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Wir helfen Menschen. NR. 1/2011 Nachbarn Neue Dienstleistung: Betriebliche Sozialberatung Jubiläum Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende Freiwilligenarbeit Engagiert. Freiwillig.

Magazin Nachbarn 1101

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Das Caritas-Magazin mit dem Themenschwerpunkt Freiwilligenarbeit.

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Page 1: Magazin Nachbarn 1101

Wir helfen Menschen.

NR. 1/2011

NachbarnNeue Dienstleistung: Betriebliche Sozialberatung Jubiläum Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende

Freiwilligenarbeit Engagiert. Freiwillig.

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2 Caritas Nachbarn 1/11 Titelbild: Andreas Schwaiger

Inhalt

Editorial 3Rupert Summerauer

Freiwilligenarbeit

Freiwilliges Engagement 4für eine gute Sache

Wolfgang Freyenmuth, Aline Gut und dieGehrigs erzählen, warum sie sich für ihre Mitmenschen engagieren und wie sie die Caritas damit unterstützen.

Soziale Verantwortung 8übernehmenDie meisten Menschen sind bereit, sich für die Gesellschaft zu engagieren und ih­ren Mitmenschen zu helfen. Doch es wird immer schwieriger, Freiwillige zu finden – das Geld und die Zeit der Einzelnen wer­den immer knapper. Darum will die Cari­tas den Stellenwert der Freiwilligenarbeit erhöhen.

Caritas Thurgau

Freiwilligkeit ist ein 10Gewinn für beide SeitenDank Freiwilligen kann die Caritas Thurgau Dienstleistungen für benachtei­ligte Kinder und Erwachsene anbieten.

Betriebliche Sozialarbeit 12hat Potenzial

Ein Gespräch mit Martin Breu, Bereichs leiter Human Resources der Voigt­Gruppe in Romanshorn.

News 13

Direkte Auswirkungen der ALV-Revision

20 Jahre Rechtsberatung für Asylsuchende Thurgau

Caritas-Netz

Die Caritas-Märkte 15sind nicht gratisIm Caritas­Markt erhalten Armutsbetrof­fene Lebensmittel und Produkte des täg­lichen Bedarfs zu Tiefstpreisen. Ein Teil der Artikel wird durch Warenspenden und Unterstützungsbeiträge aus der Wirt­schaft finanziert. Für den Rest kommen die regionalen Caritas­Stellen selbst auf.

News aus dem Caritas-Netz 16

Persönlich 17Bänz Friedli, Hausmann und freier Autor.

Kiosk 18

Gedankenstrich 19Tanja Kummer

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Editorial

Rupert Summerauer Geschäftsleiter Caritas Thurgau

Etwas Sinnvolles tun.

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«Nachbarn», das Magazin der regionalen Caritas-Stellen, erscheint zweimal jährlich.

Gesamtauflage: 48 600 Ex. Auflage TG: 2 500 Ex.

Redaktion: Simone Curau-Aepli (Caritas Thurgau); Ariel Leuenberger (national)

Gestaltung und Produktion: Daniela Mathis, Urs Odermatt

Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern

Caritas Thurgau | Felsenstrasse 11 | 8570 Weinfelden | Tel. 071 626 80 00

www.caritas-thurgau.ch | PC 85-1120-0

Impressum

L’organisation XY est certifiée par ZEWO depuis 19XX.

L’organisation XY est certifiée par ZEWO depuis 19XX.

Caritas Thurgau ist seit 2004 ZEWO-zertifiziert.

Caritas Thurgau ist seit 2004 ZEWO-zertifiziert.

«Alles wird mit der Frage der Wirtschaftlichkeit durchleuchtet – auch bei der Freiwilligenarbeit ist dieses Bestreben angekommen.»

Die Ökonomisierung verschiedener Be­reiche – auch der sozialen Arbeit – ist heute in aller Munde. Alles wird mit der Frage der Wirtschaftlichkeit durchleuchtet; auch bei der Freiwilligenarbeit ist dieses Bestreben angekommen. Wir als Caritas müssen uns selbstkritisch fragen, ob wir mit dem So­zialzeitausweis, der theoretischen Mone­tarisierung der geleisteten Freiwilligenar­beit in Jahresberichten etc. dieser wirklich einen Dienst leisten. – Ich bin mir nicht so sicher. Eines ist aber sicher: Unser gesamtes

Gesellschaftssystem funktioniert nur mit freiwilligem Engagement.

Ein weiteres Thema in dieser Nummer ist die betriebliche Sozial­ und Schuldenbe­ratung. Es freut uns ausserordentlich, dass Thurgauer Firmen sich ihrer Verantwor­tung bewusst sind und wir ihren Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern professionelle Beratung anbieten können. Das Warum und Wie erklären wir Ihnen auf Seite 12 genauer.

Danke für Ihr Interesse!

Liebe Leserin, lieber Leser

Warum es ein Jahr der Freiwilligen braucht? – Lassen Sie mich kurz zurückschauen. Im nicht industrialisierten Europa war das Le­ben oft um einiges härter als heute, da wa­ren die Menschen bei vielen Aufgaben auf gegenseitige freiwillige Hilfe angewiesen. Alle wussten, wenn ich helfe, dann wird auch mir geholfen. Für Christen kam der Gedanke der Nächstenliebe dazu: Helfen aus Solidarität.

Wo stehen wir heute? – Es gibt zum Glück immer noch die «Gutmenschen»,

die jemandem gerne etwas «zuliebe» tun. Sie tun etwas Sinnvolles und bekommen dafür Anerkennung. Scheinbar ist es nicht mehr so selbstverständlich, dass wir uns freiwillig engagieren. Es braucht aber die kleinen Solidaritäten im Alltag und neuen Ansporn, damit in unserer Gesellschaft freiwilliges Engagement breit abgestützt funktioniert. Im Stillen wird viel Freiwil­ligenarbeit geleistet – diese soll sichtbar ge­macht werden.

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Freiwilligenarbeit

4 Caritas Nachbarn 1/11

Seit rund einem Jahr fährt Wolfgang Freyenmuth fast jeden Donnerstagnach­mittag das Caritas­Markt­Mobil von Wein­

felden nach Sirnach. Für die rund 19 Kilo­meter braucht er knapp eine Stunde, denn schneller als Tempo 40 darf er mit dem

voll beladenen Mobil nicht fahren. Wenn er dann auf dem grossen, etwas abseits ge­legenen Parkplatz in Sirnach ankommt, erwarten ihn bereits die ersten Kunden. Am Anfang wurde er von einem Caritas­ Mitarbeiter begleitet. Jetzt schmeisst er den Laden wie ein Verkaufsprofi. Laden? In der Tat entpuppt sich das Caritas­Markt­ Mobil als kleines, fahrendes Einkaufspa­radies für jene, die mit weniger als dem Existenzminimum leben. Hier können sie mit der Caritas­Markt­Einkaufskarte stark verbilligte, aber einwandfreie Lebensmit­tel und Produkte für den täglichen Bedarf

Sich mit 65 Jahren zur Ruhe setzen? Das kam für Wolfgang Freyenmuth nicht infrage. Darum betreut er als Freiwilliger einmal pro Woche das Caritas-Markt-Mobil. Auch Aline Gut sowie das Ehepaar Gehrig engagieren sich seit Jahren unent-geltlich in Projekten der Caritas. Sie erzählen, warum sie sich für ihre Mitmenschen engagieren, wie sich das freiwillige Engagement gestaltet und wie sie die Caritas damit unter-stützen.

