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Hugh Lofting Doktor Dolittle und seine Tiere

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Hugh LoftingDoktor Dolittle und seine Tiere

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nDER AUTOR

Hugh Lofting wurde 1886 in Maidenhead inEngland geboren. Nach einem Studium in Eng-land und in den USA ließ er sich 1912 in denUSA nieder, wo er als freier Schriftsteller fürverschiedene Zeitschriften arbeitete. Im ErstenWeltkrieg kämpfte er als Soldat in Frankreichund Flandern. Dort schuf er in Briefen an seineKinder die Gestalt des Doktor Dolittle, die ihnweltberühmt machen sollte. Aus der Bearbeitungder Briefe entstand bereits 1920 sein erstes, vonihm selbst illustriertes Kinderbuch »The Story ofDoctor Dolittle«, dem noch eine Vielzahl vonDolittle-Abenteuern folgten. Lofting starb 1947in Santa Monica in Kalifornien.

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Hugh Lofting

Doktor Dolittleund seine Tiere

Aus dem Englischenvon Gisbert Haefs

Mit den Originalillustrationen des Autors

Nachwort vonElke Heidenreich

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OMNIBUSist der Taschenbuchverlag für Kinderin der Verlagsgruppe Random House

Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendeteFSC-zertifizierte Papier Munken Printliefert Arctic Paper Munkedals AB, Schweden.

1. AuflageErstmals als OMNIBUS Taschenbuch Dezember 2007Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform© Cecilie Dressler Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg 2000© Atrium Verlag AG, Zürich 1935Originalcopyright © 1920, 1988, by Christopher LoftingDie Originalausgabe erschien erstmals 1920unter dem Titel »The Story of Doctor Dolittle«.Die deutsche Ausgabe erschien erstmals 1926bei Williams & Co., Berlin.Alle Rechte dieser Ausgabe vorbehalten durchOMNIBUS, MünchenÜbersetzung: Gisbert HaefsNachwort von Elke HeidenreichUmschlag- und Innenillustrationen: Hugh LoftingKolorierung: Ralf MauerUmschlaggestaltung: Doris K. Künster, Hamburghe · Herstellung: CZDruck und Bindung: GGP Media GmbH, PößneckISBN: 978-3-570-21835-8Printed in Germany

www.omnibus-verlag.de

SGS-COC-1940

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Inhalt

1. KapitelPuddleby 7

2. KapitelDie Sprache der Tiere 11

3. KapitelNeue Geldsorgen 20

4. KapitelEine Botschaft aus Afrika 27

5. KapitelDie große Fahrt 33

6. KapitelPolynesia und der König 40

7. KapitelDie Affenbrücke 46

8. KapitelDer Anführer der Löwen 54

9. KapitelDer Rat der Affen 60

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10. KapitelDas allerseltenste Tier 64

11. KapitelDer schwarze Prinz 71

12. KapitelMedizin und Magie 77

13. KapitelRote Segel und blaue Flügel 86

14. KapitelDie Warnung der Ratten 91

15. KapitelDer Drache der Barbarei 96

16. KapitelTuh-Tuh, die Lauscherin 102

17. KapitelDie Klatschbasen des Ozeans 107

18. KapitelGerüche 112

19. KapitelDer Felsen 120

20. KapitelDie Heimat des Fischers 126

21. KapitelWieder zu Hause 132

Nachwort 137

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1. Kapitel

Puddleby

or vielen Jahren, als unsere Großväterkleine Kinder waren, lebte einmal einArzt, der hieß Dolittle – Dr. med. John

