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NEUE ENERGIE FÜR DEN ZUKUNFTSSTANDORT SAARLAND Masterplan für eine nachhaltige Energieversorgung im Saarland

Masterplan Energie

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Masterplan Energiekonzept für das Saarland

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd

Masterplan für eine nachhaltige energieversorgung im saarland

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Impressum

Herausgeber: Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr

Referat B/1 Klimaschutz, Energiepolitik, Erneuerbare Energien

Keplerstraße 18, 66117 Saarbrücken

www.das-saarland-handelt.de

Wissenschaftliche Unterstützung durch die IZES gGmbH (Institut für ZukunftsEnergieSysteme)

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Neue Energie für den Zukunftsstandort SaarlandMasterplan für eine nachhaltige Energieversorgung im Saarland

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4 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Vorwort

MasterplaN eNergie Zeigt Wege für die eNergieWeNde iM saarlaNd auf

der Masterplan „Neue energie für den Zukunftsstandort saarland“ beschreibt erstmalig detailliert Ziele und Maßnahmen für eine zukunftsorientierte energieversorgung im saarland, die den krite-rien ressourcenverfügbarkeit, umwelt- und klimaschutz, sozialverträglichkeit, Versorgungssicher-heit und Wirtschaftlichkeit dauerhaft rechnung trägt. die Herausforderungen und perspektiven des energie- und industriestandorts saarland werden vor dem Hintergrund einer Vorrangpolitik für erneuerbare energien, der sicherung des hohen energiebedarfs im produzierenden gewerbe sowie der preisstabilität auf der Verbraucherseite und unter Berücksichtigung des klimaschutz-ziels (Co2-einsparung von 80 prozent bis zum Jahr 2050) und des demografischen Wandels umfas-send dargestellt und ein aktionsprogramm wird daraus abgeleitet.

Der Weg ins Zeitalter regenerativer Energien ist für die Sicherung unseres Wohlstandes in Zukunft von zen-traler Bedeutung und damit ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft. Denn wir stehen vor einer immer bedroh-licher werdenden Verknappung natürlicher Rohstoffe, die sich in ständig steigenden Preisen niederschlägt und damit zu einer immer größeren Belastung für Verbraucherinnen und Verbraucher und Unternehmen wird. Daher ist die Energiewende gerade auch im Sinne industriepolitischer Sicherheit geboten. Die Betriebe profitieren darüber hinaus zunehmend von einem wachsenden Weltmarkt für neue Energietechnologien.

Heute schon liefern eine Vielzahl von saarländischen Unternehmen im Bereich des Maschinen- und Anla-genbaus Produkte für Erneuerbare-Energien-Anlagen und für Effizienz- und Einspartechnologien. Die Stahl-unternehmen stellen Spezialstähle beispielsweise für Windanlagenfundamente und Turbinen her. Das Hand-werk profitiert verstärkt von der Nachfrage nach klimaschonenden Heizungsanlagen. Wir wollen diesen wirtschaftlichen Wandel begleiten und die Chancen des Energie- und Industrielands Saarland mit seinem Knowhow nutzen.

Die Energiewende beinhaltet auch, dass die bestehenden Kraftwerke im Sinne des Umwelt- und Klima-schutzes modernisiert werden und Ersatzkapazitäten mit höchsten Wirkungsgraden und flexibler Fahrweise,

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bevorzugt auf Gasbasis, zum Einsatz kommen. Sie können – vor dem Hintergrund der weggefallenen Kern-kraftwerkskapazitäten – zum Ausgleich von Lastschwankungen und zur Stabilisierung des Stromnetzes bei-tragen und Regelenergie für die fluktuierenden Erneuerbaren Energien liefern. Deren Anteil wird im Saarland in den kommenden Jahren rasant wachsen. Innerhalb des Jahrzehnts ist eine Verfünffachung der Strompro-duktion durch Wind-, Solar- und Biomassekraft gegenüber heute möglich.

Das aktive Engagement und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist wichtiger Bestandteil der Ener-giewende. Deswegen soll frühzeitig über den geplanten Bau von Stromerzeugungsanlagen oder Netzen so-wie über deren Chancen informiert werden, sollen umfassende Informations- und Motivationsmaßnahmen zum Einsatz kommen und soll für Bürgerbeteiligungsmodelle geworben werden.

Die Entwicklung einer bis zum Jahr 2050 reichenden Gesamtstrategie unter verschiedenen Vorzeichen eröff-net die Möglichkeit, heute die Zeichen in Richtung einer zukunftsfähigen Energieversorgung zu setzen und zugleich die notwendige Flexibilität für neue technische und wirtschaftliche Entwicklungen zu wahren. Der Masterplan stellt damit eine wichtige Orientierungshilfe für Wirtschaft, Haushalte und öffentliche Hand dar.

das saarland ist ein dynamischer, innovativer und wettbewerbsfähiger industriestandort mit energie als einer kernkompetenz. das wollen wir nutzen, indem wir dem standort saarland mit neuer energie eine Zukunft geben.

simone peter Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr

Foto: Peter Kerkrath

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6 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

iNHaltsVerZeiCHNis

1. Einleitung .........................................................................................................................................12

2. Datenquellen .....................................................................................................................................18

3. Analyse des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen im Saarland .................................................20

3.1. Vorbemerkungen ........................................................................................................................20 3.2. Die Entwicklung des Energieverbrauchs .......................................................................................20 3.2.1. Primärenergieverbrauch ....................................................................................................20 3.2.2. Endenergieverbrauch ........................................................................................................23 3.3. Die Entwicklung von Stromerzeugung und Stromverbrauch ........................................................26 3.3.1. Struktur und Größenordnung von Stromerzeugung und -verbrauch ..................................26 3.3.2 Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien .....................................................................31 3.4. Die Entwicklung der CO

2-Emissionen ..........................................................................................32

3.4.1. Vorbemerkungen ..............................................................................................................32 3.4.2. Die Entwicklung der CO

2-Emissionen nach der Quellenbilanzierung ..................................33

4. Abgrenzung der Datenbasis ...............................................................................................................37 4.1. Vorbemerkungen ........................................................................................................................37 4.2. Datenabgrenzung im Umwandlungssektor ..................................................................................38 4.3. Harmonisierung im Industriesektor ..............................................................................................38 4.3.1. Methodik der Harmonisierung ..........................................................................................39 4.3.2. Auswirkungen der Harmonisierung auf den gesamten Endenergieverbrauch

und auf den Stromverbrauch ............................................................................................40 4.4. Auswirkungen der Harmonisierung auf die CO

2-Emissionen ........................................................41

4.4.1. Einleitende Bemerkungen zur CO2-Bilanzierung ................................................................41

4.4.2. CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor nach der Verursacherbilanz .......................42

4.4.3. Auswirkung der Harmonisierung im Industriesektor auf die CO2-Bilanz .............................43

4.4.4. Auswirkungen der Harmonisierung auf die gesamte CO2-Bilanz ........................................44

5. Szenarien .........................................................................................................................................45 5.1. Vorbemerkungen ........................................................................................................................45 5.2. Sozioökonomische Rahmendaten ................................................................................................46 5.3. Referenz-Szenario .......................................................................................................................47 5.3.1. Allgemeine Vorbemerkungen ............................................................................................47 5.3.2. Private Haushalte ..............................................................................................................48 5.3.3. Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) .............................................................56 5.3.4. Industrie ...........................................................................................................................59 5.3.5. Verkehrssektor ..................................................................................................................61 5.3.6. Umwandlungssektor im Saarland ......................................................................................64 5.3.7. CO

2-Emissionen des Saarlandes insgesamt ........................................................................68

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 7

5.4. Klimaschutz-Szenario Saarland ....................................................................................................69 5.4.1. Allgemeine Vorbemerkungen ............................................................................................69 5.4.2. Private Haushalte ..............................................................................................................69 5.4.3. Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) .............................................................74 5.4.4. Industriesektor ..................................................................................................................77 5.4.5. Verkehrssektor ..................................................................................................................79 5.4.6. Umwandlungssektor .........................................................................................................82 5.4.7. Zusammenfassung der CO

2-Emissionen im Klimaschutz-Szenario ......................................86

5.5. „Gehemmtes“ Szenario ..............................................................................................................87 5.5.1. Allgemeine Vorbemerkungen ............................................................................................87 5.5.2. Private Haushalte ..............................................................................................................87 5.5.3. Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie .............................................................89 5.5.4. Umwandlungssektor .........................................................................................................90 5.5.5. Zusammenfassung der CO

2-Emissionen im Gehemmten Szenario ......................................92

5.6. Szenarienvergleich ......................................................................................................................93 5.7. Schlussfolgerungen .....................................................................................................................96

6. Politische Rahmensetzungen durch EU und Bund ...............................................................................98 6.1. Vorbemerkungen ........................................................................................................................98 6.2. Rahmen der europäischen Energiepolitik .....................................................................................98 6.2.1. Grundsätze .......................................................................................................................98 6.2.2. Emissionshandel................................................................................................................99 6.3. Energiepolitik auf Bundesebene ................................................................................................101 6.3.1. Energieszenarien als Grundlage für das Energiekonzept ..................................................101 6.3.2. Energieeffizienz ..............................................................................................................102 6.3.3. Erneuerbare Energien ......................................................................................................103 6.3.4. Fossile Energieträger als Brücke .......................................................................................107 6.3.5. Gebäude.........................................................................................................................107 6.3.6. Mobilität .........................................................................................................................108 6.3.7. Sektorübergreifende Maßnahmen ...................................................................................108

7. Das Saarland im Wandel – Herausforderungen und Perspektiven ......................................................111 7.1. Die Energieversorgung langfristig sichern ..................................................................................111 7.2. Industriepolitische Anforderungen an die Energiewende Saar ....................................................111 7.3. Herausforderungen für den Energiestandort Saarland ...............................................................113 7.3.1. Der Stromsektor im Kontext des energiepolitischen Zieldreiecks ......................................113 7.3.2. Bestandsaufnahme und Perspektiven der konventionellen Stromerzeugung im Saarland .116 7.3.3. Strom- und Gasnetze ......................................................................................................118 7.4. Perspektiven der Erneuerbaren Energien im Saarland ................................................................118 7.4.1. Zukünftige Nutzung der Solarenergie zur Stromerzeugung .............................................120

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7.4.2. Zukünftige Stromerzeugung durch Windenergie .............................................................127 7.4.3. Zukünftige Nutzungspotenziale von Biomasse .................................................................134 7.4.4. Wasserkraft ....................................................................................................................137 7.4.5. Geothermie ....................................................................................................................137 7.5. Ausgleich im Stromsystem ........................................................................................................139 7.6. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Wärmeversorgung .....................................................142 7.7. Perspektiven der Energiewende für den Wirtschaftsstandort Saarland .......................................144 7.8. Private Haushalte ......................................................................................................................148 7.8.1. Gebäudesanierung..........................................................................................................148 7.8.2. Austausch von Heizungsanlagen .....................................................................................152 7.9. Gewerbe, Handel, Dienstleistungen ..........................................................................................155 7.10. Industrie .........................................................................................................................156 7.11. Verkehr ...........................................................................................................................159

8. Das Saarland handelt .......................................................................................................................162 8.1. Vorbemerkungen ......................................................................................................................162 8.2. Die öffentliche Hand als Vorreiter ..............................................................................................162 8.3. Ausschöpfung des rechtlichen Rahmens ....................................................................................164 8.3.1. Saarländisches Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (SEEWärmeG) ................................165 8.3.2. Landesentwicklungsplanung ...........................................................................................165 8.4. Förderung und Vernetzung .......................................................................................................166 8.4.1. Das Förderprogramm „Klima Plus Saar“ ..........................................................................166 8.4.2. Saarländischer Energieeffizienz-Fonds .............................................................................167 8.4.3. Gründung einer Klimaschutzagentur ...............................................................................167 8.5. Aktionsprogramm der Landesregierung .....................................................................................167 8.5.1. Aktionsprogramm Städte und Gemeinden ......................................................................168 8.5.2. Aktionsprogramm Privathaushalte ...................................................................................172 8.5.3. Aktionsprogramm Kraftwerke .........................................................................................174 8.5.4. Aktionsprogramm Energiewende in der Wirtschaft .........................................................175 8.5.5. Aktionsprogramm Wissenschaft und Forschung ..............................................................179 8.5.6. Aktionsprogramm Mobilität ............................................................................................180 8.5.7. Nachhaltige Großregion ..................................................................................................180 8.6. Monitoring und Finanzierungsvorbehalt ....................................................................................182

Literaturverzeichnis ................................................................................................................................183

Anhang I: Energieeinheiten ....................................................................................................................185Anhang II: Deutsches Höchstspannungsnetz ..........................................................................................186Anhang III: Saarländische Verteilnetzbetreiber ........................................................................................187

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aBBilduNgsVerZeiCHNis

Abbildung 1-1: Hauptanforderungen an eine nachhaltige und zukunftsfähige Energiepolitik ................13Abbildung 1-2: Rohölpreisentwicklung 1970 – 2050 ............................................................................14Abbildung 1-3: Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien .............................................15Abbildung 3-1: Entwicklung Primärenergieverbrauch Saarland seit 1990 ..............................................21Abbildung 3-2: Primärenergieverbrauch je Einwohner Saarland vs. Deutschland ...................................21Abbildung 3-3: Primärenergieverbrauch je Einheit Bruttoinlandprodukt Saarland vs. Deutschland .........22Abbildung 3-4: Primärenergieverbrauch nach Energieträgern im Saarland in 2007 ................................22Abbildung 3-5: Endenergieverbrauch je Einwohner Saarland vs. Deutschland .......................................23Abbildung 3-6: Beiträge der Sektoren zum Endenergieverbrauch in Deutschland ..................................23Abbildung 3-7: Beiträge der Sektoren zum Endenergieverbrauch im Saarland .......................................24Abbildung 3-8: Output der Eisen schaffenden Industrie im Saarland 2000 bis 2009 ..............................25Abbildung 3-9: Struktur des Endenergieverbrauchs nach Energieträgern im Saarland 2007 ..................25Abbildung 3-10: Übersicht Kraftwerkspark Saarland ...............................................................................26Abbildung 3-11: Bruttostromerzeugung im Saarland 2003 bis 2009 .......................................................29Abbildung 3-12: Verwendung der Bruttostromerzeugung im Saarland 2004 bis 2008 ............................30Abbildung 3-13: Bruttostromerzeugung je Einwohner ............................................................................30Abbildung 3-14: Bruttostromverbrauch je Einwohner .............................................................................31Abbildung 3-15: Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Saarland 2003 bis 2009 ......................31Abbildung 3-16: Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch ...............................................32Abbildung 3-17: CO

2-Emissionen aus Primärenergieverbrauch (Quellenbilanz) im Saarland .....................33

Abbildung 3-18: CO2-Emissionen je Einwohner Saarland vs. Deutschland ...............................................33

Abbildung 3-19: CO2-Emissionen je 1.000 € Bruttoinlandsprodukt .........................................................34

Abbildung 3-20: CO2-Emissionen nach Sektoren Saarland 2007 .............................................................34

Abbildung 3-21: CO2-Emissionen aus Endenergieverbrauchssektoren Saarland (Quellenbilanzierung) ......35

Abbildung 3-22: CO2-Emissionen nach Energieträgern im Saarland 2007 (Quellenbilanz) ........................35

Abbildung 3-23: CO2-Emissionen aus dem Einsatz von Steinkohle (inkl. Koks).........................................36

Abbildung 4-1: Anteil der Bruttostromproduktion im Saarland für inländischen Bedarf und Export .......38Abbildung 4-2: Struktur des Endenergieverbrauchs im Industriesektor im Saarland nach Branchen .......39Abbildung 4-3: Vergleich Endenergieverbrauch Industriesektor Saarland vs. Bundesdurchschnitt ...........40Abbildung 4-4: Vergleich Endenergieverbrauch real vs. harmonisiert .....................................................41Abbildung 4-5: Bruttostromerzeugung real, Ausblendung Export, Harmonisierung Metallindustrie .......41Abbildung 4-6: CO

2-Bilanzierung Saarland 2007 ..................................................................................44

Abbildung 5-1: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte für Raumwärme nach Energieträgern ......51Abbildung 5-2: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte zur Warmwasserbereitung .......................52Abbildung 5-3: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte für Kochen ..............................................53Abbildung 5-4: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte für Elektrogeräte .....................................54Abbildung 5-5: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte im Referenz-Szenario insgesamt ..............55Abbildung 5-6: CO

2-Emissionen der privaten Haushalte im Referenz-Szenario .......................................55

Abbildung 5-7: Entwicklung spezifischer Energieverbrauch im Sektor GHD im Referenz-Szenario ..........57Abbildung 5-8: Endenergieverbrauch des Sektors GHD nach Branchen im Referenz-Szenario ................58Abbildung 5-9: CO

2-Emissionen des Sektors GHD im Referenz-Szenario ...............................................59

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10 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 5-10: CO2-Emissionen des Industriesektors im Referenz-Szenario real vs. harmonisiert ...........61

Abbildung 5-11: Endenergieverbrauch des Verkehrssektors im Referenz-Szenario ...................................64Abbildung 5-12: CO

2-Emissionen des Verkehrssektors im Referenz-Szenario ...........................................64

Abbildung 5-13: Entwicklung des Strombedarfs im Saarland im Referenz-Szenario .................................66Abbildung 5-14: Abdeckung des Bruttostrombedarfs im Saarland nach Energieträgern (Ref.-Szenario) ...66Abbildung 5-15: Gesamtübersicht der CO

2-Emissionen im Referenz-Szenario nach Sektoren ..................68

Abbildung 5-16: Gesamtübersicht der CO2-Emissionen im Referenz-Szenario (harmonisiert) ...................68

Abbildung 5-17: Endenergieverbrauch private Haushalte für Raumwärme im Klimaschutz-Szenario ........71Abbildung 5-18: Endenergieverbrauch Elektrogeräte der privaten Haushalte im Klimaschutz-Szenario ....73Abbildung 5-19: CO

2-Emissionen der privaten Haushalte im Klimaschutz-Szenario ..................................74

Abbildung 5-20: Entwicklung spezifischer Energieverbrauch im Sektor GHD im Klimaschutz-Szenario .....76Abbildung 5-21: Endenergieverbrauch des Sektors GHD im Klimaschutz-Szenario ..................................76Abbildung 5-22: CO

2-Emissionen des Sektors GHD im Klimaschutz-Szenario ..........................................77

Abbildung 5-23: CO2-Emissionen Industriesektor im Klimaschutz-Szenario ..............................................78

Abbildung 5-24: Endenergieverbrauch Verkehrssektor im Klimaschutz-Szenario......................................81Abbildung 5-25: CO

2-Emissionen Verkehrssektor im Klimaschutz-Szenario ..............................................82

Abbildung 5-26: Abdeckung des Bruttostrombedarfs im Klimaschutz-Szenario nach Energieträgern .......83Abbildung 5-27: CO

2-Emissionen im Klimaschutz-Szenario insgesamt .....................................................86

Abbildung 5-28: Gesamtübersicht der CO2-Emissionen im Klimaschutz-Szenario harmonisiert ................86

Abbildung 5-29: Endenergieverbrauch private Haushalte im Gehemmten Szenario .................................88Abbildung 5-30: CO

2-Emissionen der privaten Haushalte im Gehemmten Szenario .................................88

Abbildung 5-31: CO2-Emissionen des Sektors GHD im Gehemmten Szenario ..........................................90

Abbildung 5-32: CO2-Emissionen Industriesektor im Gehemmten Szenario real vs. harmonisiert .............90

Abbildung 5-33: Abdeckung des Bruttostrombedarfs im Saarland im Gehemmten Szenario ...................91Abbildung 5-34: CO

2-Emissionen im Gehemmten Szenario insgesamt ....................................................92

Abbildung 5-35: CO2-Emissionen im Gehemmten Szenario harmonisiert ................................................92

Abbildung 5-36: CO2-Emissionen insgesamt (Szenarienvergleich) ............................................................95

Abbildung 5-37: CO2-Emissionen nach Sektoren harmonisiert (Szenarienvergleich) .................................95

