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Vorbereitung und Begleitung der Erstellung des Erfahrungsberichts 2014 gemäß § 65 EEG im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen Vorhaben IId, Wasserkraft Projektleitung: Dipl.-Ing. Rita Keuneke IHS März 2015

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Vorbereitung und Begleitung der Erstellung des Erfahrungsberichts 2014

gemäß § 65 EEG

im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie

Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen Vorhaben IId, Wasserkraft

Projektleitung:

Dipl.-Ing. Rita Keuneke

IHS

März 2015

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 3

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Veranlassung ..................................................................................5

2 Überblick über Anlagenbestand .............................................................................5 Anzahl, Leistung, Jahresarbeit und Lage aller Wasserkraftanlagen in 2.1

Deutschland .....................................................................................................5 Detaillierte Angaben nach Leistungsklassen ..................................................10 2.2 Detaillierte Angaben nach Bundesländern......................................................16 2.3

3 Vermarktungsformen .............................................................................................20 EEG 2012 ......................................................................................................20 3.1 EEG 2014 ......................................................................................................20 3.2 Aktuelle Vermarktung .....................................................................................21 3.3 Zustand des Wasserkraftanlagenbestands .....................................................25 3.4

Ökologischer Zustand ..........................................................................25 3.4.1

Technischer Zustand ............................................................................27 3.4.2

Dauer der Vergütungszahlungen ....................................................................30 3.5

4 Stromgestehungskosten .......................................................................................31 Grundlage für die Berechnung der Stromgestehungskosten ..........................31 4.1 Berechnung der Stromgestehungskosten.......................................................32 4.2 Betriebskosten nach Ende der Abschreibungszeit ..........................................34 4.3

5 Betreiberklientel .....................................................................................................35

6 Möglichkeiten der Systemdienstleistung von Wasserkraftanlagen ...................37 Steuerbarkeit ..................................................................................................37 6.1 Organisation ...................................................................................................38 6.2 Technische Eignung .......................................................................................38 6.3 Aktuelle Teilnahme am Reservemarkt ............................................................39 6.4

7 Zubaupotenzial ......................................................................................................40 Zubaupotenzial an großen Gewässern ...........................................................41 7.1 Zubaupotenzial an mittelgroßen und kleinen Gewässern ...............................42 7.2 Zubaupotenzial differenziert nach Bundesländern ..........................................42 7.3 Vorgehen der Länder bei geforderter Ausweisung der vorhandenen WK-7.4

Potenziale (§ 35 Absatz 3 WHG) ....................................................................43

8 Genehmigungsregelungen und Projektrealisierungszeiten ...............................49 Relevante rechtliche Regelungen und Genehmigungsverfahren ....................49 8.1 Projektrealisierungszeiten ..............................................................................51 8.2

9 Grenzkraftwerke .....................................................................................................53 Kraftwerke an Hochrhein und Oberrhein mit deutschen und nicht-9.1

deutschen Anteilen .........................................................................................53 WKA in Grenzgewässern, die keine deutschen Anteile besitzen ....................53 9.2 Besonderheiten bei der Planung ....................................................................55 9.3

10 Neuentwicklungen .................................................................................................56

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 4

Technologieentwicklung in der Wasserkraft ...................................................56 10.1 Neuentwicklung von einzelnen Komponenten ......................................56 10.1.1

Neuentwicklung bei Wasserrädern .......................................................59 10.1.2

Fischfreundlichere Turbinen .................................................................59 10.1.3

Anlagen zur Verbesserung der Durchgängigkeit ..................................60 10.1.4

Anlagen zur Nutzung geringer Fallhöhen .............................................61 10.1.5

Standardisierte Einfachturbinen ...........................................................62 10.1.6

Weitere Entwicklungen .........................................................................62 10.1.7

Technologieentwicklung bei den ökologischen Maßnahmen ..........................62 10.2 Maßnahmen zur Herstellung der flussabwärts gerichteten 10.2.1Durchgängigkeit und zum Schutz der Fischpopulationen .....................63

11 Literatur ..................................................................................................................67

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 5

1 Einleitung und Veranlassung

Nach § 2 (5) soll die finanzielle Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien bis spätestens 2017 durch Ausschreibungen ermittelt werden. Um den Diskussionsprozess zur Erarbeitung eines Ausschreibungsdesigns in 2015/16 zu strukturieren, plant das BMWi Anfang 2015 eine sogenannte Marktanalyse für alle Sparten vorzulegen. Die Marktanalyse soll die für die Entwicklung des Ausschreibungsdesigns erforderliche Marktlage darstellen.

Die Ingenieurbüro Floecksmühle GmbH hat die vorliegende Marktanalyse mit Hilfe von aktualisierten Daten aus dem Erfahrungsbericht 2014 gemäß § 65 EEG, Vorhaben II d Wasserkraft, sowie zusätzlichen Recherchen bei Behörden und Betreibern zusammengestellt.

2 Überblick über Anlagenbestand

Anzahl, Leistung, Jahresarbeit und Lage aller Wasserkraftanlagen in 2.1Deutschland

In Deutschland sind über 7.300 Wasserkraftanlagen (WKA) mit einer Gesamtleistung von ca. 5,6 GW in Betrieb. Darin enthalten ist mit knapp 1,2 GW die gesamte Leistung von Pumpspeicherkraftwerken, die einen natürlichen Zufluss besitzen. Ca. 7.200 Anlagen haben den Anspruch auf eine EEG-Vergütung. Der langjährige Mittelwert des genutzten Wasserkraftpotenzials beträgt einschließlich der Erzeugung aus dem natürlichen Zufluss der Pumpspeicherkraftwerke etwa 20,8 TWh. In diesen Werten sind die ausländischen Anteile von WKA an deutschen Grenzgewässern und die rein für die Eigenversorgung arbeitenden WKA nicht enthalten.

436 Wasserkraftanlagen weisen eine installierte Leistung von mehr als 1 MW auf. Das entspricht einem Anteil von 6 %. Sie erzeugen etwa 86 % der Jahresarbeit aus Wasserkraft. 94 % der Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung kleiner 1 MW erzeugen nur ca. 14 % der eingespeisten Jahresarbeit (Abbildung 1).

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 6

Abbildung 1: Verteilung von Anzahl und Jahresarbeit der Wasserkraftanlagen in Deutschland nach Leistungsklassen P < 1 MW und P 1MW

Die räumliche Verteilung der Wasserkraftanlagen in Deutschland zeigt Abbildung 2. Es ist eine deutliche Konzentration der Anlagen entlang der großen Gewässer und in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg zu erkennen. In diesen Ländern sind ca. 65 % der Leistung der deutschen EEG-Wasserkraftanlagen installiert. Nicht dargestellt wurden weitere 600 bis 900 Wasserkraftanlagen, die nur für den Eigenverbrauch arbeiten, und deren Zahl auf der Grundlage bekannter Daten für Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz auf Gesamtdeutschland hochgerechnet wurden.

Tabelle 1: Wasserkraftnutzung in Deutschland, Stand 2013

WKA alle WKA mit

P 1 MW

Pumpspeicher-kraftwerke mit

natürlichem Zustrom

Anzahl WKA Ca. 7.330 436 11***

Installierte Leistung [GW] 5,6** 3,8** 1,16**

Jahresarbeit [TWh] 20,8** 18,05* 0,6***

* Bei Grenzkraftwerken nur deutscher Anteil [Quelle: Auswertung IBFM, **AGEE-Stat 2014 und ***ANDERER et al 2010]

6%

86%

94%

14%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Zahl der WKA Jahresarbeit

P < 1 MW

P >= 1 MW

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 7

Abbildung 2: Bestand der genutzten Wasserkraftanlagen in Deutschland [Quelle: ANDERER et al 2010]

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 8

Daten der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien Statistik (AGEE-Stat) Abbildung 3 zeigt die installierte Leistung und die Stromerzeugung aus Wasserkraft in den Jahren 1990 bis 2013. Während die installierte Leistung quasi kontinuierlich auf 5.619 MW im Jahr 2013 zugenommen hat, schwankt die jährliche Erzeugung. Das ist insbesondere durch wetterbedingte jährliche Schwankungen bei den Abflüssen zu erklären. Im Jahr 2013 lag sie bei 20,8 TWh.

Abbildung 3: Jahresarbeit und installierte Leistung aller Wasserkraftanlagen. Die installierte Leistung ist als Säule dargestellt, die Jahresarbeit als Linie. [Quelle: AGEE-Stat]

Daten des statistischen Bundesamtes Die Statistischen Ämter führen eine dezentrale Erhebung zur Elektrizitäts- und Wärmeversorgung von Stromerzeugungsanlagen für die allgemeine Versorgung durch. Die jeweiligen von den statistischen Ämtern der Länder erstellten Ergebnisse werden im Statistischen Bundesamt zum Bundesergebnis zusammengefasst. Daten werden monatlich bei höchstens 1000 Betreibern von Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität mit einer Engpassleistung (elektrisch brutto) ab 1 MW erhoben. Diese Daten bilden daher nicht die Gesamtmenge der Wasserkrafterzeugung ab und werden hier nicht weiter betrachtet.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 9

Wasserkraftanlagen mit und ohne EEG-Vergütung Die folgenden Daten zu Wasserkraftanlagen basieren auf einer Auswertung der EEG-Daten der Bundesnetzagentur aus dem Jahr 2013 und der Daten zu Wasserkraftanlagen mit einer installierten Leistung 1 MW, die in HEIMERL et al. (2004) veröffentlicht und in den letzten Jahren aktualisiert wurden. Die Differenz zwischen den Daten aus Tabelle 1 und Tabelle 2 ergibt sich daraus, dass in Tabelle 2 weder Pumpspeicherkraftwerke mit natürlichem Zufluss noch Kraftwerke, die der Industrie zugeordnet sind, aber nicht der allgemeinen Versorgung dienen, berücksichtigt sind.

Tabelle 2: Wasserkraftanlagen mit und ohne Anspruch auf EEG-Vergütung, Stand 2013

Anzahl WKA Installierte Leistung [MW]

Jahresarbeit [GWh]

WKA mit Anspruch auf EEG-Vergütung 7.203 1.553 6.264

WKA ohne Anspruch auf EEG-Vergütung 129 2.457* 12.630*

gesamt 7.332 4.010 18.894

* Bei Grenzkraftwerken nur deutscher Anteil [Quelle: Auswertung IBFM und Hydrotec; 2013: EEG-Daten Bundesnetzagentur]

Von den 7.203 Wasserkraftanlagen, die einen Anspruch auf eine EEG-Vergütung haben, konnten im Jahr 2013 zu 6.690 Anlagen Bewegungsdaten zugeordnet werden. Zu ca. 500 Anlagen enthalten die Bewegungsdaten keine Angaben zu Vergütung oder Direktvermarktung, so dass sie sich vermutlich außer Betrieb oder in Revision befanden. Von den 6.690 Anlagen haben 6.376 Anlagen (95 %) eine feste EEG-Vergütung in Anspruch genommen, 314 Anlagen haben direkt vermarktet und 105 Anlagen haben zwischen den beiden Vermarktungsformen gewechselt. Weitere 130 Anlagen vermarkten ihren Strom außerhalb des EEG, siehe Kapitel 3.1.

Tabelle 3: Anzahl und Leistung der Anlagen mit Anspruch auf EEG Vergütung, (Auswertung IBFM und Hydrotec)

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Anzahl k.A. k.A. k.A. k.A 6.594 6.645 6.925 7.065 6.177** 6.657*** 7.203***

Install. Leistung [MW]

1.049* 1.103* 1.156* 1.211* 1.260* 1.270* 1.316* 1.372* 1.340**

(1.428*) 1.353*** 1.553***

Die Auswertung der EEG Daten 2011 ergibt durch das Entfallen der EEG Datensätze ohne Jahreserzeugung 888 Anlagen weniger als im Statistikbericht 2010 (BNetzA 2010a) aufgeführt. [Quellenangabe: EEG Daten Bundesnetzagentur; * EEG Statistikbericht 2011 (BNetzA 2011) ** EEG Daten BNetzA aus 2011; *** EEG Daten BNetzA aus 2012 bzw. 2013]

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 10

Detaillierte Angaben nach Leistungsklassen 2.2

In Tabelle 4 sind die Anzahl und die installierte Leistung der Wasserkraftanlagen mit Anspruch auf eine EEG-Vergütung nach Leistungsklassen differenziert aufgeführt. Tabelle 5 zeigt diese Werte für Anlagen mit einer installierten Leistung > 0,5 MW, die keinen Anspruch auf eine EEG-Vergütung haben, sowie die Jahresarbeit.

