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Die Lehrausbildung junger Asylwerber/-innen in Wien Möglichkeiten und Herausforderungen Master Thesis zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science Universitätslehrgang Migration Studies eingereicht am Department für Migration und Globalisierung Donau-Universität Krems von Mag. Birgit Karger Mat. Nr. 8603544 Krems, Jänner 2015 Betreuerin: MMag. Isabella Skrivanek

Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

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Page 1: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

Die Lehrausbildung junger Asylwerber/-innen in Wien

Möglichkeiten und Herausforderungen

Master Thesis

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Science

Universitätslehrgang Migration Studies

eingereicht am

Department für Migration und Globalisierung

Donau-Universität Krems

von

Mag. Birgit Karger

Mat. Nr. 8603544

Krems, Jänner 2015

Betreuerin: MMag. Isabella Skrivanek

Page 2: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

Eidesstattliche Erklärung

Ich, Mag. Birgit Karger, geboren am 15.4.1968 in Wien,

erkläre,

1. dass ich meine Master Thesis selbständig verfasst, andere als die angegebenen

Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfen

bedient habe,

2. dass ich meine Master Thesis bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form

als Prüfungsarbeit vorgelegt habe,

3. dass ich, falls die Thesis meine arbeitgebende Institution betrifft, meinen Arbeitgeber

über Titel, Form und Inhalt der Master Thesis unterrichtet und sein Einverständnis

eingeholt habe.

Wien, 31.Jänner 2015 ……………………………………………………………………..

Page 3: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

Danksagung

Ich bedanke mich bei meinen Interviewpartnern, bei MMag. Isabella Skrivanek für die

kompetente und engagierte Betreuung und die zahlreichen nützlichen Hinweise, bei Mag.

Dr. Rita-Maria Kirschbaum und Margaret Zaidan für das Korrekturlesen sowie bei DI

Herbert Karger für die Unterstützung bei der Formatierung.

Diese Arbeit ist Bernhard Grösel gewidmet.

Anmerkung zu gendergerechter Formulierung:

Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, betrifft die gewählte

Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit die

männliche Form gewählt wurde.

Page 4: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

Abstract

Jedes Jahr kommen zahlreiche junge Menschen auf der Suche nach Schutz und

besseren Lebensbedingungen nach Österreich, wo sie oft lange auf eine Entscheidung in

ihren Asylverfahren warten. Asylwerber haben in Österreich nur sehr beschränkt Zugang

zum Arbeitsmarkt. Um ihrem besonderen Bedürfnis nach Ausbildung Rechnung zu

tragen, wurde im Jahr 2012 für junge Asylwerber die Möglichkeit geschaffen, in Österreich

eine Lehrausbildung zu absolvieren. In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen,

inwieweit junge Asylwerber in Wien diese Möglichkeit nützen können und welche

Herausforderungen bzw. Chancen bestehen. Dafür werden zunächst die asylrechtlichen

Zusammenhänge kurz erklärt und die rechtlichen Gegebenheiten hinsichtlich des

Arbeitsmarktzuganges von (jungen) Asylwerbern analysiert. Welche strukturellen und

individuellen Faktoren bestimmend dafür sind, ob junge Asylwerber in Wien tatsächlich

eine Lehre beginnen können, wird anhand der Ergebnisse von Experteninterviews

herausgearbeitet.

Every year a large number of young people come to Austria in search of international

protection or a better livelihood. Often it takes a long time for the authorities to process

their asylum claims. In Austria, asylum seekers have a very restricted access to the labour

market. In 2012, the Austrian government decided to offer young asylum seekers access

to apprenticeship training, to help meet their need for training and education. This paper

examines to what extent young asylum seekers in Vienna can take advantage of this

provision and what obstacles and opportunities they may encounter. The legal framework

of international protection and employment of foreign nationals in Austria is analyzed and

explained. Based on expert interviews the structural and individual factors that determine

whether young asylum seekers can start an apprenticeship in Vienna, are identified.

Page 5: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung Abs. Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AK Arbeiterkammer AMS Arbeitsmarktservice Anm. Anmerkung Art. Artikel ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz AsylG Asylgesetz BAG Berufsausbildungsgesetz Bd. Band BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl BGBl. Bundesgesetzblatt BIS Betreuungsinformationssystem BMASK Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz BMI Bundesministerium für Inneres BMWA Bundesministerium für Wirtschaftliche Angelegenheiten B-VG Bundesverfassungsgesetz BVwG Bundesverwaltungsgericht ErläutRV Erläuterungen zur Regierungsvorlage et al. und andere EU Europäische Union EUR Euro EWR Europäische Wirtschaftsraum FPG Fremdenpolizeigesetz G Gesetz GFK Genfer Flüchtlingskonvention GP Gesetzgebungsperiode GPA-djp Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier GVS Grundversorgungssystem HSV Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger I Interview idF in der Fassung lit. Buchstabe MA Magistratsabteilung mVa mit Verweis auf NGO Nichtregierungsorganisation ÖGB Österreichischer Gewerkschaftsbund RL Richtlinie RZ Randzahl Teilbd. Teilband UMF unbegleitete minderjährige Flüchtlinge UNHCR Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge VfGH Verfassungsgerichtshof VfSlg Verfassungssammlung VG Verfahrensgesetz VwGH Verwaltungsgerichtshof WKO Wirtschaftskammer Österreich ZMR Zentrales Melderegister

Page 6: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ….………………………………………………………………………………….1

1.1 Problemstellung ....................................................................................................... 1

1.2 Aufbau ..................................................................................................................... 4

2. Methodik ...................................................................................................................... 5

3. Herausforderungen für junge Asylwerber am Lehrstellenmarkt ............................. 9

3.1 Benachteiligung von jungen Migranten in der Lehrausbildung ................................. 9

3.2 Ethnische Segmentierung des Arbeitsmarktes .......................................................10

3.2.1 Das neoklassische (orthodoxe) Modell .............................................................12

3.2.2 Die Humankapitaltheorie ..................................................................................12

3.2.3 Die Segmentationstheorie ................................................................................13

3.2.4 Das Insider – Outsider-Modell ..........................................................................14

3.2.5 Benachteiligung von Migranten am Arbeitsmarkt in Österreich ........................16

3.3 Die Lehrlingsauswahl in den Betrieben ...................................................................18

4. Asylrechtlicher Rahmen ............................................................................................23

4.1 Einleitung des Verfahrens ......................................................................................24

4.3 Zulassungsverfahren ..............................................................................................26

4.4 Weiteres Verfahren und Entscheidung ...................................................................28

4.4 Ende der Asylwerbereigenschaft ............................................................................29

4.4.1 Rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens .......................................................29

4.4.2 Einstellung und Gegenstandslosigkeit des Verfahrens .....................................30

4.5 Bedeutung von Ausbildung und Erwerbstätigkeit ....................................................32

4.6 Grundversorgung ...................................................................................................32

5. Lehrausbildung allgemein .........................................................................................34

6. Arbeitsmarktzugang für Asylwerber .........................................................................34

Page 7: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

6.1 Internationale Grundlagen ......................................................................................35

6.2 EU-Recht ................................................................................................................36

6.3 Österreich ...............................................................................................................38

6.3.1 Überblick Ausländerbeschäftigung ...................................................................38

6.3.2 Beschäftigungsbewilligung ...............................................................................39

6.3.3 Arbeitsmarktprüfung (Ersatzkraftverfahren) ......................................................40

6.4 Beschäftigung von Asylwerbern in Österreich ........................................................41

7. Junge Asylwerber in Wien und Lehre ......................................................................43

7.1 Rechtlicher Rahmen ...............................................................................................43

7.2 Formale Voraussetzungen für den Beginn einer Lehre ...........................................44

7.3 Herausforderungen und Chancen...........................................................................45

7.3.1 Stellenwert von Ausbildung und Beschäftigung ................................................46

7.3.2 Information der Asylwerber ..............................................................................48

7.3.3 Information der Betriebe ...................................................................................50

7.3.4 Schulbildung ....................................................................................................50

7.3.5 Deutschkenntnisse ...........................................................................................52

7.3.6 Diskriminierung am Arbeitsmarkt .....................................................................53

7.3.7 Wirtschaftliche Aspekte ....................................................................................54

7.3.8 Rechtliche Regelungen ....................................................................................55

8. Schlussfolgerungen ..................................................................................................56

9. Tabellenverzeichnis ...................................................................................................61

10. Literaturverzeichnis .................................................................................................62

11. Verzeichnis der Rechtsquellen ...............................................................................68

Anhang ...........................................................................................................................71

Page 8: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

1

1. Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Frage des freien Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylwerber ist immer wieder Thema

in den Medien und in der politischen wie juristischen Diskussion. Spätestens seit der

„Besetzung“ der Wiener Votivkirche um den Jahreswechsel 2012/13 ist die Frage der

rechtlichen Möglichkeiten für Asylwerber, während des laufenden Asylverfahrens einer

legalen Beschäftigung nachzugehen, auch in den Medien präsent. Öffentlichkeitswirksam

forderten damals Asylwerber wie Flüchtlingsorganisationen unter anderem auch einen

freien Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber. So findet sich auf der Homepage der

Initiative Refugee Protest Camp Vienna folgende „dringende Forderung" vom 24.

November 2012: „Wir brauchen eine Arbeitserlaubnis. Wir wollen für uns selbst sorgen.

Wir wollen nicht vom Staat abhängig sein. Wir verlangen, dass man uns unsere Würde als

Menschen zurückgibt.“ (Refugeecampvienna 2012)

Schon zuvor hatten sich verschiedenste Organisationen mit dem Thema beschäftigt und

nicht nur die tatsächlichen sondern insbesondere auch die rechtlichen Schwierigkeiten,

denen Asylwerber in Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit unterliegen, thematisiert. So

bildete die soziale Integration von Asylwerbern in dem im Jahr 2000 von der

Europäischen Kommission zur Verringerung von Diskriminierung am Arbeitsmarkt

initiierten Programms EQUAL einen thematischen Schwerpunkt (vgl. Europäische

Kommission 2005: 4, 60f.). In Österreich versuchten die EQUAL-Projekte EPIMA und

EPIMA 2 (vgl. Integrationshaus o.J.) von 2002 – 2007 nicht nur durch

Qualifizierungsmaßnahmen sondern auch durch Öffentlichkeitsarbeit eine Verbesserung

der Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit speziell für junge Asylwerber herbeizuführen.

Immer wieder treten auch Gewerkschafter und Politiker für eine Erleichterung des

Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylwerber ein. So herrschte bei der Arbeitstagung von

EPIMA 2 im Dezember 2006 über Parteigrenzen hinweg die Meinung, dass eine Öffnung

des Arbeitsmarktes nicht nur wünschenswert sondern sogar insgesamt für den

Arbeitsmarkt förderlich sei. Elisabeth Mitter vom Österreichischen Gewerkschaftsbund

(ÖGB), Referat für Bildung, verwies damals auf die am 15. Bundeskongress des ÖGB im

Oktober 2003 einstimmig angenommene Position, wonach der ÖGB für eine totale

Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber eintrete. Dieser Position schloss sich Margit

Kreuzhuber von der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit der Wirtschaftskammer

Österreich (WKO) an. Hermann Deutsch (damals Bundesministerium für Wirtschaftliche

Angelegenheiten [BMWA], Abteilung Ausländerbeschäftigung), Friedrich Kinzlbauer

(damaliger Leiter der Abteilung III/5 des Bundesministeriums für Inneres [BMI]) und

Page 9: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

2

Joseph Wallner (damaliger Leiter der Abteilung für Soziales der Wiener Arbeiterkammer

[AK Wien]), sprachen sich ebenfalls für eine Erweiterung der

Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerber aus (vgl. EPIMA 2006). Insbesondere

Gewerkschaften, aber auch Parteien und Hilfsorganisationen treten nach wie vor für eine

Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber ein. Im Zuge der Proteste rund um die

Votivkirche gab es beispielsweise eine entsprechende Initiative der Sozialistischen

Jugend und der Volkshilfe. Ende 2012 bekräftigte die Bundesgeschäftsführerin der

Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), dass

Asylbewerber ein Recht auf Beschäftigung hätten und dass dieses im Interesse aller sei,

da undokumentierte Arbeit zum Unterlaufen kollektivvertraglicher Standards führe (vgl.

ÖGB 2012). Auch die Volksanwaltschaft setzte sich jüngst für einen erleichterten

Arbeitsmarktzugang für Asylwerber ein und leitete diesbezüglich im Jahr 2013 ein

Prüfverfahren ein, wobei insbesondere auf die unzureichende Datenlage betreffend die

Qualifikationen von Asylwerbern hingewiesen und die Ausweitung von gemeinnützigen

Beschäftigungsprojekten angeregt wurde (vgl. Volksanwaltschaft 2014: 143).

In der Diskussion werden nicht nur ökonomische oder soziale Argumente ins Treffen

geführt. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit kann auch Auswirkungen auf den Ausgang

eines Asylverfahrens haben, da ihr im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehr

in den Herkunftsstaat bzw. der Erteilung eines Aufenthaltstitels durchaus Bedeutung

zukommen kann. Dies gilt insbesondere, wenn sich ein Asylwerber schon lange in

Österreich aufhält. Eine Rückkehr ist nämlich nur zulässig, wenn dabei das Recht des

Einzelnen auf sein Familien- und Privatleben (Art. 8 EMRK) gewahrt wird. Die

entscheidende Behörde muss daher eine Abwägung zwischen den Interessen des

Asylwerbers an seinem Verbleib in Österreich und dem öffentlichen Interesse an seiner

Ausreise vornehmen. Als Maßstab einer solchen Interessenabwägung wird auch der Grad

der Integration herangezogen. Dabei ist eine etwaige Erwerbstätigkeit oder die

Absolvierung einer Ausbildung in Österreich zu Gunsten des Asylwerbers zu

berücksichtigen (siehe dazu unten 4.5). Zwar haben Asylwerber in Österreich

grundsätzlich unter bestimmten Bedingungen Zugang zum Arbeitsmarkt, de facto ist die

Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für sie jedoch nur sehr eingeschränkt gegeben. Die

Möglichkeiten, durch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit eine erfolgreiche Integration

darzulegen, sind somit stark limitiert.

Für junge Asylwerber im Ausbildungsalter hat sich die Situation seit dem Jahr 2012 in

einem Bereich verbessert: Bis 2012 hatten sie kaum Zugang zu dem in Österreich

traditionellen Ausbildungsweg für eine Facharbeiterausbildung – die Lehre. Da nämlich

Page 10: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

3

mit der Aufnahme einer Lehre ein Arbeitsverhältnis begründet wird, benötigen diese

Jugendlichen einen Zugang zum Arbeitsmarkt. Seit 2012 ist es jugendlichen Asylwerbern

unter bestimmten Bedingungen gestattet, ein Lehrverhältnis einzugehen. Dies stellt für sie

eine weitere Möglichkeit einer legalen Erwerbstätigkeit (in Kombination mit einer

Ausbildung) dar.

Da für junge Asylwerber die Möglichkeit, eine Lehre zu absolvieren, erst seit dem Jahr

2012 besteht, gibt es zu diesem Thema noch keine Erhebungen. In der Schriftenreihe des

Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte wird lediglich auf die rechtliche

Möglichkeit eines Lehrverhältnisses für junge Asylwerber hingewiesen (vgl. Mayrhofer

2013). Die Literatur betreffend (junge) Asylwerber beschränkt sich im Übrigen oft auf die

rechtlichen Aspekte insbesondere des Asylverfahrens oder behandelt lediglich

Teilbereiche (vgl. Böckmann 2011, Fronek 2010, Fronek/Messinger 2002, Lukits 2012,

Mayrhofer 2013, Pirker 2010, Suhsmann 2012). Was die Frage des Zugangs zum

Arbeitsmarkt für Asylwerber betrifft, rückte diese in den letzten Jahren nicht zuletzt auch

durch die medial sehr präsenten Proteste auch in der akademischen Diskussion vermehrt

in den Fokus der Aufmerksamkeit. Dieses Thema wird in akademischen Arbeiten

(teilweise am Rande) und auch in der Schriftenreihe des Ludwig Boltzmann Instituts für

Menschenrechte behandelt (vgl. Ammer 2011, Ammer o.J., Filzmoser 2012, Mayrhofer

o.J., Pirker 2010, Wehinger 2012). Eine diesbezügliche europaweite Erhebung enthält

keine Informationen über die Situation in Österreich (vgl. EMN 2013). Auf das Thema

Integration von Asylwerbern wird großteils als Teilaspekt von Migration eingegangen,

wobei dieser Bereich auch unter dem Gesichtspunkt der Integration am Arbeitsmarkt und

der Bedeutung von Erwerbstätigkeit für die Integration beleuchtet wird (vgl. Huber 2010,

Kapeller/Sprung 2002, Kaufmann 2009, Kreuzer 2012, Kucera 2011, Stolzlechner 2007,

Volf 2001, Wolf-Maier 2009, Riesenfelder 2011).

Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, inwiefern es jungen Asylwerbern mit den seit

2012 bestehenden Rahmenbedingungen tatsächlich möglich ist, eine Lehre zu

absolvieren. Die forschungsleitenden Fragestellungen sind dabei:

Welche tatsächlichen Möglichkeiten haben junge Asylwerber in Wien, eine Lehre zu

absolvieren?

Wie groß ist der in Frage kommende Personenkreis? Wie viele absolvieren bereits

eine Lehre?

Welche Faktoren, Rahmenbedingungen und/oder Akteure waren ausschlaggebend,

dass sie eine Lehrstelle gefunden haben?

Page 11: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

4

Welche strukturellen und/ oder individuellen Schwierigkeiten bestehen?

Die Ergebnisse können einerseits Hinweise darauf geben, wie die Chancen von jungen

Asylwerbern auf eine Lehrstelle erhöht werden können bzw. welche Maßnahmen in

diesem Bereich seitens der Flüchtlingsbetreuer aber auch seitens anderer involvierter

Stellen sinnvollerweise gesetzt werden könnten. Nicht zuletzt kann die Beurteilung der

tatsächlichen Möglichkeiten von jungen Asylwerbern im Bereich Bildung bzw.

Erwerbstätigkeit den Entscheidungsträgern im Asylverfahren eine Orientierungshilfe sein.

1.2 Aufbau

Nach einer kurzen Darstellung der angewandten Methodik (Kapitel 2.) wird zunächst in

Kapitel 3. auf die Herausforderungen eingegangen, denen junge Asylwerber (wie alle

jungen Migranten) am Lehrstellenmarkt gegenüberstehen, wobei die diesbezüglichen

theoretischen Ansätze erläutert werden. Dabei wird insbesondere auf die ethnische

Segmentierung des Arbeitsmarktes und die bei der Lehrlingsauswahl durch die Betriebe

wirksamen Mechanismen eingegangen.

Da sich die vorliegende Arbeit ausschließlich auf Asylwerber, d.h. auf Personen bezieht,

die sich im Asylverfahren befinden und die in Österreich noch nicht Asyl oder subsidiären

Schutz erhalten haben, ist es nötig, die Gruppe der betroffenen Personen zu definieren. In

Kapitel 4. wird daher ein Überblick über das Asylverfahren gegeben. Es wird anhand der

gesetzlichen Bestimmungen dargelegt, ab welchem Zeitpunkt eine Person als Asylwerber

anzusehen ist und wann diese Eigenschaft endet. Ebenso wird auf die daran

anknüpfenden Rechtsfolgen insbesondere hinsichtlich des Aufenthaltsstatus und der

staatlichen Versorgung eingegangen. Ergänzend wird kurz auf die Bedeutung der

Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Rahmen des Asylverfahrens hingewiesen.

In Kapitel 5. folgt ein kurzer Abriss über die Lehrausbildung in Österreich.

Daran anknüpfend beschäftigt sich Kapitel 6. mit der Frage des Arbeitsmarktzuganges,

dem angesichts des dualen Charakters der Lehrausbildung für die Aufnahme eines

Ausländers als Lehrling entscheidende Bedeutung zukommt. Zur Beurteilung der Lage

von Asylwerbern, ist es zunächst notwendig, einen Überblick über die Bestimmungen zu

geben, die regeln, unter welchen Voraussetzungen Ausländern allgemein die Aufnahme

einer legalen, unselbständigen Beschäftigung in Österreich gestattet ist. Dafür werden

zunächst die menschenrechtlichen Grundlagen des Rechts auf Arbeit und die

diesbezüglichen europarechtlichen Bestimmungen betreffend Asylwerber berücksichtigt

Page 12: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

5

sowie im Weiteren die für die Ausländerbeschäftigung in Österreich relevanten

Regelungen dargestellt. Dabei wird erläutert, inwieweit junge Asylwerber in Österreich

Zugang zum Arbeitsmarkt haben und welche Auswirkungen sich daran anknüpfen.

Ausgehend von den in den Kapiteln 3. – 6. skizzierten Rahmenbedingungen und

theoretischen Überlegungen beleuchtet Kapitel 7. schließlich die spezifische Situation von

jungen Asylwerbern in Wien. Nach der Darstellung des für den Beginn einer

Lehrausbildung für Asylwerber relevanten rechtlichen Rahmens wird anhand der aus den

Experteninterviews gewonnenen Erkenntnisse im Sinne der oben angeführten

Forschungsfragen die tatsächliche Situation junger Asylwerber in Bezug auf die

Möglichkeit, in Wien eine Lehre zu absolvieren, beurteilt. Es werden die

Forschungsergebnisse dargestellt und analysiert und in Kapitel 8. die entsprechenden

Schlussfolgerungen getätigt.

2. Methodik

Bei den Forschungen wurde qualitativen Methoden der Vorzug gegeben, da es wichtiger

war, Details zu erfahren als Messwerte zu ermitteln (vgl. Bortz/Döring 2006: 297).

Da die Lehrausbildung junger Asylwerber in einem engen Zusammenhang mit asyl-,

beschäftigungs- und ausbildungsrechtlichen Regelungen steht, wurden zunächst die in

Frage kommenden rechtlichen (internationalen, europäischen und nationalen)

Bestimmungen im Sinne einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse auf die für den

gegenständlichen Themenkreis relevanten Inhalte reduziert. Darüber hinaus war es

notwendig, über die reinen Rechtstexte hinaus entsprechende Literatur heranzuziehen,

um unklare Begriffe bzw. Zusammenhänge zu klären. Erhebungen in den Datenbanken

des Arbeitsmarktservice (AMS), der Asylstatistik des Bundesministeriums für Inneres

(BMI), der Statistik Austria und des Hauptverbandes der österreichischen

Sozialversicherungsträger (HSV) ergänzten das Bild. Da hinsichtlich der spezifischen

Situation von jungen Asylwerbern am Lehrstellenmarkt in Wien keine Untersuchungen

vorliegen, wurden teilstandardisierte Interviews mit in diesem Bereich tätigen Experten

geführt.

Zu diesem Zweck wurde ein Interviewleitfaden mit offen formulierten Fragen erstellt,

welcher in zwei Varianten auf die Befragung von Experten in öffentlichen Stellen

(Behörden, Interessensvertretung) bzw. von Betreuern der Jugendlichen

(Flüchtlingsberater, Betreuer von jungen Asylwerbern) angepasst wurde. Die Fragen

umfassten die Themen Betreuungssituation, Information (der Asylwerber und der

Page 13: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

6

Betriebe), Bildung, Deutschkenntnisse, Motivation der Asylwerber, Haltung der

Unternehmer und Beschäftigungsbewilligung. Ziel der Interviews war die Gewinnung von

Informationen und die Erhebung der Einschätzungen der Experten. Durch die

Experteninterviews konnte ein Maximum an Informationsgewinnung bei gleichzeitiger

Sicherstellung der Strukturierung und Vergleichbarkeit der Daten erreicht werden (vgl.

Mayer 2008: 37). Die Interviews wurden persönlich an den Arbeitsstätten der Befragten

durchgeführt. Die Form des Einzelinterviews, bei dem jeweils nur eine einzige Person

befragt wurde, sollte die Möglichkeit geben, auf den Befragten einzugehen und so

möglichst viel an spezifischen Informationen und Einschätzungen zu gewinnen. Aufgrund

guter Vertrautheit mit der Materie (juristische Ausbildung, berufliche Tätigkeit im

Asylbereich) konnten die Experteninterviews als Einzelinterviews ohne Hinzuziehung

weiterer, unterstützender Personen durchgeführt werden. Einem Interviewpartner wurde

der Leitfaden elektronisch übermittelt und er beantwortete die Fragen schriftlich.

Kriterien für die Auswahl der Experten waren die Vertrautheit mit den Themen

Ausländerbeschäftigung, Lehre, Asylrecht, die Tätigkeit in der Betreuung von jungen

Asylwerbern und der persönliche Kontakt zu diesen. Diese Kriterien wurden vorab (vgl.

