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ISSN 1866-9166 | Ausgabe 04 | November 2010 | € 5,- | www.manageHR.de managerSeminare DAS WEITERBILDUNGSMAGAZIN HR_recruiting | Neue Wege bei der Gewinnung von Azubis HR_administration | Wie Personalarbeit außer Haus gelingt ZIELE FÜR MEHR LEISTUNG VARIABLE VERGÜTUNG PRAXISWISSEN FÜR DIE PERSONALARBEIT

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Ausgabe 4 des manage HR Magazins

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ISSN 1866-9166 | Ausgabe 04 | November 2010 | € 5,- | www.manageHR.de managerSeminareDAS WE ITERB ILDUNGSMAGAZ IN

HR_recruiting | Neue Wege bei der Gewinnung von AzubisHR_administration | Wie Personalarbeit außer Haus gelingt

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ZIELE FÜR MEHR LEISTUNG Variable Vergütungssysteme werden eingesetzt, um Mitarbeiter zu mehr Leistung zu motivieren. Doch der Schuss kann auch nach hinten losgehen: Denn mit variabler Vergütung können Mitarbeiter auch demotiviert oder in die falsche Richtung motiviert werden. Dies wiederum kann Unternehmen bis hin zur Insolvenz führen... Die Kunst besteht also darin, ein Vergütungssystem zu entwickeln, das die Akzeptanz der Mitarbeiter findet. Warum dabei das Modell der Zielvereinbarung bzw. Zieloptimierung eine besondere Rolle spielt, lesen Sie ab S. 20.

Petra WaltherRedakteurin

HR_REPORTS

HR_PERSPECTIVES

HR_CAREER

HR_RECRUITING

HR_ RETENTION

HR_ ADMINISTRATION

HR_PLANNING

Dem Fachkräftemangel begegnen Neues Gütesiegel: „Top Consultant“Statements zu anonymen Bewerbungen

Ausrichtung an der Business-LogikHR-Business-Partner

Ludger RundenLeiter Personalbetreuung bei der comdirect bank AG, Quickborn

Neue Wege gehenRekrutierung von Auszubildenden

Ziele für mehr LeistungVariable Vergütung

Wie Personalarbeit außer Haus gelingtHR-Outsourcing

Die richtigen Rahmenbedingungen schaffenZusammenarbeit von Personalabteilung und Betriebsrat

INHALT DER AUSGABE

IMPRESSUM

HERAUSGEBER | managerSeminare Verlags GmbH | BonnERSCHEINUNGSWEISE | vier Mal jährlich | 3. Jg. 2010 | ISSN: 1866-9166REDAKTION | Nicole Bußmann (verantw.) | Petra Walther FREIE AUTOREN | Constantin Gillies | Dr. René von Wickede | Gunther WolfANZEIGEN | Michael Haaß (verantw.) | Corinna BrodersenDRUCK | Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG | Kassel

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Die Wirtschaft zieht wieder an, doch für den Aufschwung fehlt es an Mitarbeitern: 977.000 offene Stellen meldete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg, für das zweite Quartal 2010. Damit ist die Zahl der offenen Stel-len gegenüber dem Vorjahr um rund zehn Prozent angestiegen. Von einem allgemeinen Fachkräftemangel kann laut dem IAB jedoch nicht die Rede sein. Lediglich in einigen Teilarbeits-märkten sei die Lage angespannt.

Die Kommentierung sollte die Unternehmen dennoch nicht be-ruhigen. Denn fest steht: Langfristig wird der Fachkräftemangel kommen. Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung berechnet hat, werden dem deutschen Arbeitsmarkt künftig im Durchschnitt alle vier Jahre rund eine Million Spezialisten durch Pensionierung verloren gehen. „Der jährliche Zustrom an Absolventen und Zuwanderern kann den Abgang von Rent-nern auf Dauer nicht ausgleichen“, sagt Johann Fuchs, der beim IAB die Entwicklung des Arbeitsmarktes beobachtet. Er schätzt, dass das Angebot an Erwerbspersonen in Deutschland bis zum Jahr 2050 um rund 18 Millionen Menschen zurückgehen wird.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssen Mütter in Zukunft verstärkt in das Erwerbsleben integriert werden.

VERNACHLÄSSIGTE MITARBEITERGRUPPEN IM BLICKFACHKRÄFTEMANGEL

Mit besseren Bedingungen für die Zuwanderung, wie sie der-zeit in der Politik diskutiert werden, kann der Fachkräfte-mangel nur zu einem Bruchteil aufgefangen werden. Gefragt sind darüber hinaus neue Wege in der Personalarbeit: Unter-nehmen müssen sich auf bislang vernachlässigte Mitarbeiter-gruppen konzentrieren und Maßnahmen schaffen, um diese in das Erwerbsleben zu integrieren. Prof. Dr. Markus Glück, Mitinitiator der Initiative „Fachkräftesicherung“ an der Hoch-schule Augsburg, legt z.B. spezielle Angebote zur Vereinbar-keit von Beruf und Familie für Mütter nahe. Dr. Jürgen Pfister, Vorsitzender des Demographie-Netzwerks ddn, verweist indes auf das Potenzial der Generation 50+. Nahezu die Hälfte der Unternehmen würde Mitarbeiter, die 50 Jahre und älter sind, nicht beschäftigen. Auch werden ältere Mitarbeiter zu wenig gefördert, zeigt eine aktuelle Studie von Rundstedt HR Part-ners, Düsseldorf: Lediglich 17 Prozent der rund 500 befragten Führungskräfte gaben an, Mitarbeiter zwischen 51 und 55 Jah-ren weiterzubilden, die über 55-Jährigen erfahren noch weni-ger Förderung.

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Roundtable-Diskussionsrunden statt Powerpoint-Präsentatio-nen stehen im Mittelpunkt einer neuen HR-Veranstaltung, die am 25. Januar 2011 in Frankfurt/Main stattfindet. Laut dem Veranstalter Strategy Insights LLP handelt es bei dem „HR Strategie Meeting“ um keine HR-Konferenz im klassischen Sin-ne – und das nicht allein aus dem Grund, weil der Schwerpunkt der Veranstaltung auf Diskussionsrunden mit jeweils nur bis zu 15 Teilnehmern liegt: „Jeder Teilnehmer erhält eine perso-nalisierte Agenda“, erläutert Daniel Schöttler, was das Veran-staltungsformat, das in Großbritannien bereits seit rund sechs Jahren erprobt ist, von anderen unterscheidet. So soll sicher-gestellt werden, dass die richtigen Leute in den Roundtable-Runden zusammenfinden.

Um die persönlichen Themenpläne erstellen zu können, erfragt Strategy Insights bei jedem einzelnen Besucher per Telefon, zu

EINE EIGENE AGENDA FÜR JEDEN TEILNEHMERNEUE PERSONALVERANSTALTUNG

welchen Bereichen er sich austauschen möchte und welche Programmpunkte für seine Personalarbeit relevant sind. Das Veranstaltungsprogramm selbst basiert ebenfalls auf persön-lichen Gesprächen: „Zur Themenfindung haben wir ca. 300 Personalvorstände interviewt: Vor welchen Problemen stehen sie? Welche Themen brennen unter den Nägeln? Wir wollen aufgreifen, was in der Praxis derzeit Vorrang hat“, erläutert Schöttler. Das Programm zeigt, dass es die gängigen Themen sind, die Personaler derzeit bewegen: HR-Strategien für den demografischen Wandel, Talent Management und Employer Branding machen das Gros der Themen der Keynotes und der Roundtable-Diskussionsrunden aus.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist nur auf Einladung möglich und kostenfrei. Nähere Infos zu den Voraussetzungen unter E-Mail: [email protected]. pwa |

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Auf der Suche nach einem passenden Be-rater will die compamedia GmbH, Über-lingen, mittelständischen Unternehmen Orientierung bieten. Konkret: Der Veran-stalter des Arbeitgeberwettbewerbs „Top-job“ will mit seinem neuen Gütesiegel „Top Consultant“ mehr Transparenz im Beratermarkt schaffen. Mit der Auszeich-nung werden jene Consultants empfoh-len, die eine auf die Bedürfnisse des Mit-telstands zugeschnittene Beratung bieten, das Geschäft und die Unternehmens-kultur mittelständischer Unternehmen verstehen und deren Sprache sprechen. Dass dies längst nicht bei allen Beratern der Fall ist, zeigt der erste Durchlauf des Benchmarks: 58 Consulting-Unterneh-men haben sich für das Gütesiegel bewor-ben, doch nur 26 haben es erhalten. Von den insgesamt elf Personalberatern, die sich qualifizieren wollten, wurden nur vier mit dem Gütesiegel ausgezeichnet: die Liebich & Partner Management- und Personalberatung AG, Baden-Baden, die Rau Consultants GmbH aus Wörthsee,

Welcher Berater ist der Richtige? Das Gü-tesiegel „Top Consultant“ will für mehr Markttransparenz sorgen.

BERATER FÜR DEN MITTELSTAND UNTER DER LUPENEUES GÜTESIEGEL

an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zeichnet für die Untersuchung der Bera-tungsfirmen verantwortlich. Er hat sein Messverfahren, mit dem er schon mehr als zehn Jahre die großen Management-beratungen untersucht, angepasst auf die speziellen Bedürfnisse des Mittelstandes. So bezieht die Analyse, die in erster Li-nie auf Kundenbefragungen basiert, ne-ben der Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz der Berater sowie der Seriosität die Mittelstands-Eignung des Consultants ein. pwa |

Foto: Ojo Images

die Dr. Weick Executive Search GmbH mit Sitz in Titisee-Neustadt und die Ber-liner HRM Consulting GmbH.

Angesichts der Teilnehmer-Quote ist compamedia ihrem Ziel, Transparenz auf dem Beratermarkt für mittelständi-sche Unternehmen zu schaffen, freilich noch weit entfernt. Doch die Zahl der am Benchmark teilnehmenden Consulting-Firmen wird von Jahr zu Jahr steigen, ist sich Prof. Dr. Dietmar Fink sicher. Der Professor für Unternehmensberatung

und Kompetenzmanagement sowie für die Personalplanung indes würden weit-gehend ignoriert.

Um die Firmen für das bislang ungenutz-te Potenzial elektronischer Personalma-nagement-Tools zu sensibilisieren, haben SP_Data und neun weitere führende HR-Software-Dienstleister wie die SAP AG, Hansalog und die perbit Software GmbH eine Marketingallianz geschlossen. Name: Zukunftsinitiative Personal (ZiP).

Die Möglichkeiten von HR-Software werden von Unternehmen noch viel zu wenig wahrgenommen. Das jedenfalls meinen HR-Software-Anbieter und -Be-rater. „Mancher Mittelständler arbeitet noch mit Excel-Tabellen. Andere Firmen verfügen zwar über ein Personalmanage-ment-System, nutzen dieses in erster Linie aber nur als Werkzeug für die Per-sonalabrechnung“, sagt z.B. Stefan Post, Geschäftsführer der SP_Data GmbH & Co. KG, Herford. Lösungen für Talent-

HR-SOFTWARE-ANBIETER WOLLEN AUFKLÄRENMARKETINGALLIANZ

Freilich mit dem Ziel vor Augen, den Ver-trieb von HR-Software zu fördern, will ZiP das Bewusstsein der Unternehmen für strategische Personalarbeit schärfen und fordert die Unternehmen auf, ihre HR-Prozesse kritisch unter die Lupe zu nehmen. „Uns geht es darum, den Fin-ger in die Wunde zu legen, Defizite auf-zuzeigen und konkret Stellschrauben zu benennen, an denen Unternehmen für eine effektive HR-Arbeit drehen können“, sagt Christine Lötters, Leiterin Unterneh-mensentwicklung bei der GFOS mbH.

Auf der Messe Zukunft Personal vom 12. bis 14. Oktober in Köln stellt die ZiP erstmals ihr inhaltliches Programm vor. Auch auf anderen Personalfachmes-sen will die Initiative aufklären. Zudem sind Studien geplant: „Von Universitäten durchgeführte Untersuchungen sollen unsere Thesen wissenschaftlich unter-mauern und empirisch absichern“, er-klärt Lötters. pwa |

Der Zukunftsinitiative Personal gehören insgesamt zehn Softwareanbeiter und Be-ratungsfirmen aus dem Bereich Human Resources an.

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Personalmanager haben die Zukunft im Blick. Sie wissen um Trends und Ent-wicklungen in der Personalarbeit und sind sich der Herausforderungen, die auf sie zukommen, bewusst. Dieses Fa-zit zieht Prof. Dr. Jutta Rump vom Ins-titut für Beschäftigung und Employabi-lity IBE, Ludwigshafen, nach der vierten Phase ihrer Langzeitstudie „Personal-politik in der Krise“. An der Befragung haben sich ca. 400 Personaler beteiligt. Mehr als die Hälfte von ihnen kommt aus kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern.

Als die für sie relevanteste Entwicklung der kommenden Jahre sehen die Befragten die

Mit ihrer Langzeitstudie „Personalpolitik in der Krise“ untersucht die Professorin Jutta Rump, was auf Personaler in den kommenden Jahren zukommt.

PERSONALER KENNEN IHRE HERAUSFORDERUNGENSTUDIE

zunehmende Zweiteilung der Arbeitswelt in eine Wissens- und Innovationsgesell-schaft und in eine standardisierte Arbeits-welt: Jeweils 70 Prozent beobachten auf der einen Seite, dass ihre Unternehmen stei-genden Ansprüchen der Kunden gerecht werden müssen, dass die Arbeit immer komplexer wird und dass sie zunehmend gefordert sind, innovative, passgenaue Lösungen zu liefern. Auf der anderen Sei-te sehen die Personaler sich gezwungen, Kosten kontinuierlich zu reduzieren, ihre Arbeit zu verdichten und Prozesse zu stan-dardisieren und zu rationalisieren.

Obwohl die Unternehmen die Verän-derungen im Personalmanagement er-

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Circa ein Jahr lang hat der Bundesver-band der Personalmanager (BPM) vor-wiegend steigende Mitgliederzahlen verkündet. Mit Stellungnahmen und einer klaren Positionierung hat sich der Verband, der im September vergangenen Jahres gegründet wurde, indes Zeit gelas-sen. Doch nun scheint die inhaltliche Po-sitionierung ausgehandelt. Auf einer au-ßerordentlichen Mitgliederversammlung Mitte September 2010 wurden Beschlüs-se zu zentralen HR-Themen gefasst.

Ein einstimmiges „Nein“ bringt der BPM einer Verpflichtung von Unternehmen zu anonymisierten Bewerbungen entgegen. (Zum Thema „anonymisierte Bewerbun-gen siehe auch Beitrag ab S. 8.) Ebenso spricht sich der Verband gegen eine ein-heitliche, gesetzliche Frauenquote aus. Um den Anteil von Frauen in Führungs-positionen zu erhöhen, fordert er viel-

ERSTE BESCHLÜSSE ZU ZENTRALEN HR-THEMENBUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

mehr differenzierte Quotenregelungen. Auf konkrete Vorschläge des BPM, wie Frauenquoten für die betriebliche Praxis umgesetzt werden können, muss aller-dings noch gewartet werden. Eine eigens hierfür gegründete Fachgruppe wird ihre Ergebnisse erst in 2011 präsentieren.

Wenig greifbar ist der Beschluss hin-sichtlich der Herausforderungen des

kannt haben, reagieren längst nicht alle mit entsprechenden Maßnahmen. Die Standardisierung von Prozessen scheint noch die geringsten Probleme zu berei-ten. Immerhin 64 Prozent der Persona-ler gaben an, hier konkrete Maßnahmen eingeführt zu haben. Doch dort, wo Ver-änderungen für Unternehmen nicht so leicht zu fassen und mittels operativer Maßnahmen zu bewältigen sind, zeigt sich ein „Talking-Action-Gap“, wie Prof. Jutta Rump es nennt. Der Verdichtung und der steigenden Komplexität von Ar-beit scheinen die Personalmanager z.B. bislang noch eher hilflos gegenüber zu stehen.

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deutschen Bildungssystems: Der BPM hat festgehalten, dass er sich im Rah-men seiner Verbandsarbeit u.a. für eine Steigerung der Studierendenzahl und der Studienabschlüsse einsetzt, ebenso für die Verstärkung von Angebot und Nutzung der Weiterbildung im Erwach-senenalter. Was der Verband jedoch kon-kret unternehmen will, ist noch offen.

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Auf einer außerordentlichen Mitgliederver-sammlung im September 2010 hat sich der BPM u.a. zur Frauenquote positioniert.

Foto: BPM e.V.

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Viele Studenten stört es, dass Unternehmen in Social-Media-Kanälen wie Facebook aktiv sind.

