3
70 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 222. 1935 Magnetochemische Untersuchungen. Xl1.l) Das magnetische Verhalten einiger fluchtiger Fluoride Von PAUL HENEEL und WILHELM KLEMM Untersuchungen iiber den Diamagnetismus von Fluorverbin- dungen sind bisher nur selten durchgefiihrt worden. Urn den Wert fur das Fluorion moglichst sicher experimentell bestimmen zu konnen, schienen uns die fluchtigen Fluoride besonders geeignet, da ihre Mole- kiile fast nur aus Fluorionen aufgebaut sind. Wir haben daher eine Reihe von Fluoriden, niimlich GeF, und alle bekannten Hexafluoride gemessen. Die Stoffauswahl war u. a. wesentlich durch den Gesichts- punkt bestimmt, daB wir mit Riicksicht auf unsere MeBeinrichtung Flussigkeiten oder feste Stoffe messen mufiten. Wir haben daher von den von uns dargestellton Fluoriden dic besonders leicht fluchtigen (BF,, CF, und SiF,) nicht gemessen. Uber die Darstellung der Praparate ist schon an friiheren Stellen berichtet worden. Hinzuzufugen sind einige Bemerkungen uber MoF, und UF,. MoF',,) stellten wir ebenso her wie WF,.3) Man kann zu seiner Darstellung an Stelle des Platinrohres ebensogut ein Kupferrohr vcrwenden. Die Reaktion verlauft schon bei geringem Erwlirmen recht heftig ; es ist daher zweckmiiBig, das Reaktionsrohr rnit einemfeuchten Tuch zu kiihlen, da es sonst unter Umstanden durchgefressen wird. Fiir die Reinigung erwies es sich als vorteilhaft, eine Quarzapparatur zu verwenden, da Quarz vie1 weniger angegriffen wird als Mas. Die Darstellung von UF, erfolgte ebenfalls durch direkte Syn- these im Ylatinrohr. Dabei ist es nach Erfahrungen von RUFF^) wesentlich, dem Fluor etwas Chlor beizufugen, da sonst hauptsach- lich UF, gebildet wird. A. v. GROSSE~) schlug zu diesem Zweck vor, vor das Platinschiffchen mit Uranmetall (von Merck ,,Uran metall. fus.") ein zweites Schiffchen mit wasserfreiem CaCl, ou bringen, das sich dann mit dem Fluor in CaF, und freies Chlor um- setzt. Als man so vorging, setzte die Reaktion lebhaft ein, kam aber l) XI; vgl. W.Sc~irrB:u. W.&EMM, Z. anorg. u. allg. Chem. 820 (1934), 193. 2) Vgl. dam 0. RUFF u. E. Ascher, Z. anorg. u. allg. Chem. 196 (1931), 418. 3) Vgl. die vorhergehende Yitteilung. 4, 0. RUFF, ,,Die Chemie des Fluors" 1920, S. 75. ") A. v. GROSSE, Z. anorg. u. allg. Chem. 304 (1932), 184.

Magnetochemische Untersuchungen. XII. Das Magnetische Verhalten einiger flüchtiger Fluoride

Embed Size (px)

Citation preview

70 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 222. 1935

Magnetochemische Untersuchungen. Xl1.l)

Das magnetische Verhalten einiger fluchtiger Fluoride Von PAUL HENEEL und WILHELM KLEMM

Untersuchungen iiber den Diamagnetismus von Fluorverbin- dungen sind bisher nur selten durchgefiihrt worden. Urn den Wert fur das Fluorion moglichst sicher experimentell bestimmen zu konnen, schienen uns die fluchtigen Fluoride besonders geeignet, da ihre Mole- kiile fast nur aus Fluorionen aufgebaut sind. Wir haben daher eine Reihe von Fluoriden, niimlich GeF, und alle bekannten Hexafluoride gemessen. Die Stoffauswahl war u. a. wesentlich durch den Gesichts- punkt bestimmt, daB wir mit Riicksicht auf unsere MeBeinrichtung Flussigkeiten oder feste Stoffe messen mufiten. Wir haben daher von den von uns dargestellton Fluoriden dic besonders leicht fluchtigen (BF,, CF, und SiF,) nicht gemessen.

