26
ANNALEN DER PHYSIK 5.FOLGE BAND 31 BEFT 4 FEBRUAR 1938 Mayhetische Doppelbrechung organischer Ftussigkeitew uwnd ihrer Ddtmpfe Tow Haws E8wnCg (Mit 13 Abbildungen) 1. Einleitung Das Dipolmoment, der Depolarisationsgrad des an Gasen und Danipfen zerstreuten Lichts und der Kerreffekt gehoren heute bei der Bestimmung von Molekelstrukturen l) zu unerlaBlichen Hilfs- mitteln. Diesen Erscheinungen kommt eine besondere Bedeutung auch insofern zu, als sie geeignet sind, manchen AufschluB uber Asso- ziationserscheinungen oder iiber den Ordnungszustand in der Fliissig- keit zu geben. So kann man z.B. aus KerreRektmessungen an Dampf, Fliissigkeit und Losung Aussagen iiber die Rotationsbehinderung2) der Molekeln erhalten. ober die Assoziation im einzelnen weiB man heute allerdings noch sehr wenig, auch ist es bis jetzt nicht moglich, sie theoretisch zu erfassen, geschweige denn ihren Einflu6 zu berechnen; es ist daher erwiinscht, maglichst alle Untersuchungen, bei denen die gegenseitige Beeinflussung der Molekeln eine Rolle spielt, zur Klarung dieses Problems heranzuziehen. So diirfte es sinnvoll sein, auch die magnetische Doppelbrechung, die in ihren Gesetzen analog dem Kerreffekt verlauft, zu Untersuchungen iiber den Ordnungszustand in Fliissigkeiten auszunutzen. Als magnetische DoppelbrechungY) bezeichnet man die Eigenart gewisser Stoffe, unter der Einwirkung eines homogenen Magnetfeldes die Eigenschaften eines einachsigen Kristalls anzunehmen, mit anderen Worten, isotrope Korper werden im Magnetfeld anisotrop. Urn Aussagen iiber die Fliissigkeit machen zu konnen, vergleicht man Ergebnisse aus der Fliissigkeit mit Ergebnissen am Dampf. Aus der Verschiedenheit von Fliissigkeits- und Dampfwert kann man dann durch Keranziehung anderer Methoden auf die Art der Molekelassoziation schlie6en. Bei den meisten Fliissigkeiten sind Messungen der M.D. bereits vorhanden, dagegen ist das bis heute 1) Vgl. z. B. H. A. S t u a r t , Molekiilstruktur, Berlin 1934. 2) P. Debye, Phys. Ztschr. 36. S. 100. 1935. 3) ,,Magnetkche Doppelbrechung'< wird im folgenden mit ,,M.D."abgekiirzt. Annalen der Physik. 5. Folge. 31. 19

Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

ANNALEN D E R PHYSIK 5 . F O L G E B A N D 3 1 B E F T 4 F E B R U A R 1 9 3 8

Mayhetische Doppelbrechung organischer Ftussigkeitew uwnd ihrer Ddtmpfe

Tow H a w s E8wnCg

(Mit 13 Abbildungen)

1. Einleitung

Das Dipolmoment, der Depolarisationsgrad des an Gasen und Danipfen zerstreuten Lichts und der Kerreffekt gehoren heute bei der Bestimmung von Molekelstrukturen l) zu unerlaBlichen Hilfs- mitteln. Diesen Erscheinungen kommt eine besondere Bedeutung auch insofern zu, als sie geeignet sind, manchen AufschluB uber Asso- ziationserscheinungen oder iiber den Ordnungszustand in der Fliissig- keit zu geben. So kann man z.B. aus KerreRektmessungen an Dampf, Fliissigkeit und Losung Aussagen iiber die Rotationsbehinderung2) der Molekeln erhalten. ober die Assoziation im einzelnen weiB man heute allerdings noch sehr wenig, auch ist es bis jetzt nicht moglich, sie theoretisch zu erfassen, geschweige denn ihren Einflu6 zu berechnen; es ist daher erwiinscht, maglichst alle Untersuchungen, bei denen die gegenseitige Beeinflussung der Molekeln eine Rolle spielt, zur Klarung dieses Problems heranzuziehen. So diirfte es sinnvoll sein, auch die magnetische Doppelbrechung, die in ihren Gesetzen analog dem Kerreffekt verlauft, zu Untersuchungen iiber den Ordnungszustand in Fliissigkeiten auszunutzen. Als magnetische DoppelbrechungY) bezeichnet man die Eigenart gewisser Stoffe, unter der Einwirkung eines homogenen Magnetfeldes die Eigenschaften eines einachsigen Kristalls anzunehmen, mit anderen Worten, isotrope Korper werden im Magnetfeld anisotrop.

Urn Aussagen iiber die Fliissigkeit machen zu konnen, vergleicht man Ergebnisse aus der Fliissigkeit mit Ergebnissen am Dampf. Aus der Verschiedenheit von Fliissigkeits- und Dampfwert kann man dann durch Keranziehung anderer Methoden auf die Art der Molekelassoziation schlie6en. Bei den meisten Fliissigkeiten sind Messungen der M.D. bereits vorhanden, dagegen ist das bis heute

1) Vgl. z. B. H. A. S tuar t , Molekiilstruktur, Berlin 1934. 2) P. Debye , Phys. Ztschr. 36. S. 100. 1935. 3) ,,Magnetkche Doppelbrechung'< wird im folgenden mit ,,M.D."abgekiirzt.

Annalen der Physik. 5. Folge. 31. 19

Page 2: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

290 Annalen der Physik. 5. FoZge. Band 31. 1938

vorliegende Material an Gasen und Dampfen augerst sparlich, was wohl daran liegt, daB die zu erwartenden Effekte sehr klein sind. Vor rund einem Jahrzehnt haben Schiitzl), Kr i shnan2) und F rase r3 ) nach einer M.D. in Gasen und Dampfen gesucht, jedoch ohne Erfolg, wegen der zu geringen Drucke, die sie anwandten. Erst vor wenigen Jahren ist es Cot ton und T s a r Bel l ing4) ge- lungen mit den groRen Hilfsmitteln des Pariser Instituts an Sauer- stoff und Stickoxyd eine M. D. nachzuweisen, die bei 100 Atm. Druck etwa 1 O/,, der Doppelbrechung des fliissigen Nitrobenzols ist. Ein Jahr spater folgte noch eine Arbeit von T s a r Bel l ing zusammen mit Bizette5), in der die M.D. von Stickoxyd bei 143Atm. ge- messen wurde.

Alle bisher untersuchten Gase sind paramagnetisch; an dia- magnetischen Stoffen liegen bis heute keine Messungen der M.D. im Gaszustande vor. Das Ziel der vorliegenden Arbeit sollte es sein, solche Messungen an Renzol- und Nitrobenzoldampf auszufiihren.

2. Magnetische Doppelbreohung und Orientierungetheorie

Ein isotropes Medium nimmt unter der Einwirkung eines Ma- gnetfeldes die Eigenschaften eines einachsigen Kristalls an ; die Kompongnten des elektrischen Lichtvektors 11 und 1 zum Magnet- feld weisen nach Durchlaufen des Mediums einen Gangunterschied von

(1) A = C ' 1 H 2

auf. In diesem Gesetz von Cot ton und Mouton6) wird A in Wellenliingen, 1 die Strecke, auf der das Medium der Einwirkung des Magnetfeldes unterliegt, in Zentimetern und die magnetische Feldstarke H in Oe gemessen. C die Cotton-Mouton-Konstante ist eine fur jeden Stoff charakteristische GrSBe, die von der Wellen- range des hindurchgehenden Lichts, von der Dichte und von der Temperatur abhangt.

Verwendet man an Stelle des aus der optischen Messung sich unmittelbar ergebenden Gangunterschieds die Differenz der Brechungs-

1) W. Schutz , Diss. Frankfurt 1923; Ztschr. f. Phys, 38. S. 853. 1926. 2) K. S. Krishnan, Proc. Ind. Ass. Cult. of Sc. 10. S. 35.1926; Ind. Journ.

3) R. Fraser , Phil. Mag. 1. S. 885. 1926. 4) Tsai' Bel l ing , Comp. rend. 197. S. 1615. 1933; A. Cotton u. Tsai'

B e l l i n g , Compt.rend. 198. S. 1889. 1934. 5) H. Biaet te u. Tsai' B e l l i n g , Compt. rend. 201. S. 955. 1935. 6) A. C o t t o n u. H. M o u t o n , Compt. rend. 145. S. 229. 1907. 7) ,,Cotton-Mouton-Konstante" wird im folgenden mit ,,C.-M.-Konstante"

Phys. 1. S. 35, 245. 1927.

abgekurzt.

Page 3: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H . Iionig. Magnetische Doppelbrechung orgaa. Plussigkeiten usw. 291

quotienten der parallel und senkrecht zum Feld liegenden Kom- ponenten selbst als MaB fur die Doppelbrechung, so lautet das Gesetz mit Riicksicht auf die Beziehung

1 n - n A = - (2) i

(3) np - n 8 = i l C H 2 . ZweckmaBiger definiert man die C.-M.-Konstante als

(4) i n c*= c-,

da C* nach der Theorie [vgl. (5)] nicht explizit von der Wellen- lange abhangt. il bedeutet die Wellenlange im Vakuum, n ist der Brechungsquotient im feldfreien Medium.