Dolittle. »Dr. med.« bedeutet, dass er ein richtiger Dok-tor war und eine Menge wusste.Er lebte in einer kleinen Stadt namens Puddleby auf derMarsch. Vom Sehen kannten ihn alle Leute gut, junge undalte. Und wenn er mit seinem Zylinder die Straße entlang-ging, sagte jeder: »Da geht der Herr Doktor! Das ist einkluger Mann.« Und alle Kinder und Hunde kamen ange-rannt und liefen ihm nach; und es krächzten und nicktensogar die Krähen, die im Kirchturm hausten.Das Haus am Stadtrand, in dem er wohnte, war sehrklein; aber der Garten war sehr groß, mit einem weitenRasen und Steinbänken, über die sich Trauerweiden beug-ten. Seine Schwester, Sarah Dolittle, führte ihm den Haus-halt, doch um den Garten kümmerte er sich selbst.Er mochte Tiere sehr gern und hatte viele verschiedeneHaustiere. Außer den Goldfischen im Teich ganz hintenim Garten hatte er Kaninchen in der Speisekammer,

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weiße Mäuse im Klavier, ein Eichhörnchen im Wäsche-schrank und einen Igel im Keller. Er hatte auch eine Kuhmit einem Kalb und ein fünfundzwanzig Jahre altes lah-mes Pferd – und Hühner und Tauben und zwei Lämmerund viele andere Tiere. Aber seine Lieblinge waren Dab-Dab die Ente, Jip der Hund, Göb-Göb das Schwein,Polynesia der Papagei und die Eule Tuh-Tuh.Seine Schwester murrte oft wegen all der Tiere und sagte,sie brächten ihr das Haus in Unordnung. Und als einesTages eine alte Dame mit Rheuma zum Doktor kam,setzte sie sich auf den Igel, der auf dem Sofa schlief, unddann kam sie nie wieder, sondern fuhr jeden Samstag denganzen Weg nach Oxenthorpe, das zehn Meilen entferntlag, um dort einen anderen Arzt aufzusuchen.Da kam seine Schwester Sarah Dolittle zu ihm und sagte:

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»John, wie kannst du erwarten, dass kranke Menschen zudir kommen, wenn du all die Tiere im Haus hast! Einschöner Arzt, bei dem das Wartezimmer von Igeln undMäusen wimmelt! Die Tiere haben jetzt schon vier Leutevertrieben. Gutsherr Jenkins und der Pfarrer sagen, dasssie nie wieder in die Nähe deines Hauses kommen wollen,egal, wie krank sie sind. Wir werden von Tag zu Tag är-mer. Wenn du so weitermachst, mag dich von den feinenLeuten keiner mehr als Arzt haben.«»Die Tiere sind mir sowieso viel lieber als ›feine Leute‹«,sagte der Doktor.»Das ist doch lächerlich«, sagte seine Schwester und gingaus dem Zimmer.Mit der Zeit schaffte sich der Doktor immer mehr Tierean; und immer weniger Leute kamen zu ihm. Schließlichblieb keiner mehr übrig – außer dem Katzenfutter-Mann,den keine Art von Tieren störte. Aber der Katzenfutter-Mann war nicht sehr reich und wurde nur einmal im Jahr

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krank – zu Weihnachten –, und dann gab er dem Doktorein paar Pennys für eine Flasche Medizin.Von ein paar Pennys im Jahr kann man nicht leben – nichteinmal damals, lang ist’s her; und wenn Doktor Dolittlenicht etwas Geld in der Sparbüchse aufgehoben hätte,wer weiß, was dann geschehen wäre.Und dabei liefen ihm immer neue Tiere zu; und es kostetenatürlich eine Menge, sie zu füttern. Und das Geld, das ergespart hatte, wurde immer weniger.Dann verkaufte er das Klavier und ließ die Mäuse in einerSchreibtischschublade wohnen. Aber das Geld, das er da-für bekommen hatte, wurde auch weniger, deshalb ver-kaufte er seinen braunen Sonntagsanzug, und er wurdeimmer ärmer.Wenn er jetzt mit seinem Zylinder die Straße entlangging,sagten die Leute: »Da geht John Dolittle, Dr. med.! Frü-her war er mal der bekannteste Arzt weit und breit. Undseht ihn euch heute an, er hat kein Geld mehr, und seineStrümpfe sind voller Löcher!«Aber die Hunde und die Katzen und die Kinder kamenimmer noch angerannt und folgten ihm durch die Stadt –genauso wie vorher, als er reich war.