Freiwilliges Engagement für eine gute Sache

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Freiwilliges Engagement für eine gute Sache

5 1/11 Nachbarn Caritas

erwerben. Während der Öffnungszeit von 15 bis 17.30 Uhr bedient Wolfgang Freyen­muth jeweils um die 20 Kunden – vom randständigen Jungen über arbeitslose Er­

wachsene bis hin zum gehbehinderten Be­tagten. «Es gibt sicher noch mehr Bedürf­tige in der Umgebung, die vom Angebot profitieren könnten», vermutet er.

Sich engagieren macht FreudeDie Ruhe nach dem ersten Ansturm ver­bringt der freiwillig Engagierte lesend oder bei einem Schwätzchen mit einem Kunden.

Er versteht die Sorgen der Leute, spricht ih­nen Mut zu, gibt da und dort einen Tipp. «Ich stand auch nicht immer auf der Son­nenseite des Lebens.» Kürzlich habe ihm eine ältere Kundin zugewinkt, als er mit

dem Mobil vorbeifuhr. «Wenn mich die Leute wiedererkennen und wenn sie gerne hier einkaufen kommen, freut mich das sehr.» Überhaupt bereite ihm das freiwillige Engagement bei der Caritas grosse Freude, denn er könne so direkt helfen. «Der regel­mässige Kontakt zu den Leuten bewahrt mich zudem davor, ein Eigenbrötler zu wer­den», lacht der pensionierte Baufachmann.

Fördern, fordern, motivierenAuch Aline Gut freut sich, wenn sie mit ih­rem freiwilligen Engagement bei der Ca­ritas Gutes tun kann. Zum Beispiel, wenn

«Es macht mir Freude, wenn ich helfen kann – ich stand auch nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens.»

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«Es ist mir wichtig, dass Mütter und Kinder dank der Sprache in unsere Gesellschaft hineinwachsen können.»

Freiwilligenarbeit

6 Caritas Nachbarn 1/11

eine ihrer Schülerinnen erzählt, dass sie dank besserer Deutschkenntnisse eine Ar­beit gefunden habe. Die pensionierte Kran­kenschwester unterrichtet seit 1999 unent­geltlich Deutsch für Migrantinnen. «Indem ich als Freiwillige arbeite, kann die Caritas den Kurs günstiger anbieten. Das macht es den meisten Teilnehmerinnen erst möglich, am Kurs teilzunehmen, denn sie haben nur wenig Geld.»

Im Kurslokal in Wetzikon herrscht bereits reges Treiben. Die Teilnehmerin­nen bringen ihre kleinen Kinder mit, die in einem «Spielzimmer» betreut werden, während die Mütter Deutsch lernen. Zehn Frauen aus Albanien, Mazedonien, Kro­atien, Sri Lanka, Nepal und Angola neh­men am Unterricht teil. Die grösste He­rausforderung seien die unterschiedlichen Bildungs­ und Integrationsniveaus sowie die sprachlichen Vorkenntnisse der Frauen, sagt Aline Gut. «Fördern, fordern, moti­vieren» ist ihr Motto. Mit Geduld, Einfüh­

lungsvermögen und einer Portion Hart­näckigkeit führt die Kursleiterin souverän durch den Unterricht. Ein Lehrbuch mit Grammatik­ und Konversationsübungen sowie eine CD mit Übungen zum Nach­

sprechen unterstützen sie dabei. Gemein­sam mit den Frauen freut sich Aline Gut über jeden kleinen Fortschritt. «Es ist mir wichtig, dass Mütter und Kinder in unsere Gesellschaft hineinwachsen können. Indem die Mütter die Sprache lernen, werden sie offener und selbstbewusster. Sie gehen mit ihren Kindern in den Park, wo diese wie­derum beim Spielen Deutsch lernen.» Das ist die eigentliche Motivation für Aline Gut, sich in diesem Projekt der Caritas zu enga­gieren. Seit zwei Jahren übrigens gemein­sam mit ihrer Schwester.

Zeit und Aufmerksamkeit schenkenGemeinsam engagiert sich auch das junge Ehepaar Karin und Patrick Gehrig aus Rüschegg. Den kleinen Garten vor dem Einfamilienhaus der Gehrigs dominiert ein

grosses Biotop, das im Sommer auch zur Abkühlung dient. Auf der Holzveranda rä­kelt sich Nalu, die Katze, in der wärmenden Frühlingssonne. Drinnen geht es lebhafter zu. Patrick, Julia und Lukas spielen eine Partie Scotland Yard, während Karin die letzten Spuren des ausgiebigen Sonntags­brunches tilgt. Gesellschaftsspiele, lange Spaziergänge an der frischen Landluft, he­rumtollen mit Lena, der Berner Sennen­hündin, lesen, TV gucken, die gemein­same Zeit geniessen: das machen die Kids am liebsten, wenn sie bei den Gehrigs sind.

Aline Gut (links) wiederholt geduldig einen Satz. Das Erfolgserlebnis sei wichtig für das Selbstbe-wusstsein der Frauen, sagt die freiwillig engagierte Leiterin des Deutschkurses für Migrantinnen.

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7Texte: Bettina Zeugin, Irène Barmettler; Illustration & Grafik: Mark Sasvary 1/11 Nachbarn Caritas

Die Gehrigs sind nicht die Eltern von Julia und Lukas. Aber sie haben im Rah­men des Projektes «mit mir» der Caritas die Patenschaft für das Geschwisterpaar über­nommen. Jedes zweite Wochenende ver­bringen die 12­Jährige und ihr 11­jähriger Bruder beim Patenpaar. Und in den Schul­ferien bleiben sie auch mal eine ganze Wo­che in Rüschegg. Julia zeigt stolz das hübsch eingerichtete Kinderzimmer mit einem Re­gal voller Spiele und Bücher. «Am Anfang mussten wir uns aneinander gewöhnen. Heute können wir uns die Wochenenden mit Julia und Lukas nicht mehr wegden­ken», strahlt Karin. Patrick, ihr Mann, fügt hinzu: «Es ist das Beste, was uns je passie­ren konnte.» Passiert ist es aber nicht ein­fach so. Eigene Kinder haben die 39­jäh­rige medizinische Praxisassistentin und der 41­jährige Verträgerchef bei der Post nicht. Es habe sich nicht ergeben, sagen sie. Und als sie vor rund dreieinhalb Jahren in der Zeitung über das Patenschaftsprojekt der Caritas gelesen haben, war klar, da wollen sie sich engagieren.

Ein intaktes FamilienlebenDie berufstätige, alleinerziehende Mutter von Julia und Lukas wiederum wünschte sich nur eines: dass ihre Kinder auch eine Art «intaktes Familienleben» erleben kön­nen. Als Karin und Patrick die Patenschaft

übernahmen, begleitete sie die Mutter am Anfang auf Ausflügen ins Museum, in den Zoo oder zum Picknick. Denn sie wollte wissen, mit wem, wie und wo ihre Kinder die Zeit verbringen. Heute pflegen sie ei­nen vertrauensvollen Kontakt zueinander. «Wir sind keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zur Mutter. Wenn die beiden zu uns kommen, sind wir 100 Prozent für sie da», versichert Karin. «Der Abschied fällt auch nicht immer leicht. Aber jeder hat sei­nen eigenen Alltag. Und das ist gut so.»

Einmal pro Jahr treffen sich Interes­sierte, Patinnen und Patenpaare, um sich auszutauschen. «Und wenn wir Fragen ha­ben oder unsicher sind, können wir jeder­zeit unsere Kontaktperson bei der Caritas anrufen», erklärt Patrick.