Zur Erklarung der M. D. sind verschiedene Theorien aufgestellt worden, von denen hier besonders die Langevinl)-BornscheZ} Orientierungstheorie interessiert. Sie liefert fur die C.-M.-Konstante folgenden Ausdruck

(5) 4 n2 a

Hierin bedeuten x die Volumsuszeptibilitat und cc die mittlere optische Polarisierbarkeit einer Molekel, die einen Mittelwert der optischen Polarisierbarkeiten b,, b,, b, in den 3 Achsenrichtungen der Molekel darstellt

(6) a =

c* = - (ne - 1) (ne + - . 2) 01 + @z + $q.

b1 + b, + b, 3

u steht mit dem Brechungsquotienten in folgendem Zusammenhang: n z - 1 M 3 n z + 2 4 4 n L

a = - .- .-. M ist das Molekulargewicht, Q die Dichte, L die Loschmidt - sche Zahl. 0, und 0, sind Abkurzungen fur folgende Ausdriicke:

b,, bp, b, sind die optischen Polarisierbarkeiten, rn,, rn,, rn, die ma- gnetischen Polarisierbarkeiten in Richtung der drei Hauptachsen

1) P. Langevin , Le Radium 7. S. 249. 1910. 2) M . B o r n , Ann. d. Phys. 55. S. 177. 1918.

19*

Page 4: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

292 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

einer Molekel. pl, p2, p3 sind die Komponenten des magnetischen Moments in diesen drei Richtungen, T ist die absolute Temperatur und k die Boltzmannkonstante. 0, bezeichnet man als ,,Anisotropic- glied", da es etwas uber die Anisotropie der optischen und magne- tischen Polarisierbarkeit einer Molekel aussagt. 0, heiBt ,,Dipolglied", es ist nur vorhanden, wenn magnetische Dipole existieren, also bei paramagnetischen Stoffen. Bei diamagnetischen Stoffen ist 0, = 0. Die aus G1. (7) experimentell bestimmbaae mittlere Polarisierbarkeit a! setzen wir in die G1. (5) fur die C.-M.-Konstante ein, wir erhalten dann

Die Langevin-Bornsche Theorie setzt voraus, daB die Molekeln ungeordnet verteilt sind und sich nicht gegenseitig beeinflussen, daB also keine Assoziation vorliegt. Diese Annahme trifft aber bei Blussigkeiten nicht zu, was man schon daran erkonnen kann, daB die Temperaturabhangigkeit der C.-M.-Konstante einer Flussigkeit nicht der Orientierungstheorie gehoreht. AuBerdem erfiillen auch die Losungen nicht die von der Theorie geforderte Mischungs- regel, so dab die oben abgeleiteten Formeln, wie beiln Kerreffekt nur fur Gase und Dampfe gelten.

3. Definition der molekularen Cotton-Mouton-Konstante

Urn die C.-M-Konstante des Dampfes mit der der Flussigkeit unmittelbar vergleichen zu konnen, definieren wir, in Analogie zum Kerreffekt, eine vom Aggregatzustand unabhangige ,,molekulare Cotton-Mouton-Konstante", die wir mit 6 bezeichnen. Im AnschluB an Ot te rbe in l ) , der wie vorher Briegleb,) eine molekulare Kerr- konstante definiert hat, bilden wir zuerst die Differenz der Mole- kularrefraktionen der parallel und senkrecht zum Magnetfeld schwin- genden Komponenten. I m unbeeinfluflten Zustand ist die Molekular- refraktion wegen (6) und (7)

rt2- 1 M 4 n b, + b, + b , . R = ___- = - L n 2 + 2 Q 3 3

Im Magnetfeld sind die zwei Falle zu betrachten, daB die Feld- starke des Magneten und die elektrische Feldstarke des Lichts zusammenfallen oder senkrecht aufeinander stehen. I n beiden Fallen kommt zur mittleren optischen Polarisierbarkeit ein weiterer

1) G. Otterbe in , Phys. Ztschr. 36. S. 249. 1934. 2) G. B r i e g l e b , Ztschr. f. phys. Chem. (B) 14. S. 97. 1931.

Page 5: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H. Iionig. Magnetische Doppelbrechung organ. Fliissigkeiten usw. 295

Polarisationsanteil hinzu, der dem Quadrat der Feldstarke pro- portional ist. F u r die Molekularrefraktion der parallel zum Magnet- feld schwingenden Komponente ergibt sich I)

np2 - 1 M 4% b, + ba + b, 3 (9") R =-.-- - - L [

p rips+ 2 e 3

die Molekularrefraktion der senkrecht zum Magnetfeld schwingenden Komponente ist

n,' + 2 p 3 3 (9b) E, = naa - 1 M

* - = -

die Differenx beider ist

(104 Rp - Rd = 272 L ( 0 , + @,)H2. Unter Beriicksichtigung von G1. (8) erhalten wir

Die molekulare Cotton-Mouton-Konstante G dejinieren toir nun als Untersehied der MolelczLlarrefrak~~onen parallel und senkreeht zum uuperen Magnetfeld i m Felde 1 Oe:

1 = 2nL(@, + 0,). 6n2 M (11) G=C*-.--

Die so definierte GroBe ist bei gleicher Temperatur von der Dichte und vom Brechungsquotienten, also vom Aggregatzustand unabhangig.

Beschranken wir uns auf den Fall diamagnetischer Stoffe (0, = 0) und beriicksichtigen wir weiter, daf3 die magnetische Sus- zeptibilitit sehr klein ist, so erhalten wir fur die C.-M.-Konstante aus (€4)

Die molekulare C.-M.-Konstante diamagnetischer Stoffe wird

4. Welche Cotton-Mouton-Konstante erwartet man fur Benzoldampf?

Zur Untersuchung der M.D. von Dampfen sollen vor allem solche Stoffe herangezogen werden, die einerseits eine mijglichst groBe C.-M.-Konstante im flussigen Zustand besitzen und die anderseits bei einigermaBen zugiinglichen Temperaturen hohe SIttigungsdrucke aufweisen. iVon diesen Stoffen ist Benzol besonders geeignet auch deshalb, weil es keine Dipole enthiilt, so daB sich in diesem Fail die magnetische und die elektrieche Doppelbrechung besonders

1) Vgl. Handb. d. Radiologie 6. S. 765ff. 1926.

Page 6: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

294 Annalen der Physik. 5. Polge. Band 31. 1938

nahe kommen durften. Ausgehend von dieser Ahnlichkeit ziehen wir Ver- gleiche zwischen Kerreffekt und C.-M.-Effekt. Die moIekulare Kerrkonstante ') von flussigem Benzol betragt gF,. = 5,29 a lo-'*, die molekulare Kerrkonstante von Benzoldampf RGas= 17,15 - lO-l*, d. h. die Konstante des Dampfes ist 3,24 ma1 gr6Eer als diejenige der Flussigkeit. Verliefe der Kerreffekt genau nach der L a n g e v i n - B o r n s c h e n Orientierungstheorie, so ware SF1.= STGas. Die Verschiedenheit beider Werte weist darauf hin , daB in der Flussigkeit die Einzelmolekel schlechter der Richtwirkung des auBeren Feldes folgen kann als im Gas. Die Molekeln stiiren sich gegenseitig in der Flussigkeit, sie uben Krafte aufeinander aus, die sie zu Gruppen vereinigen. Es herrscht ein gewisser Ordnungszustand in der Flussigkeit, den S t e w a r t ,,cybotactic state" nennt. D e b y e s ) hebt in dem Bilde, das er sich uber die Struktur der Flussigkeit macht, falgenden Gesichtspunkt hervor: die Rotation der Molekel ist in der Flussigkeit nicht vijllig frei, sie gleicht mehr einer Rotationschwin- gung urn eine Achse, deren Orientierung langsam wechselt. Die Molekel wird also durch Nachbarmolekeln an ihrer Rotation teilweise gehindert. Diese Rotationsbehinderung oder , allgemeiner gesagt die Molekelassoziation fuhrt dazu, daB die Kerrkonstante in der Flussigkeit kleiner wird als im Gas.

Die molekulare C.-M.- Konstante fur flussiges Benzol berechnet sich aus G1. (13) unter Benutzung von C;,.= 2,47 - s, bei 20° C zu

Der C.-M.-Effekt.

cFl.= 164 . 10-17. Um festzustellen, von welcher GrGBenordnung die M. D. des Benzoldampfes ist, nehmen wir an, daB beim C.-M.-Effekt die Molekelassoziation sich iihnlich wie beim Kerreffekt auswirkt. Wir rechnen also beim Ubergang zur C.-M.- Konstante des gasformigen Benzols mit dem gleichen ,,Rotationsbehinderungs- faktor" wie beim Kerreffekt. Die molekulare C.-M.-Konstante von Benzoldampf bei 20° C wurde danach

3,24 * gF1,- 531 . werden. Mit diesem Werte berechnet man aua (13) Clw fur 760 mm und Siedetemperatur (SOo C), indem man die Dampfdichte4) und den Brechungs- quotienten5) fur diesen Zustand einsetzt. was mit (4) fiir I = 546 mp zu C = 4,2 - G1. (1) liefert fur eine Feld- stiirke von 30000 Oe, bei einer Benzoldampfschicht von 12 cm Lange einen Gangunterschied von A = 4,s a Bei 5 Atm. und 150* C hatte man einen Gangunterschied von A = 15,7 zu erwarten, eine Elliptizitat, die sich mit modernen Halbschattenkompensatoren noch gut messen 1iiBt. Diese ganze Uberlegung gilt nur unter der Voraussetzung, daB beim C.-M.-Effekt eine sehr 'dhnliche Molekelassoziation wie beim Kerreffekt stattfindet.

Man erhxlt CGaB = 2,3 . fiihrt.

1) H. A. S t u a r t u. H. V o l k m a n n , Ztschr. f. Phys. 83. S. 457. 1933. Die hier angegebenen molekularen Kerrkonstanten wurden auf die von O t t e r b e i n definierte molekulare Konstante umgerechnet (d. h. mit dem Faktor 6 multipliziert).

