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U nternehmensziele und Nachhaltig- keitsziele sind nicht grundsätzlich verschieden, denn das Unterneh- mertum ist aus den ureigenen Interessen nachhaltig“, sagt Heiko Meinen, der an der Hochschule Osnabrück Betriebswirtschaft im Bauwesen lehrt. Schließlich habe die Nachhaltigkeit ihren Ursprung nicht in der Ökobewegung sondern im wirtschaftli- chen Denken. Erst wenn sich das Unter- nehmertum ausbeuterisch verhält, driften die Ziele auseinander. Etwa wenn es Res- sourcen komplett verbraucht und danach abwandert. Daher spielen Heimat- und Standortverbundenheit mit hinein, sollte sich ein Unternehmen für nachhaltiges Wirtschaften entscheiden. Selbst oder ge- rade wenn ein langjähriges Unternehmen nur wenig Gewinn abwerfe – was in der GaLaBau-Branche nicht untypisch ist –, könne es einen hohen Unternehmenswert produzieren, führt Meinen aus. „Denn Kon- tinuität bringt Wert auch bei geringem Ge- winn und Kontinuität ist nachhaltig.“ Um herauszufinden, ob und wie sich Nachhaltigkeitsfaktoren auf den Erfolg aus- wirken, befragte Meinen im letzten Jahr 30 kleine mittelständische Bauunterneh- men. Dafür legten die Betriebe ihre ökono- mischen Messzahlen offen, wie Umsatz, Gewinn und Eigenkapital, ebenso soziale Kennzahlen wie Fluktuation, Krankheitstage, MANAGEMENT Lohnt sich nachhaltige Unternehmensführung? Nachhaltige Unternehmen sind oft erfolgreicher. Es lohnt sich also, in Nachhaltigkeit zu investieren! So das gekürzte Fazit aus der Befragung von Bauunternehmen, die Heiko Meinen von der Hochschule Osnabrück erstellte. Doch: Wann ist ein Unternehmen nachhaltig? Wie lässt sich Nachhaltigkeit messen und, ebenso wichtig, welche Faktoren kann man beeinflussen? | Online-Inhalte S.26 Prof. Heiko Meinen Bild: Korge 22 9/2016 BRANCHENBLICK TITELTHEMA

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  • Unternehmensziele und Nachhaltig-keitsziele sind nicht grundsätzlich verschieden, denn das Unterneh-mertum ist aus den ureigenen Interessen

    nachhaltig“, sagt Heiko Meinen, der an der

    Hochschule Osnabrück Betriebswirtschaft

    im Bauwesen lehrt. Schließlich habe die

    Nachhaltigkeit ihren Ursprung nicht in der

    Ökobewegung sondern im wirtschaftli-

    chen Denken. Erst wenn sich das Unter-

    nehmertum ausbeuterisch verhält, driften

    die Ziele auseinander. Etwa wenn es Res-

    sourcen komplett verbraucht und danach

    abwandert. Daher spielen Heimat- und

    Standortverbundenheit mit hinein, sollte

    sich ein Unternehmen für nachhaltiges

    Wirtschaften entscheiden. Selbst oder ge-

    rade wenn ein langjähriges Unternehmen

    nur wenig Gewinn abwerfe – was in der

    GaLaBau-Branche nicht untypisch ist –,

    könne es einen hohen Unternehmenswert

    produzieren, führt Meinen aus. „Denn Kon-

    tinuität bringt Wert auch bei geringem Ge-

    winn und Kontinuität ist nachhaltig.“

    Um herauszufinden, ob und wie sich

    Nachhaltigkeitsfaktoren auf den Erfolg aus-

    wirken, befragte Meinen im letzten Jahr

    30 kleine mittelständische Bauunterneh-

    men. Dafür legten die Betriebe ihre ökono-

    mischen Messzahlen offen, wie Umsatz,

    Gewinn und Eigenkapital, ebenso soziale

    Kennzahlen wie Fluktuation, Krankheitstage,

    MANAGEMENT

    Lohnt sich nachhaltige Unternehmensführung?Nachhaltige Unternehmen sind oft erfolgreicher. Es lohnt sich also, in Nachhaltigkeit zu

    investieren! So das gekürzte Fazit aus der Befragung von Bauunternehmen, die Heiko Meinen von

    der Hochschule Osnabrück erstellte. Doch: Wann ist ein Unternehmen nachhaltig? Wie lässt sich