Tabelle 4: Anzahl und installierte Leistung der Wasserkraftanlagen mit Anspruch auf EEG-Vergütung in den Jahren 2011 - 2013 nach Leistungsklassen (Auswertung IBFM und Hydrotec)

2011 2012 2013

Anzahl Leistung [MW] Anzahl Leistung

[MW] Anzahl Leistung [MW]

100 kW 4.558 145 5.045 156 5.411 167

> 100 - 200 kW 502 75 488 74 538 81

> 200 - 500 kW 619 205 627 207 703 233

> 0,5 - 1 MW 228 161 224 158 254 180

> 1 - 2 MW 126 179 128 182 144 206

> 2 - 5 MW 139 491 141 498 146 520

> 5 - 10 MW 3 22 2 16 3 23

> 10 - 20 MW 1 12 1 12 1 12

> 20 - 50 MW 1 50 1 50 2 79

> 50 MW 0 0 0 0 1 53

Summe 6.177 1.340 6.657 1.353 7.203 1.553

[Quellenangabe: 2011, 2012, 2013: EEG-Daten Bundesnetzagentur]

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 11

Tabelle 5: Anzahl, installierte Leistung und Jahresarbeit der Wasserkraftanlagen (Pinst > 0,5 MW) ohne Anspruch auf EEG-Vergütung nach Leistungsklassen (Auswertung IBFM und Hydrotec)

Anzahl Leistung [MW] Jahresarbeit [GWh]

> 0,5 - 1 MW 1 1 2

> 1 - 2 MW 3 3 18

> 2 - 5 MW 6 17 114

> 5 - 10 MW 34 274 1.436

> 10 - 20 MW 49 706 3.450

> 20 - 50 MW 29 929 4.956

> 50 MW 7 527 2.654

Summe 129 2.457 12.630

Abbildung 4 und Abbildung 5 zeigen die Werte grafisch. Während die weitaus größte Anzahl an Anlagen im Leistungsbereich 100 kW zu finden ist, ist die installierte Leistung bei den Anlagen zwischen 20 und 50 MW am größten. Die Anlagen mit Anspruch auf EEG-Vergütung weisen in der Leistungsklasse zwischen 2 und 5 MW die größte installierte Leistung auf (Tabelle 6). Ab 5 MW erfolgt die Vermarktung der Anlagen vorwiegend außerhalb des EEG. Während 2012 der Zubau vor allem bei den kleinen Anlagen stattgefunden hat, ist im Jahr 2013 eine gleichmäßige Verteilung des Zubaus über alle Leistungsklassen zu verzeichnen.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 12

Abbildung 4: Anzahl der Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 nach Leistungsklassen [Quellenangabe: EEG-Daten Bundesnetzagentur, IBFM]

Abbildung 5: Installierte Leistung der Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 nach Leistungsklassen [Quellenangabe: Bundesnetzagentur; IBFM]

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

100

kW

> 10

0 - 2

00 k

W

> 20

0 - 5

00 k

W

> 0,

5 - 1

MW

> 1

- 2 M

W

> 2

- 5 M

W

> 5

- 10

MW

> 10

- 20

MW

> 20

- 50

MW

> 50

MW

Anza

hl W

asse

rkra

ftan

lage

n

Leistungsklassen

2013

0

200

400

600

800

1000

1200

100

kW

> 10

0 - 2

00 k

W

> 20

0 - 5

00 k

W

> 0,

5 - 1

MW

> 1

- 2 M

W

> 2

- 5 M

W

> 5

- 10

MW

> 10

- 20

MW

> 20

- 50

MW

> 50

MW

Inst

allie

rte

Leis

tung

[MW

]

Leistungsklassen

ohne EEG-Anspruch

mit EEG-Anspruch

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 13

Tabelle 6: Anteil der Anlagen mit EEG-Anspruch an der gesamten installierten Leistung

Installierte Leistung [MW]

Anlagen mit EEG-Anspruch

Anlagen ohne EEG-Anspruch

Leistungsanteil der Anlagen mit EEG-Anspruch

100 kW 167 0 100%

> 100 – 200 kW 81 0 100%

> 200 – 500 kW 233 0 100%

> 0,5 – 1 MW 180 1 99%

> 1 – 2 MW 206 3 99%

> 2 – 5 MW 520 17 97%

> 5 – 10 MW 23 274 8%

> 10 – 20 MW 12 706 2%

> 20 – 50 MW 79 929 8%

> 50 MW 53 527 9%

Tabelle 7 und Abbildung 6 zeigen die in 2013 gezahlte Vergütung und die Jahresarbeit differenziert nach verschiedenen Leistungsklassen. Es zeigt sich, dass der höchste Anteil der Vergütung nach EEG 2009 gezahlt wird. Die meiste Vergütung entfällt auf den Leistungsbereich 200 bis 500 kW, der größte Teil der Jahresarbeit wird von den Anlagen im Leistungsbereich 2 bis 5 MW erwirtschaftet. In Tabelle 8 ist die Jahresarbeit für die Jahre 2012 und 2013 aufgeführt. Die Jahresarbeit der Anlagen ohne Anspruch auf EEG-Vergütung ist in Tabelle 5 dargestellt.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 14

Tabelle 7: Vergütung der im Jahr 2013 nach EEG vergüteten Anlagen, mit Direktvermarktung (Auswertung IBFM und Hydrotec)

Vergütung [Mio. EUR] Gesamt-jahres-arbeit [GWh]

EEG 2000 EEG 2004 EEG 2009 EEG 2012 Summe

100 kW 19,3 5,5 24,9 7,7 57,4 585

> 100 – 200 kW 5,2 2,2 18,7 5,4 31,5 310

> 200 – 500 kW 11,5 6,6 45,8 16,3 80,2 851

> 0,5 – 1 MW 6,1 5,2 33,9 10 55,2 703

> 1 – 2 MW 6,2 2,4 23,4 6,2 38,2 736

> 2 – 5 MW 7,6 2,8 18,2 5,7 34,3 2.435

> 5 – 10 MW 0 0 0 0 0 61

> 10 – 20 MW 0 0 0 0 0 93

> 20 – 50 MW 0 0 0 5,7 5,7 182

> 50 MW 0 0 0 0 0 308

Summe 55,9 24,7 164,9 57 302,5 6.264

[Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 15

Abbildung 6: Gesamtjahresarbeit, Jahresarbeit aus Direktvermarktung und Vergütung

der Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 differenziert nach Leistungsklassen und EEG-Novellen

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 16

Tabelle 8: Jahresarbeit der nach EEG vergüteten Wasserkraftanlagen in den Jahren 2012 - 2013 nach Leistungsklassen (Auswertung IBFM und Hydrotec)

2012 2013

Anzahl

EEG-Jahresarbeit

[GWh] Anzahl

EEG-Jahresarbeit

[GWh]

100 kW 5.045 506 5.411 585

> 100 - 200 kW 488 265 538 310

> 200 - 500 kW 627 747 703 851

> 0,5 - 1 MW 224 624 254 703

> 1 - 2 MW 128 645 144 736

> 2 - 5 MW 141 2163 146 2435

> 5 - 10 MW 2 53 3 61

> 10 - 20 MW 1 91 1 93

> 20 - 50 MW 1 319 2 182

> 50 MW 0 0 1 308

Summe 6.657 5.413 7.203 6.264

[Quellenangabe: 2011, 2012, 2013: EEG-Daten Bundesnetzagentur]

Detaillierte Angaben nach Bundesländern 2.3

Tabelle 9 und Abbildung 7 zeigen die installierte Leistung von nach EEG vergüteten Anlagen für die einzelnen Bundesländer. Bayern und Baden-Württemberg haben den höchsten Anteil an installierter Leistung. Den größten Zuwachs in 2012 im Vergleich zum Vorjahr weisen Nordrhein-Westfalen und Bayern auf, gefolgt von RLP und Sachsen. Hessen und Niedersachsen haben 2012 im Vergleich zum Vorjahr eine etwas geringere Anlagenkapazität.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 17

Tabelle 9: Installierte Leistung [MW] der nach EEG vergüteten Anlagen nach Bundes-ländern (Auswertung Daten 2011, 2012 und 2013: IBFM und Hydrotec)

Bundesland 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

Baden-Württemberg 266 268 315 369 320 314 440

Bayern 569 566 594 591 567 574 604

Berlin 0 0 0 0 0 0 0

Brandenburg 4 4 4 4 5 5 5

Bremen 0 0 0 0 10 10 10

Hamburg 0 0 0 0,28 0,11 0,11 0,11

Hessen 50 59 63 65 64 64 63

Mecklenburg-Vorpommern 3 3 3 3 3 3 3

Niedersachsen 56 60 56 65 62 56 57

Nordrhein-Westfalen 153 115 110 110 116 124 120

Rheinland-Pfalz 41 40 39 40 34 39 41

Saarland 11 11 11 10 11 11 11

Sachsen 82 85 86 97 88 94 136

Sachsen-Anhalt 21 23 24 25 25 24 26

Schleswig-Holstein 4 4 4 6 4 4 6

Thüringen 32 32 30 31 31 31 32

Summe 1.294 1.270 1340 1.417 1.340 1.353 1.553

[Quellenangabe: Statistikberichte Bundesnetzagentur; 2010, 2011: Stammdaten und Bewegungsdaten der BNetzA; 2012, 2013: Plausibilisierte Daten der BNetzA]

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 18

0

100

200

300

400

500

600

700

Inst

allie

rte

Leist

ung

in [M

W]

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Abbildung 7: Installierte Leistung der nach EEG vergüteten Anlagen nach Bundesländern [Quellenangabe: Statistikberichte Bundesnetzagentur; 2010, 2011: Stammdaten und Bewegungsdaten der BNetzA; 2012, 2013: Plausibilisierte Daten der BNetzA]

Tabelle 10 zeigt die installierte Leistung aller Wasserkraftanlagen im Jahr 2013 nach Bundesländern. Hier ist die Vorrangstellung Bayerns im Bereich der Stromerzeugung aus Wasserkraft noch deutlicher zu erkennen.

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Tabelle 10: Installierte Leistung [MW] der Wasserkraftanlagen nach Bundesländern (Auswertung IBFM und Hydrotec)

Bundesland mit EEG ohne EEG Summe

Baden-Württemberg 440 359 799

Bayern 604 1.821 2.425

Berlin 0 0 0

Brandenburg 5 0 5

Bremen 10 0 10

Hamburg 0,11 0 0

Hessen 63 31 94

Mecklenburg-Vorpommern 3 0 3

Niedersachsen 57 17 74

Nordrhein-Westfalen 120 42 162

Rheinland-Pfalz 41 180 221

Saarland 11 7 18

Sachsen 136 0 136

Sachsen-Anhalt 26 0 26

Schleswig-Holstein 6 0 6

Thüringen 32 0 32

Summe 1.553 2.457 4.010

Die Bruttostromerzeugung, d.h. die Strommenge, die die Kraftwerke in Bayern bzw. Baden-Württemberg produzierten, betrug 2013 90,9 TWh bzw. 61,5 TWh. Die Erneuerbaren Energien hatten daran einen Anteil von etwa 34,8 % bzw. 23,7 %. Bei den erneuerbaren Energieträgern lieferte die Stromerzeugung aus Wasserkraft mit rund 42 %

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(BY) bzw. 38,5 % (BW) den wesentlichen Beitrag. In Bezug auf die Gesamterzeugung hat die Wasserkraft einen Anteil von 14,5 % bzw. 9,1 %.

Der Anteil der Wasserkraft an der Netto-Nennleistung betrug im Jahr 2013 für Bayern 7,7 % und für Baden-Württemberg 4 %.

3 Vermarktungsformen

EEG 2012 3.1

Für die Vermarktung des Stroms aus Wasserkraft stehen seit dem EEG 2012 mehrere Möglichkeiten zur Verfügung

1. Festvergütung nach EEG

2. Direktvermarktung über das Marktprämienmodell (§33b Nr. 1)

3. Direktvermarktung durch Stromhändler (§33b Nr. 2, Grünstromprivileg)

4. Sonstige Direktvermarktung (nicht 2, oder 3)

Nach § 33a EEG 2012 wird die Vermarktung in Arealnetzen (Veräußerung an Dritte in unmittelbarer räumlicher Nähe, ohne Durchleitung über ein Netz) nicht als Direktvermarktung im Sinne des EEG bezeichnet.

Zusätzlich gibt es die Vermarktung außerhalb des EEG als nicht geförderte Direktvermarktung sowie den Eigenverbrauch.

EEG 2014 3.2

Nach EEG 2014 haben Anlagenbetreiber Anspruch auf die Marktprämie (§20 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2014). Die Direktvermarktung durch Stromhändler (Grünstromprivileg) entfällt.

Die feste Einspeisevergütung gilt noch für Anlagen bis 500 kW bei einer Inbetriebnahme vor 2016. Nach 2016 können nur noch Anlagen bis 100 kW eine feste Einspeisevergütung in Anspruch nehmen. Anlagenbetreiber größerer Anlagen können in Ausnahmefällen auch nach 2016 noch eine feste Einspeisevergütung verlangen. Die Höhe der Vergütung wird dann allerdings um 20 % verringert.

Wie nach EEG 2012 gibt es die sonstige nicht geförderte Direktvermarktung sowie den Eigenverbrauch.

Ab 2017 ist vorgesehen, die Vergütungshöhe für die Erneuerbaren Energien nicht mehr im Vorhinein festzulegen, sondern über Ausschreibungsverfahren zu ermitteln.

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Aktuelle Vermarktung 3.3

Im Folgenden werden die durch die Wasserkraft genutzten Vermarktungswege dargestellt.

Während der Großteil der Wasserkraftanlagen in Deutschland (ca. 98 % aller Anlagen, Leistungsanteil 27,6 % in 2013) einen Anspruch auf EEG-Vergütung hat, sind insbesondere für große Anlagen Vermarktungsformen außerhalb des EEG wirtschaftlich interessant (Tabelle 11, Abbildung 8). So vermarkten Anlagen, die etwa 72 % der in Deutschland installierten Leistung repräsentieren, ihren Strom außerhalb des EEG. Darüber hinaus wurden ca. 10 % der Leistung über das Marktprämienmodell, 1,4 % über das Grünstromprivileg (bis 30.06.2014) und 0,9 % über die sonstige Direktvermarktung vermarktet. Somit wurden etwa 13 % der Leistung über die Direktvermarktung nach §20 Abs. 1 EEG 2014 vermarktet.

Die entsprechende Aufteilung der Jahresarbeit ist in Tabelle 12 dargestellt. Danach verfünffachte sich die Jahresarbeit in der Direktvermarktung von 2010 bis 2013, während ihr Anteil an der nach EEG vergüteten Strommenge in 2012 etwa gleich blieb. Die Jahresarbeit der Anlagen mit fester EEG Vergütung ging entsprechend zurück.

Tabelle 11: Vermarktungsanteile für das Jahr 2014 innerhalb und außerhalb des EEG

Vermarktungsform Inst. Leistung [MW] Anteil an Gesamtleistung [%]

Vermarktung durch ÜNB - Anlagen mit fester EEG Vergütung

826 14,7

Marktprämie 595 10,6

Grünstromprivileg 80 1,4

Sonstige Direktvermarktung 52 0,9

Vermarktung außerhalb EEG 4066 72,4

Gesamt 5619 100

[Quelle: AGEE Stat 2014, Netztransparenz 2015]

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Abbildung 8: Vermarktungsanteile in Installierter Leistung [MW], 2014

Tabelle 12: Anteil der Direktvermarktung an der Gesamtjahresarbeit (Auswertung IBFM und Hydrotec)

Jahresarbeit aller Wasserkraftanlagen [GWh]

2010 2011 2012 2013

Jahresarbeit mit fester EEG Vergütung 5.049 2.398 2.738 3.004

Jahresarbeit der Sonstigen Direktvermarktung (§20 Abs. 1 Nr. 2)

0,616 2.446 2.675 3.261

Gesamte EEG-Jahresarbeit 5.050 4.844 5.413 6.265

Anteil der Sonstigen Direktvermarktung an der gesamten EEG Jahresarbeit

12,2 % 50,5 % 49,4 % 52 %

Jahresarbeit der Vermarktung außerhalb des EEG

15.903 12.827 16.342 14.535

Bruttostromerzeugung Wasserkraft* 20.953 17.671 21.755 20.800

*PSK nur Stromerzeugung aus natürlichem Zufluss

[Quellenangabe: AGEE-Stat, Stand August 2014]

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Innerhalb und außerhalb des EEG wurden 2013 mehr als 85 % der Jahresarbeit direkt vermarktet.

