das Lesen von Büchern sind Klasse! Und das Zerschreddern von Büchern, von denen zu viele gedruckt wurden und die da- mit „irgendwie übrig“ sind, kann für sensible Leser ex- trem belastend sein. So hasst Guylain in dem Roman „Die Sehnsucht des Vorlesers“ von Jean-Paul Didierlaurent sei- nen Job in einer Papierver- wertungsfabrik. Aber Reste der zerstörten Bücher blei- ben. Und so liest er jeden Morgen im Vorortzug ein paar Seiten vor, die er am Tag vorher der Schreddermaschi- B ne entrissen hat. Eine sehr persönliche Form der Rebel- lion gegen die Vernichtung von Literatur. Alle sind still und hören dem Vorleser zu. Manchmal gibt es sogar Ap- plaus. Als Guylain eines Tages ei- nen USB-Stick mit dem Tage- buch einer jungen Frau fin- det, liest er ab diesem Zeit- punkt deren Geschichte vor. Irgendwie springt der Zauber des Textes auf den Vorleser und seine Zuhörer über. Für Guylains Leben ergibt sich mit diesem Fund eine krasse Wendung: Er muss die Frau finden. Und so eröffnet sich für den liebenswerten Au- ßenseiter eine ganz neue Le- bensperspektive. „Die Sehnsucht des Vorle- sers“ ist ein wunderschönes Romandebüt und eine Ge- schichte voller Poesie mit un- erwarteten Wendungen. Jean-Paul Didierlau- rent: Die Sehnsucht des Vorlesers. dtv pre- mium. ISBN: 978-3- 423-26078-7. 223 Sei- ten, 14,90 Euro. REZENSIONEN Bücher, Liebe und die Magie des Vorlesens VON JOHANNES ACHIM sabel Bogdan ist eine preisgekrönte Übersetze- rin englischer Literatur. Wer- ke von Größen wie Jonathan Safran Foer und Nick Hornby überträgt sie gekonnt ins Deutsche. Kein Zweifel, die gebürtige Kölnerin hat ein feines Gefühl für Sprache. Nach ersten Kurzgeschichten hat sie nun auch einen eige- nen Roman verfasst. Und wüsste man nicht, dass Bog- dan aus Deutschland kommt, würde man sie garantiert für eine waschechte Britin hal- ten. Der Grund? Ihr Humor ist so wunderbar britisch-bö- se – das kann ein gebürtiger Engländer kaum besser. Ihr Erstling „Der Pfau“ steckt voller Situationskomik. Und er spielt da, wo die Au- torin seit 20 Jahren Urlaub I macht: In einem abgelege- nen Anwesen am Fuß der schottischen Highlands. Hierher haben sich Chef- bankerin Liz und ihre vier- köpfige Abteilung samt Psy- chologin und Köchin zu ei- nem Teambuilding zurückge- zogen. Doch den Stadtmen- schen fällt es schwer, zu ent- spannen. Ihnen ist so viel Natur auf einmal nicht ge- heuer. Vor allem das ganze Viehzeug, das hier rumläuft! Nicht nur Hunde und Hüh- ner, sogar Pfaue halten die Hausherren Lord und Lady McIntosh. Und einer von den Pfauen spielt ziemlich ver- rückt. Als dann auch noch völlig überraschend starker Schneefall einsetzt und die Straßen in kürzester Zeit un- befahrbar macht, ahnen die Banker, dass sie länger als ge- plant ausharren müssen. Die Nerven liegen blank. In die- ser Extremsituation zeigt je- der über kurz oder lang sein wahres Gesicht und das Wo- chenende läuft langsam aber sicher aus dem Ruder . . . Isabel Bogdan: Der Pfau. Kiwi Verlag. ISBN: 978-3-46204- 800-1. 256 Seiten, 18,99 Euro. Wochenende mit wilden Wendungen VON SONJA BAULIG hren Umzug aufs Land ha- ben der Fotograf Leo und die Ärztin Andrea sich anders vorgestellt. Aus Hamburg machen sie sich mit ihrem 16-jährigen Sohn Milan auf nach Sachsen, um alles hin- ter sich zu lassen und neu anzufangen. Dort stoßen sie allerdings nicht auf die er- träumte Idylle, sondern auf eine sehr eigene Welt, in die sie kaum hineinzupassen scheinen. In dem Roman „Vorhof- flimmern“ von Michael Kras- ke pinseln jugendliche Hei- matwächter Hakenkreuze an Laternen und haben es auf Sohn Milan abgesehen. Leo muss statt seelenvoller Por- träts den Bürgermeister ab- I lichten. Die Risse, die sich plötzlich durch das Leben ziehen, versucht