Mayer 2008: 39) festgelegt und ergaben sich aus Internetrecherchen sowie aus bereits

vorhandenem Wissen über die Betreuungssituation junger Asylwerber und über die

Behördenzuständigkeit im Bereich Ausländerbeschäftigung. Auch erwiesen sich

bestehende persönliche Kontakte zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bzw. dem

Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) als nützlich. Teilweise

wurden Experten auch von einzelnen Interviewpartnern genannt.

Mit folgenden Experten wurden Interviews durchgeführt (in alphabetischer Reihenfolge):

Arbeitsmarktservice Wien

Sabine Sebastianelli

Abteilungsleiterin, Service Ausländerbeschäftigung Wien

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK)

Dr. Hermann Deutsch

Leiter der Gruppe B der Sektion VI (Ausländerbeschäftigung)

Caritas, Wohngemeinschaften für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge (UMF)

Page 14: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

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Mirela Meric

Leiterin der UMF-Betreuungsstelle

An Thu-Tran

Betreuerin in der UMF-Wohngemeinschaft

Mariam Hakimzadeh

Betreuerin in der UMF-Wohngemeinschaft

Don Bosco Flüchtlingswerk, Wohngemeinschaften für minderjährige, unbegleitete

Flüchtlinge

Silvia Zotz

Betreuerin, Beraterin für Asylwerber

Magistrat der Stadt Wien

Norbert Ceipek

Pädagogischer Leiter

Fachbereich Drehscheibe – Sozialpädagogische Einrichtung der MA 11

Wirtschaftskammer Wien

Mag. Erich Huber

Leiter der Lehrlingsstelle

Abteilungsleiter Bildungspolitik und Berufsausbildung

Die Interviews wurden mittels eines digitalen Aufnahmegeräts aufgenommen und

angesichts der Informationsdichte danach vollständig transkribiert. Bei der Transkription

wurde auf die Darstellung nichtsprachlicher Elemente verzichtet und ausschließlich der

Gesprächsinhalt wiedergegeben. Die Aussagen wurden anonymisiert.

Die Auswertung der Interviews erfolgte aufgrund der transkribierten Aufnahmen. Da, wie

oben erwähnt, der Fokus auf der Gewinnung von konkreten Informationen bzw.

Einschätzungen lag, wurde das von Mayer (vgl. Mayer 2008: 48) für Experteninterviews

empfohlene und von Mühlfeld, Windolf, Lampert und Krüger (vgl. Mühlfeld et al. 1981)

entwickelte Auswertungsverfahren herangezogen, dessen „Schwergewicht der

Interpretation […] auf offenkundigen, unverdeckten Kommunikationsinhalten“ (Mayer

2008: 48) liegt. Dieses Verfahren bietet einerseits einen pragmatischen Zugang (vgl.

Mayer 2008: 48) und hat andererseits den Vorteil, dass die Aussagen der Interviewpartner

Page 15: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

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in der ursprünglichen Form erhalten bleiben. Die Auswertung erfolgte in sechs

Einzelschritten (vgl. Mühlfeld 1981: 336 – 338; Mayer 2008: 49, 50):

1. Es wurden spontan ersichtliche Antworten markiert.

2. Die markierten Antworten wurden in ein Kategorienschema eingeordnet. Dieses

wurde zuvor aufgrund der herangezogenen Theorien, der Auseinandersetzung mit

den relevanten Rechtsfragen und nach Informationsgesprächen mit Experten

entwickelt und umfasste folgende Kategorien:

Kategorie 1: erforderliche Bildung

Unterkategorien: Schulabschluss

Deutschkenntnisse

Möglichkeiten zum Erwerb eines Schulabschlusses

Möglichkeiten zum Erwerb von Deutschkenntnissen

Kursangebot

Kategorie 2: Information

Unterkategorien: Information der Asylwerber

Informationsangebot Asylwerber

Information der Unternehmen

Informationsangebot Unternehmen

Kategorie 3: Vorstellungen der Asylwerber über Lehre

Unterkategorien: Berufswünsche

Erwartungen

Was ist Lehre?

Asylverfahren

Interesse an Lehre

Kategorie 4: Sicht der Unternehmen

Unterkategorien: Bereitschaft, Asylwerber als Lehrlinge einzustellen

Bedenken betreffend Einstellung von Asylwerbern

Kategorie 5: Zugang zu Lehrstelle

Unterkategorien: Mangellehrberufe

Bewerbung

Auswahlverfahren in den Unternehmen

Page 16: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

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Kategorie 6: rechtliche Voraussetzungen/ Bürokratie/ Auswirkungen

Unterkategorien: Beschäftigungsbewilligung

Regionalbeirat/ Arbeitsmarktprüfung

Hauptschulabschluss

wirtschaftliche Aspekte

Kategorie 7: Gruppe der Asylwerber

Unterkategorien: Alter

Geschlecht

Unterbringung

Betreuung

Aufnahme in Betreuung

unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

3. Die innere Logik der Informationen innerhalb der einzelnen Interviews wurde unter

besonderer Berücksichtigung von Übereinstimmungen in der Bedeutung und

Widersprüchen hergestellt. Besonders aussagekräftige Passagen wurden

identifiziert.

4. Dies wurde unter weitergehender Detaillierung, Differenzierung und Präzisierung

schriftlich niedergelegt.

5. Ein Text mit Interviewausschnitten wurde erstellt und mit dem transkribierten Text

verglichen.

6. Mit Hilfe der theoretischen Erklärungsansätze und der aus anderen Quellen

abgeleiteten Erkenntnisse (Rechtsnormen, Literatur, Daten) wurden die

gewonnenen Inhalte interpretiert und die Auswertung dargestellt.

3. Herausforderungen für junge Asylwerber am Lehrstellenmarkt

3.1 Benachteiligung von jungen Migranten in der Lehrausbildung

In Österreich sinkt der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (nicht-

österreichische Staatsbürgerschaft bzw. nicht-deutsche Umgangssprache) ab der 9.

Schulstufe merkbar und reduziert sich in der 12. Schulstufe auf rund die Hälfte. Es fällt

auf, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund in diesem Bildungszweig stark

unterrepräsentiert sind (vgl. Dornmayer/Nowak 2013: 38). Da es sich bei den

Jugendlichen mit Migrationshintergrund aufgrund von Herkunftsländern, Migrationsgrund,

Aufenthaltsstatus etc. um eine sehr heterogene Gruppe handelt, gilt dies für den

Page 17: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

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Gesamtdurchschnitt, individuelle Subgruppen können sich in der Bildungslaufbahn stark

unterscheiden. Wie Studien zeigen, verlassen Jugendliche mit Migrationshintergrund

generell früher das weiterführende Bildungssystem und verfügen häufiger lediglich über

einen Pflichtschulabschluss als Jugendliche ohne Migrationshintergrund (vgl.

Dornmayer/Nowak 2006: 4). Wenn man den Bereich der Lehrlingsausbildung getrennt

betrachtet, fällt der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund noch deutlich

geringer aus. So lag im Schuljahr 2011/12 der Anteil von Kindern mit nicht-deutscher

Umgangssprache in Volksschulen und Polytechnischen Schulen bei rund 25 % und in den

AHS auch noch bei 14,2 %, während er in den Berufsschulen lediglich bei 10,6 % lag (vgl.

Dornmayer/Nowak 2013: 42). Hinsichtlich des Anteils von Jugendlichen mit nicht-

deutscher Umgangssprache, die eine Berufsschule besuchen, zeigen sich jedoch (bedingt

durch die unterschiedlichen Anteile von Migranten an der Bevölkerung) große

Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern (Wien: 34,9 %, Niederösterreich:

4,2% Schüler mit nicht-deutscher Umgangssprache [vgl. Dornmayer/Nowak 2013: 44];

anders nach der Arbeitsmarktstatistik: Wien: 35,5%, Niederösterreich: 10,8% [vgl.

Biffl/Skrivanek 2014: 21, Abb. 4]). Zu beachten ist, dass die Umgangssprache lediglich

ein näherungsweiser Indikator für einen Migrationshintergrund sein kann, da es Hinweise

gibt, dass die diesbezüglichen Angaben oft ungenau sind. Dies liegt einerseits in

vereinfachenden Erhebungsvorgängen an den Schulen, andererseits kommt es vor, dass

die Umgangssprache aus Angst vor Nachteilen (insbesondere im Falle von

Minderheitensprachen) oder auf eigenen Wunsch der Schüler mit Deutsch angegeben

wird (vgl. Biffl/Skrivanek 2014: 13). Auch die Daten der Wirtschaftskammer, bei denen

ausschließlich auf die Staatsbürgerschaft abgestellt und die Umgangssprache nicht

berücksichtigt wird, kommen zu ähnlichen Ergebnissen (Wien: 16,2 %, Bgld. 4,6 %

Lehrlinge mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft [vgl. Dornmayr/Nowak 2013: 45]).

Es wird davon ausgegangen, dass die ethnische Segmentierung des Wiener

Arbeitsmarktes (vgl. Fassmann 1997; Biffl 2000; BMASK 2010) in Verbindung mit

diskriminierenden Praktiken bei der Lehrlingsauswahl (vgl. Imdorf 2010) wesentliche

Faktoren für die Benachteiligung junger Asylwerber am Lehrstellenmarkt darstellen.

3.2 Ethnische Segmentierung des Arbeitsmarktes

Empirisch zeigt sich (vgl. Sengenberger 1978: 19), dass bestimmte Gruppen von

Arbeitnehmern dauerhaft von Teilen des Arbeitsmarktes ausgeschlossen sind. Diese

Gruppen, zu denen auch Jugendliche und Migranten zählen können, haben schlechtere

Beschäftigungschancen, sie sind oft auf schlecht bezahlte oder prekäre Arbeitsplätze

Page 18: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

11

beschränkt und häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen (vgl. Sengenberger 1978: 19). Man

kann von einer Arbeitsmarktsegmentation oder Arbeitsmarktspaltung (vgl. Sengenberger

1978) sprechen.

Für den Wiener Arbeitsmarkt wurde bereits Ende der 1990er-Jahre eine starke ethnische

Strukturierung festgestellt (vgl. Biffl 2000). Wie schon 1988 waren auch 1993

ausländische Arbeitskräfte vorwiegend in den Bereichen Bauwesen, Tourismus und

Reinigung beschäftigt (vgl. Fassmann 1997: 26). Auch im Jahr 2014 waren Ausländer zu

einem großen Teil in den Bereichen Baugewerbe, Handel, Gastgewerbe und

Dienstleistungen beschäftigt:

Tabelle 1: Beschäftigte Ausländer in Wien nach Branchen (Jahresdurchschnitt 2014)

Quelle: HSV, 27.01.2015, eigene Bearbeitung

Aktuell stellt auch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

(vgl. BMASK 2010) strukturelle Probleme insbesondere durch eine immer stärkere

Segmentierung des österreichischen Arbeitsmarktes fest und richtet seine aktuellen, für

mehrere Jahre gültigen arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben danach aus: Unter die

besonders von Arbeitslosigkeit betroffenen Personengruppen fallen demnach

insbesondere auch solche, bei denen individuelle Problemsituationen vorliegen.

M + F Männer Frauen

insgesamt 188 560 101 677 86 883

Land- und Forstw irtschaft, Fischerei 536 307 229

Bergbau und Gew innung von Steinen und Erden 56 42 14

Verarbeitendes Gew erbe / Herstellung von Waren 10 806 7 371 3 435

Energieversorgung 305 197 108

Wasserversorgung; Abw asser- und Abfallentsorgung

und Beseitigung von Umw eltverschmutzungen

325 285 40

Baugew erbe / Bau 20 491 19 386 1 105

Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen 29 312 13 713 15 599

Verkehr und Lagerei 8 726 7 530 1 196

Gastgew erbe / Beherbergung und Gastronomie 22 674 12 132 10 542

Information und Kommunikation 6 116 3 965 2 151

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen 5 102 2 583 2 519

Grundstücks- und Wohnungsw esen 5 103 2 099 3 004

Erbringung von freiberuflichen, w issenschaftlichen

und technischen Dienstleistungen

11 868 5 858 6 010

Erbringung von sonstigen w irtschaftlichen Dienstleistungen 23 915 11 801 12 114

Öffentliche Verw altung, Verteidigung; Sozialversicherung 9 318 2 621 6 697

Erziehung und Unterricht 10 337 4 464 5 873

Gesundheits- und Sozialw esen 13 754 3 182 10 572

Kunst, Unterhaltung und Erholung 3 428 1 874 1 554

Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 5 341 1 968 3 373

Private Haushalte mit Hauspersonal; Herstellung von Waren

und Erbringung von Dienstleistungen durch private Haushalte

493 67 426

Exterritoriale Organisationen und Körperschaften 305 124 181

Wirtschaftsklasse unbekannt 249 108 141

BranchenBeschäftigte Ausländer

Page 19: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

12

Migranten, die ohnehin oft in besonders von Arbeitslosigkeit betroffenen Branchen

arbeiten, seien besonders betroffen, da bei ihnen häufig komplexe

Problemkonstellationen wie beispielsweise schlechte Ausbildung oder mangelnde

Deutschkenntnisse vorliegen würden. In diesem Sinne sehen die Zielvorgaben des

BMASK daher auch speziell für jugendliche Migranten eine intensive Betreuung und die

Förderung der Eingliederung in den Arbeitsmarkt vor (vgl. BMASK 2010).

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die theoretischen Ansätze gegeben, die für

die Untersuchung der Zugangsmöglichkeiten und -hürden von jungen Asylwerbern auf

dem Lehrstellenmarkt berücksichtigt wurden. Die herangezogenen Erklärungsansätze

entstanden im Wesentlichen aus der Weiterentwicklung bzw. aus der Kritik des

orthodoxen neoklassischen Modells, das ebensowenig wie die Humankapitaltheorie

dauerhafte Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt erklären konnte. Angesichts der

Segmentierung des Wiener Arbeitsmarktes lässt sich insbesondere das Insider-Outsider-

Modell auf die Situation in Wien anwenden.

3.2.1 Das neoklassische (orthodoxe) Modell

In der neoklassischen Theorie wird der Arbeitsmarkt neben dem Kapitalmarkt und dem

Gütermarkt als ein Teil der Wirtschaft gesehen. Diese Märkte stehen zueinander in

Wechselbeziehung und befinden sich (in sich und auch miteinander) in einem

Gleichgewicht, das durch Lohn, Preis und Zins bestimmt ist (vgl. Pfriem 1978: 49). Da

angenommen wird, dass alle Arbeitskräfte in gleicher Weise produktiv und somit ersetzbar

sind („Homogenitätsbedingung“ [Pfriem 1978: 50]), ist der Arbeitsmarkt einheitlich und das

Bestehen von Teilarbeitsmärkten ist ausgeschlossen. Es herrschen Transparenz und

Mobilität, die Löhne unterliegen keinen sozialen Einflüssen. Jeder Einzelne strebt nach

größtmöglichem persönlichem Nutzen und hat dabei die gleichen Interessen wie alle

anderen Beteiligten. Der Arbeitsmarkt ist somit durchlässig und ein Arbeitsplatzwechsel

ohne Probleme und Kosten möglich (vgl. Pfriem 1978: 49). Ungleichverteilungen werden

lediglich als Abweichungen von der Norm gesehen, die auf „Friktionen“ und

„Unvollkommenheiten“ (Kreckel 1983: 146) auf dem Arbeitsmarkt beruhen. Dieses Modell

bietet somit keinen Raum für die Erklärung struktureller und dauerhafter

Chancenungleichheit.

3.2.2 Die Humankapitaltheorie

In den 1960er-Jahren erfuhr das neoklassische Modell verschiedenste Änderungen bzw.

Erweiterungen, um es den realen Gegebenheiten anzunähern. Mit der

Page 20: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

13

Humankapitaltheorie ging man von der Homogenitätsbedingung ab und nahm Arbeitskraft

nunmehr als „quasi-fixen“ (Pfriem 1978: 50) Faktor an, der dem Sachkapital

gegenübersteht und dessen Produktivität von den getätigten finanziellen Aufwendungen

für die Erlangung von Qualifikationen („Humankapitalinvestitionen“ [Kreckel 1983: 146])

abhängt. Indem der Mensch als „homo oeconomicus“ (Pfriem 1978: 50) nach

größtmöglichem Einkommen trachtet, investiert er in Ausbildung und verbessert so seine

Position am Arbeitsmarkt. Einkommensunterschiede und die ungleiche Verteilung von

Einkommen werden als Folge ungenügender Investitionen in den Erwerb von beruflichen

Qualifikationen gesehen. Dieses Modell übersieht jedoch, dass Investitionen in berufliche

Qualifikationen in der Realität nicht notwendiger Weise auch zu einem höheren

Einkommen führen. Außerdem kann damit nicht erklärt werden, weshalb Personen mit

gleicher Ausbildung, aber beispielsweise unterschiedlicher Nationalität oder Geschlechts,

nicht den gleichen Status und das gleiche Einkommen aufweisen können (vgl. Kreckel

1983: 146).

3.2.3 Die Segmentationstheorie

Ende der 1960er Jahre wurde klar, dass die Bemühungen der USA, durch die im

Wesentlichen auf neoklassischen Ansätzen beruhenden arbeitsmarktpolitischen

Maßnahmen die Situation benachteiligter Gruppen zu verbessern, nicht den gewünschten

Erfolg gebracht hatten. Daneben kam es auch zu keiner nennenswerten

Weiterentwicklung der neoklassischen Theorien. Diese Umstände begünstigten das

Entstehen neuer Denkansätze, sodass Ende der 1960er Jahre erstmals der Begriff

Arbeitsmarktsegmentation auftauchte (vgl. Sengenberger 1978: 17).

Um die Benachteiligungen insbesondere der afro-amerikanischen Bevölkerung in den

großen amerikanischen Städten verstehen zu können, wurde zunächst die Hypothese des

dualen Arbeitsmarktes (vgl. Piore 1978: 68) entwickelt, wonach der Arbeitsmarkt aus zwei

Sektoren besteht, die grundsätzlich verschieden sind und zwischen denen ein Wechsel

von Arbeitskräften kaum möglich ist: Die Arbeitsplätze im primären Sektor sind gut

bezahlt, es herrschen gute Arbeitsbedingungen, die Rechte der Arbeitnehmer werden

respektiert und sie haben Aufstiegschancen. Dieser Sektor ist gekennzeichnet von

stabilen Beschäftigungsverhältnissen. Der sekundäre Sektor dagegen umfasst schlecht

bezahlte, wenig stabile, von ungünstigen Arbeitsbedingungen und (aufgrund des stark

personalisierten Verhältnisses zum Arbeitgeber) potentiell unfairen Verhältnissen

gekennzeichnete Arbeitsplätze, die kaum Aufstiegschancen bieten. Die

Arbeitnehmerfluktuation in diesem Sektor ist hoch. Piore (1978: 69) kritisiert, dass diese

duale Betrachtungsweise zu sehr auf die Probleme benachteiligter Gruppen fokussiert ist,

Page 21: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

14

und weist darauf hin, dass die dem Primärsektor zugewiesenen Eigenschaften in der

Realität lediglich auf den unteren Teilbereich dieses Sektors zutreffen. Es gibt vielmehr

auch innerhalb des primären Sektors ein Segment, das hinsichtlich Fluktuation und

Mobilität eher dem sekundären Sektor entspricht. In diesem oberen Teilsektor bringen

diese beiden Aspekte – im Gegensatz zum sekundären Sektor – jedoch großteils einen

beruflichen Aufstieg mit sich.

Bezüglich der Entstehung dieser strengen Trennung des Arbeitsmarktes in zwei Sektoren

gibt es verschiedene Theorien. Die sogenannten „Radical Economists“ gehen davon aus,

dass die Unternehmen gezielt auf eine Trennung des Arbeitsmarktes hinwirken, um die

Arbeitnehmer besser beherrschen zu können („divide et impera“ [Kreckel 1983: 148]).

Dabei bleibt jedoch der Einfluss die Arbeitnehmerseite unberücksichtigt. Piore dagegen

führt die Trennung im Wesentlichen auf die unterschiedliche Stabilität von Arbeitsplätzen

und Arbeitskräften zurück (vgl. Piore 1978: 69). Demnach binden die Unternehmer, um

Transaktionskosten zu sparen, eine Kernbelegschaft durch verschiedene betriebliche

Maßnahmen (Bildung, Boni, Betriebspensionen etc.) an sich, sodass interne

Arbeitsmärkte entstehen. Um konjunkturelle Schwankungen ausgleichen zu können,

wird ein sogenannter externer Arbeitsmarkt aufrechterhalten, in dem eher gering

qualifizierte, kurzfristig verfügbare Arbeitskräfte bei Bedarf akquiriert werden können (vgl.

Kreckel 1983: 148).

Auch wenn es schwierig ist, die komplexen Zusammenhänge und strukturellen

Bedingungen zu analysieren, die zu einer Ungleichbehandlung am Arbeitsmarkt führen,

kann die Segmentationstheorie doch zumindest einen ersten Ansatz bieten.

3.2.4 Das Insider – Outsider-Modell

Mitte der 1980er Jahre entwickelten Lindberg und Snower die Insider-Outsider-Theorie

zur Erklärung nachhaltiger Arbeitslosigkeit und von Problemen der

Einkommensverteilung. Dieses Modell wurde in der Folge von Organisationen wie der

OECD und dem IWF angewendet (vgl. Lindbeck/Snower 2002: 1). Diese Theorie

beschäftigt sich mit der Frage, weshalb – entgegen der Annahme der neoklassischen

Theorie, wonach durch eine Senkung der Reallöhne Vollbeschäftigung erreicht werden

kann – Löhne trotz hoher Arbeitslosigkeit nicht sinken (vgl. Lindbeck/Snower 2001: 166)

und kann auch zur Erklärung der sozialen Exklusion bestimmter Personengruppen sowie

des Phänomens der Segmentierung des Arbeitsmarktes herangezogen werden.

Page 22: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

15

Die Insider-Outsider-Theorie geht von dem Umstand aus, dass mit Personalfluktuation

regelmäßig „Arbeitsumwälzungskosten“ (Snower 1993: 461) (Fluktuationskosten), d.h.

beispielsweise Kosten der Anstellung und Entlassung von Personal sowie

Schulungskosten für neu eingetretene Mitarbeiter, verbunden sind und diese vorwiegend

die Arbeitgeber treffen (vgl. Snower 1993: 461 f.).

Es werden drei Gruppen von Arbeitnehmern identifiziert: Die Insider sind schon lange im

Betrieb beschäftigt und ihre Position wird durch die Fluktuationskosten geschützt, die die

Arbeitgeber von Kündigungen abhalten. Die Outsider hingegen genießen diesen Schutz

nicht. Sie sind arbeitslos oder im informellen Sektor beschäftigt. Die Neueingetretenen

schließlich belegen Arbeitsplätze, die ihnen potentiell Insider-Status bringen können.

Ursprünglich Outsider, können sie nach einer „Einweihperiode“ (Snower 1993: 464) durch

die Erlangung von Rechten sowie durch den Erwerb von Kenntnissen betreffend die

Manipulation von Fluktuationskosten die Position von Insidern erlangen. Je länger ein

Arbeitnehmer in einer Firma beschäftigt ist, desto stärker wird seine Insider-Position.

Dasselbe gilt umgekehrt für die Outsider, für die der (Wieder)Eintritt ins Arbeitsleben auch

durch den Verlust von betrieblichen Kontakten umso schwieriger wird, je länger die

Arbeitslosigkeit andauert (vgl. Lindbeck/Snower 2002: 2)

Die Insider nützen ihre Macht zu ihrem eigenen Vorteil. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit

resultiert somit aus einem Interessenkonflikt zwischen Insidern und Outsidern:

„The crucial assumption [of insider-outsider] is that it is costly to exchange a

firm’s current, full-fledged employees (the insiders) for unemployed workers

(the outsiders), and that the rent associated with this turnover cost can be

tapped by the insiders in the process of wage negotiation … Accordingly,

involuntary unemployment arises out of a conflict of interest between the

insiders and the outsiders“ (Lindbeck und Snower 1988 in: De Vroey 2004:

206)

Es lassen sich zwei Arten von Fluktuationskosten unterscheiden: Die

produktionsbezogenen Kosten fallen an, um Outsider für den Betrieb produktiv zu

machen. Darunter fallen Ausgaben für die Suche, Anwerbung und Ausbildung von

Arbeitnehmern. Die renten- (verhandlungs-) bezogenen Kosten stehen nicht im

Zusammenhang mit der Produktion sondern umfassen Kosten, die aus gesetzlichen

Bestimmungen zur Arbeitsplatzsicherung oder aus den Verhandlungsstrategien der

Insider entspringen. Es handelt sich dabei typischerweise um Abfertigungszahlungen,

automatische Gehaltsvorrückungen, Kündigungsschutz, Streikkosten etc. Schließlich

Page 23: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

16

können Kosten auch dadurch entstehen, dass Insider sich untereinander unterstützen und

zusammenarbeiten, während sie sich gegenüber neu eingetretenen Mitarbeitern

unkooperativ zeigen oder diese schikanieren, sodass deren Produktivität sinkt. Dies

betrifft besonders die Arbeit in Teams (vgl. Snower 1993: 465; Lindbeck/Snower 2002: 3).

Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang auch die Unterscheidung von

allgemeinem und betriebsspezifischem Wissen: Während allgemeines Wissen auf dem

Arbeitsmarkt einen Marktwert hat, verhilft betriebsspezifisches Wissen, das

typischerweise mit der Dauer des Arbeitsverhältnisses steigt, zu Insider-Macht, da es

höhere Fluktuationskosten verursacht (vgl. Biffl 1999: 21, 31).

Insider haben direkten Einfluss auf die Fluktuationskosten, da sie einerseits an den

Lohnverhandlungen beteiligt sind und andererseits das Arbeitsklima bzw. die Produktivität

im Betrieb maßgeblich beeinflussen können. Outsider haben diese Möglichkeiten

dagegen nicht. Sie sind von Lohnverhandlungen ausgeschlossen und können lediglich

indirekt Einfluss nehmen: Solange die Forderungen der Insider in einem Rahmen bleiben,

der sie als für das Unternehmen rentabler als die Outsider erscheinen lässt, haben

Outsider wenig Chancen auf Beschäftigung und gleiche Bezahlung. Sie geraten in die

Langzeitarbeitslosigkeit oder arbeiten in Positionen, in denen sie trotz Bereitschaft zu

Lohnabstrichen keine Chance auf die Erreichung von Insider-Status haben (vgl. Snower,

1993: 462; Lindbeck/Snower, 2001: 167f.).

Das Insider-Outsider-Modell kann nicht nur Einkommensunterschiede sondern auch

soziale Ungleichheiten erklären: Die Position von Outsidern auf dem Arbeitsmarkt trägt

wesentlich zur sozialen Exklusion einzelner Bevölkerungsgruppen bei (vgl.

Lindbeck/Snower, 2001: 170). Die Insider-Outsider-Theorie kann auch zur Erklärung von

Arbeitsmarktsegmentierung angewendet werden: Da im primären Sektor die

Fluktuationskosten im Gegensatz zum sekundären Sektor erheblich sind, haben Insider

im primären Sektor größeren Einfluss, wogegen im sekundären Sektor mehr Konkurrenz

und damit größere Beschäftigungschancen bestehen (vgl. Lindbeck/Snower, 2001: 176).

3.2.5 Benachteiligung von Migranten am Arbeitsmarkt in Österreich

Ausgehend von segmentationstheoretischen Ansätzen und den Überlegungen

Sengenbergers (vgl. Sengenberger 1987), der die Bedeutung institutionalisierter Regeln

für die Stabilität und Dauerhaftigkeit der Undurchlässigkeit des Arbeitsmarktes betonte,

wies Fassmann (vgl. Fassmann 1997) Ende der 1990er Jahre darauf hin, dass die

ethnische Strukturierung des Arbeitsmarktes in Österreich wesentlich auf die – auf

politische Entscheidungen der Interessenvertreter und Parteien zurückgehenden –

Page 24: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

17

gesetzlichen Regelungen der Arbeitsmigration zurückzuführen seien. Dies unterscheide

den österreichischen Arbeitsmarkt beispielweise von jenem der USA, wo entsprechende

Regelungen weitgehend fehlen. Anfang der 1960er Jahre, als in Österreich weitgehend

Vollbeschäftigung herrschte, kam es durch den wirtschaftlichen Aufschwung zu einem

Mangel an Arbeitskräften. Inländische Arbeitnehmer waren nicht mehr bereit, in weniger

gut bezahlten und durch schlechte Arbeitsbedingungen gekennzeichneten Branchen zu

arbeiten. So entschied man sich dem Beispiel Deutschlands folgend für die Einführung

des sogenannten „Gastarbeitermodells“ und schloss Anwerbeabkommen mit Spanien, der

Türkei und dem damaligen Jugoslawien (vgl. Fassmann 1997: 158).

Die Anwerbung und Unterbringung von Arbeitskräften auf dem österreichischen

Arbeitsmarkt erfolgte nach strengen Regeln. Zwar wurden Faktoren von Angebot und

Nachfrage berücksichtigt, die jährlichen Kontingentvereinbarungen waren jedoch auch

wesentlich von politischen Absichten (Gewerkschaften, Arbeitnehmer- und

Arbeitgebervertretungen) getragen (vgl. Fassmann 1997: 159). Ausländische Arbeitskräfte

konnten ihren Arbeitsbereich nicht frei wählen, ihnen wurden Arbeitsplätze zugewiesen.

Sie übernahmen in der Folge jene Stellen in Gewerbe und Industrie, für die sich keine

inländischen Arbeitnehmer finden ließen, sowie im Dienstleistungsbereich solche, die sich

durch schlechte Entlohnung, geringe Qualifikation und soziale Nichtanerkennung

auszeichneten (vgl. Fassmann 1997: 158, 161).

Das österreichische System der Ausländerbeschäftigung war bis zur Einführung eines an

der Erfüllung bestimmter Kriterien anknüpfenden und eine auf Dauer ausgerichtete

Zuwanderung ermöglichenden Systems („Rot-Weiß-Rot-Karte“, § 3 AuslBG, §§ 41ff.

NAG) im Juli 2011 gekennzeichnet von Normen, die einerseits die Beschäftigung von

Ausländern genehmigungspflichtig machten und deren Aufteilung auf Branchen und

Bundesländer regelten, und andererseits Höchstzahlen für ausländische Beschäftigte

sowie generell für Zuwanderer festlegten (vgl. Fassmann 1997: 159, 160). Die

Positionierung ausländischer Arbeitskräfte erfolgte vorwiegend in unattraktiven Bereichen

ohne die Möglichkeit, dieses Arbeitsmarktsegment zu verlassen (vgl. Fassmann 1997:

164, 165, 167). Hinzu kam, dass diese Positionen von hoher Fluktuation gekennzeichnet

waren. Der Hintergrund dieser Regelungen kann nach Fassmann (vgl. Fassmann 1997:

164, 165, 167) in humankapitaltheoretischen Überlegungen gesehen werden: Demnach

macht es in einem nicht auf dauerhafte Zuwanderung ausgelegten System wenig Sinn,

Bildungsinvestitionen für Personen zu tätigen, indem man sie auf Arbeitsplätzen einsetzt,

die die Aneignung berufs- und betriebsspezifischen Wissens erlauben, wo doch ihr

Page 25: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

18

Verbleib in Österreich nicht auf Dauer angelegt war, da sie lediglich als „Lückenfüller“ in

Zeiten erhöhter Nachfrage erwünscht waren.

Biffl (1999) setzte sich im Lichte einer in den 1980er und 1990er-Jahren in Österreich

stark steigenden Jobfluktuation auch mit der Position ausländischer Arbeitskräfte in

Österreich auseinander. Ausgehend vom Insider-Outsider-Modell zählen demnach

Ausländer eher zu den Outsidern als zu den Insidern (vgl. Biffl 1999: 20). Ihre

Beschäftigungsverhältnisse dauern weniger lang, sie haben eine geringere Jobsicherheit

und sie sind in geringem Ausmaß als Inländer in Kernbelegschaften zu finden (vgl. Biffl

1999: 21, 31). Als Gründe für diese Positionierung als Outsider kommen auch rechtliche

Aspekte in Betracht: So wird eine Beschäftigungsbewilligung nur für ein Jahr erteilt, was

naturgemäß einer langfristigen Eingliederung hinderlich sein kann. Des Weiteren werden

Inländer nach den gesetzlichen Bestimmungen (jedenfalls im Bereich der Regelungen

betreffend die temporäre Zuwanderung; siehe dazu unten 6.3.3) auf dem Arbeitsmarkt

bevorzugt (Inländerschutzgedanke) (vgl. Biffl 1999: 5, 6).

Gerade Asylwerber, die einerseits einen unsicheren rechtlichen Status haben und deren

Zugang zum Arbeitsmarkt – wie noch ausgeführt werden wird – extrem eingeschränkt ist,

kann sich die ethnische Segmentierung des österreichischen und im konkreten Fall des

Wiener Arbeitsmarktes sehr stark auf ihre Möglichkeit, eine Arbeits- bzw. Lehrstelle zu

finden, auswirken.

3.3 Die Lehrlingsauswahl in den Betrieben

Dass die Benachteiligung oder ethnische Diskriminierung im Sinne einer

Bewerberauswahl nach an Ethnizität statt an Leistung orientierten Gesichtspunkten eine

Rolle beim Zugang zu Erwerbstätigkeit spielt, wurde durch zahlreiche Forschungen belegt

und theoretisch zu erklären versucht (vgl. zusammenfassend Devah/Shepherd 2008).

Imdorf (2010) weist darauf hin, dass nicht alle diese Theorien auch die Motivation der

Arbeitgeber erklären können, diskriminierende Kriterien bei der Auswahl von Lehrlingen

anzuwenden (vgl. Imdorf 2010: 198f.). Zwar zieht das Insider-Outsider-Modell auch

betriebsinterne Vorgänge wie mangelnde Kooperation, schlechte Teamarbeit, mangelnde

Unterstützung der Insider gegenüber den Outsidern als Faktoren für die Steigerung der

Fluktuationskosten heran (vgl. Lindbeck/Snower 2001: 167). Jene Ansätze, denen der

Gedanke der Produktivität zugrunde liegt, würden jedoch Diskriminierung oft auf die

Bewertung der individuellen Produktivität des Bewerbers durch den Arbeitgeber

reduzieren, die diese entweder auf empirische Belege (statistische Diskriminierung) oder

auf ihr Gefühl (implizites Vorurteilsmodell) stützen (vgl. Imdorf 2010: 200). Dabei würden

Page 26: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

19

die komplexen, ebenso für den wirtschaftlichen Erfolg maßgebenden Strukturen innerhalb

der Betriebe außer Acht gelassen. Dazu gehören die sozialen Beziehungen innerhalb der

Belegschaft, die dazu führen können, dass im Sinne der Vermeidung von Spannungen

lediglich solche Personen aufgenommen werden, die „sozial möglichst gut in eine

‚bestehende‘ inländische Belegschaft ‚passen‘ “ (Imdorf 2010: 200), ebenso wie der

Wunsch der Arbeitgeber nach fügsamen Mitarbeitern. Wird der Unterordnungswille von

Ausländern thematisiert, kann dies zu einer Diskriminierung führen. Des Weiteren dürfen

auch die Markt- und Kundenbeziehungen der Betriebe nicht unbeachtet bleiben, da es

denkbar ist, dass Kunden ihre Entscheidung für ein Produkt (auch) von diskriminierenden

Kriterien abhängig machen. Ein soziologischer Ansatz berücksichtigt daher insbesondere

die Sozialbeziehungen der Betriebe (innerhalb sowie auch zur Kundschaft), die sich

wesentlich auf die Produktivität auswirken. Während es sich beim Insider-Outsider-Modell

um eine ökonomische Theorie (vgl. Lindbeck/Snower 2001: 166) handelt, kommt bei

Imdorf (2010: 202) einem organisationssoziologischen Zugang große Bedeutung zu.

Imdorf (2010) befasste sich mit der Gruppe ausländischer Jugendlicher, die auf dem von

Klein- und Mittelbetrieben dominierten Schweizer Lehrstellenmarkt eine Lehrstelle

suchen. Auch in Wien überwiegen kleine und mittlere Unternehmen gerade in den für

Migranten bedeutsamen Branchen, weshalb die Ansätze Imdorfs (2010) auch auf den

Wiener Kontext übertragbar sind.

Tabelle 2: Betriebsgrößen in Wien (2012, ausgewählte Branchen)

Page 27: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

20

Quelle: Statistik Austria, 30.01.2015, eigene Bearbeitung

Imdorf (2010) ging davon aus, dass es dabei im Regelfall zu Diskriminierung kommt und

führte dies im Wesentlichen auf das Fehlen gesetzlicher Regelungen bei der

Stellenvergabe, der üblicherweise großen Anzahl der Bewerbungen und der dadurch

großen Wahlfreiheit bei der Kandidatenauswahl sowie mangelnde Fachkompetenzen und

Zeitdruck auf Seiten der Personalverantwortlichen zurück (vgl. Imdorf 2010: 198, 199).

Er geht davon aus, dass Ausbildungsbetriebe hinsichtlich ihres Bestehens am Markt unter

einem gewissen Erfolgsdruck stehen, weshalb die Ausbildung eines Lehrlings sich aus

Sicht des Betriebes früher oder später rechnen solle. Hinzu kommt, dass der Lehrling

auch in der Belegschaft und bei Kunden bzw. Geschäftspartnern auf Akzeptanz stoßen

muss. Schließlich muss die Auswahl der Lehrlinge oft unter Zeitdruck geschehen und es

kann aufgrund der Anforderungsprofile nahezu unmöglich sein, einen Lehrling zu finden,

der alle geforderten Kriterien erfüllt. Zur Legitimierung von Personalentscheidungen sind

 B eschäft igten- A nzahl der

grö ß enklasse Unternehmen

INSGESAMT                                    insgesamt 74.188

INSGESAMT                                    0-9 65.588

INSGESAMT                                    10-19 4.597

INSGESAMT                                    20-49 2.417

INSGESAMT                                    50-249 1.277

INSGESAMT                                    250 und mehr 309

Bau                                          insgesamt 5.490

Bau                                          0-9 4.411

Bau                                          10-19 625

Bau                                          20-49 320

Bau                                          50-249 114

Bau                                          250 und mehr 20

Handel                                       insgesamt 15.507

Handel                                       0-9 13.463

Handel                                       10-19 1.117

Handel                                       20-49 575

Handel                                       50-249 286

Handel                                       250 und mehr 66

Beherbergung und Gastronomie                  insgesamt 6.161

Beherbergung und Gastronomie                 0-9 4.911

Beherbergung und Gastronomie                  10-19 741

Beherbergung und Gastronomie                 20-49 359

Beherbergung und Gastronomie                  50-249 132

Dienstleistungen       insgesamt 25.630

Dienstleistungen       0-9 23.540

Dienstleistungen       10-19 1.100

Dienstleistungen       20-49 563

Dienstleistungen       50-249 364

Dienstleistungen       250 und mehr 63

B ranchen

Page 28: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

21

die Verantwortlichen daher auf Rechtfertigungsmechanismen angewiesen (vgl. Imdorf

2010: 203).

Die Rechtfertigungstheorie von Boltanski und Thévenot (siehe dazu ausführlich

Boltanski/Thévenot 2007) nimmt die Existenz verschiedener „Welten“ an, denen jeweils

ein eigenes, auf den sozialen Zusammenhalt gerichtetes Ordnungsprinzip innewohnt. Die

Qualität („Größe“) einer Person wird daran gemessen, inwieweit sie Eigenschaften

aufweist, die zur Aufrechterhaltung des sozialen Zusammenhalts und somit zum Wohle

der Gemeinschaft beitragen kann. Personalentscheidungen erscheinen demnach dann

als gerechtfertigt, wenn die Auswahlkriterien in Hinblick auf das (betriebliche) Gemeinwohl

als förderlich erachtet und unter diesem Blickwinkel als fair angesehen werden (vgl.

Imdorf 2010: 203).

In Anlehnung an das Konzept der Rechtfertigungsordnung erörtert Imdorf (2010: 204f.)

die verschiedenen betrieblichen Welten und die diesbezüglichen Hindernisse, die sich

ausländischen Arbeitssuchenden entgegenstellen. In der „industriellen Welt“ eines

Betriebes, d.h. im Rahmen der technischen Produktionsprozesse, ist es zur

Aufrechterhaltung höchstmöglicher Effizienz wichtig, dass diese Produktionsprozesse

möglichst wenig gestört werden. Die Größe eines Bewerbers wird folglich an seiner

Effizienz, Produktivität und Funktionsfähigkeit gemessen (vgl. Boltanski/Thévenot 2007:

267f.). In der „häuslichen Welt“, worunter man die soziale Gruppe im Sinne der

Belegschaft verstehen kann und die von persönlichen Abhängigkeiten bestimmt ist (vgl.

Boltanski/Thévenot 2007: 228f.), liegt der Schwerpunkt auf den sozialen Beziehungen

unter den Mitarbeitern. Diese sind insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben im Sinne

des Vorliegens von sozialer Kontrolle, Anerkennung von Autorität etc. (vgl.

Boltanski/Thévenot 2007: 237f) familienähnlich ausgebildet, sodass ausländische

Arbeitnehmer oftmals als Störfaktoren, die den Fortbestand des Betriebes gefährden

könnten, gesehen werden. Was die Kundenbeziehungen anbelangt, fallen diese in

mehrere „Welten“. In der „projektbasierten Polis“ (Boltanski/Chiapello 2003 in Imdorf

2010: 208) zählen kommunikative Kompetenzen (vgl. Boltanski o.J.), in der häuslichen

Welt kommt harmonischen persönlichen Beziehungen große Bedeutung zu, während

schließlich der Lehrling aus Sicht des Arbeitgebers auch in der „Welt des Marktes“ (Imdorf

2010: 208) verortet ist, da er möglicherweise Kundenbindungen gefährden könnte.

Um die Größe eines Bewerbers in den für den Betrieb relevanten Welten erheben zu

können, bedienen sich Personalentscheider verschiedener sogenannter

„Bewährungsproben“ (Imdorf, 2010: 209f. mVa Boltanski/Chiapello, 2003). Je nach Art der

betrieblichen Welt kommen dabei typischerweise spezifische Prüfmethoden zur

Page 29: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

22

Anwendung. So kommt in der „industriellen Welt“ der Leistungsmessung besondere

Bedeutung zu, während sich in der „häuslichen Welt“ Personalverantwortliche bei der in

diesem Bereich zentralen Beurteilung der sozialen Passung des Bewerbers eher auf ihr

Gefühl verlassen.

Folgende Bewährungsproben können unterschieden werden (vgl. Imdorf 2010: 211):

Beim betrieblich individualisierten Praxistest wird die Größe des Bewerbers durch

Tests, die im Betrieb selbst in Anwesenheit (auch mehrerer) Mitarbeiter als Prüfer

stattfinden, ermittelt. In Frage kommen hier Betriebspraktika, „Schnupperlehre“,

Vorstellungsgespräche, im Betrieb durchgeführte Tests. Wenn sich ein Betrieb einer

anderen Institution als Prüfer bedient, spricht man vom delegierten individualisierten

Praxistest. Darunter fallen etwa die Heranziehung von Schulzeugnissen,

Praktikumszeugnisse anderer Betriebe und Referenzschreiben. Bei der auf betrieblicher

Erfahrung basierten kollektivistischen Bewährungsprobe wird die Beurteilung des

Bewerbers auf Erfahrungen im Betrieb mit Personen, die ähnliche Merkmale wie der

Bewerber aufweisen, gestützt. Damit vergleichbar ist die delegierte erfahrungsbasierte

kollektivistische Bewährungsprobe, bei der die (schlechten) Erfahrungen Dritter als

Kriterium herangezogen werden. Bei der imaginären kollektivistischen

Bewährungsprobe schließlich ist eine Überprüfung durch Erfahrungswissen überhaupt

nicht möglich, da sich diese ausschließlich auf Vorurteile und Stereotypen gründet.

Nach Imdorf (2010) liegt eine diskriminierende Bewährungsprobe vor, „wenn die

individuelle Größe eines Bewerbers im Selektionsprozess nicht angemessen beurteilt wird

und die Verzerrung der Beurteilung mit einem sozialen Gruppenmerkmal variiert“ (Imdorf

2010: 213). Ohne dass dies mittels Erfahrungswissen oder Praxistests verifiziert wurde,

wird ein soziales Merkmal als für den Betrieb problematisch eingestuft. Weniger als bei

den Praxistests ist dies insbesondere bei den Bewährungsproben 3, 4 und 5 der Fall. Bei

diesen stützt sich der Betrieb bei der Beurteilung der Größe eines Bewerbers nämlich

nicht auf sein Erfahrungswissen sondern auf die Annahme eines beim Bewerber

vorliegenden sozialen Merkmals, das dieser aufweist und das ihn als einer aus Sicht des

Betriebes problematischen Gruppe zugehörig erscheinen lässt. Darüber hinaus können

die Bewährungsproben 2 bis 5, welche wesentlich ressourcen- und zeitsparender sind, zu

einer diskriminierenden Vorselektion führen und sogar die (kostenintensiveren)

Praxistests überflüssig machen.

Page 30: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

23

Tabelle 3: Bewährungsproben

Quelle: Imdorf, 2010: 211, eigene Bearbeitung

Das Zusammentreffen zweier wesentlicher Kriterien der Personalauswahl – Minimierung

des künftigen Störungsrisikos sowie der Kosten des Personalauswahlverfahrens – führt

somit insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben, die meist nicht so stark unter der

Beobachtung der Öffentlichkeit stehen und daher weniger um ihr Ansehen fürchten

müssen, oft zu organisationaler Diskriminierung (vgl. Imdorf 2010: 214).

In der Praxis zeigt sich, dass es mitunter bereits durch die in den

Lehrstellenausschreibungen enthaltenen Anforderungen an das Deutschniveau oder die

Staatsbürgerschaft zu einer Vorselektion und somit zu einem Ausschluss ganzer

Bevölkerungsgruppen kommen kann (vgl. Klaus/Halbwirth 2004). Im Auswahlverfahren

legen Unternehmen großen Wert auf das Auftreten und Verhalten der Jugendlichen im

Bewerbungsgespräch. Gutes Benehmen und der persönliche Eindruck werden dabei

durch die schulischen Leistungen ergänzt (vgl. Zeitler 2004). Allerdings kommt in

Österreich der Initiativbewerbung und der „Schnupperlehre“ große Bedeutung zu (vgl.

Zeitler 2004), was den Jugendlichen die Möglichkeit bieten kann, diskriminierende

Abschnitte des Auswahlverfahrens zu vermeiden und sich in einem objektiveren Prozess

bewähren zu können. Es ist denkbar, dass ein Betriebspraktikum oder eine

„Schnupperlehre“ auch die Chancen von Asylwerbern auf eine Lehrstelle erhöhen kann.

4. Asylrechtlicher Rahmen

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit der Situation von Asylwerbern.

Um darzustellen, welcher Personenkreis unter diesen Begriff fällt und wann diese

Eigenschaft beginnt bzw. endet, wird im Folgenden ein kurzer Abriss des Asylverfahrens

gegeben. Dies soll auch helfen, häufig anzutreffende Missverständnisse aufzuklären, die

nicht zuletzt durch die oft in den Medien verwendeten, unterschiedlichen Begriffe

entstehen. Auf eine umfassende Beschreibung des im Asylgesetz 2005 (AsylG 2005)

geregelten österreichischen Asylrechts und auf die Darstellung der besonderen Lage im

Falle von Folgeanträgen (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) oder Sonderverfahren wie etwa

betriebsintern betriebsextern imaginiert

kollektivistische Probe

(wenig zuverlässig)

auf betrieblicher

Erfahrung basierte

Bewährungsprobe (3)

delegierte,

erfahrungsbasierte

Bewährungsprobe (4)

imaginäre

Bewährungsprobe (5)

IndividualisierungsgradOrt der Bewährungsprobe

betrieblicher Praxistest

(1)

delegierter Praxistest

(2)--

individualistische Probe

(eher zuverlässig)

Page 31: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

24

Familienverfahren (§§ 34 f. AsylG 2005) oder Flughafenverfahren (§§ 31 f. AsylG 2005)

muss verzichtet werden, da dies den Rahmen der Arbeit bei weitem sprengen würde und

im gegebenen Zusammenhang auch nicht relevant ist. Ebensowenig kann auf die

verschiedenen Rechtslagen bzw. Übergangsbestimmungen eingegangen werden. Es

werden vielmehr die wichtigsten, für die Asylwerbereigenschaft bzw. das damit

verbundene Aufenthaltsrecht relevanten Bestimmungen überblicksmäßig dargestellt,

soweit sie für das Verständnis der Zusammenhänge in Hinblick auf den

Forschungsgegenstand relevant sind.

4.1 Einleitung des Verfahrens

Für die Einleitung eines Asylverfahrens in Österreich bedarf es grundsätzlich eines

Antrags auf internationalen Schutz in Österreich, wobei das AsylG 2005 zwischen der

Stellung (§ 17 Abs. 1 AsylG 2005) und der Einbringung (§ 17 Abs. 2 AsylG 2005) des

Antrags unterscheidet (vgl. Schrefler-König, 2014: § 17 Anm. 1). Dies wird vom

Gesetzgeber als notwendig erachtet, da ein Antragsteller vor aufenthaltsbeendenen

Maßnahmen (§ 2 Abs. 1 Z. 27 AsylG 2005; Rückkehrentscheidung: § 52

Fremdenpolizeigesetz (FPG), Anordnung zur Außerlandesbringung: § 61 FPG,

Ausweisung: § 66 FPG, Aufenthaltsverbot: § 67 FPG) geschützt werden muss, sobald er

in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, auch wenn das

Asylverfahren erst begonnen werden kann, wenn der Fremde persönlich erscheint und

seinen Antrag bei der zuständigen Behörde eingebracht hat (vgl. ErläutRV 952). Die

Unterscheidung ist insbesondere deshalb relevant, da der Fremde erst ab der

Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz als Asylwerber behandelt wird (siehe

unten 4.2).