Tabelle 13 zeigt die Anzahl der Anlagen, die einen Anspruch auf EEG-Vergütung haben, deren Vermarktungsform sowie die jeweilige Jahresarbeit. Nimmt man die 129 Anlagen aus Tabelle 5 hinzu, die keinen Anspruch auf Vergütung nach EEG haben und entsprechend direkt vermarkten, erhält man als Gesamtzahl 7.322 Anlagen mit einer Jahresarbeit von 18.894 GWh.

Tabelle 13: Anteil der Anlagen mit Anspruch auf EEG und der Jahresarbeit mit Angabe der Vermarktungsform in 2013 (Auswertung IBFM und Hydrotec)

Anzahl Jahresarbeit [GWh]

direkt EEG mit Wechsel gesamt direkt gesamt Anteil an

der DV

100 kW 11 5129 11 5.411 2 585 0,4 %

> 100 - 200 kW 20 464 10 538 17 310 5,3 %

> 200 - 500 kW 75 525 33 703 114 851 13,4 %

> 0,5 - 1 MW 49 159 23 254 197 703 28,0 %

> 1 - 2 MW 56 69 14 144 354 737 48,0 %

> 2 - 5 MW 99 30 13 146 2038 2435 83,7 %

> 5 - 10 MW 2 0 0 3 62 62 100,0 %

> 10 - 20 MW 1 0 0 1 94 94 100,0 %

> 20 - 50 MW 0 0 1 2 76 182 41,9 %

> 50 MW 1 0 0 1 308 308 100,0 %

Summe 314 6376 105 7.203 3.260 6.264 52,0 %

Erlöse Während Anlagen mit EEG-Vergütung durch die Marktprämie feste Preise für den erzeugten Strom erhalten, verkaufen Anlagen außerhalb des EEG ihren Strom zu schwankenden Preisen im Großhandel.

Der Großhandel von Strom wird generell auf zwei Arten durchgeführt. Neben dem transparenten börslichen Handel existiert der bilaterale OTC-Handel. Dabei kann man an

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den Börsen wie European Energy Exchange (EEX) und European Power Exchange (EPEX) ausschließlich standardisierte Produkte handeln, während sich am OTC-Markt individuell gestaltete Lieferverträge aushandeln lassen. In diesem außerbörslichen Markt findet ein Großteil des Stromhandels statt, auf Grund der Intransparenz des OTC-Markts gilt jedoch der transparente Börsenmarkt als Referenzmarkt. D. h. auch OTC-Geschäfte orientieren sich an den Börsenpreisen (AGORA 2013).

Die Entwicklung des Preises für Grundlaststrom (Baseload) ist in Abbildung 5.1 dargestellt. Ende Juni 2014 kostete Grundlaststrom im Day-Ahead-Handel 3,15 Cent pro kWh.

Abbildung 9: Preisentwicklung am Spotmarkt der EEX/EPEX, Baseload

Langfristige Geschäfte auf dem Terminmarkt werden häufig zu niedrigeren Preisen, kurzfristige Peakkontrakte für die Lieferung von Strom in den Stunden mit hoher Stromnachfrage zu höheren Preisen gehandelt. Im Juni 2014 notierte der Futurepreis pro kWh für Strom zur Lieferung 2015 bei unter 3,5 Cent pro kWh.

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Eigenverbrauch Der Anteil des Eigenverbrauchs an der Gesamtelektrizitätserzeugung des Energieträgers Wasser variiert zwischen 1,2 und 3,4 %, siehe Abbildung 10. Für Pumpspeicher-kraftwerke wurde dabei nur der Anteil aus natürlichem Zufluss berücksichtigt.

Abbildung 10: Eigenverbrauch aller Wasserkraftanlagen

[Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012]

Zustand des Wasserkraftanlagenbestands 3.4

Ökologischer Zustand 3.4.1

Neben der Anlagenkapazität, ausgedrückt durch die installierte Leistung, sind die Stromerzeugung und die Vergütung sowie die Vergütungskategorie von Interesse, die Hinweise auf den Ausstattungsgrad geben kann. Eine Vergütung nach EEG 2000 haben alle damals in Betrieb befindlichen Anlagen erhalten. Das bedeutet, dass Anlagen mit dieser Vergütungskategorie seit dem Jahr 2000 keine ökologische Verbesserung am Standort durchgeführt haben. Anlagen, die eine Vergütung nach EEG 2004 oder 2009 erhalten, haben nach Umfragen in der Regel eine Fischaufstiegsanlage zur Verbesserung des ökologischen Zustands gebaut. Anlagen mit einer Vergütung nach EEG 2012 müssen die Anforderungen nach WHG bzgl. der Durchgängigkeit und des

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Fischschutzes einhalten sowie eine Steigerung des Leistungsvermögens vorweisen. Diese Anlagen sind demnach am umfangreichsten modernisiert.

Tabelle 14 gibt die Anzahl der jeweiligen Datensätze der im Jahr 2012 nach EEG vergüteten Anlagen wieder. Grundsätzlich sollte jeder Wasserkraftanlage, die eine Vergütung nach EEG erhält, ein eindeutiger Anlagenschlüssel zugeordnet werden, so dass die Zahl der Wasserkraftanlagen der Zahl der Stammdatendatensätze entspricht. Eine detaillierte Analyse einiger Datensätze zeigte jedoch, dass in einigen Fällen Anlagenschlüssel bei Wechsel des Netzbetreibers verändert werden, da diese eine Kennung für den Netzbetreiber beinhalten. Darüber hinaus können größere Anlagen am gleichen Standort durch mehrere Anlagenschlüssel und Stammdaten, die jeweils eine entsprechend geringere Leistung enthalten, repräsentiert werden. Folglich stimmt die Anzahl der Datensätze nicht genau mit der Anzahl der Anlagen überein, gibt aber einen relativ guten Überblick.

In Tabelle 15 ist die installierte Leistung der Anlagen aufgeführt, sortiert nach Leistungsklassen und EEG-Vergütung.

Tabelle 14: Anzahl der Datensätze der im Jahr 2013 nach EEG vergüteten Anlagen, ohne Direktvermarktung (IBFM und Hydrotec)

Anzahl

EEG 2000 EEG 2004 EEG 2009 EEG 2012 Summe

100 kW 3.284 494 1.077 473 5.328

> 100 - 200 kW 144 43 227 86 500

> 200 - 500 kW 145 53 284 117 599

> 0,5 - 1 MW 37 19 96 37 189

> 1 - 2 MW 24 5 35 23 87

> 2 - 5 MW 15 3 16 10 44

> 5 - 10 MW 0 0 0 0 0

> 10 - 20 MW 0 0 0 0 0

> 20 - 50 MW 0 0 0 1 1

Summe 3.649 617 1.735 747 6.748 [Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]

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Tabelle 15: Installierte Leistung der im Jahr 2013 nach EEG vergüteten Anlagen, ohne Direktvermarktung (Auswertung IBFM und Hydrotec)

Installierte Leistung[MW] Gesamt-jahres-arbeit [GWh]

EEG 2000 EEG 2004 EEG 2009 EEG 2012 Summe

100 kW 84,7 15,3 46,0 20,1 166,1 582

> 100 - 200 kW 21,2 6,3 34,2 12,9 74,6 293

> 200 - 500 kW 47,9 17,5 93,1 37,4 195,9 737

> 0,5 - 1 MW 25,4 13,2 67,9 26,0 132,5 506

> 1 - 2 MW 34,5 7,6 52,6 30,3 125 383

> 2 - 5 MW 60,2 8,4 55,2 34,2 158 398

> 5 - 10 MW 0 0 0 0 0 0

> 10 - 20 MW 0 0 0 0 0 0

> 20 - 50 MW 0 0 0 38,9 38,9 105

Summe 273,9 68,3 349,0 199,8 891 3004

[Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]

Betrachtet man, nach welchen EEG-Fassungen die heute in Betrieb befindlichen Anlagen vergütet werden (Tabelle 14), wird deutlich, dass mehr als die Hälfte der Anlagen eine Vergütung nach EEG 2000 erhält. Hierunter fallen vor allem kleine Anlagen, bei denen sich seit der Einführung des EEG im Jahr 2000 bisher keine Änderungen in Ausbau bzw. der ökologischen Anpassung ergeben haben.

Etwa 35 % der Anlagen erhalten eine Vergütung nach EEG 2004 oder 2009. Es ist zu erwarten, dass an diesen Anlagen eine ökologische Anpassung (i.d.R. Bau einer Fischaufstiegsanlage) durchgeführt wurde. Der restliche Anteil (ca. 11 %) wird nach EEG 2012 vergütet. Diese Anlagen müssen durchgängig sein und Anlagen zum Fischschutz aufweisen.

Aus der jeweiligen EEG-Novelle kann auf den Modernisierungsgrad und somit indirekt auf den Modernisierungsbedarf geschlossen werden. Aussagen zu Anlagen außerhalb des EEGs sind nur schwer und unzuverlässig zu ermitteln.

Technischer Zustand 3.4.2

Die technische Modernisierung der Anlagen war bis zum EEG 2012 unabhängig von der Vergütung. Um Aussagen über den Zustand des Kraftwerkparks und damit über den Modernisierungsbedarf bestehender Wasserkraftanlagen zu erhalten, wurden die Betreiber und Betreiberinnen von EEG vergüteten Anlagen in einer Umfrage nach Baujahr und Modernisierungsjahr ihrer Anlage befragt.

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Die an der Umfrage beteiligten Wasserkraftanlagen (Anzahl: 267), die im Jahr 2011 nach dem EEG 2009 eine Vergütung erhielten, wurden zwischen den Jahren 1415 und 2011 errichtet. Der Zubau erfolgte zwischen 1850 und 2010 und ist relativ gleichmäßig. In den 1960er Jahren und ab 2008 wurden etwas mehr Anlagen gebaut als in der übrigen Zeit. Technische Modernisierungen dieser Anlagen wurden ab dem Jahr 1960 durchgeführt, wobei eine Häufung ab dem Jahr 2004 zu verzeichnen ist (Abbildung 11), was mit dem EEG 2004 und den damit verbundenen Anreizen zur Modernisierung korreliert.

Die Betreiber und Betreiberinnen gaben als Zeitraum für die nächste Generalüberholung 1 bis 30 Jahre an, der Durchschnitt lag bei 8 Jahren. Eine Korrelation mit der Anlagengröße war nicht gegeben.

Abbildung 11: Baujahr und Jahr der technischen Modernisierung der Wasserkraft-

anlagen, die im Jahr 2011 eine Vergütung nach EEG 2009 erhielten [Quelle: Umfrage bei den Anlagenbetreiberinnen und Betreibern]

Da nur die Anlagenbetreiber und Betreiberinnen befragt wurden, die eine Vergütung nach EEG 2009 erhalten und damit ihre Anlage ab 2009 modernisiert haben, ist der Zustand aller Wasserkraftanlagen nur schwer abzulesen. Es ist aber zu erkennen, dass fast die Hälfte der Anlagen aus der Befragung älter als 60 Jahre ist und somit die in der Literatur (GIESECKE 2009) angegebene durchschnittliche Nutzungsdauer bereits überschritten hat.

Tabelle 14 zeigt, dass noch im Jahr 2013 mehr als die Hälfte der Anlagen eine Vergütung nach EEG 2000 erhalten hat. Es handelt sich vor allem um Anlagen mit einer installierten Leistung < 100 kW. Die Anlagen dieser Kategorie sind in der Mehrzahl wahrscheinlich nicht technisch modernisiert worden. So wurden Anlagen mit mechanischer Steuerung in

Angaben zu einer Wasserkraftanlage liegen auf einer horizontalen Linie.

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der Regel nicht auf eine elektrische Steuerung umgerüstet. Anlagen mit einer installierten Leistung > 100 kW wurden mit einer technischen Einrichtung zur Ansteuerung nachgerüstet, die teilweise auch Anpassungen der Steuerungstechnik nach sich gezogen hat.

Auch die Betreiber der Wasserkraftanlagen mit einer Leistung P 1 MW wurden bezüglich des Baujahrs ihrer Anlage, der letzten Revision und dem Ende der wasserrechtlichen Zulassung befragt. Die beteiligten 48 Wasserkraftanlagen wurden in den Jahren 1900 bis 2012 errichtet, wobei eine Häufung in den 1920er, den 1960er Jahren und ab 2000 zu erkennen ist (Abbildung 12). Revisionen fanden zwischen 1970 und 2012 statt. Bei zwei Anlagen stand in 2013 eine Revision an.

Die Umfrage ergab, dass in den nächsten Jahren an insgesamt 14 der beteiligten 48 Wasserkraftanlagen Revisionen bzw. Modernisierungen geplant sind. Dabei werden als betroffene technische Komponenten meist die Steuerung und (Turbinen-)Regelung aufgeführt. Nicht alle Anlagen sind vollautomatisiert. Nur einmal wurde jeweils die Revision von Turbine, Generator und Leittechnik, der Bau einer Fischaufstiegsanlage, der Bau einer zweiten Fischaufstiegsanlage, der Einbau einer Restwasserturbine oder eines Rechens genannt. 14 der 48 Anlagenbetreiber und Betreiberinnen gaben an, dass ihrer Meinung nach kein Modernisierungsstau vorliege. In sechs Fällen wurde ein Modernisierungsstau angeführt. Weitere Anmerkungen wiesen darauf hin, dass die Entscheidung für eine Modernisierung allein aus technischen Gründen gefällt wird.

Zwanzig Anlagen verfügen über eine unbefristete wasserrechtliche Zulassung, bei neun Anlagen beträgt die Befristung über 100 Jahre. Genehmigungen, die nach dem Jahr 2000 erteilt wurden, reichen über 25 bis 50 Jahre.

