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helmut
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199Stahlbau 83 (2014), Heft 3
Berichte
1 Aufgabenstellung
Ein Rohr der Länge 2 (Innenradius 2 r Außenradius 3 r) wird durch ein Spann glied (Radius r) mit der Kraft N symme trisch an beiden Enden je-weils mit dem Spannweg D relativ zum Rohrquerschnitt vorgespannt. An den Stabenden sind (starre) Kopf-platten angeordnet, die die zentri-sche Lage des Spanngliedes sowie eine momentenfreie Einleitung der Spannkraft N auf Rohr und Spann-glied sichern.
Nachdem N die Knicklast des Rohres überschritten hat, weicht die-ses aus, und in der Folge legt sich das Spannglied an die Innenseite des Rohres (von der Stabmitte aus fort-schreitend) an.
Gegeben:E Elastizitätsmodul von Rohr und Spannglied, und r gemäß Bild,f Stich der Biegelinie des Rohres (in Stabmitte),r = /200, f = 4 r
Gesucht:– Länge des Kontaktbereichs zwischen Rohr und Spannglied,– Spannkraft N,– Spannweg D des Spannglieds relativ zur Kopfplatte
(D an beiden Stabenden gleich),– größte Drucklängsspannung sR im Rohr
Annahmen:– Problem symmetrisch zur Mittelachse– Material linear-elastisch– reibungsfreie Berührung von Rohr und Spannglied im
Kontaktbereich– Querschnitte formtreu– Biegesteifigkeit EIS = 0 für Spannglied (entspricht Seil)
Kür:Biegesteifigkeit EIS des Spannglieds ist zu berücksichtigen (IS = pr4/4)
Hinweis:Die Aufgabe ist ohne Zuhilfenahme von EDV-Programmen zu lösen.
DOI: 10.1002/stab.201320031
Lösung und Gewinner der Weihnachtspreisaufgabe 2013
2 Allgemeines zum Tragverhalten
Würde das Spannglied ohne Spiel an der Innenfläche des Rohres anliegen, würde dieses für beliebige Spannkräfte ohne Biegung, also gerade bleiben (Prinzip „Bowdenzug“). Durch den hier vorhandenen Ringspalt der Größe r kann das Rohr nach Erreichen der Knicklast (2. Eulerfall) bis zum Stich f = r frei ausweichen, wobei das Spannglied noch gerade bleibt, also noch keine stabilisierende Wirkung auf das Rohr ausübt. Nach Überschreiten dieser Knicklast, also mit wachsender Spannkraft, legt sich das Spannglied in zunehmendem Maß an die Rohrinnenfläche an (Bild 1).
Für die Lösung wird die obere Symmetriehälfte des Systems betrachtet.
3 Lösung für I = 0S (Spannglied entspricht Seil)
Zustandsgrößen von Rohr und SpanngliedBild 2 zeigt die Biegelinien von Rohr und Spannglied mit den zugehörigen Schnittgrößen für den oberen und unte-ren Abschnitt der Länge b bzw. a sowie die geometrischen Bedingungen am Übergangspunkt.
Bild 1. Verformtes System mit anliegendem Spannglied
Berichte
200 Stahlbau 83 (2014), Heft 3
Querschnittsgrößen für Rohr (R) und Spannglied (S):
A r , A 5 r , I 654
rS2
R2
R4= π = π = π
(1)
Unterer Abschnitt der Länge aIm Kontaktbereich ist das Biegemoment des Rohres kons-tant und hat die Größe:
M NrR,0 = (2)
Die Krümmung beträgt somit:
NrEI
konst.R
κ = =
(3)
Die Biegelinie hat damit die Form einer quadratischen Para-bel.
Der Drehwinkel am oberen Ende beträgt:
w a NrEI
a0R
′ = κ =
(4)
und die Biegeordinate:
w 12
a 12
w a02
0= κ = ′
(5)
Oberer Abschnitt der Länge bStabkennzahl für Rohr:
b NEIR
R
ε =
(6)
Gemäß Bild 2 übertragen die Abschnitte von Rohr und Spannglied die jeweils entgegengesetzt gleichen Längs-komponenten N und Horizontalkomponenten H.