Ein Antrag auf internationalen Schutz kann gemäß § 17 Abs. 1 AsylG 2005 bei jedem

Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, bei einer Sicherheitsbehörde oder bei einer

Erstaufnahmestelle gestellt werden. Andere Behörden sind verpflichtet, diese Stellen zu

verständigen, wenn ein Fremder (fälschlicherweise) bei ihnen um Schutz ersucht hat (§

17 Abs. 5 AsylG 2005). Je nach Lage des Falles wird die Stellung eines Antrags auf

internationalen Schutz dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) von der

Erstaufnahmestelle gemeldet und der Fremde kann gegebenenfalls gemäß § 42 Abs. 2

BFA-VG dem Bundesamt vorgeführt werden. Ab der Stellung des Antrags auf

internationalen Schutz genießt der Fremde gemäß § 12 Abs. 1 AsylG 2005 faktischen

Abschiebeschutz, was bedeutet, dass sein Aufenthalt in Österreich zulässig ist und er

Page 32: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

25

(außer bei Folgeanträgen; siehe § 12a AsylG 2005) vor Ende seines Asylverfahrens

weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf.

4.2 Beginn der Asylwerbereigenschaft

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 ist ein Asylwerber:

„ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz […]“.

Der Antrag auf internationalen Schutz gilt gemäß § 17 Abs. 2 AsylG 2005 erst als

eingebracht, wenn er persönlich bei einer Erstaufnahmestelle gestellt wird (vgl. Schrefler-

König, 2014: § 17 Anm. 3). Dies kann auch im Zuge einer Vorführung (siehe oben)

geschehen. Durch die BFA-G-Durchführungsverordnung wurden insgesamt drei derartige

Stellen eingerichtet: Die Erstaufnahmestelle „Ost“ befindet sich in der Betreuungsstelle

des Bundes in Traiskirchen (Niederösterreich), die Erstaufnahmestelle „West“ in der

Betreuungsstelle des Bundes in St. Georgen im Attergau (Oberösterreich). Weiters

besteht die Erstaufnahmestelle „Flughafen“ am Flughafen Wien, Schwechat. In Österreich

geborene Kinder von Asylwerbern, Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten

können einen Antrag auf internationalen Schutz auch bei einer Regionaldirektion des

Bundesamts oder einer Außenstelle der Regionaldirektion einbringen (§ 17 Abs. 3 AsylG

2005). Familienangehörigen von Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten, die

sich im Ausland befinden und die einen Antrag auf internationalen Schutz stellen

möchten, kann unter gewissen Umständen von den österreichischen

Vertretungsbehörden im Ausland auf Antrag ein Einreisevisum erteilt werden (§ 35 AsylG

2005). Dies betrifft im Wesentlichen minderjährige Kinder, Eltern minderjähriger Kinder,

Ehegatten und eingetragene Partner (zum genauen Umfang des Personenkreises siehe §

35 Abs. 5 AsylG 2005). Auch diese werden somit erst nach ihrer Einreise und der

Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz im Bundesgebiet zu Asylwerbern

(vgl. ErläutRV 330; Schrefler-König, 2014: § 35 Anm. 1, 2).

In § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wird definiert, was unter einem Antrag auf internationalen

Schutz zu verstehen ist. Die Formulierung „Antrag auf internationalen Schutz“ geht dabei

auf Art. 2 lit g der Status- oder Anerkennungsrichtlinie (nunmehr Art. 2 lit. h StatusRL

2011) zurück und soll entsprechende Einheitlichkeit gewährleisten (vgl. ErläutRV 952).

Das AsylG 2005 versteht unter einem Antrag auf internationalen Schutz

„das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in

Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt

Page 33: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

26

als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei

Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf

Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten“ (§ 2 Abs. 1 Z 13

AsylG 2005).

Nach den Bestimmungen des AsylG 2005 sind – anders als in der StatusRL, die auf die

Drittstaatsangehörigkeit abstellt – Angehörige der Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen

(vgl. Frank/Anerinhof et al., 2012: 45; Schrefler-König, 2014: §§ 3 Anm. 1 und § 4a Anm.

1). Gemäß § 2 Abs. 1 Z 20a AsylG 2005, ist nämlich ein Fremder jede Person, die keine

österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Es können daher grundsätzlich auch

Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der europäischen Union Asylanträge in Österreich

stellen.

Für den Antrag ist keine bestimmte Form vorgesehen. Es muss lediglich erkennbar sein,

dass der Antragsteller in Österreich um Schutz vor Verfolgung im Sinne der Genfer

Flüchtlingskonvention (GFK) ersucht (vgl. Frank/Anerinhof, 2012: 45; Schrefler-König,

2014: § 2 Anm. 6). Er kann dies „auf welche Art auch immer“ (ErläutRV 952) tun und

muss sich auch nicht der deutschen Sprache bedienen oder den Antrag schriftlich

formulieren (vgl. Putzer, 2011: RZ 27). Bei der Beurteilung, ob ein Asylantrag vorliegt, ist

„ein großzügiger Maßstab anzulegen“ (VwGH 08.09.1999, 99/01/0248).

Der Antrag gilt sowohl als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als

auch des subsidiär Schutzberechtigten. Er muss – wie oben ausgeführt – in Österreich

persönlich bei der zuständigen Behörde gestellt bzw. eingebracht werden. Eine

Antragstellung im Ausland ist nicht möglich (vgl. Putzer, 2011: RZ 28).

Mit der Einbringung des Antrags auf internationalen Schutz wird der Fremde zum

Asylwerber (vgl. Schrefler-König, 2014: § 17 Anm. 4).

4.3 Zulassungsverfahren

Mit der Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bei der Erstaufnahmestelle

beginnt das Asylverfahren, das grundsätzlich in dieser geführt wird. Sofern noch keine

Befragung erfolgt ist, wird eine solche binnen 48 (längstens 72) Stunden durch Organe

des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführt. Der Asylwerber erhält eine sogenannte

Verfahrenskarte (§ 50 Abs. 1 AsylG 2005), die ihn zum Aufenthalt in der

Erstaufnahmestelle berechtigt. Diese Karte gewährt ihm auch Zugang zu den Leistungen

der Grundversorgung (siehe unten Pkt. 4.6) und dient darüber hinaus der Dokumentation

Page 34: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

27

der Verfahrensschritte bis zum Abschluss des Zulassungsverfahrens. Es werden zu

Beginn des Zulassungsverfahrens verschiedene Verfahrens- und Ermittlungsschritte

gesetzt (§ 29 Abs. 6 AsylG 2005), wie beispielsweise eine erkennungsdienstliche

Behandlung, eine Durchsuchung und gesundheitliche Untersuchungen. Der Asylwerber

wird über den Ablauf des Asylverfahrens in einer ihm verständlichen Sprache, die nicht

seine Muttersprache sein muss (ErläutRV 952), informiert und er wird von einem Organ

des Bundesamtes zu seinem Antrag einvernommen. Er darf (mit einigen Ausnahmen: §

15 Abs. 3b AsylG 2005) bis zum Abschluss dieser Schritte die Erstaufnahmestelle für die

Dauer von 120 Stunden nicht verlassen, wobei diese Frist gegebenenfalls um höchstens

48 Stunden verlängert werden kann (§ 15 Abs. 3a AsylG 2005). Wenn das Bundesamt

nicht beabsichtigt, das Verfahren zuzulassen oder dem Asylwerber den Status des

Asylberechtigten zuzuerkennen, ist ihm dies mitzuteilen. Er wird an einen Rechtsberater

verwiesen und gleichzeitig (vgl. ErläutRV 952) zu einer Einvernahme geladen. Er erhält

eine Aktenabschrift und es erfolgt die Rechtsberatung. Bei der darauf folgenden

Einvernahme, bei der dem Asylwerber das Ergebnis der Beweisaufnahme vorgehalten

wird und in der er selbst seine Fluchtgründe näher schildern und Beweismittel vorlegen

kann, ist der Rechtsberater anwesend. Gemäß § 19 Abs. 5 AsylG 2005 muss bei der

Einvernahme Minderjähriger der gesetzliche Vertreter anwesend sein.

Das Bundesamt kann bereits in der Erstaufnahmestelle inhaltlich über den Antrag auf

internationalen Schutz entscheiden (vgl. Frank/Anerinhof, 2012: S. 710; Schrefler-König,

2014: §§ 28 – 30 Anm. 3; siehe aber § 30 AsylG 2005). Wird eine solche Entscheidung

nicht bereits vor der Zulassung des Verfahrens gefällt, hat das Bundesamt eine

Prognoseentscheidung zu treffen: Es hat nach seinem Wissensstand zu beurteilen, ob der

Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich (wegen Drittstaatssicherheit; Schutz im

EWR-Staat oder in der Schweiz; Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund

vertraglicher Verpflichtung oder der sog. Dublin-Verordnung; res iudicata) zurückzuweisen

sein wird (vgl. ErläutRV 952; Frank/Anerinhof, 2012: S. 710). Ist dies nicht der Fall, wird

das Verfahren zugelassen, indem dem Asylweber eine Aufenthaltsberechtigungskarte (§

51 AsylG 2005) ausgefolgt wird, wobei dies durch die Stattgebung oder Abweisung des

Antrags im Zulassungsverfahren ersetzt werden kann. Die Karte dient zum Nachweis der

Identität des Asylwerbers im Verfahren und der Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts in

Österreich und gilt für die Dauer des Verfahrens. Wird gegen einen im

Zulassungsverfahren abgewiesenen Antrag rechtzeitig Beschwerde erhoben und kommt

dieser aufschiebende Wirkung zu, gilt der Antrag ebenfalls als zugelassen (vgl. Schrefler-

König, 2014: §§ 28 – 30 Anm. 5). Da manche Zurückweisungstatbestände erst später

Page 35: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

28

hervorkommen können (vgl. ErläutRV 952), kann auch nach erfolgter Zulassung noch

eine zurückweisende Entscheidung ergehen.

Asylwerber sind gemäß § 13 Abs. 1 AsylG 2005 bis zur Erlassung einer durchsetzbaren

Entscheidung, Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens (siehe unten 4.4) in

Österreich aufenthaltsberechtigt, wobei sie dieses Recht jedoch auch (beispielsweise bei

Straffälligkeit) wieder verlieren können (§ 13 Abs. 2 AsylG 2005).

4.4 Weiteres Verfahren und Entscheidung

Die Prüfung des Antrags erfolgt in zwei Stufen (vgl. Schrefler-König, 2014: § 2 Anm. 5).

Wird der Antrag auf internationalen Schutz nicht zurückgewiesen, prüft das Bundesamt

zunächst, ob dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist (dazu

ausführlich Schrefler-König, 2014: § 3). Dies ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 dann der

Fall, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1

Abschnitt A Z 2 GFK – d.h. wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu

einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung – droht

und ihm im Herkunftsland keine innerstaatliche Fluchtalternative (§§ 3 Abs. 3 Z 1, 11

AsylG 2005) möglich ist, d.h. er dort nicht zumutbarer Weise in einem anderen Landesteil

Schutz vor Verfolgung finden kann. Der Asylwerber darf auch keinen

Asylausschlussgrund (§§ 3 Abs. 3 Z 2, 6 AsylG 2005; siehe dazu Schrefler-König, 2014: §

6) gesetzt haben. Auch eine amtswegige Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen ist möglich (§ 3 Abs. 4 AsylG 2005). Im Falle

einer positiven Entscheidung wird festgestellt, dass dem Fremden die

Flüchtlingseigenschaft zukommt und er kann in Österreich bleiben.

Im Falle, dass nicht festgestellt werden kann, dass dem Fremden im Herkunftsland eine

Verfolgung im Sinne der GFK droht, wird der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des

Status des Asylberechtigten abgewiesen und das Bundesamt prüft, ob dem Asylwerber

gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten

zuzuerkennen ist. Dabei wird geprüft, ob dem Fremden im Falle seiner Rückkehr in den

Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder Art. 3 der Europäischen

Menschenrechtskonvention (EMRK) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK

(Recht auf Leben, Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung, Abschaffung der

Todesstrafe) drohen würde oder er „als Zivilperson einer ernsthafte Bedrohung des

Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines

internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes“ (§ 8 AsylG 2005) ausgesetzt wäre (dazu

ausführlich Schrefler-König, 2014: § 8). Die Gefahr muss sich wiederum auf das gesamte

Page 36: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

29

Staatsgebiet beziehen (innerstaatliche Fluchtalternative, § 11 AsylG 2005), der

Herkunftsstaat muss feststehen (§ 8 Abs. 6 AsylG 2005) und es darf kein

Aberkennungsgrund (§§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 AsylG 2005) vorliegen. Wird dem Fremden

der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, erhält er gemäß § 52 Abs. 1

AsylG 2005 eine entsprechende Karte, die seine Identität und Aufenthaltsberechtigung

dokumentiert. Die Aufenthaltsberechtigung gilt zunächst für ein Jahr. Auf Antrag prüft das

Bundesamt, ob die Voraussetzungen danach weiter vorliegen und verlängert die

Aufenthaltsberechtigung diesfalls für jeweils zwei weitere Jahre (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005).

Wird weder der Status des Asylberechtigten noch des subsidiär Schutzberechtigten

zuerkannt – wird somit eine negative Entscheidung über den Antrag auf internationalen

Schutz getroffen – und wird auch kein Aufenthaltstitel erteilt, ist die (negative)

Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung oder einer

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG (siehe dazu

Schrefler-König, 2014: § 10) zu verbinden und der Fremde muss das Bundesgebiet

verlassen.

Gegen eine (negative) Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl kann

der Asylwerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben (Art. 130 B-VG).

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts können mit Beschwerde beim

Verfassungsgerichtshof (VfGH) (Art. 144 B-VG) oder (außer)ordentliche Revision beim

Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (Art. 133 B-VG)bekämpft werden.

4.4 Ende der Asylwerbereigenschaft

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 besteht die Asylwerbereigenschaft

„[…] bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder

Gegenstandslosigkeit des Verfahrens“.

4.4.1 Rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens

Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen, wenn der Bescheid nicht mehr mit

ordentlichen Rechtsmitteln bekämpft werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, 2009: RZ

6). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich um einen letztinstanzlichen

Bescheid handelt, wenn die Rechtsmittelfrist ungenützt verstrichen ist oder die

Beschwerde zurückgezogen wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, 2009: RZ 10). Die

Rechtskraft tritt ein mit der Erlassung (rechtswirksame [vgl. Hengstschläger/Leeb, 2009:

Page 37: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

30

RZ 10] Zustellung, mündliche Verkündung) des Bescheids und nicht erst mit der

Zurückweisung einer unzulässigen (weil verspäteten) Beschwerde (vgl. Walter et al.,

2011: RZ 455).

Die Einbringung eines außerordentlichen Rechtsmittels ändert nichts am Eintritt der

Rechtskraft, auch wenn diesem aufschiebende Wirkung zukommt (vgl.

Hengstschläger/Leeb, 2009: RZ 9). Wird der Bescheid später durch eine

(höchstgerichtliche) Entscheidung oder aufgrund eines Antrags auf Wiederaufnahme des

Verfahrens (§ 32 VwGVG) oder auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§34 VwGVG)

behoben, lebt die Asylwerbereigenschaft wieder auf (vgl. ErläutRV 952).

4.4.2 Einstellung und Gegenstandslosigkeit des Verfahrens

In bestimmten Fällen kann es zur Einstellung des Asylverfahrens kommen. Dies ist

gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 der Fall, wenn sich ein Asylwerber

„dem Verfahren entzogen hat und eine Entscheidung ohne eine allenfalls

weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann“.

Wann sich ein Asylwerber dem Verfahren entzieht, ist in § 24 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG

2005 geregelt. Dazu ist anzumerken, dass einen Asylwerber gemäß § 15 Abs. 1 AsylG

2005 eine Mitwirkungspflicht im Verfahren trifft. So muss er beispielsweise seinen Antrag

begründen, zu Verfahrenshandlungen und Untersuchungen erscheinen, relevante

Dokumente zur Verfügung stellen und insbesondere seinen Aufenthaltsort mitteilen bzw.

über eine aufrechte Meldung verfügen (vgl. Schrefler-König, 2014: zu § 15 Anm. 2, 4).

Wenn nun der Asylwerber seiner meldegesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommt oder

es unterlässt, der entscheidenden Behörde seinen Aufenthaltsort oder eine Änderung

desselben kundzutun, entzieht er sich dem Verfahren, wenn sein Aufenthaltsort von der

Behörde nicht leicht festgestellt werden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn

über Abfragen des Zentralen Melderegisters (ZMR) oder des

Betreuungsinformationssystems/Grundversorgungssystems (BIS/GVS) hinausgehende,

aufwendige Ermittlungen gesetzt werden müssen (vgl. ErläutRV 952). Einfache

Recherchen wie beispielsweise eine Nachschau in der Notschlafstelle, wenn der

Asylwerber nie über eine Meldeadresse verfügt hat, können der Behörde zugemutet

werden (vgl. Frank/Anerinhof et al., 2012: S. 689). Weiters entzieht sich ein Asylwerber

dem Verfahren, wenn er das Bundesgebiet freiwillig (also nicht aufgrund einer

gesetzlichen Pflicht [vgl. ErläutRV 952]) verlässt und in ein anderes als sein Herkunftsland

reist.

Page 38: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

31

Der maßgebliche Sachverhalt – auch wenn etwa bereits eine Befragung oder

Einvernahme stattgefunden haben sollte – darf noch nicht soweit geklärt sein, dass

alleine auf dieser Grundlage und ohne eine weitere Befragung des Asylwerbers eine

Entscheidung getroffen werden kann (vgl. ErläutRV 952; Frank/Anerinhof et al., 2012: S.

680).

Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, wird das Verfahren von der Behörde

eingestellt. Damit verliert der Asylwerber die Asylwerbereigenschaft (vgl. Frank/Anerinhof,

2012: S. 679; Schrefler-König, 2014, zu § 24 Anm. 1). Sobald es (wieder) möglich wird,

den maßgeblichen Sachverhaltes festzustellen, hat die Behörde das Verfahren von Amts

wegen fortzusetzen, wobei eine Fortsetzung allerdings nach Ablauf von zwei Jahren ab

Einstellung nicht mehr zulässig ist, sodass ein neuerlicher Antrag auf internationalen

Schutz gestellt werden muss (vgl. ErläutRV 952). Zur Fortsetzung des Verfahrens kommt

es regelmäßig, wenn der Antragsteller der Behörde eine aktuelle Meldeadresse mitteilt

oder nach seinem Aufgriff durch Sicherheitsbeamte.

Die Einstellung bewirkt unter anderem, dass der Asylwerber sein Aufenthaltsrecht verliert

(§ 13 Abs. 1 AsylG 2005). Der faktische Abschiebeschutz bleibt jedoch gemäß § 12 Abs.

1 AsylG 2005 bis zum Ablauf der zweijährigen Frist aufrecht. Im Falle der Einstellung

durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann dieses gemäß § 34 Abs. 4 BFA-

VG die Festnahme des Asylwerbers anordnen. Gegebenenfalls wird ein Verfahren zur

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet (§ 27 Abs. 1 Z 2 AsylG

2005). Es ist davon auszugehen, dass im Falle einer späteren Fortsetzung das Verfahren

wieder zugelassen ist, der Antragsteller wieder als Asylwerber anzusehen ist und die

Aufenthaltsberechtigung wieder auflebt (vgl. Frank/Anerinhof, 2012: S. 680).

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz unter

anderem als gegenstandslos abzulegen, „wenn der Fremde freiwillig in den

Herkunftsstaat abreist“ und zwar mit dem Zeitpunkt seiner Ausreise. Auch hier muss die

Ausreise ohne behördlichen oder gesetzlichen Druck stattfinden (vgl. Frank/Anerinhof,

2012: S. 680). Die übrigen in § 25 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Fälle der

Gegenstandslosigkeit (keine persönliche Einbringung bei der Erstaufnahmestelle binnen

14 Tagen, ausschließlich schriftlicher Antrag, Abschiebung bei Folgeantrag) sind für

Asylwerber nicht relevant, weil sie sich im Wesentlichen auf die Situation vor Einbringung

eines Antrags auf internationalen Schutz beziehen. Eine Fortsetzung des Verfahrens ist

im Falle der Gegenstandslosigkeit nicht möglich.

Page 39: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

32

4.5 Bedeutung von Ausbildung und Erwerbstätigkeit

Bei der Entscheidung der Behörden über die Zulässigkeit der Rückkehr eines

Asylwerbers, dessen Antrag sowohl hinsichtlich der Gewährung von Asyl als auch von

subsidiärem Schutz zuerkannt wurde, in sein Heimat- oder Herkunftsland ist gemäß § 9

Abs. 1 BFA-VG auf dessen durch Art. 8 Abs. 2 EMRK geschütztes Privat- und

Familienleben Rücksicht zu nehmen. Der EGMR versteht unter Privatleben alle

„persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines

jeden Menschen konstitutiv sind“ (Chvosta, 2007: 853). Die Behörde hat neben den

anderen, in § 9 Abs. 2 BFA-VG demonstrativ aufgelisteten Faktoren auch den Grad der

Integration (§ 9 Abs. 2 Z. 4 BFA-VG) der betreffenden Person in Österreich zu

berücksichtigen. Diesbezüglich betonen VwGH und VfGH unter anderem auch den

Aspekt der Selbsterhaltungsfähigkeit (vgl. Chvosta, 2007: 858) und die damit in

Zusammenhang stehende Bedeutung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit (z.B. VwGH

20. 4. 2006, 2005/18/0560; zur beruflichen Integration jüngst etwa VfGH 06.06.2014, U

1313/2013 und VfGH 19.09.2014, U 2377/2012-14). Bei Minderjährigen fällt eine Schul-

oder Berufsausbildung positiv ins Gewicht (vgl. VfSlg 16.657/2002; VwGH 19. 10. 1999,

99/18/0342 u.a; jüngst auch BVwG 29.09.2014, W161 1430391-1/5E).

4.6 Grundversorgung

Die Unterbringung und Versorgung von Asylwerbern erfolgt in Österreich im Rahmen der

Grundversorgung. Diese ist in der aufgrund Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den

Ländern abgeschlossenen Grundversorgungsvereinbarung vorgesehen. Für die

Betreuung im Bereich des Bundes (Bundesbetreuung) und der Länder bestehen darüber

hinaus eigene bundes- und landesgesetzliche Regelungen (Grundversorgungsgesetz-

Bund; z.B. Wiener Grundversorgungsgesetz). Grundsätzlich lässt sich sagen, dass

Asylwerber bis zur Zulassung ihres Verfahrens in Österreich in Bundesbetreuung stehen

(Erstaufnahme, Art. 3 Abs. 1 Grundversorgungsvereinbarung), während danach die

Zuständigkeit auf das jeweilige Bundesland übergeht, dem der Asylwerber zugewiesen

wurde. Bund und Länder teilen sich die Kosten der Grundversorgung (Art. 11

Grundversorgungsvereinbarung). Sie können sich zur Erfüllung dieser Aufgaben

humanitärer, kirchlicher oder privater Einrichtungen oder Institutionen der freien

Wohlfahrtspflege bedienen (Art. 3 Abs. 5 und 4 Abs. 3 Grundversorgungsvereinbarung).

Gemäß Art. 9 Grundversorgungsvereinbarung und § 1 Abs. 4 und 5

Grundversorgungsgesetz-Bund sind drei Arten von Betreuungseinrichtungen vorgesehen:

kollektive Erstaufnahmestellen/Durchgangszentren, organisierte Unterkünfte (inklusive

Page 40: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

33

besondere Betreuungseinrichtungen für unbegleitete Minderjährige) und individuelle

Unterbringungen in Privatquartieren, wobei diese Möglichkeit jedoch nur in den

Bundesländern gegeben ist (vgl. Koppenberg, 2014: 36). Während in den Bundesländern

Asylwerber großteils in Privatunterkünften untergebracht sind, übernehmen in Wien diese

Aufgaben ausschließlich NGOs und kirchliche Einrichtungen. Hier wird auch die

Grundversorgung für individuell untergebrachte Asylwerber von der Caritas Wien

abgewickelt (vgl. Koppenberg, 2014: 21). Die Asylwerber werden gemäß Art. 3 Abs. 2 Z. 1

Grundversorgungsvereinbarung von der Koordinationsstelle im Bundesministerium für

Inneres in Übereinstimmung mit der im jeweiligen Bundesland zuständigen Behörde (in

Wien: "Grundversorgung Wien Landesleitstelle" des Fonds Soziales Wien) einer

Betreuungseinrichtung zugewiesen, wobei dieser Einrichtung jedoch kein Mitspracherecht

zukommt (vgl. Koppenberg, 2014: 37).