Abbildung 6-1: Zielvorgaben im EU-Emissionshandel bis 2020 ............................................................100Abbildung 6-2: Anteile Erneuerbarer Energien an der Energiebereitstellung in Deutschland ................104Abbildung 6-3: Energieeffizienzfonds .................................................................................................110Abbildung 7-1: Installierte, gesicherte Leistung und Reserve nach BMWi, Mai 2011 ............................114Abbildung 7-2: Ausbaupotenzial der regenerativen Stromerzeugung im Saarland bis zum Jahr 2020 ..120Abbildung 7-3: Aktuell potenziell generierbarer Stromertrag aus Dachflächen im Saarland .................122Abbildung 7-4: Im Jahr 2050 potenziell generierbarer Stromertrag aus Dachflächen im Saarland ........123Abbildung 7-5: Potenzieller Stromertrag aus Freiflächen mit Einspeisevergütung .................................124Abbildung 7-6: Potenzieller Stromertrag aus Freiflächen ohne Einspeisevergütung ..............................125Abbildung 7-7: Potenzielle Stromerträge von verschiedenen Flächen nach Landkreisen .......................126Abbildung 7-8: Vorhandene und potenzielle Windstandorte im Saarland ............................................128Abbildung 7-9: Mittlere jährliche Windleistungsdichte in 100 m über Grund im Saarland ...................129Abbildung 7-10: Mittlere jährliche Windleistungsdichte in 150 m über Grund im Saarland ...................129Abbildung 7-11: Szenarien und Einflussfaktoren ...................................................................................131Abbildung 7-12: Anzahl Windenergieanlagen (WEA) nach Potenzialstudie von AL PRO, 2011 ..............131

Page 11: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 11

Abbildung 7-13: Installierte Leistung in den Szenarien nach Potenzialstudie von AL PRO, 2011 .............132Abbildung 7-14: Jährliche Produktion Windenergie nach Potenzialstudie von AL PRO, 2011 .................132Abbildung 7-15: Temperaturkarte: Tiefenlage der 185°C-Isotherme im Saarland in Meter unter N.N. ....138Abbildung 7-16: Fernwärme im Saarland ..............................................................................................143Abbildung 7-17: Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien ...........................................146Abbildung 7-18: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Bereich privater Wohngebäude .154Abbildung 7-19: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Sektor GHD ..............................156Abbildung 7-20: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Industriesektor ..........................159Abbildung 7-21: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Verkehrssektor ..........................161Abbildung 8-1: Maßnahmen im Bereich der landeseigenen Gebäude .................................................164Abbildung 8-2: Stoffstrommanagement „Holz“ ..................................................................................177

taBelleNVerZeiCHNis

Tabelle 3-1: Kraftwerke im Saarland nach Energieträger und Leistung .............................................27Tabelle 3-2: Installierte Leistung Erneuerbarer Energien und Grubengas im Saarland........................28Tabelle 5-1: Energiepreisannahmen .................................................................................................47Tabelle 5-2: Fahrleistung PKW nach Antriebsart in Millionen Fahrzeugkilometern ............................80Tabelle 5-3: Emissionen je kWh Strom nach Erzeugungsarten ..........................................................85Tabelle 5-4: Übersicht der wesentlichen Annahmen in den Szenarien ..............................................96Tabelle 7-1: Installierte Leistung Erneuerbarer Energien im Jahr 2011 ............................................119Tabelle 7-2: Ausbaupotenzial der regenerativen Stromerzeugung im Saarland bis zum Jahr 2020 ..120Tabelle 7-3: Grundannahmen in der solaren Potenzialanalyse ........................................................121Tabelle 7-4 : Solarpotenziale Saarland ............................................................................................125Tabelle 7-5: Windpotenzial im Saarland (nach AL-PRO) ..................................................................133Tabelle 7-6: Ergebnisse der Potenzialanalyse Biomasse (Stand: Juli 2011) .......................................135Tabelle 7-7: Ergebnisse der Potenzialanalyse des Teilplans Biomasse zur elektrischen Arbeit

(Stromproduktion) ......................................................................................................136Tabelle 7-8: Ergebnisse der Potenzialanalyse des Teilplans Biomasse zur thermischen Arbeit

(Wärmeproduktion) ....................................................................................................136

Page 12: Masterplan Energie

12 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

1. eiNleituNg

Die Sicherstellung einer zuverlässigen, wirtschaftlichen sowie umwelt- und klimaverträglichen Energiever-sorgung ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Eine verantwortungsbewusste Politik muss sich dieser Herausforderung stellen und zielorientierte Handlungsstrategien gegen steigende Preise für Energieressourcen und den Ausstoß von Treibhausgasen entwickeln. Die energie- und klimapolitischen Ziele des Bundes und der Europäischen Union sowie die Vereinbarungen auf internationaler Ebene bilden hierbei den Orientierungsrahmen.

Klimaschutz ist eine globale Herausforderung. Notwendig sind auf Dauer gemeinsame Standards und Regel-werke. Solange diese nicht existieren, sind regionale und nationale Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Deutschland und Europa kommt eine Vorreiterrolle bei der Gestaltung des Weges in das Zeitalter der Erneu-erbaren Energien zu.

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf die verpflichtenden Zielen „20-20-20 bis 2020“ verständigt, also 20-prozentige Reduktion der CO

2-Emissionen gegenüber 1990, 20-prozentiger Anteil Erneuerbarer Energien

am Gesamtenergieverbrauch und 20-prozentige Einsparung des Energieverbrauchs. Die Bundesregierung hat sich auf nationaler Ebene ein CO

2-Reduktionsziel von 80 bis 95 % bis 2050 und im Energiekonzept vom

Herbst 2010 ein Ausbauziel für Strom aus Erneuerbaren Energien von 80 % bis 2050 gesetzt. Vor dem Hin-tergrund des geplanten Atomausstiegs bis zum Jahr 2022 und dem Festhalten am CO

2-Minderungsziel von

80 % bis zum Jahr 2050 kommt dem Ausbau der Erneuerbaren Energien eine noch bedeutendere Rolle zu. Deswegen soll deren Anteil bis spätestens zum Jahr 2020 35 % betragen.

Die saarländische Landesregierung hat bereits im Koalitionsvertrag ihre Ablehnung zur Verlängerung der Nutzung der Atomkraft erklärt und sich vorrangig dem Ausbau Erneuerbarer Energien sowie der Stärkung der Energieeffizienz verpflichtet. Diese Entscheidung für eine Energiewende ist durch die Nuklearkatastro-phe in Fukushima auf traurige Weise bestätigt worden. Der Weg ins Zeitalter der regenerativen Energien entspricht unserer Verantwortung gegenüber den heutigen und den nachfolgenden Generationen. Die Landesregierung bekennt sich zu dieser Verantwortung und will eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung auf den Weg bringen, damit der bedrohliche Anstieg der Klimaerwärmung ebenso gestoppt wird wie die unverantwortliche Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu Lasten nachfolgender Generationen.

In einem föderalen Staat müssen gerade auch die Bundesländer und Kommunen Verantwortung überneh-men. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien findet „vor Ort“ statt, d.h. Landes- und Kommunalpolitik können den Rechtsrahmen für Erneuerbare Energien flexibilisieren, diese praxisnah fördern, Modellprojekte etablieren, Vorbild sein bei öffentlichen Gebäuden und für die Akzeptanz einer dezentralen Energieversor-gung bei den Bürgerinnen und Bürgern werben. Erneuerbare Energien stellen zudem zunehmend einen wichtigen Baustein erfolgreicher Wirtschaftspolitik mit Unternehmensgründungen, Beschäftigung und For-schung dar. Die saarländische Landesregierung setzt deshalb auf eine zukunftsorientierte Energiepolitik, die dem Industrie- und Energiestandort Saarland eine dauerhafte Perspektive gibt. Deshalb sollen zum einen die CO

2-Emissionen bis 2050 um 80 % gesenkt und zum anderen der Anteil der Stromerzeugung aus fossilen

Page 13: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 13

Energieträgern reduziert und durch klimaverträgliche Beiträge ersetzt werden. Insbesondere wird angestrebt, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis 2020 auf 20 % zu steigern.

Das Saarland ist ein dynamischer, innovativer und wettbewerbsfähiger Industriestandort und soll dies auch in Zukunft bleiben. Die wirtschaftliche Weiterentwicklung soll fortgesetzt werden, bestehende Wertschöp-fungspotenziale erhalten und neue erschlossen werden. Der Weg ins Zeitalter regenerativer Energien muss nicht mit Wohlstands-, Beschäftigungs- und Wertschöpfungsverlusten einhergehen. Er ist im Gegenteil sogar für die Sicherung unseres Wohlstands in Zukunft von zentraler Bedeutung und damit ein Gebot wirtschaftli-cher Vernunft. Denn wir stehen vor einer immer bedrohlicheren Verknappung natürlicher Rohstoffe, die sich in stetig steigenden Preisen niederschlägt. Unsere Wirtschaft ist überdurchschnittlich abhängig von Ener-gie- und Rohstoffimporten. Daher ist die Energiewende gerade auch im Sinne industriepolitischer Sicherheit geboten.

Der Saarländische Masterplan Energie dient dazu, die politischen Handlungsstrategien und Maßnahmen für eine nachhaltige Energieversorgung festzulegen.

Ressourcenverfügbarkeit

Wirtschaftlichkeit Umwelt- und Klimaschutz

Versorgungssicherheit Sozialverträglichkeit

Abbildung 1-1

Abbildung 1-1: Hauptanforderungen an eine nachhaltige und zukunftsfähige Energiepolitik

Der notwendige Umbau des Energiesystems ist mit erheblichen Investitionen verbunden. Mittel- bis lang-fristig zahlen sich diese Investitionen jedoch auf Grund steigender Preise für knapper werdende fossile Roh-stoffe aus. Auch mit wachsender Internalisierung externer Kosten durch den Emissionshandel und andere energiepolitische Instrumente werden die systematischen Wettbewerbsnachteile der Erneuerbaren Energien abgebaut.

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14 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 1-2

1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2040 2050

Quellen: DIW 2007; BMWi 2008; BMU 2008; WEO 2008, 2009; WWF 2009; EP 2009

Nominal

Real (Geld-wert 2007)

WEO 2008Referenz

WEO 2009Referenz

EP 2009Referenz

EP 2009„hoch“

Energiekonzept2010

Pfad A:„deutlich“

Pfad B:„mäßig“

Ölp

reis

(Ja

hre

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), $

20

07

/b

160

140

120

100

80

60

40

20

0preise/oelpr-4; 26.7.10

Abbildung 1-2: Rohölpreisentwicklung 1970 – 2050

[Jahresmittelwert, nominal und Geldwert 2007 sowie die Preispfade der Szenarien [BMU, 2008] und [BMU,

2010] im Vergleich mit den Angaben der IEA [IEA 2008, 2009], Energieprognose 2009 [EP 2010] und den

Szenarien zum Energiekonzept der Bundesregierung]

Ohne den ambitionierten Aufbau von Alternativen führt die Knappheit der Ressourcen zu Preisanstiegen, die gerade die einkommensschwächeren Bürgerinnen und Bürger in voller Härte treffen. Die Wettbewerbssitua-tion der Wirtschaft wird verschlechtert.

Erneuerbare Energien tragen somit neben ihrem Beitrag zum Klimaschutz zur Versorgungssicherheit und zu langfristig stabilen Energiepreisen bei. Auch regionalwirtschaftlich und beschäftigungspolitisch ist ihre Nut-zung positiv zu bewerten; so liegt nach Schätzungen des Bundesumweltministeriums die Zahl der Arbeits-plätze im Zusammenhang mit Erneuerbaren Energien im Jahr 2010 bundesweit bereits bei rund 370.000 [BMU/AGEE-Stat, 2011]. Durch den beabsichtigten weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutsch-land und auch global wird sich diese Entwicklung weiter fortsetzen, da deutsche Unternehmen eine sehr gute Chance haben, weiterhin große Anteile am Weltmarkt zu halten bzw. zu erreichen [DLR et. al., 2010]. Bis 2030 kann sich die Brutto-Beschäftigung demnach auf mehr als eine halbe Million Beschäftigte weiter erhöhen [BMU, 2011].

Eine aktuelle Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und des Zentrums für Erneu-erbare Energien der Universität Freiburg (ZEE) zeigt, dass die auf dem Ausbau der Erneuerbaren Energien basierende kommunale Wertschöpfung im Jahr 2009 bereits mindestens 6,8 Mrd. Euro betrug und auf mindestens 12,3 Mrd. Euro im Jahr 2020 ansteigen wird, wenn Erneuerbare Energien weiterhin ambitioniert ausgebaut werden [IÖW, 2010].

Aber nicht nur die Erneuerbaren Energien schaffen neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort, auch Investitionen in Energieeinspar- und -effizienzmaßnahmen, wie beispielsweise die Sanierung von Gebäuden, sorgen für Aufträge im Handwerk und Baugewerbe und stärken so die lokale und regionale Wertschöpfung.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 15

Das gilt auch für die weitere Stärkung der im Saarland traditionell breit akzeptierten Kraft-Wärme-Kopplung, die fossile Brennstoffe hocheffizient für die Bereitstellung von Strom und Wärme nutzt.

Abbildung 1-3

6,8 Mrd.

10,5 Mrd.

8,9 Mrd.

7,5 Mrd.

9,2 Mrd.

5,5 Mrd.

2009 2011*2010*0

2

4

6

8

10

12

Milliarden

* Berechnung auf Basis der Zubauprognose des BEE

gesamtekommunale

Wertschöpfung

davon:Strom

Entwicklung der kommunalen Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien

Quelle: IÖW; Stand: 10 /10

Abbildung 1-3: Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien

Die Energiewende ist auch im Sinne industriepolitischer Sicherheit sinnvoll. Mit den neuen Energie- und Umwelttechnologien entstehen die Märkte der Zukunft. Diejenigen, die hier investieren, werden in Zukunft auf diesen Märkten die führenden Technologie- und damit auch Exportnationen sein. Das Saarland ist ein dynamischer, innovativer und wettbewerbsfähiger Industriestandort mit Energie als einer Kernkompetenz. Das vorhandene fachliche Knowhow in den Bereichen Energieerzeugung, Energieverteilung, Energietechnik und Energieeffizienz gilt es daher intensiv zu nutzen, um im Wettbewerb der Regionen mit innovativen und zukunftsträchtigen Konzepten und Vorhaben zu bestehen und die Wertschöpfung im eigenen Land zu erhalten. Die saarländische Landesregierung bekennt sich zu dieser politischen Verantwortung und will mit einem modernen Gesamtkonzept die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Saarland und die damit verbundenen Arbeitsplätze absichern und ausbauen. Wissen darüber zu vermitteln und Anreize für dessen praktische Anwendung zu setzen, ist darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil der Forschungs- und Innova-tionspolitik.

Die Erzeugung einer ausreichenden Menge von Strom zu jedem Zeitpunkt der Nachfrage ist für den Stand-ort Deutschland unverzichtbar. Der Markt erhält derzeit Signale nur für die verkaufte Kilowattstunde, nicht für die bereitgestellte Kilowattleistung. In die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Energieversorgung könnte deshalb neben der Kilowattstunde auch die Leistung für die Systemstabilität des Netzes sowie die Bereit-stellung von Kapazität eingehen. Dem bestehenden fossilen Kraftwerkspark kommt – gerade auch vor dem Hintergrund des beschlossenen Atomausstiegs – für die Bereitstellung der Kapazitäten zum Ausgleich von Lastschwankungen und zur Stabilisierung des Stromnetzes kurz- bis mittelfristig eine besondere Bedeutung zu. Zudem würden damit Anreize für neue Kraftwerke zur Regelenergiebereitstellung geschaffen. Dem ent-spricht auch das Ziel der Saarländischen Landesregierung, die Wertschöpfung durch die saarländische Kraft-werkslandschaft zu erhalten.

Page 16: Masterplan Energie

16 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Bei allen Vorhaben setzt die Landesregierung auf das aktive Engagement der Bürgerinnen und Bürger, be-sonders in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Die Landesregierung wird den inten-siven Wunsch der Bevölkerung berücksichtigen, frühzeitig über den geplanten Bau von Stromerzeugungs-anlagen oder Netzen sowie über dessen Nutzen und Folgen informiert zu werden. Aus diesem Grund sollen Informations- und Motivationsmaßnahmen umfassende Kenntnisse über Erneuerbare Energien vermitteln. Damit sollen Ängste und Bedenken vor der Installation dieser Anlagen verringert werden. Es wird dabei auch über die Möglichkeiten zur finanziellen Teilhabe und über Förderprogramme informiert.

Der vorliegende Masterplan Neue Energien beschreibt erstmalig detailliert und sektorübergreifend Ziele und Maßnahmen für eine zukunftsorientierte Energieversorgung im Saarland, die den Kriterien Ressour-cenverfügbarkeit, Umwelt- und Klimaschutz, Sozialverträglichkeit, Versorgungssicherheit und Wirtschaft-lichkeit dauerhaft Rechnung trägt. Der Masterplan stellt eine Orientierungshilfe der Landesregierung für die beteiligten Akteure – Wirtschaft, Haushalte und öffentliche Hand – dar. Die Entwicklung einer bis 2050 reichenden Gesamtstrategie unter verschiedenen Vorzeichen eröffnet die Möglichkeit, heute die Zeichen in Richtung einer zukunftsfähigen Energieversorgung zu setzen und zugleich die notwendige Flexibilität für neue technische und wirtschaftliche Entwicklungen zu wahren. Es werden Lösungswege und Maßnahmen dargestellt, die den Weg hin zu einer zukunftsorientierten Energieversorgung zeigen. Der Masterplan bietet die Möglichkeit, Veränderungen in der Zukunft, zum Beispiel durch veränderte übergeordnete politische Rahmenbedingungen, aufzunehmen und die Maßnahmen entsprechend so anzupassen, dass der Schutz des Klimas, die Sicherung des hohen Energiebedarfs des produzierenden Gewerbes sowie die Preisstabilität auf der Verbraucherseite und die Anpassung an die demografische Entwicklung gleichermaßen berücksich-tigt werden. Zu diesem Zweck wurden Szenarien und darauf aufbauend ein politisches Umsetzungskonzept entwickelt.

Die der Bearbeitung zu Grunde liegenden Datenquellen werden in Kapitel 2 beschrieben. Daran schließt sich in Kapitel 3 eine Analyse des Status-Quo als Einstieg in die saarländische Ausgangslage an. Es wird die Entwicklung des Niveaus und der Struktur des Energieverbrauchs und der CO

2-Emissionen in der Vergangen-

heit dargestellt. Zum Vergleich mit der bundesdeutschen Situation werden Kennzahlen wie Verbrauchs- und Emissionswerte pro Kopf herangezogen. Die Darstellung erfolgt dabei aggregiert auf der Ebene der Sekto-ren. Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Sektoren erfolgt im Kapitel 5 zur Szenarienbildung.

In der Status-Quo Analyse wird bereits auf einige Besonderheiten der saarländischen Situation eingegan-gen. Dies betrifft zum einem den hohen Anteil an exportiertem Strom und zum anderen die herausragende Bedeutung der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie. In Kapitel 4 erfolgt eine Abgrenzung der Datenbasis, die der Verantwortung des Saarlandes für die gesamtdeutsche Wirtschaftsstruktur eher gerecht wird als die Verwendung unbereinigter Werte. Einzelheiten zur Methodik werden in diesem Kapitel ausführ-lich beschrieben.

Die Szenarienbildung stellt im Rahmen des Masterplans einen sehr ausführlichen und komplexen Arbeits-schritt dar. Detaillierte Beschreibungen und Erläuterungen hierzu finden sich in Kapitel 5. Ausgangsbasis für die Variation verschiedener Parameter in alternativen Szenarien ist die Entwicklung eines Referenzszenarios. Dieses Szenario orientiert sich an den bundespolitischen Rahmenbedingungen, die gemäß dem Energie-konzept der Bundesregierung zu erwarten sind. In den Energieszenarien [EWI et. al., 2010], die dem Ener-

Page 17: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 17

giekonzept zugrunde liegen, werden die Annahmen und Entwicklungen in den einzelnen Sektoren allerdings nur in aggregierter Form und nicht in der für die saarländischen Szenarien notwendigen Tiefe dargestellt.

Für die Modellierung einer Referenzentwicklung für das Saarland sind die Energieszenarien der Bundesregie-rung daher nur bedingt geeignet. Stattdessen wurde der Szenarienentwicklung die Studie „Modell Deutsch-land – Klimaschutz bis 2050 – Vom Ziel her denken“ des WWF (im folgenden WWF-Studie genannt) zugrun-de gelegt [WWF, 2010]. Die hieraus verwendeten Annahmen werden in den Beschreibungen der Szenarien erläutert, insbesondere wie die Parameter an die saarländische Situation und an aktuelle Entwicklungen angepasst wurden. Zusätzlich zu dem Referenzszenario wurden zwei weitere Szenarien erarbeitet: ein Klima-schutzszenario, in dem ambitionierte CO

2-Reduktionsziele verfolgt werden, und ein drittes Szenario, das mit

dem Titel „Gehemmtes“ Szenario überschrieben wurde. Darin wird unterstellt, dass in einigen wesentlichen Bereichen klimapolitische Anpassungsmaßnahmen nur unzureichend umgesetzt werden.