Uber die Darstellung der Praparate ist schon an friiheren Stellen berichtet worden. Hinzuzufugen sind einige Bemerkungen uber MoF, und UF,. MoF',,) stellten wir ebenso her wie WF,.3) Man kann zu seiner Darstellung an Stelle des Platinrohres ebensogut ein Kupferrohr vcrwenden. Die Reaktion verlauft schon bei geringem Erwlirmen recht heftig ; es ist daher zweckmiiBig, das Reaktionsrohr rnit einemfeuchten Tuch zu kiihlen, da es sonst unter Umstanden durchgefressen wird. Fiir die Reinigung erwies es sich als vorteilhaft, eine Quarzapparatur zu verwenden, da Quarz vie1 weniger angegriffen wird als Mas.

Die Darstellung von UF, erfolgte ebenfalls durch direkte Syn- these im Ylatinrohr. Dabei ist es nach Erfahrungen von RUFF^) wesentlich, dem Fluor etwas Chlor beizufugen, da sonst hauptsach- lich UF, gebildet wird. A. v. GROSSE~) schlug zu diesem Zweck vor, vor das Platinschiffchen mit Uranmetall (von Merck ,,Uran metall. fus.") ein zweites Schiffchen mit wasserfreiem CaCl, ou bringen, das sich dann mit dem Fluor in CaF, und freies Chlor um- setzt. Als man so vorging, setzte die Reaktion lebhaft ein, kam aber

l) XI; vgl. W.Sc~irrB:u. W.&EMM, Z. anorg. u. allg. Chem. 820 (1934), 193. 2) Vgl. d a m 0. RUFF u. E. Ascher, Z. anorg. u. allg. Chem. 196 (1931), 418. 3) Vgl. die vorhergehende Yitteilung. 4, 0. RUFF, ,,Die Chemie des Fluors" 1920, S. 75. ") A. v. GROSSE, Z . anorg. u. allg. Chem. 304 (1932), 184.

P. Henkel u. W. Klemm. Nagnetisches Verhalten einiger fliichtiger Fluoride 71

Zahl der

sungen Stoff Mes-

bald zum Stillstand. Der Grund durfte darin liegen, da13 das Fluor hier erst dann mit dem Uran in Beruhrung kommt, nachdem es das GaC1,- Schiffchen uberstrichen hat. Infolgedessen wird es zuniichst fast ganz fur die Umsetzung des CaCl, verbraucht, und wenn dann das Fluor fur die Fluorierung des Urans selbst zur Verfugung steht, ist das meiste CaC1, umgesetzt, so da13 der Gasstrom dann nur noch wenig Chlor enthalt. Daher wurde das Verfahren so abgeandert, daJ3 man die Schiffchen mit einer Mischung von CaCI, und Uran beschickte. Bei dieser Anordnung wurde bis auf einen unwesent- lichen Ruckstand von UF, nur UF, gebildet. Das UF, wurde eben- falls in einer Quarzapparatur fraktioniert. Besonders schwierig er- wies sich dabei die Entfernung einer geringen rotgefarbten Bei- mengung unbekannter Zusammensetzung, die nur wenig leichter fluchtig ist als UF, . Nur durch haufiges, sorgfaltiges Umsublimieren konnte ein rein weiBes UF, erhalten werdm.

Zur Messung wurden die Stoffe in starkwandigen Glas- bzw. Quarzrohrchen kondensiert, die dann abgeschmoben wurden. Die Messungen wurden dann bei Zimmertemperatur durchgefuhrt ; nur UF, wurde auch bei der Temperatur des flussigen Sauerstoffs ge- messen (Naheres vgl. S. 72).

Die Ergebnisse der Messungen enthalt Tabelle 1, in der die ge- fundenen Werte mit theoretischen Berechnungen nach W. R. ANGUS~) verglichen wurden, da gerade diese Werte in anderen Fallen eine sehr gute Ubereinstimmung mit den experimentell bestimmten Diamagnetis- musw-erten ergeben. Fur die untersuchten Fluoride ergab sich (Naheres vgl. Tabelle l), daB bei SF,, SeF, und TeF, die Ubereinstimmung zwischen Berechnung und experimentellen Befund eine recht gute ist. Wesentlich weniger gut ist die Ubereinstimmung bei GeF,; einen Grund fiir diese Abweichung konnen wir zur Zeit noch nicht angeben.