Die Leistungen, die im Rahmen der Grundversorgung bezogen werden können, umfassen

im Wesentlichen Unterbringung, Verpflegung, Bekleidung (maximal 150,- EUR pro Jahr),

Taschengeld (40,- EUR pro Monat), medizinische Versorgung, Beratung, Kosten in

Verbindung mit einem Schulbesuch und Unterstützung bei freiwilliger Rückkehr (Art. 6

Grundversorgungsvereinbarung). Ein nicht in einer organisierten Unterkunft

untergebrachter Asylwerber erhält somit rund 330,- EUR pro Monat für Miete, Heizung,

Strom, Essen etc. (Art. 6 Grundversorgungsvereinbarung; eigene Berechnung).

Für unbegleitete minderjährige Asylwerber bestehen gesonderte Regelungen: In Art. 7

Grundversorgungsvereinbarung ist vorgesehen, dass für sie weitergehende Leistungen

gewährt werden. Dadurch soll eine psychische Festigung erreicht und eine

Vertrauensbasis geschaffen werden. Sie erhalten Unterstützung bei der

Tagesstrukturierung, der Identitäts- und Altersfeststellung, der Suche nach

Familienangehörigen, der Integration in Österreich und bei der Schul- und Ausbildung.

Wenn nötig, erhalten sie sozialpädagogische und psychologische Unterstützung. Ihre

Unterbringung erfolgt je nach Betreuungsbedarf in Wohngruppen (bei besonders hohem

Betreuungsbedarf), Wohnheimen (für nicht selbstversorgungsfähige) und im Rahmen des

Betreuten Wohnens für diejenigen, die sich unter Anleitung selbst versorgen können. Die

Kostensätze für unbegleitete Minderjährige in organisierten Unterkünften sind je nach Art

der Unterkunft höher (Art. 9 Z. 7 Grundversorgungsvereinbarung). Darüber hinaus stehen

ihnen gemäß Art. 9 Z. 13 Grundversorgungsvereinbarung 200 Unterrichtseinheiten für

einen Deutschkurs zu.

Wenn der Asylwerber (beispielsweise durch ein eigenes Einkommen) über finanzielle

Mittel verfügt, wird dies auf den Grundversorgungsbetrag angerechnet oder die

Page 41: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

34

Grundversorgungsleistungen werden als Teilleistungen erbracht (6 Abs. 2

Grundversorgungsvereinbarung, § 3 Abs. 2 Grundversorgungsgesetz-Bund). Übersteigt

das Einkommen den Grundversorgungsbetrag, endet die Grundversorgung. Ein

Einkommen von circa 100,- EUR im Monat wird in der Praxis toleriert (vgl. Koppenberg,

2014: S. 30).

5. Lehrausbildung allgemein

Nach Erfüllung der neunjährigen Schulpflicht (§ 2 Abs.1 Kinder- und Jugendlichen-

Beschäftigungsgesetz) kann in Österreich die berufliche Ausbildung Jugendlicher im

Rahmen einer Lehre erfolgen. Bei der Lehre handelt es sich um eine duale Ausbildung,

bei der die Jugendlichen einerseits in einem Betrieb praktische Kompetenzen,

andererseits durch den Besuch einer Berufsschule fachtheoretisches Wissen vermittelt

bekommen. Die Lehrausbildung ist im Berufsausbildungsgesetz (BAG) geregelt: Gemäß §

1 BAG werden Lehrlinge auf Grund eines Lehrvertrages in bestimmten Berufen (§§ 5, 7

Abs. 1 BAG) fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet, wobei die

Ausbildungsdauer in der Regel drei Jahre beträgt (§ 6 BAG). Der Besuch der

Berufsschule ist gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 Schulpflichtgesetz 1985 für jede Person mit

einem gültigen Lehrvertrag verpflichtend und daher unabhängig von Deutschkenntnissen

oder schulischer Vorbildung. Diese Zeit gilt als Arbeitszeit und die Lehrlingsentschädigung

wird auch für diese Zeiten ausbezahlt (§§ 9 Abs. 5, 17 Abs. 2 BAG).

Durch den Abschluss des Lehrvertrages wird ein Arbeitsverhältnis begründet und die

Lehrlinge sind damit nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) kranken-,

unfall-, pensions- und unter bestimmten Bedingungen auch arbeitslosenversichert. Es

handelt sich daher um die Ausübung einer Erwerbstätigkeit, für die auch eine sog.

Lehrlingsentschädigung gebührt, deren Höhe meist kollektivvertraglich geregelt ist (§ 17

Abs. 1 BAG). Sie beträgt beispielsweise für kaufmännische Lehrlinge im Hotel- und

Gastgewerbe in Wien ab 01.09.2014 604,- EUR im 1. Lehrjahr (vgl. ÖGB 2014).

6. Arbeitsmarktzugang für Asylwerber

Da es für die Aufnahme einer Lehrausbildung somit notwendig ist, in Österreich legal

einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, wird im Folgenden der bestehende

rechtliche Rahmen in Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber erläutert.

Es werden zunächst die Grundlagen dargestellt, auf denen das Recht von Asylwerbern

basiert, einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Um die Voraussetzungen

darzustellen, die Asylwerber (wie andere Ausländer auch) hinsichtlich der Ausübung einer

Page 42: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

35

Erwerbstätigkeit erfüllen müssen, und die damit verbundenen Hürden anschaulich zu

machen, wird ein Überblick über die in Österreich gültigen Bestimmungen hinsichtlich der

Ausländerbeschäftigung gegeben.

Sodann wird auf die spezifischen rechtlichen Möglichkeiten eingegangen, im Rahmen

derer junge Asylwerber in Österreich bzw. in Wien eine Lehrausbildung absolvieren

können.

6.1 Internationale Grundlagen

Das Recht auf Arbeit ist ein grundsätzliches Menschenrecht und als solches auch in Art.

23 Abs. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte enthalten:

„Everyone has the right to work, to free choice of employment, to just and

favourable conditions of work and to protection against unemployment.”

(Universal Declaration of Human Rights 1948).

Wenn auch heute teilweise die Ansicht vertreten wird, dass der Allgemeinen Erklärung der

Menschenrechte Rechtsverbindlichkeit zukomme, ist diese als eine Resolution der

Generalversammlung der Vereinten Nationen für die Staatengemeinschaft nach

herrschender Meinung rechtlich nicht bindend (vgl. Nettesheim 2009: 191f.). Das

Grundrecht auf Arbeit hat jedoch in der Folge insbesondere aufgrund zweier

internationaler Verträge Eingang in die österreichische Rechtsordnung gefunden:

In Teil III, Art. 6 Abs. 1 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und

kulturelle Rechte anerkennen die Vertragsstaaten

„das Recht auf Arbeit, welches das Recht jedes Einzelnen auf die

Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch frei gewählte oder angenommene

Arbeit zu verdienen, umfasst“ (Internationaler Pakt über wirtschaftliche,

soziale und kulturelle Rechte 1978).

Teil II, Art. 1 der Europäischen Sozialcharta normiert das Recht auf Arbeit, wobei Teil I,

Art. 1 die Vertragspartner verpflichtet, die entsprechenden Voraussetzungen zur

Gewährleistung der tatsächlichen Ausübung dieses Rechts zu schaffen:

„Jedermann soll die Möglichkeit haben, seinen Lebensunterhalt durch eine frei

übernommene Tätigkeit zu verdienen.“ (Europäische Sozialcharta 1970)

Page 43: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

36

Dieses Recht gilt gemäß § 1 des Anhangs zur europäischen Sozialcharta 1970 für alle

legal in einem anderen Vertragsstaat der Europäischen Sozialcharta aufhältigen

Staatsangehörigen.

6.2 EU-Recht

Die Richtlinie (RL) 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni

2013 legt Mindestnormen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz

beantragen, in den Mitgliedstaaten der EU fest (Aufnahmerichtlinie, Neufassung).

Die Aufnahmerichtlinie stellt in Art. 2 lit. a auf das Vorliegen eines Antrags auf

internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 lit. h der Richtlinie 2011/95/EU

(Anerkennungsrichtlinie) ab, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (Art. 2 lit. b

RL 2013/33/EU). Ein solcher Antrag liegt demnach vor, wenn ein Antrag eines

Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus gerichtet ist und nicht ausdrücklich um

eine andere Form des Schutzes ersucht wird (Art. 2 lit. h RL 2011/95/EU).

Diese Aufnahmerrichtlinie enthält keine Legaldefinition des Begriffs

„Drittstaatsangehöriger“. Sie verweist jedoch auf die Richtlinie 2008/115/EG des

europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame

Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger

Drittstaatsangehöriger, welche in Art. 3 auf das Nichtvorliegen der Unionsbürgerschaft

und des Gemeinschaftsrechts auf freien Personenverkehr gemäß Art. 2 Absatz 5 des

Schengener Grenzkodex abstellt.

Unionsbürger wiederum sind gemäß Art. 20 des Vertrags über die Arbeitsweise der

Europäischen Union (AEUV) alle jene Personen, die die Staatsangehörigkeit eines

Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen.

Staatenlose sind Personen ohne Staatsangehörigkeit. Nach Kap. I Art. 1 Abs. 1 des

Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28. September 1954

gelten als staatenlos jene Personen, die von keinem Staat aufgrund nationalen Rechts als

seine Staatsangehörigen angesehen werden.

Die Aufnahmerichtlinie überlässt es weitgehend den Mitgliedstaaten, den Zugang von

Asylwerbern zu Beschäftigung und Bildung zu regeln. Nach Art. 15 Abs. 1 RL 2013/33/EU

müssen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass Asylwerber spätestens nach neun

Page 44: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

37

Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, wenn noch keine erstinstanzliche

Entscheidung erlassen wurde und dem Antragsteller die Verzögerung nicht angelastet

werden kann. Dieser Zeitraum beginnt mit der Stellung des Antrags auf internationalen

Schutz. Die Mitgliedstaaten können die diesbezüglichen Bedingungen selbst festlegen

(Abs. 2 1. Satz RL 2013/33/EU), müssen jedoch einen effektiven Arbeitsmarktzugang

sicherstellen. Die Mitgliedstaaten können gemäß Abs. 2 2. Satz RL 2013/33/EU

„aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik […] Bürgern der Union, Angehörigen der

Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum

und rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen Vorrang einräumen“ (RL

2013/33/EU).

Gemäß Abs. 3 RL 2013/33/EU besteht das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt auch

während eines Rechtsmittelverfahrens, wenn dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung

zukommt.

Hinsichtlich des Zugangs zu beruflicher Bildung ermöglicht es die Aufnahmerichtlinie in

Art. 16 den Mitgliedstaaten, Asylwerbern Zugang zu derselben unabhängig von der

Möglichkeit des Zugangs zum Arbeitsmarkt zu gewähren. Was die in Österreich übliche

Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre betrifft, ist Art. 12, 2. Satz RL 2013/33/EU

bedeutsam, in dem der Zugang zu beruflicher Bildung im Falle, dass selbiger mit dem

Abschluss eines Arbeitsvertrages verbunden ist, von dem gemäß Art. 15 RL 2013/33/EU

gewährten Zugang zum Arbeitsmarkt abhängig gemacht wird. Eine Lehre kann daher nur

im Rahmen der den Zugang zum Arbeitsmarkt regelnden nationalen Bestimmungen

eingegangen werden.

Da die Richtlinie lediglich Mindestnormen festlegt, steht es den Mitgliedsstaaten frei,

jeweils auch für Asylwerber günstigere Regelungen zu erlassen (Art. 4 RL 2013/33/EU).

Im Rahmen der Harmonisierungsbestrebungen der Europäischen Union sieht die

Richtlinie 2011/98/EU für Drittstaatsangehörige, das sind gemäß Art. 2 lit. a der Richtlinie

alle Personen, die nicht Unionsbürger sind, ein einheitliches Antragsverfahren für

Aufenthaltsberechtigungen und Beschäftigungsbewilligungen vor, indem ihnen aufgrund

eines „einheitlichen Antragsverfahrens“ (Art. 4) eine „kombinierte Erlaubnis“ (Art. 6) erteilt

wird, die sowohl die Berechtigung zum Aufenthalt als auch die Arbeitsberechtigung

enthält. Die Regelungen gelten jedoch nicht für Asylwerber, da diese gemäß Art. 3 Abs. 2

lit. g ausgenommen sind.

Page 45: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

38

6.3 Österreich

6.3.1 Überblick Ausländerbeschäftigung

In Österreich wird der Zugang zum Arbeitsmarkt für Ausländer im

Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) geregelt.

Gemäß § 2 Abs. 1 AuslBG sind Ausländer alle Personen, die nicht die österreichische

Staatsbürgerschaft besitzen.

Der Geltungsbereich des AuslBG umfasst grundsätzlich alle Ausländer, wobei es jedoch

nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Novellierungen viele Ausnahmen gibt (§ 2 Abs. 2

AuslBG). Nicht anzuwenden ist das AuslBG unter anderem auf Asylberechtigte und

subsidiär Schutzberechtigte, die somit ab Zuerkennung des Status einen freien Zugang

zum Arbeitsmarkt haben (§ 1 Abs. 2 lit. a AuslBG).

Das AuslBG regelt, unter welchen Bedingungen Ausländer in Österreich eine

Beschäftigung (§ 2 Abs. 2 AuslBG) aufnehmen können. Darunter versteht man nicht nur

Arbeits- oder arbeitnehmerähnliche Verhältnisse sondern unter anderem auch

Ausbildungsverhältnisse (Praktikum, Volontariat) und Arbeitskräfteüberlassungen (§ 2

Abs. 2 AuslBG). Eine Beschäftigung im Rahmen einer Lehrausbildung fällt demnach

ebenfalls unter das AuslBG.

Das AuslBG sieht ein System von Berechtigungen vor, mit denen die von seinem

Geltungsbereich umfassten Personen, die über ein Aufenthaltsrecht verfügen, eine

unselbständige Arbeit ausüben können.

In Umsetzung der bereits erwähnten Richtlinie 2011/98/EU, die für Drittstaatsangehörige

ein einheitliches Antragsverfahren für Aufenthaltsberechtigungen und

Beschäftigungsbewilligungen vorsieht, kam es in Österreich zu einer (wenn auch nicht

vollständigen) Harmonisierung von Aufenthalts- und Ausländerbeschäftigungsrecht.

Gemäß dieser Richtlinie soll mit einem einzigen Antrag die Erteilung der Erlaubnis, sich

im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und dort arbeiten zu dürfen, möglich

sein. Es soll somit lediglich ein einziges Dokument, das beide Bereiche umfasst,

ausgestellt werden. In Österreich wurden daraufhin mit der Änderung des AuslBG

zahlreiche Aufenthaltstitel mit einer Beschäftigungsbewilligung gekoppelt. Diese erlauben

es daher dem Aufenthaltsberechtigten, in den oben angeführten Fällen ohne weitere

Genehmigungen einer unselbständigen Arbeit nachzugehen. Jedoch bestehen weiterhin

Page 46: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

39

Doppelgleisigkeiten (vgl. Schumacher et al. 2012: 298f.), da in anderen Fällen aus dem

Aufenthaltstitel per se keine Arbeitserlaubnis abgeleitet werden kann. Diese Personen

benötigen zusätzlich zum Aufenthaltstitel auch noch eine Beschäftigungsbewilligung.

Folgende Aufenthaltstitel berechtigen einen Ausländer zur Aufnahme der vom jeweiligen

Titel umfassten unselbständigen Beschäftigung ohne die Notwendigkeit weiterer

Bewilligungen (§ 3 Abs. 1 und 2 AuslBG): „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“,

„Aufenthaltsbewilligung – Künstler“, „Rot-Weiß-Rot – Karte plus”,

„Aufenthaltsberechtigung plus“, Befreiungsschein, Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“

oder „Daueraufenthalt – EU“. Liegt ein solcher Aufenthaltstitel nicht vor, ist die Erteilung

einer Beschäftigungsbewilligung, einer Entsendebewilligung oder einer

Anzeigebestätigung nötig, wobei Ausnahmen beispielsweise für kurzfristig beschäftigte

Künstler und Volontäre (Ferialpraktikanten) bestehen (§3 Abs. 4 und 5 AuslBG).

6.3.2 Beschäftigungsbewilligung

Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist vom Arbeitgeber gemäß § 19 Abs. 1

AuslBG bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu beantragen, in

deren Sprengel der beabsichtigte Beschäftigungsort liegt und wird jeweils nur für den in

diesem Antrag angegebenen Ausländer und für den jeweiligen bestimmten Arbeitsplatz

(§§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 AuslBG) gewährt. Die regionale Geschäftsstelle entscheidet

über den Antrag in Form eines Bescheides (§ 20 Abs. 1 AuslBG). Gemäß § 20a und b

AuslBG muss die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer

Beschäftigungsbewilligung binnen sechs Wochen ergehen. Andernfalls darf der

Arbeitgeber den jeweiligen Ausländer im Rahmen einer vorläufigen Berechtigung

beschäftigen, worüber von der zuständige regionale Geschäftsstelle des

Arbeitsmarktservice dem Arbeitgeber eine Bescheinigung auszustellen ist.

Der Ausländer, für den eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden soll, muss über ein

in § 4 Abs. 1 Z. 1 AuslBG angeführtes Aufenthaltsrecht verfügen und es müssen die in § 4

Abs. 1 Z. 2 bis 9 AuslBG normierten Bedingungen erfüllt sein. Dies betrifft beispielsweise

die Einhaltung der Vorschriften hinsichtlich der Lohn- und Arbeitsbedingungen und der

Sozialversicherung; frühere Verstöße gegen das AuslBG; Schwarzarbeit; unerlaubte

Arbeitsvermittlung; Verständigung des Betriebsrates; Schutz älterer Arbeitnehmer etc. In §

4 Abs. 3 sind zusätzliche Bedingungen für die Erteilung eine Beschäftigungsbewilligung

aufgelistet, wie ua. die einhellige Befürwortung des Regionalbeirates (Z.1).

Page 47: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

40

Gemäß § 4 Abs. 2 AuslBG gelten die Bestimmungen für die Erteilung einer

Beschäftigungsbewilligung im Wesentlichen auch für die Aufnahme eines Lehrlings. Auch

hier müssen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z 1 bis 9 AuslBG erfüllt sein und es ist

die Lage und Entwicklung des übrigen Arbeitsmarktes zu beachten.

6.3.3 Arbeitsmarktprüfung (Ersatzkraftverfahren)

Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AuslBG darf eine Beschäftigungsbewilligung nur dann erteilt

werden, wenn es die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes bzw. im Falle eines

Lehrverhältnisses die Lage auf dem Lehrstellenmarkt zulässt und keine wichtigen

öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen dagegenstehen. Dabei wird geprüft (§

4b AuslBG; „Ersatzkraftverfahren“), ob für die zu besetzende offene Stelle Inländer oder

bereits am Arbeitsmarkt verfügbare ausländische Staatsbürger in Frage kommen. Von

diesen eventuell verfügbaren Ausländern werden solche bevorzugt, die Arbeitslosengeld

beziehen, die EWR-Bürger oder Schweizer Staatsangehörige sind, die einen

unbeschränkten Arbeitsmarktzugang haben oder auf die als türkische Arbeitnehmer der

Beschluss des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der

Assoziation anzuwenden ist (Assoziationsarbeitnehmer). Die Beschäftigungsbewilligung

wird dann nur erteilt, wenn keine solchen Ersatzkräfte vorhanden sind. Die Prüfung erfolgt

anhand der Anforderungen, die im Antrag des zukünftigen Arbeitgebers ausgewiesen

sind, wobei diese auch mit dem Bedarf des jeweiligen Betriebs in Einklang stehen

müssen.

Gemäß § 13 Abs. 1 AuslBG können die zuständigen Bundesminister eine Liste von

sogenannten Mangelberufen durch Verordnung (Fachkräfteverordnung) erlassen. In

dieser Liste werden jene Berufe aufgeführt, für die längerfristig ein Bedarf an

Arbeitskräften besteht, der durch inländische oder sonst im Inland verfügbare

Arbeitnehmer nicht gedeckt werden kann. Als Kriterium wird die sogenannte

Stellenandrangsziffer herangezogen, wobei dieser die Zahl der pro gemeldeter offener

Stelle vorgemerkten Arbeitssuchenden zugrunde liegt. Sie darf grundsätzlich 1,5 (bzw. in

bestimmten Fällen 1,8) nicht überschreiten. Die Mangelberufsliste wird jeweils für das

folgende Kalenderjahr erstellt und dient der Sicherung des Wirtschafts- und

Beschäftigungsstandortes. Der Zugang zu diesen Mangelberufen ist gemäß § 12a

AuslBG insoweit erleichtert, als Ausländer in diesem Bereich unter bestimmten

Umständen als Fachkräfte zugelassen werden können, ohne dass einer

Arbeitsmarktprüfung durchgeführt werden muss (§ 4 Abs. 7 AuslBG).

Page 48: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

41

Schließlich musste bis 31.12.2013 auch die sogenannte Bundeshöchstzahl berücksichtigt

werden. Mit der Novelle des AuslBG (BGBl. I Nr. 72/2013) wurde die Bundeshöchstzahl

per 1.1.2014 abgeschafft. Diese betrug ab 2011 jeweils 7 % (§ 14 Abs. 1 AuslBG idF

BGBl. I Nr. 25/2011) des gesamten österreichischen Arbeitskräftepotentials des jeweiligen

Jahres (2013: 260.579, Kundmachung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und

Konsumentenschutz über die Bundeshöchstzahl 2013: BGBl. II 502/2012).

Beschäftigungsbewilligungen durften nur erteilt werden, solange diese Zahl nicht

überschritten wurde. Für den Fall, dass es doch einmal zu einer Überschreitung der

Bundeshöchstzahl kommen sollte, war das Procedere zur Erlangung einer

Beschäftigungsbewilligung erschwert und es gab nur für bestimmte Personengruppen die

Möglichkeit, eine solche zu erhalten. Diese Personengruppen waren in der

Bundeshöchstzahlen-Überziehungsverordnung aufgezählt.

6.4 Beschäftigung von Asylwerbern in Österreich

Wie oben (Pkt. 4.2 und 4.4.) ausgeführt, versteht man unter einem Asylwerber einen

ausländischen Staatsangehörigen, der einen Antrag auf internationalen Schutz

eingebracht hat, und dessen Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, eingestellt

oder für gegenstandslos erklärt wurde.

Auch auf Asylwerber ist das AuslBG anzuwenden (siehe oben Pkt. 6.3). Asylwerber sind

in der Möglichkeit, einer unselbständigen Beschäftigung nachzugehen, insofern

eingeschränkt, als für sie gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 AuslBG in den ersten drei Monaten nach

Zulassung des Verfahrens keine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt werden darf.

Danach kann grundsätzlich für den Asylwerber wie für jeden anderen Ausländer auch

eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG erteilt werden, wenn der Asylwerber

über faktischen Abschiebeschutz verfügt oder ihm ein anderes, taxativ aufgezähltes

Aufenthaltsrecht zukommt. Es handelt sich dabei um ein Aufenthaltsrecht gemäß §§ 12

oder 13 AsylG 2005, § 54 Abs. 1 Z 2 oder 3 AsylG 2005 oder um eine Duldung gemäß

§ 46a Fremdenpolizeigesetz (FPG), wenn er davor Asyl- oder subsidiär

Schutzberechtigter war und daher das AuslBG für ihn nicht zur Anwendung gekommen

war.

Durch einen Erlass des Sozialministeriums aus dem Jahr 2004 (sog. Bartenstein-Erlass)

ist jedoch die Möglichkeit für Asylwerber, nach Ablauf der dreimonatigen Frist einer

unselbständigen Beschäftigung nachzugehen, auf Saisonarbeit beschränkt:

Page 49: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

42

„Für § 19-Asylwerber sind im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation

und deren nur vorläufiges Aufenthaltsrecht, das auf Grund der künftig

wesentlich rascher abgeschlossenen Asylverfahren in der Regel nur von

kurzer Dauer sein wird, Beschäftigungsbewilligungen auch nach der

dreimonatigen Wartefrist nur im Rahmen von Kontingenten gemäß § 5 zu

erteilen.“ (BMWA-435.006/6-II/7/04)

Hinsichtlich dieses Erlasses bestehen menschenrechtliche Bedenken (vgl. Ammer 2013).

Seitens der Grünen wurde im März 2014 ein parlamentarischer Entschließungsantrag

(326/A[E] XXV. GP) betreffend dessen Abänderung im Sinne eines Wegfalls der

Beschränkung auf saisonale Kontingente eingebracht. Auf Ebene der politischen

Entscheidungsträger hat sich Sozialminister Hundstorfer jüngst gegen eine Abschaffung

des Erlasses ausgesprochen (vgl. Sterk 2014).