Im Anschluss an die Szenarien wird in Kapitel 6 das energiepolitische Instrumentarium aufgefächert, mit dessen Hilfe eine Entwicklung zur Erreichung der Klimaschutzziele heute angestoßen werden kann, ohne die Anforderungen des Zielfünfecks (Abbildung 1-1) und die Besonderheiten des Industriestandortes Saarland aus dem Blick zu verlieren. Dabei werden neben den politischen Weichenstellungen auf der übergeordneten nationalen und europäischen Ebene vor allem auch saarländische Einflussmöglichkeiten aufgezeigt. Der Fo-kus liegt hierbei auf den durch die saarländische Landespolitik direkt beeinflussbaren Bereichen.

Kapitel 7 umfasst die Herausforderungen und Perspektiven des Energiestandortes Saarland, aus denen in Kapitel 8 ein daraus abgeleitetes Aktionsprogramm der Landesregierung resultiert. Dies geschieht, indem die notwendige Einbeziehung der im Saarland betroffenen Akteure thematisiert wird, die für die Akzeptanz der Maßnahmen dieses Masterplans sowie für die Energiewende in unserem Land notwendig sind.

Page 18: Masterplan Energie

18 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

2. dateNquelleN Als Grundlage für die Entwicklung von Strategien zur Senkung des Energieverbrauchs und der CO

2-Emis-

sionen ist eine Zustandsanalyse unabdingbare Voraussetzung. Für eine landesbezogene Betrachtung, wie sie in diesem Masterplan vorgegeben ist, müssen natürlich auch landesbezogene Daten die Grundlage der Analysen bilden. Als erste Quelle ist hier das Statistische Landesamt zu nennen. Ausgangspunkt und wich-tigste Einzelquelle ist die Energie- und CO

2-Bilanz des Saarlandes, die bis zum Jahr 2007 vorliegt. Weitere

Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes, wie die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und das Statistische Jahrbuch bieten zusätzlich Informationen über einzelne Bereiche, die bei der Analyse berücksich-tigt werden. Hinzu kommen verschiedene Einzelpublikationen, wie z.B. zum produzierenden Gewerbe oder zur demografischen Entwicklung.

Für den Vergleich des Saarlandes mit dem Rest der Bundesrepublik wird auf entsprechende Publikationen des Statistischen Bundesamtes und der entsprechenden Online-Datenbank zurückgegriffen. Für die Energie-statistiken auf Bundesebene bietet die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V. (AGEB) die besten Daten. Die AGEB setzt sich zusammen aus sieben Verbänden der Energiewirtschaft und drei Forschungsinstituten. Weitere statistische Informationen über Energie und CO

2-Emissionen finden sich auf den Internetseiten und

in Veröffentlichungen verschiedener Bundesbehörden, insbesondere beim Bundesumweltministerium, dem Umweltbundesamt und dem Bundeswirtschaftsministerium. Weitere Datenzusammenstellungen bietet der Länderarbeitskreis (LAK) Energiebilanzen, ein Zusammenschluss der für Energie zuständigen Ministerien der Länder, der sich wiederum in erster Linie auf Zahlen verschiedener Landesämter stützt.

Die Verfügbarkeit von landesspezifischen Daten im Saarland ist in einigen Bereichen leider nicht in dem Detail-lierungsgrad gegeben, wie es für die Betrachtung im Rahmen des Masterplans notwendig wäre. Ein Beispiel sind die Sektoren Gewerbe, Handel und Dienstleistung sowie die privaten Haushalte, die in der Energiebilanz als ein Sektor zusammengefasst sind. Um hier eine Aufteilung zu erreichen, wird teilweise auf Daten auf Bundesebene oder auf Spezialuntersuchungen zurückgegriffen. Einzelne Positionen werden dabei anhand von durchschnittlichen Verbrauchsdaten auf saarländische Strukturen hochgerechnet und in Einzelfällen ge-schätzt. Soweit möglich, werden die Ergebnisse mit Zahlen aus anderen Studien auf Plausibilität geprüft.

Für die Betrachtung möglicher Entwicklungspfade im Zeithorizont bis 2020 und 2050 sind Annahmen über die ökonomischen Rahmenbedingungen zu treffen. Von Bedeutung sind hier vor allem die Entwicklung der Energiepreise und der Wachstumsraten der Wirtschaft. In verschiedenen Studien werden im Rahmen von Szenarien, jeweils aufbauend auf einem ganzen Set von Annahmen, mögliche Entwicklungspfade beschrie-ben. Aktuellstes Beispiel hierfür sind die Energieszenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung. In der jüngeren Vergangenheit wurde jedoch eine ganze Reihe von Energieszenarien veröffentlicht. Dazu gehören beispielsweise die Studien „Klimaschutz: Plan B 2050“ von Greenpeace, „Energiezukunft 2050“ von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. im Auftrag der vier großen Energieversorger und das „Modell Deutschland: Klimaschutz bis 2050“ im Auftrag des WWF (im Folgenden WWF-Studie genannt). Speziell für den Bereich Erneuerbare Energien bildet das Leitszenario des BMU die Grundlage vieler wissenschaftlicher Arbeiten. Bei der Entwicklung der makroökonomischen Rahmendaten orientiert sich der vorliegende Mas-terplan an der WWF-Studie, da diese die realistischsten Annahmen zur Energiepreisentwicklung und zu den Wachstumsraten im Vergleich zu anderen Studien aufweist.

Page 19: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 19

Die Szenarien für das Saarland unterliegen den Vorgaben durch das Energiekonzept der Bundesregierung. Da sich die Ausgangsbasis durch saarlandspezifische Gegebenheiten allerdings sehr deutlich von der im Bund unterscheidet, erfolgt die Übertragung nicht eins zu eins, sondern die Berechnungen beziehen auch Entwicklungen mit ein, für die saarlandspezifische Prognosen existieren. Bei den Prognosen für einzelne Bereiche handelt es sich wiederum um Berechnungen für Gesamtdeutschland, wobei eine detaillierte Dar-stellung für einzelne Bundesländer erfolgt. Beispielsweise existieren von den statistischen Ämtern des Bundes und der Ländern Veröffentlichungen zum demografischen Wandel, in denen Aussagen über wahrscheinliche Entwicklungen zu Haushalten oder Erwerbspersonen im Saarland zu finden sind. Grundlage hierfür ist die koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Ergänzend werden Aussagen aus der Raumordnungsprognose des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung herangezogen. Wichtige Quelle für die amtliche Statistik und auch Grundlage vieler Prognosen stellen Erhebungen im Rahmen des Mikrozensus dar. Soweit Details aus dem Mikrozensus auch für den Masterplan von Bedeutung sind, wird auch darauf zurückgegriffen.

Die bisher beschriebenen Quellen geben einen Überblick über die Datenbasis für die Status-quo-Analyse und die Szenarienbildung. Auf weitere Einzelquellen wird im Laufe des Berichts verwiesen, eine Gesamtübersicht findet sich im Literaturverzeichnis.

Page 20: Masterplan Energie

20 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

3. aNalyse des eNergieVerBrauCHs uNd der Co2-eMissioNeN iM saarlaNd

3.1. VorBeMerkuNgeN Ausgangsbasis des Masterplans ist die Entwicklung von Niveau und Struktur des Energieverbrauchs sowie der CO

2-Emissionen im Saarland. Zum Vergleich werden die Werte bzw. die Entwicklungen im Saarland

denen der Bundesrepublik gegenübergestellt. Im Einzelnen werden der Primär- und Endenergieverbrauch, die Stromproduktion aus fossilen und erneuerbaren Quellen und die CO

2-Emissionen betrachtet. Neben ku-

mulierten Werten für das gesamte Saarland werden auch die Beiträge bzw. Anteile der einzelnen Sektoren beschrieben. Zum besseren Vergleich mit der bundesdeutschen Situation werden immer wieder Kennzahlen wie z.B. Verbrauchs- und Emissionswerte pro Kopf oder pro Einheit BIP herangezogen. Der Zeithorizont für längerfristige Entwicklungen reicht bis 1990 zurück, bei einzelnen Betrachtungen soll der Blick auf die letzten Jahre ausreichen.

Dieses Kapitel soll einen generellen Überblick über die derzeitige Situation im Saarland mit den wesentlichen Verbrauchern und Emittenten geben. Dieser dient als Basis für die Identifikation der wichtigsten Handlungs-felder und der Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs. Ferner bildet die Status-quo-Analyse die Grundlage für die Herausarbeitung von saarländischen Spezifika, die berücksichtigt und auf eine angemessene Größen-ordnung bereinigt werden. Dieser Bereinigung ist das Kapitel 4 gewidmet. Die Kapitel 3 und 4 dienen dann gemeinsam als Basis für die Entwicklung von Szenarien, die sich in Kapitel 5 anschließen.

3.2. die eNtWiCkluNg des eNergieVerBrauCHs

3.2.1. PrimärenergieverbrauchVon 1990 bis 2007 hat sich der Primärenergieverbrauch im Saarland absolut von 275,2 Petajoule (PJ) auf 298,8 PJ bzw. um rund 8,6 % erhöht (Abbildung 3-1). Dabei handelt es sich nicht um eine stetige Entwick-lung. Nach einem Hoch zu Beginn der 1990er Jahre sank der Energieverbrauch gegen Mitte der 1990er Jahre, um dann ab dem Jahr 2004 bis 2007 wieder kräftig anzusteigen. Der Wiederanstieg korreliert mit dem wirtschaftlichen Aufschwung zur Mitte dieses Jahrzehnts.

Page 21: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 21Abbildung 3-1

Tera

Jou

le

250.000

260.000

270.000

280.000

290.000

300.000

310.000

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Abbildung 3-1: Entwicklung Primärenergieverbrauch Saarland seit 1990

Im gesamten Bundesgebiet sank der Primärenergieverbrauch dagegen im selben Zeitraum um 5,2 %. Bezieht man die demografische Entwicklung mit ein, geben die Zahlen zum Primärenergieverbrauch je Einwohner ein ähnliches Bild. Im Saarland stieg der Verbrauch von 271 Gigajoule (GJ) je Kopf im Jahr 1991 um 6,2 % auf 288 GJ/Kopf im Jahr 2007. In Gesamtdeutschland dagegen sank der Primärenergieverbrauch im selben Zeitraum von 182 um 5,5 % auf 172 GJ/Kopf (Abbildung 3-2).Abbildung 3-2

Gig

aJo

ule

/ K

op

f

0

50

100

150

200

250

300

350

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Saarland Deutschland

Abbildung 3-2: Primärenergieverbrauch je Einwohner Saarland vs. Deutschland

Page 22: Masterplan Energie

22 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 3-3

Gig

aJo

ule

/ 10

00 €

BIP

(rea

l 200

0)

0,0

2,0

4,0

6,0

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14,0

16,0

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Saarland Deutschland

Abbildung 3-3: Primärenergieverbrauch je Einheit Bruttoinlandprodukt Saarland vs. Deutschland

Ein wenig anders stellt sich die Situation dar, wenn man den Primärenergieverbrauch je Einheit realen Brut-toinlandsprodukts (BIP) in den Fokus nimmt. Hier ist sowohl im Saarland als auch für Deutschland ein Trend zu steigender Energieeffizienz zu beobachten. Jedoch unterscheiden sich das Ausmaß der Energieeffizi-enzsteigerung und das absolute Niveau auf Bundesebene und im Saarland wieder deutlich. Im Saarland sank der Primärenergieverbrauch je Einheit reales BIP von 13,7 GJ/1.000 € BIP im Jahr 1991 um 14 % auf 11,8 GJ/1.000 € BIP in 2007. Im Bundesdurchschnitt war die Effizienzsteigerung mit 22,2 % von 8,1 auf 6,3 GJ/1.000 € deutlich größer (Abbildung 3-3).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Niveau des Primärenergieeinsatzes im Saarland deutlich höher ist als im Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2007 lag der Primärenergieeinsatz gemessen je Einwohner um 67 % über dem Wert für Gesamtdeutschland, bezogen auf das BIP sogar um 87 % über dem Bundesniveau. Verantwortlich für diese gravierenden Unterschiede sind vor allem die ausgeprägte Bedeutung der Metall-industrie sowie der Umwandlungssektor. Die Struktur des Primärenergieverbrauchs nach Energieträgern ist im Saarland durch die Dominanz der Steinkohle gekennzeichnet. Sie ist mit ca. 72 % der mit Abstand be-deutendste Energieträger (Abbildung 3-4). Ursache hierfür ist einerseits die kohlenbasierte Stahlproduktion sowie andererseits der hohe Anteil der Kohle an der Stromerzeugung.

Abbildung 3-4

Gas 34.882 TJ

12 % Mineralöl 47.834 TJ

16 %

940 TJ

Braunkohle

72 % 0,2 % 216.703 TJ Steinkohle

Abbildung 3-4: Primärenergieverbrauch nach Energieträgern im Saarland in 2007

Page 23: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 23

3.2.2. EndenergieverbrauchDie Diskrepanz zwischen den Zahlen des Saarlandes und der Bundesrepublik tritt beim Endenergieverbrauch noch deutlicher hervor als beim Primärenergieverbrauch. So ist der Endenergieverbrauch pro Einwohner im Saarland zwischen 1990 und 2007 um 18 % von 171 auf 202 GJ/Kopf gestiegen. Dagegen war bundesweit ein Rückgang des Pro-Kopf Endenergieverbrauchs um gut 10 % im selben Zeitraum zu verzeichnen. Der End-energieverbrauch im Saarland lag im Jahr 2007 mit den 202 GJ/Kopf rund 89 % über dem Vergleichswert von 107 GJ/Kopf für Gesamtdeutschland (Abbildung 3-5).

Abbildung 3-5

Gig

aJo

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/ K

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50

100

150

200

250

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Saarland Deutschland

Abbildung 3-5: Endenergieverbrauch je Einwohner Saarland vs. Deutschland

Ein Blick auf den Endenergieverbrauch der einzelnen Sektoren offenbart die grundlegenden strukturellen Unterschiede zwischen dem Saarland und dem Rest der Bundesrepublik. In Gesamtdeutschland ist der End-energieverbrauch des Industriesektors und im Bereich Verkehr ungefähr gleich groß und seit 1990 in beiden Sektoren relativ konstant. Ihr Anteil am gesamten Endenergieverbrauch liegt jeweils ca. bei 28 bis 30 %. Die übrigen 40 bis 45 % entfallen auf den Bereich der privaten Haushalte und Kleinverbraucher. Der Verbrauch schwankt ein wenig mehr als in den anderen beiden Sektoren, bleibt aber von Niveau her relativ konstant mit leicht sinkender Tendenz (Abbildung 3-6).

Abbildung 3-6

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

Haushalte /Kleingewerbe

Verkehr

Industrie0

2.000

4.000

6.000

8.000

10.000

12.000

Pet

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Abbildung 3-6: Beiträge der Sektoren zum Endenergieverbrauch in Deutschland

Page 24: Masterplan Energie

24 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 3-7

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006

Haushalte /Kleingewerbe

Verkehr

Industrie0

50

100

150

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250

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Abbildung 3-7: Beiträge der Sektoren zum Endenergieverbrauch im Saarland

Im Saarland stellt sich die Verteilung des Endenergieverbrauchs auf die Sektoren dagegen anders dar (Abbil-dung 3-7). Der Anteil des Verkehrssektors ist mit 13 bis 17 % der kleinste Posten und über die Jahre hinweg sehr konstant. Der Anteil der Haushalte und Kleinverbraucher schwankt zwischen 25 und 30 % des gesam-ten Endenergieverbrauchs, das Niveau blieb im Zeitablauf aber relativ konstant mit leicht sinkender Tendenz wie in der gesamten Bundesrepublik. Im Bereich der privaten Haushalte und Kleinverbraucher ist im Jahr 2007 sowohl in Deutschland als auch im Saarland ein starker Knick im Verlauf des Endenergieverbrauchs zu beobachten. Dieser Einbruch ist in erster Linie auf den Absatz von Heizöl zurückzuführen. Zum einen war 2007 ein besonders warmes Jahr. Zum anderen wurde zum 1. Januar 2007 die Mehrwertsteuer erhöht und es wurden Heizölkäufe in erheblichen Mengen vorgezogen, also schon im Jahr 2006 getätigt.

Der wesentliche Unterschied zwischen Saarland und Deutschland bei der Betrachtung des Endenergiever-brauchs ist der Anteil des Industriesektors. Er macht mehr als die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs im Saarland aus, in Deutschland wie oben erwähnt weniger als ein Drittel. Der Anteil im Saarland war in den 1990er Jahren relativ konstant bei knapp über 50 %, stieg dann 2004 auf über 60 % an.

In absoluten Zahlen ist der Anstieg des Endenergieverbrauchs der Industrie im Jahr 2004 noch augenfälliger. Dieser stieg in einem Jahr von 2003 auf 2004 um 34 % von 97 PJ auf 130 PJ. Dieser Anstieg im Indus-triesektor entspricht in seiner Höhe genau dem Anwachsen des gesamten Endenergieverbrauchs, d.h. die zusätzlichen 33 PJ im Industriesektor waren in 2004 allein verantwortlich für die Erhöhung des gesamten Endenergieverbrauchs um 18 % auf 214 PJ.

Die Entwicklung des Energiebedarfs im Industriesektor wird hauptsächlich durch das Produktionsvolumen der Metallindustrie bestimmt. Der Output dieser Branche war über viele Jahre relativ konstant, stieg aber im Jahr 2004 um ca. 10 % an und hob damit das ohnehin schon hohe Produktionsniveau dauerhaft auf eine andere Größenordnung an, die im Jahr 2007 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte (Abbildung 3-8).

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 25

Abbildung 3-8

7.000

6.000

5.000

4.000

3.000

2.000

1.000

01.0

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2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Roheisen

Rohstahl

Walz-Fertigerzeugnisse

Abbildung 3-8: Output der Eisen schaffenden Industrie im Saarland 2000 bis 2009

In 2007 setzte die Eisen schaffende Industrie 4,6 Mio. t Roheisen, fast 6 Mio. t Rohstahl und fast 4 Mio. t Walz-Fertigerzeugnisse ab. Durch die Wirtschaftskrise ging der Absatz Ende 2008 zurück und brach in 2009 drastisch ein. Es wird jedoch damit gerechnet, dass die Produktion im Laufe des Jahres 2011 zumindest wie-der das Vorkrisenniveau erreicht.

Dass die Steigerung des Endenergieverbrauchs im Jahr 2004 auf die Metallerzeugung zurückzuführen ist, lässt sich auch an der Struktur der Energieträger ablesen. Bis 2003 waren die Energieträger Steinkohle und Mineralöle jeweils zu ca. einem Viertel an der Bereitstellung der Endenergie beteiligt, 30 % entfielen auf Gase und der Rest wurde durch Strom und sonstige Energieträger geliefert. Der zusätzliche Energiebedarf wurde ausschließlich aus Steinkohle bereitgestellt. Der Einsatz von Kohle stieg um ca. 60 %, so dass die Steinkohle zum wichtigsten Energieträger im Saarland aufstieg und nun für ca. 38 % der Endenergiebereit-stellung verantwortlich ist (Abbildung 3-9). Die Steinkohle dient in der Stahlindustrie nicht nur als Energieträ-ger, sondern auch als chemischer Grundstoff im Produktionsprozess.

Abbildung 3-9

19 %

Mineralöle

25 % Gase

Strom

14 %

0,2 %

Braunkohle

Sonstige

Steinkohle4 %

38 %

Abbildung 3-9: Struktur des Endenergieverbrauchs nach Energieträgern im Saarland 2007

Page 26: Masterplan Energie

26 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

3.3. die eNtwickluNg voN stroMerZeuguNg uNd stroMverbrauch

3.3.1. Struktur und Größenordnung von Stromerzeugung und -verbrauchDie Elektrizitätswirtschaft im Saarland ist geprägt von Großkraftwerken der allgemeinen Versorgung auf fossiler Rohstoffbasis, hauptsächlich von Steinkohle. Die insgesamt installierte elektrische Leistung im Land beläuft sich auf fast 3.000 MW. Davon verteilen sich ca. 2.600 MW auf neun Kraftwerke, wovon in sechsen zusätzlich thermische Leistung von zusammen 773 MW für die Fernwärmeversorgung bereitgestellt wird (vgl. Abb. 3.10). Insgesamt liegt der Bau eines Großteils des Kraftwerkparks schon einige Jahrzehnte zurück. Gebaut wurde sie zu einer Zeit, als die Standortentscheidung wegen der geografischen Nähe zu der damals noch maßgeblich heimischen Kohleförderung gefällt wurde. Heute wird die eingesetzte Kohle vor dem Hin-tergrund des an der Saar im Jahr 2012 auslaufenden Bergbaus zu großen Teilen importiert.

Kraftwerkspark Saarland

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

Heizkraftwerk BexbachBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer Wirkungsgrad

Evonik1983

Kohle780 MW

k. A.