2) P. D e b y e , Phys. Ztschr. 36. S. 100 u. 196. 1935. 3) E. M a t u l l , Ann. d. Phps. [6] 21. S. 362. 1934. 4) L a n d o l t - B o r n s t e i n , aus dem auch in allen anderen Fallen, wenn

5) J. A. W a s a s t j e r n a , Soc.Fenn. Comm. 2, Nr. 13. S. 1. 1924. nicht anders bemerkt, die Zahlenwerte entnommen sind.

Page 7: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H . Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Fliissigkeiten usw. 295

6. Optischer Teil der Versucheenordnung und Magnetfeld

Zur Bestimmung der kleinen Gangunterschiede findet die Methode von S z i v e s s y und D i e r k e s m a n n l ) Verwendung. Die Anordnung besteht im wesentlichen aus einem Glimmerpliittchen von bekannter Phasendifferenz 8, das sich zwischen gekreuzten Nicols befindet und nur das halbe Gesichtsfeld be- deckt; es ist auf einem drehbarenTeilkreis befestigt, der an zwei einander gegen- uberliegenden Nonien Minutenablesung gestattet. Die zu messende doppel- brechende Schicht mit der unhekannten Phasendifferenz,) d befindet sich vor oder hinter der Halbschattenplatte im Azimut f45O gegen die Schwingungs- richtung des Polarisators, sie bedeckt das game Gesichtsfeld. Wird mit par-

allelem monochromatischem Licht beleuchtet, und ist tg - > tg d .d. h.

J 3 '2 A , so findet man beim Drehen des Teilkreises acht Azimute der Halb-

M

l ; l l I

Abb. 1

schattenplatte, fur die das ganze Gesichtsfeld einheitlich hell erscheint. Je zwei der Halbschattenstellungen bilden miteinander den Winkel @ und es gilt

9 2 tg d = sin I 2@ I tg--.

Die Versuchsanordnung ist in Abb. 1 schematisch dargestellt. Das Licht der Lampe L wird durch den Kondensor K auf die Blende BZ, konzentriert und durchlauft vorher noch ein Grunfilter Fi. Durch die achromatische Linse Li *) wird das Strahlenbiindel parallel gemacht und passiert nacheinander die Blende BZ,, den Polarisator P, die Blende BZ,, die zwischen den Polschuheu eines W eiljschen Magneten M befindliche Versuchszelle 2, die Halbschatten- platte E und gelangt dann schlieBlich hinter dem Analysator A in das auf die Trennungslinie der Halbschattenplatte scharf eingestellte Nahfernrohr F. Als Lichtquelle dient teils eine Bogenlampe vou L e i t z mit Uhrwerkregulierung, teils eine Punktlichtlampe fur 7,5 Amp. Gleichstrom. Um genugende Licht- starke zu erhalten, wird das von L ausgehende Licht durch ein Wrattenfilter mit dem optischen Schwerpunkt bei 546 mp geschickt. Polarisator und Analy- sator sind G l a n - T h o m p s o n s c h e Prismen mit einer Offnung von 10 x 10 mm,

1) G. S z i v e s s y u. A. D i e r k e s m a n n , Ann. d. Phys. [5] 11. S. 949. 1931. 2) d wird hier im Gegensatz zu G1. (1) nicht in Wellenlangen, sondern

3) Glyptar-Anastigmat von Busch ( f : 4,5; f = 21 cm) mit Irisblende. in Winkelgraden angegeben.

Page 8: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

296 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

sie sind in einer mit Teilkreis versehenen drehbaren Fassung mittels Stell- schrauben zentrisch zu justieren. Ale Halbschattenplatte dient ein Glimmer- plattchen'), dessen Gangunterschied fur die grune Hg- Linie (546 mp) d = 0,00406 I, & 0,7 o / o betriigt.

Das Magnetfeld wird von einem W e i Bschen Magneten mit Wasser- kuhlung erzeugt. Er liefert bei einer Belastung von 20 Amp. mit Polschuhen (120 mm Durchmesser) aus K r u p p schem Kobalteisen bei 6 mm Polabstand eine Feldstarke von 30 100 Oe. Die Polschube sind' zur Erreicbnng starker Felder an den Enden abgeflacht. Ihre rechteckigen ebenen Frontfliichen (15 mm hoch, 120mm lang) liegen vertikal und haben bei allen Messungen denselben Abstand (6 mm). Das Magnetfeld wurde mit einer von H a r t m a n n und Br a u n geeicbten Wismutspirale ausgemessen, deren Widerstandsanderung mit einer Kurbelbriicke von 5 Dekaden von 0. W o l f f und einem Spiegel- galvanometer als Nullinstrument ermittelt wurde.

6. Versuchszelle aus Duranglas

Eine der Hauptschwierigkeiten beini Bau der Versuchsrohre war, sie mit spannungsfreien Fenstern *) vakuumdicht und bis etwa 150 O C temperaturbestandig abzuschlieBen. Dieses Problem wurde auf zwei Arten gelost. Bei Drucken bis 2,5 Atm. wurde eine Ver- suchszelle aus Duranglas, bei hoheren Drucken eine Apparatur aus Metal1 benutzt.

Die Firma Schott und Gen. in Jena stellt D~ranglaszellen~) her, deren Fenster nach einer lilngeren optischen Feinkuhlung, ab- gesehen vom Bande, nur noch eine gleichmaI3ig.e Doppelbrechung von der GroBenordnung bis i aufweisen. Damit die Auf- schmelzstelle moglichst geringe Spannungen auf die Mitte der Glas- platte nusiibt, darf der Durchmesser des aufgeschmolzenen Fensters nicht zu klein sein; ein Durchinesser von 30 mm ist gerade noch zulgssig. Auf der andern Seite hat man ein Interesse daran, den Durchmesser des Beobachtungsrohres auf ein Minimum herab- zndriicken, um starke Magnetfelder zu erzielen. Beide Bedingungen fiihren zu der in Abb. 2 gezeigten Form der Versuchszelle, die von der Firma Schott und Gen. hergestellt wurde.

Die aufgeschmolzenen optisch feingekiihlten Fenster hatten zu- sanimen einen Gangunterschied von 6 - A. Das Mittelrohrchen wurde erst hier eingeblasen, nachdem die Fenster so gedreht waren,

1) Die Glimmerplatte wurde von der Firma Dr. Steeg u. Reuter, Bad Homburg v. d. H. geliefert.

2) Spannungen im Glase rufen bekanntlich nicht unerhebliche Elliptizitaten hervor, die die zu erwartende magnetische Doppelbrechung vijllig uberdecken wurden.

3) Vgl. z. B. H . A . S t u a r t u. H . V o l k m a n n , Ann. d. Phys. [5] 18. S. 121. 1933.

Page 9: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H . Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Fliissigkeiten usw. 297

daB ihre Hauptspannungsrichtungen mit den Schwingungsrichtungen der Nicols iibereinstimmten. In dieser Stellung hatten die Fenster keine meBbare Doppelbrechung mehr. Das Mittelrohrchen, das sich zwisclien den Polschuhen des Magneten befindet, ist 130 mm lang und hat einen AuBendurchmesser von 4 mm, einen Innendurchmesser von 2,5 mm, es ist zwecks Heizung bifilar mit Platindraht l) (0,2 mm} bewickelt. Das iibrige Rohr ist mit einer Heizung aus vakuum- geschmolzenem , eisenfreiem Chromnickeldraht (0,3 mm) versehen. Die ganze Rihre wurde mit dunner Asbestschnur und mit Wasser- glas-Talkum-Kitt wlirmeisoliert. Um die Fenster moglichst gleich- maBig erwiirmen zu konnen, sind iiber die Rohrenden elektrische

Abb. 2

Porzellaniifen mit bifilarer Heizwicklung geschoben. Diese Ofen hsben nur eine kleine Offnung zum Durchtritt des Lichtstrahls, sie sind auf Reitern montiert, sowohl nach oben und unten als auch seitlich mittels Zahntriebs verschiebbar. Die Versuchszelle hat auf der einen Seite ein Ansatzrohr, das zum Auspumpen dient und durch das der zu untersuchende Dampf eingeleitet wird.

Zur Untersuehung von Benzoldampf bei 2- 3 Atm. sind Temperaturen iiber looo C notig. Da es unmoglich ist, die gesamte Glasapparatur (Pumpe, Destillationseinrichtung usw.) auf hoher Temperatur zu halten, mnBte zwischen dem geheizten und dem ungeheizten Teil ein geeigneter VerschluB angebracht werden. Als besonders praktisch hat sich fur diesen Zweck ein von Miles2) angegebener BarometerverschluB erwiesen, der auch in den Arbeiten von S t u a r t und V o l k m a n n Verwendung findet. Dieser Verachlulj beateht aua einem U-Rohr aus Duranglas, in dem sich die zu verdampfende Pubstanz, in unserem Fall Benzol, als Sperrflussigkeit befindet. Dieses U-Rohr ist iiber ein kurzes Uberleitungsrohr direkt mit dem Ansatzrohr der Versuchszelle ver- blasen. Das ganze Zuleitungsrohr und der mit ihm verbundene eine Sehenkel des U-Rohrs ist bis auf die letzten 4 em des Bogens mit elektrischer Heie-

1) Platindraht wurde deshalb genommen, weil selbst vakuumgeschmolzener ,,eisenfreier" Chromnickeldrabt (bei 30000 Oe) noch etwas vom Magneten an- gezogen wurde, so daS man furchten mubte, daS die Kraftlinien statt durcb das Versucbsrohr auSenherum im Chromnickeldraht verlaufen.

2) J. B. N i l e s , Phys. Rev. 34. S. 964. 1929.

Page 10: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

298 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

wicklung versehen. Der andere Schenkel ist durch einen Schliff, der mit Hlkchen und Federn gegen oberdruck gesichert ist, mit der iibrigen Glas- apparatur, d. h. der Destillationsvorrichtung und der Diffusionspumpe verbunden.