Außerhalb des Geltungsbereiches des AuslBG (und somit ohne die Voraussetzung einer

Beschäftigungsbewilligung) haben Asylwerber gemäß § 7 Abs. 1

Grundversorgungsgesetz (GVG) die Möglichkeit, Hilfstätigkeiten für Bund, Länder oder

Gemeinden durchzuführen, wobei sie hier kein Entgelt sondern lediglich einen geringen

Anerkennungsbeitrag erhalten. Gemäß Abs. 3 GVG können Asylwerber, die in einer

Betreuungseinrichtung von Bund oder Ländern untergebracht sind bzw. nach Zulassung

ihres Verfahrens auch, wenn sie bei Dritten untergebracht sind, mit ihrem Einverständnis

für Hilfstätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen

(zB Reinigung, Küchenbetrieb, Transporte, Instandhaltung) und für gemeinnützige

Hilfstätigkeiten für Bund, Länder und Gemeinden (zB Landschaftspflege und Gestaltung,

Betreuung von Park- und Sportanlagen, Unterstützung in der Administration)

herangezogen werden. Gemäß § 7 Abs. 5 GVG gilt der Anerkennungsbeitrag nicht als

Entgelt und unterliegt nicht der Einkommensteuerpflicht. Er orientiert sich nicht an den

allgemeinen Lohn- und Gehaltsschemata sondern liegt weit darunter (vgl. MA 24 2012:

107).

Weiters besteht für Asylwerber die Möglichkeit, als sogenannte „Neue Selbständige“

einen Beruf auszuüben. Auch in diesem Bereich kommt das AuslBG nicht zur

Anwendung. Dieses Instrument ist für Werkunternehmer gedacht, die weder ein Gewerbe

noch einen freien Beruf (wie zum Beispiel Architekt oder Anwalt) ausüben (vgl. Peyrl et al.

2012: 322). Oft wird sich diese Möglichkeit insbesondere für weibliche Asylwerberinnen

auf die Ausübung der Prostitution beschränken.

Page 50: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

43

7. Junge Asylwerber in Wien und Lehre

Aufbauend auf den vorangehenden Ausführungen wird in diesem Kapitel die Situation

junger Asylwerber in Wien im Hinblick auf ihre Möglichkeit, eine Lehre zu beginnen,

analysiert. Zunächst wird auf die rechtlichen und formalen Voraussetzungen

eingegangen. In der Folge werden die Ergebnisse der Experteninterviews analysiert und

interpretiert. Unter Berücksichtigung verschiedener individueller und struktureller Faktoren

wie beispielsweise Bildung, Informationsangebot, (Berufs)vorstellungen, Diskriminierung

am Arbeitsmarkt etc. wird dargelegt, wie sich die Situation der jungen Asylwerber am

Wiener Lehrstellenmarkt darstellt, welche Herausforderungen und welche Chancen

bestehen und wie sich dies auf ihre Möglichkeit, eine Lehre zu absolvieren, auswirkt. Auf

den Einfluss der bestehenden gesetzlichen Regelungen wird ebenfalls Bezug genommen.

7.1 Rechtlicher Rahmen

Für junge Asylwerber gelten hinsichtlich des Zugangs zum Arbeitsmarkt die oben

angeführten allgemeinen, für alle Asylwerber gültigen Bestimmungen (siehe Pkt. 6.4).

Dies bedeutet, dass sie in den ersten drei Monaten nach Zulassung ihres Verfahrens

keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Danach sind sie im Wesentlichen auf

Saisonberufe und gemeinnützige Tätigkeiten beschränkt. Seit Juni 2012 haben sie jedoch

darüber hinaus die Möglichkeit, eine Lehre zu absolvieren. Diese wurde durch einen

Erlass des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in

Abänderung des „Bartenstein-Erlasses“ geschaffen (sog. Hundstorfer-Erlass):

„Bei Vorliegen aller allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG

können daher für jugendliche Asylwerber/innen bis zur Vollendung des

18. Lebensjahres [Hervorhebungen im Original] Beschäftigungsbewilligungen

gemäß § 4 Abs. 2 und 3 Z 1 AuslBG außerhalb der Saisonkontingente und -

ungeachtet des vorläufigen Aufenthaltsstatus - für die gesamte Dauer der

Lehrzeit (§ 7 Abs. 4 AuslBG) für alle Lehrberufe erteilt werden, in denen ein

nachgewiesener Lehrlingsmangel besteht.“ (BMASK-435.006/0005-

VI/AMR/7/2012)

Im Jahr 2013 wurde diese Möglichkeit durch einen weiteren Erlass (BMASK-

435.006/0005-VI/B/7/2013) des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und

Konsumentenschutz auf Personen ausgedehnt, die zum Zeitpunkt der Antragstellung das

25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Page 51: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

44

Um eine Lehre antreten zu können, müssen demgemäß die allgemeinen

Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung (siehe oben 6.3.2) –

somit eine positive Arbeitsmarktprüfung und die einhellige Befürwortung des

Regionalbeirats – vorliegen. Der Erlass enthält den Hinweis, dass die Geschäftsstellen

des AMS auf die Erteilung der Befürwortung hinwirken sollen. Obwohl Asylwerber nur

über einen auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkten, vorläufigen Aufenthaltsstatus

verfügen, werden die Bewilligungen in Übereinstimmung mit § 7 Abs. 4 AuslBG für die

gesamte Dauer der Lehrzeit erteilt (vgl. BMASK-435.006/0005-VI/B/7/2013).

7.2 Formale Voraussetzungen für den Beginn einer Lehre

Damit ein Asylwerber in Wien eine Lehrstelle antreten kann, muss er laut dem

Arbeitsmarktservice Wien, Jugendliche, folgende Kriterien erfüllen (vgl. AMS 2013):

Alter unter 25 Jahren

Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 Asylgesetz

Meldeadresse in Wien

Lehrstelle bei einem Betrieb/Filiale in Wien

Mangellehrberuf

Eine Liste der Mangellehrberufe wird nach Auskunft des BMASK vom 18.09.2014 für

jedes Kalenderjahr und für jedes Bundesland vom AMS erstellt. Umfasst waren im Jahr

2013 in Wien 28 Lehrberufe wie u.a. Bäcker, Binnenschiffer, Dreher, Fleischverkäufer,

Glaser, Friseur, Maler, Gleisbautechniker, Schalungsbauer, Mechatroniker etc. (vgl. AMS

2013). Laut E-Mail-Auskunft des AMS Wien, Service Ausländerbeschäftigung, vom

23.01.2015 enthielt die Liste auch im Jahr 2014 28 Lehrberufe. Die Liste für 2015 liege

noch nicht vor, die Zahl der Mangellehrberufe werde jedoch reduziert werden.

Da gemäß § 2 Schulpflichtgesetz 1985 für alle in Österreich dauernd aufhältigen

Minderjährigen eine neunjährige allgemeine Schulpflicht besteht, muss diese

grundsätzlich auch von minderjährigen Asylwerbern durch den Besuch einer öffentlichen

oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule erfüllt werden (Abschnitt B.

Schulpflichtgesetz 1985), damit sie eine Lehre beginnen können. Die 9. Schulstufe muss

abgeschlossen sein, andernfalls gemäß § 20 Abs. 3 lit. c BAG die Eintragung des

Lehrvertrages von der zuständigen Lehrlingsstelle mit Bescheid verweigert wird. In

Ausnahmefällen ist ein Nachholen des Hauptschulabschlusses parallel zur

Lehrausbildung möglich (vgl. § 20 Abs. 1 Z. 1 Schulpflichtgesetz 1985; integrative

Lehrausbildung). Da in Österreich gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 Schulpflichtgesetz 1985

Page 52: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

45

Berufsschulpflicht herrscht, ist der Besuch der Berufsschule nicht von etwaigen

Vorkenntnissen abhängig. Es ist somit nicht erforderlich, dass die Pflichtschule positiv

abgeschlossen wurde.

Wenn der Jugendliche, der diese Voraussetzungen erfüllt, eine entsprechende Lehrstelle

gefunden hat, kann der zukünftige Dienstgeber eine Beschäftigungsbewilligung beim AMS

beantragen.

7.3 Herausforderungen und Chancen

Nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz,

Abt. VI/A/6 Arbeitsmarktanalyse und –prognose, vom 17.11.2014 ergibt sich aus der

Datenbank des AMS, dass in den Jahren 2012 bis Ende Oktober 2014 insgesamt 35

Asylwerber in Wien eine Beschäftigungsbewilligung für eine Lehrstelle erhalten haben

(2012: 1; 2013: 20; 2014: 14), wobei der überwiegende Teil (26) im Bereich Beherbergung

und Gastronomie beschäftigt ist. Die Mehrzahl der jungen Asylwerber stammt aus

Bangladesch (15) und Afghanistan (10). Je einer stammt aus Sri Lanka, Ägypten,

Kasachstan, Syrien, der VR China und Nigeria; je zwei aus der DR Kongo und der Türkei

(siehe Anhang 1). 14 der jungen Asylwerber sind unter 19 Jahre alt. Der Großteil (30) ist

männlich.

Tabelle 4: Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber in Wien in Lehrberufen nach Branchen (2012, 2013, 2014)

Quelle: AMS Datawarehouse amb_abv_07-lfd, 17.11.2014, eigene Bearbeitung

Frauen Männer insg. Frauen Männer insg. Frauen Männer insg. Frauen Männer insg.

H -Verkehr und Lagerei 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

I -Beherbergung und Gastronomie 0 1 1 0 5 5 1 3 4 1 9 10

S -sonstige Dienstleistungen 0 0 0 3 0 3 0 0 0 3 0 3

Summe 0 1 1 3 5 8 1 4 5 4 10 14

C -Herstellung von Waren 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 1 1

G -Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 1 1

I -Beherbergung und Gastronomie 0 0 0 0 9 9 0 6 6 0 15 15

M -freiberufliche, w issenschaftliche, technische

Dienstleistungen

0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

R -Kunst, Unterhaltung, Erholung 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

S -sonstige Dienstleistungen 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1

Summe 0 0 0 1 11 12 0 8 8 1 19 20

I -Beherbergung und Gastronomie 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

Summe 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

C -Herstellung von Waren 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 1 1

G -Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 1 1

H -Verkehr und Lagerei 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

I -Beherbergung und Gastronomie 0 1 1 0 14 14 1 10 11 1 25 26

M -freiberufliche, w issenschaftliche, technische

Dienstleistungen

0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

R -Kunst, Unterhaltung, Erholung 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1

S -sonstige Dienstleistungen 0 0 0 4 0 4 0 0 0 4 0 4

Summe 0 1 1 4 16 20 1 13 14 5 30 35

bis 19 Jahre

20 bis 24 Jahre

25 bis 29 Jahre

Summe

Bewilligungen Erteilung

2012 2013 2014 bis Ende Okt. Summe

Page 53: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

46

Die Zahl der in Wien lebenden Asylwerber unter 18 bzw. 25 Jahren konnte nicht erhoben

werden, da es nach telefonischer Auskunft der für Angelegenheiten der Grundversorgung

zuständigen Landesleitstelle Wien des Fonds Soziales Wien vom 16.01.2015 im

Informationsverbund lediglich eingeschränkte Abfragemöglichkeiten gibt. Die Daten des

Innenministeriums wiederum geben lediglich über die österreichweite Situation Auskunft:

Demnach haben im Jahr 2013 in ganz Österreich 1.120 unbegleitete minderjährige

Personen über 14 Jahren einen Asylantrag gestellt, wobei bei 188 die Volljährigkeit von

der Behörde festgestellt wurde. Etwas höher waren die Zahlen mit 1.697 (davon 207, bei

denen die Volljährigkeit festgestellt wurde) im Jahr 2012. Im Jahr 2014 hatten 2.131

Personen zwischen 14 und 18 Jahren in Österreich einen Asylantrag gestellt. Bis

einschließlich November wurde bei 178 die Volljährigkeit festgestellt (vgl. BMI Asylstatistik

2012, 2013, 2014; eigene Berechnung). Die Zahl der im Familienverband eingereisten

minderjährigen Asylwerber konnte ebenso wenig erhoben werden wie die Zahl der

Asylwerber zwischen 18 und 25 Jahren. Diese Daten weist die Asylstatistik des BMI nicht

aus.

Dass der Anteil der jungen Asylwerber, die in Wien eine Lehre absolvieren, nicht höher

ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einerseits sind ihre Chancen am Arbeitsmarkt

(auch aufgrund rechtlicher Regelungen) durch die ethnische Segmentierung des

Arbeitsmarktes und aufgrund der Auswahlprozesse in den Betrieben generell schlechter

als die inländischer Jugendlicher. Andererseits kommen bei ihnen aufgrund ihrer

speziellen Situation (Flucht, Alter, Trennung von der Familie, Lebenssituation in

Österreich etc.) auch verschiedene individuelle Faktoren zum Tragen. Im Folgenden wird

auf diese strukturellen und individuellen Faktoren eingegangen.

In Klammer sind die jeweilige Nummer des Interviews und die Zeilenangaben angeführt.

7.3.1 Stellenwert von Ausbildung und Beschäftigung

Was sich in den vielfältigen Bemühungen und Initiativen für eine Öffnung des

Arbeitsmarktes für Asylwerber zeigt, spiegelt sich in den Ergebnissen der

Experteninterviews deutlich wieder: Alle Interviewpartner – Betreuer ebenso wie Vertreter

offizieller Stellen – betonen gleichermaßen die Wichtigkeit einer Lehrausbildung für das

berufliche Fortkommen und die Persönlichkeitsbildung der Jugendlichen.

Dabei spielen nicht nur die Perspektiven der Jugendlichen in Österreich eine Rolle

sondern auch der Nutzen im Falle, dass ein Verbleib im Lande aufgrund einer negativen

Behördenentscheidung nicht möglich ist. Ein Betreuer berichtet, dass sie die Jugendlichen

Page 54: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

47

darin bestärkt, die Zeit in Österreich zu nützen und ihnen gegenüber regelmäßig betont:

„Es schadet nicht. Auch wenn ihr wieder [Anm.: in das Herkunftsland] zurückkommt, dann

habt ihr auf jeden Fall mehr Erfahrungen machen können und euch mehr Wissen

aneignen können“ (I2: 174 – 176). Auch von offizieller Stelle ist man sich der Problematik

bewusst: „In solchen Fällen macht es dann trotzdem Sinn, weil der Jugendliche zumindest

etwas gelernt hat, das er vielleicht auch anderswo nutzbringend einsetzen kann“ (I5: 62 –

69).

Nach den übereinstimmenden Aussagen aller Interviewpartner ist das Interesse an einer

Lehrausbildung auf Seiten der Jugendlichen sehr groß, wobei es allerdings auch auf die

individuelle Situation ankommt. Die Fluchtgeschichte, das Schicksal der

zurückgebliebenen Familien aber auch die individuellen Begabungen spielen eine Rolle,

ob sich ein junger Asylweber für eine Lehr- oder Schulausbildung entscheidet: „Es ist im

Prinzip natürlich abhängig von der individuellen Lage oder Geschichte oder was sie sonst

noch beschäftigt. Ob die Familie weit weg ist. Manche sind sehr schulfit und gehen weiter

den Schulweg und ein Teil möchte arbeiten. Und sie wissen, dass eine Lehre auch eine

gute Möglichkeit ist, einen Job zu erlernen. Also das wollen sehr, sehr, sehr viele. Die

meisten wahrscheinlich. UMF auf jeden Fall“ (I1: 319 – 324). Einerseits wollen die jungen

Asylwerber nicht untätig auf die Entscheidung in ihrem Asylverfahren warten. Sie möchten

eine Ausbildung machen und in das Erwerbsleben eintreten. Dabei spielen einerseits das

Streben nach Selbständigkeit, nach eigenem Einkommen und einer beruflichen Karriere

(„Ausbildung, und dass sie dann in dem Bereich auch später arbeiten werden. Eine

Jobsicherheit“ [I2: 167 – 168]) aber auch der Wunsch nach Unterstützung der im

Herkunftsland verbliebenen Familie eine Rolle: „Geld zu verdienen, selbständiger zu

werden, Familie helfen zu können“ (I1: 330). Asylwerber mit psychischen Problemen sind

weniger motiviert, eine Lehre zu beginnen (vgl. I3: 203 – 205; I8: 242 – 244).

Zuletzt darf auch der Aspekt des Einflusses auf den Ausgang des Asylverfahrens nicht

vernachlässigt werden. Die Betreuer der jungen Asylwerber sind sich durchaus bewusst,

dass ein aufrechtes Lehrverhältnis jedenfalls nicht negativ bei der Bewertung der

Integration in Österreich berücksichtigt wird (siehe dazu oben 4.5). Sie betonen die

Wichtigkeit, sich am Leben in Österreich zu beteiligen und durch entsprechendes

Engagement den Willen zur Integration zum Ausdruck zu bringen (vgl. I2: 172, 173). Dass

die Integration am Arbeitsmarkt und das Absolvieren einer Ausbildung hier eine

wesentliche Bedeutung hat, wird den jungen Asylwerbern von einigen Betreuern durchaus

vermittelt: „Das sagen wir auch, […]: je mehr sie sich hier integrieren, je mehr sie hier

gemacht haben, desto schwieriger wird es auch für die Behörden sein, zu argumentieren,

Page 55: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

48

dass sie jetzt abgeschoben werden oder zurückgeschickt werden“ (I2: 172 – 174; vgl. I3:

250 – 253). Ein Betreuer sieht dagegen bei den jungen Asylwerbern kaum ein

Bewusstsein für die Bedeutung, die eine Lehre im Asylverfahren haben kann und verweist

vielmehr auf die Wichtigkeit von Deutschkenntnissen: „Mittels Deutschkurs versuche ich

sie dann auch zu ködern. Dass ich sag‘, sie brauchen unbedingt einen Deutschkurs. Nicht

nur wegen der Karriere, nicht nur wegen der Lehre sondern auch fürs Asylverfahren“ (I4:

199 –201).

7.3.2 Information der Asylwerber

Voraussetzung für die Beschäftigung mit dem Thema Lehre ist zunächst einmal die

Information über diese Möglichkeit. Unbegleitete, minderjährige Asylwerber, die einer

Betreuungsstelle in Wien im Rahmen der Bestimmungen der Grundversorgung

zugewiesen werden (Art. 3 Abs. 2 Z. 1 Grundversorgungsvereinbarung; siehe dazu oben

Pkt. 4.6), erhalten dort nach übereinstimmender Aussage aller Befragten alle

Informationen, die für sie in Bezug auf ihre Ausbildung relevant sind. Die Betreuer gehen

dabei besonders in den Wohngemeinschaften sehr auf die Bedürfnisse und Begabungen

der Jugendlichen ein und sind bemüht, den jeweils passenden Ausbildungsweg zu finden

und sie an die entsprechenden Stellen weiter zu verweisen (vgl. I2: 145; I6: 211). Die

Jugendlichen erhalten dort auch Unterstützung im Bewerbungsprozess (vgl. I1: 388 –

391).

Für junge Asylwerber, die im Familienverband nach Österreich kommen oder die als

Volljährige privat untergebracht sind, ist eine derart intensive Betreuung nicht unbedingt

gegeben. Sie erhalten die entsprechenden Informationen jedoch entweder in den

Betreuungsquartieren oder im Falle privater Unterbringung im Asylzentrum der Caritas,

über das sie auch die Grundversorgungsleistungen beziehen (vgl. I1: 307; vgl.

Koppenberg 2014: 21). Da in Wien die Unterbringung durchweg von großen

Organisationen übernommen wird (siehe dazu oben Pkt. 4.6), kann nach Ansicht eines

Betreuers auch für erwachsene Asylwerber eine professionelle Beratung erwartet werden

(vgl. I1: 303 – 206). Für diese Personengruppe ist jedoch ein größeres Maß an

Eigeninitiative gefordert, da die Beratung eher eine allgemein rechtliche ist und der Fokus

nicht auf der (Lehr)ausbildung liegt: „Es wird vielleicht einige geben, die das

möglicherweise nicht wissen, weil sie auch nicht danach fragen“ (I1: 306).

Auch Mundpropaganda spielt nach Aussage einer Interviewpartnerin eine Rolle (vgl. I2:

157).

Page 56: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

49

Nach den oben angeführten Aussagen der Experten sehen diese das

Informationsbedürfnis der jungen Asylwerber gut abgedeckt. Da die Grundversorgung

nach den oben angeführten Aussagen in Wien einen hohen Organisationsgrad aufweist

und die Asylwerber auch gut untereinander vernetzt sind, können nach Ansicht aller

Experten nur sehr wenige nicht erreicht werden. Sobald die Asylwerber auf die

Möglichkeit, eine Lehre zu beginnen, aufmerksam geworden sind, können sie auch beim

Arbeitsmarktservice detaillierte Auskunft erhalten – eine Möglichkeit, die offenbar auch

genutzt wird: „Viele kommen selbst und informieren sich hier [Anm.: beim AMS] vor Ort

bzw. in den regionalen Geschäftsstellen. Online ist die Möglichkeit, also wenn man einen

Internetzugang hat. Auch hier gibt’s breites Informationsmaterial darüber“ (I4: 66 – 69).

Die Asylwerber wenden sich dabei zunächst oft an die regionalen Geschäftsstellen des

AMS, die sie dann jedoch meist an das Service für Ausländerbeschäftigung des AMS

weiterverweisen, wo eine Beratung aufgrund des spezifischen Fachwissens und der

besseren Möglichkeiten nicht-deutschsprachiger Beratung einfacher zu bewerkstelligen ist

(I6: 213 – 215).

Einige Interviewpartner weisen allerdings auf Schwierigkeiten im Verständnis der jungen

Asylwerber betreffend das Wesen einer Lehrausbildung hin: „Einmal zu verstehen, was ist

ein Lehrberuf, was ist ein normaler Beruf. Wo wir immer wieder an Grenzen stoßen im

Verständnis“ (I6: 69 – 71), „Sehr oft sind es Begrifflichkeiten: Normale Stelle zu finden und

eine Lehrstelle zu finden. Warum haben wir Lehrberufe und wie lang dauert das?“ (I2: 87,

88). Dabei spielt nach Ansicht eines Betreuers der Bildungsgrad der Jugendlichen eine

wesentliche Rolle. Asylwerbern, die im Herkunftsland keine Schulbildung absolviert

haben, fällt es demnach oft schwerer zu verstehen, dass es sich bei der Lehre um eine

Berufsausbildung handelt und dass die Lehrausbildung als Grundlage für einen späteren

Beruf konzipiert ist: „Diejenigen, die vorher schon eine Schulbildung genossen haben im

Herkunftsland, die können sich das besser vorstellen, dass eine Lehre notwendig ist.

Alleine, um Facharbeiter zu werden“ (I4: 169 – 172). Derselbe Betreuer schildert, wie er

durch kreative Ideen den jungen Menschen das Wesen des mit ihnen in der Beratung

vereinbarten Ausbildungswegs zu erklären versucht: „Es ist nur, dass man auch

versuchen muss, das zu erklären. Wenn sie zum Beispiel schon vorher keine

Schulbildung haben, da können sie sich dann schwerer vorstellen, welcher Weg ist dann

ausgemacht. Ich versuch‘ ihnen diesen Bildungsweg, diesen Karriereweg zu zeigen.

Mittels eines Bildes von Stufen.“ (I4: 166 – 169). Ein Betreuer weist auf kulturelle

Unterschiede und den Umstand hin, dass viele der jungen Asylwerber im Heimatland

bereits als Kinder Schwerarbeit verrichten mussten (I8: 240 – 251).

Page 57: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

50

7.3.3 Information der Betriebe

Was die Information auf Seiten der Unternehmen bzw. potentiellen Arbeitgeber betrifft,

konstatiert die Mehrheit der Interviewpartner große Defizite. Es herrscht demnach kaum

ein Bewusstsein, dass junge Asylwerber als Lehrlinge aufgenommen werden können.

Zwar bietet das Arbeitsmarktservice im Rahmen seines „Service für Unternehmen“

Informationsmaterial und branchenspezifische Informationsveranstaltungen an und das

Thema wird auch im Magazin für Unternehmer immer wieder angesprochen. Bei Bedarf

werden Beratungsgespräche und Kundenmeetings organisiert. Oft werden die

Unternehmen jedoch erst durch die Bewerber selbst auf die Möglichkeit, einen Asylwerber

als Lehrling aufzunehmen, aufmerksam gemacht: „Sehr viel Information kommt von den

Personen, die sich bewerben selbst. Dass die wirklich schon mit Informationsmaterial

ausgestattet werden und zur Firma gehen“ (I6: 104, 105). Es hängt sehr von der

Eigeninitiative und vom Engagement des Unternehmens ab, sich die notwendigen

Informationen zu verschaffen: „Es gibt sehr viele Firmen, die engagieren sich. Die sagen

wirklich: Wir möchten da helfen, wir möchten die unterstützen. Die kommen auch zu

einem Gespräch [Anm.: beim AMS] und lassen sich informieren. Und holen sich alles,

was sie brauchen. Funktioniert auch sehr gut. Wird wenig genützt. Also nicht in dem

Rahmen, wie‘s eigentlich möglich wäre“ (I4: 93 – 96).

