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1 Massenspektrometrie II (Bilder aus Hesse, Meier, Zeeh: Spektroskopische Methoden in der Organischen Chemie) Moderne Ionisationsmethoden Neuentwicklungen in der Massenspektrometrie erfolgten in den letzten 10 Jahren vor allem auf dem Gbiet milder Ionisationsmethoden. Die drastischen Bedingungen der Elektronenstoßionisation verhindern oft sogar das Erscheinen eines Molekülionenpeaks; empfindliche Moleküle zerfallen bereits während der Ionisation. Auch die Beobachtung größerer Moleküle war lange Zeit unmöglich; als Meilenstein wurde die Möglichkeit avisiert, ganze Biomakromoleküle unzersetzt in die Gasphase zu befördern und dort mit MSExperimenten zu untersuchen. Chemische Ionisation CI: Bei diesem älteren Verfahren muss die zu untersuchende Substanz zunächst verdampft werden. Gleichzeitig wird ein ReaktandGas (Methan, Ammoniak) konventionell per EI ionisiert und in der Folge protoniert (CH 4 + , NH 4 + ); trifft dieses auf das gasförmige Substrat, so gibt es sein Proton an den Analyten ab. Es kommt zu einer Protonenübertragung in der Gasphase; das entstandene [M+H] + Molekülion geht Zerfallsreaktionen ein und liefert ein CIMassenspektrum. Folgende Reaktionen finden bei der MethanIonisierung statt: EITeil: CH 4 +e CH 4 .+ + 2e CITeil: CH 4 .+ + CH 4 CH 5 + + CH 3 . M + CH 5 + [M+H] + + CH 4 Noch milder reagiert Ammoniak: EITeil: NH 3 +e NH 3 .+ + 2e CITeil: NH 3 .+ + NH 3 NH 4 + + NH 2 . M + NH 4 + [M+H] + + NH 3 Unten sieht man die zunehmend milde Ionisation am Beispiel der Massenspektren von Lysinethylester mit EI, CI (Methan) und CI (Ammoniak). Während mit EI der Molekülionenpeak kaum zu erkennen ist, wird er mit CI zum Basispeak. Im Gegensatz zu Methan erzeugt Ammoniak kaum Fragmentpeaks und zeigt auch die Reinheit der Probe an.

Massenspektrometrie II - uni-due.debc0084/ak_schrader/Vorlesungen/VL-MS_II_SS… · MALDI‐TOF‐MS‐Gerät ohne (links) und mit Reflektron (rechts). Abb. 6. UV‐MALDI MS‐Spektrum

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Massenspektrometrie II 

(Bilder aus Hesse, Meier, Zeeh: Spektroskopische Methoden in der Organischen Chemie) 

Moderne Ionisationsmethoden 

Neuentwicklungen in der Massenspektrometrie erfolgten in den letzten 10 Jahren vor allem auf  dem  Gbiet  milder  Ionisationsmethoden.  Die  drastischen  Bedingungen  der Elektronenstoßionisation  verhindern  oft  sogar  das  Erscheinen  eines  Molekülionenpeaks; empfindliche  Moleküle  zerfallen  bereits  während  der  Ionisation.  Auch  die  Beobachtung größerer Moleküle war lange Zeit unmöglich; als Meilenstein wurde die Möglichkeit avisiert, ganze  Biomakromoleküle  unzersetzt  in  die  Gasphase  zu  befördern  und  dort  mit  MS‐Experimenten zu untersuchen.  

Chemische Ionisation CI: Bei  diesem  älteren  Verfahren muss  die  zu  untersuchende  Substanz  zunächst  verdampft werden.  Gleichzeitig  wird  ein  Reaktand‐Gas  (Methan,  Ammoniak)  konventionell  per  EI ionisiert und in der Folge protoniert (CH4

+, NH4+); trifft dieses auf das gasförmige Substrat, so 

gibt  es  sein  Proton  an  den  Analyten  ab.  Es  kommt  zu  einer  Protonenübertragung  in  der Gasphase; das entstandene [M+H]+‐Molekülion geht Zerfallsreaktionen ein und liefert ein CI‐Massenspektrum. Folgende Reaktionen finden bei der Methan‐Ionisierung statt: 

EI‐Teil:   CH4 + e‐  → CH4

.+ + 2e‐ 

CI‐Teil:   CH4.+ + CH4  → CH5

+ + CH3. 

    M + CH5+  →  [M+H]+ + CH4 

Noch milder reagiert Ammoniak: 

EI‐Teil:   NH3 + e‐  → NH3

.+ + 2e‐ 

CI‐Teil:   NH3.+ + NH3  → NH4

+ + NH2. 