Die Arbeitsweise dieses Barometerverschlusses ist etwa folgende : das vorher gut destillierte und getrocknete Benaol wird unter Vakuum mittels Eiskiihlung in das U-Rohr destilliert. Von der der Vei~suchszelle abgewandten Seite des U -Rohrs wird aus einer PreBluftbombe langsam Luft eingeleitet, wodurch das Benzol bis an den geheizten Teil des anderen Schenkels steigt. An den geheizten Stellen verdampft dss Benaol in die ebenfalls geheizte Ver- suchszelle so lange, bis sich Gleichgewicht xwischen Benzoldampfdruck und Luftdruck eingestelit hat. Man kann so Drucke bis etwa 3 Atm. einstellen. Der Druck der Luft wird an einem langen Quecksilbermanometer abgelesen. Nan mu8 die Luft sehr vorsichtig einleiten, da pliitzliche Druckanderungen eine sehr heftige Verdampfung verursachen und so den Benzolspiegel im U-Bohr stark zum Schwanken bringen, wodurch Luftblasen zur Versuchszelle durchperlen k8nnen. Um solche Schwankungen zu vermeiden, wird der untere Teil des U-Rohrs in einem DewargefaB rnit Eis gekiihlt.

7. Vereuchazelle aus Metall

Fur Benzoldampfdrucke uber 3 Atm. sind die beschriebenen Duranglaszellen nicht brauchbar, da die aufgeschmolzenen Fenster abspringen. Um auch bei hoheren Drucken Messungen durchfiihren

Abb. 3. Die Versuchszelle links im Schuitt, rechts in Aufsicht

zu kijnnen, wurden Versuchszellen aus Metall gebaut, die das Aus- sehen der Abb. 3 haben. Der Mittelteil der Zelle besteht aus einem Messingrohrchen (4 mm AuBen-, 2,5 mm Innendurchmesser) von 140 mm Lange, auf das an beiden Enden Messingflansche von 50 mm Durch- messer hart aufgelotet sind. Die Flansche enthalten in entsprechenden Aussparungen bifilare Heizwicklungen aus eisenfreiem Chromnickel- draht, der mit Glasperlen isoliert ist. Das Messingrohrchen ist zu- nachst mit Asbestschnur isoliert und dann mit 0,2 mm dickem Platindraht bifilar umwickelt. Gegen Warmeverluste ist die Wicklung mit Wasserglas-Talkum-Kitt bestrichen. Ein Ansatzrohr A dient zum Auspumpen der Zelle und zum Einleiten des Benzoldampfes. Den

Page 11: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H. Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Fliissigkeiten usw. 299

vakuumdichten AbschluB des Messingrohrs bilden zwei weitere Flansche, in die ein Fenster eingekittet ist. Sie werden durch Bleidichtung') rnit vier Schraubzwingen aus Messing an die mit dem Versuchsrohr verloteten Flansche gepre8t. Das Profil der Dichtungsflache ist aus der Abb. 3 zu ersehen. Die auf3eren Flansche bestehen nicht aus Metall, sondern aus Calit ". Als Fenster wurden optisch feingekiihlte Duranglasplatten (25 mm Durchmesser, 5 mm dick) der Firma Schott und Gen., Jena, benutzt. Diese vollig spannungsfreien Glasplatten waren nun so aufzukitten, daB sie keine neue Spannungsdoppelbrechung durch die Kittstelle be- kamen. Bei Tempernturen unter looo C ist dieses Problem gelost, man nimmt als elastischen Kitt Rollermasse. Bei hoheren Tempe- raturen gibt es bis heute keinen Kitt, mit dem man Fenster spannungsfrei und vakuumdicht aufkitten kann. I n vielen einzelnen Versuchen wurden alle bekannteren reversiblen und irreversiblen Kitte in dieser Hinsicht durchprobiert, keiner 7 konnte die gestellten Forderungen erfiillen. So blieb nichts anderes iibrig, als auch bei hoheren Temperaturen Rollermasse zu verwenden ; das ist natiirlich nur moglich, wenn man die Rollermasse ,,kiihlt".

Das Duranglasfenster wird, wie in Abb. 3 ersichtlich, mit Rollermasse in den Calitflansch eingekittet, die Kittfllche wird von der AuBenseite mit Wasser gekiihlt. Die Wasserkuhlung wird von einer kleinen Messingkapsel K besorgt, die in der Abbildung der Ubersicht halber berausgezeichnet wurde, im Betrieb aber in den Calitflansch eingebettet ist. Die Rollermasse wurde vorher im Vakuum geschmolzen und einige Tage auf 12OOC erhitzt, der Er- weichungspunkt konnte so auf etwa looo C heraufgesetzt werden. In die Kitt- schicht wurde durch eine kleine Bohrung B des Calitflansches ein Thermo- element eingefuhrt, so daB die Temperatur des Kitts dauernd beobachtet werden konnte. Im allgemeinen floB dnrch die Messingkapsel heiBes Wasser, so daB die Kittflache des Fensters eine Temperatur von etwa 80° C hatte, die Innen- flache des Fensters dagegen wurde von dem gegeniiberliegenden Messing- flansch je nach dem zu erreichenden Druck bis auf 150°C erhitzt. Zwischen dem Messingflmsch und der Fensteroberflache war nur ein Zwischenraum von 0,1 mm, um einen guten Warmeubergang zu ermiiglichen. Die Oberflache des Fensters war durch Aufdampfen im Vakuum bis auf eine Mittelblende

1) Vgl. M. K n o l l , Ztschr. f. techn. Phys. 10. S. 294. 1929. 2) Aus nachher einzusehenden Grunden muBten die auBeren Flansche

ein sehr geringes Warmeleitvermogen besitzen ; da Glas oder Porzellan nicht die notige Druckfestigkeit haben, wurde der keramische Kunststoff Calit der Firma Hescho, Hermsdorf, gewiihlt.

3) Am geeignetsten schien zunachst Chlorsilber (AgC1) zu sein, es hiilt sehr gut vakuumdicht, doch ist es fur unsere Zwecke nicht elastisch genug, jedenfalls ist Rollermasse erheblich gunstiger.

Uber das Kitten mit Chlorsilber wird demnachst in der Ztschr. f. techn. Phys. kurz berichtet werden.

Page 12: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

300 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

von 3 mm Durchmesser versilbert, um eine gleichmaBige Temperaturverteilung zu erzielen. Das Temperaturgefalle in der Duranglasplatte (maximal 70° C) ver- ursachte natiirlich in dem Fenster Spannungen; diese waren aber im all- gemeinen so gleichmlBig, daW man sie kompensieren konnte. Es war auWerdem moglich, die Calitflansche vorher so zu drehen, daB die Schwingungsrich- tungen der auftretenden S~annungsdoppelbrechung mit denen der Nicols iiber- einstimm t en.

Bei hoheren Drucken wurde nicht der Milessche Barometer- verschlufi benutzt, sondern die Versuchszelle wurde durch Ab- schmelzen von der ubrigen Apparatur getrennt. Das dnsatzrohr A der Zelle fuhrt zu einer Kiihlfalle aus Kupfer, von da zu einer ,Abschmelzstelle" und dann uber eine Glas-Kupfer-Verschmelzung zur Glasapparatur (Destillationskolben und Diffusionspumpe). Die Ab- schmelzstelle besteht aus einem U-formig gebogenen Kupferrohr von 5 mm AuBen- und 3 mm Innendurchmesser, das mit Bleispanen ge- fiillt ist. Beim Sbschmelzen unter Vakuum wird das U-Rohr erwarmt, das geschmolzene Blei unterbricht den Pumpweg, so daB man mit einer Znnge abschneiden kann. Das Versuchsrohr ist bis zur Kuhl- falle mit Chromnickeldraht umwickelt, iiber die Kiihlfalle und die dbschmelzstelle wird ein elektrischer Ofen geschoben. Unter den Heizwicklungen der apparatur befinden sich an verschiedenen Stellen Thermoelemente zur Temperaturkontrolle.

Die -41-beitsweise mit dieser Anordnung ist folgende: nachdeni die Versuchszelle von einer Diffusionspumpe auf etma mm Hg ausgepumpt ist, wird mehrfach umdestilliertes und getrocknetes Benzol in die Kupferkiihlfalle destilliert. Nach nberdestillation einer ausreichenden Menge wird die Versuchszelle auf die vorhin beschriebene Weise abgeschnitten und geheizt. Die Temperatur wird an sechs verschiedenen Stellen der Apparatur gemessen und daraus

der Sattigungsdruck aus den Tabellen von La n do1 t -B orns t e iu entnommen.

Um die Calitflansche durch die Schraub- zwingen nicht zu punktformig zu belasten, wurde noch ein 2 mm dicker Messingring M dazwischen gelegt (vgl. Abb. 3). Trotzdem hielten die Calitflansche dem Druck der Schraubzwingen , insbesondere bei griji3erem Temperaturgefalle, nicht immer stand. Es wurde daher versucht, die Calitflansehe durch andere auf Druck nicht so empfindliche Flansche zu ersetzen; dam war natiirlich ein

~r / rang/as Material notig, das ebenso wie Calit die Wiirme schlecht leitet, denn sonst hatte man ja das gewunschte Temperaturgefalle nicht

Bbb. 4 erreichen konnen. Als brauchbarstes Material

~/~,++fi~

1-1

Page 13: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H. Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Flussigkeiten usw. 301

unter den Metallen erwies sich Neusilber, dessen Warmeleitvermogen aber fur diesen Zweck immer noch etwas zugroB war. Es wurde versucht, den warme- leitenden Querschnitt moglichst auf ein Minimum herabzudriicken, indem man Isolationsmaterial zwischen diinn ausgedrehtes Neusilber psckte. Diese Flansche bewiihrten sich sehr gut, sie hatten das Aussehen der Abb. A. Die schraffierten Stellen deuten die schlecht warmeleitende Schicht an, sie besteht aus einem Kitt von Bleiglatte, Glaspulver und Glyzerin. Die Aussparung auf der A d e n - seite des Flansches ist fur die in Abb. 3 gezeichnete Wasserkiihlung h: vor- gesehen. Dieser Neusilberflansch ist ein guter Ersatz fur den Calitflansch, er wird ebenfalls mit Bleidichtung an die Versuchszelle angeschlossen.