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untersucht, wurden 373 Fach- und Füh-rungskräfte und Studenten befragt. Dabei zeigt sich, dass Social-Media-Aktivitäten der Unternehmen zur Steigerung der Ar-beitgeberattraktivität gerade mal bei neun Prozent der Kandidaten Wirkung zeigen: Nur 44 Prozent der befragten Studenten geben an, dass ein Unternehmen schon einmal ihre Aufmerksamkeit über ein so-ziales Netzwerk erregt hat. 43 Prozent ist der Name des Betriebs in Erinnerung ge-blieben, was sich wiederum bei lediglich der Hälfte auch positiv auf die Arbeitge-berattraktivität ausgewirkt hat.

Wird die Generation Y in Sachen Social Media überschätzt? Einer aktuellen Studie der Wiesbaden Business School und des Online-Personalberaters talential.com zu-folge sind Studenten eher zurückhaltend, wenn es darum geht, via Facebook, Twitter & Co. einen Job zu finden. Fast die Hälfte von ihnen begrüßt es nicht, dass Unter-nehmen in sozialen Netzwerken unter-wegs sind und so gegebenenfalls Einblick in ihre Social-Media-Aktivitäten haben.

Für die Studie, die die Nutzung von Social Media von Unternehmen und Kandidaten

NUR GERINGE EFFEKTE IM EMPLOYER BRANDINGSOCIAL MEDIA

Dennoch wäre die Mehrheit der Kandi-daten gegen eine persönliche Ansprache von Unternehmen in einem sozialen Netzwerk nicht abgeneigt. 67 Prozent könnten sich außerdem vorstellen, für ein ihnen bislang unbekanntes Unter-nehmen zu arbeiten, nachdem sie per-sönlich angesprochen wurden. Bei den Kandidaten punkten können die Unter-nehmen der Studie zufolge außerdem, indem sie neben Stellen- und Bewerbe-rinfos auch ihre Unternehmensmission und -strategie in sozialen Netzwerken kommunizieren. Zudem werden Er-fahrungsberichte von Mitarbeitern ge-wünscht. Die Unternehmen müssten hier noch zulegen: Nur 39 bzw. 31 Prozent von ihnen warten bislang mit solchen Inhalten auf.

Unter www.talential.com/corporate kön-nen der Ergebnisbericht sowie weitere Infos zur Studie angefordert werden.

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WIE SINNVOLL SIND ANOMYME BEWERBUNGEN?EXPERTENUMFRAGE

Kein Foto, keine Angaben zu Name, Alter, Geschlecht, Religion und Nationalität. Das Bundesfamilienministerium und fünf Unternehmen testen in einem Pilotprojekt die Vor- und Nachteile der anonymisierten Bewerbung. Seitdem lebt die Debatte: Können anonymisierte Bewerbungen Vorurteile gegenüber Bewerbern ausschalten und für mehr Diversity im Unternehmen sorgen? Ist das Modell praxistauglich? manage_HR mit Statements von Personalexperten.

Auch wenn Unternehmen betonen, dass Qualifikation und Leistung bei ihrer Personalauswahl an erster Stelle stehen: Es steht außer Frage, dass die Auswahl von Mitarbeitern durch allerlei subjek-tive Kriterien beeinflusst wird. Wissen-schaftliche Studien belegen eine signifi-kante Auswirkung von Bewerbungsfotos, Nachnamen oder Geburtsorten gerade auf die Vorselektion. Der Einfluss von Stereotypen und Vorurteilen auf die Be-

werbervorauswahl wird indes tabuisiert. Werden Unternehmen damit konfron-tiert, rechtfertigen sie ihre Personalent-scheidungen z.B. mit der Notwendigkeit einer stimmigen Chemie zum Wohle einer guten Zusammenarbeit. Tief im Inneren jedoch wirkt der Wunsch nach Bestätigung des eigenen Ichs durch die Reduzierung korrektiver Einflüsse. Die-ser Ansatz kommt zudem der eigenen Machtstrategien zugute. So setzt sich die

Michael Stuber, Diversity-Management-Be-rater, ungleich-besser.de, Köln

eigene Norm subtil und nachhaltig durch und führt verbreitet zu Monokulturen.

Anonyme Bewerbungen führen dazu, sich auf die notwendigen Anforderungen ei-ner Stelle zu konzentrieren und möglichst objektiv geeignete Kandidaten zu suchen und zumindest in der Vorauswahl zu be-rücksichtigen. Individuelle Eigenschaften finden im späteren Bewerbungsprozess weiterhin Berücksichtigung. Ich bin mir si-cher: Personaler und Führungskräfte wer-den in Bewerbungssituationen zahlreiche Aha-Erlebnisse haben, wenn sie sich auf einen Test mit anonymen Bewerbungen einlassen. Es bedarf sicherlich einer Lern-phase, in der die Vorteile deutlich werden – ebenso wie die menschlichen Defizite, die wir alle im Umgang mit „Anderen“ mitbringen. Weder die Wirtschaft noch die Gesellschaft kann es sich leisten, dass Po-tenziale ungenutzt bleiben, die durch Un-terschiede in Geschlecht, Alter, Herkunft und anderen Merkmalen entstehen.

Von anonymisierten Bewerbungen halte ich nicht viel. Der Grund: Anonymisier-te Bewerbungen sollen verhindern, dass gewisse Vorurteile zu schnell greifen, dass vorschnell Entscheidungen gegen Men-schen mit Migrationshintergrund, gegen ältere Menschen etc. gefällt werden. So soll gefördert werden, dass auch diejeni-gen zum Bewerbungsgespräch eingeladen werden, gegen die ein Unternehmen aus irgendwelchen Gründen Vorurteile hat.

Doch was passiert, wenn jemand eingela-den wird, von dem weder der Namen noch die Herkunft noch das Alter bekannt sind? Der Kandidat tritt in Erscheinung und der Personalverantwortliche sieht „aha, der ist schon über 50 Jahre alt“ oder „der ist tür-kischer Abstammung“ – und sagt, „nein, den will ich nicht haben“. Wenn ein Per-sonaler keinen Mitarbeiter 50+ einstellen will, dann wird er auch keinen Mitarbeiter 50+ einstellen. Anonymisierte Bewerbun-

Prof. Dr. Gunther Olesch, Geschäftsführer Personal, Informatik & Recht bei der Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg

gen können Vorurteile nicht beseitigen, sie verzögern die Entscheidung gegen den entsprechenden Kandidaten lediglich um eine Sitzung hinaus. Meiner Ansicht nach sind anonymisierte Bewerbungsverfahren der falsche Ansatz, um Diversity im Un-ternehmen zu gewährleisten. Denn es wird am Symptom und nicht an der Ursache gearbeitet. Damit die Verschiedenartig-keit der Menschen akzeptiert und Vielfalt in der Belegschaft gefördert wird, muss an der Unternehmenskultur angesetzt wer-den. Die Geschäftsleitung muss bewusst machen, dass auch Mitarbeiter, die 50 Jah-re und älter sind, noch leistungsfähig und -willig sind und das Unternehmen voran bringen können. Das ist ein langwieriger Prozess, der sicherlich ein paar Jahre dau-ert, aber nur so bekommt man Diversity in die Köpfe der Verantwortlichen. Mit dem Instrumentarium der anonymisierten Be-werbung ist es hingegen so, als wenn ein rostiges Auto neu lackiert wird: Der Rost ist nach wie vor drunter.

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In den Zeitgeist passen sie gut. Anony-misierte Bewerbungen signalisieren: kei-ne Diskriminierung, keine Bevorteilung, Kompetenz entscheidet. Das klingt gut, ist „politically correct“ und damit me-dientauglich. Für Unternehmen hat die Idee allerdings einige Haken: Weil die Aussagekraft der Bewerbungen durch die Anonymisierung sinkt und die Vor-auswahl entfällt, müssen deutlich mehr Bewerber eingeladen werden, – der Verwaltungsaufwand steigt. Dies trifft besonders mittelständische Unterneh-men, die im Vergleich zum Großkonzern mit spitzerem Bleistift rechnen müssen. Weil der richtige Kandidat letztlich nicht nur die richtigen fachlichen Kompeten-zen mitbringen, sondern auch ins Team passen muss, bringt die anonymisierte Bewerbung außer Mehraufwand keinen wirklichen Vorteil.

Da Anonymisierung und Standardisie-rung einhergehen, verlieren sich zudem die persönlichen Kompetenzen und das individuelle Profil der Kandidaten in der Bewerbung. Erkennbar ist, was der Kan-didat bislang gemacht hat, nicht jedoch,

wofür er sich aufgrund persönlicher Fä-higkeiten eignen könnte. Dies aber ist in einer Arbeitswelt, die auf Flexibilität und lebenslanges Lernen und Anpassen setzt, unverzichtbar. Jobwechsel und Verände-rung benötigen mehr denn je die aussa-gekräftige Bewerbung und das passge-naue Profil – und keine standardisierten und anonymisierten Schemata.

Ökonomisch betrachtet macht Anonymi-sierung also wenig Sinn. Auch politisch gesehen ist es nicht unbedingt logisch, wenn Unternehmen einerseits Frauen-

Heike Cohausz, geschäftsführende Gesell-schafterin bei von Rundstedt HR Partners, Düsseldorf

quoten vorgeschrieben bekommen und ihnen gleichzeitig diktiert wird, bei der Kandidatenauswahl das Geschlecht un-beachtet zu lassen. Es ist daher fraglich, ob es sich lohnt, für das politisch Kor-rekte die unternehmerische Freiheit, bei der Kandidatenauswahl so vorzugehen, wie man es für richtig hält, einzuschrän-ken. Denn langfristig betrachtet werden Unternehmen aufgrund der demografi-schen Entwicklung ohnehin gezwungen, bei der Auswahl der Kandidaten breiter zu sondieren, – weil Fachkräfte schlicht knapper werden.

Da in der anonymisierten Bewerbung auf Angaben wie Name, Alter, Geschlecht, Nationalität, Familienstand sowie auf ein Foto verzichtet wird, bietet sich der Vorteil, dass Personalverantwortliche nicht nach persönlichen Präferenzen entscheiden, sondern anhand sachlicher Kriterien wie Berufserfahrung, Qualifi-kation, Beurteilung durch frühere Ar-beitgeber. Auch die – mittlerweile un-tersagte – Recherche über Bewerber im Netz entfällt aufgrund der Unkenntnis des Namens.

Auf der anderen Seite leidet das äuße-re Erscheinungsbild der Unterlagen, weil persönliche Daten in Arbeits- und Schulzeugnissen – Angaben wie Ge-burtsdatum, Name und Personalprono-men – durch Schwärzung unkenntlich gemacht werden. Rückschlüsse auf die Person sind dennoch möglich. So kann sich jeder Personalverantwortliche den-ken, dass es sich bei jemandem mit einer dokumentierten 20-jährigen Betriebszu-gehörigkeit nicht mehr um einen jungen Bewerber von unter 30 Jahren handeln kann. Eine hundertprozentige Anony-

misierung der Bewerbungsunterlagen ist also gar nicht möglich. Ebenfalls kri-tisch: Auch wenn durch anonymisierte Bewerbungen die erste Hürde genom-men zu sein scheint – die Einladung zum Vorstellungsgespräch – so ist fraglich, ob die Absage nicht unmittelbar nach dem Gespräch folgt, da der Personaler festge-stellt hat, dass ihm – unabhängig vom Ge-sprächsverlauf – Nationalität, Geschlecht, Alter etc. des Bewerbers nicht zusagen. Somit handelt es sich lediglich um eine zeitliche Verschiebung der personenbezo-genen Absage.

Alexandra Döll, Expertin für Bewerbungsfra-gen beim Verlag für die deutsche Wirtschaft, Bonn

Vor dem Hintergrund, dass persönliche Daten wie Alter, Nationalität, Familien-stand und Geschlecht für die Firmen auch weiterhin eine bedeutende Rolle spielen werden, wird die Vorselektion von geeig-neten Kandidaten letztlich erschwert. Die Zahl der durchzuführenden Vorstellungs-gespräche wird steigen und parallel dazu auch der Zeitaufwand im Rekrutierungs-prozess. Gerade für kleine und mittelstän-dische Betriebe ergibt sich hierdurch ein sehr hoher Aufwand, der gegebenenfalls in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Ein-stellung eines geeigneten Mitarbeiters steht.

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AUSRICHTUNG AN DER BUSINESS-LOGIKHR-BUSINESS-PARTNER

Wie gelingt es Personalabteilungen, zum strategischen Partner der Geschäftsführung

zu werden? Eine aktuelle Studie hat Praxiserfahrungen analysiert, die zeigen, auf was

es ankommt. manage_HR stellt die wichtigsten Ergebnisse vor.

Weg vom Verwalter, hin zum Gestalter und Business-Partner. Dieser Anspruch an das Personalmanagement wird seit gerau-mer Zeit auf so gut wie jeder größeren Personal-Veranstaltung gepredigt, der Begriff „HR-Business-Partner“ steht als Syno-nym für modernes HR-Management. Ansatz des Modells, das auf den Management-Vordenker Dave Ulrich zurückgeht: Das Personalmanagement muss aus der Ecke des internen Befehls-empfängers herauskommen, näher an die Geschäftsführung heranrücken und auf strategische Unternehmensentscheidun-gen Einfluss nehmen können. Doch wie kann das gelingen? Und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, wenn die Personalabteilung zum Business-Partner werden soll? Diesen Fragen ist osb international nachgegangen. Das Bera-tungsunternehmen hat zehn Unternehmen unter die Lupe ge-nommen, die ihre Personalabteilung in Richtung HR-Business-Partner umstrukturiert haben – die meisten von ihnen große Mittelständler. Das Fazit aus den Intensiv-Interviews mit den Personalverantwortlichen: Die Neuaufstellung von HR muss sich an der Business-Logik des Unternehmens orientieren. Hierfür müssen das Selbstverständnis kritisch hinterfragt so-wie die Ausrichtung zum Business analysiert und neu kalibriert werden. Die Studienergebnisse im Einzelnen:

Die Arbeit mit der klassischen Dreiteilung – Service Center, Centers of Competence, HR-Business-Partner – ist zu oft eine Blaupause von Personalberatern, die nicht zum Unternehmen passt.Gemäß des Modells von Dave Ulrich gliedern viele Unterneh-men ihre Personalabteilung in HR-Business-Partner, Centers of Competence und Service Partner. Allerdings berücksichtigen

sie dabei die kulturellen Eigenheiten, bestehenden Kompeten-zen und Steuerungslogiken im Unternehmen nicht. Regelmä-ßig tauchte z.B. die Frage auf, ob es in der Unternehmenssteu-erung eher um starke dezentrale Einheiten geht oder vor allem um die Umsetzung zentraler Strategien. Gerade Mittelständler müssen für sich klären, ob ihr Geschäft diversifiziert genug ist, um Personalstrategien für unterschiedliche Geschäftsbereiche mit Unterstützung der Business-Partner zu implementieren oder ob nicht eher eine gemeinsame Ausrichtung in Personal-fragen geboten ist.

Es kann nicht gelingen, die Nähe zum Management zu ver-bessern, wenn die Neuaufstellung der Personalabteilung ein-seitig angegangen wird.Die Untersuchung zeigt, dass Personaler im Change-Prozess häufig zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Sie tauschen sich zu wenig mit den Führungskräften aus und berücksich-tigen deren Erwartungen nicht hinreichend. Was bedeutet es für das Management, wenn der Bereich Human Resources sich neu aufstellt? Diese und weitere Fragen müssen geklärt sowie mögliche Personal-Strategien gemeinsam überlegt werden.

Besteht zwischen HR-Abteilung und Management eine ver-trauensvolle Beziehung, wird die HR-Arbeit im Unterneh-men als relevant gesehen. In manchen Unternehmen ist es keine Frage, dass Personaler bei strategischen Entscheidungen ins Boot geholt werden und dem Management beratend zur Seite stehen. Das Vertrauen der Entscheider haben sie in aller Regel dadurch gewonnen, dass sie sich kundenorientiert verhalten: Sie verstehen es, die Pers-

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pektive zu wechseln und den Nutzen des Human Resources in einer dem Business angepassten Sprache zu vermitteln.