das Paar zu- nächst zu ignorieren. Andrea will ankommen und sich an- passen, Leo gegen Missstän- de kämpfen. Sie trifft andere Männer, er spioniert ihr hin- terher, bis auch er einen Fehltritt begeht. Als Milans Freund verschwindet, wird die Dunkelheit so dicht, dass sie alles zu verschlingen droht. Doch plötzlich keimt wieder Hoffnung. Dem mehrfach preisge- krönten Journalisten Michael Kraske ist das düstere Porträt eines Paares gelungen, das auf einen Abgrund zuzutau- meln scheint, während rings um sie Nazis ihr Unwesen treiben. Äußere und innere Handlung sind elegant mit- einander verschränkt. Die le- bendige, pointierte Sprache macht das Buch zu einem le- senswerten Ausflug in eine Welt, die fremd und vertraut zugleich scheint. Michael Kraske: Vor- hofflimmern. Frei- raum-Verlag. ISBN: 978-3-94367-280-0. 228 Seiten, 13,95 Euro. In der Dunkelheit keimt die Hoffnung VON MARIA BERENTZEN estern ist der neue Ur- laubskrimi „Ameroog spielt verrückt“ der Borku- mer Autorin Ocke Aukes er- schienen (ISBN ISBN 978-3- 95451-781-7). Auf der fiktiven Nordseeinsel Ameroog muss Kommissar Bakker gegen Fledermaustürme, Fahrräder, die in Bäumen hängen, und Biotope, die sich selbst er- schaffen, kämpfen – und im Watt einen Menschen vor dem Ertrinken retten. Ein hu- morvolles und skurriles Lese- vergnügen. ie Story „Hechte der Nacht“ von Christiane Dieckerhoff, erschienen im Leda-Sammelband „Flossen hoch 3.0 – Jetzt erst recht“ (ISBN 978-3-86412-086-2), ist für den renommierten Fried- rich-Glauser-Preis in der Sparte Kurzkrimi nominiert worden. Die Verleihung des Preises findet im April beim Festival „Criminale“ in Mar- burg statt. G D OSTFRIESISCHES Für Preis nominiert Die Ostfriesen-Zeitung verlost drei Exemplare von „Die Hölle von Torgau – Wie ich die Heim-Erzie- hung der DDR überlebte“ von Kerstin Gueffroy (ISBN 978-3-28005-593- 9). Co-Autor ist Carsten Tergast. Wer teilnehmen möchte, sollte bis zum 4. März schreiben, faxen oder mailen an: Ostfriesen-Zeitung Stichwort Literatur Maiburger Straße 8 26789 Leer Fax: 0491 / 97 90 201 E-Mail: [email protected] Inhalt des Buches Kerstin Gueffroy schildert in ihrem berührenden Le- bensbericht „Die Hölle von Torgau – Wie ich die Heim-Erziehung der DDR überlebte“ wie sie im Al- ter von 14 Jahren von ih- rer Mutter im Heim unter- gebracht wurde und mit 16 Jahren im „Ge- schlosse- nen Jugend- werkhof Torgau“ lan- dete. „Alles war nur da- zu da, uns zu brechen“, sagt Kerstin Gueffroy über diese Erziehungsstätte, die Margot Honecker per- sönlich eingerichtet hat- te. Kerstin Gueffroy und Carsten Tergast nehmen in dem Buch die Leser gleich zu Beginn mit in die Dunkelzelle – ein kal- tes, modriges, finsteres Loch, wo sich Gueffroy dem Tod näher fühlte als dem Leben. Die Gewinner Im Januar hat die OZ die Novelle „Goldküste“ von Karin Lüppen verlost. Ge- wonnen haben: Tanja Stolpmann aus Leer, Kurt- Dieter Becker aus Emden und Uwe Jansen Gent aus Aurich. Verlosung Bestseller © grafik-team.de Belletristik 1 2 3 4 5 Sachbuch 1 2 3 4 5 Quelle: dpa Jan Weiler: Im Reich der Pubertiere. Kindler. 12,00 Euro. Jojo Moyes: Ein ganz neues Leben. Wunderlich. 19,95 Euro. Dörte Hansen: Altes Land. Knaus. 19,99 Euro. Joachim Meyerhoff: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Kiepenh. & Witsch. 21,99 Euro. Horst Evers: Alles außer irdisch. Rowohlt Berlin. 19,95 Euro. Peter Wohlleben: Das geheime Leben der Bäume. Ludwig. 19,99 Euro. Christian Hartmann u.a. (Hg.): Mein Kampf. Eine kritische Edition. Institut für Zeitgeschichte. 59,00 Euro. Dalai Lama: Der Appell des Dalai Lama an die Welt. Benevento. 4,99 Euro. Carsten Maschmeyer: Die Millionärsformel. Ariston. 19,99 Euro. Ildiko von Kürthy: Neuland. Wunderlich. 19,95 Euro.