    Nachhaltigkeit messen und, ebenso wichtig, welche Faktoren kann man beeinflussen?

    | O n l i n e - I n h a l t e S. 2 6

    Prof. Heiko Meinen

    Bild

    : Kor

    ge

    22 9/2016

    B R A N C H E N B L I C KT I T E LT H E M A

  • auch zukünftig erneuern kann und wettbe-

    werbsfähig bleibt. „Eine hohe Fluktuation

    ist nicht nachhaltig, das bedeutet unzufrie-

    dene Mitarbeiter oder eine Hire-and-Fire-

    Mentalität. Keine Fluktuation ist hingegen

    auch schlecht, da es zur Überalterung des

    Unternehmens führt“, erklärt Meinen. Er

    ermittelte das Innovationspotenzial als Dif-

    ferenz aus neuen Mitarbeitern und denen,

    die das Unternehmen verlassen. „Ist die Zahl

    über null, ist es gut.“ Durch die wachsende

    Mitarbeiterzahl erlangt der Betrieb nicht nur

    neues Wissen, sondern insgesamt auch

    mehr Wissen. Verlassen 9 % der Mitarbeiter

    den Betrieb und kommen im selben Jahr

    9,9 % neue dazu, beziffert sich das Innova-

    tionspotenzial für die Nachhaltigkeit auf 0,9,

    so seine Beispielrechnung.

    Nachhaltige Unternehmen sind immer

    auch Ausbildungsbetriebe, so ein weiteres

    Ergebnis der Studie. Je mehr Auszubildende,

    umso nachhaltiger agiert der Betrieb. Auch

    für das Ausbildungsniveau gilt: je höher,

    desto nachhaltiger – das Optimum liegt je-

    doch nie bei 100 %: Ein zu hohes Bildungs-

    niveau birgt hohe Kosten für den Betrieb,

    der eine Bildungsmischung braucht, um

    seine Mitarbeiter optimal für die zu erledi-

    genden Arbeiten einzusetzen; gerade im

    GaLaBau, der auch weniger komplexe Tä-

    tigkeiten beinhaltet.

    Bildungsniveau und Altersstruktur sowie

    den Energieverbrauch als Vergleichszahl für

    die Umwelt. Ähnlichkeiten und Vergleiche

    zwischen den Betrieben ermittelte Meinen

    über eine Clusteranalyse/Ballungsanalyse.

    Das Ergebnis zeigt, dass Unternehmen, die

    in der Summe aller Kriterien nachhaltiger

    sind, zugleich auch mehr Erfolg haben. „Es

    gibt keine direkte Schlussfolgerung, aber

    nachhaltige Unternehmen haben mehr Kon-

    tinuität, stellen viele Mitarbeiter ein, erfah-

    ren eine laufende Erneuerung, haben gerin-

    gere Fehltage und eine breite Altersstruk-

    tur“, resümiert Meinen. Die nachhaltigen

    Betriebe erwirtschaften im Durchschnitt

    eine um 4 bis 5 % höhere Umsatzrendite, so

    eines der Resultate der Befragung aus dem

    Jahr 2015. Außerdem zeichnen sich diese

    Betriebe durch eine hohe Energieeffizienz

    bei den Maschinen aus und durch eine hohe

    Eigenkapitalquote.

    INNOVATIONSPOTENZIAL AN FLUKTUATION GEKOPPELT

    Spannend an der Befragung sind außerdem

    die Faktoren, die Meinen nur indirekt ermit-

    teln konnte, über Rückschlüsse aus anderen

    Kennzahlen. Das Innovationspotenzial etwa,

    das mit der Fluktuationsquote zusammen-

    hängt. Es zeigt an, ob das Unternehmen sich

    N AC H H A LT I G K E I T INFO Woher stammt der Begriff und was verstehen wir darunter?

    Das Prinzip der Nachhaltigkeit kommt ur-

    sprünglich aus der Forstwirtschaft, als Be-

    gründer gilt Hans Carl von Carlowitz. Der

    Oberberghauptmann aus Sachsen formu-

    lierte vor über 200 Jahren die Idee, nur so

    viel Holz zu schlagen, wie durch Aufforstung

    nachwachsen kann. Hintergrund war, dass

    der Rohstoff Holz immer knapper wurde, da

    man diesen nicht nur zum Bauen brauchte,

    sondern auch zum Heizen, Kochen und für

    viele vorindustrielle Prozesse. Von Carlowitz

    initiierte mit seinem Prinzip die planmäßige

    Waldbewirtschaftung mit konsequenter

    Aufforstung, wie sie auch heute noch zum

    Erhalt des Waldes in § 11 des deutschen

    Bundeswaldgesetzes verankert ist.