    M + NH4+  →  [M+H]+ + NH3 

Unten sieht man die zunehmend milde Ionisation am Beispiel der Massenspektren von Lysin‐ethylester mit EI, CI  (Methan) und CI  (Ammoniak). Während mit EI der Molekülionenpeak kaum  zu  erkennen  ist,  wird  er mit  CI  zum  Basispeak.  Im  Gegensatz  zu Methan  erzeugt Ammoniak kaum Fragmentpeaks und zeigt auch die Reinheit der Probe an. 

  

 

 

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a) 

 

b) 

 

c) 

 

Abb. 1. Massenspektren von Lysin‐ethylester; a) EI; b) CI mit Methan; c) CI mit Ammoniak. 

 

 

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Elektrospray‐Ionisation ESI: Bei diesem viel mildren Verfahren erfolgt die Ionisation bereits in Lösung; es ist daher auch für  Proteine  etc.  geeignet.  Die  Substanzlösung  (in  Wasser,  Methanol)  wird  durch  eine Kapillare  in die  Ionisationskammer gesprüht. Dabei werden kleine Tröpchen erzeugt, die  in einem  Gegenstrom  von  Trockengas  langsam  verdampfen.  Zwischen  Kapillare  und Kammerwand liegt eine hohe Spannung an (3000‐4000 V) und erzeugt geladene Tröpfchen. Diese werden nun im elektrischen Feld ins Hochvakuum beschleunigt. Während des ganzen Vorgangs  verdampft  das  Lösungmittel  und  positive  Ladungen  sammeln  sich  in  immer kleinerem  Volumen  an,  bis  die Minidroplets  schließlich  platzen  (Coulomb‐Explosion)  und unsolvatisierte Molekülionen (+ oder ‐) freisetzen. Bei großen polaren Molekülen (Proteine) entstehen meist hochgeladene Molekülionen, die bei der nominellen Masse m/n detektiert werden und mathematisch  zu einem einzigen M+ kombiniert werden können. Dafür misst man bei jedem mehfach geladenen Molekülpeak den Abstand benachbarter Isotopenpeaks, der  gerade  einer  atomaren Masseneinheit  entspricht.  Dieser  Abstand  beträgt  bei  einem dreifach geladenen Ion nur noch 1/3 einer atomaren Masseneinheit usw. Abbildung 2 zeigt das  Prinzip  der  Elektrospray‐Ionenerzeugung.  Abb.  3  illustriert  das  Original‐MS‐Spektrum von  Interleukin  6  und  darunter  das  entschlüsselte MS‐Spektrum, welches  nur  noch  einen Peak aufweist. Abb. 4 zeigt das peakarme ESI‐MS‐Spektrum eines synthetischen Peptids mit einer  Verunreinigung  bei m/z  =  592  und  dem  typischen  [M+Na]+‐Peak,  der mitgerissene Natrium‐Ionen aus der Glaskapillare anzeigt.  

 

Abb.  2.  Schematische  Darstellung  eines  ESI‐Massenspektrometers  und  der  Mechanismus  der Ionenbildung.  

 

 

 

 

 

 

Abb. 3. ESI‐MS‐Spektrum von gereinigten  Interleukin 6; oben: Originalspektrum mit allen mehrfach geladenen  Molekülionenpeaks;  unten:  entschlüsseltes  Spektrum  mit  dem  einfach  geladenen Molekülionenpeak bei m = 20903. 

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Abb. 4. Massenspektrum von synthetischem Z‐Ala‐Ala‐Aib‐Pro‐OH (C23H32N4O7; M = 476.5). 

 

Matrix‐Assisted Laser Desorption Ionisation MALDI: Eine  alternative Methode  zur milden  Ionisation  großer  und  empfindlicher Moleküle  nutzt einen Laserstrahl zur Photoionisation. Die Substanz wird mit der 1000‐fachen Menge einer Matrixverbindung  innigst  vermischt  (d.  h.,  gemeinsam  gelöst  und  auf  dem  Target verdampft).  Die  Bestrahlung  der  Matrix  (meist  stark  absorbierende  aromatische Carbonsäuren) mit einem gepulstem Laser führt zur Photoionisation der Matrix, die auf die benachbarten  eingeschlossenen  Substanzmoleküle  übertragen  wird,  meist  durch Protonenübertragung  zu  (M+H)n+  oder  (M+H)m‐.  Dadurch  werden  der  drastische Energieaufnahmeprozess und die eigentliche Ionisation der Analyten voneinander getrennt. Zimtsäure und 2,3‐Dihydroxybenzoesäure sind allgemein einsetzbare Matrices, während 3‐Amino‐4‐benzoesäure  besonders  gut  zur  Analytik  von  Sacchariden  und  6,7‐Dihydroxycoumarin besonders für Peptide geeignet ist. Zur Detektion bieten sich TOF‐ (Time of flight)‐Detektoren an: Alle durch den Laserpuls erzeugten Ionenpakete werden durch ein elektrisches Feld gleichzeitig beschleunigt und  treffen nach einer Flugbahn von bis  zu 3 m nacheinander  auf  dem  Detektor  auf  (v  ~ m/z).  Ihre  Ankunftzeit  ist  proportional  zu  ihrer Masse und wird durch ein sogenanntes Reflektron zwischen Ionenerzeugung und Detektion durch  Kompensation  von  Energieunterschieden  gleicher  Ionen  sehr  genau  gemessen (HRMS).  Die  MALDI‐TOF‐Methode  ist  auch  für  DNA‐  und  RNA‐Messungen  hervorragend geeignet.  Abb.  5  skizziert  (sehr  schematisch)  den  Aufbau  eines  MALDI‐TOF‐MS‐Spektrometers; Abb. 6 zeigt das peakarme MALDI‐Spektrum von gereinigtem Myoglobin und den vergrößerten vorderen Abschnitt der Matrixsubstanzen (2,5‐Dihydroxybenzoesäure und 2‐Hydroxy‐5‐methoxybenzeosäure). Cytochrom C wurde daneben mit einer anderen Matrix aufgenommen (4‐Hydroxy‐α‐cyanozimtsäure).  