LITERATUR Bücher,Liebeunddie DerheimlicheSchriftstellerredaktionsbuero-tergast.de.dema-itsupport.com/wp-content/uploads/2010/07/... · kann für sensible Leser ex-trem belastend

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FREITAG, DEN 26. FEBRUAR 2016 L I TE R ATUR OSTFRIESEN-ZEITUNG, SEITE 14

LEER - Eigentlich ist CarstenTergast Journalist. Dochschon seit 2007 arbeitet derLeeraner als Ghostwriter. Erhat bereits diverse Bücher fürganz verschiedene Autorengeschrieben. „Die Kunst istdabei, den richtigen Ton zutreffen“, sagt Tergast. „DerAutor muss sich in den Wor-ten wiedererkennen könnenund denken: ,Das könnteich geschrieben haben.‘“

Tergast hatte Glückbei seinem Berufsein-stieg. „Gleich mein ers-tes Buch als Ghostwriterwar extrem erfolgreich.“2007 schrieb Tergast fürMichael Winterhoff „Wa-rum unsere Kinder Ty-rannen werden“. Zum ei-nen war das der Auftaktzu insgesamt fünf Bü-chern mit diesem Auto-ren. Zum anderen wirftdas Erstlingswerk bisheute Geld ab.

„Vielleicht hat der Titeldamals polarisiert, vielleichthat er den Zeitgeist getroffen– jedenfalls war das Medien-interesse enorm“, so Tergast.2008 hatte zunächst derWestdeutsche Rundfunkeinen größeren Fernseh-beitrag über den Erzie-hungsratgeber gesendet.„Der Durchbruch kam, alsGünther Jauch Winterhoff inseine damalige SendungStern-TV holte“, berichtetTergast. Noch am selbenAbend stiegen die Verkaufs-zahlen. Tergast, der währendder Sendung im Publikumsaß, berichtet von der After-showparty: „Wir konnten beiHäppchen und Sekt verfol-gen, wie der Verkauf durchdie Decke ging, und plötzlichstand das Buch bei Amazonauf Platz eins. Danach hat dieBildzeitung eine Serie ge-bracht, und im Juni lag derVerkauf bei 80 000 Stück.“

Inzwischen hat Tergastmit mehreren anderen Auto-ren gearbeitet, zum Beispielmit dem für seine außerge-wöhnlichen Urteile bekann-ten und als ex-zentrisch gel-tenden Berli-ner Jugend-richter Andre-as Müller.Oder mitKerstin Guef-froy. Der

heute 49-Jährigen half Ter-gast, ihre erschütternde Le-bensgeschichte in dem Buch„Die Hölle von Torgau“ inWorte zu fassen. „Alle meineAutoren habenetwas zu erzäh-len, viele habeneine Mission“,sagt Tergast. Ge-meinsam sei ih-nen, dass sie das,was sie zu sagenhätten, nichtselbst aufschrei-ben könnten. Auf-träge ergattert Tergast aufunterschiedliche Art. Teils

fragen Verlage an, ob er eineArbeit übernehmen möchte,teils schlägt er Verlagen einThema vor. Ein Agent han-delt für ihn die Konditionen

aus. „Ich schrei-be aber keinBuch, bevor esnicht an ei-nen Verlagverkauft ist“,so Tergast.