    Ein weltweiter Diskurs über eine nachhalti-

    ge Entwicklung entstand erst nach Veröf-

    fentlichung des Zukunftsberichts der Ver-

    einten Nationen (UN) im Jahr 1987. Der

    sogenannte „Brundtland-Bericht“ (benannt

    nach der damaligen norwegischen Minis-

    terpräsidentin, die die Expertenkommission

    leitete) formulierte mit der „Generationen-

    gerechtigkeit“ erstmals ein Leitbild, das

    Basis wurde für sämtliche globalen Politik-

    strategien: Die Bedürfnisse der Gegenwart

    dürfen dabei nicht die ökologischen Gren-

    zen der Erde sprengen, um spätere Gene-

    rationen nicht zu gefährden.

    In diesem Zusammenhang entstand auch

    das Dreisäulenmodell der Nachhaltigkeit, das

    gleichermaßen auf ökologischen, wirtschaft-

    lichen und sozialen Zielen basiert: Gemäß

    dieser Theorie ist eine Gesellschaft nur durch

    das gleichzeitige und gleichberechtigte Um-

    setzen dieser drei Faktoren nachhaltig und

    damit leistungs- und zukunftsfähig.

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    Neuvorstellung auf der GaLaBau

  • „Teilweise widersprechen sich auch Krite-

    rien, daher kann kein Betrieb 100 % nach-

    haltig sein“, sagt Meinen. Eine hohe Konti-

    nuität, etwa eine lang andauernde Betriebs-

    zugehörigkeit und kaum Fluktuation, zeugen

    von einem guten Betriebsklima und nach-

    haltigen Unternehmen. Die beiden Faktoren

    stehen aber im Widerstreit mit dem Inno-

    vationspotenzial. Für die Studie bedeutet

    das ein Abwägen: „Als 100-Prozent-Marke

    wird immer das beste Unternehmen in Be-

    zug auf das jeweilige Kriterium erachtet“,

    erläutert Meinen die Analyse.

    FAZIT DER STUDIE

    Ein grundlegendes Fazit aus der Studie aber

    steht: Betriebe, die die ermittelten Nachhal-

    tigkeitsaspekte ausgewogen und nicht nur

    einseitig berücksichtigen, sind stabil und

    erfolgreich. Leider gebe es aber keinen di-

    rekten Rückschluss, welche Kriterien ein

    Unternehmen verbessern muss, um erfolg-

    reicher zu werden. Dafür sei die Datenmen-

    ge noch zu gering, sagt Meinen. So kann die

    Studie bisher auch keine Aussage zur Inklu-

    sion machen. Nur in wenigen der befragten

    Betriebe arbeiten Schwerbehinderte. Das

    erklärt im Diagramm (Bild oben) den Linien-

    schwenk zur Mitte hin.

    Um mehr Daten zu erhalten und zugleich

    einen Nutzen für interessierte Unternehmen

    zu schaffen, bietet die Hochschule Osna-

    brück einen Selbsttest zur Nachhaltigkeit

    für Bauunternehmen an. „Die Betriebe kön-

    nen sich vergleichen mit dem Mittelwert der

    beteiligten Betriebe und mit dem besten,

    dem nachhaltigsten Unternehmen“, be-

    schreibt Meinen die Onlinebefragung, die

    aus 17 Fragen besteht und etwa 10 bis

    20 min dauert (hier geht’s zur Umfrage: Web-

    code dega3139).

    NACHHALTIGKEITSMARKETING BIRGT CHANCE

    Meinen gründete Anfang des Jahres das

    Institut für nachhaltiges Wirtschaften in der

    Bau- und Immobilienwirtschaft (inwb), das

    sich hauptsächlich dem betriebswirtschaft-

    lichen Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit widmet.