8. V a k u u m a p p a r a t u r und Destillationeeinrichtung

Zum Auspumpen der Apparatur wurde eine zweistufige Quecksilber- diffusionapumpe aus Stahl benutzt. Als Vorvakuumpumpe diente eine Pfe i f fe rsche Olpumpe, Benzoldampfe wurden mit einer Wasserstrahlpumpe abgesaugt. Das Vakuum wurde teils rnit einem Teslatransformator gepriift, teils mit einem Mc Leodmanometer gemessen. Die Glasapparatur enthielt zwei Kolbchen mit Phosphorpentoxyd zum Trocknen der zu nntersuchenden Dampfe. Mit einem laugen, offenen Quecksilberrnanometer konnte man Drucke bis zu 3Atm. messen. An Stelle von gefetteten Hiihnen waren Quecksilber- schwimmerventile nach Stock’) eingebaut, deren Hahne gegen Uberdruck mit Spiralfedern zusammengehalten wurden.

Die zu untersuchenden Substanzen wurden chemisch rein von Schering & Kahlbaum bezogen und einer fraktionierten Destillation im Vakuum unter- worfen. Die Destillation geschah nach dem Verfahren von Guye2). Die An- ordnung besteht im wesentlichen aus zwei Glaskolben, zwischen denen die Fliissigkeit hin und her destilliert wird. Zunachst werden die fluchtigsten Anteile abgepumpt, eine mittlere Fraktion in den zweiten Kolben destilliert und der IRestbestmd wieder abgepumpt. Dieser Vorgang wird einige Male wiederholt, bis schlieBlich eine mittlere Fraktion bei Verwendung der Duran- glaszelle in den BarometerverschluE , bei Benutzung der Metallzelle in die Kupferkiihlfalle destilliert wird. Benzol wurde mit Eis destilliert, Nitrobenzol wurde wegen seines geringen Dampfdruckes mit flussiger Lnft destilliert.

9. Ergebnisse an Benzoldampf

Benzol wurde bis 2,5 Atm. in der Duranglaszelle, bei hoheren Drucken in der Metallapparatur untersucht. Die Ergebnisse sind in Tab. 1 mitgeteilt. Spalte 1 enthalt die Temperatur des unter- suchten Benzoldampfs, sie wurde mit Kupfer-Konstantan-Thermo- elementen (Kompensationsapparat und Spiegelgalvanometer) an drei Stellen des Beobachtungsrohres gemessen. Die ersten drei Reihen sind Messungen mit der Duranglae-, die iibrigen mit der Metallzelle. Den Temperaturwerten der Metallzelle ist in Klammern noch die Temperatur hinzugefiigt, die der Ermittelung des Sattigungsdruckes

1) Vgl. L. M o s e r , Die Reindarstellung von Gasen, Stuttgart 1920. 2) Ph.A. G u y e , Ztschr. f. anorg. Chem. 64. S. 25. 1909.

Page 14: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

302 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

zugrunde liegt, es ist die tiefste Temperatur in der gesamten Metall- apparatur, sie wird in der Kupferkuhlfalle aufrechterhalten. Das Beobachtungsrohr selbst befindet sich auf hoherer Temperatur, um ein Kondensieren des Benzoldampfs zu vermeiden. Die 2. Spalte der Tabelle enthalt den Druck des Renzoldampfs, er wird bei der Glas- apparatur am Quecksilbermanometer abgelesen , bei der Metall- apparatur aus der Temperatur ermittelt. I n Spalte 3 stehen die

2,50

2,16 1,77 1,73 1,94

2,12

Beob- ac htungs -

tempe- ratur in OC

.- - ~ -___ 90

112 119 130 (122) 142 (134) 149 (138)

~ _ _ _ _ 2,50

2,13 2,Ol 1,89 1,83

2,21

Druck in

mm Hg

-- - -

755 1572 1960 2380 3100 3340

2,17 2,24 1,85 1,84 2,07

4.105 beob. bei

546 m p

2,70 4,88 6,30 6,29 8,15 9,90

___ _. ~-

2,22 2,14 2,03 1,91 1,85

T a b e l l e 1

4 -__ c. 1015 beob. bei

546 mp

2,48 -- -

4,49 5,79 5,79

9,11 7,50

5 1 6

c. 1015 bez. auf 760 mrn

ideale Gas- gleichung

Ab- weichung

in 010

von der idealen

Gasgl. bei 760 mm

-

372 2,5 294 272 211 270

8 1 9 C.10'6

bez. auf 760 mm

Zuatands- gleichung

gemessenen Werte des Gangunterschieds, aus denen in der nachsten Spalte die C.-M.-Konstanten bei den angegebenen Drucken und Tempe- raturen berechnet sind. Die Berechnung von C erfolgte nach GI. ( I ) : bei allen Messungen betrug die Schichtlange 2 = 12 cm, die Feld- starke H = 30 100 Oe. Spalte 5 gibt die mittels der idealen Gas- gesetze auf 760 mm umgerechneten C.-M.-Konstanten, Zum Vergleich finden sich in der 6. Spalte die nach der Orientierungstheorie eben- falls mit den idealen Gasgesetzen berechneten C- Werte. Dieser Be- rechnung liegt der MeBpunkt bei 90°C zugrunde, der wegen seines kleineren mittleren Fehlers hoher bewertet wurde als die iibrigen Punkte. I n den Spalten 8 und 9 stehen die beobachteten und be- rechneten C.-M.-Konstanten, wie sie beim realen Gas bei 760 mm beobachtet wiirden. Die prozentualen Abweichungen von der idealen Gasgleichung (Spalte 7) wurden einer Arbeit von Eucken und Meyerl), in der die Dampfdichte des Benzols bei verschiedenen Temperaturen gemessen wird, entnommen.

1) A. E u c k e n u. L. Meyer, Ztschr. f. phys. Chem. (B) 6. S.452. 1929. Die Werte von 112OC aufwarts wurden durch Extrapolieren aus der Kurve fur den zweiten Virialkoeffizienten erhalten.

Page 15: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

die Theorie verlangt (Spalte 9 der Tabelle). Die Beobachtungs- 25- punkte der Duranglaszelle sind mit Kreisen, die der Metallzelle mit Kreuzen bezeichnet.

Wahrend die Fehler bei Ver- suchen mit der Glasapparatur 4O/, nicht uberschreiten, sind die Ergebnisse der @-

Metallapparatur mit erheblichen Fehlern

20

$5- 1 -

1 * 110-2

2mperuiur "C-

H. I<vnig. Magnetische Doppelbrechung organ. Flussighiten usw.

Abb. 5 zeigt die Ergebnisse graphisch aufgetragen.

503

Die aus- gezogene Kurve gibt die Temperaturabhangigkeit der nach der Zu- standsgleichung auf 760 mm umgerechneten C.-M.-Konstaate, wie sie die Theorie verlangt (Spalte 9 der Tabelle). Die Beobachtungs- punkte der Duranglaszelle sind mit Kreisen, die der Metallzelle mit Kreuzen bezeichnet.

Wahrend die Fehler bei Ver- suchen mit der Glasapparatur 4O/, nicht uberschreiten, sind die Ergebnisse der Metallapparatur mit erheblichen Fehlern von teilweise 8O//, behaftet. Das liegt daran, daB man in der Glasapparatur Abb. 5. Temperaturabhangigkeit den Druck genau genug messen kann, der C.-M.-Konstante von Benzoldampf wlhrend man bei der Metallapparatur auf die Siittigungsdruck-Temperaturkurve angewiesen ist. MiBt man z. B. die Tem- peratur in der Gegeud von 140° C um 2'3//, falsch, so wird der Druck bereits um etwa 7O,!:, falsch. Der Wert der C.-M.-Konstante bei 90° C ist von allen Werten der zuverlassigste, da bei einem Druck von 1 Atm. die Fenster der Duranglaszelle vijllig spannungsfrei waren. Dieser Wert wird daher allen weiteren Uberlegungen zugrunde gelegt.

Die Messungen des Gangunterschieds an Benzoldampf von 1 Atm. sind auf 3,5 genau. Unsicherheiten in der Temperaturmessung fallen wegen des sehr kleinen Temperaturkoeffizienten fur die C.-M.-Konstante nicht ins Gewicht. Die Druckmessungen sind mit einem Fehler von 0,2°/0 behaftet. Die magneti- sche Feldstlrke ist auf 1 genau; dieser Fehler geht doppelt in die c.-M.- Konstante ein. Zmischen den Polschuhen ist das Feld innerhalb des oben angegebenen Fehlers homogen. AuBerhalb der Polschuhe nimmt die Feld- starke des Magneten so rasch ab, d a l sie keinen Beitrag mehr zur M.D. liefert. Es wurde daher eine Schichtlange von 2 = 12 cm angenommen, die dem Durchmesser der Polschuhe entspricht. Im ungunstigsten Falle wird man bei der Messung der C.-M.-Konstante also mit einem Gesamtfehler von 5 bis Go/, rechnen mussen. Das gilt nur fur Messungen mit der Duranglaszelle, hei Versuchen mit dem Metallrohr werden die Fehler infolge der Unsicherheit in der Druckhestimmung groler.