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2. Kapitel

Die Sprache der Tiere

ines Tages saß Doktor Dolittle in derKüche und redete mit dem Katzenfut-ter-Mann, der ihn wegen seiner Magen-

schmerzen aufgesucht hatte.»Warum geben Sie’s nicht auf, Menschendoktor zu sein,und werden lieber Tierdoktor?«, fragte der Katzenfutter-Mann.Polynesia saß am Fenster, sah in den Regen hinaus undsang ein Seemannslied vor sich hin. Sie hörte auf zu sin-gen und begann zuzuhören.»Sehen Sie, Doktor«, fuhr der Katzenfutter-Mann fort,»Sie wissen alles über Tiere – viel mehr als die Tierärztehier. Das Buch, das Sie geschrieben haben – über Katzen,also, das ist einfach wunderbar! Ich kann ja nicht lesenund schreiben – sonst würde ich vielleicht ein paar Bü-cher schreiben. Aber meine Frau Theodosia, die ist richtiggebildet, und die hat mir Ihr Buch vorgelesen. Wirklich, esist wunderbar – kann man nicht anders sagen: wunder-bar, Sie könnten selbst Katze gewesen sein. Sie wissen, wiedie denken. Sie könnten eine Menge Geld verdienen,

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wenn Sie Tiere behandeln. Wussten Sie das? Ich würdeIhnen alle alten Frauen schicken, die kranke Katzen oderHunde haben. Und wenn sie nicht schnell genug krankwerden, tu ich ihnen was in das Futter, das ich verkaufe,um sie krank zu machen.«»O nein«, sagte der Doktor schnell. »Das dürfen Sienicht. Das wäre nicht recht.«»Och, ich mein ja nicht schlimm krank«, antwortete derKatzenfutter-Mann. »Ich hab nur an was gedacht, wovonsie ein bisschen duselig werden. Aber Sie haben Recht,vielleicht wär das den Tieren gegenüber nicht nett. Aberkrank werden die sowieso, die alten Frauen geben denendoch immer viel zu viel zu fressen. Und wissen Sie, alleBauern aus der Gegend, die lahme Pferde und schlappeLämmer haben – die würden kommen. Sie müssen Tier-doktor werden.«Als der Katzenfutter-Mann gegangen war, flog der Papa-gei vom Fenster zu Doktor Dolittles Tisch und sagte: »Dasist ein vernünftiger Mann. Du solltest das wirklich ma-chen. Tierarzt werden. Lass doch die dummen Leute –wenn sie nicht genug Verstand haben, um zu sehen, dass duder beste Doktor der Welt bist. Kümmer dich stattdessenum Tiere – die kriegen das bald heraus. Werde Tierarzt.«»Ach, es gibt viele Tierärzte«, sagte John Dolittle; erstellte die Blumentöpfe aufs äußere Fensterbrett, damitsie etwas Regen abkriegten.»Ja, es gibt viele«, sagte Polynesia. »Aber die taugen allenichts. Jetzt hör mir mal gut zu, Doktor. Hast du gewusst,dass Tiere reden können?«

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»Ich wusste, dass Papageien reden können«, sagte derDoktor.»O ja, wir Papageien sprechen zwei Sprachen – Menschen-sprache und Vogelsprache«, sagte Polynesia stolz. »Wennich sage: ›Polly möchte einen Zwieback haben‹, verstehstdu mich. Aber hör dir das mal an: Ke-ke-oi-i, fi-fi?«»Liebe Güte!«, rief der Doktor. »Was bedeutet das?«»Das heißt in der Vogelsprache: ›Ist der Brei schonheiß?‹«»Was du nicht sagst!«, sagte der Doktor. »So hast dunoch nie mit mir geredet.«»Wozu wäre das denn auch gut gewesen?«, sagte Polyne-sia; sie strich sich ein paar Zwiebackkrümel vom linkenFlügel. »Du hättest mich doch nicht verstanden.«»Erzähl mir mehr davon«, sagte der Doktor ganz auf-geregt; er lief zum Küchenschrank und kam mit demHaushaltsbuch und einem Bleistift zurück. »Aber nicht zuschnell – ich will es aufschreiben. Das ist interessant – sehrinteressant – etwas ganz Neues. Sag mir zuerst das Vogel-ABC – aber langsam, bitte.«Auf diese Weise lernte der Doktor, dass die Vögel ihreeigene Sprache haben und miteinander reden können.Und den ganzen Nachmittag, während es draußen reg-nete, saß Polynesia auf dem Küchentisch und sagte ihmVogelwörter, die er ins Buch schreiben konnte.Als zur Teezeit Jip der Hund hereinkam, sagte der Papa-gei zum Doktor: »Sieh mal, er redet mit dir.«»Sieht so aus, als ob er sich hinter dem Ohr kratzt«, sagteder Doktor.