Wichtig seiihm – ne-

ben dem Honorar – , dasssein Name auf dem Titelblatterscheint.

Bevor es zu einem Ver-tragsabschluss kommt, füh-

ren Autor und Co-Autor viele inten-sive Gespräche.Dann schreibtTergast ein Expo-sé und die ersten50 Seiten. „Wennich das abgelie-fert habe, kommtder spannendsteMoment“, sagt

Tergast. „Dann entscheidetder Autor: ,Bin ich das, oder

bin ich das nicht?‘“ Damit dieZusammenarbeit gelinge,müsse man sich alsGhostwriter zurücknehmenkönnen. Immer wieder werdean den Manuskripten gefeilt,manchmal würden Kleinig-keiten geändert, manchmalganze Passagen, manchmalwerde das komplette Kon-zept noch mal umgeschmis-sen.

„Bei der ,Hölle von Tor-gau‘ hatte ich zunächst dieIdee, Passagen über die Ge-schichte der DDR einzuflech-ten. Aber das, was KerstinGueffroy zu erzählen hatte,war so stark, dass wir größ-

tenteils darauf verzichtethaben.“ Für gewöhnlichdauere es etwa vier bissechs Monate, bis einBuch so weit sei, dass esan den Verlag gegebenwerden könne. „Inwie-weit es ein Erfolg wird,hängt ganz stark vonder Werbung und demMedieninteresse ab.“

Trotz seines Ein-stiegserfolgs kann sichTergast nicht auf seinenLorbeeren ausruhen.„Es geht mal rauf, malrunter“, sagt der Freibe-rufler. Inzwischen wer-de der Markt von ar-

beitslos gewordenen Re-dakteuren über-

schwemmt. „Darunter sindeinige extrem gute Leute“,räumt der Leeraner ein. Dasmache es nicht einfacher,

Aufträge an Land zuziehen.

Derzeit arbeitetTergast an drei Bü-chern in unterschied-

lichen Bearbeitungsphasen.„Der Messie in uns – Wie wirWohnung und Seele entrüm-peln“ von Sabine Hirzt liegtin den letzten Zügen undkommt Ende Mai heraus. ImSeptember erscheinen zweiBücher, eines veröffentlichtTergast unter seinem eigenenNamen. „Es geht um Weih-nachten in Ostfriesland“, ver-rät er. Über das andere Buchdürfe er noch nicht sprechen,sagt der Ghostwriter, der dieKunst beherrscht den richti-gen Ton zu treffen, sich zu-rückzunehmen – und Still-schweigen zu bewahren.

VON DORIS ZUIDEMA

LITERATUR Carsten Tergast aus Leer arbeitet freiberuflich als Ghostwriter

Die Kunst sei es, denrichtigen Ton zu treffen.Der Autor müsse sich inden Worten wiedererken-nen können, sagt der Co-Schreiber.

Der heimliche Schriftsteller

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______________________CARSTEN TERGAST

„Der Autorentscheidet:,Bin ich das,oder bin ichdas nicht?‘“

Der Leeraner Carsten Tergast hat schon an vielen Büchern mitge-schrieben. BILD: ZUIDEMA

ücher und das Lesen vonBüchern sind Klasse!

Und das Zerschreddern vonBüchern, von denen zu vielegedruckt wurden und die da-mit „irgendwie übrig“ sind,kann für sensible Leser ex-trem belastend sein. So hasstGuylain in dem Roman „DieSehnsucht des Vorlesers“ vonJean-Paul Didierlaurent sei-nen Job in einer Papierver-wertungsfabrik. Aber Resteder zerstörten Bücher blei-ben. Und so liest er jedenMorgen im Vorortzug einpaar Seiten vor, die er am Tagvorher der Schreddermaschi-

B

ne entrissen hat. Eine sehrpersönliche Form der Rebel-lion gegen die Vernichtungvon Literatur. Alle sind stillund hören dem Vorleser zu.Manchmal gibt es sogar Ap-plaus.

Als Guylain eines Tages ei-nen USB-Stick mit dem Tage-buch einer jungen Frau fin-det, liest er ab diesem Zeit-punkt deren Geschichte vor.Irgendwie springt der Zauberdes Textes auf den Vorleserund seine Zuhörer über. FürGuylains Leben ergibt sichmit diesem Fund eine krasseWendung: Er muss die Fraufinden. Und so eröffnet sichfür den liebenswerten Au-ßenseiter eine ganz neue Le-bensperspektive.

