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Heft | 5 Gute Seiten aus NordHessen · Sommer 2011 · 3 Euro Gute Seiten aus NordHessen · Sommer 2011 · 3 Euro Heft | 5 Reiche Region: Sonnige Plätze & sonnige Aussichten Reiche Region: Sonnige Plätze & sonnige Aussichten

Magazin aus der Mitte

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Heft | 5

Gute Seiten aus NordHessen · Sommer 2011 · 3 EuroGute Seiten aus NordHessen · Sommer 2011 · 3 Euro

Heft | 5

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Ungewollte Aktualität

EditoRiAl

» 79 sonnige Badeziele mit dem NVV entdecken!79 Schwimmbäder und Badeseen enthält der NVV-Freizeitführer „Sonnen & Baden“ – alle mit Bus & Bahn erreichbar. Erhältlich ab Mitte Mai in den NVV-Kundenzentren, -InfoPoints, Rathäusern, Jugendherber-gen und vielen Gaststätten. Infos unter www.nvv.de oder am ServiceTelefon 0180-234-0180*.

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1103 NVV AZ Mag Mitte Sonnen u Baden.indd 1 3/18/2011 1:23:59 PM

Irgendwann, es muss im Oktober vergangenen Jahres gewesen sein, da keimte die Idee, nach den Schwerpunktthemen Kunst, Wasser, Wandern und Märchen die Ausgabe Nr. 5 dieses Maga-zins der Sonne zu widmen. Neben lohnenswerten Ausflugszielen (Sonnige Plätze!) wollten wir zum Beispiel auch Orte vorstellen, die ihren gesamten Energiebedarf mit umweltfreundlicher Sonnen- und Windenergie decken und sich unabhängig machen wollen von konventionellen Kraftwerken. Sonnige Aussichten! Die Idee reifte dann schnell, zumal schon klar war, dass die Organisatoren des weltweit größten wissenschaftlichen Solarkongresses nicht Istanbul, nicht Neu Delhi und auch nicht Cancun, sondern Kassel als Veranstaltungsort auserwählt hatten. Warum? Ganz einfach: In Kas-sel und der Region gibt es eine außergewöhnliche Dichte von Know-how und wegweisenden Projekten in Sachen Sonnenenergie und anderen erneuerbaren Energiequellen. Und, keine Fra-ge: Die Lage ist einfach gut. Nun kommt dieses Magazin nicht mit einem Aktualitätsanspruch daher. Es will, wie die vier Ausgaben zuvor, vor allem zeitlose Schönheiten in dieser von Mutter Natur so verwöhnten Region beschreiben, die vielen Kulturschätze und andere imposante Sehenswürdigkeiten zei-gen. Im März dieses Jahres freilich bekam unser Schwerpunktthema eine ungeahnte, ungewollte und irgendwie schreckliche Aktualität. Nach dem Schock über die unfassbare Katastrophe in Japan, die zerstörerischen Naturgewalten und die folgenschweren Schäden an den Atommeilern diskutierten plötzlich alle über eine schnelle Energiewende und über Orte, die diese Wende längst eingeleitet hatten. Unsere Autoren beschreiben in diesem Heft solche wegweisenden, zukunftsträchtigen Pro-jekte in der Region, berichten auch über renommierte Forscher und deren revolutionären anmu-tenden Ideen und erzählen von autarken Inseln und „Sunnyboys“. Die Autoren, die in Nordhessen verwurzelt sind, verraten allerdings auch ihre Lieblingsplät-ze, an denen sie einfach nur in der Sonne sitzen, denken und träumen oder hören und staunen. Andere schwangen sich auf die bisher von ihnen verpönten E-Bikes, radelten durch die ganze Region, gingen dem Genuss nirgends aus dem Weg und lassen uns mit ihrem Bericht auch teil-haben an der neuen Leichtigkeit des Seins auf zwei Rädern. An einem sonnigen Wochenende. Wir erinnern abschließend an die Lektion, die schon der berühmte Alexander der Große, nach zahllosen Feldzügen Herrscher über ein Weltreich und über die Maßen wohlhabend, lernen musste. Er soll den Philosophen Diogenes, der in einer Tonne hauste, arm und einfach, gefragt haben, was er für ihn tun könne. Die Antwort des Diogenes’ ist legendär: „Du kannst mir aus der Sonne gehen!“

Anne Riedel

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3 Editorial

6 Sonnige Plätze Schöne Plätze zum Denken und Träumen, Hören und Staunen

14 Wo Sonne scheint, kommt der Arzt nicht hin Wie Sonnenlicht Körper und Seele stärken

16 Sonnige Aussichten Wo die Energiewende schon begonnen hat

23 Sonnige Aussichten II Von ausgezeichneten Modellprojekten und Sonnenpionieren

26 Der „Solar-Erfinder“ und die jungen Tüftler Solarbootfahrt auf dem Nil und Auszeichnung an der Spree

28 „… man muss es nur machen“ Interview über mit Prof. Dr. Jürgen Schmid, Leiter des IWES,

über Wege zu einer Energiewende

32 Die Üppigen und die Grazile Eva Maria Frey und ihre Frohnaturen

36 Märchenhafte Sonnen und verzauberte Prinzessinnen Die Sonne in Märchen und Sagen

38 Reisen & Radeln mit Rückenwind Von der Leichtigkeit des Radelns mit E-Bikes

44 Mach es wie die Sonnenuhr … Prunkuhren und andere Schätze

im Astronomisch Physikalischen Kabinett

47 Kunst, Knechte und Kurioses Besondere Museen in Nordhessen

48 Festspiele, Festivals, Feste Von Bach im Schloss bis zum Musikpicknick im Park

52 „CCB“, der Urknall und die d13 Über das organische Wachsen der documenta 13

56 Sunny Boys, autarke Inseln und sonnige Aussichten Vom atemberaubenden Aufstieg der SMA

60 Rätsel & Impressum

61 Städte und Karte der Region

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Sonnige Plätze Reisen & Radeln mit Rückenwind

Sonnige Aussichten Mach es wie die Sonnenuhr …

„… man muss es nur machen“

Festspiele, Festivals und Feste

Die Üppigen und die Grazile Sunny Boys, autarke Inseln und sonnige Aussichten

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Sonnige PlätzeVom Glück auf einer Bank im Park, dem atemberaubenden Blick von einem Berg, einem fabelhaften Platz zum Hören und Staunen oder dem erhabenen Gefühl auf einer Sonnenterrasse über dem Was-ser: Unsere Autoren Verena Joos, Ilona Lehnart, Anne Riedel, Juliane Sattler, Rainer Schumann, Anne Kathrin Stöber und Sabine Wilms beschreiben einige der schönsten sonnigen Plätze in der Region.

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Immer habe ich ein Ziel. Den Mulang überqueren und in den Berg-park Wilhelmshöhe hinein, vorbei an dem chinesischen Taschentuch-Baum, der mit seinen hängenden großen weißen Blättern fasziniert. Weiterlaufen, das Knirschen der Steine unter den Füßen im Sommer, das Rascheln des Laubes im Herbst, fast lautlos im Schnee. Vorbei an den großen Steinen, die aussehen, als habe ein Riese sie hier ab-gelegt, die leichte Biegung herum und dann auf die Zielgerade, fünf einfache Bänke stehen hier. Ich bevorzuge die Bank in der Nähe des Hügels. Das ist mein Sonnenplatz. Hinsetzen und auf den See schauen. Den Rücken an die Holzleh-ne drücken, das Gesicht in die Sonne halten. Aus dem Tal nach oben blicken, die Rückseite des Schlosses sieht trutzig aus, so weit weg, so geheimnisvoll. Von meiner Bank aus sehe ich zwischen den Bäumen die Silhouette der Löwenburg und wenn ich meinen Kopf ganz weit nach vorn beuge, ahne ich auch die Roseninsel. Was für ein schöner Platz zum Denken und Träumen. Hier auf dieser Bank wird man leicht zum Glückskind, das Leben ein Windhauch, sonnig wie der vor mir liegende See. Dieser Lac mit dem schicken französischen Namen entstand aus einem kleinen Fischteich und wurde in der Zeit zwischen 1785 und 1791 von Heinrich Christoph Wussow angelegt. Seitdem findet das Wasser seinen Weg, von den Wasserkünsten im Fontänenteich her-kommend über die künstlich angelegten Wasserfälle zum Schlossteich. Damals fuhr die fürstliche Familie mit Prunkbooten auf dem Schloss- teich. Heute schwimmen hier Schwäne, Enten und Blässhühner. Auf dem Wasser weben die Seerosen große Teppiche und dort, wo die steinernen Treppen ins Wasser führen, sitzen die Menschen mit ihren Tüten voller Brotreste zum Füttern. Zuweilen ist meine Lieblingsbank am Schlossteich umlagert. Denn auch die Waschbären haben hier ihre Heimat gefunden. Kame-ras klicken, wenn die possierlichen Gesellen mit Knopfaugen über den Weg springen, in Windeseile die Baumstämme hochklettern. Sie zau- bern ein Lächeln in die Gesichter der Menschen, so einfach ist das. Auf der Bank am Lac sitzend, zieht die Welt an mir vorbei, ein ganzer Kosmos. Die Mütter mit ihren Kinderwagen, die Senioren mit betulichen Schritten, die Berufstätigen, die kurz ein wenig Luft schnappen wollen, die Sportler, sie alle sind Lac-Läufer. Und wenn die Sonne anfängt zu sinken, die Schatten den Schlossteich erreichen und es kühl wird auf der Bank, kann man immer noch zum altehrwür-digen Schlosscafé rüberlaufen. Hier auf der Terrasse, die in diesem Sommer wieder eröffnet werden soll, gibt es dann immer noch einen Sonnenplatz und einen Cappuccino. www.museum-kassel.de, www.kassel-marketing.de

Frühmorgens gelangen wir zum Aussichtspunkt „Kalbe“, einer Felsklippe am Osthang des Bergmassivs, gelegen auf stattlichen 718 Metern Höhe. Dem Frühnebel ist klare Sicht gefolgt, aber noch bleibt die Sonne verhalten. Unter uns, in relativer Nahsicht, Dächer der

Meißnerdörfer: rote Punkte im Grün der Landschaft. Weit dahinter, in verblauender Ferne, sanfte Bergzüge. Ausläufer des Thüringer Waldes, vermuten einige, während andere, den Blick nach Norden ge-wendet, vermeinen, im glasigen Sonnenlicht die Ausläufer des Harzes zu erblicken. In westlicher Richtung setzen wir unsere Wanderung fort. Dem Farbenspiel der sonnigen Ebene weichen die Schattenzonen des Waldes. Die Sonne steht nun höher und im Gegenlicht hebt sich die umgebende Natur in schwarzen, scharfen Linien gegen das helle Fir-mament ab. „Giotto!“, sagt da einer und blickt, wie zur Bestätigung seiner plötzlichen Eingebung in die Runde. Ja, fährt er fort, die-ser Künstler der italienischen Frührenaissance habe erstmals um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert das vom wechselnden Lichtein-fall abhängige Farbenspiel in der Natur malerisch umgesetzt: schwarz im Gegenlicht, buntfarbig, sobald Licht auf Bäume, Wiesen, Felder und Blumen fällt. Und als wollte sich die Sonne einen Spaß machen, kommt sie un-vermittelt hinter einer Wolkenbank hervor und verwandelt die vor uns liegende, von Eichen, Buchen und Ebereschen umsäumte Lichtung in eine satte, polychrome Farbsymphonie. Eine Jause ist angesagt. Rucksäcke werden geöffnet, Wurstbrote und Thermosflaschen ausgepackt. Wohlig, die Stille. Plötzlich die Stimme unseres jungen Freundes, Student der Physik: „Also, physika-lisch gesehen ist Licht eine Form von Energie, die sich in transversa-len Wellen durch den Raum fortpflanzt …“ – „Ach!“ www.naturpark-mkw.de

Setz’ dich auf die Treppe in die Morgensonne, schau übers Land. Links von dir die Burgkapelle, rechts von dir der alte Bergfried. Dessen Ruine wirft bald den Schatten auf deinen Sonnenplatz. Komm also früh hierher und genieß die Morgensonne, bis sie weiter wandert. Spüre die Ruhe in der Wärme der Sonne. Stell dir vor, wie es hier war auf dieser Basaltkuppe im Jahr 1298. Die Burg Herzberg war gerade fertig gebaut, hatte alles, was eine gute, wehrhafte Burg auszeichnet: Zugbrücke, Wehrgänge, Rüstkam-mern, Schanzen mit Kanonen, Rittersaal, Wohnturm, Gerichts- und Gefängnisturm, Pulverturm, Rüstkammern, einen unterirdischen Gang zu einem Hof. Manches hiervon kann man noch sehen. Klar, es ist alt, aber es beflügelt die Fantasie. Stell Dir also vor, wie es war im Sternerkrieg, im Dreißigjährigen Krieg, im Siebenjährigen Krieg. Die hohe Burg war strategisch bedeutungsvoll. Hier tobte und hier starb das Leben. Lange vorbei. Jetzt sitzt du hier auf Hessens höchster Höhenburg, über 700 Jahre alt, zwischen Kapelle und Bergfried, schaust auf den Wald des Knüllgebirges, das hier ausläuft. Es ist ruhig und fried-lich. Na ja, manchmal hörst du ein Auto, das unten auf der Straße vorbeiährt. Oder einen Trecker. Den Lärm von heute eben, keinen Schlachtenlärm.

Denken und träumen am Lac

Farbsymphonie am Hohen Meißner

Frieden am Bergfried auf Burg Herzberg

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Nun genießt du die Sonne und die Ruhe auf der alten Treppe. Nur manchmal wird es hier oben laut. Zum Beispiel im Juli, wenn ein großes Ritterturnier ausgetragen wird, es eine Schlacht um die Burg gibt und einen mittelalterlichen Markt mit Händlern, Gauklern, Mu-sikanten und Garküchen. Oder wenn, ebenfalls im Juli, die Massen zum Burg Herzberg Festival strömen, dem ältesten deutschen Hippie-Open-Air-Spektakel, dem größten seiner Art in Europa. Die Bands kommen aus aller Welt. Anfangs fand es oben auf der Burg statt; ständig steigender Popularität folgte eine Verlagerung ins Tal.www.burgherzberg.festival.de, www.ritterspiele-burg-herzberg.de

Am Westhang des Kaufunger Waldes trifft der Wanderer auf ein Na-turphänomen, das in unseren Breitengraden ungewöhnlich ist: Zwischen einheimischem Baumbestand wächst da eine Gruppe exotischer Riesen-bäume himmelwärts in die Höhe. Obgleich die Fremdlinge nach Kennt-nis gewissenhafter Botaniker kaum älter als zweihundert Jahre alt sein können und möglicherweise als Setzlinge von Übersee ins Nordhessische gelangten – vielleicht für den Wilhelmshöher Park, wo ihre Riesenhaftig-keit freilich die empfindsamen Proportionen gesprengt hätte –, empfand der Volksmund die Erklärung als allzu prosaisch und brachte statt dessen den Teufel ins Spiel. Was naturgemäß aufregender ist.

So soll sich ein böser Welfenherzog einst, vor vielen Hundert Jahren, mit der finsteren Absicht getragen haben, die Burg Sen-senstein zu schleifen, wozu er sich der Hilfe des Teufels versicher-te. Doch wo Gottes Wille wirkt, kann eine solche Rechnung nicht aufgehen. Der Satan scheiterte erbärmlich und die gewaltigen Rie-sen, die der böse Herzog des Nachts in den Wald geschickt hatte, um die Burg zu erstürmen, wurden von einem lieben Waldgeist entdeckt. Der hob seinen Zauberstab und verwandelte die Riesen in Bäume. Ganz in der Nähe, im Eingangsbereich der Jugendburg Sensen-stein, beflügelt ein über vier Meter hoher Riese aus Metall, 2004 von dem österreichischen Künstler Prof. Robert Colnago geschaffen, die Fantasie. Der Wanderer, tief beeindruckt, schlägt den Weg zur Sonnenter-rasse der nahegelegenen Königsalm oberhalb von Nieste ein, ein schäumendes Bier und eine deftige Brotzeit im Sinn, im Ohr aber ein sonderbares Wispern und Raunen, das er sich nicht erklären kann.www.nieste-online.de, www.kassel-land.de

Zu Gast in Bad Wildungen sein, das bedeutet meistens: zur Kur sein. Rehabilitation, Anwendungen, Auszeit, zu Kräften kommen. Essen,

trinken, schlafen, durch Europas größten Kurpark spazieren. Die Blicke schweifen lassen. Und dann sehe ich ihn – den Schlossturm, hoch oben am Berg. „Ja, Schloss Friedrichstein; wunderbar!“, werden abends die Tischnachbarn schwärmen. Sie sind schon länger hier, haben es bereits geschafft, den Schlossberg erklommen. Das will ich auch. Nachts ist das Schloss erleuchtet und strahlt verführerisch in die Dunkelheit. Vorerst treibt mich der Fitnesstrainer morgens durch den Park. Das Schloss noch in weiter Ferne, so nah! Dann, eines Tages, packe ich meinen Rucksack und habe ein festes Ziel: oben ankom-men, in der Sonne sitzen und den Kurpark zu meinen Füßen sehen. Mit gesenktem Kopf stiefele ich den Schlossberg hinauf und mit jedem Schritt verschwinden Park und Kurklinik ein Stückchen mehr. Ich keuche wie ein Marathonläufer, aber ich komme oben an. Stolz. Und fürstlich werde ich belohnt: Es empfängt mich nicht nur das prächtige Barockschloss, sondern auch ein einzigartiger Sonnenplatz. Die Terrasse mit Aussicht weit ins Wildunger Umland. Zwischen hier und dem Himmel nur strahlende Sonne; hier kann man mit den Augen fliegen, über Wälder und rote Hausdächer. Und wenn es nur in Gedanken ist – ein winziges „Prost“ muss man ihm nun einfach zurufen, dem Grafen Friedrich Anton Ulrich von Waldeck! Denn er war es, der anno 1707 das Barockschloss um diese Terrasse erweitern ließ. Dort oben über Bad Wildungen kann man nicht nur Kaffee trinken und die Kur vergessen, sondern auch fürstlich feiern. Oder eben auf der himmelsnahen Terrasse den Blick in die Ferne schweifen lassen.www.bad-wildungen.de

Die mächtige Stiftskirche lässt sich ein wenig hängen. Seit 250 Jahren fristet sie ihr Dasein – immerhin als größte romanische Kir-chenruine der Welt. Mitten im siebenjährigen Krieg, 1761, wird sie zerstört. Heute sprießt unmittelbar neben den alten Mauern grünes Gras aus dem harten Boden. Dort in der Nähe laden drei Bänke zum Ausruhen ein. Wenn man dann dort sitzt, na – dann ist die Welt eben ganz und gar in Ordnung. Ein wenig Stadtlärm hört man von fern, in der Ruine deklamieren Schauspieler ihre Texte. Tagsüber wird dort für die Fest-spiele geprobt. Manchmal klingt Musik durch die Mauern. Klassische Töne. Opernprobe. Niemand auf der Bank darf sich wundern, wenn seltsame Ge-stalten vorbeiziehen: Zauberer in magischen Kostümen, Soldaten in mittelalterlichen Uniformen. Selbst Doktor Faust wurde dort schon gesehen, wie er mit seinem Gretchen flirtet, eine Zigarette in der Hand. Schauspieler, Sänger, Musiker und Tänzer nehmen den kurzen Weg über den Rasen, um von der Bühne in der Stiftsruine hinüber zur Kantine zu kommen. Am frühen Abend geht ein leichter Ruck durch die Ruine. Dann steht sie wieder grade da – wie eine allerdings beschädigte „Eins“. Die Vorstellung beginnt. Jetzt bleiben die Bänke draußen am Rande des Rasens leer ...

Wirklich? Nicht immer. Manchmal sitzen dort auch Menschen, wenn die Sonne bereits untergegangen ist. Meist mit aufmerksamen Gesichtern, ein wenig angespannt lauschend. Es sind Besucher der Festspiele. Sie sehen zwar nichts, aber sie hören alles. Das kann auch amüsant sein. Und kostet nichts ... www.bad-hersfeld.de

Nein, sagen wir. Es war kein Fehler, bei diesem gemischten Wetter herzukommen. Fliegende Wolken; die dicke Jacke ist nötig. Dafür haben wir ohne Mühe dort einen Parkplatz ergattert, wo sich sonst Busse drängen. Wir haben die Burg Waldeck mit Muße erkunden dür-fen und niemand kam uns in die Quere. Es ist die Burg der Grafen von Waldeck, 1120 erstmals urkundlich erwähnt, Festung, Kaserne, Zuchthaus, Burgbrunnen und Gefängnis-museum und ein Pranger mit Halseisen … Wir haben das Knattern der Burgfahnen im Ohr und die Haare fliegen im Wind, als wir von der Aussichtsterrasse über den Edersee blicken. So schön vernebelt und melancholisch und fern der Welt, wie dieser Flecken Erde im vergangenen Winter in einem Tatort gezeigt wurde, sehen wir ihn eben gerade jetzt auch, den Edersee. 27 Kilo-meter lang, direkt vor der Nase, noch verzaubert in Grau.