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

KRAFTWERK WEIHER I I IBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer WirkungsgradThermische Leistung (Fernwärme)

Evonik1976

Kohle724 MW

k. A.30 MW

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

Heizkraftwerk HomburgBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Thermische Leistung (Fernwärme)

Heizkraftwerk Homburg (HKH)1989

Erdgas6 MW

58 MW

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

K ra f twerk Römerb rückeBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer WirkungsgradThermische Leistung (Fernwärme)

GDF SUEZ2005 / 1988 / 1964

Gas / Kohle / Öl133 MW

57 %230 MW

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

Kraftwerk Fenne HKVBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer WirkungsgradThermische Leistung

Evonik1989

Kohle / Gas236 MW

k. A.185 MW

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

K r a f t w e r k F e n n e M K VBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer WirkungsgradThermische Leistung (Fernwärme)

Evonik1982

Kohle / Gas230 MW

k. A.210 MW

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

Kraftwerk Ensdorf Block IBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer WirkungsgradThermische Leistung (Fernwärme)

VSE1963Kohle

120 MW36 %

60 MW

Kraftwerk Ensdorf Block IIIVSE / RWE

1971Kohle

310 MW34 %

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)Elektrischer Wirkungsgrad

Betreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

Gichtgaskraftwerk DillingenBetreiber BaujahrEnergieträgerElektrische Leistung (brutto)

Gischtgaskraftwerk Dillingen2009

Gischtgas90 MW

Übersicht Kraftwerkspark Saarland

Abbildung 3-10: Übersicht Kraftwerkspark Saarland

Page 27: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 27

Am Standort Ensdorf betreibt die VSE AG Block III (310 MW elektrisch, Baujahr 1971, im Besitz der RWE) und Block I (120 MW elektrisch, Baujahr 1963 und 60 MW thermisch zur Versorgung der Fernwärmeschiene Saar). Die beiden Steinkohlekraftwerke in Fenne (Modellkraftwerk und Heizkraftwerk, je 230 MW Brutto-Leistung) stammen aus den 1980er Jahren. Der bereits eingeschlagene Weg dieser Kraftwerke liegt in einer flexiblen Fahrweise. Damit lassen sich im Markt deutlich höhere Preise erzielen. Die beiden Kraftwerke spie-len für die Versorgung der Fernwärmeschiene eine wichtige Rolle.

Die beiden größten Kraftwerke im Saarland sind die Steinkohlekraftwerke Bexbach und Weiher III. Beide Kraftwerke produzieren vor allem für den Stromexport. Das Kraftwerk Bexbach (780 MW Brutto-Leistung) liefert aufgrund von Lieferverträgen mit EnBW hauptsächlich Strom nach Baden-Württemberg. Lieferungen des Kraftwerks Weiher (724 MW Brutto-Leistung) gehen zu großen Teilen Richtung NRW. Der Kraftwerks-standort Weiher bietet sich für die Zukunft auch als Standort für ein Gas-GuD-Kraftwerk an. Dazu verfügt Weiher schon über eine Genehmigung für eine Anlage bis zu 400 MWel.

Auch das Kraftwerk Römerbrücke in Saarbrücken wurde bereits mehrmals ertüchtigt, in 2010 wurde zusätz-lich eine ältere Dampfturbine gegen eine neuere ausgetauscht. Durch den Einsatz von Gas und die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung stellt sich das Kraftwerk auch emissionsseitig gut dar. Das Kraftwerk ist für die Wärmeversorgung der Stadt Saarbrücken von besonderer Bedeutung. Ebenfalls mit Erdgas betrieben wird das Heizkraftwerk in Homburg. Es dient in erster Linie der Wärmeversorgung der Universitätsklinik und der Stadt Homburg.

energieträger elektrische leistungauskoppelbare

thermische leistung

Bexbach Steinkohle 780 MW

Ensdorf Block I Steinkohle 120 MW 60 MW

Ensdorf Block III Steinkohle 310 MW

Fenne MKV Steinkohle / Gas 230 MW 210 MW

Fenne HKV Steinkohle 236 MW 185 MW

Gichtgaskraftwerke Dillingen Gichtgas 90 MW

Heizkraftwerk Homburg Erdgas 6 MW 58 MW

Römerbrücke Gas / Steinkohle / Öl 133 MW 230 MW

Weiher III Steinkohle 724 MW 30 MW

summe 2.629 MW 773 MW

Tabelle 3-1: Kraftwerke im Saarland nach Energieträger und Leistung

Page 28: Masterplan Energie

28 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Das aktuell neueste Kraftwerk ist das Gichtgaskraftwerk in Dillingen (90 MW elektrische Leistung und 230 MW Feuerungswärmeleistung), welches im Jahr 2010 in Betrieb ging. Das Kraftwerk erzeugt aus den über-schüssigen Hochofengasen 570 Mio. kWh Strom und 400.000 t Dampf für den Hüttenstandort Dillingen und entlastet damit die Umwelt um 400.000 t CO

2 im Jahr.

Die STEAG New Energies GmbH (früher EVONIK New Energies GmbH) betreibt im Saarland Grubengaskraft-werke mit einer elektrischen Gesamtleistung von insgesamt 55 MW, wobei die im KWK-Prozess anfallende Wärme in Fern- und Nahwärmenetze eingespeist wird. Am Standort Fenne befindet sich eine der größten Grubengas-Motorenanlagen der Welt. Die umweltfreundliche, Ressourcen schonende und grundlastfähige Grubengasverwertung wird infrastrukturell durch ein 110-Kilometer langes Grubengasnetz gestützt.Zusätz-lich zu den fossilen Kapazitäten sind etwa 365 MW elektrischer Leistung aus Grubengas / Methangas bzw. Erneuerbaren Energien installiert. Hierbei handelt es sich bisher überwiegend um Photovoltaikanlagen. Die Windkraft holte in den vergangenen Jahren deutlich auf und stellt derzeit gut ein Drittel der installierten Leistung aus Erneuerbare-Energien-Anlagen dar.

erneuerbare energien elektrische leistung in MW

Sonne (Photovoltaik) 170

Wind 111

Biomasse 13

Wasserkraft 17

summe erneuerbare energien 311

Grubengas 55

summe erneuerbare energien & grubengas 366

Tabelle 3-2: Installierte Leistung Erneuerbarer Energien und Grubengas im Saarland

Page 29: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 29

Die Kraftwerke im Saarland sind in überregionale Verbünde der großen Energieversorger in Deutschland ein-gebunden. Die Stromerzeugungsmengen schwanken von Jahr zu Jahr stark, je nachdem wie viel die Anlagen von außerhalb abgerufen werden. Konkret lag die Bruttostromerzeugung im Saarland in den Jahren 2003 bis 2007 zwischen 11.000 (2004) und 13.400 GWh/a (2007). Diese ging mit der einsetzenden Wirtschafts-krise in 2008 jedoch bereits auf rund 9.683 GWh und in den Jahren 2009 auf rund 8.600 GWh zurück. Im Jahr 2010 ging die Bruttostromerzeugung aus Kraftwerken der allgemeinen Versorgung weiter auf 6.642 GWh zurück. In dem Wert für 2010 nicht enthalten sind Industriekraftwerke sowie ein Teil der Erneuerbaren Energien, für die noch keine Daten für 2010 vorliegen. Gegenüber 2007 hat fast eine Halbierung der Strom-produktion stattgefunden. Stromexport findet daher seitdem nicht mehr statt.

Abbildung 3-11

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0GW

h

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

Abbildung 3-11: Bruttostromerzeugung im Saarland 2003 bis 2009

Die Exportmengen waren in der Vergangenheit stark volatil, weshalb bei den Erzeugungsmengen kein Trend zu beschreiben war. Im Jahr 2006 lag der Export beispielsweise lediglich bei 1.250 GWh, im Jahr darauf mit 3.427 GWh um den Faktor 2,5 höher, im Jahr 2008 war dann erstmals ein Nettostromimport zu verzeichnen (Abbildung 3-12). Neben dem Verbrauch im Saarland und dem Export sind in der folgenden Grafik auch die Eigenverbräuche der Kraftwerke, Leitungsverluste und der Verbrauch der Steinkohlenzechen und Kokereien verzeichnet. Diese Rubriken werden in der Energiebilanz dem Umwandlungssektor und nicht dem Endener-gieverbrauch zugeordnet, auch wenn es sich dabei ebenfalls um Stromverbrauch handelt, der im Saarland zu beachten ist. Der Stromverbrauch ist in allen Endenergieverbrauchssektoren relativ konstant.

Page 30: Masterplan Energie

30 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0GW

h

2004 2005 2006 2007 2008

Verbrauch Saarland Steinkohlenzechen, Kokereien Exportsaldo

Leitungsverluste Eigenverbrauch Kraftwerke Importsaldo

Abbildung 3-12

8.248

1.000

3.427

854

749

9.150 (inkl. 854 Import)

7.165

910

2.144

8.583

1.051

2.355

8.248

871

1.250

Abbildung 3-12: Verwendung der Bruttostromerzeugung im Saarland 2004 bis 2008

Bei der Bruttostromerzeugung pro Kopf liegt das Saarland erwartungsgemäß mit Werten zwischen 10 und 13 MWh je Einwohner weit über dem Bundesdurchschnitt von ca. 7 MWh pro Kopf und Jahr (Abbildung 3-13). Die Ausschläge in einzelnen Jahren fielen jeweils mit Perioden mit hohen Exportanteilen zusammen. Das generell höhere Pro-Kopf-Niveau war ausschließlich auf den Export und die damit verbundene erhöhte Produktion zurückzuführen.

MW

h /

Ko

pf

un

d J

ahr

0

2

4

6

8

10

12

14

1991199 0 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Saarland Deutschland

Abbildung 3-13

Abbildung 3-13: Bruttostromerzeugung je Einwohner

Page 31: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 31

MW

h /

Ko

pf

un

d J

ahr

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Saarland Deutschland

Abbildung 3-14

Abbildung 3-14: Bruttostromverbrauch je Einwohner

Beim Stromverbrauch je Einwohner liegt das Saarland im Bundesschnitt. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag sogar einige Jahre unter dem Bundesdurchschnitt, mittlerweile knapp darüber (Abbildung 3-14). Insgesamt ist sowohl im Saarland als auch in Gesamtdeutschland ein Trend zu leicht steigendem Stromverbrauch zu be-obachten. Dieser Trend verlief im Saarland etwas steiler, aber von einem niedrigeren Ausgangsniveau aus. Es ist davon auszugehen, dass sich der Stromverbrauch je Einwohner im Saarland auf den Bundesdurchschnitt einpendeln wird.

3.3.2. Stromerzeugung aus Erneuerbaren EnergienDie Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist in den letzten Jahren von ca. 300 GWh im Jahr 2003 auf über 650 GWh pro Jahr in 2009 angestiegen (für das Jahr 2010 liegen noch keine Zahlen vor).

Abbildung 3-15

700

600

500

400

300

200

100

0GW

h

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

301342 329

397435

569

653

Abbildung 3-15: Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Saarland 2003 bis 2009

Quelle: eigene Darstellung anhand von Daten des Länderarbeitskreises (lak) Energiebilanzen (2003 bis 2008), Bundesnetzagentur (2009)

Page 32: Masterplan Energie

32 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung im Verhältnis zum Bruttostromverbrauch ist im Vergleich zu Gesamtdeutschland noch relativ gering. Der Anteil im Saarland lag im Jahr 2005 bei 3,2 %, im Bund wurden im gleichen Jahr bereits 10,3 % erreicht (Abbildung 3-16). Im Jahr 2008 lag der Anteil im Saarland bei 5,4 % und im Bund bei 15 %. Da für die Jahre 2009 und 2010 zum Saarland noch keine Daten für den Bruttostromverbrauch vorliegen, ist in Abbildung 3-16 der Anteil Erneuerbarer Energien nur bis zum Jahr 2008 dargestellt. Der Zubau von Erneuerbare-Energien-Anlagen in den letzten Jahren lässt auch eine weitere anteilige Steigerung am Bruttostromverbrauch in den beiden vergangenen Jahren erwarten. Trotz-dem besteht im Saarland noch erheblicher Nachholbedarf.

An

teile

0 %

2 %

4 %

6 %

8 %

10 %

12 %

14 %

16 %

2005 2006 2007 2008

Saarland Deutschland

3,2 %

4,7 %4,3 %

5,4 %

10,3 %

11,6 %

14,2 %15,0 %

Abbildung 3-16

Abbildung 3-16: Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch

3.4. die eNtWiCkluNg der Co -eMissioNeN

3.4.1. VorbemerkungenVor dem Hintergrund des Klimawandels und den mit dem Emissionshandel verbundenen Kosten für den CO

2-Ausstoß steht nicht nur der Energieverbrauch an sich, sondern vor allem der Ausstoß an CO

2 im Fokus

der Betrachtung. Daher müssen auch das Niveau und die Struktur der CO2-Emissionen im Saarland näher

betrachtet werden. Grundlage hierfür bildet die CO2-Bilanz des Saarlandes, die zusammen mit der Energie-

bilanz vom Statistischen Landesamt veröffentlich wird. In der internationalen Praxis der Emissionsberichter-stattung wird strikt dem Territorialprinzip gefolgt, wonach sämtliche in der Region entstehenden Emissionen auch dieser Region zugerechnet werden.

Indirekte Emissionen in Zusammenhang mit dem Import oder Export von Energieträgern oder Strom bleiben dabei ebenso unberücksichtigt, wie der Außenhandel von Produkten, bei deren womöglich energieintensi-ver Produktion ebenfalls Emissionen entstanden sind. Klimapolitisch betrachtet spielt dieser Aspekt für das Saarland insofern eine Rolle, als nach diesem Territorialprinzip dem Land auch die Emissionen zugeordnet werden, die bei der Produktion von Gütern für Konsumzwecke außerhalb des Landes entstehen; dazu zählen insbesondere der Stromexport und die Stahlproduktion.

2

Page 33: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 33

3.4.2. Die Entwicklung der CO2-Emissionen nach der QuellenbilanzierungDie absoluten CO

2-Emissionen im Saarland unterliegen von Jahr zu Jahr großen Schwankungen. Im Jahr

2007 haben sie mit 25,7 Mio. t das Niveau des Höchststandes von 1991 wieder erreicht. In der Zwischenzeit lag der Ausstoß zwischen 21 und 25 Mio. t pro Jahr, ohne dass jedoch ein Trend ersichtlich wäre (Abb. 3-17). Die starke Fluktuation lässt sich wieder mit Schwankungen des Stromexports sowie unterschiedlicher Auslas-tung der Schwerindustrie in Verbindung bringen.

Abbildung 3-17

Mio

. t C

O2

19

20

21

22

23

24

25

26

27

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Abbildung 3-17: CO2-Emissionen aus Primärenergieverbrauch (Quellenbilanz) im SaarlandAbbildung 3-18

t C

O2

/ K

op

f

0

5

10

15

20

30

25

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Saarland Deutschland

Abbildung 3-18: CO2-Emissionen je Einwohner Saarland vs. Deutschland

Um sich eine Vorstellung von dem hohen Emissionsniveau des Saarlandes machen zu können, soll der Pro-Kopf-Vergleich mit der Bundesrepublik herangezogen werden. Die CO

2-Emissionen je Einwohner liegen im Saarland

mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. In Gesamtdeutschland ist seit Anfang der 1990er Jahre ein konstanter Trend zu sinkenden Emissionen von ca. 12 t CO

2 /Kopf auf nur noch 10 t/Kopf in 2007 zu beob-

achten. Im Saarland schwankte der Ausstoß pro Einwohner in den einzelnen Jahren, er lag aber durchweg über 20 t CO

2 /Kopf und erreichte 2007 seinen Höchststand mit 24,8 t je Einwohner (Abbildung 3-18).

Page 34: Masterplan Energie

34 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Der Blick auf die CO2-Emissionen je Einheit BIP ergibt für das Saarland im Vergleich zum Bundesdurchschnitt

noch ungünstigere Kennziffern. 2007 lag der Wert mit 0,95 t CO2 /1.000 € BIP (real 2000) auf dem gleichen

Niveau wie 1993. Die Struktur der Saarwirtschaft stellt sich somit als besonders CO2-intensiv dar. In Gesamt-

deutschland ist dagegen ein konstanter Trend hin zu einer weniger CO2-intensiven Wirtschaftsleistung zu

beobachten. Der Wert in 2007 von 0,37 t CO2 /1.000 € BIP (real 2000) liegt für die Bundesrepublik rund 25 %

niedriger als zu Beginn der 1990er Jahre und im Vergleich zum Saarland auf knapp über einem Drittel dessen Niveaus (Abbildung 3-19). Hierbei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Energieproduktivität durch den Niedergang der ineffizienten ostdeutschen Industrie Anfang der 90er Jahre sprunghaft gestiegen ist.

Von den über 25 Mio. t CO2 entstehen im Saarland ca. 43 % im Umwandlungsbereich und 57 % beim

Endenergieverbrauch. Diese Aufteilung ist an sich nicht ungewöhnlich, auch in Gesamtdeutschland ist die Energiewirtschaft für ca. 46 % der CO

2-Emissionen verantwortlich. Von den 57 Prozentpunkten beim End-

energieverbrauch entfallen im Saarland jedoch 43 auf die Industrie und jeweils 7 auf die Haushalte / Klein-verbraucher sowie den Verkehrssektor (Abbildung 3-20), nahezu das Dreifache im Vergleich zum Bundes-durchschnitt (20 %).

Abbildung 3-19

t C

O2

/ 1.

000

€ B

IP (r

eal 2

000)

0,00

0,20

0,40

0,60

0,80

1,20

1,00

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Saarland Deutschland

Abbildung 3-19: CO2-Emissionen je 1.000 € Bruttoinlandsprodukt

Abbildung 3-20

Umwand- lungseinsatz 11 Mio. t 43 %

Endenergie- verbrauchs- sektoren 14 Mio. t 57 %

Haushalte / Kleinverbraucher

1,8 Mio. t

Verkehr1,8 Mio. t

Industrie 11 Mio. t

43 %

7 %

7 %

Abbildung 3-20: CO2-Emissionen nach Sektoren Saarland 2007

Page 35: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 35

Abbildung 3-21

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

01.0

00

t C

O2

2003 2004 2005 2006 2007

Industrie Private Haushalte / KleingewerbeVerkehr

Abbildung 3-21: CO2-Emissionen aus Endenergieverbrauchssektoren Saarland (Quellenbilanzierung)

Im Verkehrssektor und bei den Haushalten ist in den letzten Jahren im Saarland ein Rückgang der CO2-

Emissionen zu beobachten. Dies ist wie in der gesamten Bundesrepublik mit einem Trend zu mehr Energie-effizienz zu erklären. Zusätzlich macht sich im Saarland der demografische Wandel schon heute bemerkbar. Die Einsparungen in diesen Sektoren fallen absolut allerdings so gering aus, dass sie durch Steigerungen im Industriesektor überkompensiert werden (Abbildung 3-21).

Bezogen auf die Rohstoffbasis ist die Steinkohle im Saarland die Hauptquelle der CO2-Emissionen. Mit ca. 17

Mio. t ist sie für 68 % aller CO2-Emissionen verantwortlich, das letzte Drittel verteilt sich auf Gas (5,5 Mio. t

bzw. 21 %) und Mineralöl (3 Mio. t bzw. 11 %), (Abb. 3-22).Abbildung 3-22

48 Tsd tBraunkohle

0,2 %

17.115 Tsd. t Steinkohle

Gase 5.501 Tsd. t

21 %

Sonstige 111 Tsd. t

Mineralöl 2.940 Tsd t 11 %

0,4 %

68 %

Abbildung 3-22: CO2-Emissionen nach Energieträgern im Saarland 2007 (Quellenbilanz)

Die Steinkohle wird dabei zu 79 % im Umwandlungsbereich eingesetzt, in dem dadurch 9,8 Mio. t CO2

entstehen. Das entspricht 89 % aller CO2-Emissionen im Umwandlungssektor. Der übrige Teil der Steinkohle

(inklusive Koks) kommt beim Endenergieverbrauch zum Einsatz und wird dort fast ausschließlich im Indus-triesektor genutzt, wodurch weitere 7,2 Mio. t CO

2 emittiert werden (Abbildung 3-23).

Page 36: Masterplan Energie

36 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 3-23

Endenergie7.271.000 t 42,5 %

Umwandlungs-bereich9.844.000 t 57,5 %

Haushalte / Kleinverbraucher

99.000 t

Industrie 7.172.000 t

20 %

Industrie 7.172.000 t

95,2 %

4,8 %

Summe gesamt 17.115.000 t Summe gesamt 7.271.000 t

Abbildung 3-23: CO2-Emissionen aus dem Einsatz von Steinkohle (inkl. Koks)

Beim Energieträger Gas werden im Umwandlungssektor knapp unter 1 Mio. t CO2 freigesetzt, im Endener-

giebereich dagegen 4,5 Mio. t, wobei der Großteil von 3,7 Mio. t wieder im Industriesektor anfällt. Die CO2-

Emissionen aus Mineralölprodukten sind dagegen fast ausschließlich dem Endenergieverbrauch zuzuordnen. Von den 3 Mio. t entfallen ca. ein Drittel auf den Bereich Haushalte / Kleinverbraucher und ca. zwei Drittel auf den Verkehrssektor.