Bei 90° C und 760 mm Hg ist die C.-M.-Konstante Cwo = 2,50. I O - I 5 bei 546 mp. Urn rnit dem Flussigkeitswert ver- gleichen zu konnen, rechnen wir die Konstante auf 20° C urn:

czoo = 2,50 .10-15. 363 ' = 3 , m . 10-15.

c* = c . - = 2,og. 10-19,

( 293 1 Die yon der Wellenlange unabhangige Konstante ergibt sich zu

1 n

die molekulare C.-M.-Konstante des Benzoldampfs wird dam nach G1. (13): 6 = 335.10-17,

Page 16: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

304 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

wenn man - = - = 2,4. lo4 und n2 = 1 setzt, was hinreichend genau sein diirfte. Das Verhaltnis der molekularen C.-X-Kon- stanten von Gas und Fliissigkeit wird:

M L e f l

10. Diskussion der WeOergsbnisse

Auf Gruncl der experimentellen Uriterlagen der vorigen Nummer lassen sich folgende Schliisse ziehen: das Verhaltnis der molekularen C.-M.-Konstante von gasformigem Benzol zu der fliissigen Benzols ist kleiner als das analoge Verhaltnis der Kerrkonstanten. Daraus kann man entnehmen, da6 die Molekelassoziation im magnetischen Fall eine andere ist als im elektrischen Fall.

Im folgenden gehen wir auf die gegenseitige Wechselwirkung zwischen einzelnen Molekeln der Fliissigkeit etwas naher ein und stellen fest, wodurch sich die Assoziationsverhaltnisse bei Kerr- und C.-M.-Effekt unterscheiden. Wir behandeln zunachst den elektri- schen Fall: das elektrische Feld des Kerrkondensators induziert in den einzelnen Benzolmolekeln elektrische Momente, die man, auf die Feldstarke 1 bezogen, die elektrostutischen Polarisierbarkeiten nennt. Diese Momente induzieren ihrerseits in den Nachbarmolekeln sekundare Momente, so daB die primhr induzierten Ladungen je nach der Molekelanordnung durch sie eine Verstarkung oder eine Schwachung erfahren. Da die molekulare Kerrkonstante im fliissigen Benzol kleiner ist als im Dampf, wird die Ordnung der Molekeln in der Fliissigkeit vorwiegend so sein, daB die vom Felde des Kon- densators induzierten Momente geschwacht werden. AuBerdem wirkt noch das elektrische Feld der Lichtwelle auf die Molekeln ein, auch dieses induziert elektrische Momente in jeder Molekel, die man, auf das E'eld 1 bezogen, die bereits in Nr. 2 erwahnten optischen Polarisierbarkeiten nennt ; auch diese werden dem Ordnungszustand der Fliissigkeiten zufolge durch das Feld der Nachbarmolekeln ge- sch w acht.

AuBer der Wechselwirkung der Polarisierbarkeiten spielt beini Kerreffekt noch die Unsicherheit des inneren B'eldes eine Rolle. Auf eine Molekel wirkt ja nicht die auBere Feldstarke (3 des Konden- sators oder der Lichtwelle, sondern eine andere ,,innere" Feldstarke 6'= (3 ( q c ) . Der zur au6eren Feldstarke (3 hinzutretende Faktor

riihrt davon her, daB die betreffende Molekel von den benachbarten polarisierten Molekeln beeinflufit wird. Dieser Faktor des inneren

Page 17: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H . Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Fliissigkeiten usw. 305

Feldes ist streng richtig, wenn die Molekeln vollig ungeordnet ver- teilt sind und wenn das Feld am Orte einer Molekel noch als homogen angesehen werden kann. Da diese Forderungen im all- gemeinen im fliissigen Zustand nicht erfullt sind, tragen Messungen an Fliissigkeiten die Unsicherheit des inneren Feldes in sich.

Bei der M.D. fallt diese durch das innere Feld verursachte Unsicherheit fort, da die Permeabilitat p beim diamagnetischen Benzol von 1 wenig verschieden ist, es wird also @'= Q (7) P + 2 = @.

Das Magnetfeld induziert auBerdem in den diamagnetischen Benzol- molekeln magnetische Momente (magnetische Polarisierbarkeiten ml, m2, m3), die sekundare Magnetpole in den Nachbarmolekeln erzeugen. Im Gegensatz zum elektrischen Fall wiirden diese das urspriinglich induzierte Moment verstkken, was zu einer VergroBerung der C.-M.- Konstante fiihren muBte. Infolge der geringen Suszeptibilitat dia- magnetischer Stoffe (x - und der kleinen magnetischen Mo- mente ist allerdings diese magnetische Wechselwirkung vernach- lassigbar klein. So bleibt bei der M.D. nur die Wechselwirkung der vom Lichtvektor induzierten elektrischen Momente ubrig.

Um ein vollstandigeres Bild iiber die Molekelassoziation in der Fliissigkeit zu erhalten, wollen wir auch die Lichtzerstreuung in unsere Betrachtungen mit einbeziehen. MiBt man den Depolari- sationsgrad der Rayleighstreuung l) an fliissigem und gasformigem Benzol und herechnet daraus die optische Anisotropie z, cY2 der Benzol- molekel in beiden Aggregatzustanden, so zeigt sich, daB sie in der Flussigkeit scheinbar kleiner ist als im Gas. In Wirklichkeit ist cY2 in beiden Aggregatzustanden gleich groB 3), nur durch die gegen- seitige Behinderung der Molekeln wird in der Fliissigkeit ein kleinerer Wert vorgetauscht. Fur Benzol liegen Messungen ver- schiedener Autoren vor, die allerdings erheblich untereinander ab-

1) Unter dem Depolarisationsgrad A eines Mediums versteht man das Inteusitatsverhiiltis des parallel und senkrecht zum einfallenden Lichtstrahl

schwingenden Streulichts A = - . J P

J, 2) Die optische Anisotropie einer Molekel ist definiert durch

sie ist mit dem Depolarisationsgrad durch die Beziehung P = __- lo' ver-

kniipft. Dieser Zusammenhang gilt nur fur Qase, bei Flussigkeiten kommen weitere Faktoren hinzn.

3) Vgl. z. B. H. A. Stuart u. H. Volkmann, Ztschr. f.Phys. 83. S.478. 1933.

6 - 7 4

Annalen der Physik. 5. Folge. 31. 20

Page 18: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

306 A m a h der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

weichen. Wir benutzen hier von S t u a r t l) zusammengestellte Mittel- werte fiir a:,.= 34. fur 3ta,, = 7 7 - Der Unterschied der Anisotropiewerte in Fliissigkeit und Gas wird einerseits von dem Faktor des inneren E’eldes) anderseits durch die Wechselwirkung der optischen Polarisierbarkeiten hervorgerufen.

Zusammenfassend la%t sich folgendes sagen: Beim Kerreffekt fliissigen Benzols spielt die Wechselwirkung der elektrostatischen und der optischen Polarisierbarkeiten eine Rolle? auBerdem ist der B’aktor des inneren Feldes unsicher. Reduktionsfaktor vom Dampf

- 3,24. Beim Depolarisationsgad der Rayleigh- -QGllS zur Flussigkeit __ - streuung fallt die Wechselwirkung der elektrostatischen Polarisier-

‘Fl.

- 2,26. Beim C.-M.-Effekt barkeiten fort. Reduktionsfaktor __ - L! 9%.

bleibt schlieBlich nur noch die Wechselwirkung der optischen Po-

larisierbarkeiten ubrig. Reduktionsfaktor -- = 2,04. Es ist also

moglich, mittels Kerreffekt, Depolarisationsgrad und C. - M . - Effekt Schlusse xu ziehen auf die Beteiligung einxelner Faktoren bei der Molekelassoziatiolz in Fliissigkeiten.

%GaS

‘Fl.

11. Ternperaturabhiingigkeit der magnetiechen und elektrimhen Doppelbrechung fluesigen Benaols

Der Vergleich von magnetischer und elektrischer Doppel- brechung wird fortgesetzt, indem noch die Temperaturabhangigkeit beider Effekte einbezogen wird. Auch sie kann Auskunft iiber die Wechselwirkung der Molekeln in einer Fliissigkeit geben; denn mit steigender Temperatur geht in der Flussigkeit eine Auflockerung der geordneten Molekelkomplexe vor sich, so da8 man sich mehr und mehr den Verhaltnissen am Gas nahert, urn schlieBlich ober- halb der kritischen Temperatur den Gaszustand vollig zu erreichen.

Abb. 6 a zeigt die von der Wellenlange unabhangige C.-M.- Konstante C* gegcn die Temperatur in OC aufgetragen. Die Werte der experimentellen Kurve sind in Tab. 2 aufgefiihrt.

Die Versuchsanordnung ist die gleiche, wie die in einer fruher veroffentlichten Arbeit 2). Die gestrichelte Kurve der Abbildung und

1) H. A. Stuart, Lichtzerstreuung im Gebiet des sichtbaren Spektrums.

2) €1. Konig , Phys. Ztschr. 34. S. 731. 1933. Hand- u. Jahrb. d. Chem. Phys. 8. 11. S. 99. 1936.

Page 19: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H. Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Flussigkeiten ww. 307

Tabel le 2

Temperatur OC

c* . l o 1 7

beob. 1 ber.

16,5 18,3 31,O 40,O 49,6 58,2

2,50

2,43

2,31 2,25

2,49

2,37

2,50 2,48 2,34 2,24 2,14 2,oo

die letzte Spalte der Tabelle geben die Werte fur die relative’) Temperaturabhangigkeit ? wie sie nach der Orientierungstheorie aus G1. (12) berechnet wurden.

Abb. 6 a. Temperaturabhangigkeit der C.-M.-Konstante von Benzol

0 Q 20 30 W 50 60 70 80

Abb. 6 b. Temperaturabhangigkeit der Kerrkonstante von Benzol

Abb. 6 b enthalt die Temperaturabhangigkeit der Kerrkonstante K von Benzol nach S t u a r t und Volkmann2).