Karin und Patrick Gehrig sind sich ei­nig: Das freiwillige Engagement als Paten­paar haben sie keine Sekunde bereut. Wer sich für eine Patenschaft interessiere, müsse aber unbedingt Geduld, Einfühlungsver­mögen, Freude an Kindern und die Bereit­schaft mitbringen, auch mal ein Auge zu­zudrücken, wenn etwas in die Brüche gehe.

Die drei Beispiele zeigen: Freiwilliges Engagement bei der Caritas ist ein Geben und ein Nehmen; man kann viel Gutes be­wirken und viel Schönes erleben.

Verschworene Bande: Patrick und Karin Gehrig verbringen jedes zweite Wochenende zusammen mit ihren Patenkindern Julia und Lukas.

Denise Moser, PräsidentinForum Freiwilligenarbeit Schweiz

Ein Gewinn für sich selbst

Freiwilliges Engagement ist der Kitt, der unsere Gesellschaft auf allen Ebenen zu-sammenhält, und das wird auch so blei-ben. Freiwilliges und ehrenamtliches En-gagement ist heute ein Thema, über das man öffentlich diskutiert und berichtet. Man leistet Freiwilligenarbeit nicht mehr im Verborgenen, nur um zu helfen: Beim persönlichen Entscheid für einen Frei-willigeneinsatz spielt die Freude an der Tätigkeit eine zentrale Rolle. Die Freiwil-ligen sind keine «dienstleistenden Gut-menschen», sie erwarten von einer frei-willigen Tätigkeit auch einen Gewinn für sich selber. So bekommen sie neue Kontakte, gewinnen zusätzliche Kompe-tenzen, sammeln Erfahrungen usw. Mit dem Sozialzeitausweis kann das sicht-bar gemacht und qualifiziert werden.

Freiwillige stellen Ansprüche bezüglich der zeitlichen Gestaltung ihres Engage-ments. So wollen sie sich heute weniger längerfristig für regelmässige Einsätze verpflichten. Sie bevorzugen konzen-trierte, zeitlich limitierte Aufgaben.

Dieser Trend steht im Widerspruch zu den Wünschen von sozialen Organisa-tionen. Diese möchten ihre Freiwilligen möglichst langfristig einsetzen können, weil sie in ihre Betreuung, Ausbildung und Qualifikation investierten. Die un-terschiedlichen Ansprüche stellen alle Verantwortlichen im Bereich Freiwilli-genarbeit vor eine grosse Herausforde-rung. Wenn wir die Einsatzbereitschaft von Freiwilligen für die Zukunft sichern wollen, müssen wir uns umgehend mit den Fragen rund um das Thema «zeitlich begrenzte Einsätze» auseinandersetzen.

www.forum-freiwilligenarbeit.ch

Kommentar

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Hintergrund: Freiwilligenarbeit

Soziale Verantwortung übernehmen

Ohne Freiwillige ginge in vielen Projekten und Dienstleistungen im Caritas­Netz we­niger oder gar nichts. Nur mit Unterstüt­zung der rund 4500 Freiwilligen können die Projekte zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ihre breite Wir­kung entfalten. Deshalb ist die Förderung und Weiterentwicklung der Freiwilligen­arbeit auch ein zentrales Anliegen der Ca­ritas. Gleichzeitig will die Caritas damit einen Beitrag zur Gestaltung einer solida­rischen Gesellschaft leisten. Freiwilligen­

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Die meisten Menschen sind bereit, sich für die Gesellschaft zu engagieren und ihren Mit-menschen zu helfen. Doch es wird immer schwieriger, Freiwillige zu finden – das Geld und die Zeit der Einzelnen werden immer knapper. Darum will die Caritas den Stellenwert der Freiwilligenarbeit erhöhen.

arbeit bildet eine wichtige und notwendige Ergänzung zu den vom Sozialstaat garan­tierten Leistungen.

Menschen wollen helfenEs ist häufig die Rede von einer schwin­denden Solidarität unter Nachbarn, im Dorf oder in der Stadt. Man vergisst dabei, dass die Mobilität grösser geworden ist, die Kontakte und Netzwerke häufiger wechseln und auch Beziehungen infolge beruflicher Engagements weniger intensiv gepflegt wer­

den können. Bei der Caritas machen wir die Erfahrung, dass die Menschen sehr wohl bereit sind, andere zu unterstützen und ih­nen beizustehen. Es fehlt jedoch oft ein An­knüpfungspunkt. Wenn aber die Beziehung hergestellt ist und Hilfesuchende sowie Un­terstützende zusammenkommen, sind die Solidarität und die Bereitschaft, Unterstüt­zung zu leisten, genauso gross wie früher.

Professionelle BegleitungUnsere Aufrufe zur Freiwilligenarbeit be­

Caritas Nachbarn 1/11

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stätigen dieses Bild. Viele Menschen mel-den sich und sind bereit, Aufgaben zu über-nehmen und Hilfe zu leisten. Die grosse gesellschaftliche Aufgabe besteht darin, die Menschen zusammenzuführen. Weil dies nicht mehr automatisch in der Nachbar-schaft funktioniert, braucht es Fachstellen, die Freiwillige vermitteln, in ihre Aufgaben einführen und sie begleiten. Sie können die Brücken bauen, die menschliche Solidari-tät wirken lässt.

Eine weitere Aufgabe besteht darin, die Zusammenarbeit von Freiwilligen und Festangestellten optimal zu gestalten. Fest-angestellte müssen sich auf die Zusammen-arbeit einstellen und sie entsprechend pla-nen. Auf der Seite der Freiwilligen besteht der Anspruch, professionell eingearbeitet, betreut und gefördert zu werden – Verbind-lichkeit ist auf beiden Seiten ein zentrales Anliegen. Heute ist es für Freiwillige wich-tig, dass ihr Engagement gesellschaftlich anerkannt wird und dass sie diese Leistun-gen auch in ihrem Lebenslauf ausweisen können.

Anerkennung verbessernFür die Zukunft der Freiwilligenarbeit muss diese gesellschaftliche Anerkennung verbessert werden. Das ist auch Ziel des Freiwilligenjahrs 2011. Bei der Rekrutie-rung und den Einsatzmöglichkeiten ste-hen unsere Gesellschaft und auch die Ca-ritas in den nächsten Jahren vor grossen Herausforderungen: Die heute im Arbeits-prozess stehende Generation der Frauen ist nicht mehr im selben Ausmass bereit, frei-willig Dienstleistungen, zum Beispiel bei der Pflege von Angehörigen, zu überneh-men. Andererseits sind Männer auch heute noch viel weniger bereit, pflegende und un-terstützende Tätigkeiten unbezahlt zu ver-richten.

9Texte: Bettina Zeugin, Irène Barmettler; Illustration & Grafik: Mark Sasvary 1/11 Nachbarn Caritas

Über 400 000 Stunden

Dank dem freiwilligen Engagement vieler Menschen kann die Caritas Projekte für Menschen in prekären Lebenslagen reali-sieren, die ohne diese Unterstützung nicht zustande kämen.

www.freiwilligenjahr2011.ch, www.sozialzeitausweis.ch, www.freiwilligenmonitor.ch, www.benevol.ch

Bundesamt für Statistik: Freiwilligenarbeit in der Schweiz, Neuchâtel 2008.

Peter Farago: Freiwilliges Engagement in der Schweiz. Seismo Verlag, Zürich 2007.