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Abbildung 12: Baujahr, Revisionsjahr und Ende der wasserrechtlichen Zulassung von Wasserkraftanlagen > 1 MW; 2100 = keine Befristung der wasserrechtlichen Zulassung [Quelle: Umfrage bei den Anlagenbetreibern]

Auch bei den Anlagen aus der Umfrage mit einer installierten Leistung > 1 MW ist die Hälfte der Anlagen über 60 Jahre alt. Fast alle Anlagen führten eine Revision durch. Aus den Daten ist aber nicht abzulesen, ob die Anlagen umfänglich modernisiert worden sind.

Insgesamt ist den Ergebnissen der Umfrage zu entnehmen, dass die Mehrzahl der Anlagen die durchschnittliche Nutzungsdauer bereits überschritten hat, dass Revisionen und technische Modernisierungen in mehr oder weniger großen Abständen stattfinden und dass die Mehrzahl der Anlagen eine unbefristete wasserrechtliche Zulassung hat, die bei Neubauten nicht mehr gewährt wird.

Dauer der Vergütungszahlungen 3.5

Die Dauer der EEG-Vergütungszahlungen wurde mit Hilfe der Vergütungskategorie ermittelt. Aus Abbildung 13 ist zu abzulesen, dass im Jahr 2029 690 Anlagen keine Vergütung mehr erhalten, sofern sie nicht vorher eine technische Modernisierung durchführen und damit erneut Anspruch auf Vergütung haben. Damit würde eine installierte Leistung von ca. 160 MW anderweitig zu vermarkten sein. In den Jahren 2030 bis 2033 erreichen jedes Jahr etwa 500 Anlagen oder je 100 MW das Ende der Vergütungsdauer. In den Jahren 2034 bis 2038 sind es noch jeweils ca. 120 Anlagen mit je 14 MW. In diese Zeit fällt aber auch das Ende der Vergütungsdauer von Anlagen, die

Angaben zu einer Wasserkraftanlage liegen auf einer horizontalen Linie.

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zukünftig nach EEG 2014 vergütet werden, so dass mit einer größeren Anzahl an Anlagen zu rechnen ist, deren Stromproduktion anderweitig zu vermarkten ist.

Abbildung 13: Anzahl der WKA und Leistung differenziert nach Ende der EEG –

Vergütungsdauer [Quellenangabe: Plausibilisierte Daten der BNetzA Berechnungsjahr 2013]

Mehr als 3.600 Anlagen und somit 273,9 MW erhalten eine zeitlich unbegrenzte Vergütung nach EEG 2000.

4 Stromgestehungskosten

Grundlage für die Berechnung der Stromgestehungskosten 4.1

Die Stromerzeugungskosten wurden für exemplarische Anlagen verschiedener Leistungsklassen auf Grundlage typischer Kosten und betriebswirtschaftlicher Hauptparameter mittels eines für alle spartenspezifischen Vorhaben einheitlichen Analyserasters ermittelt.

Dabei wurden folgende Kosten berechnet bzw. angesetzt:

Anschaffungsausgaben

Betriebskosten für Instandhaltung, Versicherungen, Verwaltung, Pacht und Unvorhergesehenes

Personalkosten

Annuität für typische Kapitalverzinsungen und Lebensdauern.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

0

50

100

150

200

250

300

Anza

hl

Leis

tung

[MW

]

Laufzeitende

Leistung[MW]AnzahlWKA

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Je nach Abflussverhalten des Gewässers und Ausbaugrad der Anlage ergeben sich unterschiedliche Volllaststunden. Die Volllaststunden wurden so gewählt, dass die typischen Jahreserzeugungen der verschiedenen Leistungsklassen widergespiegelt werden.

Für die Anschaffungsausgaben wurden differenzierte Werte angesetzt. Für den Neubau wurden keine Kosten für Wehrsanierungen oder Umbau berücksichtigt, da diese je nach Standort sehr stark variieren und keine generelle Aussage getroffen werden kann. Im Einzelfall können die Kosten für den Betreiber ggf. deutlich höher liegen.

Berechnung der Stromgestehungskosten 4.2

Abbildung 14 zeigt die ermittelten Stromerzeugungskosten sowie die Vergütung nach EEG 2012 für den Neubau von Wasserkraftanlagen unterschiedlicher Leistung PInst. Berücksichtigt ist die Degression der Vergütungssätze bei einer Inbetriebnahme im Jahr 2015. Der obere und der untere Grenzfall stellen jeweils die Stromerzeugungskosten bei 110 % bzw. 90 % der gewählten Anzahl an Volllaststunden dar.

Abbildung 14: Vergleich von Stromgestehungskosten und Vergütung beim Neubau von

Wasserkraftanlagen bezogen auf die Leistung PInst, Inbetriebnahme 2015

Für die Modernisierung von Anlagen 5 MW wurde unterschieden nach Anlagen, die noch keine technischen oder ökologischen Anforderungen erfüllen (EEG 2000) und nach Anlagen, die bereits eine Vergütung nach EEG 2004 oder 2009 erhalten und somit bereits Maßnahmen für eine wesentliche Verbesserung des ökologischen Zustands durchgeführt haben. Zu den kompletten Gestehungskosten sind neben den Kosten für

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die Modernisierung auch die Kosten für die bereits vorhandene Wasserkraftanlage zu zählen. Diese Kosten werden als Grundgestehungskosten mit 7,67 ct/kWh angesetzt.

Abbildung 15: Stromgestehungskosten bei der Modernisierung von Wasserkraftanlagen

bis einschl. 5 MW bezogen auf die Leistung PInst und Vergütung nach EEG 2014, Inbetriebnahme 2015

Während bei der Modernisierung der Strom aus Wasserkraftanlagen bis einschließlich einer Leistung von 5 MW in Gänze nach EEG vergütet werden kann, wird bei Anlagen über 5 MW nur der Anteil der Stromerzeugung vergütet, der der Leistungserhöhung zuzurechnen ist.

Abbildung 16 zeigt die ermittelten Maßnahmekosten (nur Kosten für Steuerung oder Dotierturbine) sowie die Vergütung nach EEG 2012 für Wasserkraftanlagen für eine Leistungserhöhung um 1-3 Prozent. Bei einer 50 MW-Anlage bedeutet z. B. eine Leistungssteigerung um 2 % eine zusätzliche Leistung von 1 MW. Berücksichtigt ist die Degression der Vergütungssätze bei einer Inbetriebnahme im Jahr 2015. Der obere und der untere Grenzfall stellen jeweils die Stromerzeugungskosten bei 110 % bzw. 90 % der gewählten Anzahl an Volllaststunden dar.

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Abbildung 16: Maßnahmekosten (nur Kosten für Steuerung oder Dotierturbine) bei der

Modernisierung von Wasserkraftanlagen ab 5 MW bezogen auf die zusätzliche Stromerzeugung und Vergütung nach EEG 2014

Die Kosten für eine umfassende Modernisierung einer Wasserkraftanlage mit einer installierten Leistung > 5 MW sind erheblich höher als hier dargestellt, da eine Leistungssteigerung über diese Größenordnung hinaus in der Regel weitaus umfassendere Maßnahmen erfordert.

Betriebskosten nach Ende der Abschreibungszeit 4.3

Die Betriebskosten von Wasserkraftanlagen setzen sich zusammen aus Kosten für Instandhaltung, Versicherungen, Verwaltung und Pacht sowie Personalkosten. In Tabelle 16 wurden die Betriebskosten in Abhängigkeit verschiedener Leistungsklassen zusammengefasst. Die Zeile „Kosten ohne Inflation“ gibt die Stromgestehungskosten ohne Berücksichtigung der Inflation oder von Strompreisänderungen an. In der letzten Zeile sind 2 % Inflation und 2,3 % Strompreisänderung sowie ein Betrachtungszeitraum von 20 Jahren berücksichtigt.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 35

Tabelle 16: Betriebskosten für Wasserkraftanlagen nach Klassen der install. Leistung

€/a Installierte Leistung

100 kW

200 kW 500 kW 1 MW 2 MW 5 MW 10 MW 20 MW 50 MW

Instandhaltungs-kosten 14.400 25.200 55.250 90.000 130.000 220.000 400.000 560.000 875.000

Versicherungen 1.600 2.660 5.850 7.200 10.000 16.000 28.000 42.000 70.000

Verwaltung 800 1.400 3.250 6.000 12.000 24.000 48.000 84.000 210.000

Miete bzw. Pacht 2.000 3.500 8.125 15.000 25.000 50.000 100.000 175.000 437.500

Unvorhergesehenes 2.400 4.200 9.750 18.000 30.000 60.000 120.000 210.000 525.000

Personalaufwand 5.000 7.500 13.000 45.000 90.000 188.000 300.000 375.000 600.000

Summe laufende Kosten 26.200 44.460 95.225 181.200 297.000 558.000 996.000 1.446.000 2.717.500

Kosten ohne Inflation [ct/kWh] 6,9 5,9 4,5 4,0 3,1 2,2 1,9 1,3 1,0

Kosten mit Inflation und Strom-preisänderung [ct/KWh]

8,1 6,9 5,3 4,7 3,6 2,6 2,2 1,5 1,2

5 Betreiberklientel

Die großen Wasserkraftanlagen ( 1 MW) werden in den meisten Fällen von regionalen oder überregionalen Energieversorgungsunternehmen betrieben. Die Wasserkraft-nutzung ist ein Bestandteil ihres Stromerzeugungsportfolios. Häufig sind sie Tochterunternehmen von Stadtwerken oder von Kapitalgesellschaften.

Von den 409 Anlagen, die in einer bürointernen Datenbank geführt werden, konnten zu 351 Anlagen 97 Betreiber ermittelt werden. Dabei treten 16 Stadtwerke als Betreiber auf. 97 WKA einer Leistung > 10 MW werden von 18 Betreibern geführt, zu denen u.a. Tochterfirmen der großen Energieversorger gehören.

Bei den Betreiberinnen und Betreibern von kleinen Wasserkraftanlagen (< 1 MW) handelt es sich typischer Weise um engagierte Unternehmer oder Privatpersonen oder lokale Energieversorgungsunternehmen.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 36

Für gewerbliche Betreiber bzw. Investoren sind andere Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen anzusetzen als für private Investoren. Tabelle 17 zeigt das typische Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital bei Wasserkraftanlagen sowie die Zinssätze. Dabei sinkt der Eigenkapitalanteil mit der Größe der Anlage.

Tabelle 17: Zinstabelle für Wasserkraftanlagen

Anteil in % Zinssatz* in %

Privatinvestor Fremdkapital 65 - 75 4 - 6

Eigenkapital 25 - 35 3 - 7

Gewerblicher Investor Fremdkapital 70 - 80 4 - 7

Eigenkapital 20 - 30 10 - 12

[*Zinssätze, die im Rahmen des EEG-Erfahrungsberichtes zugrunde gelegt wurden]

Die Betreiber kleinerer Anlagen bis etwa 500 kW berücksichtigen bei ihren Investitionsentscheidungen auch folgende Kriterien:

Längere Nutzungsdauer (weit über den EEG-Vergütungszeitraum)

Geringere Renditeerwartung aus Eigenkapital

Fördergelder

Reduzierung der Betriebskosten durch Eigenarbeit

Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten

Krisensichere Kapitalanlage

Ideelle Werte (z.B. Tradition und unbefristete Wasserrechte in Verbindung mit Grundstück im Familienbesitz).

Betreiberwechsel Der Betrieb einer Wasserkraftanlage ist nur mit einem gültigen Wasserrecht zulässig. Die Wasserrechte sind i.d.R. an die Grundstücke gebunden, so dass die Rechte mit dem Erwerb von Grundstücken den Besitzer wechseln.

Die Stauanlagen sind häufig in öffentlicher Hand, wie z.B. bei den Bundeswasserstraßen, und werden von den Wasserkraftbetreibern gepachtet. Auch gemeinsamer Besitz von Wasserkraftanlagenbetreiber und öffentlicher Hand kommt vor.

Grundsätzlich ist ein Betreiberwechsel also möglich. Informationen zur Häufigkeit von Betreiberwechseln konnten nicht ermittelt werden.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 37

6 Möglichkeiten der Systemdienstleistung von Wasserkraftanlagen

Wasserkraftanlagen sind im Falle einer gegebenen Regelbarkeit dazu geeignet, Systemdienstleistungen zu erbringen und somit zu einem stabilen Netz- bzw. sicheren Systembetrieb beizutragen. Abhängig von der Art der Systemdienstleistungen sind unterschiedliche Anforderungen zu erfüllen, die nachfolgend erläutert werden.

Steuerbarkeit 6.1

Die Marktintegration erfordert, dass Wasserkraftanlagen ihre Erzeugungsleistung gemäß dem jeweiligen Handelsergebnis anpassen und ggf. weitere Leistung für den Fall eines Abrufs bereithalten.

Leistungsbereich Eine grundlegende Randbedingung stellt dabei der zulässige Leistungsbereich einer Erzeugungsanlage dar. So kann im regelfähigen Betrieb die Erzeugung nur innerhalb der zulässigen technischen Grenzen gesteuert werden. Diese ergeben sich bei Wasserkraftanlagen einerseits aus der baulichen Auslegung (Maximalleistung) und andererseits aus der Turbinenauslegung (Mindestdurchfluss). Begrenzend wirkt in letzterem Fall die Kavitation an den Turbinenblättern.

Der Leistungsbereich begrenzt somit sowohl die an Märkten für Fahrplanenergie handelbare Leistung als auch die von Wasserkraftanalgen handelbare Reservemenge.

Zugriffszeiten Der Handel von Fahrplanenergie und die Erbringung von Reserve als Systemdienstleistung erfordern den steuernden Zugriff auf die Erzeugungsanlage in hinreichend kurzer Zeit. Während dies für Fahrplanenergie bei Wasserkraftanlagen zumeist keine relevante Einschränkung darstellt, ergeben sich aus den technischen und organisatorischen Eigenschaft der Reserve relevante Einschränkungen, welche die Erbringung von Systemdienstleistungen einschränken können.

Der Abruf von Minutenreserve und Sekundärregelreserve ist informationstechnisch organisiert, so dass eine sichere Kommunikationsleitung zwischen Übertragungsnetz-betreiber und Wasserkraftanlage erforderlich ist [SPECKAMP 2012]. Die zeitlichen Anforderungen der Primärregelreserve erfordern hingegen die direkte regelungs-technische Verknüpfung von Erzeugungsleistung und Netzfrequenz im Rahmen der Leistungs-Frequenz-Regelung [MOSER 2012]. Dabei sind insbesondere rotierende Massen besonders geeignet, kurzfristigen Frequenzschwankungen entgegenzuwirken.

