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Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbränden Bundesinstitut für Risikobewertung Postfach 33 00 13 . D-14191 Berlin Presserechtlich verantwortlich: Dr. Reiner Wittkowski Tel. 030-8412-0 . Fax030-8412-4741 [email protected] . www.bfr.bund.de INFORMATION Was ist Ethylcarbamat? Ethylcarbamat, auch als Urethan oder Carbamidsäu- reethylester bezeichnet, ist eine Verbindung, die natür- licherweise in fermentierten Lebensmitteln und Geträn- ken vorkommen kann. Umfangreiche Studien haben ergeben, dass der Ethylcarbamatgehalt in Steinobst- bränden das 10- bis 1000-fache dessen betragen kann, was in anderen Lebensmitteln und Getränken nachweisbar ist. In Einzelfällen wurden Gehalte von mehr als 10 mg/l ermittelt. Warum müssen Ethyl- carbamatgehalte reduziert werden? Ethylcarbamat hat genotoxische und krebserregende Eigenschaften. Wie bei anderen Stoffen mit derartigen Wirkungen müssen aus Vorsorgegründen alle Anstren- gungen unternommen werden, um den Gehalt in Lebensmitteln so weit wie möglich zu verringern. Wie kommt Ethylcarbamat in Steinobstbrände? Ethylcarbamat bildet sich in Steinobstdestillaten unter Lichteinwirkung aus natürlichen Vorstufen der Obstmai- schen und Ethylalkohol. Als wichtigste Vorstufe hierbei gelten Blausäure oder die daraus gebildeten Salze, die Cyanide. Blausäure (Cyanide) liegt zunächst gebunden in den Steinen der Früchte vor und wird dort während des Reifeprozesses und nach der Ernte durch Enzyme freigesetzt. Schon nach kurzer Zeit kann Blausäure (Cyanide) aus den Steinen in die Maische gelangen, wobei eine Beschädigung der Steine diesen Prozess stark beschleunigt und zu höheren Blausäuregehalten führen kann. Die in der Maische befindliche Blausäure geht bei der Destillation in das Destillat über. Wie entsteht Ethylcarbamat aus Blausäure? Die im Destillat befindliche Blausäure, in freier oder in an andere Destillatinhaltsstoffe gebundener Form, setzt sich mit Ethylalkohol unter Beteiligung von Benzalde- hyd, welches ebenfalls ein aromagebender Inhaltsstoff der Fruchtsteine ist, zu Ethylcarbamat um. Diese Reak- tion wird erst durch den Einfluss von Licht induziert. Ist ein Destillat erst einmal dem Licht ausgesetzt und die Reaktionsfolge in Gang gesetzt worden, so läuft diese so lange ab, wie sich noch Blausäure im Destillat befin- det, auch wenn das Destillat nachträglich dunkel gela- gert wird. Welche Maßnahmen in der Praxis dienen einer Redu- zierung von Ethylcarbamat? Vorbeugende Maßnahmen zur Reduzierung von Ethyl- carbamat bei der Herstellung von Steinobstbränden können in allen Stadien der Produktion ergriffen wer- den. Hauptaugenmerk gilt dabei der Reduzierung des Blausäuregehaltes und des Ausschlusses einer Licht- exposition.

Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in ... · Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbränden Bundesinstitut für Risikobewertung Postfach 33 00 13 . D-14191

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Page 1: Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in ... · Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbränden Bundesinstitut für Risikobewertung Postfach 33 00 13 . D-14191

Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbränden

Bundesinstitut für RisikobewertungPostfach 33 00 13 . D-14191 BerlinPresserechtlich verantwortlich:Dr. Reiner WittkowskiTel. 0 30-8412-0 . Fax0 [email protected] . www.bfr.bund.de

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Was ist Ethylcarbamat?Ethylcarbamat, auch als Urethan oder Carbamidsäu-reethylester bezeichnet, ist eine Verbindung, die natür-licherweise in fermentierten Lebensmitteln und Geträn-ken vorkommen kann. Umfangreiche Studien habenergeben, dass der Ethylcarbamatgehalt in Steinobst-bränden das 10- bis 1000-fache dessen betragenkann, was in anderen Lebensmitteln und Getränkennachweisbar ist. In Einzelfällen wurden Gehalte vonmehr als 10 mg/l ermittelt.

Warum müssen Ethyl-carbamatgehalte reduziertwerden?

Ethylcarbamat hat genotoxische und krebserregendeEigenschaften. Wie bei anderen Stoffen mit derartigenWirkungen müssen aus Vorsorgegründen alle Anstren-gungen unternommen werden, um den Gehalt inLebensmitteln so weit wie möglich zu verringern.