Für die allgemeine Stelle x = x b gilt für das Rohr:
Msin
sinM Nw HbR
R
RR,0 R
)(=
ε ξ
ε= − ξ
(7)
Für x = 1 erhält man:
M Nw HbR,0 R,0= −
(8)
Das Spannglied bleibt gerade, und es gilt:
w wS S,0= ξ
(9)
Nw Hb 0S,0 − = (10)
Die Elimination von Hb ergibt in Übereinstimmung mit Gl. (2):
M N w w NrR,0 R,0 S,0 )(= − = (11)
wobei die Randbedingung wR,0 = wS,0 + r eingesetzt wurde.Die Ableitungen der Gln. (7) und (9) nach x liefern:
b
cos
sinNr Nw HR R
RR
)(ε ε ξ
ε= ′ −
(12)
w 1b
w w konst w bwS S,0 S,0 S,0 S,0′ = = ′ = → = ′ (13)
Aus Gl. (10) ergibt sich damit:
H Nw
bNwS,0
S,0= = ′ (14)
Bild 2. Zustandsgrößen von Rohr und Spannglied im oberen und unteren Bereich (Kontaktbereich), Übergangsbedingungen
Berichte
201Stahlbau 83 (2014), Heft 3
Für x = 1 erhält man aus Gl. (12) und der Randbedingung w′R,0 = w′S,0:
1b tan
Nr Nw H 0R
RS,0
εε
= ′ − =
(15)
Da eR und N nicht Null sind, gilt:
1tan
tan2
02R
R Rε= π − ε
= → ε = π
(16)
Die Biegelinie wR hat damit die Form einer halben sin-Halbwelle (Knicklänge 2b), und eR ist unabhängig von der Spannkraft N.
Abschnittslängen a und b, Spannkraft N Die Unbekannte b = b/ wird aus der Bedingung f = 4r be-stimmt.
Aus Bild 2 und Gl. (13) ergibt sich:
f w w w w r w b w r 4r0 R,0 0 S,0 0 S,0= + = + + = + ′ + = (17)
und daraus:
w bw 3r0 S,0+ ′ =
(18)
Gemäß Bild 2 gilt:
w wS,0 0′ = ′
(19)
Aus Gl. (5) und a = – b = (1 – b) ergibt sich dann:
w b w a2
b w1
2w 3r0 S,0 0 0 + ′ = +
′ = + β ′ =
(20)
Aus Gln. (4) und (6) erhält man:
wN rEI
a1 r
0R
2 R2
′ = = − ββ
ε
(21)
Damit folgt aus Gl. (20):
12
r 1 1 12
r 3r2
2 R2
2 R2− β
βε =
β−
ε =
(22)
1 6 12
R2β
=ε
+
(23)
Für eR = p/2 erhält man:
0,539815 und 0,460185β = α = (24)
sowie die Spannkraft:
NEI
8,467401EIR
2
R
2
R
2
=εβ
=
(25)
Spannweg D des Spannglieds relativ zur KopfplatteDer Spannweg D setzt sich zusammen aus dem Anteil Dw durch die Auslenkungen wR und wS sowie dem Anteil DN aus Normalkraftverformungen von Rohr und Spannglied.
Für Dw gilt:
12
(w ) (w ) dx b2
(w ) (w ) dw R2
S2
0
b
R2
S2
0
1
∫ ∫( ) ( )∆ = ′ − ′ = ′ − ′ ξ
(26)
Da im unteren Abschnitt die Biegeordinaten von Rohr und Spannglied gleich sind, genügt die Integration über den oberen Abschnitt.Gemäß Gl. (12) gilt für das Rohr mit H/N = w′0 und eR = p/2:
w HN b
cos
sinr w r
bcosR
R R
R0 R R
( ) ( )′ = +ε ε ξ
ε= ′ + ε ε ξ
(27)
während für das (gerade) Spannglied w′S = w′0 gilt. Mit
cos d 1 , cos d 12R
0
1
R
2R
0
1
∫ ∫( ) ( )ε ξ ξ =ε
ε ξ ξ =
(28)
erhält man nach Einsetzen in Gl. (26):
b2
2 w rb
12
rbw 0 R
2
∆ = ′ + ε
(29)
Mit b = b und w′0 nach Gl. (21) erhält man schließlich:
1 0,75 r r 0,0251964rw 2 R2
∆ = − ββ
ε =
(30)
Der Anteil DN aus Normalkraftverformungen errechnet sich aus:
∆ = +
=N
E1
A1
A6 N
EANR S R
(31)
Nach Einsetzen von N gemäß Gl. (25) und Beachtung der Gl. (1) ergibt sich:
19,5 r r 0,825572rNR
2
∆ =εβ
=
(32)
Insgesamt erhält man den Spannweg:
0,850768rw N∆ = ∆ + ∆ = (33)
Berichte