Beatrice Schumacher: Freiwillig verpflichtet. Gemeinnütziges Denken in der Schweiz seit 1800. NZZ Verlag, Zürich 2010.

Links und Publikationen

Freiwillige leisten für die Caritas einen unverzichtbaren Beitrag bei der Bekämp-fung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Insgesamt haben 4705 Freiwillige mit über 400 000 geleisteten Einsatzstunden im Jahr 2009 mehr als 65 Projekte der Caritas un-terstützt. Sei es als Patin von Kindern im Projekt «mit mir», als Mentorin von Ju-gendlichen bei «Incluso», als Unterstützung im Caritas-Markt, bei einem Bergeinsatz oder bei der Begleitung von Menschen im Freiheitsentzug; die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig und sinnstiftend. Freiwillige können sich bei der Caritas in den Tätig-

keitsfeldern Armut und soziale Benachtei-ligung, Migration, Begleitung in der letz-ten Lebensphase, Bergeinsatz sowie in der Institution und in verschiedenen ande-ren kleineren Projekten engagieren. Rund zwei Drittel aller Freiwilligen bei der Cari-tas sind Frauen, die sich besonders oft zur Bekämpfung von Armut und sozialer Aus-grenzung oder bei der Begleitung von Mi-grantinnen und Migranten einsetzen.

www.caritas-thurgau.ch/freiwillig

Armut 35%

Migration 15%

Begleitung in der letzen Lebensphase 4%

Berghilfe 24%

Diverses 10%

Institutionen 12%

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Caritas Thurgau

Schneidet man das Wort «freiwillig» ausein ander, zerfällt es ihn «frei» und «wil­lig». Die Gedankenspielerei gefällt Inge­borg Baumgartner, Koordinatorin für Frei­willigen­Einsätze bei der Caritas Thurgau: «Wer vier Stunden wöchentlich erübrigen kann und willens ist, etwas Sinnvolles zu tun, das nicht entlöhnt wird, der kann sich als freiwilliger Mitarbeiter, freiwillige Mit­arbeiterin bei uns melden.» Reicht Zeit und Wille wirklich aus? Nicht ganz. «Gutmen­schen mit Helfersyndrom oder solche, die den eigenen Problemen ausweichen wollen, können wir nicht berücksichtigen. Auch

Pflichtbewusstsein reicht nicht. Wir brau­chen Menschen, die überzeugt sind, dass auch ihnen dieser Einsatz etwas bringt.»

Wenn Geben und Nehmen sich die Waage halten, besteht eher Gewähr, dass eine Verbindlichkeit entsteht. «Diese Ernst­haftigkeit wollen wir spüren, auch wenn wir wissen, dass wir niemanden hindern kön­nen, vorschnell auszusteigen.» Vor allem im Projekt «mit mir» (siehe Kasten) ist Kon­stanz wichtig, damit nicht Schaden ange­richtet wird.

Dem guten Ruf der Ehrenamtlichkeit verpflichtetDas Patenschaftsprojekt «mit mir», das auch von anderen Caritas­Stellen geführt wird, wurde im Thurgau 2004 eingeführt. Mit Erfolg. Zwischen Götti/Gotte und Kind haben sich in einigen Fällen Beziehungen entwickelt, die über die dreijährige Paten­schaft hinaus bestehen. Zu den neuen An­geboten der Caritas Thurgau im Freiwil­ligenbereich gehören seit letztem Jahr die Mitarbeit im «Ding­Shop» und im «Cari­tas­Markt­Mobil». Wer mit Freiwilligen ar­beitet, muss sich selbst auch in die Pflicht

Unbezahlt, aber unverzichtbar und wertvoll Zuweilen bringt ein Ehrenamt tatsächlich Ehre. Häufiger aber geschieht Freiwilligenarbeit im Stillen und wird daher übersehen. Das muss sich ändern; denn richtig verstandene Freiwillig-keit ist ein Gewinn für beide Seiten.

Das Team Freiwilligenarbeit (v.l.n.r.):Rupert Summerauer, Ingeborg Baumgartner, Thomas Spirig, Thomas Kunz, Cyrill Oderbolz und Susanne Nobs-Rageth

10 Caritas Nachbarn 1/11

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11Text & Bilder: Kathrin Zellweger 1/11 Nachbarn Caritas

nehmen. Es geht um nichts weniger als den guten Ruf der Ehrenamtlichkeit. Daher hat die Caritas Thurgau ein Konzept erarbeitet mit Grundsätzen, Standards und Verant­wortlichkeiten. So wird die Freiwilligen­arbeit mess­ und vergleichbar.

Bei freiwilligen Einsätzen liegt der An­trieb nicht beim Geld, da nur eine Spe­senpauschale ausgerichtet wird. Der An­reiz liegt zum Beispiel darin, dass jemand ausserhalb seiner vier Wände wieder Kon­takte knüpfen möchte, eine Aufgabe sucht, Wissen weitergeben und Neues dazulernen will, nebst dem guten Gefühl, jemandem ei­nen Dienst zu erweisen. «Das kann durch­

aus auch ein Grund fürs Engagement sein», sagt Ingeborg Baumgartner. Die ehrenamt­lichen Helfer werden nicht einfach losge­schickt; sie werden bei ihrem Einsatz be­gleitet, haben Anrecht auf Weiterbildung in ihrem Segment und können einen So­zialzeitausweis verlangen. «Mindestens ebenso wichtig ist, dass sie unsere Dank­barkeit spüren. Daher organisieren wir das Dankeschön­Fest.» Dann äussert die Ko­ordinatorin einen kühnen Wunsch: «Das Schönste wäre, wenn sich jemand mit sei­ner Freiwilligenarbeit so identifizierte und sagen könnte: ‹Ich bin Caritas.›» Ein nicht unrealistisches Ansinnen, wenn man be­denkt, dass Caritas (lateinisch) tätige Nächs tenliebe heisst.

Freiwilligenarbeit ist im wahrsten Sinn wert-vollDie Caritas Thurgau ist im Bereich Beschäf­tigungsprogramme besonders stark; hier geht es nicht um Freiwilligenarbeit, im Ge­genteil. Das hindert die Caritas Thurgau nicht, ihren Fokus zu erweitern, weil sie sich bewusst ist, dass die Arbeit von Frei­willigen einen Wert hat und der gesamten Gesellschaft Nutzen bringt. Die Caritas Thurgau selbst kann nur dank Freiwilliger verschiedene Projekte für sozial benachtei­ligte Kinder und Erwachsene anbieten. An

Ideen für zusätzliche Einsatzbereiche fehlt es der Koordinatorin nicht. Diese müssen allerdings erst noch entwickelt werden.

Die Caritas Thurgau ist heute schon Partnerin des Freiwilligenzentrums. Noch ist es Zukunftsmusik, aber für Ingeborg Baum gartner ist denkbar, dass eine Stel­lenbörse für Freiwilligen­Einsätze im Thur­gau geschaffen wird. Auch ein Pool mit Namen von Freiwilligen wäre wünschens­wert. Diese Projekte müssten von allen In­stitutionen getragen werden, welche die Idee der Freiwilligkeit unterstützen. Beide Ideen sind etwas heikel; es könnten Nied­riglohn­Arbeitsplätze verloren gehen, weil

ehrenamtliche Helferinnen und Helfer ih­ren Job ohne Entlöhnung machen. «Eine Gratwanderung», gesteht Ingeborg Baum­gartner, «aber wir sind keine gewinnori­entierte Organisation; wir ermöglichen Freiwilligen, ihre Zeit und ihr Wissen wei­terzuschenken wie eine Spende, um damit etwas Gutes zu bewirken.»