Laufwasserkraftwerke mit gesichertem kontinuierlichem Durchfluss, steuerbaren Turbinen sowie hinreichender Erzeugungsleistung weisen somit bei geeigneter Ansteuerung die geringste Zugriffszeit auf.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 38

Arbeitsvorhaltung Die Vorhaltung von (Reserve-) Arbeit in Wasserkraftanlagen erfordert i. A. entweder einen angedrosselten Turbinenbetrieb oder das Aufstauen des Wasserlaufs. Nur durch diese Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass Reservearbeit über den marktspezifischen Zeitraum auch erbracht werden kann.

Während eine Androsselung die erzeugbare Energiemenge vermindert, beeinflusst ein Aufstauen i. A. das Gewässersystem, weshalb beide Möglichkeiten zumeist nur in eingeschränktem Maße zum Einsatz kommen.

Organisation 6.2

Neben technischen Anforderungen erfordern Marktintegration und Erbringung von Systemdienstleistungen auch organisatorische Maßnahmen.

Portfoliomanagement Aufgrund der marktbasierten Struktur von Systemdienstleistungen ist es erforderlich, Wasserkraftanlagen auch in ein Portfoliomanagement einzugliedern. Es vermarktet die verfügbare elektrische Erzeugungsleistung an den unterschiedlichen Märkten für Fahrplanenergie und Systemdienstleistungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Fristigkeiten. Dies geht sowohl mit der Beachtung der anlagenspezifischen technischen Randbedingungen als auch mit dem Treffen von Vermarktungsentscheidungen einher.

Pooling Eine Erweiterung des Portfoliomanagements stellt das Pooling mehrerer Anlagen zur gemeinsamen Marktteilnahme dar. Dieses Vorgehen motiviert sich aus den Anforderungen der einzelnen Handelsplätze, die zumeist nicht von einzelnen Kleinanlagen, ggf. aber durch das Aggregieren mehrerer Anlagen erreicht werden kann.

Technische Eignung 6.3

In welchem Umfang Wasserkraftanlagen für eine gemeinsame Reservemarktteilnahme aggregiert werden müssen, ergibt sich aus dem Vergleich der in Tabelle 18 dargestellten technischen und organisatorischen Anforderungen der deutschen Reservemärkte mit den individuellen Anlageneigenschaften: Es müssen mindestens so viele Einheiten zusammengefasst werden, dass die jeweilige Mindestgebotsmenge am Markt innerhalb der Aktivierungszeit überschritten und die Reserve während des gesamten Betrachtungszeitraums erbracht werden kann. Aufgrund der ähnlichen technischen Eigenschaften von Wasserkraftwerken führt dies i. A. dazu, dass zahlreiche Kleinanlagen gemeinsam betrieben werden müssen.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 39

Tabelle 18: Technische und organisatorische Anforderungen der Reservemärkte in Deutschland

Primärregelreserve Sekundärregelreserve Minutenreserve

Mittlerer Gesamtbedarf ± 576 MW + 2.133 MW

- 2108 MW + 2.406 MW - 2.452 MW

Aktivierungszeit 30 Sekunden 5 Minuten 7,5-15 Minuten

Ausschreibung Wöchentlich täglich

Mindestgebot ± 1 MW + 5 MW/-5 MW

Gebotsinkrement ± 1 MW + 1 MW/-1 MW

Vergabe Merit Order der Leistungspreise

Anforderung Unselektiv Merit Order der Arbeitspreise

Vergütung Leistungspreis Leistungs- und Arbeitspreis

Aktuelle Teilnahme am Reservemarkt 6.4

In Kapitel 3.3 wurde gezeigt, dass die überwiegende Zahl der Betreiber von Wasserkraftanlagen (94 %) die Vermarktung über das Festpreismodell des EEG bevorzugt. Dies betrifft aber nur 22 % der in Deutschland installierten Leistung. Da bei dieser Vermarktungsform die gesamte erzeugte elektrische Energie dem jeweiligen Übertragungsnetzbetreiber zur Verfügung gestellt werden muss, ist eine Steuerung und insbesondere Abregelung der Anlagen nicht zulässig und somit eine Teilnahme am Reservemarkt innerhalb dieser Vermarktungsform nicht möglich.

Anders sieht es bei den Wasserkraftanlagen der Leistung > 1 MW aus, die mit einer Gesamtleistung von etwa 3.400 MW etwa 84 % der installierten Leistung repräsentieren und zu 75 % außerhalb des EEG vermarktet werden.

Die Umfrage bei ca. 400 Wasserkraftanlagen bzgl. der Teilnahme am Reservemarkt und der Präqualifizierung für ein bestimmtes Marktsegment (Primär-, Sekundär-, Minutenreserve) ergab, dass fünf Anlagen, also nur etwa 10 % (ca. 14 % der Leistung) am Reservemarkt teilnahmen (Tabelle 19). Die Anlagen hatten eine Präqualifizierung als Minutenreserve. Dabei handelte es sich um zwei Laufwasserkraftwerke und drei Anlagen am gleichen Gewässer, deren Zufluss über einen Speichersee geregelt werden kann. Ob diese Aussagen repräsentativ sind, konnte nicht geklärt werden, da sich die Rückmeldungen der Umfrage auf eine Gesamtleitung von 160 MW und 676 GWh/a (entsprechend etwa 3 % der installierten Leistung in Deutschland) beziehen.

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In zwei Fällen wurde angegeben, dass in 2012 ein Eingriff zur Sicherung der Netzstabilität erfolgt ist. Die Auswertung der Befragung der Netzbetreiber bestätigt, dass Eingriffe zur Netzstabilisierung nur an wenigen Anlagen erfolgten.

Tabelle 19: Auswertung der Rückläufe der Fragebogen für WKA (> 1 MW) zu Teilnahme am Reservemarkt und Präqualifizierung (aus Umfrage WKA > 1 MW, Stand Februar 2013, 48 Rücksendungen insgesamt)

Mit Präqualifizierung im Minutensegment

Teilnahme am Reservemarkt

Anzahl WKA Leistung Anzahl WKA Leistung

ja 5 22 MW 5 (davon 4 WKA mit 100% der

Leistung)

Ca. 16 MW

nein 41 133 MW - -

Keine Angabe 2 4,7 MW 43 144 MW

7 Zubaupotenzial

Das Zubaupotenzial wurde im ersten Schritt als ein technisches Potenzial bestimmt. Dieses wurde aus dem theoretischen Linienpotenzial der deutschen Gewässer durch Berücksichtigung der Fließverluste und unter Einbeziehung der realen Wirkungs- und Ausbaugrade von Wasserkraftanlagen abgeleitet. Als Ergebnis der Untersuchung wird das verfügbare technische Potenzial für Deutschland auf 33,2 bis 42,1 TWh beziffert.

Aus dem technischen Potenzial aller Wasserkraftanlagen (P > 1 MW und 1 MW) von 33,2 bis 42,1 TWh verbleibt nach Abzug des genutzten Potenzials von 20,7 TWh ein technisches Zubaupotenzial von etwa 12,5 bis 21,4 TWh. Die Realisierbarkeit dieses technischen Zubaupotenzials wurde differenziert für große und mittelgroße und kleine Gewässer betrachtet:

Davon befinden sich

11 bis 18,6 TWh an großen Flüssen und

1,5 bis 2,8 TWh an mittelgroßen bis kleinen Gewässern.

Das ermittelte technische Potenzial ist das Ergebnis einer rein physikalischen bzw. technischen Untersuchung. Es stellt das theoretisch maximal nutzbare Potenzial und damit die Obergrenze des nutzbaren Wasserkraftpotenzials dar.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 41

Dabei wurden neue Technologien wie Generatoren mit verbesserten Wirkungsgraden und Turbinen im Bereich sehr kleiner Fallhöhen berücksichtigt, auch wenn diese sich noch in der Erprobungsphase befinden.

Zubaupotenzial an großen Gewässern 7.1

An Elbe, Oder, Donau und Rhein existieren große frei fließende Strecken, die einen erheblichen Anteil des ermittelten technischen Zubaupotenzials beinhalten. Geht man davon aus, dass diese frei fließenden Strecken erhalten bleiben sollen, reduziert sich das technische Zubaupotenzial an den großen Gewässern auf im Mittel 4,0 TWh.

Abbildung 17: Bestehendes Regelarbeitsvermögen sowie ermitteltes Zubaupotenzial an neun großen Flüssen durch Erhöhung des Anlagenwirkungsgrades und des Ausbaugrades an Wasserkraftanlagen P > 1 MW

Der größte Anteil dieses technischen Zubaupotenzials an den großen Gewässern kann mit 2,37 TWh an bestehenden Standorten von WKA mit P 1 MW durch technische Verbesserungen, durch Erhöhung des Anlagenwirkungsgrades und des Ausbaugrades realisiert werden. Dieser Wert unterscheidet sich im Vergleich zum Ergebnis der Bundesstudie (ANDERER et al 2010), da das Zubaupotenzial der bestehenden Moselkraftwerke reduziert werden musste (RUPRECHT 2013).

Die Errichtung von neuen WKA mit P 1 MW an bestehenden Querbauwerken führt zu einer zusätzlichen jährlichen Erzeugung von etwa 0,12 TWh.

An den großen Gewässern können somit ca. 2,5 TWh des Zubaupotenzials von etwa 4,0 TWh durch den Umbau bestehender Standorte von Querbauwerken oder Wasserkraftanlagen genutzt werden. Die verbleibenden 1,5 TWh könnten nur durch den Neubau von Staustufen mit Wasserkraftanlagen in bisher ungenutzten Gewässerstrecken

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 42

realisiert werden. Derartige Neubauten werden jedoch wegen der bestehenden Randbedingungen, Nutzungen und Restriktionen als eher unwahrscheinlich eingeschätzt.

Zubaupotenzial an mittelgroßen und kleinen Gewässern 7.2

An mittelgroßen und kleinen Gewässern konnte als Ergebnis der Studie ein technisch-ökologisch-ökonomisches Zubaupotenzial von etwa 0,6 TWh entsprechend einem weiteren Ausbau um 18 % ermittelt werden.

Insgesamt ergibt sich an den großen, mittelgroßen und kleinen Gewässern ein Zubaupotenzial an bestehenden Standorten von etwa 3 TWh/a.

Zubaupotenzial differenziert nach Bundesländern 7.3

Bei der Ermittlung des Zubaupotenzials für die einzelnen Bundesländer wurde zwischen dem Erzeugungspotenzial als Jahresarbeit (z.B. in GWh) und dem Leistungspotenzial (z.B. in MW) unterschieden. In Tabelle 20 sind die in dem jeweiligen Bundesland zusätzlich ausbaubaren technischen Erzeugungs- und Leistungspotenziale aufgelistet. Baden-Württemberg und Bayern, die Bundesländer mit dem aktuell größten Beitrag zur Stromerzeugung aus Wasserkraft, verfügen auch über die größten noch ausbaubaren Erzeugungspotenziale.

Insgesamt ergibt sich als Summe für alle Bundesländer ein zusätzlich ausbaubares technisches Erzeugungspotenzial von etwa 3,0 TWh/a bei einem technischen Leistungspotenzial von 0,968 GW.

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Tabelle 20: Voraussichtlich zusätzlich ausbaubares technisches Erzeugungs- und Leistungspotenzial für die Wasserkraftnutzung (Stand Anfang 2010, Weserkraftwerk Bremen Hemelingen berücksichtigt) gemäß erweiterter Potenzialstudie für Deutschland (ANDERER et al 2010), (IE 2011)

voraussichtlich zusätzlich ausbaubar

Bundesland Leistungspotenzial [MW]

Erzeugungspotenzial [GWh/a]

Baden-Württemberg 214 707

Bayern 535 1626

Berlin 0,21 0,84

Brandenburg 2,42 9,36

Bremen 0,01 0,02

Hamburg 0,13 0,50

Hessen 31,1 94,8

Mecklenburg-Vorpommern 1,01* 2,87*

Niedersachsen 54,2 158

Nordrhein-Westfalen 52,2 170

Rheinland-Pfalz 42,4 137

Saarland 10,8 23,2

Sachsen 10,4 23,6

Sachsen-Anhalt 8,53 24,0

Schleswig-Holstein 0,63** 2,76**

Thüringen 5,00 25,2

gesamt 968 3.005

* Ohne Berücksichtigung der Einzugsgebiete von Warnow und Peene; ** Ohne Berücksichtigung der Einzugsgebiete von Eider und Trave

Vorgehen der Länder bei geforderter Ausweisung der vorhandenen 7.4WK-Potenziale (§ 35 Absatz 3 WHG)

Die Bundesländer bzw. die zuständigen Behörden sind nach § 35 Absatz 3 WHG verpflichtet, das bisher nicht genutzte Wasserkraftpotenzial an vorhandenen Staustufen zu ermitteln. Dabei ist zu prüfen, ob an den Staustufen oder sonstigen Querverbauungen,

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 44

die am 1. März 2010 bestanden und deren Rückbau zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31 auch langfristig nicht vorgesehen ist, eine Wasserkraftnutzung möglich ist.

Innerhalb der vorliegenden Untersuchung wurden die oberen Wasserbehörden der Bundesländer in Bezug auf § 35 Absatz 3 WHG befragt,

ob nach 2009 Potenzialuntersuchungen in den Bundesländern durchgeführt wurden und

auf welche Weise die Ergebnisse zu standortspezifischen Potenzialen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Zusätzlich wurden Informationen aus Veröffentlichungen und eigenen Arbeiten zusammengetragen und in Tabelle 21 zusammengestellt.

In zahlreichen Bundesländern wurden in unterschiedlichem Umfang Untersuchungen zum Wasserkraftpotenzial durchgeführt. Die meisten Bundesländer nutzen bei der geforderten Ausweisung der Potenziale die Veröffentlichung im Internet, führen öffentliche Informationsveranstaltungen durch und/oder versenden auf Anfrage entsprechende Berichte. Da einige Studien nicht öffentlich vergeben wurden, verwiesen einzelne Bundesländer darauf, dass sie keinen Einfluss auf die Veröffentlichung der Ergebnisse haben.