XMol' lo6 ___ (Xgef.-Xber.) *

106 X . l o 6

gef. 1 ber.

Tabelle 1

GeF4. . 1 2 1 -0,33 f 0,Ol SF, . . 2 -0,300 0,003 seF6. . 2 -0,268 f 0,008 TeF,. . -0,27, & 0,001 2 .-

-49&2 I -40 1 -9 _______ -44&0,5 -45 +1 -51 & 2 -51 l o -66&0,5 -61 -5

72 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 222. 1935

Bei MoF,? WF, und UF, sind die gefundenen Diamagnetismuswerte wesentlich kleiner, als man nach W. R. ANGUS berechnet; UF, ist sogar paramagnetisch. Bildet man hier die Differenz zwischen den ge- fundenen und den fiir den Diamagnetismus berechneten Werten, so kommt man zu rnerklichen Abweichungen. Da die Differenzen positiv sind, zeigen diese Stoffe einen geringen Paramagnetismus. Das wa,r zu erwarten; denn man w e 3 ja VOM K,Cr,07, KMnO, und ahnlichen Stoffen her, dab in den a-Gruppen der groI3en Perioden die meist gefarbten Stoffe der hochsten Wertigkeitsstufe einen geringen, tempe- raturunabhangigen Paramagnetismus zeigen.

Auch der Gang der Differenzen entspricht der Erwartung. Bei den Sauerstoffverbindungen des Nolybdans und Wolframs ist der Paramagnetismus vcrhaltnismafiig klein. Ganz dasselbe finden wir bei den Fluoriden. Recht auffHllig ist der hohc Wort fur UF,. Zwar treten auch bei den Sauerstoffverbindungen des sechswertigen Urans im Gagensatz zu den Wolfram- und Molybdanverbindungen recht merk- liche Werte f i i r den Paramagnetismus auf. Hier ist aber mit dem Auftreten des Paramagnetismus gleichzeitig Farbigkeit der Verbin- dungen verbunden; es ist sehr interessant, daB das farblose UF, diesen verhaltnismal3ig hohen Paramagnetismus ebenfalls zeigt.

Es ware immerhin moglich, dal) der von uns gefundene Paramagnetismus des UF, durch irgendeine paramagnetische Verunreinigung bedingt ware. Da- gegen sprechen jedoch verschiedene Griinde. Einmal ist das UF6-Praparat so sorgfaltig fraktioniert worden, daB es sehr unwahrscheinlich ist, dal) es noch eine paramagnetisehe Verunreinigung enthielt. Zum anderen erhielten wir bei einem zweiten, dem Aussehen nach weniger reinen E'raparat einen ganz ithnlichen Wert fur den Paramagnetismus. Diese Messung ist in der Tabelle zwar nicht aufgofiihrt, da wegen eines Unfalles die SchluBwagung nicht vorgenommen werden konnte. Es ist aber sicher festgestellt, daB die SuszeptibilitM praktisch mit der des in der Tabelle aufgefiihrten Praparates iibereinstimmt. Schliel3lich haben wir noch eine Messung bei der Tempcratur des fliissigen Sauerstoffs ausgefiihrt, die praktisch denselben Wert ergab wie bei Zimmertemperatur; eher war der Wert um 0,01-0,02.10-6 kleiner. Wiire eine paramagnetische Verunreinigung der Substanz vorhanden, so wiirdc man wahrscheinlich bei tieferen Temperaturen einen wcsent l ich grooeren Paramagnetismus gefunden haben. Wir glauben daher mit Bestimmthcit annehmeri zu diirfen, daB der gefundene Paramagnetismus dem UF, selbst zukommt.

Wir sind zurzeit damit beschaftigt, die Sauerstoffverbindungen des sechswertigen Chroms, Molybdans, Wolframs und Urans, uber die in der Literatur nur stark divergierende Werte vorliegen, neu zu nntersuchen, und wollen dann diese init den hier gefundencn Werten fur die Fluoride vergleichen.

Dmlhx Bg- Lamgfichr, T C C ~ L W ~ S C ~ C Hochschub, Institut f i i r an- organische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 23. Dezember 1934.