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220 Berichte Stahlbau 78 (2009), Heft 3 Lösung und Gewinner der Weihnachtspreisaufgabe 2008 1 Aufgabenstellung Das doppeltsymmetrische System besteht aus dem Führungs- stab der Länge 4 und zwei Stabketten mit je fünf gleichen Stäben der Länge . In allen Knotenpunkten sind die Verbindungen gelenkig. Das System rotiert mit der konstanten Winkelgeschwindig- keit w um den Mittelpunkt P. Alle Stäbe haben die konstante Massenbelegung m. Als Einwirkung sind nur Fliehkräfte zu berücksichtigen. Alle Stäbe sind als starr anzusehen. Gegeben: m, w, Gesucht: Winkel a und b Führungsstab: Normalkraft in P Kettenstäbe: maximales Moment und zugehörige Normalkraft des maßgebenden Stabes 2 Bestimmung der Winkel a und b Die durch Fliehkräfte hervorgerufene Streckenlast auf einen geraden, starren Stab ist proportional zum Abstand vom Drehpunkt P und verläuft somit linear über die Stablänge. Teilt man diese Streckenlast in einen Normalanteil und einen Längsanteil auf, so ist die Normalstreckenlast (we- gen des konstanten Normalabstandes von P) konstant, die Längsstreckenlast dagegen linear veränderlich. Aus diesem Grund kann die Streckenlast entweder durch die Resultierende in Stabmitte oder durch zwei sta- tisch gleichwertige Knotenlasten an den Stabenden ersetzt werden. Im ersten Fall wird die Masse m als Punktmasse in Stabmitte, im zweiten Fall werden zwei Punktmassen der Größe m/2 an den Stabenden angenommen; an je- dem Knoten ist dann wieder die Masse 2m/2 =m vorhan- den, und die Belastung des Systems besteht nur aus Flieh- kräften in den Gelenkpunkten (Bild 1). Aufgrund der Doppelsymmetrie des Systems genügt die Betrachtung des in Bild 2 angegebenen rechten, unte- ren Viertelsystems. Für die in Komponenten zerlegten Fliehkräfte gilt: F a,x =m w 2 x a ,F a,y =m w 2 y a (1) F b,x =m w 2 x b ,F b,y =m w 2 y b (2) F c =m w 2 x c (3) mit x a = 0,5,y a = (sin a+ sin b) (4) x b = (2 – cos b),y b = sin b (5) x c = (0,5 + cos a+ cos b) = 2 (6) Da das System in Bild 2 einen kinematischen Freiheits- grad hat, existiert für die Fliehkräfte eine Gleichgewichts- bedingung. Diese enthält die Winkel a und b; zusammen mit Gl. (6) liegen dann zwei Gleichungen für die Unbe- kannten a und b vor.

Lösung und Gewinner der Weihnachtspreisaufgabe 2008

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Berichte

Stahlbau 78 (2009), Heft 3

Lösung und Gewinner der Weihnachtspreisaufgabe 2008

1 Aufgabenstellung

Das doppeltsymmetrische System besteht aus dem Führungs-stab der Länge 4 � und zwei Stabketten mit je fünf gleichenStäben der Länge �.In allen Knotenpunkten sind die Verbindungen gelenkig.Das System rotiert mit der konstanten Winkelgeschwindig-keit w um den Mittelpunkt P. Alle Stäbe haben die konstante Massenbelegung m.Als Einwirkung sind nur Fliehkräfte zu berücksichtigen.Alle Stäbe sind als starr anzusehen.

Gegeben:m, w, �

Gesucht:Winkel a und bFührungsstab: Normalkraft in PKettenstäbe: maximales Moment und zugehörige Normalkraftdes maßgebenden Stabes

2 Bestimmung der Winkel aa und bb

Die durch Fliehkräfte hervorgerufene Streckenlast auf einengeraden, starren Stab ist proportional zum Abstand vom

Drehpunkt P und verläuft somit linear über die Stablänge.Teilt man diese Streckenlast in einen Normalanteil undeinen Längsanteil auf, so ist die Normalstreckenlast (we-gen des konstanten Normalabstandes von P) konstant, dieLängsstreckenlast dagegen linear veränderlich.