202 Stahlbau 83 (2014), Heft 3
Größte Druckspannung im RohrMit dem Moment MR,0 = Nr gemäß Gl. (11) erhält man:
NA
N rI
3rI
A3r ER
R R
R
R
2 R
2
σ = + = +
εβ
6,25r
E 0,00132303 ERR
2
σ =εβ
= (34)
4 Lösung für ππI = r /4S4 (Kür)
Zustandsgrößen von Rohr und SpanngliedQuerschnittsgrößen:
A r , A 5 r , I 14
r , I 654
rS2
R2
S4
R4= π = π = π = π (35)
I = I + IG R S (36)
Hilfsgrößen:
I
I6566
,I
I166
,I
I1
65R
R
GS
S
G
S
R
S
R
ρ = = ρ = = ν = =ρρ
=
(37)
Unterer Abschnitt der Länge aIm Kontaktbereich haben Rohr und Spannglied gleiche Krümmung k; diese berechnet sich aus dem Gesamtmoment MR,0 + MS,0 = Nr und der Gesamtbiegesteifigkeit EIG aus:
NrEI
konst.G
κ = =
(38)
Die einzelnen Momente sind proportional zur Biegesteifig-keit:
M Nr, M NrR,0 R S,0 S= ρ = ρ
(39)
Drehwinkel und Biegeordinate am oberen Ende betragen:
w a NrEI
a0G
′ = κ =
(40)
w 12
a 12
w a02
0= κ = ′
(41)
Oberer Abschnitt der Länge bStabkennzahlen:
b NEI
, b NEI
1R
RS
SRε = ε = =
νε (42)
Für die allgemeine Stelle x = x b gilt für das Rohr (Bild 2):
Msin
sinM Nw HbR
R
RR,0 R
( )=
ε ξ
ε= − ξ (43)
und analog für das Spannglied:
Msinh
sinhM Hb NwS
S
SS,0 S
( )=
ε ξ
ε= ξ −
(44)
Für x = 1 erhält man:
M Nw HbR,0 R,0= −
(45)
M Hb NwS,0 S,0= −
(46)
Die Addition vorstehender Gleichungen ergibt:
M M N w w NrR,0 S,0 R,0 S,0( )+ = − =
(47)
Die Ableitungen der Gln. (43) und (44) nach x liefern:
b
cos
sinM Nw HR R
RR,0 R
( )ε ε ξ
ε= ′ −
(48)
b
cosh
sinhM H NwS S
SS,0 S
( )ε ε ξ
ε= − ′
(49)
Für x = 1 erhält man:
1b tan
M Nw HR
RR,0 R,0
εε
= ′ −
(50)
1b tanh
M 1b
M H NwS
SS,0 S S,0 S,0
εε
= ε = − ′
(51)
Wie sich zeigt, ist eS so groß, dass so gut wie genau tanh eS = 1 gesetzt werden kann.
Die Addition der Gln. (50) und (51) und die Bedin-gungen w′R,0 = w′S,0, eS = eR/n sowie MS,0 = n2 MR,0 lie-fern:
1b tan
M 1b
M 0R
RR,0 R R,0
εε
+ ν ε =
(52)
1tan
tan2
1
65RRε
= π − ε
= −ν = −
(53)
Berichte
203Stahlbau 83 (2014), Heft 3
w HN b
cos
sinr H
Nc cosR
R R
RR R R
( ) ( )′ = +ε ε ξ
ερ = + ε ξ
(61)
mit
c rb sinR R
R
R
= ρε
ε
(62)
Entsprechend gilt nach Gl. (49) für das Spannglied:
w HN b
cosh
sinhr H
Nc coshS
S S
SS S S
( ) ( )′ = −ε ε ξ
ερ = − ε ξ
(63)
mit
c rb sinhS S
S
S
= ρε
ε
(64)
Nach Einsetzen in Gl. (26) erhält man:
b2
2 HN
c cos c cosh
c cos c cosh d
w R R S S0
1
R2 2
R S2 2
S
∫ ( ) ( )
( ) ( )
∆ = ε ξ + ε ξ
+
+ ε ξ − ε ξ
ξ
(65)
Im Einzelnen gilt für die Integrale:
cos dsin
,
cos d 12
sin cos1
R0
1R
R
2R
0
1R R
R
∫
∫
( )
( )
ε ξ ξ =ε
ε
ε ξ ξ =ε ε
ε+
(66)
cosh dsinh
,
cosh d 12
sinh cosh1
S0
1S
S
2S
0
1S S
S
∫
∫
( )
( )
ε ξ ξ =ε
ε
ε ξ ξ =ε ε
ε+
(67)
Nach Einsetzen in Gl. (65) und Zusammenfassen erhält man:
HN
1tan sin
14
rb
1tanh sinh
14
rb
r
wR
R2
RR2
R
S
S2
SS2
S
∆ = +ε
+ε
ε
ρ ε −
−ε
+ε
ε
ρ ε
(68)
eS ist wieder so groß, dass gilt:
tanh 1 , 1sinh
0S 2S
ε =ε
=
(69)
Damit erhält man:
1,694201 und 13,65908R Sε = ε =
(54)
eR ist auch hier wieder unabhängig von der Spannkraft N.
