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Mikrochimica Acta [Wien] 1982 I, 349--354 by Springer-Verlag1982 Fraunhofer-Institut fiir Toxikologie und Aerosolforschung, Schmallenberg-Grafschaft, Bundesrepublik Deutschland Luminometrische Titration von S-Lost mit Natriumhypobromit Von U. Fritsche und A. K6nig Mit 4 Abbildungen (Eingegangen am 19. Miirz 1981) Der Schutz vor Bis-(2-chlorethyl)-thioether (S-Lost) erfordert die Verfiigbarkeit eines empfindlichen Analysenverfahrens. Seit langem sind Titrationsverfahren fiir diese stark hautsch~idigende Substanz bekannt, welche auf der Oxydation der Thioether-Funktion durch Brom i, Natriumhypochlorid oder Chloramin T a beruhen. Der End- punkt wird dabei durch Entf~irbung yon z. B. Methylrot angezeigt. Wir untersuchten Natriumhypobromit als Titrationsmittel und verfolgten den Reaktionsverlauf nach Zugabe von Luminol (3-Ami- nophthals~iureanhydrid) durch Chemilumineszenzmessung. Es zeigte sich, daf~ vor der eigentlichen Analyse zuniichst Hydrolyse des S-Lost erfolgen mull Die Versuchsanordnung entsprach der yon uns fi~r die Titration von Arsen(III) mit Hypobromit beschriebenen 4, doch wur- de das Titrationsmittel vergleichsweise langsam mit einer Infusions- pumpe (Firma Braun-Melsungen, Typ 87 1052) zugefiigt. Reagenzien S/imtliche L6sungen werden mit de-ionisiertem Wasser angesetzt. S-Lost: 0,1%ige StammltSsung in Wasser; daraus werden diverse Ver- dtinnungen hergestellt, die zur Vervollst~indigung der Hydrolyse mindestens 30 min bei Raumtemperatur aufzubewahren sind. Boratpuffer: ca. 0,1 M an Borat, pH 10,2. Luminoll6sung: 0,01 M an Luminol und 0,05 M an Trinatriumphosphat. 23 Mikrochim. Acta 1982 I/5-6 0026-3672/82/8201/0349/$ 01.20

Luminometrische Titration von S-Lost mit Natriumhypobromit

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Page 1: Luminometrische Titration von S-Lost mit Natriumhypobromit

Mikrochimica Acta [Wien] 1982 I, 349--354

�9 by Springer-Verlag 1982

Fraunhofer-Institut fiir Toxikologie und Aerosolforschung, Schmallenberg-Grafschaft, Bundesrepublik Deutschland

Luminometrische Titration von S-Lost mit Natriumhypobromit

Von

U. Fritsche und A. K6nig

Mit 4 Abbildungen

(Eingegangen am 19. Miirz 1981)

Der Schutz vor Bis-(2-chlorethyl)-thioether (S-Lost) erfordert die Verfiigbarkeit eines empfindlichen Analysenverfahrens. Seit langem sind Titrationsverfahren fiir diese stark hautsch~idigende Substanz bekannt, welche auf der Oxydation der Thioether-Funktion durch Brom i, Natr iumhypochlorid oder Chloramin T a beruhen. Der End- punkt wird dabei durch Entf~irbung yon z. B. Methylrot angezeigt.

Wir untersuchten Natriumhypobromit als Titrationsmittel und verfolgten den Reaktionsverlauf nach Zugabe von Luminol (3-Ami- nophthals~iureanhydrid) durch Chemilumineszenzmessung. Es zeigte sich, daf~ vor der eigentlichen Analyse zuniichst Hydrolyse des S-Lost erfolgen mul l Die Versuchsanordnung entsprach der yon uns fi~r die Titration von Arsen(III) mit Hypobromit beschriebenen 4, doch wur- de das Titrationsmittel vergleichsweise langsam mit einer Infusions- pumpe (Firma Braun-Melsungen, Typ 87 1052) zugefiigt.

Reagenzien

S/imtliche L6sungen werden mit de-ionisiertem Wasser angesetzt. S-Lost: 0,1%ige StammltSsung in Wasser; daraus werden diverse Ver-

dtinnungen hergestellt, die zur Vervollst~indigung der Hydrolyse mindestens 30 min bei Raumtemperatur aufzubewahren sind.

Boratpuffer: ca. 0,1 M an Borat, pH 10,2. Luminoll6sung: 0,01 M an Luminol und 0,05 M an Trinatriumphosphat.