Es herrscht jedoch großteils Unklarheit hinsichtlich der Begrifflichkeiten. So berichten zwei

Berater, dass meist kein Unterschied zwischen Asylwerbern, Asylberechtigten und

subsidiär Schutzberechtigten gemacht wird und all diese generell als „Asylanten“

bezeichnet werden (vgl. I6: 120, 121; I3: 336, 341).

Von Seiten des AMS wird darauf hingewiesen, dass im April 2014 eine Umstrukturierung

im AMS im Sinne einer Zentralisierung stattgefunden hat. Dies funktioniere sehr gut und

es seien für die Zukunft verschiedene Maßnahmen und Informationsveranstaltungen in

Zusammenarbeit mit den diversen Zielgruppen geplant: „Inwieweit wir das

veranstaltungsmäßig organisieren können - wir haben alles am Plan […] und sind da grad

in der Aufbauarbeit begriffen. […] Dass man im Vorfeld gut informiert“ (I4: 214 – 220).

7.3.4 Schulbildung

Wie oben (Pkt. 7.2) ausgeführt, muss für den Beginn einer Lehre die Erfüllung der

allgemeinen Schulpflicht, somit der Abschlusses der 9. Schulstufe nachgewiesen werden.

Alle Befragten weisen darauf hin, dass die jungen Asylwerber oft nicht einmal über

grundlegende Schulbildung verfügen bzw. dass sie keine Zeugnisse oder anderen

Page 58: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

51

Bestätigungen für etwaige Schulabschlüsse vorweisen können. Oft haben sie bereits im

Kindesalter gearbeitet. Der Vermittlung von Bildung wird von allen Betreuern große

Bedeutung beigemessen: „Oberstes Ziel ist eigentlich, dass jeder Jugendliche in einer

Kurs- oder Bildungsmaßnahme ist. Und da versuchen wir einfach alles auszuschöpfen.

Alles, was geht, das ist ganz wichtig“ (I1: 105 – 107; vgl. I8: ).

Das Angebot an Kursen deckt in Wien nach übereinstimmender Ansicht aller Befragten

den Bedarf und die Betreuungseinrichtungen können zahlreiche Kooperationen mit

Vereinen, Bildungseinrichtungen und Schulen nutzen. Alle Befragten betonen jedoch die

eingeschränkten finanziellen Mittel, die den Betreuungseinrichtungen zur Verfügung

stehen. Insbesondere die Volkshochschulen gewähren nach übereinstimmender Aussage

der Befragten Preisnachlässe bzw. Sonderkonditionen und es gibt auch kostenlose Kurse

bei verschiedenen Anbietern.

Je nach individuellem Bedarf des Jugendlichen kommen unterschiedliche Kurse in

Betracht: Basisbildungskurse werden kostenlos von mehreren Organisationen angeboten

und richten sich an jene, die zunächst grundlegende Kenntnisse erwerben müssen, bevor

sie als nächsten Schritt einen Kurs zum Erwerb des Hauptschulabschlusses absolvieren

können. Mit Abschluss desselben sind die Voraussetzungen für den Beginn einer Lehre

erfüllt. Ein Betreuer berichtet, dass man sich bemüht, Defizite beispielsweise in

Mathematik durch außerschulische Förderung auszugleichen. So gibt es ein Lernbuddy-

Programm, bei dem ehrenamtliche Mitarbeiter am Nachmittag mit den Schülern lernen:

„Die meisten haben Schwierigkeiten in den Grundrechnungsarten. Das versuchen wir zu

kompensieren, indem wir Lernnachhilfe zur Verfügung stellen oder Lernbuddies, die

gezielt eins zu eins Betreuung machen und mit den Jugendlichen den Stoff, den sie in der

Schule lernen, dann gemeinsam zu bewältigen“ (I2: 55 – 59).

An Kursen oder Bildungsmaßnahmen, die vom AMS angeboten werden, können

lehrstellensuchende Asylwerber nicht teilnehmen, da sie mangels Arbeitsmarktzugangs

keinen Arbeitslosenanspruch haben und daher nicht beim AMS registriert werden können

(vgl. I6: 225 – 233; I5: 135 – 138).

Alle Befragten schätzen die Chancen für junge Asylwerber, einen Schulabschluss in

Österreich erhalten zu können, hoch ein. Sie verweisen jedoch auch auf individuelle

Probleme, die sich aus dem persönlichen Hintergrund des jeweiligen Jugendlichen

ergeben können. So hat die Vorbildung einen wesentlichen Einfluss auf den schulischen

Erfolg in Österreich: „Die Chancen sind normalerweise recht gut. Es kommt drauf an, ob

er im Herkunftsland schon in die Schule gegangen ist oder nicht. Wenn er dort schon

Page 59: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

52

alphabetisiert war auch in seiner Sprache schon schreiben und lesen konnte, dann tut er

sich da relativ leicht. […] Es gibt aber andere, die im Herkunftsland nicht in die Schule

gegangen sind, die dort arbeiten gewesen sind, die dort Hirten oder Wasserträger waren

– dann funktioniert‘s relativ schwer“ (I4: 64 – 71). Eine Interviewpartnerin weist auf den

Zeitfaktor hin und betont, dass die Chancen besser stehen, wenn die Jugendlichen eine

ausreichend lange Aufenthaltszeit in der Betreuungseinrichtung haben und dort

Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit gefördert werden: „Ein guter Teil schafft es

irgendwie. Vorausgesetzt, sie haben zwei Jahre Verbleibzeit in der WG. Dann geht sich‘s

bei recht vielen aus“ (I1: 137 – 139).

Nach Aussage eines Befragten kann das Fehlen des Pflichtschulabschlusses zum

Scheitern der Bemühungen um eine Lehrstelle führen: „Das ist auch immer wieder

Thema: Wo das klappen würde mit dem Mangelberuf und dann hat der die Pflichtschule

nicht abgeschlossen“ (I6: 125 – 127). Es wird jedoch auch betont, dass man sich in

solchen Fällen von Seiten des AMS sehr bemühe, eine Lösung zu finden – etwa durch

das Nachholen des Hauptschulabschlusse parallel zur Lehrausbildung (vgl. I6: 141 –

144).

7.3.5 Deutschkenntnisse

Ausreichende Deutschkenntnisse werden ebenfalls von allen Befragten als ein

wesentlicher Aspekt für den Erfolg bei der Lehrstellensuche angesehen. Einige betonen,

dass es dabei weniger um die Kommunikationsfähigkeit im Betrieb geht sondern vielmehr

darum, dass die Lehrlinge in der Berufsschule dem Unterricht folgen können: „Eine Lehre

ist ja nicht nur Ausbildung im Betrieb, wo das wahrscheinlich irgendwie geht, sondern man

muss auch in die Berufsschule gehen“ (I5: 224 – 226).

Alle Befragten schätzen die Chancen, dass die jungen Asylwerber ausreichende

Deutschkenntnisse in Österreich erwerben, positiv ein. Zwar steht für minderjährige

Asylwerber im Rahmen der Grundversorgung ein gewisses Budget für Deutschkurse zur

Verfügung, es hängt nach Ansicht der Betreuer jedoch sehr vom einzelnen Jugendlichen

ab, ob dieses ausreicht: „In der Regel ist es so, dass sich nicht wirklich sagen lässt, ob

sich mit dieser Summe Deutsch erlernen lässt“ (vgl. I1: 171 – 173); „Es gibt Jugendliche,

die sind dann ein Jahr da und haben vielleicht 800 Euro verbraucht von ihrem Kursbudget

und sprechen mittlerweile sehr gut. […] Und dann gibt’s andere, da geht schon einmal

nahezu das ganze Budget für Alphabetisierung weg“ (I1: 179 – 183). Von Seiten einer

Betreuungseinrichtung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kurse auch nach

Erschöpfung des Budgets vom Träger der Einrichtung weiterfinanziert werden, solange

Page 60: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

53

die Jugendlichen in den Wohngemeinschaften betreut werden (vgl. I1: 177, 178). Ein

Betreuer erzählt, dass die Jugendlichen in den Wohngemeinschaften einen großen

Einsatz zeigen: „Unsere Jugendlichen sind auch sehr motiviert, dass sie trotz

Hauptschulabschlusskurs und trotz Lehrstelle dann auch noch Deutschkurse zusätzlich

machen und ihr Deutsch vertiefen“ (I2: 78, 79). Derselbe Betreuer weist jedoch auch

darauf hin, dass für junge Asylwerber über 18 Jahre, die nicht mehr in den

Betreuungseinrichtungen wohnen, die Chancen schlechter sind. Sie müssen sich in

Eigeninitiative Kurse organisieren: „Wenn sie organisiert untergebracht sind, ist es immer

leichter, eine Finanzierung zu finden, als auf eigene Faust“ (I2: 90, 91).

Weiters ist der Preis für die Kurse nach Auskunft der Betreuer je nach Anbieter

unterschiedlich. Alle Betreuer weisen darauf hin, dass sie versuchen, Reduktionen zu

erwirken und beispielsweise an den Volkshochschulen oft der Sozialtarif gewährt wird.

Schließlich sind nach Auskunft mehrerer Interviewpartner nicht nur Deutschkurse für den

Erwerb von Sprachkenntnissen wichtig. Die Jugendlichen, die einen

Hauptschulabschlusskurs besuchen, verbessern dadurch auch ihre Deutschkenntnisse:

„Ein Jugendlicher, der nach einem Hauptschulabschluss eine Lehre antritt, der braucht

keine Kurszeugnisse für Deutsch, weil der ist ja benotet, der spricht dann auch Deutsch“

(I1: 154 – 157).

7.3.6 Diskriminierung am Arbeitsmarkt

Was eine etwaige Benachteiligung von Asylwerbern im Auswahlverfahren wegen ihrer

Herkunft betrifft, sehen die Befragten keine großen Probleme. Ein Betreuer weist darauf

hin, dass sie generell im Bereich der Lehrlingsausbildung Erfahrungen mit Vorurteilen

gegen Personen aus bestimmten Herkunftsländern gemacht hat (vgl. I4: 244, 245).

Andererseits spielt aber gerade, was Jugendliche betrifft, auch der Hilfsgedanke bei

einigen Firmen eine Rolle: „Das Interesse der Unternehmen ist grundsätzlich da. Das sind

dann meistens sehr engagierte Firmen, die in dem Bereich versuchen, auch was zu

bewirken. Gerade bei den Jugendlichen ist es sehr oft dieser Hilfsgedanke“ (I6: 100 –

102).

Ein Interviewpartner erzählt, dass die Arbeitgeber teilweise aus dem Engagement der

Jugendlichen im Bewerbungsprozess eine größere Zuverlässigkeit und Ernsthaftigkeit

ableiten und dies ein Pluspunkt bei der Bewerbung sein kann: „Da ist auch die

Arbeitsmoral anders, wenn ich weiß, ich hab‘ mir da jetzt einiges angetan, dass ich

Page 61: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

54

überhaupt in den Arbeitsmarkt komme. […] Das höre ich immer wieder von den

Betrieben“ (I6: 104 – 112).

Im Bewerbungsprozess wirkt sich nach Aussage eines Interviewpartners die mangelnde

Information der Unternehmen negativ auf die Chancen der jungen Asylwerber aus. Den

Asylwerbern fällt es aufgrund der Komplexität der Materie und auch aufgrund von

Sprachbarrieren nicht leicht, die rechtliche Situation zu erklären und die

Personalverantwortlichen nehmen sich auch nicht immer die erforderliche Zeit (I2: 105 –

108).

Positiv beeinflusst werden die Chancen junger Asylwerber im Auswahlverfahren nach

Einschätzung eines Befragten durch die durchaus verbreitete Praxis der Betriebe,

Kandidaten im Rahmen eines Praktikums oder einer Schnupperlehre kennenzulernen

(vgl. I2: 72, 73, 200 – 206). Ein Betreuer hofft, über die Bildung eines entsprechenden

Netzwerkes vermehrt solche Einstiegsmöglichkeiten schaffen zu können (vgl. I4: 220 –

235).

7.3.7 Wirtschaftliche Aspekte

Da die Lehrlingsentschädigung regelmäßig über dem Grundversorgungsbetrag liegt

(siehe oben Kapitel 5.), laufen junge Asylwerber Gefahr, mit Beginn einer Lehre von der

Grundversorgung ausgeschlossen zu werden (siehe oben Pkt. 4.6). Minderjährige

Asylwerber sind diesbezüglich besser gestellt als erwachsene. Da bei ihnen die

Lehrlingsentschädigung bis zur Volljährigkeit von der obsorgeberechtigten Stelle

einbehalten wird, können sie weiter in den Grundversorgungseinrichtungen verbleiben:

„Bei den UMF gibt es glücklicherweise die Sondersituation, dass, nachdem sie ja

minderjährig sind und die MA 11 die Obsorge hat, die Lehrlingsentschädigung einfach auf

einem Ansparkonto von der MA 11 verwaltet und erst bei Volljährigkeit zur Auszahlung

gebracht wird“ (I1: 252 – 255). Dies wird von zwei anderen Interviewpartnern bestätigt

(vgl. I1: 253 – 263; I8: 152 – 158). Volljährige geraten durch die Anrechnung der

Lehrlingsentschädigung auf den Grundversorgungsbetrag (insbesondere in Anbetracht

der hohen Wohnkosten in Wien) in eine finanziell sehr schlechte Position, was sich

negativ auf ihr Interesse an einer Lehrlingsausbildung auswirken kann (vgl. I2: 135 – 130).

Für den überwiegenden Teil der Befragten war eine eventuelle finanzielle Belastung durch

Kosten für die Fahrt in den Betrieb kein Thema. Nach E-Mail-Auskunft des BMI, Abteilung

III/9 (Grundversorgung und Bundesbetreuung) umfasst gemäß Art. 6 Abs. 1 Z 10

Grundversorgungsvereinbarung die Grundversorgung nur die für den Schulbesuch

Page 62: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

55

erforderlichen Fahrtkosten. Die Fahrtkosten zu einer Lehrstelle oder das Lehrlingsticket

der Wiener Linien werden nicht getragen. Nach Aussage eines Befragten haben

Asylwerber auch deshalb keinen Anspruch auf die Lehrlingsfreifahrt, da diese an den

Bezug der Familienbeihilfe gekoppelt ist, die Asylwerbern nicht zusteht (vgl. I8: 185). Ein

Teil der Befragten bejahte, dass auch junge Asylwerber in den Genuss derselben

kommen würden, während andere dazu keine Auskunft geben konnten. Manche

Betreuungseinrichtungen übernehmen die Kosten der notwendigen Fahrten der Lehrlinge

(vgl. I1: 275 – 277; I8: 186 – 188). Ein Befragter wies darauf hin, dass es angesichts der

beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Jugendlichen oft kaum möglich ist, die für die

Ausübung des Lehrberufs nötigen Materialien zu erwerben. Unterstützungsmaßnahmen

gebe es im Wesentlichen nur für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte („Asylwerber sind

wirklich schlecht gestellt. Wirklich schlecht. Nicht nur, dass sie schlechter gestellt sind als

alle anderen, sondern wirklich schlecht gestellt“ [I4: 140 – 142]). Patenschaften können

hier Hilfe bieten.

7.3.8 Rechtliche Regelungen

Ein wesentliches Hindernis für den Beginn einer Lehre stellen nach Aussage aller

Interviewpartner die restriktiven rechtlichen Bestimmungen dar. Zwar hatte man seitens

der Politik den im Vergleich zu erwachsenen Asylwerbern besonderen Bedürfnisse und

der speziellen Situation, in der sich junge Asylwerber befinden, Rechnung getragen und

im Bereich der Lehrausbildung einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt geschaffen:

„Allerdings haben wir schon auch erkannt, dass wir innerhalb der Gruppe der Asylwerber

doch eine noch zusätzlich sensible Gruppe haben, nämlich die jugendlichen Asylwerber,

die vor allem deswegen in einer sehr schwierigen Situation sind, als sie eben gerade in

der Zeit sind, wo andere eine Ausbildung machen und […] wo diese Zeit des Untätigseins,

des untätig Wartens, noch einmal schwerer wiegt“ (I5: 50 – 55; vgl. I6: 14 – 17).

Die Einschränkung auf Mangellehrberufe bringt es jedoch mit sich, dass das

Lehrstellenangebot beschränkt ist und nicht immer den Vorstellungen der Jugendlichen

entspricht. Von Seiten einiger Betreuer wird darauf hingewiesen, dass von den

Jugendlichen nicht immer erwartet werden kann, dass sie ihre Berufsvorstellungen zu

Gunsten einer Lehrausbildung aufgeben: „Nur weil sie Asylwerber sind, muss man auch

nicht den Standpunkt vertreten, der muss jetzt seine Ziele, Träume oder wie auch immer

verändern. Nur auf das zuschneiden“ (I1: 346 – 347).

Indem die Mangellehrberufsliste nicht (wie die allgemeine Mangelberufsliste) in Form

einer bundesweit gültigen Verordnung sondern eigenständig vom jeweiligen

Page 63: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

56

Arbeitsmarktservice erstellt wird, will man zu mehr Flexibilität beitragen. So soll dem

Umstand Rechnung getragen werden, dass es im Falle junger Asylwerber nicht

vordringlich um die Regelung von dauerhafter Zuwanderung sondern um eine Ausbildung

geht (vgl. I5: 195 – 168).

Eine Ausweitung auf alle Lehrberufe wird zwar immer wieder diskutiert, erscheint jedoch

angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage und der bestehenden gesetzlichen

Regelungen, die von offizieller Seite als jedenfalls gemeinschaftsrechtskonform

angesehen werden, nicht wahrscheinlich (vgl. I5: 201).

Was die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung betrifft, sahen die meisten

Interviewpartner eher keine wesentlichen Probleme (vgl. I1: 208; I4: 100, 101; I7: 82, 86;

I6: 47, 48; I5: 169, 170). Liegen die Voraussetzungen vor, ist man von offizieller Stelle

daran interessiert, möglichst eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen (vgl. I6: 49, 50).

Hier bietet der Regionalbeirat eine Möglichkeit zur Diskussion im Einzelfall (vgl. I6: 31 –

33). Das Problem liegt eher darin, dass oft die Voraussetzungen nicht erfüllt werden oder

beispielsweise Anträge für reguläre Berufe und nicht für Lehrberufe gestellt werden: „Wir

haben sehr oft Bewerbungen für ganz normale Stellen, weil nicht ganz klar war, dass hier

eine Lehrstelle beantragt werden muss“ (I6: 74 – 76). Beim Arbeitsmarktservice bemüht

man sich, im Einzelfall Lösungen zu finden (vgl. I6: 30 – 39).

8. Schlussfolgerungen

Ein Teil der jungen Menschen, die auf der Suche nach Schutz und besseren

Lebensbedingungen nach Österreich kommen, wird im Rahmen der Grundversorgung in

Wien untergebracht (siehe oben Pkt. 4.6). Ihre Fluchtgeschichte ist nicht selten von

traumatischen Erlebnissen gekennzeichnet und oft mussten sie ihre Familien verlassen

und sich alleine nach Europa durchschlagen. Sie haben meist nicht einmal eine

grundlegende Ausbildung und haben in der Heimat bereits im Kindesalter gearbeitet und

zum Lebensunterhalt der Familie beitragen müssen. In Österreich möchten sie ein neues

Leben beginnen, eine Ausbildung absolvieren und selbständig werden. Die Absolvierung

einer Lehre ist jedoch für junge Asylwerber mit vielfältigen Hindernissen verbunden.

Nicht nur, dass sie aufgrund ihrer Herkunft und ihres unsicheren Aufenthaltsstatus zu den

„Outsidern“ am Arbeits- bzw. Lehrstellenmarkt zählen, tragen auch die restriktiven

rechtlichen Regelungen in Österreich zu dieser Positionierung bei. Da bei einer Lehre

Ausbildung und Arbeitsverhältnis kombiniert sind, ist ein Arbeitsmarktzugang nötig. Zwar

kommt Asylwerbern nach den Regeln der EU grundsätzlich ein Recht auf Bildung und

Page 64: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

57

Beschäftigung zu (vgl. RL 2013/33/EU). Obwohl Österreich hinsichtlich des Zeitpunkts, ab

dem für Asylwerber ein Arbeitsmarktzugang besteht, sogar günstigere Bestimmungen als

die auf EU-Ebene vorgeschriebenen vorsieht, sind deren Möglichkeiten in Österreich de

facto auf Saisonarbeit reduziert. Ihr Arbeitsmarktzugang wird durch nationale Regelungen

wie das AuslBG, das für Asylwerber die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung

vorsieht und den sog. „Bartensteinerlass“ (BMWA-435.006/6-II/7/04) eingeschränkt.

Für junge Asylwerber stellt sich die Situation in Österreich etwas günstiger dar: Um ihren

besonderen Bedürfnissen nach Bildung Rechnung zu tragen und ihnen – auch im Hinblick

auf die Verbesserung ihre Situation im Falle einer Rückkehr in das Heimatland – eine

Ausbildung zu ermöglichen, wurde durch zwei Erlässe des Sozialministeriums (BMASK-

435.006/0005-VI/AMR/7/2012, BMASK-435.006/0005-VI/B/7/2013) die Möglichkeit

geschaffen, dass Asylwerber unter 25 Jahren eine Lehrausbildung in Österreich

außerhalb der Saisonkontingente absolvieren können. Aus den Experteninterviews ergibt

sich, dass das Interesse an einer Lehrausbildung besonders bei minderjährigen

unbegleiteten Flüchtlingen sehr groß ist. Es ist jedoch für sie nicht leicht, eine Lehrstelle

zu bekommen. Dies deckt sich mit den Daten des AMS, wonach in den drei Jahren seit

dem Bestehen dieser Regelung in Wien lediglich für 35 Asylwerber eine

Beschäftigungsbewilligung für eine Lehre erteilt wurde, während laut der Asylstatistik des

BMI in den Jahren 2012 bis 2014 in ganz Österreich 4.658 unbegleitete Minderjährige um

Asyl angesucht haben.

Hinsichtlich der rechtlichen Beschränkungen spielt weniger das Erfordernis einer

Beschäftigungsbewilligung als die Beschränkung auf Mangellehrberufe eine Rolle. Wenn

die Voraussetzungen vorliegen, wird eine Beschäftigungsbewilligung problemlos erteilt.

Die in die Liste der Mangellehrberufe aufgenommenen Berufe entsprechen jedoch oft

nicht den Vorstellungen oder Kenntnissen der Jugendlichen. Darüber hinaus lässt sich

aus den Daten des AMS erkennen, dass der Großteil der jungen Asylwerber in Wien (26

von insgesamt 35) eine Lehre im Tourismusbereich (Beherbergung und Gastronomie)

absolviert. Die Beschränkung auf bestimmte Berufe kann somit die ethnische

Segmentierung des Arbeitsmarktes (vgl. Biffl 2000; BMASK 2010) fördern.

Die Interviewergebnisse zeigen, dass es ganz wesentlich von der individuellen Situation

der Jugendlichen abhängt, ob ein junger Asylwerber tatsächlich eine Lehrstelle erhält:

Je besser und professioneller sie betreut werden und je stabiler ihre persönliche Situation

ist, desto größer sind ihre Chancen auf eine Lehrstelle. Vor allem Minderjährige, die in

betreuten Wohngemeinschaften untergebracht sind, haben Zugang zu Information und

Page 65: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

58

Bildung. Sie werden bei der Kurs- und Lehrstellensuche, bei Behördenwegen und

hinsichtlich der Bewerbung unterstützt. Jugendliche mit Traumatisierungen oder anderen

psychischen Problemen können dagegen oft nicht in solchen offenen, auf Selbständigkeit

ausgerichteten Betreuungseinrichtungen untergebracht werden. Bei ihnen liegt der Fokus

der Betreuung in anderen Bereichen als der Ausbildung und sie können die Möglichkeit

einer Lehrausbildung kaum nutzen.

Die Jugendlichen erhalten, was ihre Ausbildung betrifft, in den Betreuungseinrichtungen

ein hohes Maß an Unterstützung. So ist es einem Großteil von ihnen möglich, die

notwendigen Deutschkenntnisse und den Hauptschulabschluss zu erlangen, sodass sie in

weniger individualistischen betrieblichen Auswahlmethoden (vgl. Imdorf 2010: 2011)

bestehen können. Allerdings sind Jugendliche, die im Herkunftsland keinerlei Bildung

genossen und keine Schule besucht haben, in einer schlechteren Position, da es bei

ihnen länger dauern kann, bis sie das notwendige Niveau erreicht haben. Dies kann dazu

führen, dass sie bereits vorher die Altersgrenze für eine Lehrausbildung überschreiten

oder wegen Erreichens der Volljährigkeit aus der intensiven Betreuung herausfallen.