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Abb. 5. MALDI‐TOF‐MS‐Gerät ohne (links) und mit Reflektron (rechts). 

 

Abb. 6. UV‐MALDI MS‐Spektrum (Reflektron‐TOF) von Myoglobin (links oben) mit dem vergrößerten vorderen Massenbereich der Matrix  (DHB und MSA,  links unten);  rechts: UV‐MALDI‐TOF‐Spektrum von Cytochrom C (im vorderen Massenbereich ist die Matrix HCZS sichtbar). 

 Ion‐Cyclotron‐Resonanz FT‐ICR: Der „Mercedes‐Benz“ der modernen Massenspektrometrie ist die FT‐ICR‐Technik. Herzstück bildet  hier  eine  zylindrische  ICR‐Zelle  in  homogenem Magnetfeld  (supraleitende Magnete erzeugen 3‐9 Tesla). Die außerhalb der Zelle erzeugten Ionen (z.B. durch ESI) werden durch eine zentrale Öffnung  in die  IRC‐Zelle  injiziert und bewegen sich dort auf Kreisbahn  in der senkrechten  xy‐Ebene  (Ionenfalle).  Durch  eine  außen  auf  dem  Zylinder  befindliche Anregungselektrode können die Ionen mit Radiowellen beschleunigt werden und verändern ihre  Kreisbahn  je  nach Masse.  Bewegte  elektrische  Ladung  im  äußeren Magnetfeld  aber erzeugt  ihrerseits  eine  RF‐Strahlung,  die  von  der  außen    auf  dem  Zylinder  angebrachten Empfängerelektrode gemessen wird und über die FT‐Umwandlung  in ein Massenspektrum übersetzt wird. Zur Vermeidung von Stössen mit Fremdionen (z.B. einem Inertgas) herrscht in der ICR‐Zelle ein Super‐Hochvakuum (10‐10 mbar). Nun können leicht MS/MS‐Experimente etc.  in  der  Ionenfalle  durchgeführt  werden:  man  kann  z.B.  eine  einzige  Ionensorte herausfiltern und diese kurze zeit mit einem Fremdgas beschießen. Durch die Stöße mit dem Fremdgas  kommt  es  zum  Zerfall  der  ausgewählten  Ionensorte  (collision‐induced dissociation),  die  in  Abhängigkeit  von  der  Energie  wieder  Zerfalls‐MS‐Spektren  liefert. Darüber hinaus ist das Auflösung der modernen Geräte höher als A = 106; gepaart mit einer hohen  Massengenauigkeit  ergibt  sich  eine  überlegene  Methode  zur  hochaufgelösten 

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Massenbestimmung  (HRMS).  Abb.  7  zeigt  eine  ICR‐Zelle  mit  Anregungs‐  und Empfängerelektroden sowie dem Prinzip der Energieaufnahme nach RF‐Bestrahlung. In Abb. 8  ist  ein  typisches  FID‐Spektrum  vor  und  nach  der  Fourier‐Transformation  zu  sehen (Indolylacetyl‐tris(aminoethyl)butylamin). 

  Abb. 7. Links: ICR‐Zelle mit Anregungs‐ und Empfängerelektroden. Die „Trapping Electrode“ dient zur Auswahl einer  Ionensorte. Rechts:  ICR‐Zelle  im Querschnitt mit der  spiralförmigen Bahn der  Ionen nach RF‐Anregung und der stabilen Kreisbahn bei Erreichen eines stabilen Endzustands.                  Abb.  8.  Massenspektrum  des  Polyamins  IndAc15N34  mit  der  Elementarzusammensetzung C23H41

14N515N1O1. Free  Induction Decay FID mit absoluter  Intensität a.i. Daneben das durch Fourier‐

Transformation gewonnene MS‐Spektrum mit einer Genauigkeit < 0.5 ppm (siehe Vergößerung).