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»Tiere reden doch nicht immer mit dem Mund«, sagteder Papagei mit spitzer Stimme und hob die Augen-brauen. »Sie reden mit den Ohren, mit den Füßen, mitdem Schwanz – mit allem. Manchmal wollen sie keineGeräusche machen. Siehst du, wie er jetzt mit einer Seiteder Nase nach oben zuckt?«»Was bedeutet das?«, fragte der Doktor.»Das bedeutet: ›Siehst du nicht, dass es aufgehört hat zuregnen?‹«, antwortete Polynesia. »Er fragt dich etwas.Hunde benutzen zum Fragen fast immer die Nase.«Nach und nach lernte der Doktor mit Hilfe des Papageisdie Sprache der Tiere so gut, dass er selbst mit ihnenreden und alles verstehen konnte, was sie sagten. Da gaber es ganz auf, Menschenarzt zu sein.Sobald der Katzenfutter-Mann allen erzählt hatte, dassJohn Dolittle Tierarzt werden wollte, fingen die alten Da-men an, ihm ihre Möpse und Pudel zu bringen, die zu vielKuchen gegessen hatten; und die Bauern kamen vieleMeilen weit her, um ihm ihre kranken Kühe und Schafezu zeigen.Eines Tages wurde ihm ein Ackergaul gebracht; das armeTier war schrecklich froh, einen Menschen zu finden, derdie Pferdesprache konnte.»Wissen Sie, Herr Doktor«, sagte das Pferd, »der Tierarzthinter dem Hügel hat überhaupt keine Ahnung. Der be-handelt mich jetzt schon seit sechs Wochen – gegen Lah-men. Dabei brauche ich eine Brille. Ich werde nämlich aufeinem Auge blind. Warum sollten Pferde nicht genau wieMenschen Brillen tragen? Aber dieser dumme Mann hin-

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term Hügel hat sich meine Augen überhaupt nicht ange-sehen. Er hat mir dauernd große Pillen gegeben. Ich habversucht, es ihm zu sagen; aber er versteht kein einzigesWort Pferdesprache. Das, was ich brauche, ist eineBrille.«»Natürlich – natürlich«, sagte der Doktor. »Ich besorgedir sofort eine.«»Ich möchte so eine haben wie Sie«, sagte das Pferd,»bloß in Grün. Die schützt mir die Augen vor der Sonne,wenn ich den Fünfzig-Morgen-Acker pflüge.«»Aber sicher«, sagte der Doktor. »Du kriegst einegrüne.«»Wissen Sie, Herr Doktor«, sagte der Ackergaul, als derDoktor ihm die Vordertür öffnete, um ihn hinauszulas-sen, »das Problem ist, dass jeder meint, er könnte Tierebehandeln – bloß weil die Tiere sich nicht beklagen. Da-bei muss man, um ein richtig guter Tierdoktor zu werden,viel klüger sein als ein guter Menschendoktor. Der Sohnvon meinem Bauern bildet sich ein, er weiß alles überPferde. Ich wollte, Sie könnten ihn sehen – sein Gesicht istso fett, dass er aussieht, als ob er keine Augen hätte, under hat so viel Verstand wie ein Kartoffelkäfer. Vorige Wo-che hat er mir ein Senfpflaster aufpappen wollen.«»Wo hat er es denn hingetan?«, fragte der Doktor.»Ach, nirgends – jedenfalls nicht bei mir«, sagte dasPferd. »Er hat’s nur versucht. Ich hab ihn in den Enten-teich geschubst.«»Na, na!«, sagte der Doktor.»Eigentlich bin ich ganz friedlich«, sagte das Pferd, »ich