Für Baden-Württemberg wird die landesweite Potenzialstudie im Frühjahr 2015 abgeschlossen sein und im Internet veröffentlicht werden (Informationen J. Reiss, Büro am Fluss, vom 8.12.2014). Darin wurde das technisch-wirtschaftlich-ökologische Potenzial an bestehenden Querbauwerken und das Ausbaupotenzial an bestehenden oder stillgelegten Wasserkraftanlagen ermittelt. Die bisherigen Ergebnisse sind im Potenzialatlas Erneuerbare Energien veröffentlicht (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Abbildung 18 und Abbildung 19).

Die Bayerische Staatsregierung veröffentlicht für alle (erneuerbare) Energieformen ein GIS-gestütztes System (GIS: geographisches Informationssystem), in dem die aktuell betriebenen Erzeugungsanlagen dargestellt sind (Abbildung 20). Informationen zu bestehenden Wasserkraftanlagen beinhalten den Namen, das zuständige Wasserwirtschaftsamt, Kraftwerkstyp und die Leistungsklasse (z.B. 501 – 999 kW). Darüber hinaus sind das Modernisierungs- und Nachrüstungspotenzial an bestehenden WKA (Abbildung 21) und das Neubaupotenzial an ungenutzten Querbauwerken dargestellt.

Gemäß Energiekonzept der Bayerischen Staatsregierung „Energie innovativ“ vom Mai 2011 soll bis zum Jahr 2021 die Stromerzeugung aus Wasserkraft (ohne Pumpspeicherkraftwerke) auf durchschnittlich 14,5 Mrd. kWh/Jahr gesteigert werden. Dazu sollen bestehende Wasserkraftwerke modernisiert und/ oder nachgerüstet werden.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 45

An bestehenden Querbauten soll natur- und umweltverträglich der Neubau von Wasserkraftwerken erfolgen.

Abbildung 18: Potenzialatlas Erneuerbare Energien Baden-Württemberg, Wasserkraft (http://rips-app.lubw.baden-wuerttemberg.de/maps/?lang=de&app=potenzialatlas, Stand 8.12.2014)

Abbildung 19: Potenzialatlas Erneuerbare Energien Baden-Württemberg, Beispiel

Standorte mit Neubaupotenzial Wasserkraft (Stand 8.12.2014)

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 46

Abbildung 20: Energieatlas Bayern, Wasserkraft (http://geoportal.bayern.de/energieatlas-karten/?1, 8.12.2014)

Abbildung 21: Energieatlas Bayern, Modernisierungs- und Nachrüstungspotenzial

Wasserkraft (http://geoportal.bayern.de/energieatlas-karten/?1, 8.12.2014)

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 47

Tabelle 21: Potenzialuntersuchungen in den Bundesländern; Maßnahmen zur Erfüllung von § 35 Absatz 3 WHG

Ziel der Untersuchung Umfang Quelle / Anmerkung

Maßnahmen zur Umsetzung / Veröffentlichung gemäß §35 (3) WHG

BB Ermittlung des Wasserkraftpotenzials landesweit

[RINDELHARDT 2011b], veröffentlicht

BE Keine aktuelle Untersuchung, Potenzial gering

BW Ermittlung des Wasserkraftpotenzials

Alle Standorte im Einzugsgebiet des Neckars, ohne Bundeswasserstraße Neckar; Alle weiteren Gebiete

[UmweltBW 2010] Fertigstellung/ Veröffentlichung Frühjahr 2015

Veröffentlichung im Internet, Workshops

BY Ermittlung des Wasserkraftpotenzials

Untersuchung an WKA von E.ON und BEW

[E.ON & BEW 2009], Veröffentlichung „Gebietskulisse Wasserkraft“ im Energieatlas Bayern

Landesregierung bietet Unterstützung bei Genehmigungs-verfahren an; Veröffentlichung GIS gestütztes System im Internet

HB

gesamtes Potenzial wird in Bremen Hemelingen genutzt

-

HH Keine aktuelle Untersuchung, Potenzial gering

HE

Potenzialstudie im Rahmen der Studie „Wasserkraftnutzung und WRRL“

Technisch-wirtschaftlich-ökologisches Potenzial an Standorte von Querbauwerken unter Berücksichtigung ökologischer Abflüsse (Qmin, Q_FAA, Q_Bypass)

[THEOBALD et al 2011]

MV Untersuchung zum Wasserkraftpotenzial Landesweit [RINDELHARDT

2011a]

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 48

Ziel der Untersuchung Umfang Quelle / Anmerkung

Maßnahmen zur Umsetzung / Veröffentlichung gemäß §35 (3) WHG

NI

Antwort der Landesregierung vom 15.5.2002 auf eine Anfrage des Landtages zur Förderung der Wasserkraftnutzung

Landesweit, Liste der ausbaubaren Standorte im Anhang

Drucksache 14/3397, veröffentlicht

NW

Aufbau einer landesweiten Datenbank zu Querbauwerken und Wasserkraftanlagen und Untersuchung des Wasserkraftpotenzials

Technisch-wirtschaftlich-ökologisches Potenzial für alle Standorte von Querbauwerken und Wasserkraftanlagen

[ANDERER et al 2007]; Aktualisierung war für 2012/2013 geplant

RP

Aufbau einer landesweiten Datenbank zu Querbauwerken und Wasserkraftanlagen und Untersuchung des Wasserkraftpotenzials

Technisch-wirtschaftlich-ökologisches Potenzial für alle Standorte von Querbauwerken und Wasserkraftanlagen

[ANDERER et al 2009]; Aktualisierung erfolgte in 2011

Fachveranstaltungen und Weitergabe der Liste potenzieller WKA auf Anfrage

SL Potenzialermittlung für die erneuerbaren Energien Landesweit

[IZES 2007], Studie veröffentlicht

SN

Ermittlung der technischen Potenziale der erneuerbaren Energieträger in Sachsen, sowie der wirtschaftlichen Umsetzungsmöglichkeiten

landesweit [VEE 2008], Studie veröffentlicht

ST

Energiestudie mit Prognosen der Energiekennzahlen für die Jahre 2020 bis 2030 zur Vorbereitung der Fortschreibung des Energiekonzeptes der Landesregierung in Sachsen-Anhalt

landesweit

[EUPD&DCTI 2012], Studie veröffentlicht

SH Untersuchung des Wasserkraftpotenzials aus 1990

Landesweit, Liste aller Mühlenstandorte

[SH-MSGE 1990], Broschüre veröffentlicht

Prüfung steht aus

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 49

Ziel der Untersuchung Umfang Quelle / Anmerkung

Maßnahmen zur Umsetzung / Veröffentlichung gemäß §35 (3) WHG

TH

Innerhalb der Studien zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit wurde das Ausbaupotenzial der Wasserkraft standortspezifisch untersucht

Techn.-wirtsch.-ökol. Potenzial an allen Standorte von QBW und WKA im Gewässerverlauf: bisher für die Gewässer Ilm, Unstrut, Saale; in 2012: Studie zur Werra; für weitere Gewässer in Planung: Gera, Apfelstädt, Ohra, Schwarza, Loquitz, Ulster, Schleuse/Nahe

[IBFM 2011]

Bisher für Ilm, Unstrut: Veröffentlichung der Studie, öffentlicher Workshop

Daten aus Veröffentlichungen zur WRRL In den so genannten C-Berichten der Bestandsaufnahme zur EG-WRRL wurden detaillierte Informationen zu Wasserkörpern, Gewässereinzugsgebieten bzw. Teilen der Einzugsgebiete zusammengetragen. Daten zu Wasserkraftanlagen und zur Umsetzung von § 35 Absatz 3 WHG können diesen Berichten in der benötigten Detailschärfe jedoch nicht entnommen werden. Die Erfassung der Querbauwerke erfolgte meist ohne die Erfassung der Nutzung, so dass keine Angaben über Standorte von Wasserkraftanlagen vorhanden sind.

Die Qualität und Quantität dieser Daten ist in den 16 Bundesländern teilweise sehr unterschiedlich, was auf die unterschiedliche Vorgehensweise der Länder bei der Bestandsaufnahme zurückzuführen ist.

8 Genehmigungsregelungen und Projektrealisierungszeiten

Relevante rechtliche Regelungen und Genehmigungsverfahren 8.1

Die Genehmigung von neuen Wasserkraftanlagen oder umfangreichen Umbaumaßnahmen ist ein komplexer Prozess und beinhaltet verschiedene Verfahren. Je nach Bundesland sind unterschiedliche Behörden zuständig.

Wasserrechtsverfahren

Für die eigentliche Zulassung gibt es unterschiedliche Verfahren:

o Planfeststellungsverfahren

o Plangenehmigungsverfahren

o Raumordnungsverfahren

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 50

o Erlaubnis-und Bewilligungsbescheid

Rechtsgrundlage ist das Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Des Weiteren finden sich Regelungen, die die Genehmigung von Wasserkraftanlagen betreffen für die einzelnen Bundesländer innerhalb folgender Gesetze:

Landeswassergesetze

Landesfischereigesetze

Die wasserrechtlichen Regelungen der Wasserkraftnutzung der einzelnen Bundesländer wurden 2012 in einer Studie für das Umweltbundesamt zusammengetragen. Die Publikation ist als Download zu finden unter: http://www.uba.de/uba-info-medien/4287.html

Naturschutzfachliche Planung

Folgende landschaftsplanerische Fachbeiträge sind zusätzlich zur technischen Planung zu erbringen:

o Landschaftspflegerischer Begleitplan

o Umweltverträglichkeitsprüfung

o FFH-Gebiets-Vorprüfung oder FFH-Gebiets-Prüfung

o Spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung

Die umweltrechtlichen Fragen können für eine beabsichtigte Wasserkraftnutzung die größten Einschränkungen bedeuten. Daher ist es im Einzelfall zweckmäßig, eine Umweltverträglichkeitsprüfung als ökologische Vorprüfung zu erstellen. Sofern eine geplante Wasserkraftanlage der Planfeststellung nach § 67 WHG bedarf, ist auch die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich.

Netzanschlussbegehren

Mit dem Netzbetreiber ist zu klären, welches der gesamtwirtschaftlich günstigste und räumlich nächstgelegene Netzverknüpfungspunkt für die neu zu errichtende Anlage ist.

Weiteres

Darüber hinaus können aus den folgenden Bereichen zusätzlich behördliche Abstimmungen erforderlich sein:

o Baurecht

o Bauleitplanung

o Nachbarschaftsrecht

o Lärmschutz.

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Marktanalyse zur Vorbereitung von Ausschreibungen 51

Projektrealisierungszeiten 8.2

Die Realisierungszeiten für den Neubau einer Wasserkraftanlage sind relativ lang. Von Beginn der Planung bis zur Fertigstellung der Anlage vergehen fünf Jahre und mehr (siehe Abbildung 22). Vor der Planung muss ggf. ein Raumordnungsverfahren mit entsprechenden Fristen erfolgen. Bei Modernisierungen können sich die Zeiträume etwas verkürzen, bei größeren Anlagen aber auch deutlich verlängern.

Abbildung 22: Verfahrensdauer und anteilige Kosten für den Neubau einer Wasserkraft-

anlage mit einer Gesamtinvestition von ca. 11,5 Mio.€ (10 Mio. € Bau + 1,5 Mio. € Planung) ohne Grunderwerbskosten

In dem in Abbildung 22 dargestellten Projekt wurde vor Erteilung des Genehmigungs-bescheids mit der Ausführungsplanung begonnen. Das birgt die Gefahr von Umplanungen und somit höheren Kosten, die sich durch Anforderungen des Genehmigungsbescheids ergeben können. Trotzdem ist dieses Vorgehen aus Gründen der Zeitersparnis eine häufig angewandte Praxis.

Die Verwirklichung des Weserkraftwerks Hemelingen (10 MW) dauerte beispielsweise etwa zwölf Jahre. Das 1. Konzept wurde 2001 erstellt. Die fünfjährige Genehmigungs-phase führte Anfang 2007 zum Planfeststellungsbeschluss. Mit dem Bau wurde 2008 begonnen. Die Anlage nahm schließlich nach dreijähriger Bauzeit im März 2012 den regulären Betrieb auf.

Abbildung 23 zeigt die Projektphasen für den Neubau des Wehrkraftwerks Albbruck-Dogern (installierte Leistung 24 MW). Bereits 1981 ließ die Rheinkraftwerk Albbruck-Dogern AG ein Vorprojekt zur Erweiterung der Wasserkraftnutzung am Stauwehr erarbeiten. 1991 ließ das Schweizerische Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft eine Studie erstellen, die ökologische Verbesserungsmaßnahmen am Hochrhein aufzeigte. In dem Katalog von Projektideen für lokale ökologische

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Verbesserungsmaßnahmen war das Wehrkraftwerk eines der bedeutendsten Projekte (SCHLAGETER, 2006).

Abbildung 23: Projektlaufzeit und Kostenentwicklung des Neubaus des Wehrkraftwerks Albbruck-Dogern Quelle: GIESECKE (2013), verändert nach DURST (2014)

Aufgrund der ungenügenden Abflusssituation in der Ausleitungsstrecke hat die RADAG 1994 die Projektidee erneut aufgegriffen und mit der Bedarfsklärung, der Finanzplanung und den Verhandlungen mit den Energieabnehmern begonnen. Die Genehmigungsphase des Grenzkraftwerks dauerte auf deutscher Seite etwa 5,5 Jahre, auf schweizerischer Seite etwa 1,5 Jahre. Die Bauphase dauerte von 2007 bis 2009, also knapp drei Jahre.

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Die Umsetzungsphase bis zur Inbetriebnahme betrug also 16 Jahre. Nach der Inbetriebnahme wurden noch ökologische Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt.

Die Kosten lagen im Zeitraum 2005 bis zur Fertigstellung bei 69,8 Mio. €. In diesen Kosten sind die Kosten für die Planung und Baubewilligung enthalten. Kosten für die Vorstudien, Finanzplanung und Verhandlungen mit den Energieabnehmern sind nicht enthalten (DURST, 2014).