Ohne gute Basisarbeit klappt es nicht mit der Kür: HR-Ma-nagement wird immer zunächst an exzellenten administrati-ven Prozessen gemessen und erst dann an strategischen Ant-worten.Fast alle befragten Personalverantwortlichen gaben an, klas-sische administrative Aufgaben im Rahmen des HR-Change-Projekts vernachlässigt zu haben. Eine Lehrlektion, denn sie haben es sich so erschwert, die Akzeptanz der Führungskräfte als Business-Partner zu gewinnen. Häufige Begründung des Managements für die mangelnde Einbindung des Human Re-sources bei Entscheidungen: Das Personalmanagement sollte erst einmal seine Hausaufgaben richtig machen, bevor es bei strategischen Aufgaben mitmischt. Ohne klare Rollendefinition sowie ohne Schnittstellenklä-rung fällt der HR-Business-Partner aus der Rolle. Dass der HR-Business-Partner Drehscheibe und Schnittstelle zwischen dem Management und dem Human Resources ist, reicht als Rollenklärung nicht aus und führt zu Chaos. Funk-tion, Rolle und Entscheidungsbefugnisse des HR-Business-Partners sollten – etwa im Aufgabenprofil – klar umrissen sein. Seine Rolle lässt sich zudem gut im Rahmen der Prozess-beschreibungen definieren. Für Anfragen eines Geschäftsbe-reichs zur Führungskräfte-Entwicklung könnte z.B. festgelegt werden, dass solche Anfragen zunächst an den HR-Business-Partner gehen: Er soll checken, ob der Bedarf sich mit der Gesamtstrategie des Unternehmens deckt und entsprechende

Schulungen sinnvoll sind. Erst dann delegiert er den Auftrag an die Personalentwicklung. Die Zusammenarbeit zwischen Competence Centern, z.B. Personalentwicklung, und HR-Business-Partnern ist ein Brennpunkt, der nur über klare Prozesse und gute Kommu-nikation zu bearbeiten ist.Wie das eben beschriebene Beispiel zeigt, betrifft die Rollen-beschreibung des HR-Business-Partners im Rahmen der Pro-zessbeschreibungen automatisch auch die Zusammenarbeit mit den Competence Centern. Wichtig ist, dass die Competence Center – in diesem Falle die PE’ler – die generalistische Funk-tion des HR-Business-Partners anerkennen und ihn nicht als lästige oder gar unnötige Instanz sehen. Denn oftmals herrscht eine Art Konkurrenzsituation zwischen den beiden Bereichen. Für den HR-Business-Partner bedeutet das u.a., dass er seine Rolle gut kommunizieren muss.

Die Gestaltung der Change-Prozesse ist wichtiger als jahre-lange Konzeptarbeit und Organigramm-Entwicklung.Einige Personalabteilungen verharrten bei ihrer Neuaufstel-lung zu lange bei der Konzeptionierung. Die Erfahrung hat sie jedoch gelehrt: Es ist weniger das Konzept, das zählt. Vielmehr kommt es auf die Umsetzung an. Lösungen für mögliche Pro-bleme können letztlich nur durch Anwendung in der Praxis gefunden werden. Die Neuaufstellung ist ein Lernprozess, der viel Zeit sowie Reflexion in regelmäßigen Meetings braucht.

Nähere Infos zur Studie gibt die Studien-Autorin Inga Pöhl-sen-Wagner unter E-Mail: [email protected].

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MEINE BERUFLICHEN STATIONEN WAREN ...

… gleichermaßen spannend wie fordernd. Los ging es mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann. Bereits in dieser Zeit habe ich sechs Monate lang Einblicke in die Personalabteilung erhalten. Im Rahmen einer Ausbildung war das schon etwas Besonderes und hat mich für meinen weiteren Ausbildungs- und Berufs-weg geprägt. Während meines BWL-Studiums an der Universi-tät Göttingen habe ich daher auch einen Schwerpunkt auf Per-sonalthemen gelegt. Die erste berufliche Station war dann die Stadtsparkasse Hannover. Dort habe ich von 1993 bis 1998 als Personalreferent praktische Erfahrungen in der Personalent-wicklung sowie -betreuung gesammelt. 1999 bin ich als Team-leiter der Personalbetreuung zur Techniker Krankenkasse nach Hamburg gewechselt. Von dort war es nicht mehr weit bis nach Quickborn. Bei der comdirect bank bin ich in meiner jetzigen Position als Leiter der Personalbetreuung seit März 2000 tätig.

DAS MEISTE KNOW-HOW FÜR DIE PERSONALARBEIT HABE ICH ERWORBEN BEI ...

… jeder neuen konkreten Aufgabenstellung. Dazu gehörten auch eher unangenehme Projekte, wie die Einführung von Kurzarbeit, die Erstellung von Sozialplänen mit Interessenausgleich sowie Standortschließungen. Viele Lösungen ergeben sich „on the job“. Der tägliche Austausch mit kompetenten Kollegen gehört selbst-verständlich dazu. Nur so lernen alle voneinander und können von dem Know-how ihrer Kollegen profitieren. Dabei hatte und habe ich das große Glück, auf meinem beruflichen Weg stets von sachkundigen Menschen umgeben zu sein.

HR_CAREER

LUDGER RUNDEN LEITER PERSONALBETREUUNG BEI DER COMDIRECT BANK AG, QUICKBORN

BERUFLICH AM STÄRKSTEN GEPRÄGT HAT MICH ...

… meine erste Zeit bei der comdirect bank, denn die war von Extremsituationen geprägt. Bei meinem Einstieg im Jahr 2000 befand sich das Unternehmen in einer starken Wachstumspha-se, in der entschieden wurde, einen zweiten Standort zu er-öffnen. Mit meinem Team verantwortete ich die Rekrutierung, Ausbildung und Integration von mehr als 1.000 Mitarbeitern innerhalb von zwölf Monaten. Mit dem Platzen der Dotcom-Blase ging es dann im Zuge von umfangreichen Restrukturie-rungsmaßnahmen leider genau in die andere Richtung. Wir mussten zum Beispiel mit dem Betriebsrat Sozialpläne oder mit der Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld verhandeln. Mehr Freude hat natürlich die Begleitung des Turnarounds der Bank sowie die positive Entwicklung in den vergangenen Jahren ge-macht.

MEIN BISLANG GRÖSSTER ERFOLG WAR FÜR MICH ...

… Akzente für die Positionierung eines Unternehmens setzen zu dürfen. Ein beeindruckendes Projekt war beispielsweise die Entwicklung der Arbeitgebermarke für die comdirect bank in den Jahren 2007 und 2008. Um möglichst treffsicher die rele-vanten Aspekte herauszuarbeiten, haben ich und mein Team uns intensiv mit den Werten sowie der kulturellen Realität und Identität unseres Unternehmens auseinandergesetzt. Wichtigs-tes Ergebnis waren Kernbotschaften, die heute Eckpfeiler und Orientierungsrahmen für unsere Positionierung als Arbeitge-ber sind. Sie spiegeln sich in allen Personalmarketing-Maßnah-men wider.

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Extremsituationen im Human Resources sind Ludger Runden gut bekannt. Als verantwortlicher Personalleiter hat er starke Wachstumsphasen begleitet, aber auch Restrukturierungen, bei denen Standorte geschlossen, Mitarbeiter entlassen und Sozialpläne ausgehandelt werden mussten. Eine positive Haltung hat er sich im-mer bewahrt: Veränderungsprozesse zu begleiten sieht er als Herausforderung – und als Chance für neue Ge-staltungsspielräume.

MEINE WICHTIGSTEN FÄHIGKEITEN ALS PERSO-NALER SEHE ICH ...

… darin, gut zuhören zu können, individuelle Lö-sungen aufzuzeigen sowie Veränderungen anzusto-ßen und die Mitarbeiter entsprechend zu motivie-ren. Es geht auch darum, Spaß an der Arbeit und den jeweiligen Aufgaben zu vermitteln. Fairness und Sachlichkeit bilden dabei die Leitplanken mei-nes Handelns. Aber wenn es notwendig ist, gehe ich auch schon mal an die Schmerzgrenze – sowohl an die meiner Kollegen als auch an meine eigene.

FACHLICHEN INPUT SOWIE ANREGUNGEN HOLE ICH MIR ...

… aus unterschiedlichen Quellen. In der Regel nutze ich einschlägige Fachpublikationen sowie formelle Netzwerke (zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. DGFP). Im Laufe der Be-rufsjahre ist natürlich auch ein umfangreiches per-sönliches Netzwerk gewachsen.

DEN BESTEN AUSTAUSCH ÜBER BERUFLICHE PROBLEME HABE ICH MEIST MIT ...

… Kollegen aus dem direkten Arbeitsumfeld. Das ist besonders hilfreich, wenn es um konkrete, unter-nehmensspezifische Themen geht.

EINE BERUFLICHE HERAUSFORDERUNG IST FÜR MICH ...

… die Begleitung von Veränderungsprozessen. Ver-änderung ist die Voraussetzung für Weiterentwick-lung, und keine Veränderungen zuzulassen bedeutet Stillstand. Für mich haben Veränderungen daher et-was Positives, denn sie bringen immer etwas Neues, und damit auch Chancen. In der Arbeitswelt können sich beispielsweise neue Impulse positiv auf Gestal-tungsspielräume, Teamarbeit, Eigenverantwortung und Persönlichkeitsentwicklung auswirken. Das gilt es allen Beteiligten zu vermitteln.

MEIN MOTTO BEI DER ARBEIT IST ...

… frei nach Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes außer man tut es.“ Gutes Gelingen setzt dabei stets die Akzeptanz und Einbindung des gesamten Teams voraus.

ENTSPANNUNG FINDE ICH ...

… zum Beispiel beim Gedankenaustausch mit mei-ner Frau oder beim Tischkickern mit meinen Söh-nen. Meine Hobbys sind Joggen, Heimwerken, Le-sen sowie alles rund um den HSV.

Ludger Runden |

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NEUE WEGE GEHEN REKRUTIERUNG VON AUSZUBILDENDEN

Foto: iStockphoto

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manage_HR | Heft 04 | November 2010

15 HR_recruiting

Auszubildende werden zum knappen Gut: Rund 50.000 Lehrstellen konnten in 2010

nicht vergeben werden. Die Suche nach passenden Azubis ist jedoch nicht aussichts-

los – vorausgesetzt, die Unternehmen lassen sich künftig mehr einfallen, als ihren

Bedarf den Industrie- und Handelskammern zu melden und Anzeigen zu schalten.

manage_HR zeigt, wie Unternehmen als Ausbildungsbetrieb bei den Jugendlichen

punkten.

PREVIEW

_Lehrstellenengpass: Warum es heute so schwer ist, Auszubilden-de zu finden_Zu kurzfristig: Wie der Vermittlungsprozess mancher Unternehmen die Problematik, Azubis zu rekrutieren, verstärkt_Infos übers Netz: Wo die Unternehmen potenzielle Auszubildende erreichen können_Fernab des klassischen Personalmarketings: Mit welchen Mitteln sich Ausbildungsbetriebe bei Jugendlichen ins Gespräch bringen_Bildungspartnerschaften im Trend: Wie Unternehmen mit Schulen kooperieren können_Mentorenprogramme für Schüler: Best Practice für den Aufbau eines Azubi-Talentpools_Sekundärziel-gruppen im Blick: Warum das Azubi-Marketing Eltern und Lehrer einschließen sollte_Bleibendes Restrisiko: Weshalb die Bindung von Auszubildenden schon vor dem Ausbildungsstart beginnen muss

Foto: iStockphoto

Es klingt nach viel Spaß, doch der Hintergrund des Events war ernst: Die Industrie- und Handelskammer Köln lud Ende Juni 2010 Unternehmen und Jugendliche aus dem Kölner Raum zum Azubi-Speed-Dating ein. „Die Idee für das Azubi-Speed-Dating ist aus einer Notwendigkeit heraus entstanden“, sagt Carsten Berg, der bei der IHK Köln für den Bereich Aus- und Weiterbildung zuständig ist. Ziel war nämlich, Jugendliche und Unternehmen zusammenzubringen, um vakante Ausbildungs-plätze für den Ausbildungsbeginn im September 2010 noch be-setzen zu können. Zahlreiche Unternehmen hatten der IHK im Frühsommer gemeldet, immer noch freie Lehrstellen zu haben.

Schwierigkeiten, Auszubildende zu rekrutieren, hatten nicht nur Kölner Unternehmen. Zunehmend bleiben Ausbildungs-plätze in Deutschland unbesetzt. Wie aus den Analysen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) her-vorgeht, konnte jedes fünfte Unternehmen in 2009 nicht alle Ausbildungsplätze vergeben. Laut DIHK-Pressesprecherin Ute Brüssel sind in 2010 50.000 Stellen unbesetzt geblieben. 2011 ist mit einer ähnlichen Zahl zu rechnen. Der Lehrstelleneng-pass zieht sich nach den Erhebungen des DIHK über alle Be-

LITERATURTIPPS

_Axel Haitzer: Azubi-Recruiting und Ausbildungsmarke-ting. JOBquick®, Rosenheim, 29,90 Euro. Erscheint 1. Quartal 2011.Sowohl sofort greifende Aktionen als auch mittel- und langfris- tig wirksame Ideen, Konzepte und Maßnahmen zur Nach-wuchssicherung werden vorgestellt. Mit Praxisberichten aus Unternehmen.

_Naomi Gericke, Thomas Krupp, Klaus Troltsch: Unbe-setzte Ausbildungsplätze – warum Betriebe erfolglos bleiben. BIBB-Report 10/2009. Kostenloser Download unter www.bibb.de/de/52233.htm.Wenn Unternehmen Ausbildungsplätze nicht besetzen können, liegt das nicht allein am demografischen Wandel und dem niedrigen Qualifikationsniveau der Schüler. Es gibt auch Grün-de, die bei den Betrieben liegen. Der BIBB-Report liefert eine Schwächen-Analyse.

_Margit Ebbinghaus: Unterschiedliche Wege – ein Ziel: Wie Betriebe Auszubildende rekrutieren. BIBB, Bonn 2010. Download für 2,50 Euro unter www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/publication/show/id/6232.Ebbinghaus schildert in ihrem Artikel, welche Strategien Unternehmen einschlagen, um in Zeiten rückläufiger Schul-absolventen- und Ausbildungsplatzbewerberzahlen potenzielle Azubis anzuwerben.

SERVICE

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Bildungspartnerschaften mit Schulen schließenUnternehmens-Schul-Kooperationen können Schülern die Berufswelt näherbringen und ihnen eine Orientierung bei der Berufsfindung geben. Gleichzeitig sind die Unternehmen den Schülern als Ausbil-dungsbetriebe präsent. Mögliche Kooperationsformen: Bewerbungs-trainings, Vorträge zu Themen wie „Wie funktioniert ein Unterneh-men?“, Projekttage, Mentorenprogrammen, bei denen einzelne Schüler vom Unternehmen begleitet und gefördert werden.

Betiebspraktika anbietenLaut einer Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ist das Betriebspraktikum das wichtigste Rekrutierungsinstrument. Es er-möglicht dem Jugendlichen, festzustellen, ob der von ihm angedachte Ausbildungsberuf und das ausgesuchte Unternehmen richtig für ihn sind. Das Unternehmen seinerseits kann prüfen, ob der Kandidat zur Firma passt und für die entsprechende Ausbildung geeignet ist.

Tage der offenen Tür veranstaltenEiner der Klassiker des Azubi-Marketings und nach wie vor ein Erfolg versprechendes Instrument. Denn vor Ort können sich die Jugend-lichen ein Bild davon machen, ob das Unternehmen z.B. eher konser-vativ oder eher modern ausgerichtet ist. Zudem haben sie Gelegen-heit, mit Unternehmensvertretern und den derzeitigen Lehrlingen des Betriebs zu sprechen.

Azubis als Botschafter einsetzenWenn Auszubildende über ihre Ausbildung sprechen, ist das authen- tischer, als wenn Personaler oder Ausbildungsleiter informieren. Auszubildende für Vorträge in Schulen zu schicken, ist daher eine vielversprechende Maßnahme des Azubi-Marketings. Unternehmen können ihre Azubis für diesen Zweck sogar schulen lassen. Ein ent-sprechendes Training bietet z.B. das Hamburger Institut für Personal-entwicklung e.V. an.

Im Umfeld der Jugendlichen werben Grundsätzlich gilt: Es lohnt sich nur da für einen Ausbildungsbetrieb zu werben, wo potenzielle Auszubildende auch anzutreffen sind. Werbe-Flyer sollten sich also z.B. in Fahrschulen, Sportvereinen oder in Geschäften im nahen Umkreis von Schulen wiederfinden.

ERFOLGREICHES AZUBI-MARKETING

Eltern als Sekundärzielgruppe einbeziehenNicht nur die Jugendlichen sollten in Sachen Berufsfindung informiert werden. Aufklärung tut oft auch bei den Eltern not. Sie sollten daher zu Vorträgen in Schulen u.Ä. zusammen mit ihren Kindern eingeladen werden. Ferner können Unternehmen „Elternabende“ o.Ä. veranstalten, bei denen es um das Thema „berufliche Förderung“ geht.