Es geht nie darum, Staatsaufgaben über­flüssig zu machen, sondern die Lücken im Angebot des Sozialstaates zu füllen. Zuhan­den der ZEWO muss die Caritas Thurgau jedes Jahr zusammenstellen, wie viel Frei­willigenarbeit geleistet wurde. 2009 waren es 256 Helfende, die in 9086 Stunden frei­williger Arbeit einen Betrag von 227 150 Franken «erwirtschaftet» haben. «Diese Tatsachen wollen wir bewusstmachen.» In­dem 2011 zum Jahr der Freiwilligenarbeit ausgerufen wurde, hat man ein wichtiges Zeichen gesetzt. Auch der Kanton Thurgau hat 100 000 Franken für Freiwilligenpro­jekte gesprochen.

«mit mir» ist ein Patenschaftsprojekt, bei dem Gottis/Göttis oder Omas/Opas einem oder mehreren Kindern Zeit schenken. Ein- bis zweimal monatlich unternehmen sie etwas mit einem Kind, lassen sich auf seine Welt ein. Wir suchen nun Personen mit sozialem Hintergrund, die sich als freiwillige/r Vermittler/in engagieren.

Der «Ding-Shop» in Sirnach ist eine Sozialfirma mit neuen und gebrauch-ten Büro- und Werkstattmöbeln, Elektrogeräten und Computern sowie Secondhand-Kleidern zu tiefen Preisen. Für Freiwillige mit handwerklichem Geschick tut sich hier ein weites Feld auf, denn die Artikel müssen oft überholt werden.

Das Caritas-Markt-Mobil, ein umgebauter Milchexpress, fährt wöchent-lich mit Gütern des täglichen Bedarfs von Weinfelden aus in verschiedene Orte des Kantons. Menschen mit einer Caritas-Markt-Karte können hier günstig einkaufen. Wer Spass hat am Autofahren, kann eine wöchentliche Tour übernehmen.

Freiwilligenarbeit bei der Caritas Thurgau

Ingeborg Baumgartner, Koordinatorin

Freiwilligenarbeit Caritas Thurgau.

«Die ehrenamtlichen Helfer werden nicht einfach losgeschickt; sie werden begleitet, haben Anrecht auf Weiterbildung und können einen Sozialzeitausweis verlangen.»

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12 Caritas Nachbarn 1/11 Text: Simone Curau-Aepli; Bild: Andreas Schwaiger

Caritas Thurgau

Betriebliche Sozialberatung – Potenzial zum Erfolgsmodell

«Nachbarn»: Martin Breu, haben Ihre Mitarbeitenden heute mehr Pro-bleme, dass Sie dieses Angebot ma-chen und sogar finanzieren?

Martin Breu: Wir stellen fest, dass in den letzten Jahren vermehrt Mitarbeitende mit persönlichen Fragen an uns treten, sei es aus dem finanziellen, familiären oder gesundheitlichen Bereich. Wir werten das nicht nur als Zeichen, dass mehr Probleme vorhanden sind, sondern, dass auch die Be­reitschaft wächst, die Probleme anzugehen und zu lösen.

Als Arbeitgeberin haben wir grösstes Interesse, dass es unseren Mitarbeitenden gut geht. Die betriebliche Sozialberatung ist dabei ein Element in unseren fortschrittli­chen Anstellungsbedingungen.

Warum haben Sie gerade die Caritas Thurgau als Partnerin ge-wählt?

Ein Merkmal unserer Belegschaft ist, dass sie multikulturell zusammengesetzt

ist und dass dies sehr gut funktioniert. In der Evaluation von möglichen Partnern war die langjährige Erfahrung der Caritas im Migrationsbereich daher ein wichtiges Kri­terium. Die Caritas Thurgau verfügt über dieses Know­how und geniesst in diesem Bereich einen guten Ruf sowohl bei Fach­stellen wie bei Klienten und Klientinnen.

Das Kerngeschäft der Caritas ist die So­zialberatung. Die Verantwortlichen haben rasch die Bereitschaft signalisiert, dieses Projekt mit uns zusammen zu entwickeln und konkret umzusetzen. Das war unser Wunsch, da wir dadurch die Gewähr erhiel­ten, ein für uns massgeschneidertes Modell anbieten zu können.

Wie offen haben die Mitarbeitenden auf dieses Angebot reagiert?

Wir sind uns bewusst, dass es sich um eine sehr persönliche bis intime Angele­genheit handelt. Die meisten Menschen ha­ben keine Erfahrung und daher eine grosse Hemmschwelle, sich zu outen, dass sie Pro­

bleme mit sich herumtragen und diese nicht alleine lösen können. Es braucht daher eine längere Anlaufphase, damit das Angebot unter den Mitarbeitenden bekannt wird und sie das notwendige Vertrauen aufbauen können. Wir setzen verschiedene Kommu­nikationsmittel ein wie Flyer, Plakate oder einen Bericht in der Mitarbeiterzeitung, zählen aber auch auf die Mund­zu­Mund­Propaganda innerhalb der Belegschaft.

Seit rund einem Jahr leistet die Caritas Thurgau betriebliche Sozial- und Schuldenberatung. Martin Breu, Bereichsleiter Human Ressources der Voigt-Gruppe in Romanshorn, erläutert im Gespräch, warum seine Unternehmung diese Zusammenarbeit schätzt.

Sozial- und SchuldenberatungDie betriebliche Sozial- und Schuldenbera-tung der Caritas Thurgau umfasst ein für die Mitarbeitenden des Betriebes kostenloses Angebot. Sie erhalten professionelle Bera-tung in persönlichen und familiären Fragen, bei betrieblichen Themen oder bei finanzi-ellen oder gesundheitlichen Problemen.

Mehr unter www.caritas-thurgau.ch/beratung

Die Sozialarbeitenden der Caritas Thurgau führen die Gespräche vor Ort.

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13Texte: Caritas Thurgau; Bild: Urs Siegenthaler 1/11 Nachbarn Caritas

Höhere Lohnabzüge tun weh und Steuern zahlen wir nicht wirklich gerne ... Mei­ner Meinung nach waren dies die Gründe, dass die ALV­Revision 2010 angenommen wurde mit verschiedenen Leistungskür­zungen für die Betroffenen.

Tatsache ist nun, dass wir in unserer Arbeit mit Erwerbslosen und Ausgesteu­erten die Auswirkungen drastisch zu spü­ren bekommen. Im April 2011 werden bis zu 600 Personen im Thurgau aus der ALV ausgeschlossen und ein Teil wird den Weg auf das Sozialamt antreten. Wir wissen zu­dem, dass ältere Menschen früher ausge­steuert werden und Jugendliche länger auf eine Leis tung der ALV warten müssen.

In den letzten Jahren haben wir ein trag­fähiges Netz zur sozialen und beruflichen Integration geschaffen. Mit der neuen Ge­setzgebung und der bis heute unklaren Auslegung auf Verordnungsstufe sind diese Projekte behindert oder gar in ihrer Exis­

Auswirkungen der Revision der Arbeitslosenversicherung (ALV)

1991 wurde die staatlich unabhängige Rechtsberatungsstelle für Asylsuchende im Kanton Thurgau (RBS TG) von den Hilfs­werken HEKS und Caritas Thurgau, dem damaligen Verein VEGS, dem Schweize­rischen Roten Kreuz (SRK) Thurgau sowie mit finanzieller Unterstützung der beiden Landeskirchen sowie von Einzelpersonen gegründet. Nach der Verlagerung der Asyl­verfahren an die Empfangszentren zügelte die Rechtsberatungsstelle 2004 von Wein­felden nach Kreuzlingen.