Abschnittslängen a und b, Spannkraft N Wie in Gl. (17), gilt unverändert:
w w 3r0 S,0+ =
(55)
Aus Gl. (51) ergibt sich mit w′S,0 = w′0 und MS,0 = rS Nr:
HN
w rb0 S S= ′ + ε ρ
(56)
Aus Gl. (46) erhält man nach Einsetzen:
w HN
b r w b 1 rS,0 S 0 S S( )= − ρ = ′ + ε − ρ
(57)
Gl. (40) liefert:
w NrEI
a NrEI
a1 r
0G R
R 2 R R2
′ = = ρ = − ββ
ρ ε
(58)
Nach Einsetzen in Gl. (55) ergibt sich mit w0 = w′0 a/2:
a2
b1 r 1 r 3r
2 R R2
S S
( )+
− ββ
ρ ε + ε − ρ =
12
1 32
2 R R2
S S( )− ββ
ρ ε + ε − ρ =
1 3 12 1 2,986818
2
S S
R R2
( )β
=− ε − ρ
ρ ε+ =
und schließlich:
0,578623β = und 0,421377α = (59)
Die Spannkraft beträgt dann:
NEI
8,573114EIR
2
R
2
R
2
=εβ
=
(60)
Spannweg D des Spannglieds relativ zur KopfplatteFür Dw gilt unverändert Gl. (26).
Aus Gl. (48) und mit MR,0 = rR Nr erhält man für das Rohr:
Berichte
204 Stahlbau 83 (2014), Heft 3
Die nächste Weihnachtspreisaufgabe erscheint in Heft 11 dieses Jahres.
Folgende Personen erhalten für ihre richtige Lösung als Prämie ein Buch nach Wahl aus dem Programm des Ver-lages Ernst & Sohn:
Robert Eder, BScVillacherstraße 33/11, 9800 Spittal, Österreich
Dr.-Ing Michael Geisc/o GERB Engineering GmbHRuhrallee 311, 45136 Essen
Dipl.-Ing. Erwin GrabingerGerersdorf 244531 Kematen/Krems, Österreich
Johannes KalliauerLoiskandlzeile 43550 Langenlois, Österreich
Dipl. Bauingenieur ETH/SIATheodor KellerHöhenstrasse 15, 8247 Flurlingen, Schweiz
Christoph LauermannIn der Sackpfeif 1, 68542 Heddesheim
Markus MoserWaldmüllergasse 20/8, 8042 Graz, Österreich
Stephan PfarrUibet 1, 88422 Tiefenbach
Dr.-Ing. Ulrich SchmidtKipsdorfer Straße 187, 01279 Dresden
Dr.-Ing. Knut SchwarzeAm Stoß 9, 57234 Wilnsdorf
Richtige Lösung mit Kür
Dipl.-Ing. Horst DennulatKirchstraße 18, 51702 Bergneustadt
Dr.-Ing. Georg Geldmacherc/o Krebs und KieferHilpertstraße 20, 64295 Darmstadt
Prof. Dr.-Ing. Albert Konradc/o Hochschule MünchenKarlstraße 6, 80333 München
Dr.-Ing. Helmut Kupferc/o Ingenieurbüro Dr. Kupfer undKollmannsbergerBarer Straße 44, 80799 München
Die Redaktion dankt für die rege Beteiligung und gratuliert allen Gewinnern.
und damit:
HN
r 1tan sin
14
r rwR
R2
RR2
R S2
S
∆ = +ε
+ε
ε
ρ ε − ρ ε
β
(70)
Nach Einsetzen von H/N gemäß Gl. (56) und den übrigen bekannten Zahlenwerten erhält man:
0,0252370 rw∆ = (71)
Für DN gilt unverändert Gl. (32):
19,5 r r 0,835879 rNR
2
∆ =εβ
=
(72)
Insgesamt erhält man den Spannweg:
0,861116 rw N∆ = ∆ + ∆ = (73)
Größte Druckspannung im RohrMit dem maßgebenden Moment max MR = MR,0/sin eR nach Gl. (43) und MR,0 = rR Nr erhält man:
NA
Nr
sin3rI
I
A
3
sinr ER
R
R
R R
R
R
R
R
2 R
2
σ = +ρ
ε= +
ρε
εβ
3,253
sin
rE 0,00133466 ER
R
R
R
2
σ = +ρε
εβ
=
(74)
5 Zusammenfassung der Ergebnisse
Länge des Kontaktbereichs
2a 2 0,460185 0,920370 = ⋅ =
Kür: 2a 2 0,421377 0,842754 = ⋅ =
Spannkraft
N 8,467401 EI / 0,01080671 ErR22
= =
Kür: N 8,573114 EI / 0,01094163 ErR22
= =
Spannweg
0,850768 r∆ =
Kür: 0,861116 r∆ =
größte Druckspannung des Rohres
0,00132303 ERσ =
Kür: 0,00133466 ERσ =
Prof. Dr. Helmut Rubin, Wien