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0026-3672/82/8201/0349/$ 01.20

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Hypobromit: Inhalt einer Ampulle 0,1 N Bromid/Bromat im 1-l-Mei~- kolben mit 110 ml 1 N SchwefeMiure versetzt, so da~ sich die ~iquivalente Menge Brom bildet; nach 5 rain Zugabe des Inhaltes einer Ampulle 1 N Natronlauge und mit Wasser zur Marke aufgefiillt. Verdiinnung: 1 : 10 er- gibt eine 5.10 a M Hypobromitl6sung, die im Kiihlschrank aufzubewahren ist. Der Gehalt ist t~iglich durch Titration z. B. einer bekannten S-Lost- Menge zu kontrollieren.

Analysenvorschrift

Ins Titrationsgef~if~ werden vorgelegt: 10 ml Puffer, 100/A Lu- minol-L6sung, 10 ml hydrolysierte S-Lost-L6sung. Die Hypobromit- L6sung wird mit konstanter Geschwindigkeit, ca. 80 #l/rain, zuge- fiigt. Der Papiervorschub des Schreibers sollte zweckm~if~igerweise etwa 30 mm/min betragen.

Auswertung und Ergebnisse

Aufgrund der konstanten Titrationsgeschwindigkeit l~it~t sich dem Verbrauch an Titrationsmittel eine bestimmte Strecke auf dem Schreiberpapier bzw. ein entsprechender Zeitabschnitt zuordnen.

Die Titrationskurven werden ausgewertet, wie in Abb. 1 darge- stellt. Der ~quivalenzpunkt ergibt sich als Schnittpunkt der gering- fiigig ansteigenden Grundlinie mit der Tangente an den ansteigenden

'~10 c

N U J

~._~

2 =

1 2 3 4 5 ~ Ze[f [min]

Abb. 1. Ermittlung des Kquivalenzpunktes

Kurvenast. Die Strecke vom Titrationsbeginn bis zu diesem Schnitt- punkt ist der vorgelegten Menge an S-Lost proportional. Das Be- stimmtheitsmaf~ der linearen Eichfunktion wurde fiir den Bereich 0--500 #g S-Lost zu 0,99 ermittelt. Da es sich um ein Absolutverfah- ren handelt, ist es zwar nicht notwendig, nach einer Eichkurve auszuwerten; wegen der beschr/inkten Haltbarkeit des Titrations- mittels jedoch zweckm~it~ig, mit einer bekannten hydrolysierten

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S-Lost-LSsung zu vergleichen. Wie Abb. 2 zeigt, ist nicht nur die Strecke bis zum Signalanstieg, sondern auch die Kurvenform yon der S-Lost-Menge abhfingig. Offenbar findet in gewissem Matge eine Konkurrenz zwischen hydrolysiertem S-Lost und Lurninol um das

t oa /...__. ojug

i~ s~ / ~_. /2ofJg so 2~ ~ u f J g

0 1 2 3 4 5 ~ Zeif[min]

Abb. 2. Kurvenform als Funktion der S-Lost-Menge

Hypobromit statt. Dies fiihrt dazu, daf~ bei h6heren S-Lost-Mengen ein Tell des Indikators vorzeitig verbraucht wird und/iuf~ert sich in einem flacheren Kurvenverlauf. Sowohl die Titrationsstrecke als auch die Peakh6he sind also eine Funktion der S-Lost-Menge, wobei die Auswertung nach dem erstgenannten Kriterium allerdings wesent- lich giinstiger ist.

Es wurde festgestellt, datg hydrolysiertes S-Lost und Hypobromit in iiquimolarem Verhfiltnis reagieren; diese St6chiometrie spricht fiir die Bildung des Sulfoxids. Ein Rechenbeispiel m6ge die Zusamrnen- h~inge verdeutlichen: 200 #g S-Lost entsprechend 1,26#Mol S-Lost verbrauchen 1,26#Mol OBr- bzw. 251#1 einer L6sung von 5.10 -3 Mol OBr-/l. Dies ergibt bei der Titrationsgeschwindigkeit 83,3/,l/rain und dem Papiervorschub 30 ram/rain eine Strecke bis zum )~quivalenzpunkt yon 90 ram; die Titration dauert also 3 rain.

Die Nachweisgrenze ~ liegt unter den angegebenen Bedingungen bei 5 #g S-Lost. Die Bestimmungsgrenze 5 wurde zu 25 #g S-Lost ermittelt.

Die Standardabweichung fiir 200 #g S-Lost betr~igt 4% (n=7). Damit l~it~t sich sagen, dat~ das hier vorgeschlagene Verfahren gegen- tiber den aus der Literatur bekannten 1-a Vorteile hinsichtlich Emp- findlichkeit bzw. Genauigkeit besitzt.