Die zwanzigjährige Geschichte der RBS TG ist geprägt von Veränderungen – zu­meist Verschärfungen im Asylgesetz. Die Beratungsstelle blieb dabei ihrem Auftrag treu, auf der Seite verfolgter Menschen zu stehen. Während das Engagement für Asyl­suchende anfangs noch in breiten Kreisen der Bevölkerung verankert war, schlug die Stimmung in den letzten Jahren immer mehr um in Skepsis, Angst oder gar Ab­lehnung. Auch die Finanzierung ist leider nicht mehr längerfristig gesichert.

Im anspruchsvollen schweizerischen Asylverfahren bedeutet ein positiver Ent­scheid, dass Menschen an Leib und Leben bedroht sind. Jedes Mandat der RBS TG bekommt damit eine existenzielle Bedeu­tung. Rechtsberatung ist eine notwendige Ergänzung zu einem korrekten und fairen Verfahren. Die Juristen und Juristinnen beraten Asylsuchende in Verfahrens­ und Rechtsfragen und helfen Abgewiesenen, die Chancen eines Rekurses einzuschät­zen. Werden Rechtsansprüche von Flücht­lingen verletzt, reichen die Beratungsper­sonen Beschwerde ein.

Am Samstag, 18. Juni 2011, lädt die RBS TG im Rahmen des Schweizerischen Flüchtlingstages zum Jubiläumsfest ein. Details dazu siehe Seite 18.

20 Jahre Rechts-beratung für Asyl-suchende Thurgau

Arbeit ist für alle Menschen von zentraler Bedeutung.

tenz bedroht. Diese Situation wurde auch von der Thurgauer Regierung als kritisch eingestuft. Sie prüft nun Massnahmen, um die Arbeitsintegration für ausgesteuerte So­zialhilfeempfänger zu erleichtern. Wir hof­fen sehr, dass die Auswirkungen für die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft mit weiteren Massnahmen möglichst sanft abgefedert werden können.

Rupert Summerauer, Geschäftsleiter ESRA Arbeitsintegration

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Günstiger einkaufen geht nicht.

«Dank dem Caritas-Markt habe ich viel Geld sparen können. Ich weiss nicht, was aus uns geworden wäre ohne diese Unterstützung!»Eliane P., alleinerziehende Mutter

Dank Ihrer Hilfe kann seine Familie günstig und gesund einkaufen

Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie

armutsbetroffenen Familien den Einkauf

von gesunden und ausgewogenen

Lebensmitteln im Caritas-Markt.

Herzlichen Dank!

Benutzen Sie bitte den beigelegten

Einzahlungsschein.

www.caritas-thurgau.ch/markt

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Mit schweizweit 20 Einkaufsläden für Ar­mutsbetroff ene ist der Caritas­Markt ein wichtiges und gut abgestütztes Angebot der Armutsprävention in unserem Land. Dass dieses Angebot einem starken Bedürfnis entspricht, zeigen die neusten Zahlen der Genossenschaft Caritas­Markt, des zen­tralen Warenbewirtschaft ers aller Caritas­Märkte. Mit einem Jahresumsatz von acht Millionen Franken wurde 2010 ein neuer Höchststand erreicht. Das Vorjahres­Re­kordergebnis ist nochmals um 800 000 Franken übertroff en worden. Die Fre­quenzen in den bestehenden Läden sind bis zu 30 Prozent gestiegen, teils wurden die Öff nungszeiten angepasst und mehr Mit­arbeitende engagiert.

Mehr Kunden – mehr AufwandDie grosse Nachfrage und die jährlichen Rekordumsätze sind das eine. Der damit stetig wachsende Aufwand ist das andere. Vor einigen Jahren war es für die Verant­wortlichen bei der Caritas nicht vorstellbar, dass die Caritas­Märkte ein solch schnelles Wachstum erfahren würden. Jeder Caritas­Markt, der von einer regionalen Caritas­Stelle aufgebaut wurde, ist in die bestehen­den Strukturen der Stelle eingebunden. Wachstum führt zu höherer Belastung die­ser Strukturen. Mehr Personal, Vergrösse­rung des Angebots und der Ladenfl äche so­wie grössere Lager sind Stichworte dazu.

Wie fi nanzieren?Obwohl bei praktisch allen Caritas­Märk­ten der Aufb au unter Einbezug von Drit­ten fi nanziert wurde, bleiben doch enorme Aufwände beim täglichen Betrieb: Raum­miete, Energie und Transportkosten, aber auch höhere Personalkosten und höherer Verwaltungsaufwand. Ein Aufwand, der durch die Einnahmen oft mals nicht ge­deckt werden kann. Die Caritas benötigt

zunehmend weitere Mittel, um den Erhalt und den Ausbau des Caritas­Markt­Netzes bezahlen zu können.

Grosse InvestitionIm Durchschnitt liegt der Eigendeckungs­grad eines Caritas­Marktes bei 80 Prozent. Eine Entwicklung, die in den letzten Mo­naten mit Sorge beobachtet wurde und nun konkretes Handeln erfordert.

Die Caritas hält am Prinzip des Cari­tas­Marktes fest. Wirtschaft liche Krisen und Strukturwandel führen zu einer ste­tig etwas wachsenden Sockelarmut in un­serem Land. Nach neusten Studien lebt jede zehnte Person in der Schweiz unter dem Existenzminimum. Am meisten betroff en sind Alleinerziehende, Familien mit mehre­ren Kindern, Leute in prekären Arbeitsver­hältnissen und Langzeiterwerbslose. Das Bedürfnis nach fi nanzieller Entlastung der Betroff enen wird in den nächsten Jahren immer grösser werden. Spardruck bei Kan­tonen und Gemeinden wird die Situation noch verschärfen.

Unser Beitrag – Ihr BeitragBis 2020 will die Caritas die Anzahl der Ca­ritas­Märkte auf 30 erhöhen. Das ist eine Verdoppelung zum Stand von 2007. Die Caritas bietet dazu ihr Wissen, die einge­spielte Logistik und das notwendige Fach­ und Führungspersonal. Was oft fehlt, sind günstige und zentrale Verkaufslokale, Bei­träge an die Infrastruktur der Läden (von der Kühltruhe bis zur Kasse) und vor allem fi nanzielle Unterstützung für den Betrieb. Jeder Beitrag ist willkommen, unabhängig von der Höhe.

Die Caritas-Märkte sind nicht gratis

Caritas-Netz

Text: Adrian Wismann 1/11 Nachbarn Caritas 15

Im Caritas-Markt erhalten Armutsbetroff ene Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs zu Tiefstpreisen. Ein Teil der Artikel wird durch Warenspenden und Unterstützungs-beiträge fi nanziert. Für den anderen Teil kommen die regio-nalen Caritas-Stellen auf.

1992: Caritas Basel eröffnet den ersten Caritas-Markt (damals Carisatt).

1994: Es bestehen vier Caritas-Märkte: Basel, Luzern, St. Gallen und Bern.

1998: Die zentrale Stelle für die Warenak-quisition in Littau LU nimmt ihren Betrieb auf.

2000: In Genf und Lausanne werden die ersten Läden der Westschweiz eröffnet.

2001: Ein weiterer Laden in Winterthur ent-steht.