„Die Sehnsucht des Vorle-sers“ ist ein wunderschönesRomandebüt und eine Ge-schichte voller Poesie mit un-erwarteten Wendungen.

Jean-Paul Didierlau-rent: Die Sehnsuchtdes Vorlesers. dtv pre-mium. ISBN: 978-3-423-26078-7. 223 Sei-ten, 14,90 Euro.

REZENSIONEN

Bücher, Liebe und dieMagie des Vorlesens

VON JOHANNES ACHIM

sabel Bogdan ist einepreisgekrönte Übersetze-

rin englischer Literatur. Wer-ke von Größen wie JonathanSafran Foer und Nick Hornbyüberträgt sie gekonnt insDeutsche. Kein Zweifel, diegebürtige Kölnerin hat einfeines Gefühl für Sprache.Nach ersten Kurzgeschichtenhat sie nun auch einen eige-nen Roman verfasst. Undwüsste man nicht, dass Bog-dan aus Deutschland kommt,würde man sie garantiert füreine waschechte Britin hal-ten. Der Grund? Ihr Humorist so wunderbar britisch-bö-se – das kann ein gebürtigerEngländer kaum besser.

Ihr Erstling „Der Pfau“steckt voller Situationskomik.Und er spielt da, wo die Au-torin seit 20 Jahren Urlaub

I

macht: In einem abgelege-nen Anwesen am Fuß derschottischen Highlands.

Hierher haben sich Chef-bankerin Liz und ihre vier-köpfige Abteilung samt Psy-chologin und Köchin zu ei-nem Teambuilding zurückge-zogen. Doch den Stadtmen-schen fällt es schwer, zu ent-spannen. Ihnen ist so vielNatur auf einmal nicht ge-heuer. Vor allem das ganzeViehzeug, das hier rumläuft!Nicht nur Hunde und Hüh-ner, sogar Pfaue halten dieHausherren Lord und LadyMcIntosh. Und einer von denPfauen spielt ziemlich ver-rückt. Als dann auch nochvöllig überraschend starkerSchneefall einsetzt und dieStraßen in kürzester Zeit un-befahrbar macht, ahnen dieBanker, dass sie länger als ge-plant ausharren müssen. DieNerven liegen blank. In die-ser Extremsituation zeigt je-der über kurz oder lang seinwahres Gesicht und das Wo-chenende läuft langsam abersicher aus dem Ruder . . .

Isabel Bogdan: DerPfau. Kiwi Verlag.ISBN: 978-3-46204-800-1. 256 Seiten,18,99 Euro.

Wochenende mitwilden Wendungen

VON SONJA BAULIG

hren Umzug aufs Land ha-ben der Fotograf Leo und

die Ärztin Andrea sich andersvorgestellt. Aus Hamburgmachen sie sich mit ihrem16-jährigen Sohn Milan aufnach Sachsen, um alles hin-ter sich zu lassen und neuanzufangen. Dort stoßen sieallerdings nicht auf die er-träumte Idylle, sondern aufeine sehr eigene Welt, in diesie kaum hineinzupassenscheinen.

In dem Roman „Vorhof-flimmern“ von Michael Kras-ke pinseln jugendliche Hei-matwächter Hakenkreuze anLaternen und haben es aufSohn Milan abgesehen. Leomuss statt seelenvoller Por-träts den Bürgermeister ab-

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lichten. Die Risse, die sichplötzlich durch das Lebenziehen, versucht das Paar zu-nächst zu ignorieren. Andreawill ankommen und sich an-passen, Leo gegen Missstän-de kämpfen. Sie trifft andereMänner, er spioniert ihr hin-terher, bis auch er einenFehltritt begeht. Als MilansFreund verschwindet, wirddie Dunkelheit so dicht, dasssie alles zu verschlingendroht. Doch plötzlich keimtwieder Hoffnung.

Dem mehrfach preisge-krönten Journalisten MichaelKraske ist das düstere Porträteines Paares gelungen, dasauf einen Abgrund zuzutau-meln scheint, während ringsum sie Nazis ihr Unwesentreiben. Äußere und innereHandlung sind elegant mit-einander verschränkt. Die le-bendige, pointierte Sprachemacht das Buch zu einem le-senswerten Ausflug in eineWelt, die fremd und vertrautzugleich scheint.