Zur Hydrolyse von S-Lost

Die Hydrolyse von S-Lost liefert Bis-(2-hydroxyethyl)-thioetherq Dieser Vorgang wurde n~iher untersucht, indem Ans~itze mit jeweils 200 #g S-Lost in 10 ml Wasser zu verschiedenen Zeiten nach Wasser-

23*

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352 u. Fritsche und A. K6nig:

Zugabe titriert wurden. Die Temperatur betrug 250 C. Abb. 3 zeigt, daf~ S-Lost selbst, bezogen auf die Konkurrenzreaktion des Lumi- nols, zu langsam reagiert. Daher mut~ der eigentlichen Analyse ein

Hydro[yse [%]

100-

g0"

60"

40"

20"

O

~

/ /

O O

, , , , , , , , ,

20 40 60 ~ Zs [min]

Abb. 3. Hydrolyse von 200#g S-Lost in 10 ml H20 als Funktion der Zeit. Die Meflpunkte entsprechen der jeweiligen Strecke bis zum Aquivalenzpunkt

Hydrolyseschritt vorangehen, welcher nach ca. 30 rain quantitativ abgeschlossen ist. Das Hydrolyseprodukt ist so stabil, daf~ man noch 30 h nach Hydrolyse praktisch die gleiche Titrationskurve erh~ilt wie nach 30 min.

Abhdngigs der Titration vom pH-Wert

Die Titrationskurve Mngt entscheidend vom pH-Wert ab, wie Abb. 4 zeigt. Die Alkalit~it von pH 9,1 ist fiir die Reaktion des

c

Ni5

~_~ c ~

&b

.~5-

l p H 12,0 pH 11,0

- ~ - p H t0,2

pH 9,1 i i

1 2 3 4 5 6 , Zei l [min]

Abb. 4. Titrationsverlauf fiir 100#g S-Lost als Funktion des pH-Wertes

Luminols mit Hypobromit zu niedrig. Bei pH 10,2 herrschen opti- male Bedingungen. Bei pH 11,1 ist kaum noch Verz6gerung des

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Lumineszenzanstiegs zu beobachten, da die Reaktion des hydroly- sierten S-Lost mit dem Hypobromit gegeniiber der Indikatorreaktion nicht mehr bevorzugt ist. Bei pH 12,0 setzt die Luminoloxydation sogleich bei Beginn der Hypobromit-Zugabe ein.

Stbrungen

Da das Verfahren darauf beruht, dat~ Hypobromit mit Bis-(2- hydroxyethyl)-thioether bei pH 10,2 schneller als mit dem Indikator Luminol reagiert, ist davon auszugehen, dai~ andere, leicht mit Hypobromit reagierende Verbindungen ebenfalls erfaf~t werden und somit die Bestimmung yon S-Lost st6ren.

Zusammenfassung

Luminometrische Titration yon S-Lost mit Natriumhypobromit

Ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung von S-Lost wird beschrieben. Nach Hydrolyse wird bei pH 10,2 unter Verwendung von Luminol als Indikator mit Natriumhypobromit titriert. Der Aquivalenzpunkt wird durch Chemilumineszenzmessung ermittelt. Die Nachweisgrenze liegt bei 5 #g S-Lost in 10 ml Probel6sung. Die Standardabweichung fiir 200/~g S-Lost betr~igt 4%.

Summary

Luminometrie Determination of Mustard with Sodiumhypobromite

A procedure is described for the determination of mustard gas after hydrolysis. At pH 10,2 sodium hypobromite as titrant and luminol as indi- cator are used. The equivalence point is determined by chemiluminescence measurement. The detection limit is 5/~g in 10 ml solution. The standard deviation for 200 #g mustard is 4 %.

Literatur

1 j. H. Northrop, Proc. Soc. Exptl. Biol. Med. 67, 15 (1948).

2 j. L. Leitch, J. Franklin Inst. 239, 334 (1945).

a V. E. Kinsey und W.M. Grant, Ind. Eng. Chem., Anal. Ed. 18, 794 (1946).

4 U. Fritsche, Mikrochim. Acta [Wien] 1980 II, 85.

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354 U. Fritsche et al.: Luminometrische Titration von S-Lost

5 0 . G. Koch und G.A. Koch-DediS, Handbuch der Spurenanalyse, 2. Aufl., Bd. 1, Berlin: Springer-Verlag. 1974. S. 20.

6 H. Mohler und H. Hartnagel, Helv. Chim. Acta 24, 564 (1941).

Korrespondenz und Sonderdrucke: Dr. Ulrich Fritsche, Fraunho~er- Institut fiir Toxikologie und Aerosolforschung, Grafschaft, D-5948 Schmallenberg, Bundesrepublik Deutschland.