Margaret Weis & tracy HickMan

Die verlorenen chroniken der Drachenlanze 3

Buch

nachdem raistlin Majere, der Magier mit den stundenglasaugen, die schwarze robe angelegt hat, begibt er sich nach neraka, in die Haupt­stadt der Dunklen königin. Vordergründig, um sich ihr anzuschließen, doch in Wirklichkeit geht es raistlin nur darum, seine eigene Macht zu vergrößern. Und als er erfährt, dass takhisis vorhat, den gott der Magie zu vernichten, schiebt er alle seine Bedenken beiseite und treibt seine Pläne skrupellos und mit aller Macht voran – Pläne, die es ihm ermög­lichen werden, sich selbst zu gott aufzuschwingen. Und schon bald wird offensichtlich, dass ihn allenfalls noch seine schwester kitiara und der 

untote ritter Lord soth aufhalten können …

Autoren

Margaret Weis und tracy Hickman gehören zu den beliebtesten und meistgelesenen Fantasy­autoren der Welt, seit sie Mitte der 80er Jahre mit den unvergessenen chroniken der Drachenlanze den grundstein der vielschichtigen und noch immer wachsenden Drachenlanze­saga gelegt haben. Zwar haben sie sich gelegentlich – teils gemeinsam, teils allein – auch anderen Projekten zugewandt – etwa den ebenfalls bei Blanvalet erschienenen trilogien »Der stein der könige« und »Das  verbotene Land« –, doch sie sind immer wieder gerne ins reich der Drachenlanze zurückgekehrt, im Falle der Verlorenen chroniken sogar 

ganz an die Ursprünge.

Margaret WeisTracy Hickman

Die verlorenen Chronikender Drachenlanze 3

Der Magier mitden Stundenglasaugen

Roman

Aus dem Englischenvon Imke Brodersen

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem titel»Dragons of the Hourglass Mage«

bei tsr., inc., Lake geneva, Wi, Usa.

Zert.-Nr. SGS-COC-001940

Verlagsgruppe random House fsc-deu-0100Das fsc­zertifizierte Papier Holmen Book Cream für dieses Buch

liefert Holmen Paper, Hallstavik, schweden.

1. auflageDeutsche erstausgabe november 2010 bei Blanvalet,

einem Unternehmen der Verlagsgruppe random House gmbH, München.copyright © 2010 by tsr., inc. 2010

tsr., inc. is a subsidiary of Wizards of the coast, inc.licensing by Hasbro consumer Products.all rights reserved.

dragonlance and the Wizards of the coast logo areregistered trademarks owned by Wizards of the coast,

inc., a subsidiary of Hasbro, inc.all dragonlance characters, character names, and the distinctivelikeness thereof are trademarks owned by Wizards of the coast,

inc., a subsidiary of Hasbro, inc.  U. s., canaDa,  eUrOPean HeaDQUarters  asia, PaciFic &  Wizards of the coast,  Latin aMerica  Belgium  Wizards of the coast, inc.  P. B. 2031  P. O. Box 707  2600 Berchem  renton, Wa 98057­0707  Belgium  + 1­800­324­6496  +32­70­23­32­77

Visit our website at http://www.wizards.comPublished in the Federal republic of germany

by Blanvalet Verlag, MünchenDeutschsprachige rechte bei der Verlagsgruppe

random House gmbH, MünchenUmschlaggestaltung: HildenDesign München

Umschlagfoto: © Matthew stawickiredaktion: cornelia köhler

Hk · Herstellung: samsatz: omnisatz gmbH, Berlin

Druck und einband: ggP Media gmbH, PößneckPrinted in germany

isBn: 978­3­442­26644­9

www.blanvalet.de

Mit diesem Buch erinnern wir an unserenFreund, Herausgeber und Mentor Brian thomsen.

er hätte die ironie zu schätzen gewusst.

9

Canticum des Drachen von Michael Williams

Hört den Weisen, wenn sein Lied herniedersinktwie himmlischer regen, tränengleich,und die Jahre, den staub so vieler geschichten wäschtaus der langen Legende der Drachenlanze.Denn zu Zeiten, jenseits von Wort und traum,beim ersten Morgenrot der Welt,als drei Monde stiegen aus des Waldes schoß,da brachten Drachen, so schrecklich und groß,krieg über krynn, unsere Welt.