Bei den Niester Riesen

Mit den Augen fliegen vom Schloss Friedrichstein

Hören und Staunen vor der Stiftsruine

Fern der Welt auf Burg Waldeck

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Das Wetter bleibt hinter Glas, als wir einen Latte macchiato trinken und vom Kaffeetisch in 200 Metern Höhe aus noch einmal nachvoll-ziehen, wo wir gewandert sind. Dort drüben, das alles gehört zum Nationalpark Kellerwald! Da haben wir den Urwaldsteig erkundet und uns vom Knorreichenwald verzaubern lassen. Und da hinten, riesige Sperrmauer, der schimmernde See, die weiten Hügel! Der Kaffee ist getrunken, wir gehen noch einen Moment auf die Terrasse, die „Altane“. Die Wolkendecke reißt auf und lässt die Son-nenstrahlen zu uns. Was für ein Juwel, dieser Platz! www.edersee.com

Ein Teich, in dem Jahrhunderte versunken scheinen. Spurlos. Rosen bewachen ein Ufer. Buntes Laub fällt auf den kleinen Tümpel mit sei-

nem dunklen Wasser unter der grünen Grütze. Ein Platz zum Träumen im Garten des Klosters Haydau. Das Kloster gründet sich – mit Brief und Siegel – im Jahre 1234. Es waren Zisterzienserinnen, die hier ihren frommen Dienst versahen. Fast dreihundert Jahre lang. 1527 nahm die Reformation den Nonnen das Kloster weg. Der damalige hessische Landgraf suchte dringend ein Jagdschloss in dieser Gegend. Jetzt hatte er eins. Ein hübsches, sonniges Plätzchen, das er für seine Zwecke zurechtbauen ließ. Heute entwickelt sich Kloster Haydau immer mehr zu einem so-zialen und kulturellen Mittelpunkt. Morschens Rathaus findet sich in den alten Mauern, in denen auch wissenschaftliche Seminare und Tagungen angeboten werden. Und die Kunst erobert das Kloster. Zum ersten Mal stehen die „Passionsspiele“ über das Leben und Sterben Jesu im Jahre 2009 auf dem Programm. Mehr als 3.000 Zuschau-

er strömen in die stets ausverkauften Vorstellungen. 2014 soll die Passion wiederholt werden. Siebenmal hat es bislang die Haydauer Filmtage gegeben. Immer im September. Dann zeigen Studenten der Kunsthochschule Kassel Filme, die sie erdacht und gedreht haben. Wenn am kleinen Teich beim Träumen auch unserer Fantasie Flügel gewachsen sind, dann gehen wir hinüber, in das alte Forst-amt, das schon bei den Gästen des damaligen Jagdschlosses Haydau einen exzellenten Ruf hatte. Dort werden wir dem Genuss nicht aus dem Wege gehen; im feinen Restaurant oder bei gutem Wetter draußen im Biergarten.www.kloster-haydau.de

838 Meter ragt der Ettelsberg, Willingens Hausberg, in den Sauer-länder Himmel hinein. Für weitere 59 Meter und eine Rekordmarke sorgt der Hochheideturm, eine lichtgraue achteckige Konstruktion aus Stahl, Beton und Glas: Auf 875 Meter ü. NN ist seine Plattform der höchste Aussichtspunkt weit und breit. Der Panoramablick, vor dem das Erklimmen von 241 Treppenstu-fen oder eine Aufzugsfahrt steht, ist atemberaubend: Ganz links sieht man den Astenturm, daneben die Hunau, in einer Tannenfalte die Kli-nik Brilon Wald, schräg dahinter die Windräder von Paderborn, rechts einen Zipfel Edersee: Die Bergwelt Willingens, des Hochsauerlands, des Waldecker Landes, bei schönen Wetter gar weit darüber hinaus, sie alle grüßen, von nah und fern, „aus lieblicher Bläue“. Wir steigen vom luftigen Ort wieder hinab und machen uns ent-weder auf einen aussichtsreichen Rundweg über die Dammkrone – oder aber zu „Siggis Hütte“, wenige Schritte von der Bergstation entfernt. Vorschlag eins beinhaltet typische Heidevegetation und einen zauberhaft verträumten Bergsee, Vorschlag zwei „brennenden Hüttengeist“ und Erbsensuppe im Bierseidel. Die Geschmäcker sind eben verschieden ... www.willingen.de

Müsste ich jemanden für Nordhessen begeistern, dann wüsste ich ein Zaubermittel: Ich wanderte mit ihm am Dörnberg. So, wie ich es mit Freunden, den Kindern und mit allen mache, die Lust auf Natur, Luft und Sonne haben. Die dem ersten Frühlingssehnen nach Grün und Licht nachgeben. Oder im Herbst den grauen Stadthimmel vergessen. Hier ist Sicht über freie Kuppen und weites Land.

Als die Kinderbeine noch kurz waren, begnügten wir uns mit Ausflügen zu den Helfensteinen. Bizarre Felsen aus Basalt zwi-schen Hohem und Kleinen Dörnberg, die verführerisch aufragen, die Kleinen zum Klettern rufen und in deren Windschatten wir, die Erwachsenen, auf Wolldecken die erste Frühjahrssonne genossen. Oder damals, Ostern! Wir wollten unbedingt laufen, aber – wie so oft hier oben – es pfiff uns der Wind gehörig um die Ohren; nicht umsonst treffen sich hier die Segelflieger. Mit Kapuze und Schal trotzten wir dem einsetzenden Schneetreiben, ließen uns auf dem Alpenpfad durchpusten, der mit seinen Wacholderbüschen und dem Magerrasen an voralpine Landschaft erinnert. Und heute? Es gibt kein Vierteljahr, in dem wir nicht einmal hierher kommen, die Runde um die sagenhafte Wichtelkirche zum Kult-Ort Hohlestein machen, am Aufstieg zum Hohen Dörnberg tief schnaufen, aber dann von der Ringwallanlage aus einen wunderbaren Rundblick über Kassel und Herkules, Weimar, Ahnatal, Fürstenwald, den Habichtswald und den Reinhardswald genießen. Oft landen wir zum Schluss am Bergcafé Friedrichstein, auf der sonnigen Holzterras-se vorm Haus. Wir strecken die Füße weit von uns und strahlen die Hügel vor uns an. Und beim Sonnenuntergangs-Bier wird schon die nächste Dörnberg-Tour geplant: Wir wollen uns endlich mal mit sei-ner frühesten Besiedlung in der Eisenzeit befassen. Denn er ist voller Geschichte und Geheimnisse, dieser Dörnberg. www.kassel-land.de

Der Herkules genießt hoch oben eine göttliche Aussicht. Siebzig Meter weiter unten, auf der Terrasse vor dem Oktogon, können wir Sterb-lichen es dem sagenhaften Sohn von Jupiter und Alkmene gleichtun – gesetzt den Fall, die Sonne meint es gut. Unser Blick fällt zunächst über die Kaskaden und Schloss Wilhelmshöhe auf die Wilhelmshöher Allee, jene Verkehrsader, die pfeilgerade in die Innenstadt zielt, ehe sie an der Krümmung beim Brüder-Grimm-Platz ihren Namen einbüßt und unsichtbar wird. Zeit, das Auge in die Ferne schweifen zu lassen. Da ist der Reinhardswald zu erkennen, der Hohe Hagen mit dem Gaußturm, der Kaufunger Wald, der Hohe Meißner, die Söhre. Bei „Kaiserwetter“ sieht man gar den Brocken im Harz. Und wenn wir uns sattgesehen haben an diesem erhabenen Platz, dann lassen wir uns auf der benach-barten Restaurant-Terrasse nieder, bestellen uns einen Kaffee und ein unbeschreibliches Glücksgefühl überkommt uns.www.museum-kassel.de, www.kassel-marketing.de Foto: Teich im Garten des Klosters Haydau

Ein Platz zum Träumen im Kloster HaydauGrüße aus „lieblicher Bläue“ am Ettelsberg

Licht und Sicht am Dörnberg

Göttliche Aussicht am Herkules

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Ein mächtiger Impuls erfasst uns im Frühling: Wir möchten raus in die Sonne, nichts hält uns! Diese enorme Sehnsucht nach Wärme und Licht ist keine moderne Marotte, sie entspringt einem mensch-

lichen Ur-Instinkt. Nicht ohne Grund wur-de das zentrale Gestirn am Himmel jahr-tausendelang als Gottheit verehrt: Wir brauchen die Sonne, ohne sie könnten wir nicht leben. Denn sie hält den Körper und die Seele gesund. Sie fördert unser Wohl-befinden und auch manchen Heilungspro-zess. Obendrein synchronisiert sie unsere

innere Uhr und steuert den Rhythmus von Schlafen und Wachen. Herrlich, wie sich dank der Sonne al-lein unser Auge freut: Erst durch den hel-len Scheinwerfer am Himmel können wir die Natur überhaupt in allen ihren leuch- tenden Farben wahrnehmen. Denn im Som- mer strahlt der große gelbe Ball 20 Mal

stärker als in den Wintermonaten. Und, wer wüsste das nicht: Wenn die Sonne lacht, lacht das Herz gleich mit. Wir fühlen uns beschwingt und wir entspannen uns in der Wärme. Forscher haben inzwischen herausge-funden, wie die wohltuende Wirkung des Sonnenlichts auf Körper und Seele zustande kommt. Die Strahlen regen die Herstellung eines Hormons im Gehirn an, das für gute Laune sorgt. Mediziner setzen den Stim-mungsaufheller und Glücklichmacher Sonne heute sogar therapeutisch ein. Etwa bei seelischen Erkrankungen. So haben Studi-en gezeigt, dass ein täglicher, einstündiger Mittagsspaziergang die Heilung depressiver Verstimmungen unterstützt – und ganz ne-benbei noch das Herz stärkt. Auch soge-nannte Winterdepressionen lassen sich mit sehr hellen, 10.000 Lux starken Speziallam-pen oft gut behandeln.

Unser Organismus braucht die UV-B-Strahlen der Sonne zudem, um Vitamin D herzustellen – eine lebenswichtige Sub-stanz, die für gesunde Knochen sorgt. Vita-min D schützt Kinder vor Rachitis und ältere Menschen vor Osteoporose. Und es kann noch mehr: Es senkt das Risiko, an Multipler Sklerose, Diabetes, Rheuma oder Asthma zu erkranken. Kein Wunder also, dass ein altes deutsches Sprichwort sagt: „Wo die Sonne scheint, kommt der Arzt nicht hin.“ Diese gesundheitsförderlichen Effekte sind jedoch kein Grund dafür, exzessiv in der Mittelmeer-Sonne zu braten – da sind sich die Mediziner einig. Denn so nützlich die UV-B-Strahlen sind, im Übermaß lösen sie Sonnenbrand aus, schädigen dabei Zellkerne und können so Hautkrebs Vorschub leisten. Die Schwesterstrahlen vom Typ UV-A sind auch nicht viel besser: Die machen früher alt, bescheren uns vorzeitig faltige und

fleckige Haut. Ein guter Grund, lange Son-nenbäder zu vermeiden und empfindliche Hautpartien in der Mittagshitze zu bede-cken. Denn es ist zwar aus gesundheitlichen Gründen nicht nötig, wie ein Käsemännchen herumzulaufen – aber wie eine Backpflaume wollen wir später auch nicht aussehen. Wie also findet man ein gutes, gesun-des Maß? Ganz einfach, es genügt, zweierlei zu wissen: Um genug Vitamin D zu bilden, reicht es, Hände und Gesicht unbedeckt zu lassen. Und: Nach 20 Minuten hört der Kör-per mit der Vitaminherstellung auf. Wer also mittags vor der Kasseler Orangerie, auf der Terrasse der Sababurg, dem Marktplatz von Fritzlar oder einem anderen schönen Platz 20 Minuten lang draußen einen Espresso genießt und ein paar Schritte zu Fuß zu-rücklegt, befindet sich auf der sicheren – und noch dazu sonnigen – Seite.

Corinna Schoeps

„Wo die Sonne scheint, kommt der Arzt nicht hin“Wie Sonnenlicht Körper und Seele stärkt

Wär nicht das Auge sonnenhaft, die Sonne könnt es nie erblicken. Läg nicht in uns des Gottes eigne Kraft,Wie könnt uns Göttliches entzücken? Johann Wolfgang von Goethe, Zahme Xenien

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Die Sonne lacht sogar auf dem Güllebehäl-ter. Farbenfroh haben Kinder den Betonbot-tich am Ortsrand von Heinebach angepin-selt. Regenbogen sind zu sehen, fröhliche Menschen, Blumen – und immer wieder die Sonne. Mindestens zehn Mal strahlt sie von der ehemals grauen Wand. Sie hat viel zu tun in dem Dorf im mittleren Fuldatal: Wer den Blick von den Kinderbildern abwendet, sieht Solaranlagen allüberall. Große Parks und Dä-cher, die fast vollständig unter Sonnenkol-lektoren verschwinden, genauso wie kleine Anlagen auf Privathäusern. Heinebach ist der größte Ortsteil von Al-heim – einer 5.300 Einwohner zählenden Ge-meinde im Kreis Hersfeld-Rotenburg, die sich bundesweit als „Solarkommune“ einen Namen gemacht hat. Mehr als 170 Photovoltaikanlagen haben die Alheimer bereits auf ihren privaten Dächern installiert und erzeugen damit alljähr-lich rund 2,9 Millionen Kilowattstunden saubere Energie. Noch einmal dieselbe Menge kommt durch vier große, bürgerfinanzierte Solar-Parks mit sogenannten Nachführanlagen hinzu.

Zu Dutzenden stehen die Kollektoren auf stählernen Stelen und folgen stets dem Lauf der Sonne. Immer dorthin drehen sie sich, wo es am hellsten ist – wie die Blät-ter und Knospen einer Sonnenblume.

Und darunter kann weiter das Leben to-ben. Zumindest scharrt und gackert es. Wer von Süden auf der Bundesstraße nach Hei-

Sonnige AussichtenVon Joachim F. Tornau

In Sachen erneuerbare Energien sind die Nordhessen außerordent-lich engagiert und aktiv: Hier wach-sen Solarbäume in den Himmel, hier drehen sich auf vielen Bergen Windräder, hier rauscht Wasser durch Turbinenanlagen.

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nebach kommt, wird von einem Wald aus 69 aufgeständerten Solaranlagen begrüßt, der sich beim Näherkommen als ausgesprochen tierreich erweist: Unter den Baumwipfeln aus Sonnenkollektoren tummeln sich in einem Freiluftgehege unzählige weiße und brau-ne Hennen – und legen, passend zum Öko-Strom, Bio-Eier. „In Alheim wachsen die Solarbäume in den Himmel“, schrieb hübsch doppelsin-nig die FAZ. Denn die Sonne trägt nicht nur entscheidend dazu bei, dass in der Ge-meinde schon heute weit mehr Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird, als die privaten Haushalte aller zehn Ortsteile verbrauchen können. Sie hat auch 250 Ar-beitsplätze im Dorf geschaffen und lässt die Gewerbesteuer derart sprudeln, dass man sich über Schuldenmachen im Rathaus der-zeit nicht den Kopf zerbrechen muss. Der Grund dafür steht als „Kompetenz-zentrum Erneuerbare Energien“ unüberseh-bar gleich neben dem kleinen Bahnhof von Heinebach: Aus einem kleinen Elektrobe-trieb, der 1991 gegründet wurde, entstand mit der Kirchner Solar Group ein interna-tional führender Unternehmensverbund, der bereits mehr als 5.500 Photovoltaikanlagen und Solarparks weltweit realisiert hat – nicht zuletzt diejenigen in Alheim selbst. Wenige Hundert Meter vom Eingang ent-fernt beginnt seit einem Jahr ein „Energie-lehrpfad“, den die Gemeinde Alheim zusam-men mit ihren südlichen Fuldatalnachbarn Rotenburg und Bebra eingerichtet hat: Auf einer Strecke von 19 Kilometern informie-ren zwölf Tafeln über all das, was die drei Kommunen in Sachen regenerativer Ener-gien schon Beachtliches zustande gebracht haben – Lernen im Vorbeigehen. Oder ein-facher noch: im Vorbeifahren: Die Route liegt auf dem beliebten Radfernweg durch das Tal der Fulda. Erneuerbare Energien als Jobmotor: Was in Alheim gelang, ist in Nordhessen keine Ausnahme. Nach einer Studie der Universi-tät Kassel verdienen in der Region derzeit mehr als 14.000 Menschen ihr Geld in der Branche der dezentralen Energie- und Effi-zienztechnologien – nicht nur in der Pro-

duktion von Solar- und Windkraftanlagen, son- dern auch in Planungs-büros oder bei der en-ergetischen Gebäude- sanierung. Tendenz: wei- ter steigend. Der Boom der regene- rativen Energien wirft aber auch neue Probleme auf. Jahrzehntelang waren Stromleitungen Einbahn- straßen: Es ging allein darum, die zumeist ir-gendwo in der Ferne erzeugte Energie zu den Verbrauchern in

Haushalten und

Industrie zu transportieren. Heute müssen die Netze aber auch in der Gegenrichtung funktionieren, weil durch die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien immer mehr Strom lokal erzeugt und eingespeist wird – aus unzähligen Quellen und in schwanken-den Mengen: Wie viel die Leitungen aufneh-men müssen, hängt vom Wetter genauso ab wie von der Tageszeit. Eine Herausforderung für die alten Netze der Stromversorger. Doch auch daran wird in Nordhessen gearbeitet. Rund 25 Kilometer nordwestlich von Al-heim liegt das Fachwerkstädtchen Felsberg. Auf eine über 900-jährige Geschichte kann die Kleinstadt im Schwalm-Eder-Kreis

zurückblicken. Zu Füßen der hochaufra-genden Felsburg – einer von drei mittelalter-lichen Festungsruinen auf dem Stadtgebiet – drängt sich im Rund der historische Stadt-kern zusammen.

Felsberg ist ein Ort mit Vergangenheit, der sich jetzt auf den Weg in die Zukunft gemacht hat.

Langfristig soll auch hier der gesamte Strombedarf mithilfe von Sonne, Wind, Was-ser, Erdwärme und Biomasse gedeckt wer-den; mehr als die Hälfte des verbrauchten Stroms wird auch heute schon umwelt-freundlich und lokal gewonnen. Und: In Felsberg soll in den nächs-ten Jahren ausprobiert werden, wie das Stromnetz der Zukunft aussehen muss. „Smart Grid“ heißt die Zauber-

formel: Das Netz soll „denken“ ler-nen, soll Erzeugung und Verbrauch

von Energie intelligent steuern können – damit beispiels-

weise Waschmaschinen vor allem dann laufen, wenn die Sonne scheint und der Wind weht. In einem Wettbewerb, der vom Ener- gieversorger und Netz-betreiber E.ON Mitte zu- sammen mit dem nord-hessischen Kompetenz- netzwerk Dezentrale Ener-

gietechnologien (deE-Net) ausgerichtet

wurde, setzte

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sich die 11.000-Einwohner-Stadt dafür als „ideale Testumgebung“ gegen 26 an-dere Kommunen durch. Neben geeigneten technischen Voraussetzungen und einer ty-pischen Netzstruktur gab das besondere En-gagement von Verwaltung, Wirtschaft und Bevölkerung den Ausschlag. Denn ohne eine aktive Beteiligung der Bürger, das wissen alle kommunalen nordhessischen Energiepi-oniere, kann der Weg zur energieeffizienten Kommune nur in der Sackgasse enden. Überall setzt man daher auf Aufklärung, auf Einsicht, auf „Domino-Effekte“. Sobald die ersten Menschen positive Erfahrungen etwa mit Solarthermie-Anlagen zur Warm-wasserbereitung gesammelt hätten, werden ihre Nachbarn, so hofft man, dem Beispiel folgen. Zumal steigende Energiekosten die Investition ins Sparen auch wirtschaftlich immer interessanter machen. In Lohfelden – einer 14.000-Einwohner-Gemeinde im Speckgürtel von Kassel – ver-sucht man es auch mit finanziellen Anrei-zen. Photovoltaikanlagen werden seit vier Jahren, anders als früher, nur noch dann aus kommunalen Mitteln bezuschusst, wenn das Haus zuvor energetisch saniert wurde: Auch Ökostrom soll ja nicht verschwendet werden. Deshalb gibt es jetzt auch Geld für Dämmmaßnahmen oder Isolierglasfenster –

und die Höhe des Zuschusses richtet sich nach der Menge der eingesparten Energie. Seit 2007 haben rund 150 Hausbesitzer von dem Angebot Gebrauch gemacht. Die vor zwei Jahren eröffnete Gemein-debücherei im Zentrum von Lohfelden ist ein Blickfang.

In allen Farben des Regenbogens erstrah-len die Lamellen, mit denen die Glasfront der Bücherei verkleidet ist.

Ein architektonisches Schmuckstück. Aber nicht nur das. Auf dem Dach hat die Gemeinde eine Photovoltaikanlage installiert – ebenso wie auf der angrenzenden Gesamt-schule und auf der Tribüne des Stadions. Um Rathaus, Bürgerhaus und Grundschule schon bald kohlendioxidneutral beheizen und gleichzeitig grünen Strom ins Netz einspei-sen zu können, werden derzeit drei Block-heizkraftwerke gebaut, die von einer neuen Vergärungsanlage am Ortsrand mit Biogas versorgt werden. Und im Neubaugebiet Lin-denberg soll eine Siedlung aus Passivhäusern entstehen – aus Energiesparhäusern also, die ohne klassische Heizung auskommen. Es sind die ersten Schritte hin zu einem großen Ziel: Bis zum Jahr 2030 will Lohfelden seinen Ausstoß von Kohlendioxid (CO

2) auf

Null senken – private Haushalte, Betriebe und Verkehr inklusive. Eine Vorgabe, auf die sich die Weltpolitik bislang nicht einigen konnte. Die aber dringend notwendig wäre, um den Klimawandel zu stoppen.