Das Wissen um die Möglichkeit einer Lehrausbildung für junge Asylwerber ist nach den

Interviewergebnissen in den Betreuungsstellen und beim Arbeitsmarktservice groß,

obwohl teilweise auch Unklarheiten insbesondere hinsichtlich der rechtlichen

Voraussetzungen herrschen. Im Großen und Ganzen erhalten alle Jugendlichen die

notwendigen Informationen entweder durch ihre Betreuer, durch Berater oder durch

Mundpropaganda. Oft bedarf es jedoch einiger Kreativität, um den Jugendlichen das

Wesen der Lehrausbildung verständlich zu machen. Anders stellt sich die Situation in den

Betrieben dar: Hier herrschen oft Unwissen und Unkenntnis der Rechtslage. Zwar gibt es

auch für Firmen Informationsmöglichkeiten, diese werden jedoch selten und meist nur von

engagierten Firmen genützt. Es liegt daher im Wesentlichen an der Eigeninitiative der

Jugendlichen, einen potentiellen Arbeitgeber von der Möglichkeit zu überzeugen, dass

auch Asylwerber als Lehrlinge angestellt werden können. Wie Imdorf (2010: 211)

ausführt, können unfundierte Annahmen der Personalverantwortlichen angesichts des

Zeitdrucks in den betrieblichen Bewerbungsverfahren und der Konkurrenz am

Lehrstellenmarkt zu einer benachteiligenden Vorselektion führen. Junge Asylwerber

bekommen so oft schon von Vornherein gar nicht die Möglichkeit, ihre besondere

Situation darzulegen.

Obwohl generell Personen mit Migrationshintergrund im Bewerbungsverfahren

benachteiligt sind (vgl. Hofer et al. [2013]: 2), spielen Vorurteile seitens der Unternehmen

aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit der jungen Asylwerber im Bewerbungsverfahren

Page 66: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

59

keine auffällige Rolle. Es gibt im Gegenteil auch engagierte Betriebe, die die Jugendlichen

aktiv unterstützen möchten. Es ist eher die Angst vor dem bürokratischen Aufwand, die

Unternehmen davon abhält, jungen Asylwerbern eine Chance zu geben. Entsprechend

den Annahmen Imdorfs (2010) kommt es darüber hinaus im Bewerbungsprozess zu

Benachteiligungen, da die Personalverantwortlichen oft keine Bereitschaft zeigen, sich mit

der spezifischen Situation junger Asylwerber auseinanderzusetzen. Die

Interviewergebnisse brachten die Erkenntnis, dass junge Asylwerber ihre Chancen

verbessern können, wenn sie die Möglichkeit zu einem Betriebspraktikum oder einer

Schnupperlehre bekommen. Dies steht im Einklang mit den Aussagen Imdorfs (2010:

211), wonach betrieblich individualisierte Praxistests einer diskriminierenden Vorselektion

vorbeugen können.

Was die wirtschaftlichen Aspekte betrifft, ist das Verhältnis zur Grundversorgung für

erwachsene Asylwerber ein wesentlicher Punkt. Minderjährige sind schon nach den

Regelungen der Grundversorgungsvereinbarung (Art. 7) hinsichtlich ihrer Unterbringung

und Ausbildung besser gestellt als Erwachsene. Bei erwachsenen Asylwerbern führt

darüber hinaus die Anrechnung der Lehrlingsentschädigung zum Ausschluss von der

Grundversorgung. Hinsichtlich unbegleiteter Minderjähriger wird dieser negative Effekt

durch die Verwaltung von deren Einkommen durch die obsorgeberechtigte Stelle (MA 11)

zumindest bis zum Erreichen der Volljährigkeit abgefedert.

Zusammenfassend ergibt sich, dass einer der Hauptfaktoren, weshalb lediglich wenige

junge Asylwerber in Wien eine Lehre absolvieren, die Beschränkung auf

Mangellehrberufe und das damit eingeschränkte Angebot an Lehrstellen ist. Junge

Asylwerber können dadurch nicht das gesamte Angebot an offenen Lehrstellen in Wien

nützen und ihren Interessen und Begabungen kann oft nicht Rechnung getragen werden.

Hinzu kommt, dass in den Betrieben weitgehend Unklarheit über die Möglichkeit besteht,

junge Asylwerber als Lehrlinge anzustellen. Das Erfordernis einer

Beschäftigungsbewilligung und der damit verbundene organisatorische (Mehr)Aufwand

mindern ebenfalls die Chancen der jungen Asylwerber auf dem Lehrstellenmarkt.

Daneben spielen das Alter, die persönliche Situation und insbesondere die Schulbildung

im Herkunftsland eine wesentliche Rolle. Unbegleitete Minderjährige in stabiler

psychischer Verfassung haben aufgrund der intensiveren Betreuung in Fragen der

Ausbildung generell eine bessere Ausgangsposition bei der Lehrstellensuche und können

selbst viel dazu beitragen, dass diese erfolgreich ist.

Eine Möglichkeit, die Situation lehrstellensuchender Asylwerber in Wien im Rahmen der

bestehenden rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten zu verbessern, liegt somit

Page 67: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

60

insbesondere in der Aufklärungsarbeit und der Information der Betriebe, der Vernetzung

der beteiligten Stellen und dem Ausbau des Kontakts von Betreuungsstellen und

Unternehmen. Pläne zum Aufbau eines entsprechenden Netzwerks bestehen. Ein

besonders engagiertes Projekt, das auf die Förderung der Lehrausbildung für junge

Asylwerber in Wien gerichtet ist, soll besonders hervorgehoben werden: Im Februar 2015

wird im 2. Wiener Gemeindebezirk nahe dem Prater von der Caritas ein Hotel

(www.magdas-hotel.at) eröffnet, dem eine Wohngemeinschaft für unbegleitete

minderjährige Flüchtlinge angeschlossen ist und wo diese eine Lehre absolvieren können.

Schließlich wäre es für weitergehende Studien hilfreich, eine bessere Datenbasis zu

schaffen, um detailliertere Informationen über die Gruppe der jungen Asylwerber

einschließlich jener, die im Familienverband nach Österreich gekommen sind, zu erhalten.

Im Hinblick auf weiterführende Forschungen wäre die Möglichkeit einer Aufgliederung

nach Bundesländern sowie nach Charakteristika wie die Art der Unterbringung oder die

Dauer des Asylverfahrens sinnvoll.

Page 68: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

61

9. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beschäftigte Ausländer in Wien nach Branchen (Jahresdurchschnitt 2014) ....11

Tabelle 2: Betriebsgrößen in Wien (2012, ausgewählte Branchen) ..................................19

Tabelle 3: Bewährungsproben .........................................................................................23

Tabelle 4: Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber in Wien in Lehrberufen nach

Branchen (2012, 2013, 2014) ..........................................................................................45

Page 69: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

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Zeitler, Peter in: Fritz Verzetnitsch, Peter Schlögl, Alexander Prischl, Regine Wieser (Hrsg.): Jugendliche zwischen Karriere und Misere. Die Lehrlingsausbildung in Österreich, Innovationen und Herausforderungen, ÖGB: Wien, S. 95 – 106.

Page 75: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

68

11. Verzeichnis der Rechtsquellen

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG): BGBl. Nr. 189/1955 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 434/2013.

Berufsausbildungsgesetz (BAG): BGBl. Nr. 142/1969 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 82/2008.

Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (EWG-Türkei-ARB-Nr. 1/1980), [online] http://www.migrationsrecht.net/arb-1/80-nur-deutsche-fassung.html?catid=120 [25.06.2014].

Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG): BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 144/2013.

Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 (Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 – KJBG): BGBl. Nr. 599/1987 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 138/2013.

Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005): BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 144/2013.

Bundesgesetz über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985): BGBl. Nr. 76/1985 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 48/2014.

Bundesgesetz vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG): BGBl. Nr. 218/1975 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 72/2013.

Bundesgesetz vom 26. März 1969 über die Berufsausbildung von Lehrlingen (Berufsausbildungsgesetz - BAG): BGBl. Nr. 142/1969 zuletzt geändert BGBl. II Nr. 59/2014.

Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG): BGBl. I Nr. 87/2012 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 40/2014.

Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG): BGBl. I Nr. 87/2012 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 40/2014.

Bundesgesetz, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 - GVG-B 2005): BGBl. Nr. 405/1991 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 68/2013.

Page 76: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

69

Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 194/1999 zuletzt geändert BGBl. I Nr. 102/2014.

Erlass BMASK-435.006/0005-VI/AMR/7/2012 vom 14.06.2012 (Lehrlingserlass), [online] http://www.asyl.at/fakten_2/Lehrlingserlass.pdf [20.04.2014].

Erlass BMASK-435.006/0005-VI/B/7/2013 vom 18.03.2013, [online] https://www.wko.at/Content.Node/branchen/ooe/Altersgrenze_fuer_jugendliche_Asylwerber.pdf [07.09.2014].

Erlass BMWA-435.006/6-II/7/04 („Bartensteinerlass“), [online] http://www.asyl.at/fakten_2/EU-Erweiterungs-Erlass_Bartensteinerlass.pdf [20.04.2014].

Europäische Sozialcharta: BGBl. Nr. 460/1969 idF BGBl. Nr. 284/1970.

Gesetz über Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Wien (Wiener Grundversorgungsgesetz – WGVG): LGBl. Nr. 56/2010.

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte: BGBl. Nr. 590/1978.

Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, in der durch das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Jänner 1967, BGBl. Nr. 78/1974, geänderten Fassung.

Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten: BGBl. Nr. 210/1958 (Verfassungsbestimmung) zuletzt geändert: BGBl. III Nr. 47/2010.

Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958.

Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe: BGBl. III Nr. 22/2005.

Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe: BGBl. Nr. 138/1985.

Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger.

Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Anerkennungsrichtlinie, Neufassung).

Richtlinie 2011/98/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten (Single-Permit-Richtlinie).

Page 77: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

70

Richtlinie 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Aufnahmerichtlinie, Neufassung).

RV 330 der Beilagen XXIV. GP - Regierungsvorlage – Materialien, [online] http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_00330/fname_167909.pdf [16.01.2015].

RV 952 der Beilagen XXII. GP - Regierungsvorlage – Materialien, [online] http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/I/I_00952/fname_040777.pdf [16.01.2015].

Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen: BGBl. III Nr. 81/2008 zuletzt geändert BGBl. III Nr. 126/2014.

United Nations General Assembly Resolution 217 A (III): Universal Declaration of Human Rights: A/RES/217 vom 10.12.1948.

Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung - Art. 15a B-VG): BGBl. I Nr. 80/2004.

Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 265/2010 (Schengener Grenzkodex).

Verordnung (EU) 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-VO, Neufassung).

Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des BFA- Einrichtungsgesetzes (BFA-G -Durchführungsverordnung – BFA-G-DV): BGBl. II Nr. 453/2013.

Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, mit der die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer überzogen wird (Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV): BGBl. Nr. 278/1995 zuletzt geändert BGBl. II Nr. 206/2011.

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV): OJ C 326, 26/10/2012.

Page 78: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

71

Anhang 1: Asylwerber in Wien mit Beschäftigungsbewilligungen für Lehrausbildungen

nach Herkunftsländern (2012, 2013, 2014)

Quelle: AMS Datawarehouse amb_abv_07-lfd vom 17.11.2014

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Page 79: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

72

Anhang 2: Leitfaden für Flüchtlingsberater

Interviewleitfaden 1

Datum:

Uhrzeit:

Ort:

Anwesende:

Befragende:

Befragter:

Funktion:

Arbeitsstelle:

Adresse:

E-Mail:

Telefon:

Sonstige

/Anmerkungen:

□ Der/die Befragte erteilt seine/ihre Zustimmung zur Aufnahme der Befragung auf ein digitales Gerät.

□ Der Text wird anonymisiert.

□ Der Text wird aufbewahrt.

Besondere Vorkommnisse:

Einleitung:

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit mir ein Gespräch zu führen. Ich studiere

an der Donauuniversität in Krems Migrationsmanagement. Das Thema meiner

Page 80: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

73

Masterarbeit sind „Junge AsylwerberInnen in Wien und Lehre“. In meiner Arbeit geht es

darum, inwiefern junge Asylwerber die Möglichkeit nützen, eine Lehre zu beginnen.

Zur Durchführung des Interviews möchte ich noch kurz einige Erklärungen machen:

Ich werde das Aufnahmegerät während des Gesprächs mitlaufen lassen. Dies dient

einerseits der Gedankenstütze und andererseits zum Beleg für meine

Forschungsergebnisse. Der transkribierte Text wird nicht veröffentlicht und er wird von mir

aufbewahrt. Ich hoffe, Sie sind damit einverstanden.

Möchten Sie, dass Ihre Aussagen anonymisiert werden oder kann ich Sie in meiner Arbeit

namentlich erwähnen?

Alle meine Gesprächspartner bekommen im Wesentlichen die gleichen Fragen gestellt.

Es kann daher sein, dass Ihnen manche Fragen für Ihre Situation nicht passend

erscheinen. Bitte das zu entschuldigen. Manchmal kann es auch vorkommen, dass ich bei

einzelnen Fragen genauer nachfrage.

Haben Sie noch Fragen, bevor es losgeht?

BEGINN:

Fragen:

1. Zunächst möchte ich gerne etwas über Ihren Arbeitsbereich wissen:

1.1. Sie betreuen junge Asylwerber.

1.2. Was ist dabei genau Ihre Tätigkeit und wer ist Ihre Zielgruppe?

1.3. Welche Angebote bietet Ihre Einrichtung?

1.4. Gibt es Kooperationen mit anderen Einrichtungen? Mit welchen Partnern arbeiten

Sie zusammen?

1.5. Könnten Sie bitte kurz erklären, wie die Jugendlichen zu Ihnen kommen.

2. Ich möchte nun kurz auf die allgemeinen Voraussetzungen und die

Auswirkungen, die mit dem Beginn einer Lehre zusammenhängen, eingehen:

2.1. Inwieweit ist für junge Asylwerber ein Schulabschluss nötig, damit sie eine Lehre

beginnen können?

Wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, dass ein junger Asylwerber einen

Schulabschluss erhält?

Ist Ihres Wissens der Schulabschluss eine rechtliche Voraussetzung oder nur

ein praktisches Erfordernis?

2.2. Welche Deutschkenntnisse oder Deutschzertifikate sind für den Besuch der

Berufsschule vorgeschrieben?

Wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, dass ein junger Asylwerber diese

Deutschkenntnisse erhält?

Gibt es da Kurse?

2.3. Bezüglich der Beschäftigungsbewilligung:

Page 81: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

74

Wenn die Grundvoraussetzungen (also Alter unter 25 Jahren,

Aufenthaltsberechtigungskarte, Meldung und Betrieb in Wien,

Mangellehrberuf) vorliegen – Welche Schwierigkeiten gibt es Ihrer Ansicht

nach bei der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung?

Welche Hürden stellen die Arbeitsmarktprüfung und die Befürwortung des

Regionalbeirats dar?

2.4. Wie verhält es sich mit der Grundversorgung? Welche Auswirkungen hat der

Lehrantritt darauf?

2.5. Für österreichische Lehrlinge gibt es Unterstützungen wie beispielsweise das

Lehrlingsticket für öffentliche Verkehrsmittel. Welche Unterstützungen oder

Vergünstigungen bekommen junge Asylwerber?

3. Jetzt möchte ich gerne von Ihnen etwas über die Situation der Jugendlichen

erfahren:

3.1. Wie erfahren junge Asylwerber von der Möglichkeit einer Lehrausbildung?

3.2. Welche Jugendlichen erhalten diese Informationen bzw. welche Gruppen können

nicht erreicht werden?

3.3. Aus Ihrer Beratungstätigkeit heraus: Wie groß ist das Interesse der Asylwerber an

einer Lehrstelle?

3.4. Was erwarten sich Ihrer Ansicht nach die Jugendlichen von einer Lehrstelle,

welche Ziele haben sie?

3.5. Ich habe den Daten des AMS entnommen, dass in Wien nur sehr wenige

Asylwerber eine Lehre absolvieren.

Was hält Ihrer Meinung nach die Jugendlichen davon ab, eine Lehrausbildung

zu beginnen?

Spielen mangelnde Information, Deutschkenntnisse, das Lehrstellenangebot,

finanzielle Aspekte oder eventuell die Bürokratie eine Rolle? Was kommt

sonst noch in Frage?

4. Zuletzt möchte ich noch kurz auf die Unternehmerseite eingehen:

4.1. Inwieweit sind Ihrer Ansicht nach die Wiener Unternehmer darüber informiert,

dass junge Asylwerber als Lehrlinge eingestellt werden können?

4.2. Woher erhalten die Unternehmen diese Informationen?

4.3. Wie ist Ihrer Ansicht nach die Einstellung der Unternehmer zur Möglichkeit, junge

Asylwerber als Lehrlinge anzustellen?

Welche Bedenken seitens der Unternehmer gibt es aus Ihrer Erfahrung?

Inwieweit ist es für die Unternehmer relevant, dass die Jugendlichen keinen

dauerhaften Aufenthalt haben?

Inwieweit spielen Deutschkenntnisse oder die nötige

Beschäftigungsbewilligung bzw. die Bürokratie eine Rolle?

Anhang 3: Leitfaden für Behördenvertreter

Interviewleitfaden 2

Datum:

Uhrzeit:

Page 82: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

75

Ort:

Anwesende:

Befragende:

Befragter:

Funktion:

Arbeitsstelle:

Adresse:

E-Mail:

Telefon:

Sonstige

/Anmerkungen:

□ Der/die Befragte erteilt seine/ihre Zustimmung zur Aufnahme der Befragung auf

ein digitales Gerät.

□ Der Text wird anonymisiert.

□ Der Text wird aufbewahrt.

Besondere Vorkommnisse:

Einleitung:

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit mir ein Gespräch zu führen. Ich studiere

an der Donauuniversität in Krems Migrationsmanagement. Das Thema meiner

Masterarbeit sind „Junge AsylwerberInnen in Wien und Lehre“. In meiner Arbeit geht es

darum, inwiefern junge Asylwerber die Möglichkeit nützen, eine Lehre zu beginnen.

Zur Durchführung des Interviews möchte ich noch kurz einige Erklärungen machen:

Page 83: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

76

Ich werde das Aufnahmegerät während des Gesprächs mitlaufen lassen. Dies dient

einerseits der Gedankenstütze und andererseits zum Beleg für meine

Forschungsergebnisse. Der transkribierte Text wird nicht veröffentlicht und er wird von mir

aufbewahrt. Ich hoffe, Sie sind damit einverstanden.

Möchten Sie, dass Ihre Aussagen anonymisiert werden oder kann ich Sie in meiner Arbeit

namentlich erwähnen?

Alle meine Gesprächspartner bekommen im Wesentlichen die gleichen Fragen gestellt.

Es kann daher sein, dass Ihnen manche Fragen für Ihre Situation nicht passend

erscheinen. Bitte das zu entschuldigen. Manchmal kann es auch vorkommen, dass ich bei

einzelnen Fragen genauer nachfrage.

Haben Sie noch Fragen, bevor es losgeht?

BEGINN:

1. Zunächst möchte ich gerne etwas über Ihren Arbeitsbereich wissen:

1.1. Sie sind [……]. Könnten Sie mir bitte sagen, inwiefern das Thema Asylwerber und

Lehre in Ihrer Arbeit eine Rolle spielt.

2. Im Jahr 2012 wurde durch einen Erlass des Bundesministers die Möglichkeit

geschaffen, dass junge Asylwerber eine Lehre beginnen können.

2.1. Was waren Ihres Wissens die Hintergründe für diese Regelung?

2.2. Angesichts der Arbeitsmarktprüfung, durch die sichergestellt sein sollte, dass

inländische oder bevorzugte Arbeitnehmer vorrangig behandelt werden –

Welchen Hintergrund hat die Beschränkung auf Mangellehrberufe?

2.3. Welche Überlegungen gibt es in Richtung einer Ausdehnung auf alle Lehrberufe?

3. Ich möchte nun kurz auf die allgemeinen Voraussetzungen und die

Auswirkungen, die mit dem Beginn einer Lehre zusammenhängen, eingehen:

3.1. Inwieweit ist für junge Asylwerber ein Schulabschluss nötig, damit sie eine Lehre

beginnen können?

Wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, dass ein junger Asylwerber einen

Schulabschluss erhält?

Ist Ihres Wissens der Schulabschluss eine rechtliche Voraussetzung oder nur

ein praktisches Erfordernis?

3.2. Welche Deutschkenntnisse oder Deutschzertifikate sind für den Besuch der

Berufsschule vorgeschrieben?

Wie schätzen Sie die Möglichkeiten ein, dass ein junger Asylwerber diese

Deutschkenntnisse erhält?

Gibt es da Kurse?

3.3. Bezüglich der Beschäftigungsbewilligung:

Wenn die Grundvoraussetzungen (also Alter unter 25 Jahren,

Aufenthaltsberechtigungskarte, Meldung und Betrieb in Wien, Mangellehrberuf)

vorliegen –

Welche Schwierigkeiten gibt es Ihrer Ansicht nach bei der Erteilung einer

Beschäftigungsbewilligung?

Welche Hürden stellen die Arbeitsmarktprüfung und die Befürwortung des

Regionalbeirats dar?

Page 84: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

77

3.4. Wie verhält es sich mit der Grundversorgung? Welche Auswirkungen hat der

Lehrantritt darauf?

3.5. Für österreichische Lehrlinge gibt es Unterstützungen wie beispielsweise das

Lehrlingsticket für öffentliche Verkehrsmittel. Welche Unterstützungen oder

Vergünstigungen bekommen junge Asylwerber?

4. Jetzt möchte ich gerne von Ihnen etwas über die Situation der Jugendlichen

erfahren:

4.1. Wie erfahren junge Asylwerber von der Möglichkeit einer Lehrausbildung?

4.2. Welche Jugendlichen erhalten diese Informationen bzw. welche Gruppen können

nicht erreicht werden?

4.3. Aus Ihrer Tätigkeit heraus: Wie groß ist das Interesse der Asylwerber an einer

Lehrstelle?

4.4. Was erwarten sich Ihrer Ansicht nach die Jugendlichen von einer Lehrstelle,

welche Ziele haben sie?

4.5. Ich habe den Daten des AMS entnommen, dass in Wien nur sehr wenige

Asylwerber eine Lehre absolvieren.

Was hält Ihrer Meinung nach die jungen Asylwerber davon ab, eine

Lehrausbildung zu beginnen?

Spielen mangelnde Information, Deutschkenntnisse, das Lehrstellenangebot,

finanzielle Aspekte oder eventuell die Bürokratie eine Rolle? Was kommt

sonst noch in Frage?

Inwiefern sind Ihrer Ansicht nach die involvierten Personen (also Asylwerber,

Betreuer, AMS-Berater, Unternehmen etc.) über das Thema Asylwerber und

Lehre informiert? Welche Maßnahmen gibt es diesbezüglich von Seiten Ihrer

Institution? (Ich denke da an Informationsmaterial, Schulungen für Betreuer)

4.6. Werden junge Asylwerber beim Arbeitsmarktservice registriert bzw. vom AMS

vermittelt?

4.7. Inwieweit ist für junge Asylwerber ein Schulabschluss nötig, damit sie eine Lehre

beginnen können?

4.8. Ist der Schulabschluss eine rechtliche Voraussetzung oder nur ein praktisches

Erfordernis?

4.9. Welche Deutschkenntnisse oder Deutschzertifikate sind für den Besuch der

Berufsschule vorgeschrieben?

4.10. Für österreichische Lehrlinge gibt es Unterstützungen wie beispielsweise

das Lehrlingsticket für öffentliche Verkehrsmittel. Welche Unterstützungen oder

Vergünstigungen bekommen junge Asylwerber?

5. Zuletzt möchte ich noch kurz auf die Unternehmerseite eingehen:

5.1. Inwieweit sind Ihrer Ansicht nach die Wiener Unternehmer darüber informiert,

dass junge Asylwerber als Lehrlinge eingestellt werden können?

5.2. Woher erhalten die Unternehmen diese Informationen?

Page 85: Master Thesis - Lehrausbildung Asylwerber

78

5.3. Wie ist Ihrer Ansicht nach die Einstellung der Unternehmer zur Möglichkeit, junge

Asylwerber als Lehrlinge anzustellen?

Welche Bedenken seitens der Unternehmer gibt es aus Ihrer Erfahrung?

Inwieweit ist es für die Unternehmer relevant, dass die Jugendlichen keinen

dauerhaften Aufenthalt haben?

Inwieweit spielen Deutschkenntnisse oder die nötige Beschäftigungs-

bewilligung bzw. die Bürokratie eine Rolle?