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hab viel Geduld mit Menschen – ich mach nicht vielWind. Aber es war schlimm genug, dass mir der Tierarztdie falsche Medizin gegeben hat. Und als dann noch die-ser rotbäckige Trottel an mir rumgedoktert hat, da konn-te ich einfach nicht mehr.«»Hast du den Jungen sehr verletzt?«, fragte der Doktor.»Ach was«, sagte das Pferd, »ich hab ihn genau richtiggetroffen. Der Tierarzt kümmert sich grad um ihn. Wannist meine Brille fertig?«»Nächste Woche«, sagte der Doktor. »Komm Dienstagwieder. Schönen Tag noch!«Dann besorgte John Dolittle eine feine große grüne Brille;und der Ackergaul wurde nicht blind auf dem einenAuge, sondern konnte so gut sehen wie früher.Bald gewöhnte man sich daran, bei den Bauern rund umPuddleby Tiere mit Brillen zu sehen; und blinde Pferdekamen überhaupt nicht mehr vor.

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Ebenso ging es mit allen anderen Tieren, die man ihmbrachte. Sobald sie herausgefunden hatten, dass er ihreSprache beherrschte, erzählten sie ihm, wo sie Schmerzenhatten und wie sie sich fühlten, und natürlich war es fürihn dann leicht, sie zu heilen.Nun gingen all diese Tiere heim und erzählten ihren Ge-schwistern und Freunden, dass in dem kleinen Haus mitdem großen Garten ein Doktor wohnte, der wirklich einDoktor war. Und wenn irgendein Tier krank wurde –nicht nur Pferde und Kühe und Hunde, sondern all diekleinen Tiere auf den Feldern, Feldmäuse und Wasser-mäuse, Dachse und Fledermäuse –, dann kam es sofort zuseinem Haus am Stadtrand, sodass sein großer Gartenfast immer voll von Tieren war, die zu ihm wollten, umihn um Rat zu fragen.So viele kamen, dass er eigene Türen für die verschiede-nen Arten machen musste. Über die Vordertür schrieb erPferde, über die Seitentür Kühe und über die KüchentürSchafe. Für jede Tierart gab es eine besondere Tür – sogarfür die Mäuse wurde ein kleiner Tunnel in den Keller ge-graben, wo sie geduldig in langen Reihen warteten, bisder Doktor Zeit für sie fand.Innerhalb weniger Jahre hatte auf viele Meilen im Um-kreis jedes Lebewesen von Dr. med. John Dolittle gehört.Und die Vögel, die im Winter in andere Länder fliegen,erzählten den Tieren dort von dem wunderbaren Doktorin Puddleby auf der Marsch, der ihre Sprache verstandund ihnen wirklich helfen konnte. So wurde er bei denTieren in der ganzen Welt berühmt, noch berühmter so-

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gar, als er je bei den Leuten der Gegend gewesen war. Under war sehr glücklich mit seinem Leben.Eines Nachmittags, als der Doktor gerade etwas in einBuch schrieb, saß Polynesia am Fenster – wie sie es fastimmer tat – und sah den Blättern zu, die im Garten he-rumgeweht wurden. Plötzlich lachte sie laut.»Was hast du, Polynesia?«, fragte der Doktor und sahvon seinem Buch auf.»Ich hab nur nachgedacht«, sagte der Papagei und sahweiter den Blättern nach.»Worüber hast du denn nachgedacht?«»Über die Menschen«, sagte Polynesia. »Die Menschenmachen mich ganz krank. Sie halten sich für etwas ganz