Vor den Lohfeldenern liegt noch ein lan-ger Weg. Doch um zu erleben, dass die Energiewende tatsächlich gelingen kann, müssen sie gar nicht weit reisen – gerade einmal 40 Kilometer nach Norden nämlich.

Seit mehr als 700 Jahren thront auf einem Sandsteinfelsen über dem Tal der Diemel die Trendelburg. Von den Zinnen der gut erhal-tenen Festungsanlage mit ihrem mächtigen Bergfried bietet sich ein prächtiger Ausblick weit hinaus über die geschwungenen Hügel des Umlands und tief hinab auf die Dächer der Kleinstadt, die der Burg ihren Namen verdankt.

Am Horizont drehen sich Windräder und unten im Tal werfen Solaranlagen die Strahlen der Mittagssonne als helles Glei-ßen zurück.

Rund 5.400 Menschen leben in der Klein-stadt im Kreis Kassel mit ihren acht Ortstei-len. Nicht nur ihr privater, sondern auch der gesamte gewerbliche Energiebedarf wird aus erneuerbaren Quellen gespeist – und trotz-dem bleibt immer noch jede Menge Ökostrom übrig. Fast 30 Millionen Kilowattstunden werden hier alljährlich erzeugt, fast das Dop-pelte des lokalen Bedarfs. Schon 1996 wur-den die beiden Windparks angelegt, in de-nen sich heute 23 Windräder drehen. Hinzu kommen zwei Biogasanlagen, an die hundert private Photovoltaikanlagen – und die ältes-te Form der natürlichen Energiegewinnung: die Wasserkraft.

Wer den Trendelburger Burgberg mit seiner hübschen Altstadt hinabsteigt und dem Straßenschild „Zur Alten Mühle“ folgt, stößt auf ein Idyll. Seit dem Jahr 1455 treibt hier das Wasser der Diemel die landgräfliche Mühle an. Der beeindruckende Fachwerkbau ist so liebevoll restauriert, dass er vor zwei Jahren mit dem Hes-sischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet wurde. Künstler haben sich auf dem Areal angesiedelt. Die Mühle selbst beherbergt heute das Trendelburger Heimatmuseum, ein Café und das „Infozentrum Wasser“. Und ein Kraftwerk: In dem historischen Ge-bäude steckt eine moderne Wasserturbine, die mit einer jährlichen Stromproduktion von 1,2 Millionen Kilowattstunden alleine acht Prozent des gesamten Trendelburger Energiebedarfs deckt. Die alte landgräfliche Mühle in Tren-delburg ist eines von vier Wasserkraftwer-ken, die auf dem Gebiet der Kleinstadt ih-ren Dienst verrichten. Das größte stammt aus den 1920er Jahren, steht im Ortsteil Wülmersen und hat es, obwohl erst knap-pe 90 Jahre alt, auch schon zum Museum gebracht: In dem „Live-Museum“ kann Wucht und Größe einer Turbine, die 1985 still- und trockengelegt wurde, bestaunt

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Weltweiter Solarkongress in Kassel Die außergewöhnliche Dichte an Hightech-Solarunternehmen, Forschungsinstituten, in-novativen Energieversorgungskonzepten und bemerkenswerten Projekten in der Region Nordhessen hat längst auch internationale Aufmerksamkeit erregt. Der Solar World Con-gress, der weltweit größte Wissenschafts-kongress zur Solarenergie, wird deshalb in diesem Jahr in Kassel ausgerichtet – nach Peking (2007) und Johannesburg (2009). Kassel behauptete sich gegen starke Mit-bewerber: Neu Delhi war ebenso im Rennen wie der mexikanische Badeort Cancun und die türkische Millionenstadt Istanbul. Inititiert wurde die Bewerbung von Prof. Dr. Klaus Vajen (Fachgebiet Solar- und An-lagentechnik der Universität Kassel), unter-

stützt vom Netzwerk deENet und zahlreichen anderen Akteuren in der Branche. Es sind Repräsentanten der weltweit wich-tigsten Solarforschungsinstitute und Univer- sitäten, die sich auf dem diesjährigen Solar World Congress (28. August bis 2. Septem-ber) im Kasseler Kongress-Palais treffen und sich dort über die neuesten Entwicklungen der Solarenergie austauschen wollen. Insge-samt werden mehr als 1.000 Teilnehmer aus aller Welt erwartet. International ist Kassel bereits bekannt als Stadt der documenta und als Heimat der Brüder Grimm. Nach dem weltweiten Solarkongress wird klar sein, dass Kassel und die Region Nordhes-sen auch in Sachen erneuerbare und dezentrale Energienutzung absolut sehenswert sind.www.swc2011.org

Versammelte KompetenzWenn es in Nordhessen um erneuerbare En-ergien geht, läuft fast nichts ohne das Kom-petenznetzwerk deENet. Das Kürzel steht für „Dezentrale Energietechnologien“ und für einen 2003 in Kassel gegründeten Verein, zu dem sich mittlerweile rund 110 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Region zusammengeschlossen haben – mit einem ehrgeizigen Ziel: Die Branche soll zum wirt-schaftlichen Motor der Region werden und eine Rolle einnehmen, wie sie heute die Au-tomobilindustrie in Nordhessen hat. Bis zum Jahr 2020 sollen so 20.000 neue Arbeitsplät-ze in Nordhessen entstehen. Und damit wür-de die Branche einen Stellenwert erreichen, wie ihn heute die Automobilindustrie in der Region hat. >>

und mit der heutigen Technik des Laufwas-serkraftwerks verglichen werden. Derzeit wird in Trendelburg gemeinsam mit 23 weiteren Kommunen aus der Region darüber beraten, ob und wie das örtliche Stromnetz künftig von den Gemeinden be-trieben werden könnte. Wolfhagen – ein malerisches Städt-chen westlich von Kassel, gelegen an der Deutschen Märchenstraße – hat schon vor Jahren bewiesen, dass es auch ohne die großen Stromkonzerne geht: Im Jahr 2006 kauften die Stadtwerke dem Energierie-sen E.ON das lokale Leitungsnetz ab und nahmen die Energieversorgung der knapp 13.000 Einwohner selbst in die Hand. Mit einem ehrgeizigen Ziel: Bis 2015 wollen sie den gesamten Strombedarf der Wolfhager Bürger und Gewerbebetriebe mit grünem Strom decken, der zu 100 Prozent vor Ort erzeugt wird. Ruhig und beschaulich geht es in den fachwerkgesäumten Straßen und Gassen zu. Die Altstadt wird von der gotischen St.-Anna-Kirche beherrscht, deren Turm als

städtisches Wahrzeichen 55 Meter in den Himmel ragt.

Wenn es um die Energie der Zukunft geht, kann sich Wolfhagen rühmen, in derselben Liga zu spielen wie Stuttgart und Magdeburg oder die Ruhrgebietsme-tropole Essen.

Das Bundesforschungsministerium hat Wolfhagen zu einem von nur fünf Preis-trägern im Wettbewerb „Energieeffiziente Stadt“ gekürt. In den nächsten fünf Jahren können die Nordhessen jeweils bis zu eine Million Euro beantragen, um zusammen mit wissenschaftlichen Partnern wie dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Kas-sel ihre Ideen weiter voranzutreiben und in der Praxis zu erproben. So will man etwa die Rolle ausloten, die Elektroautos künf-tig für die Mobilität im ländlichen Raum spielen können. Und es sollen neue Tech-niken zur Wärmedämmung von historischen Gebäuden entwickelt werden. Damit man sich das Leben im Fachwerkhaus trotz stei-

gender Heizkosten auch in Zukunft noch leisten kann. Schon heute kommen in Wolfhagen 15 Prozent des Stroms aus Sonnenenergie. Die Dichte von Solaranlagen ist zehn Mal hö-her als im Bundesdurchschnitt. Doch um wirklich unabhängig zu werden von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas, werden die Stadtwerke vor allem den Wind nutzen müssen, der über die Erhebungen des Wolf-hager Landes weht. Kiefern und Lärchen, Eichen und Bu-chen bedecken den Rödeser Berg beim Ortsteil Nothfelden. Wanderwege führen über die 417 Meter hohe Kuppe. Von hier, wo sich Füchse und Hasen, Waschbären und Wildschweine gute Nacht sagen, soll künf-tig der Strom für Wolfhagen kommen. Ge-plant ist ein rund 20 Millionen Euro teurer „Bürgerwindpark“ mitten im Wald – finan-ziert über Anteile, die von den Menschen in der Stadt erworben werden können. Fünf Windräder, jeweils 180 Meter hoch, sollen ausreichen, zwei Drittel des lokalen Strom-bedarfs zu decken. Unumstritten ist das freilich nicht: Umweltschützer machen gegen das Herz-stück des Energiewende-Konzepts mobil. Als Landschaftsverschandelung werden die geplanten Riesenwindmühlen kritisiert, als Gefahr für die Artenvielfalt. Wer im Bereich Wolfhagen am Rödeser Berg spa-zieren geht, sieht allerdings auch heute längst keine unberührte Natur mehr. Die Forstwege führen an großen Schneisen vorbei. „Kyrill“ und „Emma“ haben sie in den Wald gerissen – Stürme, wie sie immer öfter übers Land fegen, als spürbare Folge der Erderwärmung. Denn nicht nur der Kli-maschutz ist angekommen in Nordhessen. Auch der Klimawandel.

www.deenet.orgwww.alheim.dewww.felsberg.dewww.lohfelden.dewww.trendelburg.dewww.wolfhagen.dewww.wolfhagen-energenial.de

Mühlenbach mit Kraftwerk in Trendelburg

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Um das zu erreichen, hat sich deENet an zahlreichen bundesweiten wie regiona-len Projekten beteiligt. Forschungsstudien wurden ebenso übernommen wie konkrete Planungsarbeiten.www.deenet.org

Mit Strom unterwegsNoch sind Elektroautos auf deutschen Straßen ein rarer Anblick. Doch in Nordhessen arbeitet man daran, dass sich das ändert – und das nicht nur in einem Unternehmen. Das Volks-wagen-Werk in Baunatal wird von 2013 an den geplanten VW-Elektrokleinwagen „Up!“, von dem allein im ersten Jahr rund 10.000 Stück ausgeliefert werden sollen, mit Motoren und Getrieben ausstatten. Rund zehn Millio-nen Euro will der Automobil-Konzern dafür an seinem nordhessischen Standort investieren. Mit solchen Zahlen kann German E-Cars – ein Tochterunternehmen der Fräger-Gruppe in Immenhausen bei Kassel – zwar nicht mit-halten. Doch dafür ist das Familienunterneh-men schon viel weiter als der Weltkonzern: Der „Stromos“, ein auf Elektroantrieb umge-rüsteter Suzuki-Kleinwagen, wird bereits in

Serie hergestellt. Mindestens 500 Exemplare des 42.000 Euro teuren Gefährts will das Un-ternehmen in diesem Jahr auf die Straßen schicken. Mit einer Batterieladung soll der 120 Stundenkilometer schnelle „Stromos“ bis zu hundert Kilometer weit kommen. Die dreifache Reichweite hat dage- gen ein kleiner Elektroflitzer, den die E-mo-bile Motors GmbH in Rosenthal (Kreis Wal-deck-Frankenberg) entwickelt hat. Denn der dreirädrige Zweisitzer mit dem sperrigen Na-men „TW4XP“ ist extrem sparsam: Auf hun-dert Kilometern verbraucht er gerade einmal zehn Kilowattstunden Strom – das entspricht umgerechnet einem Liter Benzin.www.volkswagen.dewww.german-e-cars.dewww.tw4xp.com

SonnenpioniereAls erste deutsche Kommune hat Vellmar be-reits im Jahr 2002 für ein Neubaugebiet die Solarpflicht eingeführt: Wer auf dem Osterberg sein Eigenheim errichten will, muss sich zum Einbau einer Solaranlage bereit erklären. Min-destens die Hälfte des Warmwasserbedarfs und

zehn Prozent der Raumheizung sollen mit Son-nenenergie gedeckt werden. Im Gegenzug über-nimmt die Kleinstadt vor den Toren Kassels die Kosten für eine Energieberatung. Abschreckend hat diese Verpflichtung offenbar nicht gewirkt: Von den 350 Bauplätzen sind Anfang 2011 nur noch drei zu haben. Und nur ein kleiner Teil der Bauherren hat es vorgezogen, die bei Nichterfüllung der Verpflichtung vorgesehene Strafe zu zahlen, statt in erneuerbare Energien zu investieren. Im Jahr 2004 wurde das Vell-marer Modell der Solarthermie-Pflicht mit dem Deutschen Solarpreis ausgezeichnet.www.vellmar.de

Forschen für die PraxisWissenschaft zum Wohle der Wirtschaft: Ein neues Forschungsinstitut an der Universität Kassel greift der Industrie bei der Entwicklung von umweltfreundlichen Energietechniken unter die Arme. Das „Institut für dezentrale Energietechnologien“ (IdE) wurde im Februar 2011 von der Hochschule zusammen mit vier Unternehmen der Region gegründet. Beteiligt sind der Solartechnik-Hersteller SMA, der Hei-zungsbauer Viessmann, der Energieversorger E.ON Mitte sowie die Städtischen Werke Kas-sel, zudem die Stadt Kassel und deENet. Das IdE beschäftigt sich mit allen Proble-men rund um eine nachhaltige dezentrale En-ergieversorgung – von intelligenten Leitungs-netzen, die Schwankungen bei der Produktion von Strom aus Sonne und Wind ausgleichen können, über energiesparende Heizsysteme bis zur Elektromobilität. Als Anwendungszentrum ist das Institut dabei sehr praxisnah ausgerich-tet: Nicht Grundlagenforschung, sondern die ganz konkrete Entwicklung von Pilotanlagen und Prototypen steht auf der Agenda.www.uni-kassel.de

Ausgezeichnet: Modellprojekt Auch Industrieanlagen müssen keine Strom-fresser sein. Rund 220 Millionen Euro hat der Heiztechnikhersteller Viessmann an seinem Stammsitz in Allendorf an der Eder ins Ener-

giesparen investiert. Das Ergebnis: Von 2006, als das Unternehmen sein mehrfach ausge-zeichnetes Modellprojekt „Effizienz Plus“ startete, bis heute ging der Verbrauch von Energie aus Kohle, Öl und Gas um 40 Prozent zurück. Der Kohlendioxidausstoß sank um 12.000 Tonnen im Jahr. Knapp die Hälfte der Einsparung gelang dabei durch die Nutzung von Solarenergie, Biomasse und Erdwärme. Noch wichtiger aber war die konsequente Steigerung der Energieeffizienz – auf allen Ebenen. So wurden nicht nur die Fabrikhal-len wärmegedämmt und der Maschinenpark modernisiert, sondern gleich die gesamte Fertigung platzsparend neu aufgebaut: Weil die neuen Anlagen auf einer Fläche unter-gebracht wurden, die um ein Drittel kleiner ist als früher, muss deutlich weniger Raum beleuchtet, geheizt und belüftet werden. Und: Die Abwärme, die bei der Produktion entsteht, wird für die Heizung des Werks ver-

wendet. Die Wärmerückgewinnungszentrale, die das ermöglicht, war ein echtes Schnäpp-chen: Zwar hat sie 3,2 Millionen Euro gekos- tet – doch dafür spart sie fast 600.000 Euro an Heizkosten ein. Jedes Jahr.www.effizienz-plus.de

Aufstieg in die BundesligaWas beim Fußball vielleicht noch ein paar Jahre dauern wird, hat Kassel bei der Nut-zung der Sonnenenergie längst geschafft: Die nordhessische Großstadt ist in die Bun-desliga aufgestiegen. In der „Solarbundesli-ga“ – einem Wettbewerb der Fachzeitschrift „Solarthemen“ und der Deutschen Umwelt-hilfe – liegt Kassel unter den teilnehmenden deutschen Großstädten derzeit auf Rang 11. Bei dem Ranking bekommt eine Kommune umso mehr Punkte, je mehr Solarthermie-

und Photovoltaikanlagen sie pro Einwohner vorzuweisen hat. In Hessen ist Kassel in dieser „Sportart“ sogar die unangefochtene Nummer eins unter den Großstädten: mit 46 Punkten vor Frank-furt (11) und Darmstadt (9). Da wundert es kaum, dass auch Nordhessens größte Anlage zur Nutzung der Sonnenenergie in Kassel zu Hause ist: Auf den Dächern der Logistikhal-len im Unternehmenspark Kassel (UPK) ging im Sommer 2010 ein Solarkraftwerk der Su-perlative in Betrieb: Rund 10.000 Silizium-Module sollen jährlich bis zu 1,8 Millionen Kilowattstunden sauberen Strom liefern. Das ist genug, um 450 Vier-Personen-Haushalte mit Energie zu versorgen. Die riesige Anlage bedeckt eine Fläche von fast 13.000 Quadrat-metern – so viel wie zwei Fußballfelder.www.solarbundesliga.dewww.upk-kassel.de

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Heinz Hayn sitzt in seinem Wintergarten vor mehreren durchsichtigen Wassertöpfchen, das Radio spielt Schlager. Dünne Kabel schlängeln sich über den Tisch und münden an Klemmen, die an die Töpfchen geklammert sind. Ein kleiner Propeller dreht sich, zwei handgroße Zahnräder greifen ineinander. Im Hintergrund ein paar siliciumgraue Platten. „Die hatte ich schon auf meiner Nil-Expedition dabei“, sagt Hayn und zeigt auf eine Solarzelle. „Jetzt läuft mein Radio damit.“ In Sichtweite im Garten das Erinne-rungsstück aus den 80er Jahren: Ein Ka-tamaran. Mast und Baum mussten damals Aufbauten weichen, die bis heute die großen Solarplatten tragen. Heinz Hayn hat seinem Solarboot, mit dem er 1986 fast tausend Kilometer Nil aufwärts unterwegs war, von Alexandria bis zum Assuan-Stau-damm, nie einen Namen gegeben. Dem-nächst soll das Schiff, über dessen Kapitän einst die Medien ausführlich berichteten, im Kasseler Technikmuseum ausgestellt werden. Erinnerungsfotos an den Zimmerwän-den zeigen Hayn auf einem schmalen Boot auf dem Gambia. Andere Aufnahmen er-zählen von seinen Erlebnissen in Ägypten. „Durch seine Expeditionen mit dem So-larboot auf dem Nil und in Gambia wurde er über unsere Region hinaus zum echten Solarpionier“, steht auf der gerahmten Ehrenurkunde der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie vom 11. Januar 2010. Ein anderes Dokument belegt Hayns Eh-renmitgliedschaft in dieser Gesellschaft. „Das große Hörzu-Buch der Erfindungen“ aus dem Jahr 1987 widmet ihm unter der Rubrik „Alternative Energien“ eine halbe Seite und nennt ihn gar einen „Solar-Er-finder“. Heinz Hayn, 85 Jahre alt, ist eine Berühmtheit. „Jetzt koche ich uns erst mal einen Kaf-fee!“ Heinz Hayn hält einen Wasserkocher

hoch. „Den Strom hierfür liefern die Solar-zellen auf meinem Boot.“ Hayn ist zwar kein „Grüner“, aber für alternative Energien tritt er schon seit mehr als vierzig Jahren ein. „Wenn wir Sonne, Wind und Wasser richtig nutzen würden, könnten wir im Winter unsere Straße heizen“, davon ist er überzeugt. Sein Dreifamilienhaus im schauenburgischen Mar-

tinhagen bringt Hayn fast ausschließlich mit Sonnenenergie auf die gewünschte Tempera-tur, das ist Ehrensache. 15 Kilometer weiter östlich, im Physik-raum des Kasseler Lichtenberg-Gymnasiums, tüfteln die Schüler von Manfred Schäler an einem neuen Solarmobil. Seit die Neuntkläss-ler im September 2010 den zweiten Platz beim

bundesweiten Schülerwettbewerb für Solar-Modellfahrzeuge „Solar-Mobil Deutschland“ belegt haben, sind sie motivierter denn je. Im Juni wollen sie mit einem neuen sonnenbetrie-benen Fahrzeug ganz vorne beim hessischen Solar-Cup mitfahren. „Wir haben gelernt, dass wir leichte, aber gleichzeitig stabile Fahrzeuge bauen müssen“, sagt der 15-jährige Leo Wey-he, der mit neun weiteren Schülern das Wahl-fach „Energie und Technik“ belegt hat. Um Gewicht einzusparen, werden die Schüler die Solarmodule ihres neuen Fahrzeugs noch dün-ner schleifen. Außerdem wollen sie dieses Mal einen leichteren Motor einsetzen. Die Jungen schleppen einen Tapezier-tisch auf den Schulhof und lassen ihr altes Siegerfahrzeug mit der Bezeichnung „U08“ (Ultraleichtklasse, Startnummer acht) noch einmal auf der Holzplatte hin- und her-fahren. Bei einer Lichtstärke von 6.000 Lux kommt das 200 Gramm leichte Gefährt allerdings nur sehr mühsam in Fahrt. Die Räder mit einem Durchmesser von sechs Zentimetern, die die Schüler aus CDs ge-stanzt haben, drehen sich wie in Zeitlupe. Stahl- und Aluminiumstricknadeln bilden die beiden Radachsen. Das 26 mal 14 Zen-timeter kleine Fahrzeug hat ein Flachdach aus zwei Solarzellen, die jeweils ein halbes Volt elektrischer Spannung aufbauen. Bei einer Leistung von zwei Watt kann das Solarmobil so bis zu zehn Kilometer pro Stunde schnell fahren. „Die Arbeit steckt im Detail. Da ist jede Menge Feinmecha-nik drin“, erklärt Manfred Schäler, der den Schülern Grundlagenwissen schon mal an seinem ausgebauten VW-Käfer-Motor, Jahr-gang 1967, vermittelt. Die jungen Konstrukteure sind keine Träumer. Seitdem sie selbst mehrere Solarmo-bile gebaut haben, wissen sie, wie schwer es ist, ein Fahrzeug zu konstruieren, das auch bei widrigen Lichtverhältnissen ausschließ-lich von der Sonne bewegt wird. Eine weitere Lehre, die sie aus ihrem praxisorientierten Unterricht mitnehmen, ist, dass die Autos, die heutzutage unsere Straßen verstopfen, viel leichter werden müssen, um mit wenig Energie zu fahren.