Aus diesem Grund kann die Streckenlast entwederdurch die Resultierende in Stabmitte oder durch zwei sta-tisch gleichwertige Knotenlasten an den Stabenden ersetztwerden. Im ersten Fall wird die Masse m� als Punktmassein Stabmitte, im zweiten Fall werden zwei Punktmassender Größe m�/2 an den Stabenden angenommen; an je-dem Knoten ist dann wieder die Masse 2m�/2 = m� vorhan-den, und die Belastung des Systems besteht nur aus Flieh-kräften in den Gelenkpunkten (Bild 1).

Aufgrund der Doppelsymmetrie des Systems genügtdie Betrachtung des in Bild 2 angegebenen rechten, unte-ren Viertelsystems.

Für die in Komponenten zerlegten Fliehkräfte gilt:

Fa,x = m� w2xa, Fa,y = m� w2ya (1)

Fb,x = m� w2xb, Fb,y = m� w2yb (2)

Fc = m� w2xc (3)

mit

xa = 0,5�, ya = (sin a + sin b)� (4)

xb = (2 – cos b)�, yb = �sin b (5)

xc = (0,5 + cos a + cos b)� = 2� (6)

Da das System in Bild 2 einen kinematischen Freiheits-grad hat, existiert für die Fliehkräfte eine Gleichgewichts-bedingung. Diese enthält die Winkel a und b; zusammenmit Gl. (6) liegen dann zwei Gleichungen für die Unbe-kannten a und b vor.

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Berichte

Stahlbau 78 (2009), Heft 3

Gemäß Bild 2 ergibt das Kräftegleichgewicht für dieStabkraftkomponenten in y-Richtung:

S1,y = Fa,y (7)

S2,y = Fa,y + Fb,y (8)

Aus geometrischen Gründen gilt:

S1,x = S1,yctg a = Fa,yctg a (9)

S2,x = S2,yctg b = (Fa,y + Fb,y)ctg b (10)

Das Kräftegleichgewicht in x-Richtung für Knoten b lautet:

S2,x – S1,x + Fb,x = 0 (11)

Nach Einsetzen von S1,x und S2,x erhält man:

Fa,y(ctg b – ctg a) + Fb,yctg b + Fb,x = 0 (12)

Nach Einführung der Fliehkräfte gemäß den Gln. (1) und(2) sowie nach Kürzen durch m�2w2 ergibt sich für die ge-suchte Gleichgewichtsbedingung:

(sin a + sin b)(ctg b – ctg a) + 2 = 0 (13)

Löst man Gl. (6) wie folgt nach b auf:

b = arccos(1,5 – cos a) (14)

und ersetzt damit b in Gl. (13), so erhält man eine trans-zendente Bestimmungsgleichung für a. Die Lösung lautet:

a = 0,39925 (15)

Gl. (14) liefert dann:

b = 0,95373 (16)

3 Schnittgrößen NP, max M und zugeh N

Das Gleichgewicht der Kraftkomponenten in x-Richtungfür Knoten c lautet:

(17)

Nach Einsetzen von Fc und S2,x gemäß Gl. (3) bzw. Gl. (10)erhält man daraus:

Nc = –0,8662m�2w2 (Druck) (18)

Mit der Fliehkraft FPc = 2m�2w2 des Abschnitts Pc ergibtsich für die Normalkraft in P (Bild 2):

NP = FPc + Nc = 1,1338m�2w2 (Zug) (19)

Maßgebend für die Momente der Kettenstäbe ist die Stre-ckenlastkomponente der Fliehkraft normal zum Stab; dieseist jeweils konstant über die Stablänge und beträgt:

qn = mw2a (20)

wobei a der Normalabstand des Stabes vom Drehpunkt Pist. Dieser Abstand ist für Stab 2 am größten und beträgt:

a2 = 2�sin b (21)

Mit qn,2 = mw2a2 erhält man folgendes maximale Momentfür Stab 2:

(22)

Bild 3 zeigt die obere Hälfte des Stabes 2 mit den Schnitt-größen M2 und N2 in Stabmitte (Q2 = 0). Zur Berechnungder Fliehkraft wird in der Mitte dieser Hälfte die Punkt-masse m�/2 angenommen.