Page 37: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 37

4. aBgreNZuNg der dateNBasis

4.1. VorBeMerkuNgeN

Die Zielvorgaben für die Senkung des CO2-Ausstoßes leiten sich im vorliegenden Masterplan von überge-

ordneten politischen Ebenen ab. Auf Bundesebene ist eine Reduktion der Emissionen um mindestens 80 % gegenüber dem Niveau von 1990 als Zielgröße vorgegeben [Bundesregierung, 2010]. Da die Ausgangsbasis der CO

2-Emissionen im Saarland sehr viel höher liegt als im Bund, ist selbst mit einem ambitionierten Klima-

schutz-Szenario keine Reduktion auf den Bundesdurchschnitt möglich, bezogen auf das hohe Ausgangsni-veau jedoch eine prozentuale Reduzierung um 80 % erreichbar. Dies könnte der angemessene Beitrag des Saarlandes zu dem gesamtdeutschen Reduktionsziel sein.

Die Datenabgrenzung soll in zwei Schritten erfolgen. Zunächst wird der Stromexport bei der Betrachtung ausgeblendet, da der saarländische Stromverbrauch eine geeignetere Bezugsgröße darstellt, die eine verur-sachergerechte Anlastung der CO

2-Emissionen sicherstellt. Die Datenbasis nach Ausblendung des Stromex-

ports wird Ausgangspunkt für die Betrachtung der Entwicklungen in den Szenarien sein.

Der zweite Schritt der Datenabgrenzung betrifft den Industriesektor, und hier speziell die Branche der Me-tallerzeugung und -verarbeitung. Die Abgrenzung wird in diesem Fall jedoch nicht durchgeführt, um die Ausgangsbasis des Datengerüstes zu definieren. Vielmehr soll eine parallele Betrachtung ermöglicht werden, in der die realen Daten des Saarlandes mit einem rechnerischen Datensatz verglichen werden. In diesem wird der Energieverbrauch der Metallindustrie auf den Bundesdurchschnitt normiert. Erläuterungen zur Methodik finden sich in den nächsten Abschnitten.

Die Normierung der Metallindustrie hat den Zweck, den überragenden Einfluss dieser Branche auf den Energieverbrauch und die CO

2-Emissionen im Saarland für die Analyse der Reduktionspotenziale zu rela-

tivieren. Das heißt explizit nicht, dass die Verantwortung für die Minderung dieser prozessbedingten CO2-

Emissionen auf andere Bundesländer verschoben oder völlig ignoriert werden soll, denn diese realen Emis-sionen verursachen Kosten. Vielmehr erfordert die CO

2-Minderung in industriellen Prozessen – jenseits von

Energieeffizienzmaßnahmen – eine nationale wie internationale Anstrengung im Bereich der Forschung und Entwicklung, um erfolgversprechende Maßnahmen zu etablieren. Diese Aufgabe können das Saarland bzw. die saarländische Industrie nicht alleine stemmen. Wird der Energieverbrauch der Metallindustrie rechnerisch auf den Bundesdurchschnitt gesenkt, verändert sich zudem die Gewichtung der einzelnen Sektoren in der Gesamtbetrachtung. Dabei treten die Sektoren, die durch saarländische Aktivitäten beeinflusst werden kön-nen, deutlicher hervor. Reduktionsbemühungen in diesen Sektoren kommen bei dieser Betrachtung also eine größere Bedeutung zu.

In den Szenarien werden die Varianten mit realer und auf Bundesdurchschnitt normierter Metallindustrie immer parallel dargestellt. Ein Vergleich ist somit jederzeit möglich. Die Datenabgrenzung im Umwand-lungssektor wird in allen Szenarien gleich behandelt. Der Stromexport wird somit generell ausgeblendet, die Normierung der Metallindustrie auf Bundesdurchschnitt, hier auch als Harmonisierung oder Anpassung bezeichnet, ist dagegen nur als Variante in der Darstellungsform zu interpretieren.

Page 38: Masterplan Energie

38 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

4.2. dateNaBgreNZuNg iM uMWaNdluNgssektor

Ein großer Teil des Kraftwerksparks wird von Konzernen außerhalb des Saarlandes betrieben bzw. gesteu-ert. Die Auslastung und damit die erzeugten Strommengen entziehen sich somit weitgehend einer saar-ländischen Steuerung. Sinnvollerweise sollte daher der Stromexport aus der Betrachtung ausgeklammert und der tatsächliche Stromverbrauch (einschließlich der entsprechenden Umwandlungsverluste) im Saarland als Bezugsgröße herangezogen werden. Diese Größe entspricht einer verursachergerechten Anlastung des Energieverbrauchs der saarländischen Bevölkerung.

Abbildung 4-1

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0GW

h

2004 2005 2006 2007

Saarland ohne Stromexport Export, inkl. Eigenverbrauch Kraftwerke für exportierten Strom

Abbildung 4-1: Anteil der Bruttostromproduktion im Saarland für inländischen Bedarf und Export

Diese Datenabgrenzung senkt das Niveau der dem Saarland zugerechneten Bruttostromproduktion und glät-tet damit die stark schwankende Produktion in den einzelnen Jahren. Der Eigenverbrauch der Kraftwerke wurde anteilig auf den saarländischen Verbrauch und den Export verteilt. Ein Teil des Eigenverbrauchs wird also zusammen mit dem Export ausgeblendet.

4.3. HarMoNisieruNg iM iNdustriesektor

Neben der Ausblendung des Stromexports findet im Rahmen dieses Masterplans der Industriesektor eine besondere Berücksichtigung. Die besondere Situation ergibt sich durch den ausgeprägt energieintensiven Bereich der Metallerzeugung und -verarbeitung. Im Saarland beanspruchen die Unternehmen dieser Bran-chen rund 86 % des Endenergieverbrauchs des gesamten Industriesektors (Abbildung 4-2). Im Bundesdurch-schnitt sind es dagegen nur ca. 25 %.

Page 39: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 39

Abbildung 4-2

Maschinenbau 1.162

Fahrzeugbau 4.429

SonstigeWirtschafts-

zweige 5.093

Ernährung 1.615 Gummi und Kunststoff

2.336

Glasgewerbe, Keramik 1.739

Herstellung von Metallerzeug- nissen 2.480

Metallerzeugungund -bearbeitung

117.629

86 %

4 %

1 %

2 %

2 %

1 %

1 %

3 %

Abbildung 4-2: Struktur des Endenergieverbrauchs im Industriesektor im Saarland nach Branchen

Der hohe Endenergieverbrauch lässt Maßnahmen der Politik, die auf eine Verringerung des Energiever-brauchs in anderen Bereichen abzielen, vor diesem Hintergrund im Industriesektor gering erscheinen. Eine Normierung ist also auch insofern sinnvoll, als dass Erfolge bei der Verringerung des Energieeinsatzes in an-deren Bereichen nicht durch Schwankungen der Auslastung in der Metallindustrie nivelliert werden.

Zudem erscheint es sinnvoll, die Verantwortung des Saarlandes für den Energieeinsatz im Bereich der Me-tallerzeugung auf den Beitrag zu definieren, der der Größe des Saarlandes an der gesamtdeutschen Metall-branche entspricht, gemessen an seiner Einwohnerzahl. Hiermit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Reduzierung der prozessbedingten CO

2-Emissionen der Stahlindustrie in ihrem Gesamtumfang auf

absehbare Zeit nicht durch landespolitische Maßnahmen erzielt werden kann. Über weitere Energieeffizienz-steigerungen hinaus zu entwickelnde Verfahren und Techniken zur CO

2-Emissionssenkung- und -vermeidung

sind im Zusammenhang nationaler und internationaler Forschungsanstrengungen zu sehen. Es gilt, die Wett-bewerbsfähigkeit der saarländischen Stahlindustrie vor dem Hintergrund der übergeordneten Rahmenbedin-gungen nicht zu beeinträchtigen.

4.3.1. Methodik der HarmonisierungDer Endenergieverbrauch des Industriesektors wird zunächst mit dem Bundesdurchschnitt verglichen (Ab-bildung 4-3). Die Werte für den Bundesdurchschnitt ergeben sich dabei aus dem jeweiligen Energiever-brauch der gesamten Bundesbranche umgerechnet auf das Saarland, bezogen auf die Einwohnerzahl. Die Normierung erfolgt, indem der tatsächliche Endenergieverbrauch der Metallindustrie von 117.629 TJ (in 2007) auf den Bundesdurchschnitt von 8.527 TJ gesetzt wird. Dies entspricht einer rechnerischen Reduktion um 92,75 % auf nur noch 7,25 % des tatsächlichen Verbrauchs. Der Endenergieverbrauch des gesamten Industriesektors sinkt damit rechnerisch von 136.483 TJ auf 27.381 TJ. Die übrigen Branchen entsprechen dagegen den realen Gegebenheiten.

Page 40: Masterplan Energie

40 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 4-3

Tera

Jou

le

0

2.000

4.000

6.000

8.000

10.000

Saarland real Bundesdurchschnitt117.629

8.527

Ernährung Gummi undKunststoff

Metallerzeugungund -bearbeitung

Maschinenbau Sonstige Wirt-schaftszweige

Chemie Glasgewerbe, Keramik

Herstellung vonMetallerzeugnissen

Fahrzeugbau

Abbildung 4-3: Vergleich Endenergieverbrauch Industriesektor Saarland vs. Bundesdurchschnitt

In den folgenden Szenarien wird die wirtschaftliche Entwicklung aus Szenarien für Gesamtdeutschland auf das Saarland übertragen. Die Entwicklung einzelner Branchen wird damit nicht präjudiziert. Für die Harmo-nisierung gilt somit, dass sich die prozentualen Veränderungen der realen Entwicklung eins zu eins in der normierten Variante widerspiegeln. In den einzelnen Stützjahren wird in der harmonisierten Variante der Energieverbrauch der Metallindustrie wie im Basisjahr auf die oben hergeleiteten 7,25 % des tatsächlichen Verbrauchs der Branche rechnerisch reduziert.

4.3.2. Auswirkungen der Harmonisierung auf den gesamten Endenergieverbrauch und auf den Stromverbrauch

Bei der Normierung der Metallindustrie innerhalb des Industriesektors sinkt der Endenergieverbrauch um 109.102 TJ (-92,75 %). Um genau diesen absoluten Wert verringert sich auch der gesamte Endenergiever-brauch aller Sektoren in der aggregierten Betrachtung. Dies entspricht einer rechnerischen Reduzierung um 52 %. Damit ändern sich auch die Anteile der Sektoren am gesamten Endenergieverbrauch. Das Verhältnis der Sektoren untereinander entspricht nach der Harmonisierung der Metallindustrie in etwa der Struktur der Bundesrepublik.

Page 41: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 41

Abbildung 4-4

200.000

250.000

150.000

100.000

50.000

0Tera

Jou

le

real harmonisiert

Industrie Private Haushalte / KleingewerbeVerkehr

46.824(22 %)

27.037(13 %)

136.483(65 %)

46.824(46 %)

27.037(27 %)

27.381(27 %)

Abbildung 4-4: Vergleich Endenergieverbrauch real vs. harmonisiert

Für die Energiebereitstellung in der Metallindustrie kommen in erster Linie Kohle, Koks und Gichtgas zum Einsatz. Jedoch ist auch der Stromverbrauch der Branche so groß, dass die Normierung der Metallindustrie auch bei der Bereitstellung von Strom aus dem Umwandlungssektor zu berücksichtigen ist.

Die Stromerzeugung verringert sich aufgrund der Ausblendung des Stromexports in 2007 von 13.392 auf 9.682 GWh. Durch die Normierung der Metallindustrie sinkt die Stromumwandlung noch einmal rechnerisch um 1.656 GWh auf 8.117 GWh (Abbildung 4-5).

16.000

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0GW

h

Bruttostromerzeugung real Erzeugung unter Ausblendung von Stromexport

Notwendige Erzeugung bei Normierung Metallindustrie

Abbildung 4-5

Abbildung 4-5: Bruttostromerzeugung real, Ausblendung Export, Harmonisierung Metallindustrie

4.4. ausWirkuNgeN der HarMoNisieruNg auf die Co -eMissioNeN

4.4.1. Einleitende Bemerkungen zur CO2-BilanzierungIn der offiziellen Statistik wird unterschieden zwischen der Quellenbilanz, in der alle CO

2-Emissionen bezogen

auf den Primärenergieverbrauch dargestellt werden, und der Verursacherbilanz, die auf die Emissionen aus

2

Page 42: Masterplan Energie

42 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

dem Endenergieverbrauch abstellt. Im Unterschied zur Quellenbilanz werden die Emissionen der Kraftwerke sowie generell des Umwandlungsbereichs in der Verursacherbilanz nicht als solche ausgewiesen, sondern nach dem Verursacherprinzip den sie verursachenden Endverbrauchssektoren zugerechnet.

Eine Besonderheit liegt in der Anrechnung der dem Endenergieverbrauch zuzurechnenden Emissionsmenge für Strom. Die Berechnung erfolgt für den Energieträger Strom in den CO

2-Verursacherbilanzen. Sie wird seit

2003 einheitlich in allen Bundesländern angewendet, auf Grundlage des Brennstoffverbrauchs aller Strom-erzeugungsarten auf den Gebiet der Bundesrepublik. Der hierzu benötigte Faktor (Generalfaktor) ergibt sich als Quotient der Summe der Emissionen aller deutschen Stromerzeugungsanlagen, soweit sie für den inlän-dischen Verbrauch produzieren, und der Summe des inländischen Stromendverbrauchs.

In dieser Darstellung der Verursacherbilanz für das Saarland werden demnach die Emissionen für exportier-ten Strom nicht mehr berücksichtigt. Zusätzlich wird für die Erzeugung von Strom allerdings auch eine bun-desdurchschnittliche Kraftwerksstruktur unterstellt, die mit sehr viel niedrigeren CO

2-Emissionen verbunden

wäre, als dies im Saarland tatsächlich der Fall ist.

Es soll bei der Betrachtung des vorliegenden Masterplans aber der tatsächliche Kraftwerkspark Berücksichti-gung finden. Deshalb wird nicht die Verursacherbilanz des Statistischen Landesamtes benutzt, sondern eine Verursacherbilanz erstellt, bei der die Emissionen aus der Quellenbilanz mit den erzeugten Mengen Strom und Fernwärme im Saarland ins Verhältnis gesetzt werden. Daraus ergeben sich CO

2-Emissionsfaktoren

je kWh für die im Saarland erzeugten Energiemengen. Diese werden dann den einzelnen Endenergiever-brauchssektoren angelastet, entsprechend ihrem Verbrauch.

4.4.2. CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor nach der VerursacherbilanzDa in den Szenarien das Jahr 2005 als Basisjahr fungiert und die Vergleiche der einzelnen Stützjahre mit dem Basisjahr erfolgen, sollen die Emissionsfaktoren ebenfalls für das Jahr 2005 berechnet werden.

Für die Berechnung müssen die CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor auf die Strom- und die Fern-

wärmeproduktion verteilt werden. In der Quellenbilanz sind die CO2-Emissionen für verschiedene Kraft-

werkstypen bzw. Produktionsformen getrennt aufgeführt. Eine Aufteilung der Emissionen ist insofern nur für KWK-Anlagen erforderlich. Diese Aufteilung erfolgt nach der finnischen Methode gemäß den Arbeiten zur EU-Richtlinie KWK. Dabei wird der Einsatz für die Strom- und Wärmeerzeugung zunächst mit Referenz-Wirkungsgraden der getrennten Erzeugung ermittelt. Anschließend erfolgt eine Aufteilung der Brennstoff-einsparung der gekoppelten Erzeugung gegenüber der getrennten Erzeugung proportional im Verhältnis der über die Referenzwirkungsgrade ermittelten Brennstoffeinsätze für Strom und Wärme.

Der Vorteil dieser Methode, die auch als „Referenzwirkungsgradmethode“ bezeichnet werden könnte, ist darin zu sehen, dass die durch die gekoppelte Erzeugung erzielte Brennstoffeinsparung nicht einseitig ent-weder der Stromerzeugung oder der Wärmeerzeugung zugerechnet wird. Wie in den Energiebilanzen der Länder wird bei der Stromerzeugung ein Wirkungsgrad von 0,4 und bei der Wärmeerzeugung ein Wirkungs-grad von 0,8 zu Grunde gelegt (Länderarbeitskreis Energiebilanzen).

Page 43: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 43

Für das Jahr 2005 sind von den 468.000 t CO2 aus den Heizkraftwerken der allgemeinen Versorgung nach

dieser Methode 336.120 t der Stromproduktion und 131.880 t der Fernwärme zuzurechnen. Weitere 476.000 t CO

2 entstanden in reinen Heizwerken bzw. in ungekoppelter Wärmeproduktion in KWK-Anlagen,

die in der Energiebilanz auch unter Heizwerken verbucht werden. Zusammen entstehen im Umwandlungs-sektor 607.880 t CO

2 bei der Fernwärmeproduktion. Fernwärme wird zusätzlich noch in Industriekraftwer-

ken erzeugt, wobei im Umwandlungssektor nur der Brennstoffeinsatz für die Stromerzeugung verbucht wird, während der Brennstoffeinsatz für die Wärmeerzeugung in industriellen KWK-Anlagen direkt beim Endenergieverbrauch ausgewiesen wird. Die Ermittlung des Brennstoffeinsatzes für die Stromerzeugung er-folgt ebenfalls nach der finnischen Methode.

Die 607.880 t CO2 aus der Fernwärmeproduktion werden mit dem Fernwärmeverbrauch ins Verhältnis

gesetzt. Der Umwandlungsausstoß an Fernwärme betrug in 2005 5.962 TJ, der Endenergieverbrauch nur 5.070 TJ. Im Umwandlungssektor wird auch der Bedarf der Steinkohlenzechen verbucht, der 2005 bei 162 TJ lag. Diese Menge ist auch als Verbrauch zu bewerten, daher wird dieser Wert dem Endenergieverbrauch zugeschlagen, der dann 5.232 TJ beträgt. Die Differenz zwischen dem Umwandlungsausstoß und dem Ver-brauch von Fernwärme setzt sich zusammen aus 199 TJ Eigenverbrauch in den Kraft- und Heizwerken sowie 531 TJ Leitungsverlusten. Die CO

2-Emissionen in Höhe von 607.880 t werden auf die 5.232 TJ Fernwärme-

verbrauch verteilt, dies entspricht 116 t je TJ. Umgerechnet in kWh beträgt der CO2-Emissionsfaktor für die

Fernwärmeversorgung im Saarland für das Jahr 2005 418 g CO2 je kWh.

Die Berechnung des Emissionsfaktors für den saarländischen Stromverbrauch erfolgt analog. Es wird die Stromproduktion im Saarland mit den dabei entstandenen Emissionen ins Verhältnis gesetzt. Von Wärme-kraftwerken der allgemeinen Versorgung (ohne KWK) wurden 2005 8.979.000 t CO

2 ausgestoßen. Hinzu

kommen die oben bestimmten 336.120 t CO2 aus Heizkraftwerken (nur KWK-Betrieb), die der Strompro-

duktion zuzuordnen sind, und weitere 165.000 t CO2 aus Industriekraftwerken. In der Summe wurden bei

der Stromproduktion im Saarland im Jahr 2005 9.480.120 t CO2 emittiert. Die Bruttostromproduktion lag

bei 12.799 GWh.

Von der Bruttostromproduktion werden der Eigenverbrauch der Kraftwerke in Höhe von 1.051 GWh sowie die Leitungsverluste von 294 GWh abgezogen. Die CO

2-Emissionen werden auf die verbleibenden 11.454

GWh verteilt, so dass sich ein CO2-Emissionsfaktor von 828 g/kWh Strom ergibt. Mit diesem Wert wird der

Stromverbrauch im Saarland bilanziell belastet, der somit im Jahr 2005 für ca. 7,5 Millionen t CO2 verant-

wortlich war. Der Stromexport wird mit dem gleichen Emissionsfaktor bewertet, dem Stromexportsaldo von 2.355 GWh sind demnach 2 Millionen t CO

2 anzulasten, die in unserer Betrachtung aber nicht im Saarland

bilanziert werden. Der Eigenverbrauch der Kraftwerke und die Leitungsverluste werden nach diese Methode anteilig auf den Verbrauch im Saarland und die exportierten Strommengen aufgeteilt.