Susanne Scheerer-Maaß

Mit seiner Solarboot-Fahrt auf dem Nil wurde Heinz Hayn aus Martin-hagen schon vor 25 Jahren berühmt, heute tüfteln nordhessische Schü-ler an neuen Solarmobilen.

der „Solar-Erfinder“ und die jungen tüftler

Oben: die jungen „Tüftler“ an der Lichtenbergschule (Frederick Stark, Christian Lottis, Leo Weyhe, Janis Umbach, Levi Schmidt und Leonard Lentz, v.l.n.r.), unten: Detail einer Solarzelle

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Magazin: Herr Prof. Schmid, unter Ihrer Fe-derführung ist das Energiekonzept des For-schungsverbunds Erneuerbare Energien ge-schrieben worden.

Schmid: Das stimmt. Danach ist im Jahr 2050 eine 100 %ige Versorgung aus erneu-erbaren Energien möglich. Es ist ein nach-

haltiges Energiekonzept auf Basis von Ener-gieeffizienz und erneuerbaren Energien.

Magazin: Nun weht hierzulande nicht immer starker Wind und leider scheint hier auch nicht immer die Sonne. Sie sagen, trotzdem ist zu je-der Zeit und bei jedem Wetter eine komplette Versorgung mit erneuerbaren Energien möglich.

Schmid: Ja, das geht, ich habe keinen Zwei-fel. Und wir könnten mit den bereits vorhan-denen Technologien sogar schon in 20 Jahren eine komplette Versorgung mit erneuerbaren Energien realisiert haben. Ganz problemlos, ohne große Anstrengungen. Die Kapazitäten sind da – man muss es nur machen.

Magazin: Mit Blick auch auf die Klimaverän-derungen: Haben wir denn eine Alternative?

Schmid: Nein. Ich kenne keine.

Magazin: Glauben Sie, dass die Energiewende aufgrund der Katastrophe in Japan schneller kommen wird?

Schmid: Es sieht so aus. Möglicherweise geht es sogar sehr viel schneller. Denn der politische Wille ist, mit Blick auf die Katas-trophe in Japan, stärker. Allerdings frage ich mich derzeit, wie lange das anhält.*)

Magazin: Was müsste jetzt aus Ihrer Sicht geschehen, um die Nutzung regenerativer Energien stärker voranzubringen?

Schmid: Also, wichtig wäre es, jetzt sehr schnell die erforderliche Infrastruktur zu pla-nen und zu installieren und rasch zum Bei-spiel auch Förderprogramme einzuführen.

Magazin: Lassen Sie uns in diesem Zusam-menhang auch über die Forschungs- und Ent-wicklungsarbeit an Ihrem Institut reden. Er-zählen Sie uns von den aktuellen Highlights.

Schmid: Wir haben für die großen Energie-versorger wie RWE und E.ON ein System für Windleistungsprognosen entwickelt. Damit ist es möglich, die Kohlekraftwerke ent-sprechend der prognostizierten Windkraft-Leistung zu steuern. Es ist, das können wir bei aller Bescheidenheit sagen, das weltweit präziseste System.

Magazin: Derzeit wird überall an Konzepten für die Speicherung überschüssiger Energie aus Sonnen- oder Windkraft und anderen er-neuerbaren Energien gearbeitet.

Schmid: Ja, das ist wichtig. Denn wir könnten die Schwankungen zwar weitgehend über große, intelligente Netze mit Anschlüssen zum Beispiel nach Norwegen ausgleichen, aber wir selbst brauchen auch Energiespei-cher, mit denen wir ein paar Wochen über die Runden kommen könnten. Ein solches Spei-chersystem gibt es.

Magazin: Aber alle suchen nach Speicher-lösungen! Wie funktioniert Ihre?

Schmid: Ganz einfach: Wenn wir zu viel Energie aus Sonne und Wind haben, produ-zieren wir mit der überschüssigen Energie zunächst Wasserstoff. Das geht einfach über Elektrolyse. Aus dem Wasserstoff machen wir Methan, also Erdgas. Das können wir in das bestehende Erdgasnetz einspeisen und es dann, wenn es erforderlich ist, in gas-betriebenen Kraftwerken wieder in Strom umwandeln.

Magazin: Sie können also selbst derartiges Gas produzieren und die bereits vorhandenen Gasleitungen und -speicher nutzen? Wer kam auf diese geniale Idee!

Schmid: Wir haben das entwickelt. Zusam-men mit Kollegen aus Stuttgart.

Magazin: Revolutionär mutet auch an, was Sie in ihrem Test- und Prüfzentrum für E-Mobilität – es gilt als das weltweit führende – entwickelt haben.

Schmid: Wir bauen am neuen Standort des Zentrums in Fuldatal-Rothwesten eine Test-strecke, auf der sich E-Fahrzeuge beim Fah-ren aufladen. Wir werden dort zeigen, dass das funktioniert.

Magazin: Bitte erklären Sie uns die Funkti-onsweise.

Schmid: Im Boden befindet sich eine elek-trische Spule, die ein Magnetfeld entwi-ckelt, und im Auto ist ebenfalls eine Spule, die sich diese Energie holt. Das ist dann etwa so wie beim Transrapid. Wir haben die Infrastruktur für Stromparkplätze entwi-ckelt, die nach diesem System funktionie-ren. Denkbar ist, auch im Bereich von Am-peln solche Auflade-Systeme zu installieren – und langfristig die Autobahnen entspre-chend auszustatten.

Magazin: Das kostet doch vermutlich unge-heure Summen …

Schmid: Der Bau von Autobahnen ist so teu-er, da fällt die nötige Installation nicht ins Gewicht. Außerdem: Wenn man irgendwann so etwas baut, könnte man damit auch eine automatische Spurführung realisieren: Dann kann der Fahrer Zeitung lesen, sich entspan-nen und sicherer zum Ziel kommen.

Magazin: In ihrem Test- und Prüfzentrum erforschen Sie auch andere, hoch innovative Zukunftstechnologien und testen beispiels-weise, wie lange die Batterie eines Elektro-fahrzeugs auf Steigungsstrecken oder bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten hält.

Schmid: Das stimmt. Und solche Elektrofahr-zeuge werden wir künftig auch als Energie-speicher nutzen können, wir arbeiten seit Langem daran. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Autobatterie nachts – etwa mit preiswertem Strom aus Windenergie – aufgeladen haben,

„… man muss es nur machen“dAS iNtERViEW

Prof. Dr. Jürgen Schmid, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Wind- energie- und Energiesystemtech-nik (IWES) Kassel, über revoluti-onäre Projekte und realistische Wege zu einer Energiewende mit der Möglichkeit, Milliarden Euro zu sparen.

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mit dem Auto dann ins Büro fahren, dann könnte ein gewisser Teil der gespeicherten und aktuell nicht benötigten Energie ins Netz zurückgegeben werden – gegen einen finanziellen Ausgleich.

Magazin: Das können doch nur minimale En-ergiemengen sein, die so eine Autobatterie dann abgibt – oder?

Schmid: Wir haben über 40 Millionen Autos in Deutschland. Wenn sich nur die Hälfte beteiligen würde, dann brächte das eine höhere Leistung als derzeit alle Kraftwerke zusammen.

Magazin: Das aber ist wohl noch Zu-kunftsmusik. Schneller realisierbar dürfte die stärkere Nutzung von Windkraft sein, die hierzulande die größte Rolle spielen könnte.

Schmid: Ja, aber da müssten sehr schnell die Rahmenbedingungen geändert werden.

Magazin: Die aktuellen Vorschriften sind Ih-nen zu restriktiv …

Schmid: … ja, viel zu restriktiv! Beispiel Hessen: Hier ist weniger als ein Prozent

der Fläche für Windkraftanlagen ausge-wiesen, das müsste mindestens verdop-pelt werden.

Magazin: Aber nicht alle schätzen eine Land-schaft mit riesigen Windrädern.

Schmid: Wenn wir das System auf erneu-erbare Energien umstellen wollen, kommen wir an Windkraft nicht vorbei. Erzwingen können wir die Akzeptanz nicht, aber wir müssen versuchen, sie zu erreichen. Wir haben nicht viel Zeit, aber man muss es trotzdem versuchen. Wenn den Menschen bewusst wird, dass es um einen wichtigen Baustein für die Zukunft geht, sehen sie das vielleicht anders.

Magazin: Wie wollen Sie diesen Bewusst-seinswandel erreichen?

Schmid: Das Schlüsselwort heißt Partizipa-tion. Wir müssen die Menschen beteiligen – Stichwort Bürgerwindpark – und sie müs-sen davon profitieren. Zum Beispiel über Steuern oder Ausgleichszahlungen. Und wir müssen vermeiden, dass gesichtslose In-vestoren da etwas bauen und der Verdacht entsteht, dass sich da jemand die Taschen füllen will.

Magazin: Die Argumente der Gegner, etwa zur Lärmbelästigung, bekommen Sie damit doch nicht vom Tisch.

Schmid: Das ist wohl richtig. Aber es gibt ja viele neue Ansätze. Zum Beispiel müs-sen die Windparks nicht unbedingt mit permanent blinkenden Lichtern ausge-stattet sein. Es gibt zum Beispiel eine Art Bewegungsmelder, der das Licht nur dann leuchten lässt, wenn Flugzeuge in die Nähe kommen. Und die Lärmbelästigung durch die Windräder ist zwar relativ gering, aber es gibt bereits neue Profile, die den Lärm noch weiter reduzieren.

Magazin: Nun weht auch auf den nordhes-sischen Bergen nicht immer starker Wind.

Schmid: Trotzdem funktioniert die 100 %ige Versorgung mit erneuerbaren Energien so-gar an schwierigen Standorten. Wir haben das zum Beispiel für Hann. Münden unter-sucht und festgestellt: Mit den bestehen-den Richtlinien ist das zwar nicht realisier-bar, weil es noch Höhenbegrenzungen für Windräder gibt. Wenn das geändert würde, könnten wir die Stadt trotz der Tal-Lage komplett mit Energie aus Wind-, Wasser- und Sonnenkraft versorgen.

Magazin: Lassen Sie uns nochmals über das generelle Problem der Schwankungen reden: Wenn zum Beispiel im Sommer den ganzen Tag die Sonne scheint, gibt es Energie im Überschuss – und nachts weht vielleicht nicht einmal ein leichter Wind.

Schmid: Deshalb brauchen wir unter ande-rem weitreichende elektrische Netze – vom Nordcap bis Gibraltar und darüber hinaus bis Afrika –, um die Schwankungen auszu-gleichen. Wenn hier der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint: Irgendwo in Europa gibt es immer Wind. Und wenn es entsprechende Netze gibt, können diese zum Beispiel auch an die Speicherwas-serkraftwerke in Norwegen angeschlossen werden.

Magazin: Welche Rolle spielen die soge-nannten Smart Grids, die „intelligenten“ Netze?

Schmid: Bei diesen Smart Grids geht es da-rum, Energieangebot und -nach frage intelli-gent zu steuern und auszugleichen. Da sind wir die Pioniere für ganz Europa, haben die wichtigsten Projekte geleitet und die ent-sprechende Technik auch für intelligente Zähler entwickelt.

Magazin: Was bedeutet das für den Verbraucher?

Schmidt: Noch hat der Verbraucher keiner-lei Informationen über die Lieferfähigkeiten von Strom, das wird sich ändern. Und es wird wahrscheinlich so sein, dass der Strompreis bei Knappheit höher ist und bei Stromüber-schuss niedrig. Dann werden zum Beispiel die Waschmaschinen – automatisch gesteuert – vielleicht überwiegend dann laufen, wenn die Sonne scheint und genug preiswertere Energie zur Verfügung steht.

Magazin: Das klingt nicht danach, als könnte damit viel bewegt werden …

Schmid: … wir haben rund 40 Millionen Haushalte – darin steckt ein ganz gewaltiger Hebelarm zum Ausgleich!

Magazin: Nicht nur Gegner der Energiewende behaupten, dass Energieversorgung komplett aus regenerativen Quellen mehr kosten wird.

Schmid: Das ist falsch. Zwar kostet die Um-stellung auf erneuerbare Energien erst ein-mal Geld, weil zum Beispiel neue Netze und Anlagen gebaut werden müssen. Langfristig allerdings werden die Kosten sehr viel nied-riger sein als jetzt: Wir haben errechnet, dass

allein beim Strom im Jahr 2050 gegenüber dem herkömmlichen fossil-nuklearem Sys- tem rund 62 Milliarden Euro Energiekosten eingespart werden könnten. Pro Jahr!

Interview: Anne RiedelFotos: Pia Malmus

* Das Interview mit Prof. Schmid wurde Ende März 2011 geführt.

IWES

Das Fraunhofer-Institut für Windenergie- und Energiesystemtechnik (IWES) wurde im Jahr 2009 gegründet und ist aus dem ehema-ligen Fraunhofer-Center für Windenergie und Meerestechnik CWMT in Bremerhaven sowie dem Institut für Solare Energieversorgungs-technik ISET e.V. in Kassel hervorgegangen. Die Forschungsgebiete des IWES umfassen das gesamte Spektrum der Windenergie sowie die Integration aller erneuerbaren Energien in Versorgungsstrukturen. Prof. Dr. Jürgen Schmid, Jahrgang 1944, kam im Oktober 1995 als Vorstandsmitglied an das ISET. Drei Jahre später übernahm er den Vor-standsvorsitz, seit dem Übergang des ISET in die Fraunhofer-Gesellschaft ist er Instituts-leiter des IWES in Kassel.

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die Üppigen …

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Da steht sie nun in ihrem Atelier, Eva Maria Frey, diese schlanke, grazile Person, um-fasst mit ihren großen dunklen Augen lie-bevoll ihre Geschöpfe und sieht an meinem ungläubigen Blick, der zwischen ihr und diesen lebensgroßen, üppigen und farben-frohen Damen hin und her geht, dass sie mir helfen muss. „Ich bin zäh“, sagt sie fast entschuldigend, hebt eine dieser statt-lichen, selbstbewussten und ihre Weiblich-

keit betonenden Damen in die Höhe und setzt sie sanft wieder auf. Und als ich es ihr nachtun will und vom Gewicht der Plas-tik überrascht werde, fügt sie lächelnd hin-zu, „sie ist aus Beton“, und streicht ihr zärtlich über den kräftig gewölbten Aller-wertesten, der in diesem Falle gewiss keine andere Bezeichnung verdient.Tatsächlich habe ich diese zufriedenen und sich offenbar selbst feiernden Figuren mit

ihren glatten und rosigen Gesichtern, ihren rundlichen Armen und üppigen Busen, ih-ren runden Hüften und ausladenden Pos für Plastikerzeugnisse gehalten. Aber sie sind aus Beton, ihr Gewicht weist es aus. Wie Eva Maria Frey den Beton auf die Hohlform bringt, das bleibt ihr in zehnjäh-riger Erfahrung gewonnenes Geheimnis. Das gibt sie auch den Kunststudenten und deren Hochschullehrern der Kasseler Universität nicht preis, so gern diese das auch wüssten. Das Handwerklich-Technische gehört nun einmal dazu. Ein guter Monat Arbeit steckt in jeder der Figuren; das endlose Auftragen des Betons, das Glattschleifen der Oberflä-che und der mehr- oder besser: vielfache Farbauftrag kosten Zeit. Sie braucht die da-mit verbundene körperliche Anstrengung und sie braucht das sinnliche Erlebnis des Schöp-fungsvorgangs, wenn sie in ihrem erlernten Beruf als Juristin, in welchem immer nur ihr Kopf und niemals ihre Hände gefragt sind, seelisch gesund bleiben will. Mit handwerklich-künstlerischer Arbeit in Ton und Stein ist sie in der Waldorfschule früh vertraut gemacht worden. Nach ihrem Abitur hat sie dann eine Schneiderlehre in einem Modeatelier absolviert, aber irgend-wann reichten ihr die schönen Stoffe nicht mehr. Ihr fehlte die geistige Nahrung. Die glaubte sie in einem Jurastudium zu fin-den, widmete sich fortan unter anderem dem Staats- und Verfassungsrecht und fand insbesondere das in ihren Augen fabelhafte System der Grundrechte faszinierend. Heute arbeitet sie als Dozentin für Medizinrecht in der Ausbildung des Nachwuchses in den Heilberufen – und findet den Ausgleich im Modellieren ihrer Geschöpfe. Warum sie allesamt so üppig sind? „Sie sind einfach schön – rund und zufrieden und selbstbewusst!“, sagt deren Schöpfe-rin und fährt der Liegenden, die sich be-haglich räkelt, über die Hüften. Anlachen sollen sie den Betrachter und zeigen, dass er willkommen ist. „Zerrissenheit“ mag sie nicht darstel-len. Und sie erzählt, wie verloren sie sich am Anfang ihres Jurastudiums gefühlt hat, als sie aus dem „warmen Nest“ der Wal-

… und die Grazile

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dorfschule gefallen war, „wo jeder immer nur danach fragte, ob es einem gut ging.“ Außerhalb des Nestes, im Jurastudium, hat sie sich durchgebissen: „Ich bin zäh.“ Also auch hier. „Wie ein Beamter“ habe sie stu-diert, fleißig und pflichtbewusst und ohne das sogenannte freie Studentenleben. Aber das ist Geschichte, erfolgreiche Geschichte, wenn man sie so vor sich sieht und weiß, dass sie in ihrem Juristenberuf arbeitet, sich um ihre Familie mit zwei Kindern kümmert, in der Freizeit ihre stattlichen Geschöpfe in Form bringt und diese dann auch verkauft. Beispielsweise an Schönheitschirurgen, „bei denen das

Sinnlich-Erfahrbare eine Rolle spielt“. Auch Frauen haben schon diese üp-pigen Damen erworben und ihren Männern geschenkt. Um sichtbar zu machen, dass auch sie so aussehen könnten, wenn sie sich wie ihre Männer bei den Mahlzeiten weniger Beschränkungen auferlegten? Oder weil sie insgeheim die Fesseln des moder-nen Schlankheitswahns abwerfen möchten, sich aber nicht trauen? Wie auch immer, diese sinnlich-weib-lichen Frohnaturen werden gekauft, vielleicht sogar schneller, als ihrer Schöpferin lieb ist. „Ich gehe nicht mit, wenn sie abgeholt und an anderen Orten aufgestellt werden.“ Das

hält sie nicht aus. Man trennt sich ja auch nicht von seinen Kindern, sagt sie. Deshalb hat sie ein Verfahren entwickelt, Abgüsse ih-rer Damen in glasfaserverstärktem Kunststoff herzustellen. Die unterscheiden sich vom Original nur in ihrem Gewicht. Nun stehen sie also da in ihrem Ate-lier, die echten und die unechten Kinder, die eher schon erfahrene Mütter sind, vol-ler Lebenslust und Selbstbewusstsein, und neben ihnen ihre zarte Schöpferin, um die man schützend den Arm legen würde, wenn man nicht wüsste, welche Energien in Wahrheit in ihr stecken.