2003: Der Caritas-Markt in Weinfelden wurde als erster nicht städtischer Laden eröffnet.

2005: Caritas-Märkte in Morges, Thun und Vevey werden eingeweiht.

2006: Die Caritas-Märkte in Chur und Zü-rich-Oerlikon feiern Eröffnung. Der Laden in Bern zieht in ein grösseres Lokal um.

2007: In Genf wird ein zweiter und in Yver-don ein neuer Laden eröffnet. Der Laden in Winterthur zieht um.

2008: La Chaux-de-Fonds und Renens erhalten ebenfalls einen Caritas-Markt.

2011: Mit der Neueröffnung in Baar existie-ren 20 Caritas-Märkte in der Schweiz.

2011: Im Spätherbst soll in Baden ein Caritas-Markt seine Tore öffnen.

Eine Erfolgsgeschichte

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Niemand weiss über die Lebensumstände der Armutsbetroff enen besser Bescheid als sie selbst. Das Projekt «wir sind arm» der Caritas Zürich erteilt ihnen das Wort, lässt sie berichten und schafft so einen di­rekten Zugang zur Öff entlichkeit: mit ei­ner Schreibwerkstatt für Armutsbetrof­fene, geleitet von der Schrift stellerin Tanja Kummer.

Die Schreibwerkstatt lud Menschen, die nicht ohne fi nanzielle Hilfe über die Runde kommen, dazu ein, selber zu erzählen: Wel­che Umstände haben sie in ihre derzeitig prekäre Lage geführt? Welche Wünsche bleiben unerfüllt und was belastet im Alltag besonders? An zwei Kursen in Luzern und Zürich sind sehr persönliche Episoden ent­standen: kurze und gekonnt erzählte Pas­sagen aus dem Leben der Teilnehmenden.

Die berührenden Texte sind in einem 28 Seiten starken Heft mit zahlreichen Bil­dern und Illustrationen zusammengefasst.

Das Heft kann online durchgeblättert und gratis bestellt werden. www.caritas­zuerich.ch/publikationen

16 Caritas Nachbarn 1/11 Texte: Adrian Wismann, Andrea Keller; Bilder: Benjamin Bühler, Ariel Leuenberger

Caritas-Netz

Das Wort erteilt!Selber etwas bewegen und Spass haben

youngCaritas ist eine wachsende Gruppe von jungen Menschen, die zumindest ei­nen kleinen Teil dieser Welt positiv ver­ändern wollen. Die Mitglieder sind rund 500 sogenannte Solidaritäterinnen und So­lidaritäter, die sich freiwillig engagieren. Sie profi tieren von ihrem Einsatz ganz di­rekt, indem sie zusammen mit Gleichge­sinnten etwas erleben, Neues kennen ler­nen und Spass haben. «Uns ist wichtig, dass wir lustvoll Gutes tun können», erklärt Andriu Defl orin von youngCaritas, «Soli­daritäterinnen und Solidaritäter sind junge, engagierte und aufgestellte Leute, die sich für soziale Fragen interessieren und selber etwas bewegen möchten.»

Solidaritäterinnen, Solidaritäter wollen etwas Konkretes tun, nicht Geld spenden. Und da gibt es ganz verschiedene Möglich-keiten: zum Beispiel einen Freiwilligenein-satz bei einem Bergbauern, mithelfen bei einer youngCaritas-Aktion oder selber ein soziales Projekt aufziehen. Solche Projekte haben oft das Ziel, Geld zu sammeln für die

Hilfe in Katastrophengebieten oder Dritt-weltländern. Vom Kuchenverkauf mit einer Pfadigruppe bis zur mehrmonatigen Velo-tour nach Äthiopien, bei der jeder Kilome-ter Geld für ein Caritas-Projekt brachte, hat Andriu Defl orin schon alles betreut: «Viele kommen mit einer Idee zu uns, wir bera-ten sie und helfen ihnen bei der Durchfüh-rung des Projektes. Aber wir haben auch bereits ausgearbeitete Lösungen wie die Ak-tion ‹Faire Mensa›, bei der sich Schulklassen einsetzen können für faires Essen in ihrer Mensa.» Das beste Projekt wird einmal pro Jahr mit dem youngCaritas-Award ausge-zeichnet, bei dem es eine Reise in ein Pro-jektgebiet der Caritas zu gewinnen gibt.

Solidaritäter/in wird man ganz einfach und kostenlos auf www.youngcaritas.ch.

youngCaritas ist der Jugendbereich der Caritas Schweiz: eine Plattform zu sozialen Th emen, ein Treff punkt und Netzwerk von Interessierten, die etwas bewegen wollen.

Cistunac, das internationale Sommercamp, Teilnehmende des youngCaritas-Awards 2010.

Armutsbetroff ene erzählen aus ihrem Leben. In einem Heft sind die berührenden Texte erschienen.

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«Hier reden wir ja nie über Geld»

Bänz Friedli 1965 in Bern geboren, teilt sich die Hausarbeit seit der Geburt der Kin­der mit seiner Frau. Über seine Erleb­nisse als Hausmann schreibt er eine Kolumne im Migros­Magazin und Bü­cher, zudem ist er als freier Autor für verschiedene Medien tätig. www.derhausmann.ch

Persönlich

Was würden Ihre Nachbarn über Sie sagen? Dass man mich häufi g in der Waschküche antrifft und meist kaum um einen Schwatz mit mir herumkommt. Das Hausfrauendasein hat auch etwas Zurück­gezogenes im Vergleich zu einem Bürojob, und daraus hat sich wohl mein Bedürfnis zu diesen kleinen Alltagsgesprächen erge­ben, die mir heute sehr wichtig sind.

Wann sind Sie glücklich? Wenn man das Glück beschreiben will, verfl üchtigt es sich. Man kann es nicht festhalten. Ich glaube aber, es sind vor allem Momente mit meiner Familie, in denen ich sehr glücklich bin. Es heisst ja, Kinder fühlten sich bei den Eltern geborgen, aber umgekehrt ist es fast noch stärker. Ein solches Gefühl der Gebor-genheit hatte ich nie, ehe ich Vater wurde.

Wie haben Sie das letzte Mal jeman-dem geholfen? Neulich mit einer Ein-zahlung für die notleidenden Menschen in Pakistan. Es tut mir weh, diese Bilder zu sehen, und ich danke dem Herrgott, dass wir es hier so gut haben. Das sollten wir zu schätzen wissen.

Warum braucht es Caritas? Zum Auf­merksammachen auf die Armut in der Schweiz. Hier reden wir ja nie über Geld, das fi el mir in Amerika auf. Dort weiss je­der vom anderen, was der verdient. Man zeigt, dass man arm ist oder reich. Aber bei uns ist alles verhalten, verschämt, sodass sich auch die Armut kaum zeigt. Sie sieht manchmal gar niedlich aus: Im Emmental erlebte ich eine alleinerziehende Mutter in ihrem Häuschen, daneben grasten Schafe, das reinste Idyll! Ich musste zwei­, dreimal hinsehen, um zu merken, wie arm sie ist. Gut deshalb, dass Caritas der Armut auch bei uns ein Gesicht gibt, eine Stimme.

Was stimmt Sie zuversichtlich? Die «heutige Jugend», die überall verteufelt wird. Ich sehe und treff e so viele coole Ju­gendliche, seien das Promis wie Ariella Käslin oder Steff la Cheff e oder ganz nor­male Pfadileiter, Fussballtrainerinnen und so weiter. Menschen, die ihre Freizeit her­geben, die engagiert und kritisch sind, et­was bewegen wollen. Sie stimmen mich ex­trem zuversichtlich.