Doch aus der Finsternis der Drachen,aus unserem schreien nach Lichtvor dem antlitz des schwarzen Mondes, so hochgemut,flammte auf ein Licht aus solamnia, zu lang gedämpft,ein wahrer ritter voll Macht,der die götter selbst herabrief,und schmiedete die mächtige Drachenlanze,die den Drachen ins innerste drang,bis der schatten ihrer Flügel sich hobvon den heller werdenden küsten von krynn.

so folgte Huma, ritter von solamnia, Lichtbringer,erster Lanzenheld seinem Licht zum Fuße des khalkist,den zu stein gewordenen Füßen der götter,

10

ins andächtige schweigen ihres tempels.er rief herunter die Lanzenmacher, er nahmihre unaussprechliche Macht, zu zerschmetterndas unaussprechlich Böse,und stieß die lauernde Finsterniszurück in den tunnel des Drachenschlunds.

Paladin, großer gott des guten, glänzte an Humas seite,stärkte die Lanze seines starken rechten arms,und Huma, im Licht von tausend Monden,verbannte die königin der Finsternis,verbannte auch ihre kreischenden Hordenzurück ins fade reich des todes, wo ihre Flüchetief unter dem heller werdenden Landnichts und nichts verdarben.

Donnernd ging unter die Zeit der träume,es brach an das Zeitalter der Macht,als istar, reich des Lichts und der Wahrheit,im Osten erstarkte und Minarette in Weiß und goldsich zur sonne und zu ihrem ruhme reckten,vom Weichen des Bösen kündeten,und istar, Mutter und Wiege langer sommer des guten,strahlte wie ein Meteoram weißen Himmel der gerechten.

Doch inmitten des hellen sonnenlichtssah schatten der königspriester von istar.Bei nacht sah er Bäume mit Messern behängt und Flüsse,schwarz und zäh unter dem stummen Mond.in den Büchern suchte er nach Humas Weg,

11

nach schriftrollen, Zeichen und Zaubern,damit auch er die götter rufen könnte,sie um Hilfe bitten für seine heiligen Ziele,um die Welt von der sünde zu reinigen.

Dann folgten Finsternis und tod,als die götter sich abwandten von der Welt.Wie ein komet traf istar ein feuriger Berg,verzehrte die stadt im Flammenmeer,ließ Berge erstehen im einst fruchtbaren tal,und es toste das Meer über den gräbern alter Berge.auf den verdorrten Böden der seen seufzte die Wüste,und die straßen von krynn bäumten sich aufund waren von toten gesäumt.

so begann die Zeit der Verzweiflung.Die straßen verfielen im gestrüpp.Wind und sandsturm heulten durch totenstädte.in Bergen und ebenen hausten wir.als die alten götter ihre Macht verloren,flehten wir den leergefegten Himmel an,riefen im kalten, spaltenden grau nach neuen göttern.Der Himmel ist still und stumm und reglos.ihrer antwort mussten wir harren.

Da kamen in die Versunkene stadt im Osten,vernarbt vom Verlust des blauen Lichts,die Helden, reisegefährten, erben alter Bürdenaus ihren tunneln und Blättergewölben,aus den tiefen der ebenen und deneinfachen Hütten der täler,

12

den elenden Höfen unter kriegsherren und Finsternis.sie kamen und dienten dem Licht,der gedämpften Flamme von Heilung und gnade.

Von dort kamen sie, gejagt von armeen,den kalten, glitzernden Legionen,brachten den stab in die zerschmetterte stadt,wo unter Unkraut und der Vögel gesang,unter Vallenholz und ewigkeit,unter der reitenden Finsternis selbstein Loch in der Finsternis schrienach dem Ursprung des Lichts,und alles Licht ballte sich zur ersten Fülledes göttlichen Funkelns.

13

Vorwort

Das vorliegende Buch bildet den abschluss der Verlorenen Chroniken der Drachenlanze. in diesen Büchern wollten wir die bisher unbekannten geschichten der Freunde aus dem Wirtshaus während des krieges der Lanze erzählen, jener Zeit, die in den Chroniken der Drachenlanze geschil­dert ist. auch wenn jeder Band für sich selbst steht, wird der Leser feststellen, dass das geschehen (und was mit wem wann und warum passiert) viel leichter zu durchschauen ist, wenn man vor den Verlorenen Chroniken zunächst die kompletten Chroniken gelesen hat.