Bernhard Heitsch

Eva Maria Frey: Schneiderin, Juristin und Schöpferin üppiger Frohnaturen

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„Es war einmal ...“ So fangen für gewöhnlich Märchen bei den Brüdern Grimm an. Aber nicht das mit dem Titel „Die klare Sonne bringt’s an den Tag“. Die Geschichte klingt auch ohnehin nicht nach einem Märchen, eher nach einem Krimi. Da geht es um einen armen Schnei-dergesellen, der „reiste in der Welt auf sein Handwerk herum“. Auf seiner Wanderschaft von Stadt zu Stadt trifft er eines Tages auf einen Fremden, bei dem er Geld vermutet. Das will er ihm stehlen, denn seit Langem schon hat er kein eigenes mehr und sein Hunger ist groß. Also „stößt er Gott aus seinem Herzen“ und schlägt auf den Fremden ein. Der hat aber kein Geld und sagt das seinem Peiniger auch. Doch der schlägt wieder und wieder zu. Als sein Opfer fast tot ist, haucht es seine letzten Worte: „Die Sonne wird es an den Tag brin-gen!“ Damit stirbt der arme Mann unter den Prügeln des gnadenlosen Schneidergesellen. Der zieht weiter, findet eines Tages eine Werkstatt in einer Stadt, in der er sesshaft wird. Er verliebt sich in die Tochter seines Meisters und heiratet sie. Eines Morgens sitzt der Mann am Tisch vor dem Fenster, seine

Frau bringt ihm Kaffee. Als er

den in die Untertasse umgießt, schaut ihm

die Sonne dabei zu. Ihr „Widerschein blinkte an der Wand so hin und her und machte Krin-gel.“ Und der Schneider murmelt: „Ja, sie will’s an den Tag bringen und kann’s nicht.“ Das hört seine Frau und will sogleich wis-sen, was er damit meint. Erst sträubt sich der Übeltäter, dann beichtet er schließlich seine üble Tat. Seine Frau ist entsetzt, läuft zu ihrer „Gevatterin“ und erzählt ihr alles, nicht ohne sie zu absolutem Stillschweigen zu verpflichten, was freilich wenig nützt. Und so spricht sich das lange zurückliegende Verbrechen innerhalb von drei Tagen in der Stadt herum. Der Schneider „kam vor das Gericht und ward gerichtet“. So brachte die klare Sonne einen Mord an den Tag. Bei den Grimms wird die Sonne im „Froschkönig“ zur Kronzeugin. Über die jüngste Königstochter erzählen sie: „Sie war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich wunderte, so oft sie ihr ins Gesicht schien.“ Und der „Hans im Glück“ rief, als er all seinen irdischen Besitz los ist: „So glücklich wie ich gibt es keinen Menschen unter der Sonne!“ Gut, dass sie scheint. Ganz, ganz früher tat sie das nicht. Nur der Mond und Sterne leuchteten. Auf der Erde herrschte ein ewi-ges, dunkles Grau. Die Sonne ist später aus einem Streit heraus entstanden. Das erzäh-len sich jedenfalls die Ureinwohner Australi-ens im Märchen vom Emu und vom Kranich. Die kriegten sich eines Tages so in die Fe-dern, dass der Kranich vor Wut ein großes Ei aus dem Nest des Emus nahm und es mit aller Kraft in den Himmel schleuderte. Dort

fiel es auf einen Haufen Feu-erholz und zerbrach. Der gelbe Dotter er-goss sich über das Holz und steckte es

in Brand. Dieses gewal-tige Feuer be-

leuchtete zum ersten Mal die ganze Welt. Das gefiel einem guten Geist im Himmel so sehr, dass er beschloss, von nun an immer für Licht und Wärme auf der Erde zu sorgen. Deshalb sammeln er und seine dienstbaren Geister jede Nacht Feuerholz, schichten es auf und zünden es morgens an. Und gegen Mittag, wenn das Holz lichterloh brennt, wird es überall richtig warm. Bis zum Abend dann verglühen die Scheite und die Sonne geht unter. Und dann ist da noch die Tochter des Grü-nen Kaisers, die sich nichts Schöneres vorstel-len konnte als die prickelnden Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Ihr Vater, der sie endlich ver-heiraten wollte, stellte ihr Prinzen aus aller Welt vor, aber heiraten wollte sie keinen. „Mir gefällt nur der Sohn der Sonne!“, sagte die Prinzessin. So ging sie los, immer nach Osten, bis sie auf einen hohen Berg gelangte. Dort hatte die Sonne ihren Palast. Die Prinzessin traf auf eine alte Frau, die Sonne. Der erklärte sich die Prinzessin. Und da sie der Sonne gut gefiel, durfte sie deren Sohn zum Gemahl nehmen. Ansehen allerdings durfte sie ihn nicht. Nur sein Spiegelbild in einem Wasserglas. Als sie das zum erstem Mal tat, erschien ihr das Gesicht ihres Mannes so schön und freundlich, dass sie von dem Anblick nicht lassen konnte. Als er das aber bemerkte, wur-de er zornig und schickte sie für immer fort. Weinend rannte die Prinzessin davon, über Stock und Stein und durch ein großes Feld. Da erbarmte sich die Sonne und ver-wandelte sie in eine schlanke, hohe Blume mit einer großen gelben Blüte. Die Blü-te drehte sich sofort der Sonne zu und das macht sie noch heute, die Sonnenblume. Und wer diese Geschichte kennt, der weiß dann auch, dass in dem großen, wei-ten Land um Kassel herum lauter verzauberte Prinzessinnen leben.

Rainer Schumann

Märchenhafte Sonnen und verzauberte PrinzessinnenDie Sonne in den Märchen und Sagen

DÜNGEMITTEL SALZ ERGÄNZENDE GESCHÄFTSBEREICHE www.k-plus-s.com

UNSER ENGAGEMENT FÜR DIE REGION:

WIR STEHEN FÜRSPORT UND KULTUR.

Seit über 100 Jahren fördern und verarbeiten wir natürliche Rohstoffe und leisten mit unseren Produkten einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Ernährung, Gesundheit und Lebensqualität. Der besonderen Verantwortung, die mit der Nutzung dieser Ressourcen verbunden ist, sind wir uns bewusst. Daher bringen wir von Beginn an Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung miteinander in Einklang. So engagieren wir uns bei vielen Vereinen für den Kinder- und Jugendsport und fördern Kultur im Umfeld unserer Standorte.

„Als Vater einer kleinen Turnerin in unserem Sportverein bin ich dankbar für das Engagement von K+S, gezielt auch regionale Sportvereine zu fördern.“

Mario Riedemann,Referent Betriebliche Altersvorsorge, K+S AG

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Es war im vergangenen Herbst: Den ganzen Nachmittag waren wir vergnügt durch die Natur geradelt, hatten die Landschaft und ein kleines Picknick genossen. Vor uns lag die letzte Etappe, eine quälend lange Stei-gung. Schnaufend waren wir fast oben ange-kommen, da zog ein beleibter Radler, locker und gänzlich ohne Mühe, an uns vorbei. Fei-xend. Wir waren höchst irritiert. Dann sahen wir: Es war ein E-Bike, ein „Pedelec“. Oh je. Worüber wir im vergangenen Jahr noch verächtlich die Nase gerümpft hatten – jetzt ist es „in“. Und jetzt wollen auch wir es wissen: Mit movelo-Pedelecs, für die es in der gesamten Region Akkuwechsel- und Verleih-Stationen gibt, wollen wir an nur einem Wochenende durch alle fünf nordhessischen Kreise fahren, sehenswerte Städte und Bauten ansehen (s. Karte auf S. 62/63). Mit den E-Bikes, das verspricht die Werbung, können wir auf unserer „KulTour“ auch größere Strecken und vor allem Steigungen spielend zurücklegen. Das hoffen wir, wenngleich geplant ist, für einige Teilstre-cken die Busse und Bahnen des NVV zu nutzen. Freitag, 11 Uhr, die Sonne scheint, auf geht’s mit kleinem Gepäck zu unserer 5-Kreise-Tour. Die erste Etappe ist kurz: Vom Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe, wo wir unsere Pedelecs im „Fahrradhof“ (eine der movelo-Stationen) abgeholt haben, radeln wir in Richtung Hauptbahnhof. Hoppla – schiebt da jemand? Genauso fühlt es sich an, als wir losfahren. Und je stärker wir in die Pedale treten, um so stärker ist der Schub. Was für ein berauschendes Gefühl! Am Hauptbahnhof kaufen wir uns ein NVV-Multiticket für 26 Euro. Damit können wir zu zweit – mitsamt unseren Rädern – 24 Stunden in ganz Nordhessen alle Busse, Trams und Regionalbahnen – wie den „Can-tus“ nutzen. Er fährt pünktlich um 11.46 Uhr Richtung Hann. Münden los, unserem ersten Ziel. Kurz nach dem Start sehen wir links

oben auf der Wilhelmshöhe den Herkules, wenig später fahren wir über die hohe Ful-dabrücke. Unsere Bahn folgt dem Lauf des Flusses, hin und wieder lassen die Bäume den Blick auf das schöne Tal zu. Kurz nach 12 sind wir schon in Hann. Münden. Von dort aus wollen wir gut 40 Ki-lometer durch das Werratal radeln. Doch erst müssen wir einen Blick in die Altstadt wer-fen. Denn in der „Dreiflüssestadt“, von Ale-xander von Humboldt als „eine der sieben schönst gelegenen Städte der Welt“ betitelt, sind um die 700 hervorragend restaurierte Fachwerkbauten aus sechs Jahrhunderten und ein prächtiges Rathaus im Weserrenaissance-Stil zu bestaunen. Am Werraufer liegt das alte Welfenschloss und am Nordende des Tanzwer-ders, eines Inselchens in der Fulda, steht der Weserstein, der den Zusammenfluss von Wer-ra und Fulda vierzeilig reimend kommentiert. „Wo Werra sich und Fulda küssen …“ Auf dem Werratalradweg geht es dann los, meist am Ufer entlang. Leichtfüßig ra-deln wir durch das wunderschöne Tal, er-reichen mühelos eine Geschwindigkeit von 20-25 km/h. Fantastisch, diese neue Leich-tigkeit des Radelns.

14.00 Uhr, die Kirschenstadt Witzenhau-sen ist in Sicht. Hier steht in der Steinstraße das Gewächshaus für Tropische Nutzpflan-zen, das der hübschen Fachwerkstadt einen Touch von Weltläufigkeit verleiht und auch an Wochenenden von 14 bis 16 Uhr geöffnet ist. Es gehört zum Fachbereich Ökologische Landwirtschaft der Universität Kassel und entführt uns in den ewigen Frühling der Tropen und Subtropen, mit ihrer üppigen Flora und Wohlgerüchen. Vom Land, wo die Zitronen blühen, ist es hier nur ein kleiner Schritt zur Region, wo der Pfeffer wächst. Auf den Spuren des Kakaos gelangen wir ins tropische Tiefland, im Hochland daneben buhlen wenigstens 20 Kaffeesorten mit ihren prächtigen Blüten um die Gunst des Betrach-ters. Die Pflanzensammlung umfasst, je nach Jahreszeit, bis zu 400 Arten, eine pittoresker und geheimnisvoller als die andere. Hier könnten wir stundenlang verweilen, doch wir wollen weiter. Dank der technischen Unterstützung kommen wir schnell voran. Es ist wie Radeln mit enormem Rückenwind. Auf einer ebe-nen Strecke schalten wir die elektrische Unterstützung mal probeweise aus und

Reisen & Radeln mit RückenwindVon der neuen Leichtigkeit des Radelns und Reisens bei einer KulTour durch Nordhessen

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Ein zukunftssicheres und intelligentes Energienetz für zentrale und zunehmend dezentrale Energieerzeuger ist eine der wichtigsten Grundlagen für gutes Wachstum in unserer Region. Deshalb gewährleisten wir in über 200 Städten und Gemeinden rund um die Uhr, dass Energie störungsfrei und gut koordiniert fließt. Zukunftsweisende Technologien und Konzepte zur Energieeffizienz und CO2-Einsparung werden mit uns schon heute umgesetzt. E.ON Mitte – ein starkes Netz für die Region.

www.eon-mitte.com

Prof. Dr. Ing. habil. Michael Fette, Fachbereich Nachhaltige Energiekonzepte

Uni Paderborn

„Ein zukunftssicheres Energienetz braucht eine starke Partnerschaft.”

dingt Bad Wildungen sehen, wo nicht weni-ger als 22 heilkräftige Quellen entspringen – so viel wie sonst nirgendwo in Deutschland. Kein Wunder, dass sich im 19. Jahrhundert, zur Hochzeit der Bäderkultur, dort ein exqui-siter Kurbetrieb etablierte. Die Altstadt prunkt mit reichlich histo-rischem Fachwerk und wir gönnen uns einen Blick in die gotische Stadtkirche: Sie birgt, mit dem Flügelaltar des Conrad von Soest aus dem frühen 15. Jahrhundert, eine kunsthis-torische Besonderheit, die erste Darstellung eines Brillenträgers nördlich der Alpen. Oben am Berg steht das barocke Schloss Friedrichstein, an die Brunnenallee schmie-gen sich beidseitig prächtige Jugendstil- und Gründerzeitvillen an. Wir fahren wie von un-sichtbarer Hand gezogen die Allee hinauf, weiter zum Kurpark, der durch eine „grüne Brücke“ mit dem benachbarten Kurpark Rein-hardshausen verbunden ist. Mit 50 ha Fläche

gilt das Ensemble als größter Kurpark Eu-ropas. Es versteht sich von selbst, dass wir unsere Räder hier, in diesem schönen Park, schieben. Nicht nur, weil die Akkus leer sind.

Neue holen wir uns in der Wandelhalle des Reinhardshausener Kurparks, auch eine mo-velo-Station. Es ist nach 16 Uhr, jetzt müssen wir uns schon wieder entscheiden: Fahren wir von hier mit dem Bus nach Frankenberg? Das ist zweifelsfrei eine schöne Stadt – mit dem be-rühmten, über 500 Jahre alten, zehntürmigen Rathaus und direkt vor dieser pittoresken Ku-lisse das Hotel „Die Sonne“, nicht nur für Fran-kenberger eine exquisite Adresse für Speisen und Übernachtung. Nota bene: Das noble Haus hat auch spezielle Arrangements für Biker.

Von Frankenberg könnten wir am nächs-ten Tag nach Korbach radeln, immerhin Hessens einzige Hansestadt mit mehr als tausendjähriger Geschichte, könnten dort zwischen dem weitgehend erhaltenen, his-torischen Doppelmauerring und dann in der Altstadt flanieren, einen Blick in das ungewöhnliche, mehrfach ausgezeichnete Wolfgang-Bonhage-Museum werfen und uns danach auf der Terrasse des geschichtsträch-tigen Hotels Goldflair am Rathaus stärken. Und weiter ginge es dann in die sehens-werte Barockstadt Bad Arolsen, „Hessens Versailles“ bestaunen – das imposante Resi-denzschloss derer von Waldeck und Pyrmont – und von dort dann mit der Regionalbahn nach Kassel zurückfahren. Mit Blick auf die besseren Radwege ent-scheiden wir uns dafür, stattdessen von Bad Wildungen aus zum Edersee zu radeln. Auf geht’s, die nicht einmal 20 Kilometer lange

radeln gänzlich mit eigener Kraft. Das geht, wenngleich jetzt deutlich mehr Anstrengung erforderlich ist. Ein paar Kilometer hinter Witzenhausen genießen wir den „Zwei-Burgen-Blick“, legen eine kleine Pause ein, nehmen einen kräftigen Schluck Wasser – und weiter geht’s. Der Rad-weg führt ein Stück entlang der ehemaligen DDR-Grenze, links sehen wir das thüringische Stockmacherdorf Lindewerra, das über eine kleine Brücke erreichbar ist. Wanderer aus al-ler Welt stützen sich seit mehr als 170 Jahren auf Stöcke, die in diesem Ort gefertigt wer-den. Das schauen wir uns ein anderes Mal an.Gegen 16.30 Uhr erreichen wir Bad Soo-den-Allendorf, auch „Perle des Werratales“ genannt. Westlich des Flusses liegt Bad Sooden, international renommiertes Sole-Heilbad schon im späten 19. Jahrhundert. Mit der Werratal-Therme lässt sich der Bade-betrieb von einst nicht vergleichen, doch ist die Historie in unmittelbarer Nachbarschaft präsent: Das letzte von ehemals 14 Gra-dierwerken, von Einheimischen „Senkrechte Nordsee“ genannt. Über die Bahnhofstraße erreichen wir den Stadtteil Allendorf jenseits der Werra. Die Altstadt wartet mit einem Ensemble mit-telalterlicher Fachwerkbauten auf, wie es in dieser Geschlossenheit selten anzutreffen ist. Der Marktplatz beherbergt gleich zwei architektonische Kostbarkeiten: das Rathaus

mit Glockenspiel von 1603 und das Hoch-zeitshaus von 1667. Die Anzeige am Rad signalisiert, dass der Energievorrat bald am Ende ist. Deshalb ho-len wir uns im Kurparkhotel am Brunnenplatz neue Akkus ab. Kostenlos. Denn der Akku-tausch ist im Mietpreis der movelo-Räder enthalten.

Jetzt genehmigen wir uns auf der schönen Terrasse am Kurparkhotel noch ein großes Radler, denn die nächste Etappe bis Bebra werden wir bequem mit dem Cantus fahren, Abfahrt: 17.39. „Alles einfach gut verbunden ...“, heißt ein Slogan des NVV. Stimmt. 18.24 Uhr, Ankunft in Bebra. Dort steigen wir letztmals an diesem Tag auf die Räder, fahren die noch verbleibenden wenigen Kilo-meter der Fulda entlang nach Rotenburg und dort schnurstracks zum „Goldenen Löwen“. Da haben wir die beiden einzigen Gästezimmer reserviert und dort werden wir uns ein gutes Abendessen und ein Gläschen Wein gönnen. Danach ist ein abendlicher Stadtbummel an-gesagt. Die Alte Fuldabrücke führt, an der le-bensgroßen Bronzestatue „Zwei Knaben“ von Ewald Rumpf vorbei, mitten in die Altstadt hinein zum Marktplatz mit der spätgotischen

Jakobikirche, dem historischen Rathaus und einem hübschen Fachwerkhaus-Ensemble. Am Fuldaufer liegt das alte Landgrafenschloss, heute Sitz der Finanzschule des Landes Hes-sen. Irgendwann stoßen wir auf Reste der alten Festungsmauer mit Bürger- und Hexen- turm. Sie erzählen von mittelalterlicher Wehrhaftigkeit und Grausamkeit. Genug für heute, ab zum „Löwen“. Samstag, 10 Uhr: Wir haben gut gefrüh-stückt, gleich wird uns der Cantus in etwa 10 Minuten nach Malsfeld-Beiseförth bringen und mit uns durch Aalheim fahren: Ein Ort, so hat man uns erzählt, in dem die Solar-bäume in den Himmel wachsen. Und in der Tat: Photovoltaik-Anlagen, wohin das Auge schaut! Wenig später geht es an Altmorschen vorbei, hier liegt das Kloster Haydau. Auch ein sehenswerter Ort. In Malsfeld starten wir am Bahnhof mit unseren Pedelecs auf der Landstraße 3427 in Richtung Dagobertshausen und dann weiter nach Ostheim. Dort überlegen wir: Sollen wir am Goldbergsee vorbei nach Homberg? Dort sind Teile der alten Stadtmauer mit einigen Wehrtürmen und der mittelalterliche Stadt-kern mit viel historischem Fachwerk erhal-ten. Und wir könnten das berühmte Gasthaus „Zur Krone“, ein Kleinod aus dem Jahr 1480, bestaunen oder die Marienkirche, die Religi-onsgeschichte geschrieben hat: In ihr wurde anno 1526 die Reformation für Hessen ver-kündet. Wir entscheiden uns anders, fahren von Ostheim auf der L 3427 nach Rhünda und erreichen dort die Ederauen und den gleichnamigen Radweg, der uns nach Bad Wildungen führen wird. Locker und lustvoll ziehen wir an Stei-gungsstrecken an anderen Radlern vorbei. Gegen 13 Uhr kommt Fritzlar in Sicht. An der Ederbrücke entscheiden wir uns für einen kleinen Umweg in diese geschichtsträchtige Stadt mit dem altehrwürdigen Dom und dem malerischen Marktplatz. Es soll einer der schönsten in ganz Hessen sein. Ein vortreff-licher Ort für eine Mittagspause mit einem kleinen Imbiss. Frisch gestärkt fahren wir gegen 14 Uhr weiter auf dem Ederradweg, verlassen ihn aber bei Wega wieder. Denn wir wollen unbe-

Neue Akkus gibt es kostenlos

Locker und lustvoll an anderen Radlern vorbei

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Volkswagen Austausch Programm:Sonnige Zeiten seit mehr als 60 Jahren

Am Anfang stand eine gute Idee: Wenn Original Teile nach vielen gefahrenen Kilometern ausgetauscht werden müssen, sind sie eigentlich viel zu schade, um verschrottet zu werden. Denn in ihnen stecken immer noch wertvolle Ressourcen, die es wert sind, erhalten zu werden. Daher nimmt Volkswagen bereits seit 1947 gebrauchte Teile zurück, bereitet sie industriell auf und bietet sie als Original Austausch Teile an.

Den Nutzen haben die Kunden und die Umwelt. Original Austausch Teile verfügen über Neuteile Qualität und sind durchschnittlich 40 Prozent preiswerter als die entsprechenden Neuteile. Und Roh-stoffe, Energie und CO2 -Emissionen in immenser Höhe werden eingespart. Das zeigt, dass unser Austausch Programm tatsächlich eine gute Idee ist. Heute noch genauso wie 1947.

Original Austausch Teile der Volkswagen AG – Werte erhalten.