Karrierewebsites und Web 2.0 nutzenLaut einer Studie unter www.azubister.net ist das Internet das wichtigste Medium, mit dem sich Schüler über das Thema „Aus-bildung“ und über potenzielle Arbeitgeber informieren. Unterneh-men sollten daher ihre Unternehmens-Website zur Rekrutierung von Auszubildenden nutzen – z.B. indem sie hier ihre Vorteile als Ausbildungsstätte schildern, indem Auszubildende des Hauses über ihre Lehre berichten, indem Chats mit Unternehmensvertre-tern sowie Podcasts oder Videos Infos zur Ausbildung bereitstel-len und Neugier auf die Firma wecken. Ebenso können soziale Netzwerke wie Facebook myspace und SchülerVZ zur gezielten Ansprache der 14- bis 19-Jährigen genutzt werden.

Kinder im frühen Kindesalter fördernAzubi-Marketing wird immer langfristiger – und beginnt für manche Unternehmen schon mit der Förderung von Vor-schulkindern. Das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft e.V. versucht z.B., mittels Wettbewerben Kindergartenkinder spielerisch an die Welt der Technik heranzuführen. Auch der Dortmunder Pumpenhersteller Wilo will Kindergartenkindern Technik nahebringen: Ab Herbst 2010 zeigt er den Youngsters in einem Dortmunder Kindergarten anhand von Tast-, Hör- und Sehspielen, was Naturgesetze sind.

Durch die Ausbildung selbst hervorstechenDie beste Werbung für ein Unternehmen ist die persönliche Weiterempfehlung – und die erfolgt in der Regel dann, wenn sich das Unternehmen durch Besonderheiten hervortut und die Ausbildung attraktiv gestaltet – etwa durch Azubi-Ausflüge, sozialpädagogische Wochen, dem Einsatz von Lernpaten, besondere Förderungen der Auszubildenden u.Ä.

rufe hinweg. Insbesondere für kaufmän-nische, aber auch für technische Berufe wie dem Mechatroniker und dem Fach-informatiker suchen die Unternehmen Azubis.

DIE UNTERNEHMEN WERBEN ZU KURZFRISTIG

Das Problem, Ausbildungsplätze zu be-setzen, wird sich weiter verschärfen.

Der Hauptgrund: schrumpfende Bewer-berzahlen infolge des demografischen Wandels. Das zeigen Studien wie die von der Vermögensverwaltung Schroders mit dem Titel „Demografischer Wandel und dessen Auswirkungen auf mittelständi-sche Unternehmen“: 62 Prozent der 53 befragten Hidden Champions meinen, der Mangel an Azubis hänge mit dem de-mografischen Wandel zusammen. Darü-ber hinaus machen die Unternehmen die

mangelnde Ausbildungsreife der Kandi-daten für die Misere verantwortlich.

Doch ganz so unschuldig, wie die Un-ternehmen vorgeben, an frei bleibenden Azubi-Stellen zu sein, sind sie nicht. Einer Analyse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zufolge lässt der Rekrutierungsprozess in den Unterneh-men erhebliche Defizite erkennen. Zum Beispiel ist das Anwerbeverhalten vieler

Wer Personalmarketing für Azubis auf das Schalten von Anzeigen und der Meldung bei den Kammern beschränkt, darf sich nicht wun-dern, wenn er Lehrstellen nicht besetzen kann. Um sich als Ausbildungsstätte einen Namen zu machen, empfehlen sich folgende Wege:

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Firmen zu kurzfristig. Die mangelnde Langfristigkeit in Sachen Azubi-Recrui-ting steht insbesondere bei kleinen und mittleren Betrieben in deutlichem Zu-sammenhang damit, dass sich hier eher wenige und auch eher schwach qualifi-zierte Jugendliche bewerben. Wenn die Unternehmen erst ein halbes Jahr vor Ausbildungsbeginn nach Azubis suchen, sind die Besten in der Regel schon wo-anders untergekommen, bringt es Margit Ebbinghaus, wissenschaftliche Mitarbei-terin beim BIBB, auf den Punkt.

Dabei, so zeigt die BIBB-Analyse, haben gerade jene Unternehmen, deren Lehr-stellen unbesetzt bleiben, zum Teil hohe bis sogar unrealistisch hohe Ansprüche an die Qualifikationen der Jugendlichen. Einige wollen beispielsweise ihre Azubis im Produktionsprozess sofort einsetzen können. Diesen Ansprüchen können die Jugendlichen selten genügen, weiß Ebbinghaus. Sie müssten es auch nicht, schließlich sollen sie den Beruf ja erst noch erlernen. Ebbinghaus appelliert da-her an die Unternehmen, ihre Erwartun-gen an die Bewerber zurückzuschrauben.

INFOS ÜBER JUGENDLICHE SIND WICHTIG

Die kurzfristige Rekrutierungsplanung der Unternehmen zeigt sich vor allem in der Wahl der Rekrutierungswege: Mit ei-ner Meldung bei den Arbeitsagenturen, dem Warten auf Initiativbewerbungen, Hinweisen auf freie Ausbildungsstellen im Internet und Informationen für die Kammern und die Mitarbeiter ist für die Firmen das Azubi-Marketing meist ge-tan. Viele Ausbildungsleiter mittelstän-discher Unternehmen rekrutieren noch wie in alten Zeiten. Circa drei bis vier Wochen vor der akuten Bewerbungspha-se beschäftigen sie sich mit dem Thema. Danach ist wieder Pause, sagt Axel Hait-zer, Autor des Buches Azubi-Recruiting und Ausbildungsmarketing“ (siehe Li-terartipp, S.15). Haitzer zufolge müs-sen die Unternehmen umdenken: Die Rekrutierung von Auszubildenden und das Ausbildungsmarketing dürfen nicht als zeitlich begrenzte Aktion angesehen werden, sagt er. Die Unternehmen müss-ten vielmehr permanent an ihrem Image als Ausbildungsbetrieb arbeiten.

Strategisches Vorgehen ist also vonnö-ten. Das umfasst u.a. die Fragen: Was kann ich als Ausbildungsbetrieb bieten?

Wen genau will ich erreichen? Und wie erreiche ich die Jugendlichen? Von Be-deutung sind dafür Informationen über die Zielgruppe. Anhaltspunkte zu den Meinungen von Schülern, die kurz vor ihrem Schulabschluss stehen, vermittelt Das Schülerbarometer des Trendence-Instituts, Berlin. Mehr als 10.000 Real- und Gesamtschüler sowie Gymnasiasten geben jährlich u.a. zu ihren Vorstellun-gen von Beruf und Karriere sowie zu ihren Kriterien bei der Arbeitgeberwahl Auskunft.

Welche Anforderungen Berufsanfän-ger an ihren potenziellen Arbeitgeber stellen, zeigt auch eine aktuelle Umfra-ge von Nadja Kölbl unter 525 Schülern. Demnach legen Jugendliche besonderen Wert auf Akzeptanz und Wertschätzung, auf Sicherheit sowie auf das Arbeitsklima eines Unternehmens.

UNERLÄSSLICH: INTERAKTIVE KARRIEREWEBSITES

Kölbl hat zudem das Medienverhalten der Jugendlichen bei der Suche nach dem geeigneten Ausbildungsbetrieb unter die Lupe genommen und herausgefunden: Das Internet ist das wichtigste Informa-tionsmedium für Schüler. Auf besonde-res Interesse bei den Jugendlichen stoßen Podcasts über Unternehmen, Chats mit Unternehmensvertretern sowie Foren, in denen sie sich mit Azubis eines Unter-nehmens austauschen können.

Unternehmen sollten daher ihre Unter-nehmens- bzw. Karrierewebsites inter-aktiver gestalten. Um potenzielle Azubis erreichen und begeistern zu können, empfiehlt Kölbl neben den eben aufge-führten Instrumenten Blogs, geschrieben von Alt-Azubis, die die Besonderheiten ihrer Ausbildung und dem Unterneh-mensalltag beschreiben. Die Festo AG mit Hauptsitz in Esslingen, die in Sa-chen Ausbildungsmanagement ohnehin als vorbildlich gilt, hat einen solchen Azubi-Blog in ihre Karriere-Site integ-riert. Zudem listet sie E-Mail-Adressen ehemaliger Auszubildender. Interessier-ten Jugendlichen soll so die Möglichkeit gegeben werden, Kontakt zu den Ex-Azubis aufzunehmen, um sie zu ihrer Ausbildung bei Festo zu befragen.

Die Aktivitäten von Festo stellen jedoch eher die Ausnahme denn die Regel. Bislang schöpfen selbst große und als

attraktiv geltende Arbeitgeber die Mög-lichkeiten des Internets, vor allem des Web 2.0, längst nicht aus. Aus einer vom Studiengang Media Management der Hochschule RheinMain, Wiesbaden, in 2009 veröffentlichten Studie geht hervor, dass viele Unternehmen beim Einsatz von Technologien wie sozialen Netzwer-ken, RSS-Feeds, Podcasts, Videocasts etc. auf ihren Karriere-Websites weit hinter den Möglichkeiten bleiben. Den größten Nachholbedarf für die Firmen gibt es im Bereich Information. Schüler werden bisher noch nicht ausreichend über Möglichkeiten einer Ausbildung oder eines dualen Studiums, den Bewer-bungsprozess und weitere HR-Themen informiert, kritisiert Prof. Dr. Wolfgang Jäger, Leiter und Herausgeber der Studie.

STÄNDIGE PRÄSENZ IN FACEBOOK & CO.

Ähnliches gilt für den Bereich „Social Media“. Nur wenige mittelständische Un-ternehmen sind in Online-Communities wie Facebook, SchülerVZ oder azubister unterwegs, um über ihre Ausbildungs-berufe zu informieren bzw. Kontakt zu Jugendlichen aufzunehmen. Dabei bietet Web 2.0 ein Füllhorn an Möglichkeiten, wie Prof. Rüdiger Falk von der Fach-hochschule Koblenz, RheinAhrCampus, Remagen, betont. Unternehmen könnten eine Azubi-Seite bei Facebook einrichten und ihre Auszubildenden dort berichten lassen, schlägt Falk vor. Auch YouTube biete gute Möglichkeiten, sich als Ausbil-dungsbetrieb zu präsentieren.

Wie die Studienreihe der Online-Jobbör-se Monster zum Thema Rekrutierung zeigt, steigt die Tendenz von Bewerbern, sich in Online-Communities über offene Stellen zu informieren. Bewerber sind von einem persönlichen Dialog generell angetan. Für die Unternehmen gilt es da-her, in den sozialen Netzwerken ständig präsent zu sein, meint der Experte für Azubi-Recruiting Axel Haitzer.

KLASSISCHES PERSONALMARKETING ZIEHT NICHT MEHR

„Unternehmen müssen sich vom klas-sischen Personalmarketing, bei dem es hauptsächlich um Stellenausschreibun-gen geht, entfernen“, erläutert Prof. Rü-diger Falk. Viel wichtiger sei, darüber nachzudenken, wo und wie die Jugendli-chen zu erreichen sind und wie der Aus-

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bildungsbetrieb sich als Marke in den Köpfen der Jugendlichen verfestigen kann.

Die Heldele GmbH mit Hauptsitz in Salach macht vor, wie das in der Praxis aussehen kann: Der Dienstleister für Elek- tro-Kommunikations-Technik verleiht jährlich für den besten Auszubildenden im Betrieb einen Smart mit Firmenlogo und der Beschriftung „Azubi of the year“. Der Auszubildende darf das Auto ein Jahr lang nutzen. „Wir bringen uns damit als Aus-bildungsbetrieb bei vielen Jugendlichen ins Gespräch, sind wir doch mit der Aktion automatisch da präsent, wo junge Leute sind“, erläutert Personalleiter Bernd Forstreuter.

„Es gilt, möglichst nah an das Umfeld der Jugendlichen he- ranzukommen“, pflichtet Franz-Josef Fischer, geschäftsfüh-render Gesellschafter von Jäger Direkt, Reichelsheim, bei. Der Hersteller für elektrotechnische Produkte hofft u.a. mit dem Sponsoring von Schul-T-Shirts für Schüler aus der Region

Aufmerksamkeit zu erregen. Bedruckt sind die T-Shirts mit dem Spruch „gut drauf “ (angelehnt an die Azubi-Homepage des Unternehmens www.gutdrauf-karriere.de) und dem Schul-Logo.

DAS BETRIEBSPRAKTIKUM ALS WICHTIGSTE REKRUTIERUNGSMASSNAHME

Jäger Direkt sponsert aber nicht nur T-Shirts für Schüler, son-dern hält auch enge Kontakte zu den Schulen und ist u.a. mit Präsentationen zum Unternehmen und den Ausbildungsberu-fen regelmäßig vor Ort. Damit ist das Unternehmen auf dem richtigen Weg, die Bewerberzahl bei Jäger Direkt steigt von Jahr zu Jahr.

Laut der BIBB-Analyse zählen Informationsveranstaltungen an Schulen neben der Beteiligung an Ausbildungsmessen zu den wichtigsten Azubi-Rekrutierungsinstrumenten. Eine noch größere Bedeutung wird dem Betriebspraktikum zugespro-chen: Ausbildungsbetriebe, die Praktika anbieten, können dem BIBB-Report zufolge in der Regel ihre Lehrstellen besetzen.

So auch die Schulte-Schlagbaum AG mit Sitz in Velbert. Laut Personalleiter Gunar Rusack erhält sein Unternehmen jedes Jahr rund 500 Bewerbungen auf drei bis sechs Ausbildungs-stellen. Stellenanzeigen hat er nach eigener Aussage seit Jahren nicht mehr schalten müssen. Neben den zweiwöchigen Schü-lerpraktika, die das auf Schließsysteme für Türen und Schränke spezialisierte Unternehmen in den Sommerferien anbietet, ist es eine „Lernpartnerschaft“ mit einer Schule aus seiner Region eingegangen. Im Rahmen dieser Kooperation leiten Unterneh-mensvertreter z.B. berufsthematische Arbeitsgemeinschaften. Unter anderem lernen interessierte Schüler das Tabellenkalku-lationsprogramm Excel kennen, werden von Mitarbeitern der Abteilung Export bei Schulte-Schlagbaum für Telefonate und Bewerbungsgespräche auf Englisch fit gemacht und nehmen an Rollenspielen teil, in denen sie die Funktionen und Aufgaben von Personalvorgesetzten, Geschäftsleitern und Betriebsräten kennenlernen.

PARTNERSCHAFTEN MIT SCHULEN – EIN ERFOLGSINSTRUMENT FÜR KMU

Die Lernpartnerschaft geht auf die Initiative des Kooperati-onsnetzwerks Schule-Wirtschaft im Kreis Mettmann (KSW Mettmann) zurück – ein Projekt, das vom Kreis Mettmann und der IHK zu Düsseldorf getragen wird. Ähnliche Bildungspart-nerschaften zwischen Unternehmen und Schulen haben sich in den vergangenen Jahren auch in vielen anderen Regionen Deutschlands entwickelt.

Nach Meinung von Andreas Schwarz, sind Partnerschaften mit Schulen ein Erfolgsinstrument für kleine und mittlere Un-ternehmen, weil damit ein langfristiges Azubi-Marketing ge-fördert wird. Als Leiter der neuen Rundstedt Young Academy unterstützt Schwarz die Unternehmen bei der Auswahl von passenden Bewerbern. Sein Vorschlag: Mentorenprogramme aufzusetzen, bei dem Unternehmen einzelne Schüler schon früh begleiten und mit speziellen Angeboten auf das Berufsle-ben vorbereiten.

Prof. Dr. Rüdiger Falk von der Fachhochschule Koblenz am Standort Remagen hat ein Modell entwickelt, das den Prozess der Azubi-Rekrutierung in vier Stufen gliedert:

Stufe 1: Interesse wecken Zu überlegen ist: Wann muss ich auf mich aufmerksam

machen? Wo und wie sind Jugendliche zu erreichen?

Stufe 2: Image und Reputation von Ausbildungsberufen festlegen

Benchmarking betreiben: Gibt es im Umfeld Unternehmen mit den gleichen oder ähnlichen Ausbildungsberufen? Sich klar machen, in welchen Märkten man sich bewegen will.

Stufe 3: Nachhaltigkeit und Wertigkeit: Ausbildung als Marke

Sich mit der eigenen Unternehmensphilosophie auseinander-setzen. Wie spiegelt sich diese in der Ausbildung?

Stufe 4: Networking: Zielgruppen und Multiplikatoren einbinden

Zu überlegen ist: Wer neben den Jugendlichen ist wichtig für das Azubi-Marketing? Soziale Netzwerke anzapfen.