Die Fliehkraftkomponenten betragen:

(23)

(24)

Für die Normalkraft N2 erhält man dann:

N2 = (F2,x – Nc/2)cos b + (S2,y – F2,y)sin b = 2,3516m�2w2

(25)

F y22 2 2

2 401019, sin ,= =m w b m wl l

l

F x22 2 2

22

40 9277, cos ,= -Ê

ËÁˆ¯̃ =m w b m wl

ll

l

max ,,M M qn= = =2 22 3 21

80 20389l lm w

12

02( ) ,F N Sc c x- - =

Bild 1. Rechenmodell zur Bestimmung von a und b: doppelt-symmetrisches System mit Fliehkräften in den Gelenkpunkten

Bild 2. Viertelsystem mit Fliehkraftkomponenten, halberFührungsstab Pc mit Längskräften

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Page 3: Lösung und Gewinner der Weihnachtspreisaufgabe 2008

Kontrolle:

Q2 = (F2,x – Nc/2)sin b – (S2,y – F2,y)cos b = 0 (26)

Das Moment M2 kann aus SM = 0 bezüglich c wie folgtbestätigt werden:

(27)

4 Zusammenstellung der Ergebnisse

Systemgeometrie:

a = 0,39925b = 0,95373

Normalkraft des Führungsstabes in P:

NP = 1,1338m�2w2 (Zug)

Maximales Moment und Normalkraft in Mitte von Stab 2:

M2 = 0,20389m�3w2

N2 = 2,3516m�2w2 (Zug)

Prof. Dr. Helmut Rubin, Wien

Die nächste Weihnachtspreisaufgabe erscheint in Heft 11dieses Jahres.

Gewinner

M F Fx y2 2 23 2

4 40 20389= + =, ,sin cos ,l l

lb b m w

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Berichte

Stahlbau 78 (2009), Heft 3

Folgende Personen erhalten für ihre richtigeLösung als Prämie ein Buch nach Wahl aus dem Programm des Verlages Ernst & Sohn:

Stefan HaaseHellendorfer Straße 32, 01279 DresdenDr.-Ing. Boto KritznerAhornweg 35, 01844 Neustadt in SachsenDr.-Ing. Ulrich SchmidtKipsdorfer Straße 187, 01279 DresdenHermann DümmlerTraklstraße 28, 90451 NürnbergDipl.-Ing. Falko WendelLindenweg 22, 08541TheumaDr.-Ing. Knut SchwarzeAm Stoß 9, 57234 WilnsdorfDipl.-Ing. (FH) Martin StadlerTechnische Universität MünchenLehrstuhl für MetallbauArcisstraße 21, 80333 MünchenDr.-Ing. Jürgen KühnKronthaler Weg 26, 61476 Kronberg i. Ts.Dr. Rudolf FindeißSailer Stepan und Partner GmbHIngolstädter Straße 20, 80807 MünchenDipl.-Ing. Erwin GrabingerGerersdorf 24, 4531 Kematen a. d. Krems, ÖsterreichDipl.-Ing. K. KaldeweyMommsenstraße 5, 10629 BerlinDipl.-Ing. Karl HeydeEichelbaumstraße 11, 04249 LeipzigIngenieurbüro Dipl.-Ing. Dr. techn. Wilhelm PilgramDiesterweggasse 11/3, 1140 Wien, ÖsterreichProf. Ioannis TegosAristotle University of ThessalonikiSchool of EngineeringDivision of Structural Engineering54124 Thessaloniki, GreeceTheodor KellerHöhenstraße 15, 8247 Flurlingen, SchweizAndreas PüschelWeidegang 37, 63864 GlattbachDipl.-Ing. Georg Geldmacherc/o Krebs und KieferHilpertstraße 20, 64295 DarmstadtDumitru Gheorghiuc/o schömig-plan Ingenieurgesellschaft mbHSaaläckerstraße 8, 63801 KleinostheimJörg WeichertHauptstraße 66, 6824 Schlins, ÖsterreichDipl.-Ing. Horst DennulatKirchstraße 18, 51702 BergneustadtProf. Dr.-Ing. Udo FischerStieglitzweg 9, 39110 MagdeburgPhilipp HuwylerSonnenweg 12, 5507 Mellingen, Schweiz

Die Redaktion dankt für die rege Beteiligung und gratuliert allen Gewinnern.

Bild 3. Obere Hälfte des Stabes 2 mit Schnittgrößen M2 undN2 in Stabmitte

Versuchsmodell von Herrn Jörn Weichert

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