Original Austausch Teile

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Anzeige_SonnigeAussicht_Käfer1.ai 21.03.2011 16:24:37 Uhr

Strecke schaffen wir mit unseren Super-Rä-dern in gut einer Stunde. Über Mehlen und Affoldern radeln wir durch Hemfurth bis zur imposanten, rund 400 Meter langen und fast 50 Meter hohen Staumauer. Ihr verdankt die Region eine wunderschöne, 27 Kilometer lange Seenlandschaft. Hier wollen wir blei-ben. Wir radeln auf die andere Seite der Mau-er, dort liegt das Terrassenhotel, direkt am See. Dort werden wir übernachten und dort werden wir im Restaurant den Tag mit einem guten Abendessen beschließen. Sonntag, 10.00 Uhr: Mit Blick auf den Edersee haben wir gefrühstückt, jetzt steht ein Kraftakt bevor: Wir wollen auf den Berg, zum Schloss Waldeck. Das sind nur rund fünf Kilometer, aber die letzten zwei haben es in sich: Die Seestraße führt steil den Berg hinauf. Genussradeln auch an solchen Steigungen? Wir treten kräftig in die Pedale, bekom-men postwendend starken „Rückenwind“, aber der reicht uns auf dieser steilen Stra-ße nicht. Denn unsere Kondition lässt noch zu wünschen übrig. Macht nichts, das letzte Stück schieben wir – freilich auch nicht mü-helos. Denn das Gewicht der Technik schlägt mit etwa 5 Kilo zu Buche. Aber die Anstren-gung lohnt sich. Jetzt stehen wir oben auf der Terrasse von Schloss Waldeck und genie-ßen den atemberaubenden Blick hinunter auf den Edersee, hinüber zum Nationalpark.

Wir können uns gar nicht sattsehen, bleiben deshalb noch ein wenig, freuen uns bei einer großen Apfelsaft-Schorle, dass wir uns den Berg hinaufgequält haben.

12 Uhr: Es wird Zeit, wir müssen weiter. Naumburg ist unser nächstes Ziel, ein hüb-scher Ort mit einer imposanten Kirche und der steinernen Naumburger Madonna aus dem Jahre 1340; sie ziert die südliche Au-ßenfassade der Kirche. Seit 2006 darf sich der Ort mit dem Prädikat Kneippheilbad schmücken. Wir radeln zum Land-gut-Hotel Weinrich; da wollen wir eine Mittagsrast ein-legen, uns stärken und Akkus tauschen für die letzte Etappe unserer KulTour. 13.30 Uhr: Nach dem guten Mittagsimbiss radeln wir los, erst einmal Richtung Ipping-hausen, durch das „Mühlenholz“, genießen die Ruhe und die schöne Landschaft, fahren an der geschichtsträchtigen Weidelsburg vorbei, sehen Windräder am Horizont und steuern dann Wolfhagen an. Die Altstadt ist hübsch, das Rathaus imposant und der Brun-nen auf dem Marktplatz märchenhaft: An ihn lehnt sich der Wolf an, der die sieben Geißlein verschlungen hat. Bei lebendigem Leib. Mit Blick auf die Uhr entschließen wir uns, von Wolfhagen aus mit der Bahn nach Kassel

zu fahren. Mit der RT 4 geht es um 14.36 Uhr los. Wir fahren über Zierenberg, sehen den imposanten Dörnberg mit seinen botanischen Schätzen. Gegen 15.20 sind wir am Haupt-bahnhof in Kassel. Für den Abschluss unserer KulTour haben wir uns einen besonderen Ort ausgesucht: Die Terrasse vor der Orangerie in der Karlsaue. Hier trinken wir einen Prosecco, genießen den Blick in die Karlsaue, schauen den Boule-Spielern zu und verfolgen mit den Augen die Frisbee-Scheiben, die über die Wiese fliegen. Wohlige Müdigkeit überkommt uns. 17.30: Wir geben uns einen Ruck, radeln von der Karlsaue den Hang hinauf, an der documenta-Halle und dem altehrwürdigen Fridericianum vorbei zum Friedrichsplatz. Der Prosecco ist derweil in den Beinen angekom-men und obwohl da immer noch jemand zu schieben scheint, ist das Radeln plötzlich schwer. So nutzen wir noch einmal die vor-handenen Annehmlichkeiten: Wir fahren ein-fach mit der Straßenbahn hinauf zum Bahn-hof Wilhelmshöhe, stellen unsere Pedelecs am Fahrradhof ab, werfen noch einen Blick hoch auf das imposante Schloss Wilhelmshö-he und den Herkules ganz oben auf dem Berg und sind sicher: Bald, sehr bald werden wir wieder radeln. Mit oder ohne Rückenwind.

Verena Joos, Anne Riedel, Burkhard Fincke

E-Bikes

Elektroräder sind trendy: Rund 100.000 wurden im vergangenen Jahr gekauft, und zwar keines-falls nur von „Best Agers“, denen das Fahren mit normalen Rädern schon zu mühsam ist. In der GrimmHeimat Nordhessen wurde in Kooperation mit movelo damit begonnen, ein Netzwerk von Verleih- und Akkuwechsel-stationen aufzubauen, das innerhalb der Re-gion fast grenzenlose Mobilität verspricht. Die E-Bikes, auch Pedelecs genannt, werden an diesen Stationen für 18-20 Euro pro Tag verliehen, kostenloser Akkuwechsel inklusive. Es sind Fahrräder mit einer Technik, die den menschlichen Radler nur dann unterstützt, wenn dieser selbst in die Pedale tritt. Der Akku

reicht, je nach Streckenverlauf, zwischen 40 und 60 Kilometer. Das Nachladen dauert bei einem komplett entladenen Akku etwa fünf Stunden. Das „Tanken“ kostet schätzungsweise 15 Cent. Wenn der Batterie die Puste ausgeht, be-vor die Akku-Station erreicht wird, ist Radeln mit eigener Kraft angesagt. Unter www.nordhessen.de können die Ver-leih- und Akkustationen in der Region abgerufen werden, dort gibt es unter anderem auch wei-tere Tipps zum Thema E-Bike. Der NVV hat unter www.nvv.de ebenfalls Tipps für „Radeln & Tou-ren“. Bei der Planung der eigenen Route sollte bedacht werden, dass noch nicht alle Bahnhöfe barrierefrei sind, die Räder dann möglicher- weise über Treppen getragen werden müssen.

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Prosecco zum Abschluss

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dAS BESoNdERE MUSEUM

Es ist ein sonniger Frühlingstag, als wir dem Drängen unseres Freundes Reinhard nachgeben und uns zu einem gemeinsamen Besuch im Kasseler Museum für Astronomie und Technikgeschichte treffen. Reinhard ist pensionierter Mathematiklehrer und Hobby-Astronom, mit einer Leidenschaft für Sonnenuhren. Er hat sich in seinem Garten eine Horizontalsonnenuhr installie-ren lassen, deren historisches Vorbild sich im Astronomiesaal der Orangerie befindet. Seither lässt er nicht locker in dem Bemü-hen, uns mit dieser uralten, aus der Antike überlieferten Form der Tageslichtzeitmes-sung durch Sonne und Schatten bekannt zu machen. Obwohl unser Freund am liebsten sofort mit uns ins Obergeschoss wandern möchte und dort vor allem zu den Sonnenuhren, wartet er mit uns anfangs das Hin und Her des Foucaultschen Pendels ab. Einige Minu-ten stehen wir vor dem Kreis aus beweg-lichen Metallstäben, bis die schwere Kugel am unteren Ende des neun Meter langen Fadens einen der Stäbe zu Fall bringt – ge-radeso gleichmütig, wie sich unser blauer Planet einmal am Tag um die eigene Achse dreht. Aufatmen und Gelächter unter den

Besuchern. „Und sie dreht sich doch!“, ru-fen sie sich zu – nicht etwa so, als seien nun letzte Zweifel an der Erdrotation be-seitigt. Eher, als freuten sie sich, dass sich die Erde trotz allem, was ihr der Mensch zumutet, immer noch dreht und dreht … „Witz“, verstanden als Geistesblitz oder Geniestreich, hat das Experiment, mit dem der französische Physiker Jean Bernard Léon Foucault 1851 die Rotation der Erde nachwies, zweifellos. Dreihundertfünfzig Jahre früher – und der Astronom Nikolaus Kopernikus (1473–1543) hätte mit dem Foucaultschen Pendel einen im wahrsten Sinne des Wortes „schlagenden Beweis“ für seine kühnen, die Zeitgenossen bestür-zenden Beobachtungen gehabt: Dass nicht die Erde, sondern die Sonne den Mittel-punkt des Sonnensystems bildet, dass die Erde täglich um die eigene Achse rotiert und sich jährlich in kreisförmigen Bahnen um die Sonne bewegt, nicht anders als die übrigen Planeten auch. Wir durchwandern die rekonstruierte Sternwarte des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen-Kassel (1532–1592), genannt „der Weise“. Prunkuhren, Astrolabien, Sextanten, Quadranten, Himmelsgloben, Teleskope, Ins-

trumente zur Sonnenhöhenmessung – an-schaulicher könnten die hier versammelten Präzisionsinstrumente nicht vom wissen-schaftlichen Erkenntnisinteresse des Landes- fürsten erzählen. Für Wilhelm war „Stern-kunde“ nicht fürstlicher Zeitvertreib – nütz-lich zur Errechnung von Horoskopen – , für ihn war sie Mittel zum Zweck exakter Obser-vationen. Seine um 1560 im Kasseler Stadt-schloss errichtete Sternwarte war die erste in Mitteleuropa. Im berühmten „Astronomisch-physika-lischen Kabinett“ des Landgrafen, erzählt uns Reinhard, dass er früher oft mit Schul-klassen die Sammlung besucht habe, was wohl nicht ganz einfach war: „Versucht einmal, vierzehnjährigen Schülern begreif-lich zu machen, dass alles Denken, Rech-nen und Philosophieren mit der Astronomie begonnen hat, schon in Mesopotamien und im Alten Ägypten. Und dass es ohne die Astronomie keine Zeitrechnung gäbe, keine verlässliche Nautik, geschweige denn As-tronautik.“ Gewiss, fügt er hinzu, heute gebe uns die Atomuhr den Zeittakt an, er aber hält sich lieber an den alten poetischen Rat-schlag: „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl’

Mach es wie die Sonnenuhr …Sonnenuhren, Prunkuhren und andere Schätze im Museum für Astronomie und Technikgeschichte

Globus- und Vertikalsonnenuhr, Anfang 18. Jahrhundert

Orangerie

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die schönen Stunden nur.“ Daher die Son-nenuhr in seinem Garten. Eine Replik nach dem Original, das der Bamberger Uhrma-cher Johann Plattard anno 1752 aus einer kreisförmigen Solnhofer Kalksteinplatte anfertigte, worauf sich eine Skala mit der Stundenfolge V-XII-VII befindet. Nun ja, die Form sei schlicht, doch ermögliche die transversale Teilung immerhin eine „minü-tige“ Ablesung. Jetzt steht Reinhard vor einer Vitrine, zeigt auf ein miniaturhaft kleines Instru-ment aus Elfenbein, zierlich graviert und bemalt: Eine Zylindersonnenuhr, etwa um 1600 in Frankreich entstanden. Solche klei-nen Sonnenuhren, auch „Säulchenuhren“ genannt, erklärt er uns, habe man damals gern auf Reisen mitgenommen; ihre Hand-habung sei einfach, sogar ohne Kompass möglich. Ähnlich verhalte es sich auch mit der kleinen Klappsonnenuhr aus Elfenbein mit der Windrose auf der äußeren Deck-platte und der schönen lateinischen Um-schrift: „MONSTRO VIAM PERGE SECVRVS“ („Ich weise den Weg, geh sicher voran“). Im Inneren, so wird uns erklärt, befindet sich eine Jahreszeitenuhr mit waagerechtem Schattenstift. Sie zeigte

die wechselnde Sonnenhöhe und damit die veränderliche Länge des Schattens gemäß der Stellung der Sonne im Tierkreis an. Und am unteren Rand steht die Signatur des Nürnberger Uhrmachers: „HANNS TRO-SCHEL 1626“. Wenige Schritte weiter kann unser Freund endlich seinen Triumph ausspielen: Wir dürfen das historische Vorbild „seiner“ Horizontalsonnenuhr bewundern. Der matte Solnhofener Kalkstein nimmt sich freilich neben einer eleganten Globus- und Verti-kalsonnenuhr aus massivem, farbig bemal-tem Elfenbein auf silbernem Untersatz eher bescheiden aus. Weitaus mehr fesselt uns eine kleine vergoldete Äquatorialsonnenuhr, deren Grundplatte die Gestalt des kaiser-lichen Doppeladlers hatte, mit Reichsapfel und Szepter, umrahmt von goldenen Akan-thusblättern. „Wahrscheinlich ein Repräsen-tationsstück“, murmelt unser Freund leicht verstimmt, „für Kenner als Reisesonnenuhr nützlich – wer allerdings im Tal der Ah-nungslosen umherirrt, sollte sich besser an ein Navigationsgerät halten …“

Ilona Lehnart

Oben: Klappsonnenuhr, 1625Mitte: Äquatorialsonnenuhr, Mitte 18. JahrhundertUnten: Zylindersonnenuhr, um 1600Rechts: Horizontalsonnenuhr, 1752alle Fotos: mhk

Kunst, Knechte und Kurioses

Im Kasseler Schloss Wilhelmshöhe lockt die weithin berühmte Gemäldegalerie Alter Meister mit Werken – unter anderem von Rubens, Rembrandt, Tizian und Dürer – und einer bezaubernden Antikensammlung mit dem „Kasseler Apoll“.Tel.: 05 61.3 16 80, www.museum-kassel.de

Das einzigartige Museum für Sepulkralkultur am Weinberg in Kassel ist der Geschichte der Bestat-tungskultur gewidmet und überrascht immer wieder mit fantasievoll kuratierten Sonderausstellungen.Tel.: 05 61.91 89 30, www.sepulkralmuseum.de

Für das Technik-Museum Kassel wurden bereits Hunderte beeindruckender Exponate aus der Kasseler Technik-Geschichte zusammengetragen, um herausra-gende Pionierleistungen zu dokumentieren – von der Entwicklung der Dampfmaschine durch Denis Papin über Henschel-Lokomotiven bis zum Transrapid und der Solartechnik. Tel.: 05 61.8 61 90 400, www.tmk-kassel.de

Das Konrad-Duden-Museum in Bad Hersfeld erin-nert an Leben und Werk des Mannes, der als Vorkämp-fer für eine einheitliche deutsche Rechtschreibung unsterblich geworden ist. Untergebracht ist es in sei-nem früheren Wohnhaus: Der Erfinder des „Duden“ war 30 Jahre lang Gymnasialdirektor in Hersfeld.Tel.: 0 66 21.7 59 32, www.bad-hersfeld.de

Im Dommuseum des Doms St. Peter in Fritzlar fin-den sich Gemälde, Skulpturen, liturgische Geräte und Zeugnisse der Stiftskirche vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Tel.: 0 56 22.99 99 0, www.basilika-dom-fritzlar.de

Das Curioseum mit Panoptikum in Willingen-Us-seln zeigt eindrucksvoll, was man alles sammeln kann – mit und ohne Sinn und Verstand. Das reicht von wertvollen Oldtimer-Autos bis zu Affenhirn in Dosen.Tel.: 0 56 32.62 32, www.curioseum-willingen.de

Das Glasmuseum in Immenhausen ist im Gebäude einer ehemaligen Glashütte zu Hause, doch es bietet weit mehr als nur den Rückblick auf die regionale Tradition der Glasmacherei: In lichtdurchfluteten Räumen ist eine der größten Sammlungen von Ge-brauchsgegenständen und moderner Kunst aus dem zerbrechlichen Material zu sehen.Tel.: 0 56 73.20 60, www.immenhausen.de/glasmuseum

Das Lebendige Museum auf der Tannenburg in Nentershausen ist so etwas wie ein begehbares Bilderbuch des Mittelalters: Allsonntags erwachen die Knechte und Mägde der im 14. Jahrhundert er-bauten Festung wieder zum Leben und führen alte Handwerkskünste vor – mittelalterliches Wirtshaus inklusive.Tel.: 0 66 27.86 93, www.tannenburg.de

Das mehrfach preisgekrönte Wolfgang-Bonhage-Museum in Korbach wirft den Blick zurück bis in die Urzeit: Die kinderfreundliche Dauerausstellung infor-miert über die weltweit einmalige Fossilienfundstel-le Korbacher Spalte ebenso wie über die wichtigste deutsche Goldlagerstätte am Eisenberg und die tau-sendjährige Stadtgeschichte.Tel.: 0 56 31.5 32 89, www.museum-korbach.de

Das Zinnfigurenkabinett in Eschwege erzählt Weltgeschichte im Miniaturformat: Mehr als 12.000 winzige Figürchen tummeln sich auf 200 Dioramen, die bedeutende wie alltägliche Episoden aus den letzten fünf Jahrtausenden darstellen – von Ram-ses bis Napoleon.Tel.: 0 56 51.33 19 85,www.werratal-tourismus.de

Das Lebendige Bienenmuseum in Knüllwald-Nie-derbeisheim präsentiert alles rund um das Verhältnis von Mensch und Biene. Und im Museumscafé gibt’s Bienenstich und Honigbrote.Tel.: 0 56 85.4 99, www.lebendiges-bienenmuseum.de

Nordhessen hat eine Vielzahl ganz besonderer und bemerkenswerter Museen. Eine kleine Auswahl (mehr unter www.nordhessen.de):

Exponat aus dem Museum für Sepulkralkultur

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Konzerte an historisch bezaubernden Spielorten, Kabarett im Park, Musicals in altehrwürdiger Ruine, Fanfarenklänge vorm Barockschloss, Gaumenfreuden auf der Straße, Märchen auf einer Insel, feiern und tanzen am Fuldaufer: Freunde von Festspielen, Festivals und Festen kommen in Nordhessen auf ihre Kosten. Hier eine kleine Auswahl (mehr unter www.nordhessen.de):

Bunter Sommer und Lust an SagenhaftemMit dem schon traditionellen „Musikpicknick im Park“ und einem Ohren- und Augenschmaus startet der Kultursommer Nordhessen am Pfingstmontag in die Saison: Da treffen sich kulturbegeisterte Nordhessen und Picknick-Fans vor dem Schloss Wilhelmsthal und werden dort nach allen Regeln der Kunst unterhalten. Seit über 20 Jahren gehört der „Kultursommer“ zu den reiz-vollsten Festivals der Region: An fast 50 Spielorten – darunter his-torisch bezaubernde Schauplätze wie das Wasserschloss Wülmersen, das „Dornröschenschloss“ Sababurg, Schloss Friedrichstein oder Schloss Spangenberg, die Stiftskirche in Kaufungen und die Kathari-nenkirche in Eschwege – wird ein Spektrum geboten, das seinesglei-chen sucht: von Liebesliedern, Chormusik und Jazz über Theater und Lesungen bis zu feinster Barockmusik. Unter dem „Dach“ des Kultursommers wird auch das Europäische Märchen- und Sagenfest der GrimmHeimat Nordhessen den Blick in mär-chenhafte Welten eröffnen und mit Filmen, Lesungen, Konzerten, Kaba-rett- und Theaterveranstaltungen die Lust am Sagenhaften wecken.www.kultursommer-nordhessen.de

Musicals & mehrDa steckt viel Musik drin, in diesen Bad Hersfelder Festspielen. So viel wie noch nie. Sie werden – erstmals – mit einem Musical eröff-net. „Das Dschungelbuch“ heißt das Stück nach Rudyard Kiplings bekannter Geschichte, die Wolfgang Schmidtke vertont hat. Im vo-rigen Jahr brachte der Komponist Bizets „Carmen“ runderneuert auf die Bühne der Stiftsruine. Und erzielte damit einen großen Erfolg. Nun also muss sich der kleine Mowgli im Dschungel zurecht-finden, immer bedroht von gefährlichen Tieren, dem Dickicht und den Menschen. Und immer beschützt von seinem Freund, dem Bären Baloo. Mit einem fulminanten musikalischen Schlusspunkt werden die Festspiele 2011 auch enden: der „West Side Story“ – der Geschichte von den rivalisierenden Jugendbanden, den Jets und den Sharks. Und immer wieder im diesjährigen Spielplan (insgesamt 26 Mal) der „Sunset Boulevard“. Auf ihm wandelt vor allem der Musical-Star der Festspiele, Helen Schneider. Neben den drei Musikproduktionen stehen Erfolgsgaranten wie „Der Name der Rose“, „Hamlet“ und „Draußen vor der Tür“ (in einer alten Fabrikhalle) auf dem Programm. Und im Schlösschen Eichhof vor den Toren der Stadt werden „Halbe Wahrheiten“ erzählt. Heitere Abendunterhaltung.www.bad-hersfelder-festspiele.de

In Samt und SeidePrachtvoll aufgezäumte Pferde, Damen und Herren in farbiger, sei-dig-glänzender Garderobe, Fanfarenklänge: Wenn die hochkarätigen Barockfestspiele vor dem Arolser Fürstenschloss eröffnet werden, gibt es viel zu sehen und zu hören. Fünf Tage lang im Juni klingt es in der Stadt wieder wie vor 400 Jahren. Gleich am ersten Abend (22. Juni) sind die Besucher auf die Fürstliche Reitbahn eingeladen, wo ein italienisches Ensemble Musik von Scarlatti und Vivaldi spielt. Und das Kölner Ensemble „Nel dolce“ spielt auf historischen Musik-instrumenten. Einer der Glanzpunkte ist die „musicalische Rüstkam-mer“ des „United Continuo“-Ensembles: eine jüngst entdeckte Leip-ziger Sammlung berühmter Ohrwürmer und Gassenhauer, die dort zwischen 1700 und 1720 gespielt wurden – humorvoll, gelegentlich auch pikant. Am Ende werden die Londoner Stargeigerin Rachel Pod-ger und ihr neues Orchester „Brecon Baroque“ mit Bach, Telemann und Purcell die Festspiele im altehrwürdigen Schloss beschließen.www.bad-arolsen.de