AZUBI-RECRUITING IN VIER STUFEN

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Der Rat verdeutlicht, wohin die Reise gehen soll-te: Schülern bei ihrer beruflichen Orientierung zu helfen und so eine Art Azubi-Talentpool aufzu-bauen. Unterstützende Angebote hierfür sind auf dem Markt zu finden. Jochen Kiel etwa, Trainer und Berater aus Stubben bei Bremerhaven, führt Potenzialanalysen für Schüler ab der achten Klasse durch: In einem viertägigen Workshop erhalten die Jugendlichen Aufschluss über die eigenen Stärken und Fähigkeiten. Der Workshop umfasst auch eine Präsentation der Schüler vor den Arbeitgebern. Die Firmenvertreter wiederum haben ebenfalls die Ge-legenheit, sich vorzustellen. „Die Workshops sind wie eine Art Assessment-Center. Die Unternehmen können die für ihre Ausbildungsberufe passenden Schüler erkennen und ihnen zwecks besseren Ken-nenlernens beispielsweise ein Betriebspraktikum anbieten“, sagt Kiel. Seine Dienstleistung kommt an: Seit 2009 verzeichnet er eine verstärkte Nachfrage auf Seiten der Arbeitgeber.

AZUBI-MARKETING SCHLIESST AUCH DIE ELTERN EIN

Beim Azubi-Marketing sollten sich die Firmen aber nicht ausschließlich auf die Schüler konzentrieren. „Sekundärzielgruppen spielen eine wichtige Rolle“, betont Axel Haitzer. Er will beispielsweise die Leh-rer und Eltern der Jugendlichen mit angesprochen wissen. Fortschrittlich zeigt sich hier die Heldele

GmbH: Seit Juni 2010 bietet das Unternehmen ein sogenanntes Eltern-training an: Eltern lernen, wie sie ihre Kinder für die Berufswelt richtig fördern und motivieren.

Zudem lädt Heldele die Eltern zu jeder Aktion explizit mit ein: z.B. zu Vor-trägen des Unternehmens in der Schule, oder auch zum „Abend der Be-werber“ bei Heldele. Bei dieser Veranstaltung erzählen u.a. die Auszubil-denden des Unternehmens den jungen Besuchern aus ihrem Arbeitsalltag. „Schilderungen von Azubis wirken auf die Jugendlichen authentischer als Erzählungen der Personaler bzw. Ausbildungsleiter“, weiß Axel Haitzer. Die Azubis ins Ausbildungsmarketing einzubinden, hält er daher für eine der erfolgversprechendsten Ansätze der Rekrutierung Jugendlicher.

AZUBI-BINDUNG FÄNGT NACH DER VERTRAGSUNTERZEICHNUNG AN

Haben die Unternehmen passende Auszubildende gefunden, heißt das noch nicht, dass diese ihre Lehrstelle tatsächlich auch antreten. Denn viele Jugendliche bewerben sich trotz Vertragsunterzeichnung weiter. Um die Gefahr, dass ein einmal Rekrutierter wieder abspringt, einzudämmen, sollten die Firmen laut Margit Ebbinghaus vom BIBB in der Zeit zwischen Vertragsabschluss und Ausbildungsbeginn Kontakt zu den zukünftigen Azubis halten: „Den Jugendlichen sollte bereits vor dem Start ihrer Aus-bildung vermittelt werden: Du gehörst dazu! Geschehen kann dies, indem ihnen regelmäßig die Hauszeitschrift zugeschickt wird, Vortreffen ver-anstaltet werden u.Ä.“, sagt Ebbinghaus. Künftige Ausbildungsanfänger zu halten, ist sie sich sicher, wird eine zunehmend wichtiger werdende Aufgabe des Auszubildenden-Marketings. Die Unternehmen sollten das beherzigen – wollen sie sich eine ungewollte Teilnahme am Azubi-Speed-Dating ersparen.

Petra Walther ||

1/2 ANZEIGENSEITE

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ZIELE FÜR MEHR LEISTUNGVARIABLE VERGÜTUNG

PREVIEW

_Anreizsystem mit Risikopotenzial: Über die Gefahren, Mitarbeiter mit variabler Vergütung zu demotivieren bzw. falsch zu motivieren _Gehaltsbonus, Wandelschuldverschreibung, Outdoor-Incen-tive: Welche Ausschüttungsformen bei variablen Vergütungssyste-men möglich sind_Mitarbeiterbedenken einbeziehen: Wie die Ak-zeptanz der Belegschaft für variable Vergütung zu sichern ist_Von der Zielrichtung bis zu Maßnahmenplänen: Einführung eines va-riablen Vergütungssystems mit Zielvereinbarung_Fokus auf hohe Zielfestlegung: Was das Modell der Zieloptimierung für Vorteile bietet _Forschungsergebnisse: Die Wirkung von Individual- und Teamzielen auf Low Performer, Middle Performer und Höchstleis- ter_Gezielte Verknüpfung: Wie Unternehmens-, Bereichs- und In-dividualerfolg bei der variablen Vergütung miteinander in Beziehung gebracht werden können

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Eigentlich klang es ganz gut, was der Geschäftsführer auf der Betriebsversammlung bekannt gab: „Neben dem festen Ge-halt erhalten die Mitarbeiter des Unternehmens künftig eine variable Vergütung, die sich am Erreichen individueller Per-formanceziele bemisst und die wirtschaftliche Lage des Unter-nehmens berücksichtigt.“ Doch statt Begeisterung verbreitete sich an einen Bienenschwarm erinnerndes Gemurmel. Zu viele Fragen schwirrten den Mitarbeitern durch den Kopf: Wird die variable Vergütung on top gezahlt oder will man an unser Fest-gehalt? Geht die gute Zusammenarbeit über den Jordan, wenn alle jetzt nur ihren eigenen Zielen hinterherhecheln? Werden die Ziele so hoch gesetzt, dass sie eventuell gar nicht erreicht werden können? Und was geschieht, wenn die Ziele nicht er-reicht werden?

Nur wenige andere unternehmerische Entscheidungen treffen auf solch hohe Aufmerksamkeit der Belegschaft wie die vari-able Vergütung. Kein Wunder, hat diese Vergütungsform für die Mitarbeiter doch im wahren Sinne des Wortes eine exis-tenzielle Bedeutung. Personaler sollten daher mit dem Thema vorsichtig umgehen. Ihnen sollte stets bewusst sein, dass va-riable Vergütung nicht nur dabei unterstützt, Leistungsanrei-ze und Werte zu schaffen, Prozesse zu verbessern, Kosten zu senken und die richtigen Mitarbeiter zu binden. Mit variabler Vergütung können auch Werte vernichtet sowie Mitarbeiter de-motiviert werden.

Negative Effekte provoziert mitunter bereits der erzielbare Betrag. Können für den Mitarbeiter nur eine Handvoll Euro herausspringen, gleicht das einer Missachtung seiner Perfor-mance. Bei sehr niedriger Ausschüttung ist es daher oftmals sinnvoller, ganz auf die variable Vergütung zu verzichten. Zu-dem ist aufzupassen, dass die Mitarbeiter mit der variablen Vergütung nicht in die falsche Richtung motiviert werden – wie es einem Unternehmen aus der Textilbranche im vergangenen Jahr passiert ist: Vom internationalen Wettbewerb in den ers-ten Monaten des Jahres gebeutelt, wollte der Geschäftsführer seine rund 50 Niederlassungsleiter motivieren und versprach ihnen, dass sie ihren Jahresbonus komplett bekommen, wenn sie in den letzten vier Monaten des Jahres auf oder über Plan liegen. Der Erfolg war gut, tatsächlich erreichten viele der Nie-derlassungsleiter von September bis Dezember ihre Planzah-len. Das Folgejahr jedoch wurde ein Desaster, die Verkaufszah-len blieben trotz zahlreicher Marketing-Aktionen weit hinter der Marktentwicklung zurück und das Unternehmen musste Insolvenz anmelden. Was war passiert? Die Filialleiter stellten sich darauf ein, dass die Geschäftsführung wieder für die letz-

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Prämien, Boni, Optionspläne: Die leistungs- und erfolgsorientierte Gehalts-

zahlung rückt in den Fokus von Unternehmen. Ein variables Vergütungs-

system zu entwickeln, das die Akzeptanz der Mitarbeiter findet, stellt die

meisten Firmen jedoch vor eine schwierige Aufgabe. Vergütungs-Experte

Gunther Wolf zeigt, auf was zu achten ist.

Foto: image source

ten vier Monate des Jahres den Gesamtjahresbonus ausschreiben wird, wenn es zuvor nicht so gut läuft. Sie hielten sich daher im ersten Halbjahr gezielt zu-rück und nahmen sogar gut verkäufliche Ware aus den Verkaufsräumen.

VERSCHIEDENE AUSSCHÜTTUNGSFORMEN SIND MÖGLICH

Wäre die variable Vergütung in eine Mitarbeiterka-pitalbeteiligung eingeflossen, wäre es für das Unter-nehmen vielleicht anders gekommen. Denn bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung sind die Mitarbeiter finanziell am Unternehmen beteiligt, was ihr Inte-resse und Mitdenken hinsichtlich gesamtbetriebli-cher Vorgänge steigert.

Unter dem Gesichtspunkt, Mitarbeiter langfristig zu unternehmerischen Partnern werden zu las-sen, sind übrigens auch Optionen, Genussscheine, Wandelschuldverschreibungen und ähnliche Aus-schüttungsformen denkbar. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, die Ausschüttung in Form von freier bezahlter Zeit – z.B. für Sabbaticals und Pfle-geauszeiten – anzubieten. Auch Sachzuwendungen wie PC, Notebook und Telekommunikationsgeräte sowie Dienstleistungen wie Kindergartenbeihilfen, private Seminare und Sprachkurse können als Aus-schüttung in das variable Vergütungssystem inte-griert werden. Eine nicht monetäre Ausschüttung ist manchmal sogar die bessere Wahl. Outdoor-Incen-tives für erfolgreiche Teams etwa sind einer geldli-

chen Ausschüttung von ein paar Hundert Euro pro Person weit überlegen. Denn die Mitarbeiter erleben etwas Besonderes, was nachhaltig in Erinnerung bleibt und dem Team in Sachen Wei-terentwicklung neue Impulse gibt.

Bei den Mitarbeitern kommt es übrigens positiv an, wenn sie sich hinsichtlich der angebotenen Ausschüttungsformen frei entscheiden können. Dabei bietet es sich an, die variable Ver-gütung in Form von Bonuspunkten oder „Credits“ auszuschüt-ten, die entsprechend eingetauscht werden können. Solche „Cafeteria-Modelle“ steigern die Akzeptanz und Motivation der Mitarbeiter für die variable Vergütung.

BEDENKEN DER MITARBEITER SOLLTEN ERNST GENOMMEN WERDEN

Insgesamt empfiehlt es sich, die Akzeptanz der Mitarbeiter für ein Modell der variablen Vergütung bereits im Vorfeld des An-gebots zu sichern. Das heißt: Bedenken der Mitarbeiter sollten ernst genommen und von Anfang an bei der Gestaltung von System und Abläufen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind Führungskräfte zu schulen, damit sie Fragen der Mitar-beiter zum Anreizsystem beantworten sowie Ängsten und Un-sicherheiten vorbeugen können.

Oft bleibt diese Beschreibung aber ein Ideal: Variable Vergü-tungssysteme werden unter Zeitdruck entwickelt, wobei eini-ge wenige Experten am runden Tisch sitzen und das Ergebnis – sofern erforderlich – lediglich dem Betriebsrat vorlegen. Sobald die nötigen Änderungen für dessen Zustimmung voll-zogen sind, wird der Belegschaft dann das fertige System ver-kündet. Eine solche Crash-Implementierung spart zwar Zeit

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VARIABLE VERGÜTUNGSMODELLE IM VERGLEICH

KONVENTIONELLES ZIELVEREINBARUNGS-MODELL

Hoher Anreiz bei dem Mitarbeiter, möglichst niedrige Ziele mit dem Vorge-setzten zu vereinbaren. Hoher Anreiz dazu, zukünftige und bestehende Schwierigkeiten zu betonen. Hoher Anreiz, sich auf das Nicht-Funktionieren von möglichen Maßnahmen zu fokussieren, um nicht höhere Ziele vereinba-ren zu müssen. Tendenz der Führungskräfte zur Zielvorgabe.

Hoher Anreiz, möglichst gute und viele Maßnahmen bestmöglich und höchst ziel-orientiert umzusetzen. Anreiz, bei Nicht-Funktionieren neue Maßnahmen zu überlegen und nach Abstimmung umzu-setzen.

Hoher Anreiz, Ziele möglichst weit zu übertreffen (sofern keine Deckelung). Bei Deckelung: Nach Zielüberschreitung hoher Anreiz, Erfolge in die Folgeperiode zu verschieben.

Verbindung mit Unternehmensplanung möglich, aber nachteilig: Hoher Anreiz, die Unternehmensplanung zu drücken und von dieser nach oben abzuweichen.

und auf kurze Sicht auch Kosten. Dass die Unternehmen so aber verspielen, Ak-zeptanz des Systems aufseiten der Mitar-beiter zu erhalten, zeigt ein Beispiel eines Dienstleisters für Steuerberater. Das Un-ternehmen konnte die gegen das variable Vergütungssystem protestierenden Mit-arbeiter selbst dann nicht mehr für die neue Entlohnung gewinnen, nachdem es Experten einschaltete, die vor der Beleg-schaft versicherten, dass es sich um ein gutes, nach modernsten Erkenntnissen gestaltetes Belohnungssystem handelt.

VIA ZIELVEREINBARUNG ZUM VERGÜ-TUNGSSYSTEM

Um solche Erfahrungen zu umgehen, sollte das variable Vergütungssystem stufenweise eingeführt bzw. konzipiert werden. Als Leitschnur dienen die fünf

Elemente der Zielvereinbarung – Ziel-richtung, Messgröße, Zielhöhe, Bezugs-wert, Maßnahmenpläne:

Festlegung der ZielrichtungDie Zielrichtung des Unternehmens ist Ausgangspunkt für alle weiteren Fakto-ren, die für die variable Vergütung fest-zulegen sind. In der Regel geht es darum, den Unternehmenswert zu steigern und die Unternehmensergebnisse zu verbes-sern. Für den Vertrieb könnten sich da- raus folgende Unterziele ableiten: a) Um-satzsteigerungen unter b) Verringerung der den Kunden gewährten Nachlässe bei c) gleichzeitiger nachhaltiger Senkung der im Vertrieb anfallenden Kosten.

Festlegung der MessgrößeUnmittelbar aus der Zielrichtung des Unternehmens ist die Messgröße für

das System abzuleiten. Oftmals wird der Erfolg des Mitarbeiters bzw. dessen Out-put/Ergebnisse als Messgröße genom-men. So könnte für das Unterziel a) der Umsatz des Mitarbeiters X in Gebiet XY als Messgröße dienen.

Generell möglich ist auch, die Leistung bzw. den Arbeitseinsatz des Mitarbeiters als Messgröße heranzuziehen. Bei der Frage, ob Leistung oder Erfolg über die Höhe der variablen Vergütung zu ent-scheiden hat, kommt es stets zu kontro-versen Diskussionen. Denn: Die eigene Leistung kann der Arbeitnehmer direkt beeinflussen, Erfolg hingegen hängt von vielen externen Einflüssen ab. Darf somit ein Außendienstler, der mit wenig Leis-tungseinsatz zwei dicke Aufträge angelt, mehr verdienen als jener, der das ganze Jahr gerackert und Kunden besucht hat,

ZIELOPTIMIERUNGS-MODELL

Hoher Anreiz, höchstmögliche Ziele festzu-legen. Hoher Anreiz bei dem Mit- arbeiter, selbstständig bestmögliche und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen zur Erreichung dieser höchstmöglichen Ziele zu überlegen, sie auszuarbeiten und mit dem Vorgesetzten abzustimmen. Tendenz der Führungskräfte zum Verhalten als „Erfolgscoach“.

Hoher Anreiz, möglichst gute und viele Maßnahmen bestmöglich und höchst zielorientiert umzusetzen. Anreiz dazu, bei Nicht-Funktionieren neue Maß- nahmen zu überlegen und nach Abstim- mung umzusetzen.

Hoher Anreiz, das Höchstmögliche zu erreichen.

Verbindung mit Unternehmensplanung sinnvoll. Schaffen eines Höchstmaßes an Sicherheit für die Unternehmens- planung.

MODELL OHNE ZIELFESTLEGUNG

entfällt

Hoher Anreiz im Bereich einfacher und leicht umzuset-zender Maßnahmen. Geringer Anreiz, auf-wendige Maßnahmen umzusetzen.

Hoher Anreiz, Ziele im Mittelfeld zu errei-chen. Geringer Anreiz zu Zielerreichung im hohen Performance-Bereich.