4.4.3. Auswirkung der Harmonisierung im Industriesektor auf die CO2-BilanzFür die Harmonisierung der CO

2-Emissionen der Metallindustrie im Saarland wird der Endenergieverbrauch

zu Grunde gelegt. Die Metallbranche benötigt in der normierten Variante nur 7,25 % des tatsächlichen Energieeinsatzes. Diese Größenordnung wird nun auf die CO

2-Emissionen übertragen. Von den tatsächlich

der Metallindustrie zugeschriebenen 10,57 Mio. t CO2 verbleiben nach der Normierung noch 0,766 Mio. t.

Page 44: Masterplan Energie

44 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Der Energiebedarf der Metallindustrie wurde damit auf den Bundesdurchschnitt normiert, die Bereitstellung der normierten Energiemenge erfolgt aber weiterhin mit dem saarlandtypischen Technologie- und Energie-trägereinsatz. Für die Berechnung erscheint es daher angemessen, alle Energieträger um den gleichen Faktor rechnerisch anzupassen, was eine proportionale Reduktion der CO

2-Emissionen zur Folge hat. Die Emissio-

nen der Branche beziehen sich damit auf die saarländische Struktur, nur die Größenordnung wurde normiert.

Die CO2-Emissionen des gesamten Industriesektors verringern sich rechnerisch durch die Harmonisierung in

der Metallbranche im Jahr 2007 von 11 auf 1,3 Mio. t in der Quellenbilanzierung. In der Verursacherbilanz sind dem Industriesektor ca. 15 Mio. t CO

2 zuzuordnen. Dieser Wert verringert sich rechnerisch durch die

Harmonisierung um 11,6 Mio. t auf ca. 3,5 Mio. t.

4.4.4. Auswirkungen der Harmonisierung auf die gesamte CO2-BilanzDie saarländische Verursacherbilanzierung und die Normierung der Metallindustrie auf den Bundesdurch-schnitt führen zu einer rechnerischen Reduzierung der CO

2-Emissionen im Industriesektor. In einer Gesamt-

darstellung der CO2-Emissionen kann daher zwischen der offiziellen Quellenbilanz, der hier erstellten Verur-

sacherbilanz und der harmonisierten Variante der Verursacherbilanz unterschieden werden (Abbildung 4-6). Die Quellenbilanz weist für das Jahr 2007 einen Wert von 25 Mio. t CO

2 aus, die Emissionen des Umwand-

lungssektors sind dort mit ca. 11 Mio. t verzeichnet. In der Verursacherbilanz werden die CO2-Emissionen aus

dem Umwandlungssektor den Endenergieverbrauchssektoren zugeordnet.

Der Stromexport ist ausgeblendet. Dies wird deutlich in der Differenz der beiden linken Balken in Abbildung 4-6. In der Verursacherbilanz werden dem Saarland ca. 22 Mio. t CO

2 zugeschrieben, auf den Stromexport

entfallen demnach ca. 3 Mio. t CO2. In der harmonisierten Variante der Verursacherbilanz sinken die CO

2-

Emissionen des Industriesektors rechnerisch um 11,6 Mio. t, die anderen Sektoren bleiben mit ihren abso-luten Werten konstant. In der Summe weist die harmonisierte Verursacherbilanz gut 10 Mio. t CO

2 aus, die

reale Verursacherbilanz dagegen gut 22 Mio. t.

30.000.000

25.000.000

20.000.000

15.000.000

10.000.000

5.000.000

0t C

O2

Quellenbilanz Verursacherbilanz Verursacherbilanzharmonisiert

Haushalte + GHD

Verkehr

Industrie

Umwandlungssektor

Abbildung 4-6: CO2-Bilanzierung Saarland 2007

Page 45: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 45

5. sZeNarieN

5.1. VorBeMerkuNgeN

Um die Bandbreite von möglichen Zuständen im Betrachtungszeitraum bis 2050 abzubilden, wurden drei Szenarien entwickelt. Das Referenz-Szenario orientiert sich an der Referenz-Entwicklung der Studie „Modell Deutschland“ [WWF, 2009]. Die Energieszenarien der Bundesregierung und der Deutschland Report 2035 von Prognos werden zusätzlich herangezogen, um einen realistischen Entwicklungspfad für die wirtschaft-liche Entwicklung zu skizzieren. Das Klimaschutzszenario lehnt sich in den Annahmen an das Innovations-Szenario der WWF-Studie an. Das dritte Szenario, das mit dem Titel „Gehemmtes Szenario“ überschrieben ist, ähnelt in seinen Grundzügen dem hier entwickelten Referenz-Szenario. Es wird jedoch unterstellt, dass verschiedene Hemmnisse den Umbau des Energieversorgungssystems innerhalb der einzelnen Sektoren ver-langsamen.

An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Szenarien nicht um Prognosen, sondern um mögliche Entwicklungen unter Berücksichtigung komplexer „wenn-dann-Beziehungen“ han-delt. Die Erarbeitung verschiedener Szenarien ermöglicht also die Betrachtung verschiedener Entwicklungen, die – in Abhängigkeit von geänderten Rahmenbedingungen und damit Verschiebungen der „wenn-dann-Beziehungen“ – Nachjustierungen am Maßnahmenpaket zulässt.

Unterschiede finden sich vor allem in der Geschwindigkeit bei der Sanierung des Gebäudebestands und in der Umsetzung von Effizienzverbesserungen im Industrie- und Dienstleistungsbereich. Das Gehemmte Sze-nario unterscheidet sich von den anderen beiden Szenarien außerdem im Umwandlungssektor, wobei der Ausbau der Erneuerbaren Energien geringer und der Anteil fossiler Stromerzeugung deutlich höher ausfällt.

Bei der Analyse der einzelnen Sektoren wird sowohl ein bottom-up als auch ein top-down Ansatz verwen-det. Beim top-down Ansatz werden der gesamte Energieverbrauch und die CO

2-Emissionen den einzelnen

Sektoren zugeordnet, wie es in der Energiebilanz dokumentiert ist. Ein bottom-up Ansatz setzt dagegen auf der untersten Ebene bei den Letztverbrauchern an und addiert die Verbräuche in den einzelnen Sektoren.

Der erste Schritt bei der Szenarienbildung bestand darin, die Daten für das Basisjahr in der bottom-up Ana-lyse mit den Werten des top-down-Ansatzes aus der Energiebilanz in Übereinstimmung zu bringen. Als Aus-gangsbasis wird zunächst das Basisjahr definiert. Da die letzte Energiebilanz für das Jahr 2007 vorliegt, schei-den aktuellere Jahre als Basisjahr aus. Das Jahr 2007 weist allerdings einige Besonderheiten auf, weshalb es als Basisjahr ungeeignet ist. Erstens ist der Wert in der Energiebilanz für den Sektor private Haushalten und Kleinverbraucher außergewöhnlich niedrig. Ein Grund hierfür liegt zum einen in den relativ warmen Witte-rungsverhältnissen in diesem Jahr, zum anderen in dem Vorziehen von Heizölkäufen aufgrund der Mehrwert-steuererhöhung. Der zweite Effekt ließe sich auch nicht durch eine Temperaturbereinigung herausrechnen, so dass sich das Jahr 2007 als ungeeignet erweist, um von hier aus Veränderungen über einen längeren Zeitraum zu modellieren. Hinzu kommt, dass das Jahr 2007 wirtschaftlich gesehen den Höhepunkt eines Konjunkturzyklus darstellt, mit entsprechend überdurchschnittlichen Energieverbräuchen in der Industrie. Aus den genannten Gründen wurde das Jahr 2005 als Basisjahr gewählt, das sowohl wirtschaftlich als auch

Page 46: Masterplan Energie

46 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

klimatisch im Durchschnitt der letzten Jahre liegt. Üblicherweise werden bei längerfristigen Betrachtungen Zeiträume in 5- oder 10-Jahres-Schritten gewählt.

Im nächsten Abschnitt werden die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen beschrieben, die allen drei Szenarien zugrunde liegen. Die unterschiedlichen Annahmen, die in den einzelnen Szenarien unterstellt wurden, werden in dem jeweiligen Abschnitt erläutert. Die Beschreibung der Referenz-Entwicklung wird dabei ausführlicher ausfallen. Bei den anderen beiden Szenarien wird lediglich auf die Abweichungen zu den Annahmen im Vergleich zum Referenz-Szenario hingewiesen.

Jeder der Abschnitte zu den Szenarien schließt mit einer Übersicht über die Entwicklung des Endenergiever-brauchs und der CO

2-Emissionen.

5.2. soZioökoNoMisCHe raHMeNdateN

Die drei Szenarien gehen grundsätzlich von den gleichen Rahmendaten bezüglich der demografischen Ent-wicklung aus. Die hier unterstellte Bevölkerungsentwicklung beruht auf der 12. koordinierten Bevölkerungs-vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes. Für das Saarland ist dort mit einem Rückgang der Bevöl-kerung von 1.050.293 in 2005 auf 948.100 bis 2020 und auf 752.700 im Jahr 2050 zu rechnen. Mit der Verringerung der Einwohnerzahl geht gleichzeitig eine Veränderung der Altersstruktur einher, wobei der Anteil der älteren Menschen ansteigen wird.

Die Anzahl der Haushalte geht in Folge der demografischen Entwicklung ebenfalls zurück, wobei der Rück-gang etwas schwächer ausfällt. Dies ist einer leicht sinkenden Haushaltsgröße geschuldet, die durch den Trend zu mehr Ein- und Zweipersonenhaushalten bestimmt ist und in die Zukunft fortgeschrieben wird. Laut einer Veröffentlichung der statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird es im Jahr 2020 im Saarland 494.000 Haushalte geben, gegenüber 504.000 in 2005 [Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2007]. Bezogen auf die Bevölkerungsentwicklung sinkt damit die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,1 in 2005 auf 1,92 in 2020. Für das Jahr 2050 existieren keine Prognosen für einzelne Bundesländer. Es wird daher auf den bundesdurchschnittlichen Wert von 1,86 Personen je Haushalt zurückgegriffen [WWF, 2009]. Die demografische Entwicklung hat entscheidenden Einfluss auf den Energieverbrauch in den Sektoren pri-vate Haushalte und Verkehr.

Die wirtschaftliche Entwicklung in den Szenarien ist durch ein positives reales Wirtschaftswachstum über den gesamten Betrachtungszeitraum gekennzeichnet. Die durchschnittliche reale Wachstumsrate liegt knapp unter 1 %, wobei der Zeitraum bis 2020 leicht höhere Wachstumsraten aufweist, die bis zum Ende des Betrachtungszeitraums abflachen. Die Wachstumsraten in einzelnen Branchen können sich jedoch deutlich unterscheiden. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaftsstruktur in allen Szenarien in ihren Grundzügen erhalten bleibt. Schon heute wird in den Branchen des Sektors Gewerbe, Handel, Dienstleistun-gen (GHD) ca. 75 % der Bruttowertschöpfung erwirtschaftet, ca. 25 % trägt der Industriesektor bei. Hierbei ist anzumerken, dass ein nicht unerheblicher Teil des GHD-Sektors direkt oder indirekt mit dem Industrie-sektor verknüpft ist. Es wird ein sich leicht fortsetzender Trend zum Dienstleistungssektor unterstellt. Der Industriesektor bleibt über den gesamten Zeitraum ein wichtiges Standbein der saarländischen Wirtschaft.

Page 47: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 47

Das Saarland war und ist Industrieland und soll es auch in Zukunft bleiben. Der Masterplan Energie gibt eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimaschutzes unter Beibehaltung und Fortentwicklung der indus-triellen Basis unseres Landes. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Bereich der Metallerzeugung und -bearbeitung auch in Zukunft ein hohes, Struktur prägendes Gewicht für die saarländische Industrie behält.

Die Annahmen zu den Energiepreisentwicklungen lehnen sich an die WWF-Studie an, die sich auf die Ar-beiten der Prognos AG zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, vor allem den Deutschland Report und den Weltreport, stützen. Diese orientieren sich für die Energiepreisentwicklung wiederum am World Energy Outlook der IEA. Die wichtigsten Primärenergiepreise sind in der folgenden Tabelle 5-1 aufgeführt, einmal nominal und einmal real mit Preisbasis 2007. Nach diesen Annahmen steigt der Rohölpreis als wichtigster Leitpreis für Energie in realen Preisen auf 100 US Dollar bis 2020 und auf 210 US Dollar je Barrel in 2050.

Nominal 2005 2020 2030 2040 2050

Ölpreis fob (US-$/barrel) 51 123 182 276 429

grenzübergangspreise

Rohöl (EUR/t) 314 684 1.012 1.534 2.383

Erdgas (EUR-Cent/kWh) 1,6 3,7 5,5 8,1 12,5

Kraftwerkssteinkohle (EUR/t SKE) 65 115 166 247 376

real (preisbasis 2007) 2005 2020 2030 2040 2050

Ölpreis fob (US-$(2007)/barrel) 54 100 125 160 210

grenzübergangspreise

Rohöl (EUR/t) 322 565 720 940 1.259

Erdgas (EUR-Cent/kWh) 1,7 3,1 3,9 5 6,6

Kraftwerkssteinkohle (EUR/t SKE) 67 95 118 151 199

Tabelle 5-1: Energiepreisannahmen (Quelle: WWF / Prognos 2009)

5.3. refereNZ-sZeNario

5.3.1. Allgemeine VorbemerkungenDas Referenz-Szenario lässt sich als eine Entwicklung charakterisieren, in der bereits heute angelegte Trends in die Zukunft fortgeschrieben werden. Es kommt in keinem der Sektoren zu gravierenden strukturellen Umbrüchen. Verhaltens- und Konsummuster werden analog zu Veränderungen in der Vergangenheit in die Zukunft extrapoliert. Dazu gehören beispielsweise Ansprüche an die Wohnsituation, die Freizeitgestaltung und das Mobilitätsverhalten. Es wird davon ausgegangen, dass die Anwendung von Informationstechnologi-en in allen Bereichen weiter zunehmen wird. Ferner wird ein autonomer Trend zu Effizienzsteigerungen bei elektronischen Geräten unterstellt, wobei sich die effizientesten Geräte nach und nach als Standard durch-setzen. In der Wirtschaft setzt sich der moderate Strukturwandel hin zum Dienstleistungssektor weiter fort. In allen Branchen sowohl beim Dienstleistungssektor als auch im Industriebereich wird von einem Trend zu höherwertigen Produkten ausgegangen. Effizienzmaßnahmen sowohl im privaten als auch im gewerblichen

Page 48: Masterplan Energie

48 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Bereich werden in erster Linie dann durchgeführt, wenn sich diese für die betreffenden Akteure in relativ kurzer Zeit amortisieren.

Auf politischer Ebene wird von einer ambitionierten nationalen Klimaschutzpolitik ausgegangen. Mit welchen Maßnahmen die Ziele umgesetzt werden, ist derzeit noch nicht genau zu beurteilen. Hier wird beispielswei-se von einer Weiterentwicklung der Energieeinsparverordnung (EnEV) ausgegangen. Eine Sanierungspflicht für Bestandsbauten wird nicht unterstellt. Bestehende Gesetze im Bereich Erneuerbarer Energien, wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) bleiben be-stehen und werden weiterentwickelt. Hierbei wird von der kontinuierlichen Weiterentwicklung bestehender Technologien im Bereich der Erneuerbaren Energien ausgegangen, die deren Einsatz im Zeitablauf immer attraktiver werden lässt.

Die internationalen Klimaverhandlungen verlaufen in diesem Szenario weiterhin schleppend. Der Emissions-handel bleibt auf Europa beschränkt, die Auktionierung von Zertifikaten wird wie geplant umgesetzt.

Bei der Technologieentwicklung werden keine bahnbrechenden Innovationen unterstellt. Vielmehr ist von einer kontinuierlichen Weiterentwicklung in allen Bereichen auszugehen, wobei stetige, aber moderate Effi-zienzsteigerungen realisiert werden. Im Industrie- und Dienstleistungssektor liegen beispielsweise noch gro-ße Potenziale bei der Abwärmenutzung, die sukzessive, soweit technisch möglich, erschlossen werden. Bei der Raumwärmebereitstellung im privaten Bereich werden der Austausch von Heizungsanlagen und eine Substitution bei der Energieträgerwahl unterstellt. Im Verkehrssektor werden die bisherigen Präferenzen der Bürger fortgeschrieben. Dies betrifft insbesondere das Mobilitätsverhalten, inklusive der weiterhin dominan-ten Rolle des Motorisierten Individualverkehrs.

Nachfolgend werden nun die Sektoren Private Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, der Industrie-sektor und der Verkehr separat betrachtet.

5.3.2. Private HaushalteDer Energieverbrauch der privaten Haushalte wird nach den Verwendungszwecken Raumwärme, Warmwas-serbereitung, Kochen und Elektrogeräte unterteilt. Die Entwicklungen für diese vier Verwendungszwecke werden zunächst getrennt betrachtet und der Endenergieverbrauch und die CO

2-Emissionen des Sektors

insgesamt am Ende zusammengefasst.

Energieverbrauch zur Bereitstellung von RaumwärmeDie Bereitstellung der Raumwärme ist von den vier hier betrachteten Verwendungszwecken die bedeutends-te Größe. Im Basisjahr 2005 entfielen gut 80 % des gesamten Endenergieeinsatzes der privaten Haushalte auf diesen Verwendungszweck.

Die wichtigsten Einflussfaktoren für den Raumwärmebereich sind die beheizte Wohnfläche, die energetische Qualität der Wohngebäude und Effizienz der Heizungsanlagen. Die beheizte Fläche ist im Zeitablauf ab-hängig von der demografischen Entwicklung und der durchschnittlichen Wohnfläche je Einwohner. Es wird ein Trend zu leicht zunehmenden Wohnflächen pro Kopf unterstellt. Dieser steigt von 46,2 m2 in 2005 auf 47 m2 in 2020 und auf 50 m2 je Einwohner im Jahr 2050. Gekoppelt mit der demografischen Entwicklung

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 49

lässt sich daraus die insgesamt bewohnte und beheizte Fläche berechnen. Die rückläufige Bevölkerung wiegt in diesem Zusammenhang stärker als der Trend zu Ausweitung der Wohnfläche je Bewohner. In der Summe sinkt die insgesamt bewohnte und beheizte Fläche von 48,5 Mio. m2 in 2005 auf 44,5 Mio. m2 in 2020 und bis auf 37,6 Mio. m2 in 2050. Dies entspricht einem Rückgang von ca. 8 % bis 2020 und ca. 22 % bis 2050 jeweils gegenüber dem Basisjahr 2005.

Die energetische Qualität der Gebäude im Saarland liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Dies ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zu einem ist der Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern im Saarland sehr viel höher als in anderen Bundesländern. Ein- und Zweifamilienhäuser benötigen pro Quadratmeter Wohnfläche einen höheren Energieeinsatz als Mehrfamilienhäuser. Dies liegt in erster Linie am Verhältnis des Raumvolu-mens gegenüber den Außenflächen und den damit verbundenen Wärmeverlusten. Zweitens ist die Alters-struktur der Gebäude im Saarland durch einen höheren Anteil älterer Gebäude gekennzeichnet als im Bun-desdurchschnitt. Damit verbunden sind schlechtere Dämmungen, die zu einem höheren Heizwärmebedarf führen. Ein weiterer Effekt könnte in einem relativ hohen Anteil von Häusern in Eigenbauweise im Saarland gesehen werden, wobei die verwendeten Dämmstandards unter dem sonst üblichen Niveau liegen könnten. Das letzte Argument kann jedoch nicht eindeutig belegt und auch nicht quantifiziert werden.

Da keine Daten über den spezifischen Heizenergiebedarf aller saarländischen Gebäude vorliegen, wurde dieser Wert anhand von Schätzungen hochgerechnet. Ausgangspunkt der Hochrechnungen bildet eine Stu-die des IZES über die Einsparpotenziale durch Gebäudesanierung in Saarbrücken aus dem Jahr 2003. In dieser Studie wurden die Heizenergieverbräuche aller Wohnflächen in Saarbrücken nach Gebäudetyp und Baualtersklasse bestimmt. Diese Werte wurden hier auf die aktuelle Gebäudestruktur im ganzen Saarland hochgerechnet. Im Durchschnitt ergibt sich für das Basisjahr ein spezifischer Heizenergiebedarf von 575 MJ pro m2 und Jahr. Dies entspricht 160 kWh/(m2a). Durch Sanierungsmaßnahmen und zusätzlich eine geringe Neubaurate wird ein abnehmender spezifischer Heizenergiebedarf auf 130 kWh/(m2a) bis 2020 und auf ca. 80 kWh/(m2a) bis 2050 unterstellt.