„Bruder Lolls“ und das LullusfeuerEs gibt eine Woche, in der sich die Bad Hersfelder nicht „Guten Tag!“ sagen. Dafür kommt, Mitte Oktober, ein ehrfürchtiges „Bruder Lolls“ über ihre Lippen. Bruder Lolls – das ist der Heilige Lullus, der Patron der Stadt. Als Bischof Lullus von Mainz gründete er 769 das Kloster Hersfeld, aus dem sich die Stadt entwickelte. Mit 80 Jahren starb der fromme Mann, am 16. Oktober 786. Das Gedenken daran führte zum Lullusfest. Es gilt als Deutsch-lands ältestes Heimatfest. Da geht es sehr volkstümlich zu. Der Bür-germeister erinnert an den Hersfeld-Gründer, wirft eine brennende Fackel auf einen Holzstoß und entzündet so das Lullus-Feuer. Das lodert eine Woche lang auf dem Marktplatz. Im Mittelalter war das Feuer übrigens ein Symbol für die Befreiung von den Gemeinde-Ab-gaben. Jedenfalls während der Festtage.www.lullusfest.de, www.bad-hersfeld.de

„Zisseln“ zu Wasser und zu LandWenn ein fast drei Meter langer „Häring“ auf dem Rondell an der Fulda in Kassel hängt und seine Schuppen in der Sonne glitzern – dann ist Zissel-Zeit, mitten im Sommer. Alle Bootshäuser an der Fulda und das Gelände am Ufer werden dann zu einer riesigen Par-ty-Zone. Tausende tummeln sich dort, feiern, tanzen und trinken. An der Orangerie lockt ein nostalgischer Park mit Riesenrad, einem

Festspiele, Festivals, Feste …

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Wellenflieger-Karussell und rot-weiß ausgeschmückten Ständen. Und im Wäldchen neben der Hessenkampfbahn wird in diesem Jahr ein Weindorf stehen.Der Höhepunkt: Mit bunt herausgeputzten Booten und zum Teil frechen Motiven präsentieren sich die Wassersportvereine in einem Festzug auf dem Wasser, es ist wie Karneval im Sommer. Übrigens: Die Zisselkönigin und ihr Gefolge – darunter eine Zisselprinzessin und eine „Fullenixe – herrschen ein ganzes Jahr. www.zissel.de

Pure GaumenfreudeHier isst man Kartoffelwurst oder auch Wild- und Möhrenwurst zum selbst gebackenen Brot, genießt Wildbret und frischen Fisch aus hei-mischen Gefilden, kostet Wein von Hessens nördlichstem Weinberg, probiert selbst geschöpften Käse von Kuh oder Ziege – und braucht anschließend vielleicht einen hausgemachten Obstler: Zum Speziali-tätenfestival in Melsungen kommen, immer am ersten Wochenende nach Erntedank, all jene, die Gaumenfreuden genießen wollen. Das nordhessische Schlemmerparadies ist nur an diesem einzigen Tag im Jahr geöffnet.www.nordhessen-geschmackvoll.de

Brüder Grimm FestivalAschenputtel war schon da, Cinderella und König Drosselbart auch. In diesem Jahr kommen – Anfang Juni für rund vier Wochen – zwei weitere Märchengestalten auf die Insel Siebenbergen in der Kasseler Karlsaue: Das Märchenmusical „Lost – Hänsel & Gretel“ steht auf dem Spielplan. Und wie in den Jahren zuvor, so wird es auch in diesem Jahr ein buntes und im wahrsten Sinne des Wortes märchenhaftes Programm aus Kindertheater, Kinderkonzert, Märchenzirkus, Lieder-abenden und mehr geben.www.brueder-grimm-festival.de

Apoll im MondscheinKassel ist – mit rund 40 Museen, Kultureinrichtungen und den vielen kunst- und kulturhistorischen Schätzen – zweifelsfrei eine der be-deutendsten Museumsstädte Deutschlands. Einmal pro Jahr, immer am ersten Wochenende im September, öffnen alle gleichzeitig ihre Türen und das bis nach Mitternacht. Vielleicht im Mondschein, in jedem Fall mit einem opulenten Rahmenprogramm. www.museumsnacht.de

Schandmaul, Kraftclub & CoAngesagte Musik-Gruppen nicht nur aus Europa verwandeln die Fach-werkstadt Eschwege jedes Jahr im August zum Mekka von Musik-Fans: Rund 15.000 werden in diesem Jahr wieder kommen, um Die Fantastischen Vier, Bullet For My Valentine, Dropkick Murphys, Pen-dulum, Schandmaul, Donots oder rund ein halbes Dutzend anderer Gruppen zu hören. Genächtigt und auch gefeiert wird ein langes Wochenende auf dem Open-Flair-Camp. www.open-flair.de

„Scharfe Barte“Kabarettisten aus ganz Deutschland kommen ab Ende Oktober nach Melsungen, denn sie wollen die „Scharfe Barte“ gewinnen. Der Name des Preises – immerhin sind insgesamt 7.000 Euro zu gewinnen – hat lokale Wurzeln. Eine der Brücken Melsungens über die Fulda wird „Bartenwetzerbrücke“ genannt. Früher nahmen die Waldarbeiter ih-ren Weg über sie, um zur Arbeit in den Stadtwald zu kommen. Und an den mächtigen Sandsteinquadern der Brücke wetzten sie noch einmal ihre Barten, ihre Äxte. Die „Scharfe Barte“, eine schneidige Axt also. Ein passender Name für einen Kabarett-Preis.www.melsungen.de

Mittelalterlicher Markt KorbachIm Oktober verwandelt sich Hessens einzige Hansestadt in einen mittelalterlichen Ort: Dann ist hier plötzlich fast jeder in ein Kostüm gewandet, spielt Burgfräulein oder Minnesänger. In der Altstadt gibt es Gaukler, Quacksalber, Kräuterhexen und allerlei Marktstän-de mit Töpfereien und deftigen Speisen. Fanfarenklänge vor dem historischen Rathaus markieren den Beginn dieses Spektakels, das innerhalb von zwei Tagen mehr als 100.000 Besucher aus dem Um-land anzieht. www.korbacher-hanse.de

Große Namen in kleiner Stadt Eine kleine Stadt präsentiert beim „Sommer im Park“ wieder große Namen: Dieter Hildebrandt kommt nach Vellmar, Bernd Stelter und Georg Schramm auch, Harry Rowohlt liest, Roger Willemsen er-zählt, Céline Rudolph, die Kernölamazonen, Ulrich Tukur mit seinen „Rhythm Boys“ und andere bringen von Jazz über Liebeslieder bis hin zu Oldies allerlei Musikalisches zu Gehör.www.vellmar.de

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Mein englischer Freund hat eine zündende Idee. Wir sprechen über Carolyn Christov-Bakargiev und ihren Weg zur dOCUMENTA (13). Eingeweihte und Kunstkenner nennen die 53-Jährige mit dem blonden Wuschel-kopf, der roten Brille und überhaupt viel Mut zur Farbe im schwarzen Einerlei des Kunst-betriebs kurz CCB. – CCB, sagt mein kluger Freund, ist sozusagen der Urknall und die do-cumenta das Universum. Sie gibt den Impuls, den Startschuss und lässt danach die Dinge sich entwickeln. Bei der künstlerischen Lei-terin der documenta gibt es deshalb auch ein Jahr vor dem Start des „Museums der 100 Tage“ (vom 9. Juni bis 16. September 2012) keine Künstlerliste, kein ausgebreitetes Kon-zept. So was schafft Unsicherheit und Be-fremdung in der Kunstwelt. Eine gut besuchte Nachmittagsvorstel-lung im Kasseler Gloria-Kino. Die documen-ta hat zur Vorführung von Pierre Huyghes Film „The Host and the Cloud“ eingeladen. Kunstfans und Kasseler Kunstelite drängeln sich um die Karten, CCB, strahlend und sym-pathisch, erscheint im trendy Strickponcho, nimmt in der ersten Reihe Platz und macht sich Notizen. Sie hat viel zu notieren. An drei Tagen, Halloween, Valentinstag und am ers-ten Mai, hat der wohl auch auf der d13 ver-tretene Künstler Huyghe in einem für immer geschlossenen Museum mit 15 Personen ge-dreht. Menschen, Freunde, Besucher agieren, gestalten, verwandeln mit einigen Vorgaben: Zu sehen sind Gerichtsverhandlungen und Hypnose, rauschhafte Sex-Parties, Cat-Walks zweier Models und eine Menge Magie. Alles fließt ineinander und auseinander, nichts passt zusammen, nichts hat Bestand.

Vielleicht vollzieht sich hier Unbewusstes, denn Huyghe hat kein Script vorgegeben, nichts ist festgelegt. Immer wieder läuft ein weißes Kaninchen durch die Seelen-landschaften, ein Puppenspieler lässt seine zerbrechliche Puppe laufen. Der Weg vom Realen zum Irrealen ist gleitend, schillernd, und in uns werden Erinnerungsfetzen frei. Das fließend Freie, diese Entstehung von Ideen nimmt uns mit auf die Reise nach innen. Am Ende ist nichts mehr da. Das Ereig-nis ist vorbei, als habe es nie stattgefunden. „Das war kein Dokument, aber auch keine Kunst-Aktion“, befindet CCB beim anschlie-ßenden auf Englisch geführten Gespräch mit Pierre Huyghe. Beide sprechen über die Ent-stehungsweise des Films – 70 Stunden Film-material waren schließlich vorhanden –, sie sprechen über die Liebe und schließlich eben über dieses ganze Porträt einer kollektiven Imagination. Zum Schluss gibt es dann doch noch einen Verweis auf die d13, wenn Ca-rolyn Christov-Bakargiev zu Huyghe gewandt erklärt: „Deine Philosophie passt zu meiner, auch ich will die documenta offen und fle-xibel halten.“ Auf diesen Satz haben viele gewartet.

CCB legt ihre Spuren zur d13 auf eine ganz stille, schwer zu entschlüsselnde Art. Es ist 2010, als sie im Rahmen der CCA Graduate Studies Lecture Series in San Francisco vor einem voll besetzten Auditorium versichert, dass ihre Kasseler Arbeit ein Prozess sei, an dem viele beteiligt seien. Wesentlich für die international agierende Kuratorin bleibe dabei aber immer das Offene, Flexible. Und dann benutzt sie Metaphern: Die documen-ta als Pflanze, als etwas Organisches, das wächst und wächst. Schön auch das Bild vom

Die Leiterin der d13, Carolyn Christov-Bakargiev, setzt auf das organische Wachsen der docu-menta: wie bei einer Pflanze, die wächst und wächst

„CCB“, der Urknall und die d13

Giuseppe Penone: Idee di Pietra, Bronze und Stein, 2004/2010

Menschen steigen ein, steigen wieder aus

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Zug, der vorbeifährt: Menschen steigen ein, Menschen steigen wieder aus, sie sei, und dabei lacht CCB, so etwas wie ein traffic con-troller, ein Verkehrskontrolleur. Wer aber steigt in den Zug ein? Wieder wird, verschlüsselt, die Frage nach der Künst-lerliste gestellt und wieder gibt es eine abweh-rende Antwort von CCB. Nein, sie wähle nicht aus, alles vollziehe sich in Gesprächen und Be-gegnungen, es wächst heran. Und dann lässt sie unvermittelt ein Dia an die Wand werfen, zeigt auf den Text und sagt: „Das ist der Titel der documenta.“ Da steht zu lesen: „Der Tanz war sehr frenetisch, aufbrüllend, gerasselt, klingelnd, verdreht, rollend und dauerte (für) sehr lange Zeit“. Keine Erklärung dazu, nichts weiter, nur: „Die documenta hat jetzt einen Ti-tel, aber kein Thema.“ Doch nur wenige Minu-ten später scheint Christov-Bakargiev den Titel schon wieder vergessen zu haben. Lachen, par-don. Vielleicht ist der Satz ja zu lang. Interessiert an den Beziehungen zwi-schen zeitgenössischer Poesie und Malerei betonte sie anlässlich einer Pressekonfe-renz in Berlin im vergangenen Jahr: Die d13

folge nicht einem einzigen, übergreifenden Konzept, sondern führe, wie in einer Choreo-grafie, vielfältige Materialien, Methoden und Wissensformen zusammen. Und im Verneinen der Dinge lässt CCB, die immer wieder auf die Spannung, den Dialog zwischen Poesie und Konzept verweist, Vermu-tungen zu. Wenn sie konstatiert, sie sei nicht an einem branding, an einer Markenbildung für die dOCUMENTA (13) interessiert, legt es den Umkehrschluss nah, dass hier eine Kuratorin zu den Wurzeln der documenta zurückkommen will. Kein Größer, Höher, Weiter mehr. CCB sucht den Rückzug in den intimen Rahmen – es ist kein Geheimnis, dass der modern style von Google und Facebook oder der Einfluss der Glo-balisierung auf die Kunst von ihr nicht bearbei-tet werden. Vielleicht später. Und mit Blick auf die konkurrierende Biennale in Venedig winkt sie nur lapidar ab. Nicht interessant. Was bleibt, ist der Akzent auf Offenheit und dem organischen Wachsen der documenta. Keine große Theorie von der Welt, stattdessen ein Prozess des Lernens: „Ich folge dem Leben.“ CCB hat ein kuratorisches Team aus Agenten,

Beratern und Künstlern gebildet, die ihren Weg mitgehen. Zum Teil gibt die künstlerische Lei-terin dabei auch ihre Handlungsmacht an ihre Agenten ab, sodass auch hier bewusst ein Mo-ment der Unsicherheit eingebaut ist. Sie suche, so hat CCB ebenfalls in San Francisco zu ihren Zuhörern gesagt, das Neue und das kann genau-so das Vergangene wie das Gegenwärtige sein. Carolyn Christov-Bakargiev ist wohl die Philo-sophin unter den documenta-Leitern. Fragen zu stellen ist besser als Antworten zu finden. Auf den Spuren zur kommenden documen-ta bleibt noch das erste Kunstwerk, das bereits im letzten Sommer in der Kasseler Karlsaue ge-pflanzt wurde: Der Bronzebaum „Idee di Pietra“ von Giuseppe Penone trägt in seiner Krone einen schweren Granit-Findling. Am Fuß der Skulptur wurde eine kleine Stechpalme gepflanzt. Wie diese werde auch die documenta in den näch-sten zwei Jahren wachsen, sagt CCB. Penone ist ein Künstler der Arte Povera, mit der sich die Kunsthistorikerin in vielen Publikationen befasste. Wird die d 13 nun verstärkt eine docu-menta italienischer Künstler? Immerhin gestand CCB in San Francisco, dass sie deren Anteil gern erhöhen würde. Bei der ersten documenta von Arnold Bode waren sie stark vertreten. Aber vielleicht fragt sie ja noch einmal ihre Kinder. Lucia und Rosa leben in Turin. Auch sie seien, so sagt CCB, ihre Ratgeber.

Juliane Sattlerwww.documenta.de

CCB

Mit Carolyn Christov-Bakargiev übernimmt zum zweiten Mal nach Catherine David eine Frau die künstlerische Leitung der documenta in Kassel, der weltweit wichtigsten Ausstel-lung zeitgenössischer Kunst. CCB, 1957 in New Jersey geboren, ist Direktorin des Turiner Museo di Arte Contemporanea di Torino im Castelli di Rivoli. Sie leitete die Biennale in Sydney und war 2001 Jury-Mitglied bei der Biennale in Venedig. Ähnlich lang wie die Liste ihrer Ausstellungen ist die ihrer Publi-kationen. Sie arbeitete über den südafrika-nischen Künstler William Kentridge und die italienische Arte-Povera-Bewegung.

Carolyn Christov-Bakargiev

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Ende Wettbewerbsstufe 1:30.06.2011 (Konzept)Ende Wettbewerbsstufe 2:30.09.2011 (Businessplan)

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MAdE iN NoRdhESSEN

Anfang der 80er Jahre in Nordhessen: Die Kas-seler Gesamthochschule ist noch jung, ebenso wie die drei Elektrotechnik-Studenten Günther Cramer, Reiner Wettlaufer und Peter Drews. Es sind spannende Zeiten für kluge Köpfe – die Auseinandersetzung um Kernenergie ist hoch-aktuell. Cramer und seine Kollegen reizt es, über neue Energieformen nachzudenken. Als sie ihren Diplomabschluss in der Tasche haben, arbeiten sie an der Kasseler Hochschule bei Prof. Dr. Werner Kleinkauf als wissenschaftliche Mitarbeiter an System- und Regelungstechniken, insbesondere für die ers- ten großen Windenergieanlagen, und bauen Kontakte zur Industrie auf. Die drei haben die Vision, Technologien für eine dezentrale Energieversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien zu entwickeln, und sie denken über regenerativen Strom für Afrika nach. Sie wol-len sich als Ingenieure selbstständig machen – und gelten als Spinner. Was soll’s? Sie hal-ten es mit Che Guevara: „Seien wir Realisten. Versuchen wir das Unmögliche“. Dies wird ihr Slogan – und bleibt es auch, als sie längst auf der Überholspur sind. Klein fangen sie an, in einer alten Bä-ckerei. „SMA System-, Mess- und Anlagen-technik Ingenieurbüro für Regelsysteme“ steht jetzt am ehemaligen Bäckerladen, kurz darauf muss bereits die Nachbarwohnung an-gemietet werden; nach nur einem Jahr reicht auch die nicht mehr aus und man zieht nach Niestetal. Warum Niestetal? Purer Zufall. Dort hatte man eine geeignete Immobilie gefun-den. Das nötige Startkapital von 30.000 Mark zu bekommen war schwierig. Heute, dreißig Jahre später, blickt SMA-Vorstandssprecher Cramer noch gelegentlich mit Erstaunen zurück. „Denn was später

kam“, sagt er, „war absolut nicht vorstell-bar!“ Es war ein märchenhafter Aufstieg mit rasantem Wachstum. Heute ist das Unternehmen Weltmarkt-führer bei Photovoltaik (PV)-Wechselrich-tern, hat weltweit mehr als 5.000 Mitarbeiter und Dependancen in 14 Ländern, betreibt in Nordhessen die weltweit größte und CO

2-neutrale Wechselrichterfabrik und es gibt weiterhin sonnige Aussichten. Kaum etwas scheint noch unmöglich. Niestetal ist inzwischen durchsprenkelt mit zig kleinen, großen, alten und nagel-neuen SMA-Gebäuden, erkennbar an großen Nummern auf blau-rotem SMA-Logo. Obwohl inzwischen viele Bauten das SMA-Logo tra-gen und über 1.000 Container aufgestellt wurden, reicht der Platz immer noch nicht. Am Sandershäuser Berg, neben der Auto-bahn, entsteht deshalb ein weiterer, riesiger Standort: Auf 20 Hektar, das entspricht der Größe von 28 Fußballfeldern, baut SMA ein Servicezentrum und ein Zentrallager, weitere Produktionshallen sind ebenfalls geplant. 2.500 Arbeitsplätze sollen hier entstehen. Zurück nach Niesetal. „Heute?“ Günther Cramer blickt kurz aus dem großen Fenster im „Headquarter“ an der Sonnenallee, von dort aus ist die nagelneue Solar-Akademie zu sehen. Grau-blauer Himmel; wer ohne Jacke das Haus verlässt, könnte frösteln. „Heute erzeugen die PV-Anlagen in Deutschland gerade sieben bis acht Gigawatt Solarenergie Leistung, die sie ins deutsche Stromnetz einspeisen.“ Der SMA-Vorstandssprecher sagt das mit einem Lächeln, die Zahl kommt wie aus dem Handgelenk. Und in der Tat, wenige Minuten zuvor hat die große Anzeigetafel im Parterre des Gebäudes die Zif-fern 7,4 angezeigt. „Man bekommt ein Gefühl dafür“, sagt Cramer und blickt auf dieselbe Anzeige im Laptop: Eine interaktive Deutsch-landkarte auf der SMA-Homepage gibt zu jeder Sekunde nicht nur an, wie viel Leistung alle Photovoltaik-Anlagen in Deutschland zusam-

Vom atemberaubenden Aufstieg der SMA, formschönen Sunny Boys und intelligenten Gebäuden. Ein wahres Märchen aus Nordhessen

Sunny Boys, autarke inseln und sonnige Aussichten

Solarmodule in der Glasfassade und rote Sunny Boys

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men gerade erzeugen. Sie erlaubt auch den Blick auf einzelne Regionen – aufgelöst bis auf Postleitzahlenebene: Nordsee bis Alpen, je nach Wetter und Tageszeit erscheinen die jewei-ligen Regionen auf der Karte in dezentem Grau (nachts) oder freundlichem Gelb bis zu Dun-kelrot bei gutem Wetter und voller Sonnenein-strahlung. An sonnigen Tagen steigt die Sum-me der aktuellen Leistung der PV-Anlagen in Deutschland inzwischen auf 12 GW und mehr, das entspricht der Leistung von zehn Kernkraft-werken. Wie singen die Beatles in der SMA-Telefon-Warteschleife? „Here comes the sun!“ Die Wechselrichter, die SMA produziert, bilden das Herz jeder PV-Anlage, die Strom aus Sonnenlicht gewinnt; sie wandeln Gleich-strom in Wechselstrom um. Diese Hightech-Produkte sind im Unternehmen überall zu sehen, aktentaschen- bis schrankgroße rote, gelbe oder blaue Kästen. Viele von ihnen wur-den übrigens mit Designpreisen ausgezeich-net. Sie heißen, irgendwie logisch, „Sunny Boy“ oder „Sunny Tower“ und „Sunny Central“.