Woher stammen Ihre Werte? Vermut­lich aus meinem Elternhaus, denn selbst wenn man die Umkehrung elterlicher Werte lebt, kommen sie ja von dort. Zum Beispiel die Rollenteilung bei uns: Ich bin meist zuhause, und meine Frau arbeitet. Als Vater habe ich zudem den Bünzli in mir entdeckt. Ich predige dieselben Dinge, mit denen meine Eltern mich als Kind nervten, hege Geranien in Eternitkistchen auf dem Balkon, trage «Birkenstöcke». Es war für mich jedoch befreiend, zu merken: Ich bin uncool – na und?

Welche Sünde begehen Sie mit Freude? Fast alle Sünden. Ich hab mir aber Sünden angewöhnt, die mir guttun, im Gegensatz zu früher. Rauchen tu ich nicht mehr, weil es eben keine Freude macht. Dafür leiste ich mir zum Beispiel sündhaft teuren Bio-Grüntee und geniesse ihn jeden Tag.

Bild: zvg 1/11 Nachbarn Caritas 17

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Kiosk

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Veranstaltungen

www.freiwilligenzentrum.ch

Koordination der Aktivitäten im Thurgau. Veranstaltungskalender und Weiterbildungen.

SOS Schulden

Gratisnummer 0800 708 708Mo–Do: 10.00–13.00 h

Online-Beratung www.schuldenberatung.ch

Ihr Anruf ist kostenlos und gelangt direkt zu den Beratungspersonen der Caritas Thurgau.

Caritas Nachbarn 1/11 Texte: Caritas Thurgau

Informationen

20 Jahre Rechtsberatung für Asylsuchende: Festakt im Rahmen des Flüchtlingstages 2011 Samstag, 18. Juni 2011, 17.30 bis 20.30 Uhr

Ulrichshaus, Gaissberg-strasse 1, Kreuzlingen Organisiert durch «Fremde und Wir» sowie RBS Kreuzlingen. Sie sind herzlich eingela-den, mitzufeiern!

Die Gruppierung «Fremde und Wir» sowie die RBS Kreuzlingen laden herzlich ein, mitzufeiern!

Jahresversammlungen der Caritas Thurgau und ESRA Donnerstag, 23. Juni 2011, ab 17.15 Uhr

Museum Vinorama, Ermatingen Mitglieder und Interes-sierte sind herzlich will-kommen im neu eröff-neten Museum!

Informationen und Anmeldung: Telefon 071 626 80 00 oder www.caritas-thurgau.ch

Haben Sie Ihren Rollator reserviert?Die bekannte Sängerin Paola Felix hat alle Chancen, ihren 90. Geburtstag zu feiern. Im Jahr 2040 wird die Hälfte aller 1950 geborenen Frauen dieses Alter errei-chen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Doch wel-chen Platz in der Gesellschaft wollen wir unseren Ältes-ten zugestehen? Dieser Frage zum vierten Lebensalter geht der Caritas-Sozialalmanach 2011 nach.

Sozialalmanach 2011, Das vierte Lebensalter, 216 Seiten, CHF 34.–, www.caritas.ch/shop

Dieses Inserat wurde unterstützt durch: GELBART AG, Orthopädie- und Rehatechnik, Luzern/Adliswil ZH

Haben Sie Ihren Rollator reserviert?Die bekannte Sängerin Paola Felix hat alle Chancen, ihren 90. Geburtstag zu feiern. Im Jahr 2040 wird die Hälfte aller 1950 geborenen Frauen dieses Alter errei-chen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Doch wel-chen Platz in der Gesellschaft wollen wir unseren Ältes-ten zugestehen? Dieser Frage zum vierten Lebensalter geht der Caritas-Sozialalmanach 2011 nach.

Sozialalmanach 2011, Das vierte Lebensalter, 216 Seiten, CHF 34.–, www.caritas.ch/shop

Haben Sie gewusst, dass …

… im Patenschaftsprojekt «mit mir» aktuell 35 Kinder und ihre Gottis und Göttis durch die Caritas Thurgau be-gleitet werden?

Wir ermöglichen damit den Beteilig-ten tragende Beziehungen und wert-volle Lebenserfahrungen.

Informationen finden Sie unter www.caritas-thurgau.ch/mitmir.

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Illustration: Mark Sasvary; Bild: zvg 1/11 Nachbarn Caritas 19

Gedankenstrich Tanja Kummer

Tanja Kummer ist Schriftstellerin.

Ihr Erzählband «Wäre doch gelacht»

und andere Bücher sind im Zytglogge-Verlag erschienen.

2010 leitete die Autorin die Schreibwerkstatt «wir sind arm» der Caritas. Die so entstandenen

Texte können Sie nachlesen auf www.wir-sind-arm.ch

(siehe auch Seite 16).

«Und was ist der Dank?» Die Stimme der Mutter überschlägt sich. Die Tochter hält den Hörer weiter weg vom Ohr. «Nichts! Kein Wort hat die dumme Geiss gesagt!» Die Tochter schweigt. «Warum sagst du nichts?», fragt die Mutter, «es ist doch eine Frechheit, oder findest du nicht?»

Bis jetzt fand es die Tochter gut. Gut, dass die Mutter im Dorf so engagiert war. Sie war viel zu rüstig zum Sesselsitzen, Stri­cken oder Fernsehschlafen. Nach dem Tod ihres Mannes begann sie damit, die Dorf­bewohner für Freiwilligenarbeit zu mobili­sieren. Zuerst gab es Mittagstische für Kin­der, dann auch für Senioren, Mutter kochte für alle, bis sich die Leute selber organisier­ten. Es folgten Fahrservice, Einkaufshilfen im Alltag, der Dorfverein wurde mit eh­renamtlich arbeitenden Jugendlichen auf­gefrischt. Wenn die Tochter selten im Dorf ist, hört sie an allen Ecken von ihrer Mut­ter, die Bewunderung grenzt an Ehrfurcht: «Was deine Mutter alles macht! Ein Wun­der, dass ihr grosses Herz überhaupt in ih­ren Brustkorb passt!»

Die Mutter verwirklichte sich auch in der Überbauung, in der sie wohnt, drei Wohnblöcke à sechs Partien. Nun sorgen alle füreinander: die Mittelalten für die Jungen, die Jungen für ihre Eltern, die El­tern für die Alten, die Alten für die Kinder.

Während ihrer kurzen Telefonate er­zählt die Mutter der Tochter, wer gerade wo im Einsatz ist. Sie ist zur Dirigentin eines Freiwilligenorchesters geworden.

«Bist du noch da, hallo!», ruft die Mut­ter in den Hörer. Sie ist empört. Frau Mül­ler ist weggezogen und hat sich nicht ver­abschiedet. Dabei erzählte sie den Kindern freiwillig Märchen und hat mehrmals be­tont, dass sie das gerne tut.

Zum ersten Mal merkt die Tochter, dass die Mutter etwas für ihren Einsatz erwartet. Ein Lächeln vielleicht, Dankesworte oder ein Händedruck, die Tochter weiss es nicht, sie hatten sich in den letzten Jahren nie aus­führlich miteinander unterhalten, die Mut­ter hat wenig Zeit.

«Ja, ich bin noch da», sagt die Tochter, «und jetzt möchte ich dir helfen.»

Der Welten Lohn

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Montag bis Freitag13.00 bis 18.30 Uhr

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