Keine systematische Verbindung mit der Unternehmenspla-nung.

AUSWIRKUNG AUF:

Zielvereinbarungs-gespräch

Umsetzung in der jeweils aktuellen Periode, die durch Realisierung der Maßnahmen durch die Mitarbeiter geprägt ist

Zielerreichung

Planungs- sicherheit

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ohne dass nennenswerte Umsätze zu-stande gekommen sind? Auf der anderen Seite sichern nur Erfolge im Sinne der festgelegten Unternehmensziele Wert-schöpfung und schaffen so Ergebnisse, die zusätzliche Vergütung erlauben. Leis-tung indes stellt keinen Wert an sich dar. Sie zeigt vielmehr den Grad der Anstren-gung bei einer Tätigkeit, die der definier-ten Zielrichtung dient.

Festlegung der ZielhöheOb nun Erfolg oder Leistung als Mess-größe festgelegt wurden, zu bestimmen ist immer auch die Zielhöhe der Mess-größe. Sie ist im besten Fall ein Zah-lenwert (für das Unterziel a) könnte sie z.B. plus zwei Mio. Euro sein). Es gibt aber auch eine Reihe von Methoden, mit denen qualitative Ziele einbezogen werden können. Im Produktionsbereich z.B. werden etablierte Messgrößen des Qualitätsmanagements eingesetzt, im Service wird die Kundenzufriedenheit gemessen, indem Zielgruppen befragt werden. Für Projekte indes empfiehlt sich grundsätzlich die Verwendung des Projektmanagement-Dreiecks aus Time, Scope und Budget (Senkung der Projekt-dauer, Steigerung der Ergebnisqualität, Reduzierung des Ressourceneinsatzes).

Sind Messungen nicht möglich oder mit – in Relation zum möglichen Erkennt-nisgewinn – nicht zu rechtfertigendem Aufwand verbunden, kann auf mög-lichst objektiv zu beurteilende Kriterien zurückgegriffen werden – etwa auf Ver-haltensbeschreibungen für bestimmte Tätigkeiten. Beispiel: Wie geht die Sekre-tärin mit eingehenden Telefonaten um? Mit einem Raster wird das Verhalten fünf möglichen Kategorien/Zielhöhen zugeordnet. Zielhöhe eins als niedrigste Stufe könnte definieren, dass die Sekre-tärin Telefonate entgegennimmt, Rück-sprache mit dem Chef hält und dessen Anweisungen umsetzt. Bei Zielhöhe fünf nimmt die Sekretärin als Repräsentantin der Firma alle Telefonate entgegen, trifft selbstständig Entscheidungen über den Umgang mit den Anfragen und leitet den Anrufer an die entsprechenden An-sprechpartner weiter.

Festlegung des BezugswertsIn der Regel wird die zu erreichende Ziel-höhe zu einem Bezugswert in Beziehung gesetzt, dies gibt Anreiz zu kontinuier-licher Verbesserung. Gängig sind Vor-jahres- oder Planungswerte. Denkbar ist

auch der Durchschnitt der vergangenen drei Vorperioden und eine relative Ver-besserung im Vergleich zum Wettbewerb.

Festlegung der MaßnahmenpläneZielvereinbarungen ohne konkrete Maß-nahmenpläne bleiben auf dem Niveau eines guten Vorsatzes. Wie sollen die defi-nierten Ziele erreicht werden? Wichtig ist festzulegen, wer was (bis) wann mit wel-chem Ergebnis machen soll. Für Unterziel a) könnte vereinbart werden, dass der Mitarbeiter eine Kundenveranstaltung pro Quartal durchführt, in denen interne Referenten die Produkte präsentieren.

ZIELOPTIMIERUNG IST BESSER ALS ZIELVEREINBARUNG

Variable Vergütungssysteme, die mit ei-nem konventionellen Zielvereinbarungs-modell gekoppelt sind, bieten zweifels-ohne für die Mitarbeiter einen hohen Anreiz, die festgelegten Maßnahmen bestmöglich und zielorientiert umzu-setzen. Sie bergen aber auch die Gefahr, dass die Mitarbeiter bei der Zielverein-barung versuchen, mit der Führungs-kraft möglichst niedrige Ziele zu verein-baren, um so durch Zielüberschreitung eine möglichst hohe variable Vergütung zu erhalten.

Dem beugt das Modell der Zielopti-mierung vor. Hier entwickelt nicht die Führungskraft, sondern der Mitarbei-ter die Maßnahmen zur Zielerreichung. Er selbst ermittelt auch die angestrebte höchstmögliche Ziel-Höhe und stimmt diese mit seinem Vorgesetzten ab. Da-bei besteht für ihn ein hoher Anreiz, möglichst anspruchsvolle Ziele mit der Führungskraft zu vereinbaren. Knack-

DER AUTOR: Management-Berater Gunther Wolf ist Experte für Performance Management, Zieloptimierung und varia-ble Vergütungssysteme. Er hat zahlreiche Bücher und Fachartikel zu den Themen veröffentlicht und ist zudem Redner und Keynote-Speaker. Kontakt: [email protected]

punkt bei der Zieloptimierung ist näm-lich, dass neben der erreichten Zielhöhe auch die anvisierte Zielhöhe mit einer Vergütungsrelevanz versehen ist. Das heißt: 100 Prozent ist nicht mehr mit ein und dem gleichen Ausschüttungsbetrag verbunden. Der Ausschüttungsbetrag bei hundertprozentiger Zielerreichung richtet sich vielmehr nach der Höhe des anvisierten Ziels. Nur wenn die höchs-te, realistische Zielhöhe erreicht wird, kommt es zur maximalen Ausschüttung. Der Fokus des Mitarbeiters wird so auf die höchstmöglichen Zielhöhen gelenkt, und er wird mit der Führungskraft auf Augenhöhe verhandeln.

HÖCHSTPERFORMER BRAUCHEN EINE BESSERSTELLUNG

Für ihr Vergütungssystem können Un-ternehmen im Übrigen nicht nur Indi-vidualziele, sondern auch gemeinsame Ziele festlegen, sprich: Teamziele, Ab-teilungsziele, Bereichsziele oder Unter-nehmensziele. Für sogenannte Mittel-performer wirken Teamziele genauso leistungssteigernd wie die Bemessung ihrer Vergütung an der individuellen Performance. Das jedenfalls zeigen For-schungsergebnisse. Für Low Performer haben Teamziele sogar einen höheren Anreiz als Individualziele. Nicht so bei Hoch- und Höchstleistern: Zwei Drittel von ihnen ziehen bei Teamzielen ihre Leistungsbeiträge zurück, im Falle von an Individualzielen orientierter variabler Vergütung jedoch nicht.

Das heißt: Eine relative Besserstellung ist entscheidend, um das Leistungsni-veau der High Performer zu erhalten bzw. weiter zu steigern. Gegenüber Low

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_Absichten und Intentionen der Unterneh-mensleitung abklären_Intentionen und Vorbehalte des Betriebs-rats/Personalrats in Erfahrung bringen_Analyse, ggfs. Schaffen der erforder-lichen Voraussetzungen bei Adressaten, Führungskräften, Unternehmensleitung_Ökonomische und technische Voraus-setzungen checken (EDV, Zielsysteme, Controlling etc.)

_Festlegung des Modells (Zieloptimie-rung, konventionelle Zielvereinbarung, ohne Ziele, Mischform)_Entscheidung über die mit Festgehalt abgegoltene Performancemenge und -güte (= Untergrenze Bonus)_Ausrichtung klären: Leistung, Erfolg, Wert als Messgröße?_Verantwortlichkeiten und Prozess der Festlegung von Zielrichtung, Messgröße (inkl. Definition), Bezugswert, Zielhöhe, Maßnahmenpläne, Kenntnisnahmen bestimmen_Verfahren für Projektziele und qualitative Ziele sowie mögliche Verknüpfungsformen der Ziele festlegen

_Ausschüttungsformen bestimmen (Geld, Sachleistungen, Dienstleistungen, Zeit, Wertpapiere etc.)_Ausschüttungsbetrag: „on top“, Variabili-sierung des Festgehaltes?

UMSTELLUNG AUF VARIABLE VERGÜTUNG – WAS ZU TUN IST

durch hohe Nachlässe erkauft werden – entfällt der Bonus. Falls beide Ziele er-reicht werden, könnte der Gesamtbonus extrem anwachsen.

Unternehmen in turbulenten Märkten, die keine langfristigen vergütungsrele-vanten Ziele festlegen können, bedienen sich am besten der gescorten Verknüp-fung. Hierbei handelt es sich um die Um-wandlung von Zielerreichungsgraden in Punkte. Innerhalb einer Periode können Ziele mehrfach durch andere ersetzt wer-den, die bisher erworbenen Punkte blei-ben für den Empfänger dabei erhalten.

MIT DEM FIXGEHALT ABGEGOLTENE AUFGABEN IM BLICK HABEN

Von besonderer Bedeutung ist die Wenn-Dann-Verknüpfung. Denn sie sorgt dafür, dass auch die mit dem Fixgehalt abgegoltenen Aufgaben vom Mitarbeiter nicht vernachlässigt werden. Nach dem Prinzip „Wenn dies und jenes nicht er-füllt wird, dann ...“ kann es zu Abzügen von der durch Performance verdienten variablen Vergütung kommen – bis hin zum Totalverlust. Das wirkt, wie das Bei-spiel eines Touristikunternehmens zeigt: Dank einer ausgeprägt individuellen, umsatzorientierten variablen Vergütung rissen sich die Mitarbeiter in den Rei-sebüros um buchungswillige Kunden, vernachlässigten aber Arbeiten wie das Auspacken von Prospektsendungen. Um selbst immer nur für potenzielle Bucher ansprechbar zu bleiben, verwiesen sie selbst Kunden, die ihre Reiseunterlagen abholen wollten, an völlig überforderte Praktikanten. Um dem entgegenzuwir-ken, hat das Unternehmen schließlich die bestehende Vereinbarung für die in-dividuellen variablen Vergütungen um gewisse Voraussetzungen ergänzt. Sie le-gen fest, welche Tätigkeiten von den Rei-severkäufern zu erledigen sind. Sofern sich durch Kundenbefragungen, Filial- und Testkundenbesuche herausstellen sollte, dass diese Tätigkeiten vernachläs-sigt werden, wird der auszuschüttende Betrag mit dem Faktor 0,75 multipliziert. Das Ergebnis: Die Reisebüro-Mitarbei-ter legen auch gegenüber Kunden ohne konkrete Buchungsanfragen wieder ein kundenfreundliches Verhalten an den Tag. Tätigkeiten, die den Umsatzerfolg langfristig sichern, werden nicht mehr vernachlässigt.

Gunther Wolf ||

_Minimum, Mittel und ggfs. Maximum der Ausschüttung festlegen_Ausschüttungszeitpunkte bestimmen (jährlich, quartalsweise, monatlich, Bo-nusbanksystem)_Mechanismus für die Verteilung von Teamboni festlegen

_Verantwortlichkeiten für die Vermeidung von Zielkonflikten festlegen_Verantwortlichkeiten für die Vermeidung von Maßnahmenkonflikten festlegen_Verantwortlichkeiten für Zwischenge-spräche, Zwischenfeedback, unterperio-dische Zielberichte festlegen

_Dokumentation (Formulare für Ziele und Maßnahmenpläne), Ablage, Regelungen, Verträge, Vereinbarungen, Betriebsverein-barung_Rechtliche, insbesondere arbeitsrecht-liche Prüfung und Optimierung_Handels- und steuerrechtliche Prüfung und Optimierung

_Roll-out-Verfahren: stufenweise Anpassung, Pilotprojekt, Übergangsphase etc._externes/internes Marketing: Erstellung von Foldern, Handbüchern etc._Informationsveranstaltungen organisie-ren_Führungskräfteschulungen durchführen

und Middle Performern müssen sie eine höhere variable Vergütung erhalten. Es ist daher davon abzuraten, bei gemein-samen Zielen die Ausschüttung der va-riablen Vergütung gleich zu verteilen. Vielmehr sollten sich die Anteile an den jeweiligen Erfolgsbeiträgen der Team-Mitglieder orientieren.

INDIVIDUALZIELE UND GEMEINSAME ZIELE MÜSSEN VERKNÜPFT WERDEN

Damit die relative Besserstellung der Leistungsträger bei jeder Gewinnsitu-ation erhalten bleibt, bietet sich die so genannte Hebesatz-Verknüpfung an: Die individuell erzielte variable Vergütung wird mit dem Hebesatz-Faktor multi-pliziert. Es handelt sich dabei um einen die gesamte variable Vergütung limitie-

renden oder steigernden Faktor, der sich zwischen 0,25 und 2 bewegt. In der Regel werden mit ihm Individual-ziele mit dem Unternehmensergebnis gekoppelt, um die Bezahlbarkeit der variablen Vergütung zu sichern.

Neben der Hebesatz-Verknüpfung gibt es weitere Möglichkeiten, Unterneh-mens-, Bereichs- und Individualerfolg in Beziehung zu setzen. Bei der mul-tiplikativen Verknüpfung etwa ist die Höhe der variablen Vergütung für je-des einzelne Ziel nur in Abhängigkeit von der Zielerreichung bei den ande-ren Zielen einzuschätzen. Sie ist z.B. bei Kombination der Ziele Umsatzstei-gerung und Rabattsenkung sinnvoll: Sofern eines der beiden Ziele nicht er-reicht wird – wenn etwa hohe Umsätze

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Foto: MEV Verlag GmbH

WIE PERSONALARBEIT AUSSER HAUS GELINGTHR-OUTSOURCING

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Martina Heidke ist es gewohnt, viel selbst zu machen. Die Prokuristin des Schuh- und Sporthauses Haaf führt nicht nur die Bücher, sondern kümmerte sich lange Zeit auch um Perso-nalangelegenheiten – bis hin zu den Gehaltsabrechnungen. Das funktionierte reibungslos – bis der Einzelhändler mit Sitz im baden-württembergischen Staufen expandierte: Aus einer Fi-liale wurden fünf, die Zahl der Angestellten verdreifachte sich auf mehr als 60. „Ende vergangenen Jahres wurde klar, dass wir für die Entgeltabrechnungen jemanden einstellen müssen“, erinnert sich Heidke. Alternativ bot der Steuerberater an, die Aufgabe zu übernehmen. Er veranschlagte allerdings 35 Mann-stunden, allein um die Personalstammdaten neu zu erstellen ...

Haaf entschied sich für eine andere Lösung: Das Unternehmen lagerte die komplette Gehaltsabrechnung an die Münchner Softwarefirma Exact aus. Ausschlaggebend dabei: Exact stellt genau jenes Programm her, mit dem Heidke bisher intern ge-arbeitet hat. Das erleichterte die Umstellung. Die Prokuristin musste Exact lediglich die vorhandene Datei mit allen Stamm-daten und Zeitmodellen der Mitarbeiter zumailen. Am 16. Juni dieses Jahres übernahm dann der Dienstleister – von einem Tag auf den anderen – die gesamte Entgeltabrechnung.

Heute muss Heidke jeweils am Monatsende nur noch die ge-arbeiteten Stunden der Mitarbeiter per Excel-Tabelle an Exact

PREVIEW

_Flexibilität gewinnen: Wie durch Outsourcing fixe Kosten bei Aufgaben mit schwankender Auslastung angeglichen werden kön-nen_Wirtschaftlichkeitsanalyse: Wie herausgefunden werden kann, welcher HR-Prozess im Unternehmen wie viel kostet_Ent-scheidung für „Buy“: Welche Stolpersteine es bei der Planung und Umsetzung von HR-Outsourcing gibt_Service Level Agreement: Was ein Kontrakt zwischen Unternehmen und HR-Dienstleister be-inhalten muss_Ungeregelte Prozessverantwortung: Warum HR-Outsourcing trotz detaillierter Verträge dennoch häufig scheitert_Geduld muss sein: Weshalb für die Umsetzung von ausgelagerten Aufgaben viel Zeit einzuplanen ist

HR-Outsourcing flexibilisiert die Personalarbeit – wenn im Projekt alles richtig gemacht

wird: Nicht wenige Firmen holen zuvor ausgelagerte Prozesse nämlich wieder zurück

ins Unternehmen. Wie ist sicherzustellen, dass HR-Oursourcing erfolgreich verläuft?

Welche Stolpersteine gibt es, wie sind sie zu umgehen? manage_HR gibt Antworten.

Foto: MEV Verlag GmbH

weitergeben. „Statt einer Woche pro Monat beschäftigt mich die Abrechnung nur noch drei Stunden“, sagt die Prokuristin. Übergangsprobleme gab es kaum. Ausnahme: „Am Anfang habe ich der Dame bei Exact einen halben Roman geschrieben und alles erklärt“, lacht Heidke. Das Loslassen habe sie erst ler-nen müssen.