Bemerkenswert wie die rasante Entwicklung der SMA ist auch die Unternehmensführung. Ein Kooperationsmodell, das in der diskutier-freudigen Uni-Zeit wurzelt. Man tauscht sich so lange aus, erzählt Cramer, bis alles durch- dacht ist, es eine gemeinsame Position gibt. Ebenso klare Regeln gibt es für den Um-gang mit den Mitarbeitern. Diese werden, das gehört zur Firmenphilosophie, „mit Kopf, Herz und Portemonnaie“ beteiligt. Die Mitarbeiter seien beispielsweise in alle Informations- und Entscheidungsprozesse mit einbezogen, sagt Cramer. Und 16 Prozent des Unternehmens-gewinns werden als Erfolgsbeteiligung an die Mitarbeiter gezahlt, das sind häufig einige Monatsgehälter zusätzlich. Auch die Zeitar-beiter, die SMA beschäftigt, „um flexibel auf die sehr dynamische Entwicklung der PV-Mär-kte reagieren zu können“, sind am Unterneh-menserfolg finanziell beteiligt. Aufgrund der besonderen Unternehmens-kultur schneidet SMA als Arbeitgeber seit vielen Jahren glänzend ab. Jüngst wurde das

Unternehmen beim bundesweiten Wettbe-werb Great Place to Work zum Sieger in der Kategorie Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten gekürt. Es gibt noch andere Indizien: Ein sensationell niedriger Kranken-stand und kaum Fluktuation in der Stammbe-legschaft. Sinnvolles leisten für eine klimaf-reundliche Zukunft – man kann kaum umhin, sich SMA-ler glücklich zu denken. Einer von ihnen – grüne Softshell-Jacke, Drei-Tage-Bart, sympathisches Lächeln – ist Matthias Schäpers. Er war Projektleiter beim Bau des neuen Schulungszentrums für Solar-installateure, der Solar Academy, und er ist stolz auf das außergewöhnliche Gebäude. Es ist nicht nur ein architektonisches Glanzstück am grünen Aue-Rand, das auf Stelzen steht zum Schutz gegen Hochwasser der nahe ge-legenen Fulda. Es verfügt vor allem über ein einzigartiges Energiekonzept. Versorgt wird das Gebäude ausschließlich mit erneuerbaren Energien – ohne eine Anbindung an das öf-fentliche Stromnetz. „Mit der Solar Academy“, so formulierte es das Unternehmen selbst, „machen wir eine Vision von SMA erlebbar: die zuverlässige Energieversorgung aus erneu-erbaren Energien – an jedem Ort der Welt“. In der Academy kommt die Energie, die das lichte Gebäude mit jährlich 15.000 Semi-narteilnehmern benötigt, von der Sonne und aus einem kleinen Biogas-Blockheizkraftwerk, für sonnenarme Tage. Weiße Flure, rote Sofas in der Lobby – und in den Glasfassaden sind unzählige Solarmodule eingelassen. Diese er-zeugen zusammen mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach den Strom für die Academy. Bei Bedarf unterstützen weitere Photovoltaikan-lagen vor dem Gebäude das System. Die Sunny Boys wandeln den so gewonnenen Gleich-strom in Wechselstrom um und speisen ihn ins Inselstromsystem des Schulungszentrums ein. Es ist ein intelligentes System, zentral und automatisch gesteuert. Was bei der So-lar Academy realisiert wurde, kann problem-los übertragen werden – beispielsweise auf Gebiete in Entwicklungsländern, die fernab des öffentlichen Stromnetzes liegen. „Unsere Vision ist eine dezentrale, zu hundert Prozent auf erneuerbaren Ressourcen beruhende Energieversorgung“, sagt Günther

Cramer. Eine Laufzeitverlängerung für Atom-meiler hielt er immer schon für unnötig; für realistisch hingegen hält er es, in Deutsch-land bis zum Jahr 2020 fünfzig Prozent der Energie aus „den Erneuerbaren“ zu gewinnen, davon zehn allein durch Photovoltaik. „Wenn es politisch gewollt ist, ist der Ausbau der Photovoltaik auch schneller möglich“, sagt Cramer, Jahrgang 1952. „Dann habe ich viel-leicht die Chance, den Umstieg auf eine hun-dertprozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien noch zu erleben.“ Sein Wort hat Gewicht, auch als Präsident des Bundesverbandes Solarwirtschaft. In die-ser Funktion konnte er unter anderem in Ge-sprächen mit Bundesumweltminister Norbert Röttgen „eine Verständigung der PV-Branche mit dem Umweltministerium auf eine vor-gezogene Anpassung der Solarförderung in diesem Jahr“ erreichen. Nach diesem soge-nannten Solarkompromiss werden die Ein-speise-Vergütungen für Solarstrom schnel-ler als geplant gekürzt, wobei die Kürzung vom weiteren Zubau an PV-Anlagen abhängt. Die Solarbranche selbst, die vor wenigen Monaten einen eigenen Ausbauplan für die Photovoltaik in Deutschland veröffentlich-te, hatte diesen Schritt vorgeschlagen, weil die Kritik an den Kosten der Förderung für Sonnenstrom immer stärker wurde. „Die vor-gezogene, zubauabhängige Anpassung der Solarförderung soll dazu beitragen, dass wir das Ausbauziel der PV-Branche von 10 Prozent Anteil am deutschen Strommix bis 2020 errei-chen und dabei gleichzeitig die Kosten für die Förderung nicht weiter steigen“, sagt Cramer. Wie Nordhessen in Sachen Erneuerbaren En-ergien (EE) dasteht? Prächtig, meint er auch in seiner dritten Funktion – als Vorstandsvor-sitzender von deENet. Das ist ein Netzwerk im

Bereich dezentrale Energietechnologien, in dem sich inzwischen rund 110 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Nordhessen zusammengeschlossen haben. Das Ziel ist for-muliert: Bis zum Jahr 2020 sollen in der Region 20.000 neue Arbeitsplätze im Bereich EE ent-

stehen. Und Nordhessen ist schon sehr weit. Hier gibt es zum Beispiel Leuchtturmprojekte wie das neu gegründete Institut für dezentrale Energietechnologien (IdE), hier gibt es zahl-reiche Forschungseinrichtungen und wegwei-sende Konzepte auch von Unternehmen und hier gibt es eine bemerkenswerte Zusammen-arbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. „Wir haben in der Region bereits viel erreicht, haben hier zum Beispiel bereits überdurch-schnittlich viele PV-Anlagen“, sagt Cramer, „aber wir müssen unser Tempo beim Ausbau der dezentralen Energieversorgung noch wei-

ter erhöhen.“ Schließlich will er Nordhessen zu einem Zentrum für erneuerbare Energien von internationalem Rang ausgebaut sehen. Demnächst steigt er übrigens aus dem SMA-Vorstand aus – und um in den Auf-sichtsrat. Dann soll auch ein anderer, lang

gehegter Traum verwirklicht werden: Neben kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Projekten in der Region will er sich gemein-sam mit seinen Gründerkollegen Peter Drews und Reiner Wettlaufer um Geschäftsmodelle für die Energieversorgung „netzferner“ Ver-braucher kümmern, etwa in Afrika. Basis wird eine gemeinsame Stiftung sein. Etwa ein Fünftel der Aktien gehen als stattliche Ausstattung in diese Stiftung. Und schon ist das Unmögliche wieder ein gutes Stück realistischer …

Anne-Kathrin Stöber

SMASMA steht für Solar-, Mess- und Anlagetech-nik. Mit einem Umsatz von 1,9 Mrd. Euro im Jahr 2010 hat das Unternehmen den Rekord aus dem Vorjahr (0,9 Mrd.) erneut übertrof-fen, auch der Konzernüberschuss hat sich mit 365 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Die SMA-Gruppe ist Weltmarktführer bei Pho-

tovoltaik-Wechselrichtern, einer zentralen Komponente jeder Solarstromanlage. Die jährliche Produktionskapazität von SMA hat sich 2010 auf insgesamt 11 Gigawatt verdop-pelt. Das Budget für Forschung und Entwick-lung liegt in diesem Jahr bereits bei ca. 100 Mio. Euro, außerdem will das Unternehmen in diesem Jahr zwischen 150 und 200 Mio. Euro in

Gebäude und Maschinen investieren. Hauptsitz des Unternehmens ist Niestetal bei Kassel, da-neben hat SMA inzwischen 17 Auslandsgesell-schaften auf vier Kontinenten, unter anderem in den USA, Kanada, Australien, China, Korea und Indien. Die Unternehmensgruppe be-schäftigt bereits mehr als 5.000 Mitarbeiter, inklusive Zeitarbeitskräfte.

Die Solar Academy Günther Kramer

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Bad ArolsenPrächtige Barock- und Museumsstadt im Wal-decker Land. Neben dem von barocken Kost-barkeiten geprägten Stadtbild ist das ehema-lige Residenzschloss der Fürsten zu Waldeck und Pyrmont besonders sehenswert. Tel.: 0 56 91.8 94 40, www.bad-arolsen.de

EschwegeKreisstadt im Werra-Meißner-Kreis mit über 1.000 Fachwerkhäusern, einem sehens-werten alten Rathaus (mit Glockenspiel), dem ehemaligen Landgrafenschloss und dem Nikolaiturm.Tel.: 0 56 51.33 19 85/-86, www.eschwege.de, www.werratal-tourismus.de

FritzlarDom- und Kaiserstadt und aufstrebendes Mittelzentrum. Lohnend ist der Besuch des prachtvollen St. Petri Doms samt Domschatz sowie der von Fachwerkbauten umschlossene Marktplatz. Tel.: 0 56 22.98 86 43, www.fritzlar.de

Bad HersfeldFestspielstadt und Logistikdrehscheibe in der Mitte Deutschlands. Die Stiftsruine, größte romanische Kirchenruine Europas, ist alljährlich imposante Kulisse für die Hersfelder Festspiele. Tel.: 0 66 21.20 11 11, www.tourist-hef.de

Bad KarlshafenBeschaulicher Heil- und Kurort. Das histo-rische Rathaus am Hafen, das Hugenotten-museum und ein Faksimile des Evangeliars Heinrichs des Löwen im Ortsteil Helmars-hausen lohnen einen Ausflug in die barocke Stadt an der Weser.Tel.: 0 56 72.99 99 22, www.bad-karlshafen.de

KasselMit knapp 200.000 Einwohnern Nordhessens Oberzentrum, zudem documenta-Stadt und einer der bedeutendsten Museums-Standorte in Deutschland. Das Schloss Wilhelmshö-he beherbergt eine der weltweit umfang-reichsten Rembrandt-Sammlungen.Tel.: 05 61.70 77 07, www.kassel-marketing.de

KorbachZwischen Hochsauerland und Edersee ge-legene Kreisstadt des Landkreises Waldeck-Frankenberg. Hessens einzige Hansestadt lockt mit 250 Millionen Jahre alten Expona-ten zur Fossilienfundstelle „Korbacher Spal-te“ im Wolfgang-Bonhage-Museum.Tel.: 0 56 31.5 32 32, www.korbach.de

MelsungenRomantische Fachwerkstadt und Standort des weltweit agierenden Medizintechnik-Herstellers B. Braun Melsungen. Sehenswert sind das historische Rathaus sowie die Bar-tenwetzerbrücke.Tel.: 0 56 61.92 11 00, www.melsungen.de

Rotenburg a. d. FuldaZwischen Kassel und Fulda gelegener ma-lerischer Luftkurort. Besonders sehenswert sind das Landgrafenschloss, die alte Land-vogtei sowie die Schleusen- und Wehrablage aus der Zeit, als die Fulda noch schiffbar war.Tel.: 0 66 23.55 55, www.rotenburg.de

Bad Sooden-AllendorfIst am Dreiländereck Hessen-Thüringen-Niedersachsen gelegen und gehört zur Spit-zengruppe der deutschen Sole-Heilbäder. Se-henswert sind die architektonischen Perlen mittelalterlicher Fachwerkbauweise und die Werrataltherme mit integriertem Gradier-werk.Tel.: 0 56 52.9 58 70, www.bad-sooden-allendorf.de

Bad WildungenNordhessisches Heilbäderzentrum am Natio-nalwald Kellerwald-Edersee mit prachtvollen Jugendstilbauten, vielen Heilquellen und Eu-ropas größtem Kurpark.Tel.: 0800.7 91 01 00 (gebührenfrei), www.bad-wildungen.de

IMPRESSUM

HERAUSGEBER

Regionalmanagement Nordhessen GmbH

Ständeplatz 13 · 34117 Kassel

Tel.: 05 61.97 06 2-00 · Fax: 05 61.97 06 2-22

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REDAKTION

Anne Riedel · Thomas Wessel

[email protected]

Elfbuchenstraße 2 · 34119 Kassel

Tel.: 05 61.6 20 11 · Fax: 05 61.6 80 10

[email protected]

BEIRAT

Michael Adam, Annette Ulbricht, Klaus D. Brand-

stetter, Klaus Krimmel, Harald Kühlborn, Siegfried

Rauer, Holger Schach, Hans-Jochem Weikert,

Dieter Werkmeister

AUTOREN UND MITARBEITER DIESER AUSGABE

Burkhard Fincke, Dr. Bernhard Heitsch,

Dr. Frank Hermenau, Verena Joos, Ilona Lehnart,

Anne Riedel, Juliane Sattler, Susanne Scheerer-

Maaß, Corinna Schoeps, Rainer Schumann,

Anne-Kathrin Stöber, Joachim F. Tornau,

Thomas Wessel, Sabine Wilms

GESTALTUNG

Roberts Marken & Kommunikation GmbH, Kassel

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ari.adne information & kommunikation

Fax: 05 61.6 80 10 · [email protected]

DRUCK

Strube Druck & Medien OHG, Felsberg

Ausgabe: Sommer 2011

Druckauflage: 40.000

Herausgeber und Redaktion haften nicht für Druck-

und Satzfehler, nicht für verspätete Auslieferung

durch die Druckerei und nicht für unverlangt

eingesandte Bilder und Manuskripte. Termin- und

Adressangaben sind ohne Gewähr. Nachdruck nur mit

schriftlicher Genehmigung der Redaktion erlaubt.

1. Preis: Ein Aufenthalt im Landhaus Kern in Bad Zwesten, dem 1. Themenhotel in Hessen: Zwei Übernach-tungen für zwei Personen in einem individuellen Themenzimmer im eleganten Landhausstil – inkl. Frühstück, einem 3-Gang-Wahlmenü sowie einer Bio-Kräuterstempel-Rückenmassage im neuen Lehm-spa und einer exklusiven Edelstein- Gesichtsbehandlung. www.landhotel-kern.de

2. Preis: Ein 3-Tage-Trip mit E-Bikes für 2 Personen im Wert von 120 Euro: Sie können mit „Pedelecs“ und eingebautem Rückenwind drei Tage lang durch Nordhessen radeln. www.movelo.de

3. Preis: 1 Familienticket für 2 Erwachsene und bis zu 4 Kinder im Alter von 4-16 Jahren. Das Ticket berechtigt Sie einen ganzen Tag lang zur Nutzung des Sightseeing-Busses in Kassel sowie sämtlicher NVV-Busse, Straßenbahnen und Regiotrams in Kassel und dem näheren Umland („Kassel-Plus-Gebiet“). www.kassel-stadtrundfahrt.de

Rätselhaft

Dieses Foto zeigt das erste Kunstwerk der dOCUMENTA (13), kurz d13. Wissen Sie, wo es steht?Dann schicken Sie die Auflösung per E-Mail an [email protected] oder per Postkarte an die Redaktion Magazin aus der Mitte, Elfbuchenstraße 2, 34119 Kassel.Einsendeschluss ist der 15. Oktober 2011. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.Ihre Daten werden weder gespeichert noch an Dritte weitergegeben!

Unter den richtigen Einsendungen werden verlost:

Stiftsruine, Bad HersfeldBrückenhausen, Eschwege

Dom, Fritzlar

Kurpark, Bad Wildungen

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Anleitung zur korrekten Einbindung der Marke GrimmHeimat NordHessen auf Partnermedien:

Schriftzug (Vektorgrafik) und Schatten (Pixelbild) sind voneinander getrennt, damit der GrimmHeimat Bogen auch auf Bildern und farbigen Flächen platziert werden kann. Durch das Multiplizieren/Überdrucken des Schattens entsteht die benötigte Transparenz.

(a) dient zum Einsatz auf weißen Hintergründen. Mit Hilfe der Schnittmarken an der unteren rechten Ecke des Mediums ausrichten.

Bei Einsatz auf Bildern oder farbigen Hintergründen bitte wie folgt vorgehen:

1. Datei beschneiden, so dass nur Schriftzug (b) zu sehen ist. Mit Hilfe der Schnittmarken den Schriftzug (b) an der unteren rechten Ecke des Mediums ausrichten

2. Datei duplizieren und so beschneiden, dass nur der Schatten (c) zu sehen ist. Mit Hilfe der Schnittmarken passgenau unter dem Schriftzug (b) ausrichten und mit dem Hintergrund multiplizieren (alternativ auf “Überdrucken” stellen).

Hinweis: Bitte prüfen Sie bei großformatigen Produktionen (z.B. LKW oder Banner, etc.), ob die Druckauflösung des Schattens für Ihre Produktion aussreicht. Sollte dies nicht der Fall sein, kontaktieren Sie uns bitte. Sie erhalten dann umgehend die benötigten Daten.

Bei Fragen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.

neue formen GmbH & Co. KGIhr Ansprechpartner: Sascha GundlachTel.: +49 561 70165-0www.neueformen.net

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Orangerie, Kassel

Küsterhaus, Bad Hersfeld

Reiche Region

Schloss Wilhelmsthal, Calden

Rathaus, Frankenberg

Residenzschloss, Bad Arolsen

Ausgezeichnete Rad- und Wanderwege, einzigartige Wälder, bezaubernde Landschaften, Seen und Flüsse, malerische Fachwerkstädte, märchenhafte Schlösser und Burgen: Nordhessen ist eine Schatzkammer, reich an Natur- und Kulturschätzen. Diese werden zunehmend auch von Touristen entdeckt: Jahr für Jahr kommen bereits weit über zwei Millionen Urlaubsgäste. Eine Tour mit Rädern, Bussen und Bahnen durch alle fünf Kreise ist auf der Karte rot eingezeichnet (Alternativ-Routen gestrichelt); weitere Tipps stehen unter www.nordhessen.de

Habichtswald

Naturpark

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Hofgeismar

Bad Arolsen

Witzenhausen

Eschwege

Bebra

Kaufungen

Schwalmstadt

Borken

Alsfeld

Fritzlar

Homberg (Efze)

Bad Emstal

Kirchheim

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Bad Zwesten

Frankenau

Frankenberg (Eder)

Bad WildungenMelsungen

KASSEL

Bad Karlshafen

Hann. Münden

Rotenburg a.d. Fulda

Bad Hersfeld

Waldeck

Willingen

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Vellmar

LohfeldenBaunatal

Hessisch Lichtenau

Ahlheim

Trendelburg

Sababurg

Felsberg

Wolfhagen

Korbach

Fachwerk-Altstadt, Bad Sooden-Allendorf

Schloss Wilhelmshöhe, Kassel

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(a) dient zum Einsatz auf weißen Hintergründen. Mit Hilfe der Schnittmarken an der unteren rechten Ecke des Mediums ausrichten.

Bei Einsatz auf Bildern oder farbigen Hintergründen bitte wie folgt vorgehen:

1. Datei beschneiden, so dass nur Schriftzug (b) zu sehen ist. Mit Hilfe der Schnittmarken den Schriftzug (b) an der unteren rechten Ecke des Mediums ausrichten

2. Datei duplizieren und so beschneiden, dass nur der Schatten (c) zu sehen ist. Mit Hilfe der Schnittmarken passgenau unter dem Schriftzug (b) ausrichten und mit dem Hintergrund multiplizieren (alternativ auf “Überdrucken” stellen).

Hinweis: Bitte prüfen Sie bei großformatigen Produktionen (z.B. LKW oder Banner, etc.), ob die Druckauflösung des Schattens für Ihre Produktion aussreicht. Sollte dies nicht der Fall sein, kontaktieren Sie uns bitte. Sie erhalten dann umgehend die benötigten Daten.

Bei Fragen stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.

neue formen GmbH & Co. KGIhr Ansprechpartner: Sascha GundlachTel.: +49 561 70165-0www.neueformen.net

Wolfgang-Bonhage-Museum mit Kilianskirche, Korbach

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Es gibt Regionen, dielassen die Sonne nur scheinen.

Und es gibt Nordhessen.

www.regionnordhessen.de

Hier finden Sie Antworten auf die Zukunftsfragen der Energieversorgung. Nordhessen verfügt über weltweit führendes Know-how in Wissenschaft, Forschung und Industrie – nicht nur auf dem Gebiet der Solartechnik. Deshalb haben sich die dezentralen Energietechnologien als Jobmotor mit besten Wachstumsperspektiven entwickelt. Denn Nordhessen hat die Energie der Zukunft.

Die Lage ist gut ....