Als dritte Komponente neben der beheizten Fläche und dem spezifischen Heizenergiebedarf spielen die Tech-nik der eingesetzten Heizungsanlagen und die verwendeten Energieträger eine Rolle. Da keine trennscharfe Statistik über die Heizungsanlagen in Verbindung mit der Gebäudetypologie und der tatsächlich beheiz-ten Fläche der jeweiligen Anlagen existiert, wurde anhand verschiedener Quellen die Heizungsstruktur der Wohnflächen approximiert. Ausgangsbasis für die Berechnung war eine Zusatzerhebung des Mikrozensus im Jahr 2006 in der u.a. nach der Beheizungsart und dem verwendeten Energieträger in den Wohneinheiten gefragt wurde. Die prozentualen Ergebnisse dieser Befragung geben ein erstes Bild der Beheizungsstruktur im Saarland. In einem nächsten Schritt wurden die Energieverbräuche nach einzelnen Energieträgern im Bereich der privaten Haushalte mit der zuvor berechneten Beheizungsstruktur abgeglichen.

Bei der ermittelten Heizungsstruktur spielen die Energieträger Gas und Öl mit ca. 46 % bzw. ca. 36 % der beheizten Flächen die dominierende Rolle. Mit Fernwärme werden im Saarland ca. 8 % der Flächen beheizt. Kohle und Holz tragen mit jeweils ca. 3,5 % zur Heizungsstruktur bei. Mit Strom werden noch ca. 2,5 % der Flächen beheizt. Elektrische Wärmepumpen und solarunterstützte Heizungen sind im Basisjahr mit Anteilen von jeweils weit unter 1 % noch von geringer Bedeutung.

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Für die Effizienz der Heizungsanlagen wurden je Energieträger durchschnittliche Jahresnutzungsgrade an-gesetzt. Diese Jahresnutzungsgrade sind nicht gleichzusetzen mit den theoretischen Wirkungsgraden der jeweiligen Anlagenart, sondern beziehen sich auf den Gesamtnutzungsgrad der Heizungsanlage über ein Jahr gesehen. Da für die einzelnen Energieträger z.B. verschiedene Arten von Heizkesseln mit unterschiedli-chen Wirkungsgraden zum Einsatz kommen und auch das Alter der Anlagen Einfluss auf die Nutzungsgra-de hat, wurden je Energieträger durchschnittliche Jahresnutzungszahlen angesetzt. Für das Basisjahr ergibt sich dadurch ein durchschnittlicher Jahresnutzungsgrad von 85 %. Durch die Verknüpfung der spezifischen Heizenergieverbräuche, definiert durch die energetische Qualität der Gebäude, mit den Nutzungsgraden der Heizungssysteme ergibt sich ein Wert für den Endenergieverbrauch je Quadratmeter und Jahr. Diese Endenergieverbrauchswerte liegen im Basisjahr über den spezifischen Heizenergieverbrauchswerten, da die Nutzungsgrade der Heizungssysteme unter 100 % liegen.

Im Zeitablauf werden die durchschnittlichen Jahresnutzungsgrade der verschiedenen Heizungsarten an-steigen. Dies wird durch den Austausch von Heizungsanlagen erreicht. Die neuen Anlagen weisen höhere Wirkungsgrade und höhere Jahresnutzungsgrade auf als die alten Anlagen. Zusätzlich erfolgt beim Aus-tausch häufig ein Wechsel des Energieträgers hin zu Anlagenarten mit höheren Wirkungsgraden. Bei Gas-Brennwertkesseln beispielsweise sind theoretische Wirkungsgrade von über 100 % durch Ausnutzung von Kondensationswärme des im Gas enthaltenen Wassers möglich. Für Jahresnutzungsgrade wird bei Gas ein maximaler Wert von 102 % am Ende des Betrachtungszeitraums angenommen.

Bei elektrischen Wärmepumpen liegen die Nutzungsgrade sogar weit über 100 %. Hier wird durch die Nut-zung von Umweltwärme mehr Wärmeenergie bereitgestellt als in Form von Strom dem System zugeführt wurde. Bei den durchschnittlichen Jahresnutzungsgraden von Solaranlagen wird nicht die Jahresarbeitszahl angesetzt (eine Jahresarbeitszahl von 3,5 würde einen Wirkungsgrad von 350 % bedeuten), sondern ein konstanter Nutzungsgrad von 100 % über den gesamten Betrachtungszeitraum [WWF, 2009]. Durch die steigende Bedeutung von Gas-Brennwertkesseln und Wärmepumpen steigt der durchschnittliche Jahresnut-zungsgrad über alle Heizsysteme gemittelt im Zeitablauf an und liegt am Ende des Betrachtungszeitraums über 100 %. Damit sinkt der Endenergiebedarf je m2 leicht unter den durch die energetische Qualität der Gebäude definierten Heizenergiebedarf.

Bei der Energieträgerstruktur der Heizungssysteme wird eine Verschiebung zwischen den einzelnen Ener-gieträgern unterstellt. Dies geschieht zum einen direkt durch die Substitution von Heizungssystemen. Zum anderen wird unterstellt, dass beim Rückgang der Wohnfläche nicht alle Energieträger in gleichem Maße betroffen sind. Beispielsweise wird die mit Fernwärme beheizte Fläche kaum zurückgehen, da unterstellt wird, dass die Gebiete, in denen eine Fernwärmeversorgung existiert, diese auch weiterhin nutzen werden. So wird der prozentuale Anteil der mit Fernwärme beheizten Fläche an der gesamten Fläche schon alleine dadurch steigen, dass die insgesamt beheizte Fläche zurückgeht, die fernwärmebeheizte Fläche jedoch rela-tiv konstant bleibt. Ähnliches gilt für Gas. Die mit Öl beheizte Fläche geht sowohl prozentual als auch absolut gesehen zurück.

Kohle wird gegen Ende des Betrachtungszeitraums nicht mehr zu Heizzwecken verwendet werden. Strom-heizungen werden ebenfalls fast vollständig aus dem Bestand verschwinden. Der Anteil von Holz bleibt in etwa konstant, wobei aktuell darunter eine hohe Anzahl von Kaminöfen anzunehmen ist. In der Zukunft

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wird es sich vermehrt um Pelletheizungen handeln. Vermehrt zur Anwendung kommen elektrische Wärme-pumpen. Solarunterstützte Heizungsanlagen nehmen absolut gesehen ebenfalls zu. Ihr Anteil an der Raum-wärme bleibt jedoch marginal.

Gas und Öl bleiben weiterhin die wichtigsten Energieträger. Gas kann seinen Anteil auf ca. 50 % ausbauen, Öl verliert an Bedeutung, ist mit gut 25 % jedoch immer noch der zweitwichtigste Energieträger gegen Ende des Betrachtungszeitraums.

Der Endenergieverbrauch für Raumwärme geht bis zum Jahr 2020 um ca. 30 % und bis 2050 um ca. 67 % zurück (Abbildung 5-1). Der Raumwärmebedarf nimmt durch die sinkenden Wohnflächen als Folge des demografischen Wandels ab. Die verbleibende Fläche wird besser gedämmt, und die eingesetzten Heizungs-systeme werden effizienter.

Abbildung 5-1

30.000

35.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Solar

Strom (inkl. WP)

Gas

Fernwärme

Kohle

Holz

Öl

Abbildung 5-1: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte für Raumwärme nach Energieträgern

Endenergieverbrauch zur Bereitstellung von WarmwasserDer Energiebedarf für die Warmwasseraufbereitung ist von ähnlichen Einflussfaktoren abhängig wie der Raumwärmebedarf. Der demografische Wandel bestimmt die Zahl der Verbraucher. In der Mehrzahl der Fälle werden die Warmwasserversorgung und die Heizung mit gekoppelten Systemen bereitgestellt. Die energetische Qualität der Gebäude spielt bei der Warmwasserversorgung eher keine Rolle. Dafür kommt das Verbrauchsverhalten der Bewohner als weitere Einflussgröße hinzu. Bei der Betrachtung der Warmwasser-bereitungssysteme wird zwischen heizungsgekoppelten Anlagen, zentralen ungekoppelten Systemen durch Solaranlagen und Wärmepumpen sowie dezentralen Systemen auf Basis der Energieträger Strom oder Gas unterschieden.

Da keine statistischen Daten über die genaue Struktur der Warmwasserbereitungssysteme speziell für das Saarland vorliegen, wird auf bundesdeutsche Werte aus der WWF-Studie zurückgegriffen sowie auf das Saarland übertragen. Im Basisjahr besorgten demnach 62,3 % der Bevölkerung ihre Warmwasserbereitung mit heizungsgekoppelten Systemen. 4,4 % der Einwohner nutzten Solaranlagen oder Wärmepumpen für eine zentrale Warmwasserbereitstellung. Gut 30 % der Einwohner wurden durch dezentrale Systeme mit

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Strom oder Gas versorgt. Für die Effizienz der Warmwasserbereitung wurden wieder Nutzungsgrade für jede Anlagenart definiert, die im Durchschnitt über alle Anlagen bei 74 % lag.

Für die Berechnung des Energieverbrauchs ist neben den Nutzungsgraden der Anlagen natürlich die Ver-brauchsmenge an Warmwasser ausschlaggebend. Bei zentralen Anlagen, sowohl heizungsgekoppelt als auch ungekoppelt, wird ein Warmwasserverbrauch von 45 l pro Kopf und Tag angesetzt, bei dezentralen Systemen ein leicht niedrigerer Verbrauch von 42 l pro Tag und Kopf. Komfortbedingt wird im Zeitablauf von leicht steigenden Verbrauchszahlen bis auf 50 l pro Tag und Kopf ausgegangen. Die demografische Entwick-lung wirkt allerdings stark dämpfend auf den Verbrauch, so dass trotz des steigenden Pro-Kopf-Verbrauchs der absolute Bedarf an Warmwasser zurückgeht.

Für die Warmwasserbereitung eignen sich Solaranlagen sehr gut. Auch Wärmepumpen werden immer häu-figer zur Warmwasserbereitstellung eingesetzt. Die Bedeutung der fossilen Einsatzstoffe Öl und Gas geht deutlich zurück. Kohle wird gegen Ende des Betrachtungszeitraums nicht mehr zur Warmwasserbereitung eingesetzt. Stromanwendungen bleiben eine wichtige Energiequelle, wobei eine Verschiebung von dezen-tralen Systemen hin zu zentralen Systemen mit Wärmepumpen stattfinden wird. Die Solarthermie steigt bis 2050 zur wichtigsten Energiequelle für die Bereitstellung von Warmwasser auf (Abbildung 5-2).

Der Endenergiebedarf für Warmwasser insgesamt geht gegenüber dem Basisjahr bis 2020 um ca. 20 % und bis 2050 um ca. 40 % zurück.

Abbildung 5-2

3.000

3.500

4.000

2.500

2.000

1.500

1.000

500

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Solar

Strom (inkl. WP)

Gas

Fernwärme

Kohle

Holz

Öl

Abbildung 5-2: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte zur Warmwasserbereitung

Endenergieverbrauch für KochenFür das Kochen wird vergleichsweise wenig Energie eingesetzt. Im Basisjahr machte der Endenergiever-brauch für diesen Verwendungszweck weniger als 2 % aus. Auch wenn dieser Bereich von eher unterge-ordneter Bedeutung ist, soll er hier trotzdem modelliert werden. Es wird zwischen Elektro- und Gasherden unterschieden. Die Anzahl von Kohle- und Holzherden spielt keine signifikante Rolle und wird deshalb bei der Betrachtung nicht berücksichtigt. Für den gesamten Energieverbrauch sind in erster Linie die Anzahl der genutzten Geräte und deren spezifischer Energieverbrauch relevant.

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Die Anzahl der Herde wird näherungsweise über die Anzahl der Haushalte modelliert. Im Basisjahr wird ein Ausstattungsgrad von 99 % unterstellt. Im Zuge des Trends zu kleineren Haushalten wird eine leicht sinkende Ausstattungsrate angenommen, so dass am Ende des Betrachtungszeitraums nur noch 95 % der Wohnungen über einen eigenen Herd verfügen. Ferner wird ein Trend zu steigender Außer-Haus-Verpfle-gung unterstellt, wodurch die Nutzungsintensität der Geräte abnimmt. Die sinkende Nutzungsintensität wird durch eine teilweise Verlagerung des „Kochens“ auf Geräte wie Mikrowellen verstärkt, die in der Systematik den Elektrogeräten zugerechnet werden. Es findet also auch eine leichte Verschiebung zwischen dem hier definierten Verwendungszweck Kochen und der Rubrik Elektrogeräte statt.

Beim Endenergieverbrauch für das Kochen laufen der demografische Effekt und der Trend zu effizienteren Geräten in die gleiche Richtung. Der Verbrauch geht insgesamt zurück, um ca. 18 % bis 2020 und um rund 55 % bis 2050. Elektroherde bleiben über den gesamten Betrachtungszeitraum dominant (Abbildung 5-3).

Abbildung 5-3

600

800

700

500

400

300

200

100

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Strom

Gas

Abbildung 5-3: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte für Kochen

Endenergieverbrauch für ElektrogeräteDer Energieverbrauch der Elektrogeräte soll hier nicht bis auf die Ebene einzelner Geräte aufgesplittet be-trachtet werden. Stattdessen werden sechs Verwendungszwecke unterschieden: Beleuchtung, Kühlen und Gefrieren, Waschen und Trocknen, Information und Kommunikation, Klimatisierung und schließlich Klein-geräte und Sonstiges. Effizienzpotenziale bestehen prinzipiell bei allen Gerätegruppen. Durch die auf den langen Betrachtungszeitraum gesehen relativ kurzen Lebenszyklen der Geräte, besteht die Möglichkeit, alle Geräte mehrmals auszutauschen und bei jedem Ersatz die jeweils aktuell effizienteste Technik einzusetzen.

Neben dem technischen Fortschritt ist die Anzahl der betriebenen Geräte von entscheidender Bedeutung. Diese Mengenkomponente wird über die Anzahl der Haushalte, die sich wiederum aus der demografischen Entwicklung und der durchschnittlichen Personenzahl je Wohnung ergibt, und dem Ausstattungsgrad der Haushalte mit den einzelnen Gerätegruppen ermittelt. Grundsätzlich ist von einer steigenden Geräteaus-stattung der Haushalte auszugehen. Dies gilt vor allem für den Bereich Information und Kommunikation sowie Kleingeräte und Sonstige. Auch für den Bereich Klimatisierung wird von einer erhöhten Anwendung ausgegangen. Dagegen ist bei den Bereichen Kühlen und Gefrieren sowie Waschen und Trocknen von einer

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Ausstattung nahe der Sättigungsgrenze auszugehen, ebenso bei der Beleuchtung. Hier kommen Effizienz-steigerungen mehr zum Tragen als in Bereichen, in denen Effizienzverbesserungen durch eine steigende Anzahl der Geräte teilweise kompensiert werden.

Insgesamt geht der Stromverbrauch der privaten Haushalte für Elektrogeräte bis 2020 um 13 % und bis 2050 um 36 % zurück. Der Energiebedarf für Beleuchtung sinkt durch Effizienzsteigerung rapide ab. Der Energieverbrauch für Klimatisierung ist im Basisjahr noch nicht sichtbar, entwickelt sich aber gegen Ende des Betrachtungszeitraums zu einem stromintensiven Verbrauchsbereich. Bei den übrigen Kategorien geht der Verbrauch tendenziell zurück (Abbildung 5-4).Abbildung 5-4

1.000.000

1.200.000

1.400.000

800.000

600.000

400.000

200.000

0kW

h

2005 2050204020302020

Klimatisierung

Kleingeräte, Sonstiges

Waschen & Trocknen

Beleuchtung

Information & Kommunikation

Kühlen & Gefrieren

Abbildung 5-4: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte für Elektrogeräte

Zusammenfassung des Endenergieverbrauchs der privaten Haushalte und Darstellung der CO2-EmissionenDer Energieverbrauch zur Bereitstellung von Raumwärme ist im Basisjahr mit rund 80 % die dominierende Größe. Hier bestehen auch die größten Einsparpotenziale. Bis 2020 könnte der Energieeinsatz um 30 %, bis 2050 sogar um 67 % zurückgehen.

Die Einsparungen in diesem Bereich tragen auch maßgeblich zum Rückgang des gesamten Endenergiever-brauchs des Sektors um 27 % bis 2020 und 38 % bis 2050 bei, jeweils gegenüber dem Basisjahr 2005. Die Raumwärmebereitstellung bleibt aber auch gegen Ende des Betrachtungszeitraums mit knapp 70 % wei-terhin der energieintensivste Anwendungszweck. Die Warmwasserversorgung und der Stromverbrauch für Elektrogeräte nehmen prozentual an Bedeutung zu, können absolut gesehen mit einem Rückgang auch zur Verringerung des Energiebedarfs beitragen. Der Verwendungszweck Kochen bleibt mit 2 % weiterhin von marginaler Bedeutung, sinkt absolut gesehen aber ebenfalls. In der Abbildung 5-5 ist dieser Verwendungs-zweck aufgrund der kleineren Gesamtmenge kaum noch zu sehen, ist aber immer noch vorhanden.

Bei der Betrachtung der CO2-Emissionen ist zu beachten, dass für den Endenergieverbrauch von Strom in

den jeweiligen Stützjahren unterschiedliche CO2-Emissionsfaktoren je kWh Strom angesetzt werden. Diese

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ergeben sich aus dem für das jeweilige Jahr unterstellten Strommix im saarländischen Umwandlungssektor. Gleiches gilt für die Bewertung des CO

2-Faktors für Fernwärme. In der Darstellung in Abbildung 5-6 werden

also die CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor anteilig nach dem Verursacherprinzip dem Haus-

haltssektor angelastet. Die Methodik für diese Verursacherbilanzierung wurde in Kapitel 4.4.2 beschrieben. Details zu den Spezifika des Umwandlungssektors im Referenz-Szenario in den einzelnen Stützjahren und den daraus resultierenden Emissionsfaktoren werden im Abschnitt 5.3.6 genauer beschrieben.

Die CO2-Emissionen gehen im Betrachtungszeitraum stärker zurück als der Endenergieverbrauch. Dies ist

durch die Substitution der Energieträger zu erklären. Insgesamt geht der CO2-Ausstoß der privaten Haushalte

gegenüber dem Basisjahr bis 2020 um ca. 30 % und bis 2050 um 78 % zurück. Der beschriebene prozen-tuale Rückgang entspricht in absoluten Zahlen einer Senkung der CO

2-Emissionen von knapp 3,8 Millionen

Tonnen im Basisjahr auf ca. 2,6 Mio. t in 2020 und auf ca. 0,8 Mio. t in 2050.Abbildung 5-5

35.000

45.000

40.000

30.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Raumwärme

Warmwasser

Kochen

Elektrogeräte

Abbildung 5-5: Endenergieverbrauch der privaten Haushalte im Referenz-Szenario insgesamtAbbildung 5-6

3.500.000

4.500.000

4.000.000

3.000.000

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-6: CO2-Emissionen der privaten Haushalte im Referenz-Szenario

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56 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

5.3.3. Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD)In diesem Abschnitt steht der Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD) im Fokus. Verkürzt wird dieser hier im Folgenden als Dienstleistungssektor bezeichnet. In der Statistik wird er auch häufig als Klein-verbraucher bezeichnet.

Bei der Fortschreibung des Energieverbrauchs des Dienstleistungssektors werden im Wesentlichen zwei Kom-ponenten berücksichtigt. Erstens wird die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Branchen modelliert, ge-messen in Bruttowertschöpfung in Millionen Euro. Um den Energieverbrauch zu bestimmen, wird als zweite Komponente der spezifische Energieverbrauch je Einheit Bruttowertschöpfung verwendet.

Es werden im Einzelnen die folgenden neun Branchen unterschieden, für die jeweils separat die wirtschaftli-che Entwicklung und die spezifischen Energieverbräuche fortgeschrieben werden:

- Landwirtschaft- Baugewerbe- Handel- Kredit- und Versicherungsgewerbe- Verkehr und Nachrichtenübermittlung- sonstige private Dienstleistungen- Unterrichtswesen- Gesundheitswesen- Öffentliche Verwaltung und Sozialversicherungen

Die wirtschaftliche Entwicklung wird über jährliche Wachstumsraten beschrieben. Diese Wachstumsraten orientieren sich an der WWF-Studie und dem Deutschland Report 2035. Die Wachstumsraten werden in 10-Jahres-Schritten modelliert, so dass Veränderungen in der Wachstumsdynamik im Zeitablauf abgebildet werden können. Für die Zeitfenster innerhalb der 10-Jahres-Abschnitte wird vereinfachend eine konstante Wachstumsrate unterstellt. In der Darstellung wird wieder das Basisjahr 2005 als Stützjahr fungieren, die Entwicklung der Bruttowertschöpfung in der jüngeren Vergangenheit wird anhand statistischer Daten bis in die Gegenwart fortgeschrieben. Ab da setzen dann die durchschnittlichen Wachstumsraten für die länger-fristigen Zeiträume an.