MEHR FLEXIBILITÄT DURCH OUTSOURCING

Mehr machen lassen – diese Strategie verbreitet sich zuneh-mend auch in Personalabteilungen. Der Trend zum Outsour-cing, in der Krise leicht abgeschwächt, hält unvermindert an. Status derzeit: 60 Prozent der deutschen Unternehmen haben ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung an einen Dienstleister aus-gelagert oder planen dies, so eine Studie des Karlsruher IT-Un-ternehmens Orga, bei der mehr als 400 Unternehmen befragt wurden. Zum Vergleich: 2003 waren es erst gut 40 Prozent. Und Experten beobachten, dass Outsourcing auch bei Rekru-tierung, Trainingsadministration und temporärer Personalent-wicklung (Beispiel: unternehmensweite Produktschulungen) auf dem Vormarsch ist.

Allerdings haben Auslagerungsprojekte heute oft eine andere Stoßrichtung als früher: „Das Ziel ist nicht mehr, die Beleg-schaft zu verkleinern, sondern Flexibilität zu gewinnen“, sagt Tim Weitzel, Professor an der Universität Bamberg. Als Beispiel nennt der Outsourcing-Experte den Fall Microsoft Deutsch-land: Das Unternehmen mit 2.200 Mitarbeitern kämpfte lange Zeit mit stark schwankendem Bewerbungseingang. Deshalb entschied es sich vor fünf Jahren, die Bearbeitung eingehender Bewerbungen auszulagern. Seitdem erfasst ein Dienstleister alle Papier- sowie E-Mail-Bewerbungen und leitet sie in einer standardisierten elektronischen Form direkt an die Fachab-teilungen weiter – innerhalb von weniger als einem Tag. „So konnten fixe Kosten variabilisiert werden“, erklärt Weitzel. An-ders gesagt: Microsoft muss in Boomzeiten keine zusätzlichen HR-Mitarbeiter einstellen, die später unausgelastet wären, son-dern bezahlt nur noch pro erfasste Bewerbermappe. Außerdem

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wird es möglich, die eigene Leistung mit der anderer Firmen und – für das Outsourcing entscheidend – externer Anbieter zu vergleichen. Beispiel: Kosten pro Gehaltsabrechnung und Mo-nat intern = 20 Euro; Preis eines Dienstleisters für die gleiche Leistung = 12 Euro.

Gerade dieses Benchmarking stellt für Mittelständler die größte Herausforderung dar, denn Vergleichs-Kennzahlen aus ande-ren Unternehmen sind schwer zu beschaffen. Zudem entspre-chen die Preise in den Angeboten der Dienstleister mitunter nicht den später tatsächlich gezahlten Beträgen. Noch schwie-riger wird die Rechnung, wenn verschiedene Outsourcing-Mo-delle zur Auswahl stehen – etwa externer Dienstleister versus internes Service Center. Deshalb engagieren viele Firmen für das Benchmarking ein spezialisiertes Beratungsunternehmen. Pflicht ist externe Hilfe allerdings nicht. Berater Stieger meint, dass Unternehmen ein Benchmarking grundsätzlich auch selbst stemmen können, wenn sie ein gutes Vorgehensmodell haben und z.B. eng mit dem Einkauf zusammenarbeiten.

VIELE FIRMEN SCHAUEN ZU SEHR AUF KOSTENVORTEILE

Liegen alle Daten auf dem Tisch, muss die Entscheidung fallen: Outsourcing ja oder nein. Experten beobachten, dass viele Fir-men dabei nicht völlig unvoreingenommen sind, sondern die Auslagerung wegen der geringeren Kosten im Kopf oft schon beschlossen haben – ein potenziell gefährliches Vorurteil. „Es sollte nicht nur darum gehen, die gleichen Dinge billiger ma-chen zu lassen“, betont Consultant Stieger. Die zweite Option – Abläufe verbessern und die Aufgaben weiter intern erledigen – sollte ebenfalls ernsthaft erwogen werden.

Entscheidet sich die Geschäftsführung dennoch gegen „Make“ und für „Buy“, bricht oft Hektik aus. In aller Eile wird ein Out-sourcing-Dienstleister ausgewählt, meist aus Pragmatismus ei-ner der fünf Branchengrößten, in der Hoffnung, damit werde alles glattgehen. Doch: „Größe allein garantiert nicht den Er-folg“, betont Tobias Neufeld von der Kanzlei Allen Overy LLP, Düsseldorf. Der Arbeitsrechtsexperte hat etliche Auslagerungs-projekte begleitet und kennt die Stolpersteine in Planung und Umsetzung: „Mitunter bildet die Vertragsdokumentation das Projekt nicht ausreichend ab, weil es an strukturiertem Input vom auslagernden Unternehmen fehlt“, beschreibt er, woran es oft hapert. Wer solche Kontrakte unreflektiert unterschreibt, hat eine schlechte Handhabe bei Störungen, warnt Neufeld.

WAS EIN OUTSOURCING-VERTRAG IN JEDEM FALL REGELN SOLLTE

Wie bei allen juristischen Vorgängen gilt auch beim Out-sourcing-Vertrag: Wer schreibt, der bleibt. Je detaillierter die Dienstgütevereinbarung (Service Level Agreement, SLA) aus-fällt, desto geringer das Risiko eines späteren Streits. Ausarbei-tungen mit einer Länge von 50 Seiten sind bei größeren Pro-jekten keine Seltenheit. Folgende Punkte sollte der Vertrag in jedem Fall regeln:

Leistungsbeschreibung: Hier ist Präzision bis ins Detail ge-fragt. Ein guter Outsourcing-Vertrag legt genau dar, welche Leistung vom wem bis wann geleistet werden muss und wie

konnte die gesamte Bearbeitungszeit einer Bewerbung von weniger als 30 Tagen im Durchschnitt auf neun Tage gesenkt werden.

WELCHE TÄTIGKEITEN KOSTEN WIE VIEL ZEIT?

Startpunkt für ein Auslagerungsprojekt ist in der Regel eine Wirtschaftlichkeitsanalyse. Bevor zum – vermeintlich günsti-geren – Dienstleister gewechselt wird, muss das Unternehmen schließlich herausfinden, zu welchem Preis die eigenen Mitar-beiter eine Leistung erbringen. Als Grundlage dient eine so-genannte Aktivitätsanalyse: Hierbei füllen die HR-Mitarbeiter einen Fragebogen aus, der erfasst, welche Tätigkeiten im Per-sonalressort wie viel Zeit benötigen. Das Ergebnis ist eine Liste, die zeigt, welche Anteile der Arbeitszeit auf Gehaltsab-rechnung, Bearbeitung der Urlaubsanträge, Betreuung von Ex-patriates etc. entfallen.

Was einfach klingt, hat allerdings seine Tücken. „Die erste Er-hebung entspricht oft nicht der Realität“, berichtet Bernhard Stieger vom Beratungsunternehmen Hewitt Associates, Wien. Er unterstützt Firmen bei Outsourcing-Projekten und kennt die Grenzen der Aktivitätsanalyse in der Praxis: „Meist ge-ben die HR-Mitarbeiter insgesamt eine zu hohe Kapazität an; außerdem wird der konzeptionelle Anteil der Arbeit über-betont.“ Die Lösung: Die ermittelten Stundenzahlen für be-stimmte Tätigkeiten werden mit Erfahrungswerten verglichen und auf- oder abgerundet.

Im zweiten Schritt sind die gesamten Kosten der Personalab-teilung auf die ermittelten Aktivitäten zu verteilen. Am Ende der Analyse ergibt sich dann eine Art Preisliste. Sie zeigt, wel-cher Prozess das Unternehmen wie viel Geld kostet. Dadurch

+ Kosten werden transparenter und sinken.+ Die Professionalität der Arbeit nimmt zu.+ Prozesse werden abgesichert (Beispiel: Wenn sich nur ein Mitarbeiter im Unternehmen um die Gehaltsabrechnung kümmert, steht bei dessen Ausfall alles still. Der Dienstleister hat in der Regel eine höhere Personaldecke).+ Expertise kommt hinzu (Beispiel: Gehaltsabrechnung für Auslandsmitarbeiter).+ Einkaufspreise sinken (Beispiel: Der Dienstleister kauft für mehrere Kunden Trainingsleistungen ein und erzielt so Mengenrabatte).

– Abhängigkeit vom Dienstleister (Beispiel: hohe Hürden für einen Wechsel).– Verlust von strategischem Know-how (Beispiel: Auslagerung von Rekrutierung und Personalentwicklung).– Die Bindung der Mitarbeiter zur HR-Abteilung wird ge-schwächt, da es weniger persönliche Kontakte gibt.

Quelle: Hewitt, eigene Recherchen

OUTSOURCING: DIE VOR- UND NACHTEILE

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mit Mängeln zu verfahren ist. Läuft ein Projekt über längere Zeit, muss es Meilensteine geben – sowie Sanktionen, falls sie nicht erreicht werden, z.B. Ver-tragsstrafen.

Kontrollinstanz: Hier lauten die entscheidenden Fragen: Wer überprüft, ob der Dienstleister auch wirklich seine Aufgabe erfüllt? Und was passiert, wenn es darüber Unstimmigkeiten gibt? In letzte-rem Fall könnte beispielsweise ein Sachverständiger bei der örtlichen IHK als Schiedsperson bestimmt werden.

Change-Management: Ist das Outsourcing auf länge-re Zeit angelegt, kann es im auslagernden Unterneh-men Veränderungen geben, z.B. durch zusätzliche Einstellungen oder durch einen Wechsel im internen Computersystem. Der Umgang mit solchen Eventua-litäten muss im Vertrag berücksichtigt werden.

Kosten: Ein typischer Reibungspunkt: Der Dienst-leister lässt sich auf Stundenbasis bezahlen, braucht dann aber länger als angenommen für seine Aufga-be. Hier können Deckelungen verhindern, dass die Kosten aus dem Ruder laufen. Umgekehrt wird der Dienstleister eine Pauschalabgeltung scheuen, wenn das Projekt nicht ausreichend definiert ist.

VIELE FIRMEN SCHEITERN AN DER UMSETZUNG

Selbst sorgfältiges Benchmarking und detaillierte Verträge garantieren aber noch keinen Outsour-cing-Erfolg. Sogar bei der externen Gehaltsabrech-nung, nicht selten von HR-Verantwortlichen als „niedrig hängendes Obst“ verspottet, ist ein Erfolg keineswegs garantiert. Zahlen beweisen das: Rund ein Drittel aller Unternehmen ist mit der Leistung ihres Providers nicht oder nur teilweise zufrieden, ergab die aktuelle Orga-Studie.

Wo liegt die Haupt-Fehlerquelle? Auf diese Fragen kennen alle Experten nur eine Antwort: in der Um-setzung. „Die meisten Unternehmen denken, das sei nichts Dolles“, sagt Berater Stiegler. Die Folge: Wichtige Aufgaben beim Outsourcing werden ver-nachlässigt. So informieren viele Unternehmen den Betriebsrat nicht schon in der Planungsphase – wie es Experten empfehlen –, sondern erst, nachdem die Outsourcing-Entscheidung gefallen ist. Oder das Management vergisst, dass die Verantwortung für den Prozess weiter im Haus bleiben und von der verbleibenden HR-Mannschaft getragen werden muss.

Genau an dieser Stelle knirscht es in vielen Out-sourcing-Projekten. „Es muss eine Kernmannschaft zurückbleiben, die den Dienstleister überwacht“, empfiehlt Experte Tim Weitzel. Die Grundregel: Nach der Auslagerung sollte genug Wissen im Haus verbleiben, um die Aufgabe theoretisch selbst zu

erledigen. So können Abhän-gigkeitsängste gar nicht erst aufkommen, betont Weitzel. Selbst große Unternehmen müssen diese Lektion mitun-ter erst lernen: So hatte die Deutsche Bank vor einigen Jahren im Zuge einer Ausla-gerung ihre EDV-Abteilung von mehr als 1.000 auf neun Mitarbeiter zurückgefahren; später wurde das interne Team wieder auf 65 Personen aufgestockt.

DER ZEITAUFWAND WIRD UNTERSCHÄTZT

Ebenfalls häufig unterschätzt wird der Zeitaufwand. Dass HR-Outsourcing in der Um-setzung viel Geduld verlangt, musste z.B. Areva NP aus Erlangen erfahren. Das Kern-technikunternehmen wuchs in den vergangenen Jahren so stark, dass einige Personaler 70 Prozent ihrer Zeit allein mit Rekrutierung beschäf-tigt waren. Zusätzlich noch Urlaubsanträge oder Krank-meldungen zu bearbeiten, war fast unmöglich. Deshalb wagte Areva NP den harten Schnitt: Die gesamte Perso-nalverwaltung wurde vor zwei Jahren an den Dienstleister TDS ausgelagert, also auch die Rekrutierung: Jobsucher können sich bei dem Unter-nehmen nur noch über ein

Internetportal bewerben. Die Personaler im Haus sichten die Unterlagen am Bild-schirm, führen Bewerbungsgespräche, wählen die passenden Kandidaten aus. Ist die Entscheidung getroffen, produ-ziert das TDS-System auf Knopfdruck den fertigen Vertrag. Auch um viele andere Dinge, die der neue Mitarbeiter braucht, kümmert sich der Dienstleister: PC, Ausweis, Meldung bei der Sozialver-sicherung etc.

Volle zwei Jahre hat Areva NP gebraucht, um sich von der gesamten Personalver-waltung zu befreien. Dennoch würde sich Personalchef Peter Nünning noch mehr Zeit nehmen, wenn er das Projekt noch einmal starten könnte: „Mit der Brechstange bringen Sie so etwas nicht durch“, sagt er. Manche Mitarbeiter emp-fänden schon einfache Neuerungen als belastend – etwa, wenn der Urlaubsan-trag statt auf Papier am Bildschirm aus-gefüllt wird.

Und was ist, wenn das Outsourcing-Projekt trotz aller Geduld scheitert? Schließlich berichten Insider hinter vor-gehaltener Hand von reihenweisen Rück-verlagerungen. Wissenschaftler Weitzel beurteilt diese Berichte vorsichtig. „Was bedeutet gescheitert?“, wägt er ab. Wer-de eine bestimmte Aufgabe nach fünf Jahren ins Unternehmen zurückgeholt, sei dies nicht unbedingt als Fehlschlag zu werten. Weitzel: „Es gab zumindest zwei Chancen, dass der Prozess verbes-sert wurde: durch das Outsourcing und durch das Zurückholen der Aufgaben in den Betrieb.“

Constantin Gillies ||

… wenn Teilprozesse ausgelagert werden … wenn externe mit internen Angeboten verglichen werden… bei kürzeren Vertragslaufzeiten… mit sehr detaillierten Verträgen … wenn der Anbieter Größeneffekte ausnutzen kann … wenn Prozesse ausgelagert werden, die beim Kundenunternehmen als nicht kritisch gelten … wenn Service Levels regelmäßig neu verhandelt werden … wenn gegenseitige Leistungserwartungen explizit formuliert werden

Quelle: Prof. Tim Weitzel, Universität Bamberg

BEST PRACTICE: OUTSOURCING WIRD EIN ERFOLG …

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DIE RICHTIGEN RAHMENBEDINGUNGEN SCHAFFENZUSAMMENARBEIT VON PERSONALABTEILUNG UND BETRIEBSRAT

Foto: Ojo Images

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Wird im Unternehmen der Betriebsrat neu gewählt, kommen auf die Personaler neue

Aufgaben zu. Denn mit dem Start in die Amtsperiode müssen die Rahmenbedingungen

für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Personalabteilung und Arbeitnehmer-

vertretung abgesteckt werden. Zu klären sind Themen wie Freistellung und Weiterbil-

dung für die Betriebsratsmitglieder. Wie sieht die Rechtslage aus? Welchen Handlungs-

spielraum haben die Personaler? Arbeitsrechtler René von Wickede mit einem Überblick.