Selbst wenn keine wasserrechtliche Genehmigung für die Modernisierung erforderlich ist, erfordert die Vorbereitung viel Zeit und vor allem wird angestrebt, während der Modernisierungsmaßnahme die Erzeugungsverluste gering zu halten. Deshalb wird i.d.R. jeweils in der wasserarmen Zeit des Jahres (bei alpinen Flüssen im Winterhalbjahr) nur eine Turbine umgebaut. Bei einer großen Anlage mit drei oder vier Turbinen zieht sich somit die Realisierung über vier bis fünf Kalenderjahre.

Die Realisierungszeiten kleinerer Anlagen sind kürzer. Nach einer Statistik des Umweltministeriums Baden-Württemberg beträgt die Verfahrensdauer bei Vorliegen vollständiger Unterlagen für Anlagen bis etwa 500 kW sechs bis sieben Monate. Für den Neubau von Anlagen wird vorab eine Standortabklärung angeboten. Die Dauer hierfür beträgt ca. vier bis sechs Monate. Bei positivem Ausgang liegt die Genehmigungsdauer dann an der unteren Grenze.

9 Grenzkraftwerke

Kraftwerke an Hochrhein und Oberrhein mit deutschen 9.1und nicht-deutschen Anteilen

Hochrhein und Oberrhein bilden über weite Strecken die Grenze zu Frankreich bzw. der Schweiz. Die Wasserkraftanlagen befinden sich dort im gemeinsamen Besitz deutscher und französischer bzw. schweizerischer Unternehmen, wobei der deutsche Anteil am Regelvermögen der Kraftwerke meist 50 % beträgt. Größere Abweichungen von diesem Wert ergeben sich je nach Lage des Gesamtkomplexes (Tabelle 22).

WKA in Grenzgewässern, die keine deutschen Anteile besitzen 9.2

An den Grenzgewässerabschnitten im Hochrhein und Oberrhein werden WKA betrieben, die einen erheblichen Teil des verfügbaren Potenzials verarbeiten, an denen die deutsche Seite aber über keinen Anteil verfügt:

Am Hochrhein befinden sich vier schweizerische WKA mit einer installierten Leistung von insgesamt 159,1 MW (Tabelle 23).

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Am Rheinseitenkanal (Grand Canal d´Alsace) am Oberrhein betreibt der französische Stromkonzern EDF acht WKA mit einer Gesamtleistung von 1.227 MW (Tabelle 24).

Tabelle 22: WKA an Oberrhein und Hochrhein, deren deutsche Anteile <100 % betragen

Kraftwerks- name

deutscher Anteil [%]

Bundes-land km hf

[m] Qa

[m3/s] Pinst, ges

[MW] Ea, ges

[GWh/a] Inbetriebnahme

Kehl 50 BW 4,7 35 1,2 8,2 2009

Iffezheim 50 BW 334 10,6 1095 109,2 750,0 1978

Gambsheim 50 BW 309 10,3 1100 100,0 660,0 1974

Rheinfelden 75,1 BW 147 5,7 600,0 26,0 185,1 1898

Ryburg-Schwörstadt

50 BW 144 12,0 1420 144,0 800,0 1931

Säckingen 50 BW 130 6,6 1450 73,6 492,0 1933

Laufenburg 50 BW 123 10,1 1355 110,0 700,0 1914

Albbruck-Dogern 90,5 BW 110 9,2 1100 84,0 580,0 1933

Reckingen 50 BW 91 8,3 560 38,0 274,5 1942

Eglisau 7,2 BW 80 10,6 415 31,9 242,0 1920

Rheinau 38,3 BW 62 10,5 400 36,0 245,0 1898

Schaffhausen 9 BW 52 6,8 500 28,9 168,0 1964

[Quelle: ANDERER et al 2010]

Tabelle 23: Schweizerische WKA am Hochrhein (100 % schweizerische WKA)

WKA-Name Installierte Leistung

[MW] Regelarbeitsvermögen

[GWh/a] Fallhöhe

[m]

Neuhausen 4,4 41 23 Albbruck-Dogern Wehrkraftwerk 23,3 80 8,75

Augst 46,2 205 6,7 Birsfelden 85,2 534 9 Summe 159,1 860 [Quelle: ANDERER et al 2010]

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Tabelle 24: Französische WKA am Rheinseitenkanal (100 % französische WKA)

WKA-Name Installierte Leistung [MW]

Regelarbeitsvermögen [GWh/a]

Fallhöhe [m]

Kembs 156 938 14,2

Ottmarsheim 156 980 15,5

Fessenheim 180 1.030 15,7

Vogelgrün 140 800 12,3

Marckolsheim 152 928 13,2

Rheinau 152 930 13,3

Gerstheim 143 818 11,75

Straßburg 148 868 13,25

Summe 1.227 7.292

[Quelle: ANDERER et al 2010]

Besonderheiten bei der Planung 9.3

Die integrierte Bewirtschaftung von Oberflächengewässern erfolgt bei grenzüberschreitenden Gewässern großräumig im Rahmen internationaler Kommissionen für ganze Flussgebiete. Alle Kommissionen koordinieren innerhalb ihrer Flussgebiete die Umsetzung der WRRL.

Deutschland ist Mitglied in:

der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins (IKSR)

der Internationalen Kommission zum Schutze er Mosel und der Saar gegen Verunreinigungen (IKSMS)

der Internationalen Kommission zum Schutze der Elbe (IKSE)

der Internationalen Kommission zum Schutze der Donau (IKSD)

der Internationalen Kommission zum Schutze der Oder gegen Verunreinigungen (IKSO)

der Internationalen Maaskommission zum Schutz der Maas (IMK)

der Internationalen Kommission zum Schutze des Bodensees

Weiterhin arbeitet Deutschland mit in der UNECE-Konvention zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen zusammen.

Für den Ausbau des Wasserkraftpotenzials bedeutet dies, dass die Konzessionierung der Schweiz identisch sein muss mit der deutschen Bewilligung. Dies bedingt, dass bereits im Vorfeld, z.B. bei der UVP, ein Abstimmungsprozess erforderlich ist, in dem

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beiden Rechtssystemen Rechnung getragen wird. Die Gesamtdauer des Prozesses liegt dann bei mehreren Jahren, das eigentliche Genehmigungsverfahren dürfte immer noch zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.

10 Neuentwicklungen

Technologieentwicklung in der Wasserkraft 10.1

Die Wasserkraft-Technologie hat einen sehr hohen Reifegrad und eine sehr hohe Zuverlässigkeit erreicht. Große Anlagen erreichen heute Wirkungsgrade im Bereich von 95 % im Optimum, eine große Steigerung ist hier kaum mehr möglich. Auch bei modernen kleinen Anlagen ist der Wirkungsgrad schon sehr hoch (im Bereich von 90 – 92 %), so dass Wirkungsgradsteigerungen demzufolge nur noch begrenzt möglich sind. Dennoch ergeben sich in den letzten Jahren eine Vielzahl an Neuentwicklungen.

Der Fokus bei der Entwicklung in der Kleinwasserkraft liegt neben der Verbesserung von Einzelkomponenten auf folgenden Punkten:

Entwicklung fischfreundlicher Turbinen,

Entwicklung von Anlagen und Komponenten zur Verbesserung der Durchgängigkeit von Geschiebe und Fischen,

Entwicklung neuer Konzepte zur Nutzung geringer Fallhöhen,

Entwicklung von kostengünstigen standardisierten Turbinen.

Neuentwicklung von einzelnen Komponenten 10.1.1

Verbesserte Auslegungsmethoden Durch den Einsatz neuer Auslegungsmethoden – hier ist vor allem der Einsatz moderner Strömungssimulationsmethoden zu nennen, die heute auch kleinen Unternehmen kostengünstig zur Verfügung stehen – ist eine Erhöhung der Wirkungsgrade gegenüber alten Anlagen von ca. 2 – 4% zu erwarten. Vor allem bei „kritischen“ Anlagen (z. B. mit einer sehr großen Fallhöhenschwankung) kann damit ein deutlich besserer Wirkungsgradverlauf in den Einsatzrandbereichen erreicht werden, was zu einer deutlichen Steigerung der Jahresarbeit führt.

Optimierung der Betriebsführung Bei Anlagen mit mehreren Turbinen kann alleine durch eine optimierte Betriebsführung (wirkungsgrad-optimierter Einsatz der einzelnen Turbinen) eine deutliche Steigerung der Jahresarbeit erreicht werden. Je nach Anlage kann diese Steigerung zwischen 2 – 4 % betragen, bei speziellen Anlagen sogar noch mehr. Durch heute eingesetzte Digitalregler, bei denen entsprechende Optimierungsmodule zur Verfügung stehen (z. B. Joint-Control

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der Fa. Andritz) kann die Optimierung der Betriebsführung ohne nennenswerten Aufwand realisiert und somit das Wasserdargebot deutlich effizienter genutzt werden.

Automatisierung von Rechenreinigung und Spülprogrammen Eines der größten Probleme bei Kleinwasserkraftanlagen stellt die Verschmutzung sowohl des Rechens als auch der Turbine dar. Dabei kann es innerhalb sehr kurzer Zeit zu großen Leistungseinbrüchen kommen. In Abbildung 24 ist die Leistungsabnahme an einer Anlage infolge der Turbinenverschmutzung gezeigt.

Noch immer werden Rechenreinigungsanlagen und vor allem Turbinenspülvorgänge manuell durchgeführt. Da diese manuelle Reinigung bzw. Spülung natürlich nicht immer zum optimalen Zeitpunkt erfolgt, kommt es in der Regel zu erheblichen Produktionseinbußen. Heutige moderne Rechenreinigungsanlagen sowie moderne digitale Turbinenregler sind aber ohne nennenswerte Kosten so umrüstbar, dass sowohl die Rechenreinigung als auch die Turbinenspülung mit einem effizienten Spülprogramm automatisch erfolgen kann und sich somit eine deutlich verbesserte Betriebssituation mit einer Mehrproduktion ergibt.

Abbildung 24: Leistungsabnahme einer Kleinturbine infolge Verschmutzung

Anlagen mit variabler Drehzahl Durch die Entwicklungen im Bereich der Windkraft und der Photovoltaik stehen heute effiziente Frequenzumrichter zu moderaten Kosten zur Verfügung. Dadurch können Wasserturbinen auch mit variabler Drehzahl betrieben werden. Rüstet man eine einfach-regulierte Turbine (Francis- oder Propellerturbine) mit einem drehzahlvariablen Generator aus, so ergeben sich damit zwei Vorteile. Zum einen erhält man einen deutlich breiteren Wirkungsgradverlauf und damit einen höheren Wirkungsgrad im Teillast- und Überlastbereich. Dies führt vor allem bei Anlagen mit starker Wassermengenschwankung zu einem erheblichen Gewinn an Jahresarbeit. Zum zweiten erreicht man ein höheres Schluckvermögen der Maschine, was bei einer Anlage, die genügend Wasser zur Verfügung hat, zu einer weiteren Steigerung der Jahresarbeit führt. Der

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Wirkungsgradverlauf einer einfach-regulierten Maschine mit variabler Drehzahl ist in Abbildung 25 dem einer konventionellen Turbine mit fester Drehzahl gegenübergestellt.

Abbildung 25: Wirkungsgradvergleich von fester und variabler Drehzahl bei einer einfach-

regulierten Maschine

Betrachtet man allerdings doppelt-regulierte Maschinen (Kaplan- oder Rohrturbine) so ergibt sich nur eine marginale Verbesserung des Wirkungsgrades. Hier lohnt sich ein Betrieb mit variabler Drehzahl im Allgemeinen nicht. Lediglich bei Anlagen mit extrem schwankender Fallhöhe kann man durch den Betrieb mit variabler Drehzahl einen größeren Betriebsbereich realisieren, dadurch kann ein Zugewinn an Jahresarbeit erreicht werden.

Entwicklungen im Generatorbau Im Bereich der Generatorentwicklung geht der Trend zu direkt-gekoppelten Generatoren. Dies hat zwei Vorteile, zum einen erreicht man einen besseren Wirkungsgrad und zum anderen eine Reduktion der Wartung, wenn man auf ein Getriebe verzichtet. Mit einem direkt-gekoppelter Generator steigt der Wirkungsgrad um ca. 2 % gegenüber einer Getriebevariante.

In den letzten Jahren werden darüber hinaus immer häufiger Permanentmagnet-erregte Generatoren eingesetzt. Diese erfordern zwar bei der Installation und Wartung ein gewisses Know-How, man erreicht dadurch aber vor allem im Teillastbereich noch einmal eine deutliche Steigerung des Wirkungsgrades. Gegenüber konventionellen Generatoren haben Permanentmagnet-erregte Generatoren zusätzlich den Vorteil, dass sie deutlich kleiner bauen, was z. B. bei Rohrturbinen Vorteile bringt.

Durch den Einsatz von Hochtemperatur-Supraleitenden Generatoren kann der Generatorwirkungsgrad noch einmal gesteigert werden. Vor allem im Teillastbetrieb weisen diese Generatoren noch einmal eine deutliche Verbesserung auf. Diese

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Technologie scheint jedoch noch nicht die Zuverlässigkeit zu besitzen, die für einen Einsatz in Wasserkraftanlagen notwendig ist, um einen langlebigen, wartungsarmen Betrieb zu gewährleisten. Die Wirkungsgrade der einzelnen Generatortypen sind in Abbildung 26 zusammengestellt.

Abbildung 26: Vergleich der Wirkungsgradverläufe von verschiedenen

Generatorkonzepten [Quelle: Zenergy Power]

Neuentwicklung bei Wasserrädern 10.1.2

Vermehrt kommen auch wieder Wasserräder für den Einsatz bei sehr kleinen Anlagen mit niedriger Fallhöhe und relativ kleinen Wassermengen zum Einsatz. Wasserräder haben den Vorteil, dass der bauliche Aufwand bei einer Anlage deutlich geringer ist als bei der Verwendung von konventionellen Turbinen. Dafür erreichen sie nur deutlich kleinere Wirkungsgrade als Turbinen. Neue Entwicklungen im Bereich der Wasserräder beinhalten meist neue Fertigungsmethoden und einen modularen Aufbau, so dass eine einfache Anpassung des Rades an die örtlichen Gegebenheiten möglich ist. Beispielhaft

Fischfreundlichere Turbinen 10.1.3

Bei der Entwicklung einer fischfreundlicheren Turbine wird darauf geachtet werden, dass Schädigungen an Fischen möglichst vermieden werden. Das führt dazu, dass eine fischfreundlichere Turbine nahezu spaltfrei ist. Sie weist einen großen Abstand zwischen Leit- und Laufrad mit wenigen Laufradschaufeln auf, damit sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Kollision. Darüber hinaus ist sie für eine relativ niedrige Drehzahl ausgelegt. Um den Druckgradienten möglichst zu verkleinern, ergeben sich relativ lange Laufradschaufeln. Durch die langsame Drehzahl und die deutlich langsamere Strömungsgeschwindigkeit als bei konventionellen Turbinen ist auch die

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Kavitationsgefahr minimiert. In Abbildung 27 sind zwei fischfreundlichere Laufräder dargestellt. Deutlich sieht man die wenigen und langen Laufschaufeln.