Das ende des Lanzenkriegs hat astinus von Palanthas in Band fünf und sechs der Chroniken aufgezeichnet, den Bänden Drachenkrieg und Drachendämmerung. Dort sind die abenteuer der Helden der Lanze nachzulesen, von tanis, dem Halbelf, Flint Feuerschmied, tolpan Barfuß, ca­ramon Majere und ihren Freundinnen Laurana, dem gol­denen general, und tika Waylan, aber auch von Flusswind und goldmond. Dort erzählen wir auch, wie sie letztlich die königin der Finsternis besiegen.

Dieses Buch handelt von einem der Helden der Lanze, raistlin Majere, dessen geschichte nie erzählt wurde. Doch ohne ihn hätten die anderen Helden nie den sieg davon­getragen.

Um die ganze geschichte zu verstehen, empfiehlt asti­nus, mit der Lektüre von Drachenkrieg und Drachendäm-

14

merung zu beginnen und erst anschließend mit dem vorlie­genden Buch fortzufahren. Wer sich jedoch allein für raist­lins dunkle und gefährliche abenteuer interessiert, kann einfach weiterlesen.

Zu dem Zeitpunkt, da dieses Buch beginnt, hat der krieg die Helden der Lanze voneinander getrennt. tanis, cara­mon, raistlin, tika, Flusswind und goldmond reisen zum alptraumhaften Land silvanesti und von dort nach treib­gut. Laurana, sturm Feuerklinge, Flint und tolpan schlagen sich nach eismauer und von dort zum turm des Oberkleri­kers durch, wo sturm für die sache des Lichts sein Leben gibt. in der schlacht um den turm des Oberklerikers hilft Laurana, kitiara und ihre Drachenarmee zurückzudrängen. Danach zieht sie mit Flint und tolpan nach Palanthas, wo sie als der goldene general Menschen und elfen zum ge­meinsamen kampf gegen takhisis aufruft.

in treibgut trifft tanis seine einstige geliebte kitiara wie­der und muss entsetzt erkennen, dass sie mittlerweile in der todbringenden armee der takhisis den rang eines Dra­chenfürsten innehat. Obwohl sie auf der seite der Finster­nis kämpft, kann er ihren dunklen augen nicht widerste­hen. erneut werden die beiden zum Liebespaar.

kitiara bestürmt tanis, sich ihrer armee anzuschließen, doch er kann seine Freunde und die sache des Lichts nicht im stich lassen. Voller schuldgefühle lässt er kitiara zurück und flieht mit seinen Freunden auf einem schiff aus treib­gut. an Bord dieses schiffes befindet sich auch Berem ewi­gan, der von der königin der Finsternis gesucht wird. als kitiara hört, dass ewigan auf dem schiff ist, nimmt sie mit ihrem Drachen die Verfolgung auf. auf der verzweifelten Flucht lenkt Berem das schiff in den Mahlstrom.

15

raistlin Majere glaubt das schiff verloren und nutzt die magische Drachenkugel aus silvanesti, um sich zu retten. seinen Zwillingsbruder und seine Freunde überlässt er dem Untergang. seine Magie trägt ihn in die große Bibliothek von Palanthas. Doch der Zauber hat seine kräfte überstie­gen. raistlin ist dem tode nahe, als ihm astinus zufällig den schlüssel preisgibt, der ihn nicht nur ins Leben zurückführt, sondern auch das geheimnis seiner geteilten seele enthüllt.

am  sechsundzwanzigsten tag  des  Monats  rannmont trifft raistlin in Palanthas ein. Wir greifen seine geschichte einige tage später auf, am ersten tag des Monats Misha­mont.

astinus, der chronist der geschichte von krynn, schreibt:Am sechsundzwanzigsten Tag des Monats Mishamont,

im Jahr 352 nach der Umwälzung, fällt der Tempel der Takhisis in der Stadt Neraka. Die Drachenkönigin wird aus der Welt verbannt. Ihre Armeen sind besiegt.

Ein großer Anteil an diesem Sieg wird den Helden der Lanze zugeschrieben, die tapfer für die Mächte des Lichts gekämpft haben. Doch die Geschichte sollte nicht über-sehen, dass das Licht ohne den einen, der den dunklen Pfad gewählt hat, zum Untergang verurteilt gewesen wäre.