    Gerade für die grüne Branche erachtet er

    das Nachhaltigkeitsmarketing als zentral,

    dessen Chance der GaLaBau gar nicht nutze:

    „Die Branche nimmt sich gar nicht so grün

    wahr, wie sie ist.“ Mit dem GaLaBau verbin-

    de man Pflanzen, Grün und Entsiegelung –

    alles positive und als nachhaltig definierte

    Werte. „In der Bauwirtschaft sind Nachhal-

    tigkeitszertifikate viel weiter“, sagt Meinen.

    Andere Branchen, die sich nachhaltig

    präsentieren, seien in jedem Supermarkt

    vertreten. Etwa Bio-Lebensmittel, deren

    Marktanteil stetig wächst. „Warum sollte

    das nicht für den GaLaBau gelten? Die Kun-

    den beauftragen eher einen Bio-Gärtner als

    einen konventionellen“, meint er. Die Bran-

    che habe schließlich kein Imageproblem,

    wie etwa die Chemieindustrie. „BASF agiert

    daher viel nachhaltiger. Jeder Vorgang wird

    auf Nachhaltigkeit überprüft, um das Tun

    vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen.“

    Aktuell fehlt noch ein entsprechendes

    Zertifikat, das einen nachhaltigen Betrieb

    auszeichnen könnte. Erste Gespräche zwi-

    schen der Hochschule Osnabrück und dem

    Verband für Garten- und Landschaftsbau

    bestehen aber bereits, um ein Siegel für

    Mitglieder zu entwickeln. Bis dahin bietet

    die Richtlinie VDI 4070, Blatt 1 (dega3139)

    eine Hilfestellung für kleine und mittlere

    Unternehmen. Sie leitet an, Management-

    prozesse für das Unternehmen zu entwi-

    ckeln, die an Nachhaltigkeit orientiert sind

    – die Schwerpunkte muss das Unternehmen

    jedoch selbst setzen. Das Folgeblatt ist in

    Planung. Es soll anhand von Praxisbeispielen

    zeigen, wie „nachhaltiges Wirtschaften“ im

    Unternehmen eingeführt werden kann.

    Ein integriertes Managementsystem wie

    mithilfe der VDI 4070 sei jederzeit einführ-

    bar, so Meinen. Wichtig sei, dass das System

    nicht zum Selbstzweck werde, da es die

    Nachhaltigkeit und den Geschäftserfolg le-

    diglich unterstützen soll: so komplex wie

    nötig und so wenig aufwendig wie möglich.

    „Man sollte sich nicht im Detail verlieren.“

    Wichtig sei, dass die Prozesse auch prak-

    tisch „gelebt“ werden können. Sofern Kenn-

    zahlen benutzt werden, sollten sie einfach

    zu erheben sein.

    Häufig werden Managementsystem auf

    Kundenwunsch eingeführt – entweder als

    Voraussetzung für die Auftragsvergabe oder

    um Kunden intensiver an das Unternehmen

    zu binden. Das birgt die Chance, dort gezielt

    die Werbetrommel zu rühren. Einzelne Be-

    triebe hätten sich etwa einem ökologischen

    Leitbild verschrieben, auch das Konzept der

    „Gärtner von Eden“ beinhalte Nachhaltig-

    keitsgedanken, so Meinen. Er sieht noch

    mehr Potenzial: „Darüber hinaus ist es na-

    türlich auch möglich, eigene Leistungen zu

    kreieren und den Markt so zu erweitern

    oder Nischen zu schaffen, in denen besse-

    re Preise gemacht oder zumindest die Ein-

    trittsbarrieren erhöht werden können, wo-

    durch sich die Wettbewerbssituation ver-

    bessert.“

    TEXT: Heike Vossen, Vaihingen/Enz

    BILDER: Meinen

    „Denn Kontinuität bringt Wert auch bei geringem Gewinn, und Kontinuität ist nachhaltig.“

    Mittlere Ausprägung von Nachhaltigkeitsfaktoren bei Unternehmen, die erfolgreich und nachhaltig sind

    Finanzielle Stabilität

    Erfolg Altersstruktur

    Ausbildung

    Betriebszugehörigkeit

    Innovationspotential

    Kontinuität und Betriebsklima

    Gesamtnachhaltigkeit 58 % Gesamtnachhaltigkeit 48 %

    FehltagePersonenunfälle

    Inklusion

    Ausbildungsniveau

    Energieverbrauch allgemein

    Energieverbrauch operativ

    24 9/2016

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