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Großartiges. Die Welt geht nun schon Tausende von Jah-ren ihren Gang, und von der Tiersprache haben die Men-schen allenfalls gelernt, dass ein Hund, der mit demSchwanz wedelt, sagen will: ›Ich bin froh!‹ – Ist doch ko-misch, oder? Du bist der allererste Mensch, der reden kannwie wir. Manchmal machen die Menschen mich wirklichwütend – wie sie sich aufplustern, wenn sie von den ›stum-men Tieren‹ reden. Stumm, von wegen! Ich hab mal einenAra gekannt, der konnte auf sieben verschiedene Arten›Guten Morgen‹ sagen, ohne einmal den Mund aufzuma-chen. Er beherrschte alle Sprachen – sogar Griechisch. Einalter Professor mit grauem Bart hat ihn gekauft. Aber beidem ist er nicht geblieben. Er hat gesagt, der alte Mannspräche Griechisch nicht richtig, und er konnte es einfachnicht ertragen, zuzuhören, wie der die Sprache falsch un-terrichtete. Ich hab mich oft gefragt, was wohl aus ihm ge-worden ist. Dieser Vogel wusste von Geographie mehr, alsMenschen je lernen werden. – Menschen, baah! Ich glaube,wenn die Menschen je fliegen lernen – wie jeder gewöhn-liche Heckenspatz –, werden sie ewig damit angeben.«»Du bist ein kluger alter Vogel«, sagte der Doktor. »Wiealt bist du eigentlich wirklich? Ich weiß, dass Papageienund Elefanten manchmal sehr alt werden.«»Ich weiß nicht, wie alt ich genau bin«, sagte Polynesia.»Entweder hundertdreiundachtzig oder hundertzweiund-achtzig. Aber ich erinnere mich, als ich aus Afrika herge-kommen bin, hat sich King Charles noch in der Eiche ver-steckt – ich hab ihn da nämlich gesehen. Er sah zu Todeerschrocken aus.«

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3. Kapitel

Neue Geldsorgen

lso verdiente der Doktor bald wie-der Geld, und seine Schwester Sa-rah kaufte sich ein neues Kleid und

war glücklich. Ein paar von den Tieren, die zu ihm kamen,waren so krank, dass sie eine Woche lang im Haus desDoktors bleiben mussten. Und wenn es ihnen wieder bes-ser ging, lagen sie immer in Liegestühlen auf dem Rasen.Selbst wenn sie wieder gesund waren, wollten sie oft garnicht fortgehen, so sehr mochten sie den Doktor und seinHaus. Und er brachte es nie übers Herz, sie abzuweisen,wenn sie fragten, ob sie nicht bei ihm bleiben könnten.Auf diese Weise bekam er mehr und mehr Haustiere.Als er einmal am Abend auf der Gartenmauer saß undseine Pfeife rauchte, kam ein italienischer Leierkasten-

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mann vorbei, mit einem Affen am Strick. Der Doktor sahsofort, dass der Affe ein zu enges Halsband hatte undschmutzig und unglücklich war. Deshalb nahm er demItaliener den Affen weg, gab dem Mann einen Shillingund sagte, er solle gehen. Der Leierkastenmann wurdeschrecklich ärgerlich und wollte den Affen behalten. Aberder Doktor sagte, wenn er nicht ginge, würde er ihm einsauf die Nase geben. John Dolittle war ein starker Mann,wenn auch nicht sehr groß. Also zog der Italiener schimp-fend ab, und der Affe blieb bei Doktor Dolittle und be-kam ein gutes Zuhause. Die anderen Tiere im Haus nann-ten ihn Tschi-Tschi – was in der Affensprache ein ganzgewöhnliches Wort ist und Ingwer bedeutet.Und ein anderes Mal, als ein Zirkus nach Puddleby kam,verdrückte sich dort nachts das Krokodil, das schlimmeZahnschmerzen hatte, und kam in den Garten des Dok-tors. Der Doktor unterhielt sich mit ihm in der Krokodil-sprache und holte es ins Haus und behandelte die Zahn-schmerzen. Aber als das Krokodil sah, was für ein schö-nes Haus das war – mit all den verschiedenen Ecken fürdie verschiedenen Tierarten –, da wollte es auch bei demDoktor wohnen. Es fragte, ob es nicht hinten im Gartenim Fischteich wohnen könnte, wenn es versprach, dieFische nicht zu essen. Als die Zirkusleute kamen und eszurückholen wollten, wurde es so wild und rasend, dasses sie alle verscheuchte. Zu allen im Haus war es jedochimmer sanft wie ein Kätzchen.Aber wegen des Krokodils hatten jetzt die alten DamenAngst davor, ihre Schoßhündchen zu Doktor Dolittle zu