C.-M.-Effekt und Kerreffekt haben gemeinsam, daB die Doppel- brechung mit steigender Temperatur langsamer abnimmt, als die Theorie verlangt. Dagegen sind die prozentualen Sbweichungen von den berechneten Werten fur verschiedene Temperaturen bei der M. D. immer kleiner als bei der elektrischen Doppelbrechung. Auch daraus kann man schliegen, daB die Wechselwirkung zwischen den Benzolmolekeln im magnetischen Falle kleiner ist als im elektri- schen Fall.

1) Die theoretischen Werte sind alle auf die C.-M.-Konstante bei 15,5O C bezogen, damit ein Vergleich mit den bereits vorliegenden Ergebnirisen tun Kerreffekt moglich ist.

2) H. A. Stuart u. H. Volkmann, Ztschr.f. Phys. 83. S.444. 1933. 20 *

Page 20: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

308 Annalen der Physik. 5. Polge. .Band 31. 1938

12. Cotton-Mouton-Effekt und Kerreffekt von geliistem Benzol

Um das Bild uber die Assoziation der Molekeln weiter zu ver- vollstandigen? seien hier noch Ergebnisse an Losungen von Benzol in Tetrachlorkohlenstoff im Magnetfeld denen im elektrischen Feld gegeniibergestellt. Durch das Einbetten der Molekeln in ein Lo- sungsmittel kann man zwar nicht eine dem freien Zustand des Gases entsprechende Doppelbrechung erhalten, da es nicht gelingt, die Wechselwirkuiig mit den Molekeln des Losungsmittels vollig zu beseitigen. Man erhalt aber in den allermeisten Fallen in sehr

Mf&?.f

300

zoo 2zob 7400 76@01 TOO0

8w t

A bb. 7 a. Konzentrationsabhlngigkeit der molekularen C.-M.-Konstante

(gelost in Tetrachlorkohlenstoff)

Abb. 7 b. Konsentrationsabhaingigkeit der molekularen Kerrkonstante

(geltist in Tetrachlorkohlenstoff) von Benzol von Bensol

verdiinnten Losungen etwas groBere molekulare Konstanten der Doppelbrechung als im ungelosten flussigen Zustande.

Abb. 7 a zeigt die molekulare C.-M.-Konstante (a. von Benzol in Abhangigkeit von der Konzentration in Molenbruchen. Die relativen Messungen wurden von Ch incha lka r l ) ubernommen und mit dem Wert2) C*= 2,47. auf die molekulare C.-M.- Konstante umgerechnet. Die Konzentration, die bei C h i n c h a l k a r in Volum-Prozenten angegeben ist, wurde zwecks Vergleich mit dem Kerreffekt in Molenbruche umgerechnet. A bb. 7 b enthalt die ana- loge Kurve fur den Kerreffekt. Die Werte wurden von Brieglebs)

I) S. W. Chinchalkar, Ind. Journ. Phys. 7. S. 491. 1932. 2) Vgl. E. Matull, a. a. 0. 3) G. Brieg leb , Ztschr. f. phys. Chem. (B) 16. S. 260. 1932.

Page 21: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H. Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Flussigkeiten usw. 309

gemessen, sie sind hier auf die von Otterbein ' ) definierte mole- kulare Kerrkonstante umgerechnet worden. I n beiden Abbildungen sind auch die Werte der Doppelbrechung fur Benzoldampf und fur die reine Fliissigkeit eingetragen, urn die aus der Losung bei sehr starker Verdiinnung gefundenen Werte mit den j eweiligen Gaswerten vergleichen zu konnen.

Auch aus diesen beiden Kurven folgt, daB die molekulare Wechselwirkung bei der M.D. kIeiner ist als beim Kerreffekt, da sich die Kurve fur die molekulare C.-M.-Konstante vie1 mehr dem Wert des Gases nahert, als die Kurve des Kerreffekts. Dieser SchluB ist allerdings nicht so zwingend wie die bisherigen nber- legungen, da Tetrachlorkohlenstoff wegen seiner wirksamen Partial- momente CC1 ein sehr wenig indifferentes Losungsmittel darstellt.

13. Cotton-Mouton-Konstante von Nitrobenzoldampf

Als weitere Substanz wurde Nitrobenzol gemessen, da es im fliissigen Zustand eine der grol3ten C.-M.-Konstanten iiberhaupt be- sitzt. Infolge seines geringen Sattigungsdruckes konnte Nitrobenzol- dampf in der Duranglaszelle untersucht werden, in der ein Sattigungs- druck von 1 Atm. bei 220° C erreicht wurde. Da beide Zellen oberhalb 250 C nicht mehr zuverlassig arbeiteten, wurde Nitrobenzol nur bis zu einem Druck von 760 mm gemessen: bei einem Magnetfelde von 30100 Oe, 760 mm Hg und 220° C zeigte sich keinerlei An- deutung einer M. D., d. h. der Gangunterschied war kleiner als 1,4.10-5 1. Fur die molekulare C.-M.-Konstante von Nitrobenzoldampf ergibt sich bei 20° C und 760 mm Hg

Die molekulare C.-M.-Konstante fliissigen Nitrobenzols bei 20 O C errechnet sich mit C = 25,7 - damit ist die molekulare C.-M.-Konstante des Dampfes kleiner als die molekulare Konstante fliissigen Nitrobenzols, also umgekehrt wie vorhin beim Benzol.

gGss < 550.10-17.

nach (4) und (13) zu QFI. = 700.

14. Folgerungen aus den Nitrobenzoldampfmessungen

Die Theorie der M.D. ist fur Flussigkeiten - insbesondere fur Dipolflussigkeiten - sehr unvollkommen. Trotzdem sol1 der Versuch gemacht werden, an Hand der vorliegenden Ergebnisse einen Einblick in die Assoziationsverhaltnisse des Nitrobenzols zu erhalten.

1) G. Otterbein , a. a. 0. 2) H. KFnig , a. a. 0. S. 733.

Page 22: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

310 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

Bei allen Kerreffektmessungen erhalt man fur die molekulare Kerrkonstante im Gas gr8Fevel) Werte als in der Fliissigkeit, d. h. die Molekeln kiinnen im freien Zustand des Gases besser der Richtwirkung des Feldes folgen, als im eng gepackten Raum der Flussigkeit. So ist z. B. die molekulare Kerrkonstante des Nitrobenzoldampfes etwa 20mal so groB als diejenige der FliissigkeitB), wobei allerdings der groBte Teil dieses ,,ReduktionsfaktorsLi suf Dipolassoziation zuruckzufuhren ist. Eigentlich sollte man auch bei der M.D. im Gas eine griiBere Konstante vermuten als in der Flussigkeit, wider Erwarten stehen aber die Messungen an Nitrobenzol im Gegensatz zu dieser Annahme. Wir wollen sehen, wie man sich dieses zunachst sonderbare Ergebnis erklaren kann: AuBer den in Nr. 10 beim Kerreffekt von Benzol bereits erwahnten Wechselwirkungen der elektrostatischen und der optischen Polarisierbarkeiten und dem EinfluB des inneren Feldes treten beim Nitrobenzol noch ziemlich erhebliche elektro- statische Krafte zwischen den permanenten Dipolen auf (Nitrobenzol hat ein Dipolmoment von p = 3,9. 10-18~. In der Flussigkeit sind sowohl Dipol- anordnungen denkbar, die zu einer Schwachung der permanenten elektrischen Momente fuhren, als auch Anordnungen, die eine Verstarkung der ursprunglichen Dipole verursachen Diese Dipolassoziation kann man eliminieren, indem man wie D e bye vorgeschlagen hat, Dipole in unpolare Liisungsmittel bringt, ein Umstand, der z. B. benutzt wird, urn das elektrisohe Moment aus verdunnten Lasungen zu bestimmen. An Liisungen von Nitrobenzol in verschiedenen Losungsmitteln hat Mu1 1 e r4) nachgewiesen, daB die Molekularpolarisation mit steigender Konzentration des Nitrobenzols abnimmt. Mit dieser Abnahme der Molekularpolarisation beim Ubergang von geliistem zu reinem Nitrobenzol ist eine scheinbare Verkleinerung des elektrischen Moments verknupft , was zur Folge hat, daB beim Kerreffekt das Dipolglied und damit die Kerrkonstante kleiner werden. Da das Dipolglied des Nitrobenzols etwa 20mal so groli ist wie das Anisotropieglied , ubertreffen naturlich die starken elektrostatischen Krgfte der permanenten Dipole sowohl die Wechselwirkungen der elektro- statischen als auch der optischen Polarisierbarkeiten.

Genau wie vorhin beim Benzol wollen wir auch hier die Wirkung der optischen Polarisierbarkeiten und des inneren Feldes von den anderen Asso- ziationserscheinungen getrennt studieren, indem wir die aus dem Depolarisations- grad der Rayleighstreuung ermittelte optische Anisotropie von Nitrobenzol im fliissigen mit der im gasformigen Zustand vergleichen. Aus Messungen des Depolarisationsgrades von R a m a k r i s h n a Rao6) ergibt sich fur die optische Anisotropie von Nitrobenzoldampf = 100 lop3, fur die Flussigkeit a;,. = 106 - Wahrend beim Benzol > war, ist beim Nitrobenzol, wenn man den Werten des Inders vertraut,

Auch die Temperaturabhangigkeit der optischen Anisotropie verlauft nach Messungen von R a m a c h a n d r a Rao6) beim Nitrobenzol umgekehrt wie beim Benzol: beim Benzol steigt Ji l . mit steigender Temperatur, beim Nitrobenzol fallt a;,. mit steigender Temperatur.

< 8i,. .

-

1) Eine einzige Ausnahme bildet CC1,. 2) Vgl. H. A. S t u a r t u. H. V o l k m a n n , Ztschr. f. Phys. 83. S. 461. 1933. 3) Vgl. z. B. H. A. S t u a r t , Molekiilstruktur, Berlin 1934, Fig. 49 u. 50. 4) H. M u l l e r , Phys. Ztschr. 34. S. 689. 1933. 5) J. R a m a k r i s h n a R a o , Ind. Journ. Phys. 2. S. 61. 1927. 6) S. R a m a c h a n d r a R a o , Tnd. Journ. Phys. 3. S. 21. 1928.