PREVIEW

_Gefahr durch Komplettfreistellung: Wa-rum Unternehmen qualifizierte Mitarbeiter an den Betriebsrat verlieren können_Dro-hender Missbrauch: Weshalb Personaler auf Arbeitsbefreiungen von Betriebsrats-mitgliedern wenig Einfluss nehmen können _Auffrischungen im Arbeitsrecht: Wel-che Schulungen Betriebsratsmitgliedern zu gewähren sind_Personalausstattung bei viel Arbeit: Wann dem Betriebsrat eine ei-gene Schreibkraft zugeteilt werden muss_Schwammige Rechtsbegriffe: Warum das Gesetz zur Verhinderung von Karrierebarrie-ren für Betriebsratsmitglieder nicht weiter-hilft

Foto: Ojo Images

KOMPLETTFREISTELLUNG VON BETRIEBSRATSMITGLIEDERN

Die rechtliche Lage:Unternehmen mit mindestens 200 Mit-arbeitern sind gesetzlich verpflichtet, Betriebsratsmitglieder komplett von ihrer Arbeit freizustellen. Die Zahl der Mindestfreistellungen ist ebenfalls im Gesetz geregelt. So bestimmt § 38 Abs.1 S. 1 BetrVG, dass in Betrieben mit 200 bis 500 Arbeitnehmern mindestens ein Betriebsratsmitglied vollständig von sei-ner beruflichen Tätigkeit freizustellen ist. Ein besonderes Erfordernis ist hier-für nicht nachzuweisen. In Betrieben mit 501 bis 900 Arbeitnehmern sind zwei Betriebsratsmitglieder komplett von ih-rer Arbeit freizustellen. Verfügt ein Be-

trieb über mehr Arbeitnehmer, sieht das Gesetz weitere Staffelungen vor. Im Rah-men der Staffelungen werden hinsicht-lich der Betriebsgröße Leiharbeitnehmer nicht berücksichtigt – selbst wenn sie wahlberechtigt sind. Ergo besteht in ei-nem Betrieb, der von 250 Beschäftigten 60 Leiharbeitnehmer beschäftigt, noch kein Freistellungsanspruch.

Bedeutung für die Personalpraxis:Je nachdem, wer vom Betriebsrat ausge-wählt wird, kann die Freistellung das Un-ternehmen hart treffen – z.B. wenn ein Mitarbeiter freigestellt werden soll, der in einem wichtigen Projekt mitarbeitet und aufgrund seines speziellen Know-hows schlecht zu ersetzen ist. Sieht das Unternehmen seine Interessen nicht ge-wahrt – etwa weil durch die Freistellung wichtige Projekte gefährdet werden –, kann es innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses die Eini-gungsstelle anrufen (zum Einigungsstel-lenverfahren siehe Kasten, S. 34). Diese entscheidet darüber, ob die Freistellung im konkreten Fall sachlich vertretbar ist.

TEILFREISTELLUNGEN BZW. FREISTELLUNG VON TEILZEITKRÄFTEN

Die rechtliche Lage:Nach § 38 BetrVG sind auch Teilfrei-stellungen zu gewähren: Vollzeitkräfte müssen auf Wunsch teilweise freigestellt werden. Für den Arbeitgeber kann es

aber auch bedeuten, dass er Teilzeitbe-schäftigte vollständig oder teilweise frei-zustellen hat.

Bedeutung für die Personalpraxis:Der Arbeitgeber verliert unter Umstän-den einen Teilzeitbeschäftigten komplett als Arbeitskraft. Da dies nicht in seinem Interesse liegen kann, sollte sich die Per-sonalabteilung mit dem Betriebsrat im Vorfeld beraten und mit diesem abspre-chen, zu welchen Zeiten Teilfreistellun-gen unter Berücksichtigung betrieblicher Belange durchgeführt werden können.

ARBEITSBEFREIUNG VON BETRIEBSRATSMITGLIEDERN

Die rechtliche Lage:Unabhängig von der Mindestfreistellung sieht das Gesetz in § 37 Abs. 2 BetrVG vor, dass jedes einzelne Betriebsratsmit-glied die Möglichkeit hat, zeitweise von seiner Arbeit entbunden zu werden, um „ordnungsgemäße“ Betriebsratsarbeit zu erledigen. So kann sich ein Betriebsrats-mitglied von der Arbeit freistellen las-sen, um an Betriebsratssitzungen und an Sitzungen von Betriebsratsausschüssen teilzunehmen. Darüber hinaus können Mitglieder des Betriebsrats während ih-rer Arbeitszeit Kollegen aufsuchen, wenn diese mit ihnen über Probleme hinsicht-lich der Arbeitsbedingungen oder über Konflikte mit Vorgesetzten sprechen möchten. Auch dürfen Betriebsratsmit-

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glieder an Anhörungsterminen im Beschlussver-fahren teilnehmen. Es handelt sich hierbei um eine besondere Verfahrensart vor dem Arbeitsgericht, bei dem u.a. Angelegenheiten aus dem Betriebsver-fassungsgesetz vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden. Was im Einzelnen zur ordnungsgemäßen Betriebsratsarbeit zählt, ergibt sich aus dem Be-triebsverfassungsgesetz, aus Tarifverträgen und aus den jeweiligen Betriebsvereinbarungen.

Wenn die Mitarbeiter ihrer Betriebsratsarbeit nach-gehen wollen, müssen sie sich bei ihrem Vorgesetzten abmelden und bei Rückkehr wieder zurückmelden, sie brauchen aber keine förmliche Zustimmung des Arbeitgebers. Sie müssen nicht einmal stichwortar-tig mitteilen, welcher Art Betriebsratstätigkeit sie nachgehen wollen. Auch kann die Ab- und Anmel-dung mündlich und durch Dritte erfolgen; entschei-dend ist, dass der Arbeitgeber sich auf das Fehlen einstellen kann. Vorgesetzte und Personaler haben kein Recht, vorab zu prüfen, ob die Freistellung be-rechtigt ist. Das wäre auch kaum möglich, denn das Gremiumsmitglied benötigt nicht unbedingt einen Betriebsratsbeschluss, um seine Arbeitsfreistellung wahrzunehmen. Vielmehr betont das Bundesar-beitsgericht, dass ein Betriebsratsmitglied sein Amt in eigener Verantwortung wahrnimmt.

Bedeutung für die Personalpraxis:Dass hier Missbrauch möglich ist, liegt auf der Hand. So geschehen in einem Fall, den das Landes-arbeitsgericht Berlin zu entscheiden hatte: In einem Betrieb, in dem nur 110 Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt waren und somit eine Mindestfreistel-lung nach § 38 Abs. 1 BetrVG nicht in Frage kam, hatte die Betriebsratsvorsitzende „über einen Zeit-raum von mehreren Jahren an keinem einzigen Ar-beitstag ... ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleis-tung erbracht“, stets mit dem pauschalen Hinweis, sie müsse erforderliche Betriebsratstätigkeiten erle-digen. In solch einem Fall bleibt dem Unternehmen nur, seine Zweifel an der Erledigung der ordnungs-gemäßen Betriebsratstätigkeiten mit einem entspre-chenden Gehaltsabzug zu begegnen. Natürlich aber sollte es Anliegen des Arbeitgebers sein, es erst gar nicht zu einem Missbrauch kommen zu lassen. Es ist ihm allerdings nicht möglich, eine persönliche Ab- und Anmeldepflicht der Mitarbeiter durchzusetzen, da die Abmeldung auch durch Dritte wahrgenom-men werden kann.

WEITERBILDUNG VON BETRIEBSRATSMITGLIEDERN

Die rechtliche Lage:Betriebsratsmitglieder haben nach § 37 Abs. 6 Be-trVG Anspruch auf Teilnahme an Schulungsver-anstaltungen, wenn es zur ordnungsgemäßen Er-ledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich ist. Schulungen, die allgemeine Grundkenntnisse

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des Arbeitsrechts, insbesondere der Betriebsverfassung, vermitteln, dürfen Personaler nicht verweigern. Betriebs-ratsmitgliedern steht das Recht zu, sich dieses Wissen anzueignen und es von Zeit zu Zeit aufzufrischen; es handelt sich um einen sogenannten kollektiven Anspruch des Betriebsrates. Die Be-triebsratsmitglieder benötigen auch kei-nen Nachweis, der zeigt, dass die Schu-lung erforderlich ist. Veranstaltungen, in denen Spezialkenntnisse vermittelt werden, sind vom Arbeitgeber indes nur dann hinzunehmen, wenn in naher Zu-kunft Aufgaben anstehen, für die dieses Wissen relevant ist. Ein Mitarbeiter, der im Betriebsrat ist, kann z.B. ein Seminar zum Thema Mobbing buchen, wenn es für die Arbeit des Betriebsrats erforder-lich ist – etwa dann, wenn ein aktueller konkreter Handlungsbedarf dargelegt werden kann. Allerdings sollte immer danach gefragt werden, wie viele Mitar-beiter das Seminar besuchen möchten, denn es ist grundsätzlich nicht nötig, dass mehrere oder alle Betriebsratsmit-glieder an einer Schulung teilnehmen, die Spezialkenntnisse vermittelt. Zudem muss der Mitarbeiter vom Betriebsrats-gremium für die Schulung ausgewählt werden. Fehlt es an einem entsprechen-den Beschluss, ist das Betriebsratsmit-glied nicht berechtigt, an der Schulung teilzunehmen.

Bedeutung für die Personalpraxis:Insbesondere hinsichtlich Seminaren, in denen spezielles Wissen vermittelt wird, ist im Einzelfall fraglich, ob eine

DER AUTOR: Dr. René von Wickede ist Anwalt für Arbeitsrecht. Seit 2010 ist er bei der Pflüger Rechtsanwälte GmbH, Frankfurt/M., tätig, die seit knapp 20 Jahren u.a. komplexe Restrukturierungen in Unternehmen rechtlich begleitet und die unterschiedlichen Interessenlagen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern genau kennt. Kontakt: [email protected]

Schulung tatsächlich notwendig ist. Per-sonaler sollten die Betriebsratsmitglie-der auf alle Fälle auf die beschriebenen Regelungen hinweisen, um Missbrauch zu vermeiden. Ein Mitarbeiter wird es kaum wagen, ohne Zusage seines Ar-beitgebers an einer Schulung teilzuneh-men, da er so Gehaltskürzungen riskiert, die er im sogenannten Urteilsverfahren wieder einklagen müsste. Außerdem kann der Mitarbeiter vom Veranstalter für die Unterbringungs-, Verpflegungs- und Schulungskosten in die Pflicht ge-nommen werden. Gibt es Streitigkeiten, ob der Mitarbeiter zwecks Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung befreit werden darf oder nicht, mithin ob die rechtlichen Voraussetzungen des Schu-lungsanspruchs bestehen, muss eine Ent-scheidung im Beschlussverfahren getrof-fen werden. Der Betriebsrat kann hierzu das Arbeitsgericht anrufen. Oder aber der Arbeitgeber ruft die Einigungsstelle an, wenn der Termin der Bildungsver-anstaltung der betrieblichen Notwen-digkeit zuwiderläuft – etwa weil wichtige Projekte behindert werden oder weil das Unternehmen gerade eine erhöhte Auf-tragslage hat.

Bei Schulungen, die dem Betriebsrats-mitglied gewährt werden müssen, ist dem Unternehmen in der Regel daran gelegen, die Teilnahmekosten möglichst gering zu halten. Personaler sollten sich daher an der Suche nach einem Semi-naranbieter beteiligen und z.B. ortsnahe Anbieter vorschlagen. Zudem können sie Vorgaben machen – etwa, dass die

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Kosten für die Nutzung von Wellness-Angeboten im Hotel vom Mitarbeiter selbst getragen werden müssen. Da der Betriebsrat aufgrund des Verhält-nismäßigkeitsgrundsatzes auf die Kostenbelastung für das Unternehmen achten muss, ist die Wahr-scheinlichkeit hoch, dass er auf die Vorschläge des Arbeitgebers eingeht.

ARBEITSMITTEL FÜR BETRIEBSRATSMITGLIEDER

Die rechtliche Lage:Für das Unternehmen bleibt es nicht dabei, Schulungen sowie Gremienarbeit des Betriebsrats zu finanzieren, es muss auch dessen Arbeitsmittel bezahlen: Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die erforderliche Sach- und Personalausstattung zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehören angemessene Büro- und Sitzungsräume sowie Schreibkräfte, die Hilfstätigkeiten für die Arbeitnehmervertretung erledigen. Auch die Kosten für Fachliteratur – insbesondere die einschlä-gigen Kommentare zum Betriebsverfassungsgesetz – muss das Unternehmen übernehmen. In welchem Umfang Büropersonal zur Verfügung gestellt werden muss, ist in erster Linie vom Arbeitsaufwand im Gremium abhängig. Lässt sich die Arbeit mit den im Betrieb beschäftigten Schreibkräften in angemes-sener Weise erledigen – und das ist insbesondere in kleineren Unternehmen meist der Fall – braucht dem Gremium keine eigene Schreibkraft zugewiesen werden. Der Anspruch des Be-triebsrats auf Informations- und Kommunikationstechnik ist im Gesetz hingegen verankert. Das Bundesarbeitsgericht hat dem Betriebsrat das Recht zugesprochen, über ein betriebliches Intranet unzensiert Informationen an die Belegschaft weiter-zugeben, da die laufende Unterrichtung der Belegschaft eine Aufgabe der laufenden Geschäftsführung des Betriebsrats sei.

Bedeutung für die Personalpraxis:Um müßige und langwierige Streitfragen zu vermeiden, ist auch hier wieder eine gute Zusammenarbeit der Betriebspar-teien Voraussetzung. Sie sollten sich möglichst früh darüber verständigen, in welchem Umfang der Betriebsrat mit Sachmit-teln und Personal auszustatten ist.

WIRTSCHAFTLICHE ABSICHERUNG DER BETRIEBSRATSMITGLIEDER

Die rechtliche Lage:Um Karrierebarrieren für Betriebsratsmitglieder zu verhindern – aufgrund ihrer Tätigkeit für die Interessensvertretung kommt es naturgemäß zu einer gewissen Vernachlässigung ihrer ver-traglichen Arbeitsaufgaben –, hat der Gesetzgeber die Vergü-tung der Gremiumsmitglieder an die Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung gekoppelt. Wörtlich heißt es in § 37 Abs. 4 BetrVG: „Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf ... nicht geringer bemes-sen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung.“

Bedeutung für die Personalpraxis:Die Bestimmung lässt Spielraum für Interpretationen: Wer ist ein vergleichbarer Arbeitnehmer? Und welcher der ver-gleichbaren Arbeitnehmer weist zudem eine betriebsübliche Entwicklung auf? Die schwammigen Rechtsbegriffe machen es den Betriebspartnern nicht einfach, eine gesetzesgemäße Vergütung festzuschreiben. Den Betriebsparteien ist deshalb zu empfehlen, unverzüglich nach der Neuwahl des Gremiums festzulegen, welches Betriebsratsmitglied mit welchem Arbeit-nehmer hinsichtlich der Vergütung zu koppeln ist.

Dr. René von Wickede ||

Es ist quasi ein ungeschriebenes Gesetz: Zu Beginn der Amtsperiode sollten sich Personalabteilung und Betriebsrat über mögliche Konfliktpunkte verständi-gen und Einigungen erzielen. Im Betriebsalltag zeigt sich jedoch häufig, dass manche Abmachungen nicht greifen oder bestimmte Probleme nicht berücksichtigt wurden. Immer wieder gibt es Dis-senspunkte, die auch nach intensiven Beratungen nicht überwindbar sind. Sie müssen allerdings nicht ungelöst bleiben. Laut § 76 Abs. 6 BetrVG kann ein freiwilliges Einigungsstellenverfahren eröffnet werden. Es kann hinsichtlich aller Angelegenheiten durchgeführt werden, die den Zuständigkeitsbe-reich des Betriebsrats betreffen und für die das Betriebsverfassungsgesetz kein verbindliches Einigungsstellenverfahren vorsieht. Voraussetzung für das freiwillige Einigungsstellenverfahren ist, dass es vom Betriebsrat und vom Arbeitgeber gemeinsam beantragt wird. Die beiden Parteien müssen im Vorfeld versichern, dass sie das, was die freiwillige Einigungsstelle entscheidet, anerken-nen. Ansonsten ist der „Spruch“ der Einigungsstelle nicht verbindlich. Möglich ist aber auch, dass beide Seiten die Entscheidung der Einigungsstelle nachträglich anerkennen.

Arbeitgeber und Betriebsrat müssen nicht zwangsläufig zu diesem Mittel der Streitschlich-tung greifen. Sie können aber vereinbaren – und dies am besten schriftlich festhalten –, dass die Einigungsstelle angerufen werden kann, wenn die freien Beratungen und Verhandlungen der angesprochenen Themen nicht in einem Zeitraum von z.B. vier Wochen zu einer einvernehmlichen Regelung geführt haben.

Das freiwillige Einigungsstellenverfahren ist allerdings nur zu den Angelegenheiten eröffnet, über die der Betriebsrat rechtlich disponieren kann. Dementsprechend können etwa individuelle Vergütungsansprüche nicht rechtsverbindlich in der Einigungsstelle geregelt werden. Möglich ist wie-derum, dass der Einigungsstellenvorsitzende eine Empfehlung zu der Angelegenheit ausspricht.

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