Durch das fischfreundlichere Design kann die Mortalitätsrate deutlich gesenkt werden. Eine Schädigungsrate im Bereich von 4 – 8 % bei konventionellen Turbinen kann durch ein fischfreundliches Design auf 1 – 3 % reduziert werden (Grünig 2013). Das klingt zwar nicht sonderlich viel, betrachtet man aber eine Staustufenkette, so sieht man, dass die Überlebensrate nach z.B. 12 Staustufen bei einer konventionellen Turbine mit einer Mortalitätsrate von 5 % bei ca. 53 % liegt, während sie bei einer fischfreundlicheren Turbine (Mortalitätsrate 2 %) ca. 78 % beträgt.

Abbildung 27: Beispiele für fischfreundliche Turbinenlaufräder

a) Alden-Turbine [Alden 2013], b) [Grünig 2013]

Anlagen zur Verbesserung der Durchgängigkeit 10.1.4

Neben der Durchgängigkeit für Fische und andere Lebewesen ist natürlich auch die Durchgängigkeit für Geschiebe wünschenswert. Demzufolge wird versucht, Anlagen zu entwickeln, die dieses Kriterium erfüllen. In Abbildung 28 sind einige Beispiele gezeigt. Es handelt sich dabei um einen Coanda-Rechen (Abbildung 28a), ein Schachtkraftwerk mit überströmtem Rechen (Abbildung 28b), sowie ein unter- und überströmtes Kraftwerk (Abbildung 28c), das angehoben bzw. abgesenkt werden kann, um im Bedarfsfall das Geschiebe unter dem Kraftwerk durchzulassen.

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Abbildung 28: Beispiele von Anlagen zur Verbesserung des Fischabstiegs und der

Durchlässigkeit von Geschiebe, a) Coanda-Rechen aus [Pelikan 2012], b) Schachtkraftwerk [BR 2013], c) Unter- und überströmte Turbine [Hydro 2013]

Anlagen zur Nutzung geringer Fallhöhen 10.1.5

Der größte Anteil von neuen Kraftwerken an bestehenden Querbauwerken weist nur eine relativ geringe Fallhöhe auf. Um diese Anlagen ausbauen zu können, ist es deshalb notwendig, entsprechende Turbinen zur Verfügung zu haben. Darüber hinaus dürfen die Baukosten auch nicht das ganze Projekt unwirtschaftlich machen. In Abbildung 29 sind exemplarisch drei Entwicklungen gezeigt. Es sind dies die VLH-Turbine (Juhrig 2011), eine Wasserkraftschnecke (Pelikan 2012) sowie die Entwicklung eines speziellen Wasserrades im HYLOW Projekt (Hylow 2013). Alle diese Entwicklungen zeigen zwar etwas niedrigere Wirkungsgrade als konventionelle Turbinen, dafür ist aber der Bauaufwand deutlich geringer als bei konventionellen Anlagen, was eine ökonomische Realisierung eines Projektes oft einfacher machen kann.

Abbildung 29: „Turbinen“-Konzepte zur Nutzung geringer Fallhöhen

a) VLH-Turbine [Juhrig 2011], b) Wasserkraftschnecke [Pelikan 2012], c) Wasserdruckmaschine [Hylow 2013]

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Standardisierte Einfachturbinen 10.1.6

Um vergleichsweise kostengünstige Turbinen für Kleinwasserkraftanlagen bereitstellen zu können, versuchen die meisten Hersteller einen Satz von standardisierten, einfachen Turbinen (z. B. ohne Leitrad- und Laufradverstellung) bereit zu stellen. Hier sei exemplarisch die Matrixturbine der Fa. Andritz oder der StreamDiver der Fa. Voith genannt. Dadurch können wirtschaftliche Rahmenbedingungen erreicht werden, die einen ökonomischen Ausbau eines Standorts erst möglich machen.

Abbildung 30: Standardisierte Turbinen

a) Matrixturbine der Fa. Andritz [Andritz 2013], b) Streamdiver der Fa. Voith [Kössler o.J.]

Weitere Entwicklungen 10.1.7

Neben den aufgezeigten neuen Technologien gibt es noch zahlreiche weitere Entwicklungen. Dabei liegen aber meist keine ausreichenden zuverlässigen Daten vor, um die Effizienz dieser Systeme beurteilen zu können, bzw. die Effizienz dieser Entwicklungen ist so schlecht, dass sie hier nicht betrachtet werden.

Technologieentwicklung bei den ökologischen Maßnahmen 10.2

Der Betrieb von Wasserkraftanlagen ist an eine behördliche Zulassung gebunden. Die §§ 33 bis 35 WHG müssen erfüllt sein. Dort werden eine Mindestwasserführung, die Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer und der Schutz der Fischpopulationen gefordert.

Für die Abgabe des Mindestabflusses sind keine besonderen technischen Einrichtungen erforderlich. Die „Durchgängigkeit“ fand als hydromorphologische Qualitätskomponente Eingang in die Europäische Wasserrahmenrichtlinie und damit auch in das deutsche Wasserrecht. Im Mai 2014 ist das DWA-Merkblatt M 509 „Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke - Gestaltung, Bemessung, Qualitätssicherung“ erschienen. Darin wird ein neuer Standard für die Herstellung der aufwärts gerichteten Durchgängigkeit festgelegt. Weitere Entwicklungen sind nur begrenzt zu erwarten.

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Maßnahmen zur Herstellung der flussabwärts gerichteten Durchgängigkeit 10.2.1und zum Schutz der Fischpopulationen

Die Durchgängigkeit flussabwärts und der Schutz der Fischpopulationen sind an Wasserkraftanlagen eng miteinander verknüpft. Die Fische können nur abwandern, wenn sie vor einer Schädigung an der Wasserkraftanlage geschützt werden. Zudem müssen die so geschützten Tiere in das Unterwasser gelangen können.

Gefährdungen für die abwandernde Fischfauna bestehen an Wasserkraftanlagen am Einlaufrechen und durch die Passage von Turbinen. Das Schädigungspotenzial ist mittlerweile ausreichend dokumentiert (z.B. UBA 2010a, EBEL 2008, ATV-DVWK 2004).

Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen gilt:

Hohe Schutzraten können nicht mit Verhaltensbarrieren (Nutzung von Licht, Strom, Schall etc.), sondern nur mit mechanischen Barrieren, die die Passage von Organismen durch kleine lichte Weiten verhindern, realisiert werden.

Durch die Modifikation von Nutzungsanlagen und ihrer Betriebsweise ist eine gewisse Reduzierung der Schädigung von Fischen möglich.

Ein vollständiger Schutz aller abwandernden aquatischen Organismen einschließlich aller Entwicklungsstadien an bzw. in Wassernutzungsanlagen wäre allenfalls bei sehr kleinen lichten Weiten der Rechen und sehr geringen Anströmgeschwindigkeiten möglich. An realen Nutzungsanlagen können diese Bedingungen nicht erfüllt werden. Daher ist es zwingend erforderlich, Zielarten und –stadien für den Fischschutz zu definieren und die Schutztechniken auf deren Körpergröße und Verhalten zu bemessen. Berücksichtigt man in Bezug auf die Fische die Anforderungen von § 35 WHG, so muss die zulässige Schädigungsrate an einem Standort durch Betrachtung der Gesamtschädigungsrate in einem Gewässer abgeleitet werden.

Für die diadromem Fischarten ist die erforderliche Bemessung von Fischschutzanlagen bekannt. Durch derartige Anlagen kann gleichzeitig ein hoher Schutz der potamodromen Arten erreicht werden. Jedoch sind bei diesen Arten die Auswirkungen von Schädigungen auf die Fischpopulationen nicht ausreichend geklärt. Fischschutzanlagen für die diadromen Arten Lachs, Meerforelle und Aal können aus technischer Sicht mittlerweile an Nutzungsanlagen bis zu einem Durchfluss von ca. 50 m³/s realisiert werden. In Folge der geringen lichten Weiten steigen die hydraulischen Verluste und die Aufwendungen zur Reinigung der Rechenfläche. Daher entsteht insbesondere bei der Nachrüstung ein erheblicher finanzieller Aufwand.

Für kleinere und mittlere Wasserkraftanlagen gibt es mit Vertikalrechen (ca. bis 30 m³/s Ausbaudurchfluss) und Horizontalrechen (bis ca. 50 m³/s Ausbaudurchfluss je Recheneinheit) gegenwärtig einen Stand des Wissens und der Technik, mit dem funktionsfähige, mechanische Fischschutz- und Abstiegsanlagen einschließlich der erforderlichen Reinigungstechnik realisiert werden können (Forum Fischschutz 2014).

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Abbildung 31: Fischschutzrechen

a) Horizontalrechen (Bauphase), dR = 12 mm (WKA ca. 300 kW) b) Vertikalrechen (Bauphase), dR = 10 mm mit Reiniger (WKA ca. 500 kW)

Fischschutzanlagen erfüllen nur dann ihren ökologischen Zweck, wenn den Tieren gleichzeitig auffindbare und passierbare Abwanderkorridore angeboten werden. Die Auffindbarkeit der Abwanderkorridore hängt vom Verhalten der Fische an der Barriere und beim unmittelbaren Einstieg in den Bypass ab. Sowohl für anadrome als auch für katadrome Arten wurden Kombinationen von Fischschutz- und Abwandereinrichtungen realisiert, jedoch fehlt weitgehend ein wissenschaftliches Monitoring, um die Effektivität zu klären und die Weiterentwicklung zu fördern.

Speziell für den Aalabstieg sind verschiedene Abwandersysteme entwickelt worden, die das Verhalten der Tiere nutzen, um sie in einen Bypass zu locken. Verhaltens-beobachtungen (ADAM et al. 1999) zeigen, dass abwandernde Aale bei der Annäherung an eine Barriere ihre Schwimmrichtung umkehren und sohlennah in Richtung Oberwasser entfliehen, wenn die Anströmgeschwindigkeit am Rechen 0,5 m/s nicht übersteigt. Derzeit findet an verschiedenen Standorten ein Monitoring statt, um die Effektivität und Betriebstauglichkeit der Anlagen zu überprüfen.

a) b)

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Abbildung 32: Aalsammelsystem a) Bottom Gallery® [ADAM et al. 2002], Foto aus der Bauphase b) „Vorrichtung für den Abstieg von Aalen an Wasserbauwerken“ Foto aus der Versuchsanordnung) [HÜBNER 2009]

Für einen Einsatz an großen Wasserkraftanlagen erfüllt der gegenwärtige Stand der Technik aber nicht die Bedingungen für ein wirksames Maßnahmenkonzept zum Fischschutz und Fischabstieg (FORUM FISCHSCHUTZ, 2014). Es existiert aktuell kein Stand der Technik, mit dem funktionsfähige Fischschutz- und Abstiegsanlagen einschließlich der erforderlichen Reinigungstechnik zu wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen realisiert werden können.

Daher werden insbesondere an großen Wasserkraftanlagen Methoden des fischfreundlichen Betriebsmanagements diskutiert und in bestimmten Fällen angewandt:

Fang und Transport: die Abwanderstadien diadromer Arten werden mit fischereilichen Methoden gefangen und flussabwärts transportiert. Dieses Verfahren wird für Aale seit vielen Jahren an Mosel und Saar sowie seit 2009 auch am Main angewendet.

Durch Frühwarnsysteme werden die Zeiten/Spitzen der Aalabwanderung ermittelt und Wasserkraftanlagen entlang der Wanderroute temporär gedrosselt oder abgeschaltet und Wehre oder Bypässe geöffnet.

Das Frühwarnsystem MIGROMAT® (ADAM 2000, DURIF 2003; DVWK 2004) für die Zielart Aal beruht auf der prämigratorischen Unruhe, die bei gehälterten Aalen vor dem Beginn von Abwanderwellen im Gewässer festgestellt wurde.

a) b)

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Dementsprechend werden Aale in einem Tank, der mit Flusswasser versorgt wird, automatisch beobachtet. Erhöhte Aktivitäten der Aale im Tank korrelieren mit Aalabwanderungen im Gewässer. Innerhalb eines EG-Projektes an der Maas (BRUIJS et al., 2003) konnten mit dem MIGROMAT® an den beiden niederländischen Wasserkraftanlagen Linne und Alphen 66 % bzw. 73 % der Abwanderereignisse zeitnah prognostiziert werden. Seit 2002 wird das Wasserkraftwerk Wahnhausen an der Fulda mit Hilfe eines MIGROMAT® aalfreundlich betrieben. 2011 wurden drei weitere Kraftwerksstandorte an Weser und Werra im Auftrag der norwegischen Statkraft Markets GmbH mit MIGROMAT® ausgestattet. Auch an Main und Regnitz sind drei MIGROMAT® im Auftrag der Rhein-Main-Donau AG in Betrieb.

An Standorten mit mehreren Turbinen können die Maschinen während der Abwanderspitzen im fischfreundlichsten Betriebspunkt gefahren werden. Ggf. sind dazu je nach Abfluss im Gewässer einzelne Maschinen abzuschalten.

Abbildung 33: Behälter des MIGROMAT® am Wehrpfeiler der WKA Langwedel, Weser

Darüber hinaus können – meist im Zusammenhang mit ohnehin erforderlichen Revisionen – fischfreundlichere Laufräder und veränderte/variable Drehzahlen zur Anwendung kommen. Wirksam auffindbare, artspezifisch gestaltete Bypässe können den Anteil der Fische, die die Turbine(n) passieren, merklich reduzieren.

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11 Literatur

AGEE-Stat 2014 Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.): Zeitreihen zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland – unter Verwendung von Daten der Arbeitsgruppe Erneuerbaren Energien-Statistik (AGEE-Stat) (Stand: August 2014)

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