Michael Kraske: Vor-hofflimmern. Frei-raum-Verlag. ISBN:978-3-94367-280-0.228 Seiten, 13,95 Euro.

In der Dunkelheitkeimt die Hoffnung

VON MARIA BERENTZEN

estern ist der neue Ur-laubskrimi „Ameroog

spielt verrückt“ der Borku-mer Autorin Ocke Aukes er-schienen (ISBN ISBN 978-3-95451-781-7). Auf der fiktivenNordseeinsel Ameroog mussKommissar Bakker gegenFledermaustürme, Fahrräder,die in Bäumen hängen, undBiotope, die sich selbst er-schaffen, kämpfen – und imWatt einen Menschen vordem Ertrinken retten. Ein hu-morvolles und skurriles Lese-vergnügen.

ie Story „Hechte derNacht“ von Christiane

Dieckerhoff, erschienen imLeda-Sammelband „Flossenhoch 3.0 – Jetzt erst recht“(ISBN 978-3-86412-086-2), istfür den renommierten Fried-rich-Glauser-Preis in derSparte Kurzkrimi nominiertworden. Die Verleihung desPreises findet im April beimFestival „Criminale“ in Mar-burg statt.

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OSTFRIESISCHES

Für Preisnominiert

Die Ostfriesen-Zeitungverlost drei Exemplarevon „Die Hölle von Torgau– Wie ich die Heim-Erzie-hung der DDR überlebte“von Kerstin Gueffroy(ISBN 978-3-28005-593-9). Co-Autor ist CarstenTergast. Wer teilnehmenmöchte, sollte bis zum4. März schreiben, faxenoder mailen an:

Ostfriesen-ZeitungStichwort LiteraturMaiburger Straße 826789 LeerFax: 0491 / 97 90 201E-Mail: [email protected]

Inhalt des Buches

Kerstin Gueffroy schildertin ihrem berührenden Le-bensbericht „Die Höllevon Torgau – Wie ich dieHeim-Erziehung der DDRüberlebte“ wie sie im Al-ter von 14 Jahren von ih-rer Mutter im Heim unter-gebracht wurde und mit

16 Jahrenim „Ge-schlosse-nen Jugend-werkhofTorgau“ lan-dete. „Alleswar nur da-

zu da, uns zu brechen“,sagt Kerstin Gueffroy überdiese Erziehungsstätte,die Margot Honecker per-sönlich eingerichtet hat-te. Kerstin Gueffroy undCarsten Tergast nehmenin dem Buch die Lesergleich zu Beginn mit indie Dunkelzelle – ein kal-tes, modriges, finsteresLoch, wo sich Gueffroydem Tod näher fühlte alsdem Leben.

Die Gewinner

Im Januar hat die OZ dieNovelle „Goldküste“ vonKarin Lüppen verlost. Ge-wonnen haben: TanjaStolpmann aus Leer, Kurt-Dieter Becker aus Emdenund Uwe Jansen Gent ausAurich.

Verlosung Bestseller

© grafik-team.de

Belletristik

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Sachbuch

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5Quelle: dpa

Jan Weiler:Im Reich der Pubertiere.Kindler. 12,00 Euro.

Jojo Moyes:Ein ganz neues Leben.Wunderlich. 19,95 Euro.

Dörte Hansen:Altes Land.Knaus. 19,99 Euro.

Joachim Meyerhoff: Ach, dieseLücke, diese entsetzliche Lücke.Kiepenh. & Witsch. 21,99 Euro.

Horst Evers:Alles außer irdisch.Rowohlt Berlin. 19,95 Euro.

Peter Wohlleben:Das geheime Leben der Bäume.Ludwig. 19,99 Euro.

Christian Hartmann u.a. (Hg.):Mein Kampf.Eine kritische Edition.Institut für Zeitgeschichte.59,00 Euro.

Dalai Lama:Der Appell des Dalai Lamaan die Welt.Benevento. 4,99 Euro.

Carsten Maschmeyer:Die Millionärsformel.Ariston. 19,99 Euro.

Ildiko von Kürthy:Neuland.Wunderlich. 19,95 Euro.