17

Prolog

Zwei Legenden aus krynn sind  für das Verständnis der Handlung von grundlegender Bedeutung. es gibt viele Ver­sionen dieser Legenden, denn jeder Barde erzählt sie ein wenig anders. Wir haben uns für die nachfolgenden Vari­anten entschieden, weil sie dem eigentlichen geschehen am nächsten kommen – auch wenn die Wahrheit wie bei den meisten Legenden wohl niemals enthüllt werden wird.

auszüge aus »gesammelte kindermärchen aus krynn«, aus dem elfischen übersetzt von Quivalen soth:

Die Legende von Berem und Jasla Eine Geschichte von Liebe und Opferbereitschaft

Vor langer Zeit, am ende des Zweiten Drachenkriegs, trieb Huma Drachentöter, der tapfere ritter, königin takhisis in den abgrund zurück. er zwang sie, vor dem Höchsten gott zu schwören, dass sie nicht wieder in die Welt zurückkeh­ren und erneut das fragile gleichgewicht zwischen gut und Böse stören würde. Die götter hielten einen eid vor dem Höchsten gott für so heilig, dass nicht einmal die königin der Finsternis es wagen würde, ihn zu brechen. Doch leider hatten sie sich geirrt.

Die Jahre vergingen. im namen der götter des Lichts und mit ihrem segen wuchs die Macht der königspries­

18

ter von istar. es herrschte Frieden auf der Welt. Doch lei­der kann das Licht einen Menschen ebenso blind machen wie die Dunkelheit. Der letzte königspriester blickte in die sonne und sah nichts als seinen eigenen ruhm. Da wagte er es, sich zum gott auszurufen.

Voller kummer mussten die götter des Lichts feststel­len, dass jetzt sie das gleichgewicht der Welt umzukippen drohten. sie baten die anderen götter um Hilfe, auch kö­nigin takhisis. Die götter entschieden sich für eine große Umwälzung, die das gleichgewicht wiederherstellen und die Menschheit Demut lehren sollte. Zuvor jedoch schick­ten sie dem königspriester viele Warnungen. immer wie­der forderten sie ihn zur Umkehr auf. Der königspriester und seine anhänger stellten sich taub, bis die götter zu ihrem großen Leidwesen schließlich einen feurigen Berg auf krynn niedergehen ließen.

Der einschlag machte istar dem erdboden gleich und ließ die stadt im Meer versinken. Der tempel für die göt­ter des Lichts wurde zerstört. Das jedenfalls glaubten die götter. aber obwohl der tempel von istar zertrümmert auf dem Meeresgrund lag, blieb der grundstein, auf dem der tempel erbaut worden war, unversehrt. Denn dieser stein war der grundstein des glaubens.

Die götter hofften, dass die Menschen nach der Umwäl­zung ihre irrtümer erkennen und bei den göttern Zuflucht suchen würden. Doch leider gaben die sterblichen den göt­tern die schuld an ihrem Leid. Bald breitete sich die Bot­schaft aus, die götter hätten ihre schöpfung im stich ge­lassen. Die Welt versank in chaos, der tod schlich durchs Land.

Und noch immer saß takhisis, die königin der Finsternis, 

19

im abgrund gefangen. alle ausgänge waren bewacht. Jeden ausbruchsversuch würden die anderen götter bemerken und sie aufhalten. Dennoch hörte  sie nie auf, einen er­neuten Zugang zur Welt zu suchen, und als sie eines tages rastlos umherstreifte, fand sie etwas, das unbezahlbar war. takhisis entdeckte den grundstein, von dessen existenz die anderen götter nichts mehr ahnten. Und ihr wurde klar, dass sie mit Hilfe dieses steins in die Welt zurück­kehren konnte.

natürlich  musste  sie  dazu  ihren  eid  gegenüber  dem Höchsten  gott  brechen. aber  berechnend  wie  sie  war, bezog sie mit ein, dass die Welt schon jetzt in gefahr war. Die Menschen hatten die Hoffnung verloren. Millionen sterbliche waren seuchen, Hungersnot und kriegen zum Opfer  gefallen. takhisis  konnte  die Welt  betreten,  ihre bösen Drachen wecken und ihren krieg ausrufen. sobald sie krynn erobert hätte, wäre sie so mächtig, dass die ande­ren götter es nicht wagen würden, sie zu bestrafen.

gewandet  in Dunkelheit  schlüpfte takhisis durch das offene tor des grundsteins  in die Welt. sie weckte  ihre bösen Drachen und wies sie an, die eier der in ihren Hor­ten schlummernden guten Drachen zu stehlen. Dann be­reitete sie sich darauf vor, all ihre Macht für den krieg zu nutzen. Doch eines tages stellte sie fest, dass der grund­stein ihr den Zugang zur Welt verwehrte.