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schicken; und die Bauern wollten nicht glauben, dass esdie Lämmer und kranken Kälber, die sie zur Behandlungbrachten, nicht fressen würde. Da ging der Doktor zumKrokodil und sagte ihm, es müsse zurück in den Zirkusgehen. Aber es weinte so große Tränen und bat so sehr,bleiben zu dürfen, dass der Doktor es nicht übers Herzbrachte, es hinauszuwerfen.Dann kam die Schwester des Doktors zu ihm und sagte:»John, du musst diese Kreatur wegschicken. Die Bauernund die alten Damen haben Angst davor, ihre Tiere zu dirzu bringen, gerade jetzt, wo es uns wieder ein bisschenbesser geht. Das wird uns bald völlig ruinieren. Damit istdas Maß voll. Ich will nicht länger deine Haushälterinsein, wenn du nicht diesen Alligator wegschickst.«»Das ist kein Alligator«, sagte der Doktor, »das ist einKrokodil.«»Es ist mir egal, wie du es nennst«, sagte die Schwester.»Es ist scheußlich, so was unter dem Bett zu finden. Ichwill es jedenfalls nicht im Haus haben.«»Aber es hat mir versprochen«, sagte der Doktor, »nie-mand zu beißen. Es mag den Zirkus nicht; und ich habenicht genug Geld, um es wieder nach Afrika zu schicken,wo es herkommt. Es kümmert sich nur um seine eigenenAngelegenheiten und benimmt sich insgesamt sehr gut.Reg dich nicht so auf.«»Ich sage dir, ich will es hier nicht haben«, sagte Sarah.»Es frisst das Linoleum. Wenn du es nicht jetzt gleichwegschickst, dann – geh ich weg und heirate.«»Na gut«, sagte der Doktor, »dann geh und heirate eben.

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Da kann man nichts machen.« Und er nahm seinen Hutvom Haken und ging in den Garten hinaus.Also packte Sarah Dolittle ihre Sachen und ging; undDoktor Dolittle blieb mit seiner Tierfamilie ganz alleinzurück.Und schon bald war er ärmer als je zuvor. Mit all denMäulern, die zu stopfen waren, und dem Haus, das unter-halten werden musste, und keinem, der die Sachen flickte,und ohne Geld, um die Metzgerrechnung zu bezahlen,sahen die Dinge allmählich sehr schwierig aus. Aber derDoktor machte sich überhaupt keine Sorgen.»Geld ist lästig«, sagte er immer wieder. »Es würde unsallen viel besser gehen, wenn man es nie erfunden hätte.Was schert uns Geld, solange wir glücklich sind!«Aber bald begannen sogar die Tiere sich zu sorgen. Und

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Hugh Lofting

Doktor Dolittle und seine Tiere

Taschenbuch, Broschur, 144 Seiten, 12,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-570-21835-8

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Erscheinungstermin: November 2007

Doktor Dolittle weiß, wer ein guter Tierarzt sein will, muss die Tiersprache sprechen, damiter den Patienten nicht ein Senfpflaster verschreibt, wenn sie doch eine schöne grüne Brillebrauchen. Bald ist der weise und gewitzte Doktor so berühmt, dass man sogar in Afrika nach ihmverlangt. Im Gehrock und Zylinder tritt er seinen Siegeszug um die Welt und in die Herzen derLeser an. Ein Klassiker für jedes Lesealter! • Mit den Originalillustrationen des Autors• In der Übersetzung von Gisbert Haefs• Mit einem Nachwort von Elke Heidenreich