Page 23: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H . Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Pliissigkeiten usw. 311

Soilte es nicht m6glich sein, da6 der kleine Wert der C.-M.-Konstante beim Nitrobenzoldampf auf diese Unterschiede in der optischen Anisotropie zuriickzufiihren ist? Die C.-M.-Konstante ist ebenso wie die Kerrkonstante der optischen Anisotropie proportional, da < ail, ist, mu6 man also schlietlen, da6 auch BGas < GF,, wird. Wenn dieser SchluB auch nicht bindend ist, da der Unterschied der optischen Anisotropiewerte in beiden Aggregatzustanden nur 6 O/,, betragt, so ist er immerhin ein Beitrag zur Erklarung des experimentellen Befunds. Offen bleibt allerdings die Frage, wo bei der M. D. und bei der Lichtzerstreuung der EinfluB der elektrischen Dipole bleibt. ,

16. Liiaungen von Nitrobenzol

Auch die Losungen von Nitrobenzol zeigen bei der M.D. ein vollig anderes Verhalten als bei der elektrischen Doppelbrechung. In Abb. 8 a ist die molekulare C.-M.-Konstante von Nitrobenzol in Tetrachlor- kohlenstoff gelost, gegen die Kon- zentration in Molenbriichen auf- getragen. Die Werte der C.-M.- Konstanten wurden von P ieka ra2 ) gemessen, sie wurden hier auf die molekulare Konstante nach G1. (13) umgerechnet. I n Abb. 8b ist die molekulare Kerrkonstante von

0 02 @ 46 48 10

Abb. 8 a. Konzentrationsabhangigkeit der molekularen C.-M.-Konstante

von Nitrobenzol (gelost in Tetrachlorkohlenstoff)

I B - Oumpf I

1700 72001

Abb. 8 b. Konzentrationsabhangigkeit der molekularen Kerrkonstante

von Nitrobenzol (geltist in Benzol)

1) Wenn man Nitrobenzol nicht in CCl,, sondern in Hexan 16st (vgl. A. P i e k a r a , a. a. O., S. 543), so erhtilt man eine ganz ahnliche Kuive fur B.

2) A. P i e k a r a , Journ. de Phys. et le Rad. 5. S. 541. 1934.

Page 24: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

312 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

Nitrobenzol in Benzol als Funktion der Konzentration in Molen- briichen aufgetragen. Die Kurve ist einer kiirzlich erschienenen Arbeit von Fr iedr ich ' ) entnommen. Der fur Nitrobenzol ein- getragene Wert des Dampfes wurde von S t u a r t und Volkmann2) gemessen und auf die von Ot t e rbe in definierte molekulare Kerr- konstante umgerechnet. Die molekulare Kerrkonstante gelosten Nitrobenzols steigt mit geringer werdender Konzentration sehr stark an und niihert sich bei groBer Verdunnung dem Gaswerte. Die molekulare C.-M.-Konstante dagegen fallt mit kleiner werdender Konzentration, so daB man auch aus dieser Abnabme auf einen Dampfwert schlieBen muB , der kleiner ist als die C.-M.-Konstante der Fliissigkeit.

16. Tempera turabhlngigkei t der Doppelbrechung von Nitrobenzol

Erganzend gehen wir auch beim Nitrobenzol auf dieTemperaturabhiingigkeit von Kerr- und C.-M.-Konstante ein. Sie bietet wie vorhin beim Benzol auch hier ein meiteres Hilfsmittel eur Erklarung von Assoziationserscheinungen in der Flussigkeit. Wahrend die experimentellenTemperaturknrven der magnetischen und elektrischen Doppelbrechung beim Benzol nach derselben Seite von der

\ w

\\\ \ '\

\ 5- '\

72rnhr OC - 5O I0 20 30 W 50 60 W 2'0 3U +b sb 60,

Abb. 9 a. Temperaturabhlngigkeit Abb. 9 b. Temperaturabhangigkeit der Kerrkonstante von Nitrobenzol der C.-M.-Konstante von Nitrobenzol

theoretischen Kurve abweichen (vgl. Abb. 6 a und ti b), verlaufen die analogen Kurven beim Nitrobenzol in verschiedenen Richtungen. Die C.-M.-Konstante des Nitrobenzols (Abb. 9 a) nimmt mit steigender Temperatur sehneller ab als die Orientierungstheorie verlangt, die Kerrkonstante (Abb. 9 b) dagegen Zang- samer. Die Temperaturabhangigkeit der C.-M.-Konstante wurde von Sz ivessy3) gemessen. Die theoretische Kurve wurde auf 20° C bezogen aus GI. (12) be- rechnet. Die experimentellen Werte fur die Temperaturabhangigkeit der Kerr- konaknte wurden einer Arbeit von C o t t o n und Mouton4) eRtnommen, die

1) H. F r i e d r i c h , Phys.Ztschr. 38. S. 318. 1937. 2) H. A. S t u a r t u. H. V o l k m a n n , Ztscbr. f. Phys. 80. S. 107. 1933. 3) G. S z i v e s s y , Ann. d. Phys. 68. S. 127. 1922. 4) A. C o t t o n u. H. M o u t o n , Journ. dePhys. 1. S. 1. 1911.

Page 25: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

H. Konig. Magnetische Doppelbrechung organ. Fliissighiten usw. 313

theoretische Kurve wurde unter Zugrundelegung des Wertes bei 20° C aus der L ang e v i n -B o rn when Theorie berechnet. DaB sich die Temperaturabhangigkeit des C.-M.-Effekts ganz anders benimmt als die Temperaturabhangigkeit des Kerreffekts, spricht dafiir, da13 im Magnetfeld eine andere Molekelassoziation herrscht als im elektrischen Feld, was zur Folge haben kann, daB die mole- kulare C.-M.-Konstante in der Fliissigkeit groBer ist als im Gas.

17. Zusammenfassung

Benxoldampf wird bei 1-4,5 Atm, Druck auf M. D. untersucht. Seine C.-M.-Konstante ergibt sich im Mittel zu C = 2,50 - f 6 O / , bei 90° C und 760 mm Hg. Um die Ergebnisse an Dampf und Fliissigkeit besser miteinander vergleichen zu kiinnen, wird eine vom Aggregatzustand unabhangige ,,molekulare C.-M.-KonstanteLL definiert ; sie ist beim Benzoldampf 2,04 ma1 groBer als bei fliissigem Benzol. Dieses Resultat wird mit ahnlichen Ergebnissen am Kerreffekt ver- glichen und durch Molekelassoziation erklart. Auch die aus dem Depolarisationsgrad der Rayleighstreuung ermittelte optische Aniso- tropie an fliissigem und dampff ormigen Benzol wird zur Deutung dieser Assoziationserscheinungen in der Fliissigkeit herangezogen.

Erganzend wird einerseits die Temperaturabhangigkeit der magnetischen und elektrischen Doppelbrechung mit der von der Orientierungstheorie geforderten verglichen, anderseits die Doppel- brechung verdiinnter Losungen mit den Werten des Dampfes und der reinen Fliissigkeit in Zusammenhang gebracht : die C.-M.-Konstante von fliissigem Benzol wird zwischen 15,5 und 58,2" C gemessen, ihre Temperaturabhangigkeit gehorcht der Orientierungstheorie besser als diejenige der Kerrkonstante. Aus den vorliegenden Ergebnissen anderer Autoren an Liisungen folgt, dab die molekulare (3.-M.-Kon- stante gelosten Benzols dem Dampfwerte naher kommt als dies fur die entsprechenden GroBen des Kerreffekts der Fall ist.

Die molekularen Wechselwirkungen in fliissigem Benzol sind hiernach bei der M. D. geringer als bei der elektrischen. Erklarung: Die C.-M.-Konstante der Fliissigkeit wird gegeniiber der des Gases durch die Wechselwirkungen der optischen Polarisierbarkeiten ver- kleinert. Bei der optischen Anisotropie kommt zu dieser Verkleinerung eine weitere hinzu, die durch den Faktor des inneren Feldes bedingt ist. Beim Kerreffekt hat man es au6erdem noch mit der Wechsel- wirkung der elektrostatischen Polarisierbarkeiten zu tun, die ebenfalls vermindernd wirkt.

Die C.-M.-Konstante des Nitrobenxoldampfes erweist sich als unmeBbar klein, seine molekulare C.-M.-Konstante ist kleiner als die molekulare Konstante der Fliissigkeit. Dieser Umstand wird

Page 26: Magnetische Doppelbrechung organischer Flüssigkeiten und ihrer Dämpfe

314 Annalen der Physik. 5. Folge. Band 31. 1938

in Verbindung gebracht mit der aus dem Depolarisationsgrad be- stimmten optischen Anisotropie, die sich fur Nitrobeozoldampf kleiner ergibt als fur flussiges Nitrobenzol. Auch hier werden magnetische und elektrische Doppelbrechung hinsichtlich ihrer Temperatur- abhAngigkeit einander gegenubergestellt und auch die Ergebnisse an Losungen in beiden Effekten miteinander verglichen. AbschlieBend kann man sagen, daB das Dipolglied beim Kerreffekt verantwortlich ist fur das starke Absinken der Kerrkonstante beim ubergang vom Gas zur Fliissigkeit, wahrend beim C.-M.-Effekt wohl wesentlich die optische Anisotropie fiir die GroBe der C.-M.-Konstante ausschlag- gebend ist.

D anz ig- Lnngf u h r , Theoretisch- Physikalisches Institut der Technischen Hochschule, Oktober 1937.

(Eingegangen 11. November 1937)