Wie kommt Ethylcarbamat inSteinobstbrände?

Ethylcarbamat bildet sich in Steinobstdestillaten unterLichteinwirkung aus natürlichen Vorstufen der Obstmai-schen und Ethylalkohol. Als wichtigste Vorstufe hierbeigelten Blausäure oder die daraus gebildeten Salze, dieCyanide. Blausäure (Cyanide) liegt zunächst gebundenin den Steinen der Früchte vor und wird dort währenddes Reifeprozesses und nach der Ernte durch Enzyme

freigesetzt. Schon nach kurzer Zeit kann Blausäure(Cyanide) aus den Steinen in die Maische gelangen,wobei eine Beschädigung der Steine diesen Prozessstark beschleunigt und zu höheren Blausäuregehaltenführen kann. Die in der Maische befindliche Blausäuregeht bei der Destillation in das Destillat über.

Wie entsteht Ethylcarbamataus Blausäure?

Die im Destillat befindliche Blausäure, in freier oder inan andere Destillatinhaltsstoffe gebundener Form, setztsich mit Ethylalkohol unter Beteiligung von Benzalde-hyd, welches ebenfalls ein aromagebender Inhaltsstoffder Fruchtsteine ist, zu Ethylcarbamat um. Diese Reak-tion wird erst durch den Einfluss von Licht induziert. Istein Destillat erst einmal dem Licht ausgesetzt und dieReaktionsfolge in Gang gesetzt worden, so läuft dieseso lange ab, wie sich noch Blausäure im Destillat befin-det, auch wenn das Destillat nachträglich dunkel gela-gert wird.

Welche Maßnahmen in derPraxis dienen einer Redu-zierung von Ethylcarbamat?Vorbeugende Maßnahmen zur Reduzierung von Ethyl-carbamat bei der Herstellung von Steinobstbrändenkönnen in allen Stadien der Produktion ergriffen wer-den. Hauptaugenmerk gilt dabei der Reduzierung desBlausäuregehaltes und des Ausschlusses einer Licht-exposition.

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Schema über EC-reduzieren-de Maßnahmen

Maische� Beschädigung der Steine vermeiden� Die Lagerdauer der Maische nach dem Gärende

sollte so gering wie möglich gehalten werden

Brenngerät� häufige Reinigung der Brennblase zur Aktivierung

der Kupferoberfläche

Destillation der Maische� Brennen über Kupferkatalysator oder Cyanidab-

scheider� Zusatz kupferhaltiger Präparate des Kellereifach-

handels� Ausreichende Abtrennung von Vorlauf� Abtrennung des Nachlaufs ab spätestens 50 %vol

Alkohol in der Vorlage� Getrenntes Umbrennen gesammelter Nachläufe

Destillat� Prüfung des Blausäuregehaltes des Mittellaufs un-

mittelbar nach dem Brennen (mittels Schnelltestoder Fachlabor); bei Gehalten von mehr als 1 mg/lumgehend für Lichtausschluss sorgen

� Ständige Lagerung der Destillate im Dunkeln; Abfül-lung in lichtgeschützten Flaschen oder Verwendungvon Umkartons

� Zugekaufte Destillate unbekannter Vorgeschichte aufCyanid- bezw. EC-Gehalt prüfen, ggf. einem Reini-gungsbrand unterziehen

� Lagerung im Dunkeln� Verwendung dunkler Flaschen für die Abfüllung� Verwendung eines lichtschützenden Umkartons

Der Abtrennung der Blausäure (Cyanide) kommt hier-bei entscheidende Bedeutung zu, zumal die Bedingun-gen eines konstanten Lichtausschlusses in der Praxisschwer einzuhalten sind und eine einmal induzierteEC-Bildung aus Blausäure auch bei nachfolgendemLichtausschluss weiterläuft. Die Reduktion des Cyanid-gehalts durch Bildung unlöslicher Kupferverbindungenkann ausschließlich während der Destillation erfolgen.

Weiterführende Information zu diesem Thema findensich bei Christoph, N. und Bauer-Christoph, C.: Maß-nahmen zur Reduzierung des Ethylcarbamatgehaltesbei der Herstellung von Steinobstbränden I und II,Kleinbrennerei 11, S. 9–13 (1998) und Kleinbrennerei1, S. 5–9 (1999).

Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbränden

Aktualisierte Fassung, Berlin 2005Nachdruck mit Genehmigung der Pressestelle des BfR erlaubt.

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