ein  Mann  namens  Berem  und  seine  schwester  Jasla waren auf ihren streifzügen auf den grundstein gestoßen. sie hatten ihr glück nicht fassen können: in den stein ein­gebettet blitzten kostbare, seltene Juwelen im Licht der schöpfung. Berem war ein armer Mann. schon ein stein konnte  seiner  Familie  aus  der armut  heraushelfen.  es 

20

würde nicht auffallen, wenn unter so vielen edelsteinen ein einziger fehlte, ein makelloser smaragd. Berem schickte sich an, den grünen stein zu lösen.

Jasla war erschüttert über diesen Diebstahl und wollte ihren Bruder davon abhalten, doch Berem wurde so wü­tend, das er sie gewaltsam von sich stieß. sie fiel hin, schlug mit dem kopf auf den stein, und als sie starb, rann ihr Blut über den grundstein.

Berem hatte seine schwester geliebt, und seine tat ent­setzte ihn. aber er bekam auch angst. niemand würde ihm glauben, wenn er beteuerte, dass der tod seiner schwester ein Unfall gewesen sei. Man würde ihn als Mörder hinrich­ten. anstatt seine sünde zu beichten und um Vergebung zu bitten, wandte er sich deshalb zur Flucht. in diesem augen­blick sprang der smaragd, den er hatte stehlen wollen, aus dem grundstein und verankerte sich in seiner Brust.

Da geriet Berem außer sich vor angst. Der geist seiner schwester trauerte um ihn. sie versicherte ihm, dass sie ihn immer noch liebte, aber er wollte nicht zuhören. er versuchte, den stein mit den Fingern abzureißen. in seiner Verzweiflung wollte er  ihn sogar mit einem Messer aus seinem Fleisch schneiden, doch der smaragd blieb ein teil von ihm, um für immer von seiner schuld zu künden. so zerrte Berem sein Hemd über den stein und floh. Dabei verschloss er die Ohren vor dem Flehen seiner schwester, reue zu zeigen, nachdem sie ihm schon verziehen hatte.

takhisis hatte die tragödie mit angesehen und Berems Versagen genossen – bis sie versuchte, den grundstein zu durchschreiten. Denn eine aus Liebe geschmiedete kette versperrte  ihr den Weg. Jaslas geist  stand zwischen  ihr und der Welt, und die königin der Finsternis konnte nur 

21

noch ihren schatten über krynn werfen. ihre Macht über die Menschheit schrumpfte so sehr, dass sie es sterblichen übertragen musste, ihren krieg voranzutreiben.

takhisis musste Berem  finden. Wenn  sie  ihn vernich­ten konnte, würde der geist seiner schwester weiterzie­hen, und die königin wäre wieder frei. aber sie musste bei ihrer suche Vorsicht walten lassen, denn wenn er zu seiner schwester zurückkehrte und sich von seiner schuld rein­wusch, wäre ihr der Zugang zur Welt auf Dauer verwehrt.

Darum gab sie an ihre vertrauenswürdigsten Diener die geheime Botschaft aus, den Mann Berem zu suchen, in des­sen Brust ein grünes Juwel steckte. einen Mann mit altem gesicht und jungen augen, dem der smaragd Unsterblich­keit verlieh. er konnte erst sterben, wenn er entweder er­löst wurde oder seine seele endgültig verloren war.

Berem fand nirgendwo Frieden, denn er floh nicht nur vor den soldaten der Finsternis, sondern auch vor seiner eigenen schuld. Wieder und wieder wurde takhisis’ Bemü­hen, ihn in die Finger zu bekommen, durchkreuzt. sie ent­fesselte ihren krieg, der später als Lanzenkrieg in die ge­schichte einging, doch noch immer war Berem nicht gefun­den. aber mittlerweile hatten mehr und mehr Menschen von ihm gehört, und irgendwann erfuhren es auch jene, die gegen königin takhisis kämpften.

Berem ewigan wurde der größte Hoffnungsträger der Menschen – und ihr schlimmster alptraum.

22

Die Legende von Fistandantilus Eine Geschichte, die wachsam stimmen sollte

es war einmal ein großer Zauberer mit dem namen Fistan­dantilus. er war so mächtig, dass er schließlich glaubte, dass die regeln und gesetze, die das Leben der einfachen Men­schen beherrschten, für ihn keine gültigkeit hätten. Das galt auch für die gesetze seines eigenen Zaubererordens, des Ordens der schwarzen roben. Deshalb verließ Fistan­dantilus den Orden und wurde ein abtrünniger, dem von der Hand eines jeden anderen Zauberers der tod drohte.

aber  Fistandantilus  fürchtete  die  anderen  Zauberer nicht. er war in den magischen künsten so fortgeschritten und wusste so viel, dass er jeden vernichten konnte, der ihn zur rechenschaft ziehen wollte. Darum hatten die anderen Zauberer solche angst vor ihm, dass es kaum einen unter ihnen gab, der es auch nur versuchte.

Unter den augen der Versammlung prahlte Fistandantilus mit seiner Macht, ja, er nahm sogar Lehrlinge an. niemand wusste, dass er von seinen schülern zehrte. er saugte ihnen die Lebenskraft aus, um damit seine eigene Lebensspanne zu verlängern, wofür er eigens einen magischen stein ge­schaffen hatte, den Blutstein. Diesen stein drückte er auf das Herz seines Opfers, um ihm das Leben zu entziehen.

Mit der Macht von Fistandantilus wuchs auch seine arro­ganz. er beschloss, den abgrund zu betreten, die königin der Finsternis zu entthronen und ihren Platz einzunehmen. Dazu ersann er einen der kompliziertesten und mächtigs­ten Zauber aller Zeiten, doch seine arroganz wurde ihm zum Verhängnis. niemand weiß genau, was dann geschah. Manche meinen, takhisis hätte es herausgefunden und im 

23

Zorn seine Festung auf ihn geschmettert. andere behaup­ten, der Zauber wäre zu mächtig für ihn geworden und hätte die Festung gesprengt. in jedem Fall kam der sterb­liche körper von Fistandantilus ums Leben.

seine seele allerdings nicht.seine seele weigerte sich, krynn zu verlassen, und so 

blieb der böse Zauberer in der ebene des Äthers. es war eine schwierige Form der existenz, denn er wurde ständig von takhisis umschlichen, die unablässig versuchte, ihn zu vernichten. Doch er hielt sich am Leben, indem er seinen Opfern die kraft aussaugte, während er weiterhin hoffte, eines tages jemanden zu finden, in dessen körper er wieder lebendig werden könnte.

es war Fistandantilus gelungen, seinen Blutstein zu be­halten. Mit ihm bewaffnet lauerte er auf seine Opfer. er wählte junge Magier, besonders solche, die der schwarzen seite zugeneigt waren, denn sie erlagen seinen einflüste­rungen am leichtesten.

Die Versammlung der Zauberer wusste, dass Fistandan­tilus auf Beutezug war, konnte ihn aber nicht davon ab­halten. Wann immer ein junger Zauberer die gefürchtete Prüfung im turm der erzmagier ablegte, bestand für Fistan­dantilus die chance, ihn zu packen. Für Opfer, die bei der Prüfung umgekommen waren, wurde der böse Zauberer verantwortlich gemacht.

Fünf Jahre vor dem ausbruch des Lanzenkriegs fand sich ein junger Zauberer mit seinem Zwillingsbruder zur Prü­fung im turm von Wayreth ein. Der Jüngling hatte wäh­rend seiner Lehrzeit großes talent bewiesen. Damals sah das Oberhaupt der Versammlung, Par­salian, eine Zeit des krieges und des Bösen für krynn voraus. er hoffte, dieser 

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Margaret Weis, Tracy Hickman

Die verlorenen Chroniken der Drachenlanze 3Der Magier mit den Stundenglasaugen

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 448 Seiten, 11,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-442-26644-9

Blanvalet

Erscheinungstermin: Oktober 2010

Ein spannender Fantasy-Roman von den erfolgreichen Autoren der Drachenlanze Raistlin Majere, der Magier mit den Stundenglasaugen, reist zur Hauptstadt der DunklenKönigin, um ihren größten Coup zu verhindern. Sie will den Gott der Magie vernichten. Docheigentlich geht es Raistlin nur um seine eigene Macht. Skrupellos verfolgt er einen Plan, um sichselbst zum Gott aufzuschwingen. Nur seine Schwester Kitiara und der untote Ritter Lord Sothkönnten ihn aufhalten …