Der spezifische Energieverbrauch je Bruttowertschöpfung aus der WWF-Studie wird mit der saarländischen Statistik zur Bruttowertschöpfung nach Branchen verknüpft. Der spezifische Energieverbrauch im Saarland liegt dabei über dem Bundesdurchschnitt. Ein Indiz dafür ist beispielsweise, dass die privaten Gebäude im Saarland schlechter gedämmt sind als im Durchschnitt Gesamtdeutschlands. Da die Raumwärme nicht nur in privaten Haushalten, sondern auch im Dienstleistungssektor eine bedeutende Rolle spielt, ist denkbar, dass der spezifische Energieverbrauch für den Dienstleistungsbereich im Saarland deshalb höher ist als im Bun-desdurchschnitt, weil auch die Gebäude im Dienstleistungssektor eine geringfügig schlechtere energetische Qualität aufweisen als im Rest der Bundesrepublik, ähnlich wie bei den privaten Häusern. Wird für Heizzwe-cke folglich mehr Energie eingesetzt, bei gleicher Bruttowertschöpfung, steigt der spezifische Energiever-brauch je Einheit Bruttowertschöpfung an.

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Über den gesamten Dienstleistungssektor betrachtet liegt das durchschnittliche jährliche Wirtschaftswachs-tum bei 0,93 %. Betrachtet auf das Basisjahr wird das Gesamtniveau der Bruttowertschöpfung in 2050 in realen Preisen 52 % über dem Ausgangsniveau von 2005 liegen. Die Entwicklung in einzelnen Branchen verläuft sehr unterschiedlich. Die Branche Kreditwesen und Versicherungen, Verkehr und Nachrichtenüber-mittlung, die sonstigen privaten Dienstleistungen sowie das Gesundheitswesen entwickeln sich beispielswei-se überdurchschnittlich. Beim Baugewerbe kann die steigende Sanierungstätigkeit den Rückgang der Nach-frage nach Neubauten in Folge des demografischen Wandels nicht ausgleichen. Absolut gesehen stellen die sonstigen privaten Dienstleistungen bereits heute den größten Posten dar.

Für die Entwicklung des Energieverbrauchs ist zum einen das Wirtschaftswachstum relevant, das bei positi-ven Wachstumsraten zunächst einen Anstieg des Verbrauchs vermuten lassen könnte. Diesem Mengeneffekt wirkt jedoch die Effizienzsteigerung entgegen. Die Effizienzpotenziale im Dienstleistungssektor sind relativ hoch einzuschätzen, so dass insgesamt ein Rückgang des Energieverbrauchs erwartet werden kann. Die Veränderungsraten des spezifischen Verbrauchs lehnen sich an die WWF-Studie an. In der Ausgangslage wurden wie oben beschrieben die spezifischen Verbräuche auf das Saarland angepasst, die prozentualen Effizienzsteigerungen daraufhin auf diese Werte angewandt.

Die Effizienzpotenziale in den einzelnen Branchen variieren. In den Branchen, in denen der Raumwärmebe-darf eine wichtige Rolle spielt, sind die Effizienzpotenziale relativ groß. Dies gilt beispielsweise für das Un-terrichtswesen und den Gesundheitssektor. Hier ist eine Senkung des spezifischen Energiebedarfs um über 70 % denkbar. In der Landwirtschaft und im Baugewerbe sind die Effizienzsteigerungen nicht ganz so groß. Sie liegen mit um die 50 % jedoch immer noch in einer beachtlichen Größenordnung. In der Abbildung 5-7 ist der spezifische Energieverbrauch der einzelnen Branchen abgetragen, indexiert auf das Jahr 2005.

Baugewerbe

Landwirtschaft

sonstige priv. Dienstleistungen

Handel

Kredit und Versicherung

Verkehr / Nachrichtenübermittlung

Unterrichtswesen

Gesundheitswesen

öffentl. Verwaltung / Sozialversicherung / Verteidigung

Abbildung 5-7

70

100

90

80

60

50

40

30

20

10

0Basisjahr 2050204020302020

Ba

sisj

ah

r =

10

0

Abbildung 5-7: Entwicklung spezifischer Energieverbrauch im Sektor GHD im Referenz-Szenario

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58 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Wird der spezifische Energieverbrauch mit der wirtschaftlichen Entwicklung verknüpft, ergibt sich der Ener-gieverbrauch der Branchen wie in Abbildung 5-8 dargestellt. Der Endenergieverbrauch des Sektors geht insgesamt um ca. 50 % zurück.

Abbildung 5-8

12.000

14.000

16.000

18.000

20.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Landwirtschaft

Baugewerbe

Handel

Kredit und Versicherung

Verkehr / Nachrichten-übermittlung

sonstige private Dienstleistungen

Gesundheitswesen

Unterrichtswesen

öffentl. Verwaltung / Sozialversicherung / Verteidigung

Abbildung 5-8: Endenergieverbrauch des Sektors GHD nach Branchen im Referenz-Szenario

Beim Energieträgereinsatz dominieren Stromanwendungen, die ihren Anteil in Zukunft weiter ausbauen werden. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Reduktion des Energieverbrauchs zum Großteil bei der Raumwärme erzielt wird. Die Effizienzsteigerungen bei Bürogeräten werden teilweise durch zusätzli-che Geräte kompensiert. Diese zusätzlichen Geräte sind vor allem dem Trend zur Durchdringung aller Berei-che mit Informationstechnologien geschuldet.

Der hohe Stromanteil im Dienstleistungssektor ist deshalb besonders herauszustellen, um die Höhe der CO2-

Emissionen des Sektors richtig einzuordnen. Hier gilt wieder, wie bei den privaten Haushalten beschrieben, dass die CO

2-Emissionen des Kraftwerksparks nach dem Verursacherprinzip auf die einzelnen Sektoren ver-

teilt werden. Ein Teil des Rückgangs der CO2-Emissionen im Dienstleistungssektor, wie in Abbildung 5-9 dar-

gestellt, ist somit nicht auf Effizienzsteigerung im Sektor selbst, sondern auf einen CO2-ärmeren Strommix im

Saarland im Zeitablauf zurückzuführen. Der rückläufige Endenergiebedarf ist vor dem Hintergrund der wach-senden Wirtschaftsleistung dieses Sektors mit erheblichen Effizienzsteigerungen verbunden. Der Rückgang des Endenergieverbrauchs beträgt bis 2020 17 % und bis 2050 49 %, jeweils gegenüber dem Basisjahr. Die damit verbundenen CO

2-Emissionen gehen von 2,9 Mio. t in 2005 um 28 % auf ca. 2 Mio. t in 2020 und um

84 % auf nur noch eine halbe Millionen Tonnen in 2050 zurück.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 59Abbildung 5-9

3.000.000

3.500.000

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-9: CO2-Emissionen des Sektors GHD im Referenz-Szenario

5.3.4. IndustrieAuch im Industriesektor wird die wirtschaftliche Entwicklung anhand von Wachstumsraten fortgeschrieben und mit spezifischen Energieverbräuchen verknüpft.

Bei der Branchenbetrachtung werden die folgenden sieben Einzelbranchen und eine Sammelgruppe mit sonstigen industriellen Wirtschaftszweigen unterschieden:

- Ernährung- Gummi, Kunststoff- Glas, Keramik- Metallerzeugung und -bearbeitung (Unterteilung in zwei Untergruppen)- Herstellung von Metallerzeugnissen- Maschinenbau- Fahrzeugbau- Sonstige Wirtschaftszweige

Gerade im Industriesektor ergibt sich durch die Wirtschaftskrise die Herausforderung, den Einbruch in den Jahren 2008 und 2009 in die längerfristige Entwicklung zu integrieren. Zwar wird in der Darstellung auch hier das Basisjahr 2005 geführt. Die langfristige Entwicklung setzt allerdings nicht mit den langfristig erwarteten Wachstumsraten bei diesem Wert an. Vielmehr wurde versucht, die Wirtschaftskrise so genau wie möglich abzubilden. Die letzten verifizierten Daten zur Bruttowertschöpfung liegen für das Jahr 2007 vor. Von dort aus wurde für jede Branche anhand von Umsatzänderungen die Entwicklung der Bruttowertschöpfung wäh-rend der Krisenjahre nachgebildet. Die Entwicklung der Bruttowertschöpfung ist zwar nicht gleichzusetzen mit der Umsatzentwicklung, doch ist der Umsatz der wichtigste kurzfristige Konjunkturindikator, der mit dem größten Gewicht in die Bruttowertschöpfung eingeht. Da die Zahlen für die Bruttowertschöpfung auf Branchenebene erst mit einem Nachlauf von drei Jahren von offiziellen Stellen berechnet und veröffentlich werden, ist nach Absprache mit dem Statistischen Landesamt die Fortschreibung anhand von Umsatzverän-derungen die beste Näherungslösung. Die Höhe der Werte ist deshalb von elementarer Bedeutung, da von hier aus die langfristige Entwicklung modelliert wird.

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60 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Die meisten Branchen haben die Krise schon in 2010 überwunden, einige Branchen erreichen das Vorkrisen-niveau erst in diesem Jahr wieder. Die Krise hat der Industrie das Wachstum einiger Jahre gekostet, so dass die langfristige Entwicklung auf einem leicht niedrigeren Niveau startet, von dort aus dann mit den langfristig erwarteten Wachstumsraten weitergeht.

Über alle Branchen gemittelt liegt die dem Szenario zugrunde liegende durchschnittliche jährliche Wachs-tumsrate knapp über 0,6 %. In der zeitlichen Abfolge verändern sich die Raten und verlaufen auch in den ein-zelnen Branchen unterschiedlich. Gegenüber dem Basisjahr 2005 wird die Bruttowertschöpfung im gesamten Industriesektor trotz Einbruchs in der Wirtschaftskrise bis 2020 um 23 % und bis 2050 um 34 % erhöht.

Neben der wirtschaftlichen Entwicklung muss auch wieder die Effizienzkomponente betrachtet werden. Die Potenziale zu Effizienzverbesserungen sind im Industriesektor jedoch deutlich kleiner als im Dienstleistungs-bereich. Zum einen haben die Unternehmen bei energieintensiven Prozessen aus Kostengründen in den vergangenen Jahren laufend Optimierungen vorgenommen. Zum anderen werden die Einsparpotenziale im Zeitablauf immer geringer, so dass bei vielen Prozessen bereits eine Annäherung an die physikalischen Gren-zen erfolgt. Trotzdem sind in einigen Bereichen immer noch erhebliche Effizienzpotenziale zu identifizieren, vor allem, was die Nutzung von Abwärme angeht.

Ein weiterer Effekt, der den spezifischen Energieverbrauch sinken lässt, ist der Trend zu höherer Wertschöp-fung. Dahinter verbirgt sich, dass auch bei energieintensiven Branchen höherwertige Produkte hergestellt werden. In der Metallindustrie sind dies beispielsweise noch höherwertige Stahlprodukte für spezielle An-wendungsbereiche, bei deren Produktion der Wert überproportional zum Energieeinsatz steigt. Die Dillinger Hütte wird in eine neue Stranggieß-Anlage investieren, um damit auch Qualitätsstähle für den rasant wach-senden Offshore-Wind-Weltmarkt liefern zu können. Die Saarschmiede des Saarstahl-Konzerns produziert qualitativ anspruchsvolle Stähle, unter anderem auch zum Einsatz in hocheffizienten Kraftwerken sowie in den Bereichen Solar, Wind und Geothermie.

Somit kann der spezifische Energieverbrauch je Einheit Bruttowertschöpfung schon alleine durch höherwerti-ge Produkte mit gleichem Energieeinsatz sinken. Dies ist besonders beim Maschinen- und Fahrzeugbau denk-bar. Nach aktuellen Angaben der IHK zum Maschinenbau im Saarland hat sich diese Branche auch bei uns bereits verstärkt dem Geschäftsfeld Neue Energien zugewandt und wird weiter Entwicklungsmöglichkeiten für Unternehmen schaffen [IHK 2011].

Im Industriesektor wird der spezifische Energieverbrauch in einen spezifischen Stromverbrauch und einen spezifischen Brennstoffverbrauch separiert. Da die Datenlage für den Energiebereich nach Branchen im In-dustriesektor sehr gut ist, konnten diese Größen speziell für das Saarland aus der Energiebilanz und der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt werden. Die Effizienzpotenziale sind für die verschiedenen Branchen unterschiedlich, liegen aber durchweg zwischen 20 und 30 % über den gesamten Betrachtungs-zeitraum bis 2050.

Werden die spezifischen Verbräuche mit der Entwicklung der Bruttowertschöpfung verknüpft, ergeben sich der absolute Strom- und Brennstoffverbrauch und in der Summe der Endenergieverbrauch. Bis zum Stützjahr 2020 wird das Wirtschaftswachstum die absoluten Verbräuche ansteigen lassen. Die Effizienzsteigerungen

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 61

können den Wachstumstrend bis dahin nicht kompensieren. In der langen Frist bis 2050 nehmen die Ver-bräuche insgesamt ab. Der gesamte Endenergieverbrauch steigt gegenüber dem Basisjahr bis 2020 um 4 % an, sinkt bis 2050 dann aber auf 74 % des Niveaus von 2005.

Die CO2-Emissionen des Industriesektors bleiben bis 2020 etwa auf dem Niveau von 2005, bis 2050 sinken

sie um 42 % (Abbildung 5-10). In der realen Betrachtung sinken die CO2-Emissionen von 13,4 Mio. t in 2005

auf 7,7 Mio. t in 2050. In der harmonisierten Variante bewegt sich die Entwicklung prozentual gesehen auf einen ähnlichen Pfad, absolut gesehen startet der Industriesektor insgesamt durch die Harmonisierung von dem niedrigeren Niveau von 3,5 Mio. t in 2005 und sinkt bis 2050 auf 1,5 Mio. t ab. Durch die Harmoni-sierung wird ein Großteil der Emissionen der Metallindustrie nur rechnerisch aus dem saarländischen Bilan-zierungsrahmen auf die Bundesebene verschoben, die Emissionen sind aber physisch weiterhin vorhanden. Für die Verminderung dieser prozessbedingten Emissionen sind national und international Anstrengungen bei Forschung und Entwicklung erforderlich, die ein einzelnes Bundesland nicht leisten kann. Sie bleiben jedoch im Fokus der politischen und wirtschaftlichen Betrachtung, da die Kosten für die CO

2-Emissionen

aufgebracht werden müssen und die Verantwortung für die Emissionen nicht auf andere Bundesländer verlagert werden kann. Hier gilt es, zusammen mit der Industrie die übergeordneten Rahmenbedingungen und Anforderungen zu analysieren und Lösungsmöglichkeiten zu finden, die die Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigen.

Der Effekt des im Zeitablauf sinkenden CO2-Faktors für Strom spielt vor dem Hintergrund des hohen Koh-

leanteils in der Stahlindustrie für den gesamten Industriesektor im Vergleich zu den anderen Sektoren eine geringere Rolle.

Abbildung 5-10

14.000.000

12.000.000

10.000.000

8.000.000

6.000.000

4.000.000

2.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Emissionen real Emissionen harmonisiert

Abbildung 5-10: CO2-Emissionen des Industriesektors im Referenz-Szenario real vs. harmonisiert

5.3.5. VerkehrssektorIn der Verkehrsenergiebilanz werden der Straßenverkehr, Schienenverkehr und der Luftverkehr unterschie-den. Der Straßenverkehr spielt mit ca. 96 % des Energieverbrauchs des gesamten Verkehrssektors die domi-nierende Rolle.

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62 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Die Bereiche Schienen- und Flugverkehr werden daher aufgrund der geringen Bedeutung bezogen auf den Energieverbrauch nur vereinfacht modelliert. Es wird ein top-down Ansatz gewählt, in dem der absolute Ver-brauch mit dem Bundestrend fortgeschrieben wird. Effizienzverbesserungen werden jedoch eingerechnet, ebenso der Unterschied im demografischen Wandel zwischen dem Saarland und der Bundesrepublik mit entsprechenden Auswirkungen auf die Verkehrsleistung.

Der Straßenverkehr soll aufgrund seiner Bedeutung mit einem bottom-up Ansatz aufgebaut werden. So sind beispielsweise technologische Entwicklungen in den Antriebssystemen und deren Marktdurchdringung besser abzubilden. Beim Straßenverkehr erfolgt zunächst eine Unterteilung in den motorisierten Individual-verkehr und den Straßengüterverkehr.

Der motorisierte Individualverkehr berücksichtigt als Mengenkomponente eine durchschnittliche Fahrleis-tung je Einwohner in Fahrzeugkilometern. Durch diese Variable kann der demografische Wandel in der Gesamtleistung berücksichtigt werden. Als Technologiekomponente werden verschiedene Antriebssysteme wie Benzin-, Gas-, Hybrid-, Diesel-, Elektro- und Brennstoffzellenantriebe und deren jeweilige Entwicklung über Anteile an der gesamten Fahrleistung im Zeitablauf modelliert. Diese Entwicklung wird aus der WWF-Studie für Gesamtdeutschland auf das Saarland übertragen. Als dritte Komponente kommt der spezifische Verbrauch je 100 km hinzu. Effizienzsteigerung für die verschiedenen Antriebssysteme lehnen sich wieder an die WWF-Studie an.

Bezüglich der Fahrleistung je Einwohner wird von einer leicht ansteigenden Entwicklung ausgegangen. Dies ist u.a. auf eine erhöhte Freizeitmobilität und gleichzeitig eine steigende Altersmobilität zurückzuführen, die zum Großteil durch motorisierten Individualverkehr abgedeckt wird.

In den Antriebstechnologien dominieren derzeit Benzin- und Dieselantriebe mit ca. 2/3 bzw. 1/3 der Ver-kehrsleistung. Mittelfristig wird ein sich fortsetzender Trend zu Dieselantrieben unterstellt. Hybridfahrzeuge drängen verstärkt auf den Markt, Gas- und Elektroantriebe gewinnen erste Marktanteile. Bis 2020 bleiben Diesel- und Benzinfahrzeuge jedoch die dominierenden Antriebsarten. Bis 2050 geht der Anteil von reinen Benzinantrieben stark zurück und wird von Hybridfahrzeugen ersetzt. Dieselantriebe gehen nach einem An-stieg auf ca. 50 % wieder auf ca. 27 % zurück, Gasantriebe erreichen einen Anteil von 8 %. Elektroantriebe, sowohl reine Elektrofahrzeuge als auch plug-in Varianten, erobern zusammen mit ca. 25 % einen großen Marktanteil und liegen damit in etwa gleich auf mit Dieselfahrzeugen. Brennstoffzellenantriebe bleiben eine Nischenanwendung.

Effizienzsteigerungen werden bei allen Antriebsarten unterstellt. Der durchschnittliche Verbrauch von Ben-zinern geht von 8,3 l/100 km in 2005 auf 5 l in 2050 zurück, der von Hybrid-Fahrzeugen von 6,2 l auf 3,8 l. Dieselfahrzeuge verbrauchen durchschnittlich nur noch 4,5 l in 2050 im Vergleich zu 6,8 l in 2005. Bei Gasantrieben wird ein 40 % niedrigerer Verbrauch unterstellt, bei Elektroantrieben eine Effizienzsteigerung von ca. 25 %. Über die Fahrleistung, unter Berücksichtigung der Anteile der Antriebssysteme, gekoppelt mit den spezifischen Verbräuchen, wird der absolute Energieverbrauch des motorisierten Individualverkehrs bestimmt.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 63

Zum Straßenverkehr gehört neben dem motorisierten Individualverkehr noch der Straßengüterverkehr. Dieser ist eng gekoppelt an die wirtschaftliche Entwicklung. Es wird hier von keinen Trendbrüchen, Umkehrungen der volkswirtschaftlichen Verflechtungen oder völlig neuen Technologien ausgegangen. Sehr wohl werden Effizienzsteigerungen unterstellt, nicht jedoch im gleichen Ausmaß wie beim motorisierten Individualverkehr. Vereinfachend wird der Verbrauch des Straßengüterverkehrs nur auf Basis des Energieträgers Diesel berech-net. In Gesamtdeutschland trifft dies zu 96 % zu. Dieser Anteil wird bis zum Ende des Betrachtungszeitraums in etwa konstant bleiben. Somit wird die vereinfachte Rechnung keine gravierenden Verzerrungen mit sich bringen. Es wird eine Effizienzsteigerung von 20-25 % bei den Dieselantrieben im Straßengüterverkehr bis 2050 unterstellt.

Die Effizienzsteigerung wirkt zusammen mit einer höheren Auslastung der LKW dem wachsenden Trend der Verkehrsleistung aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung entgegen. Der Energieverbrauch und damit die CO

2-Emissionen gehen beim Straßengüterverkehr daher nur marginal zurück.

Die bottom-up Analyse des Straßenverkehrs ergab für das Basisjahr in den Hochrechnungen einen höheren Wert als in der Energiebilanz ausgewiesen ist. Da es in der Systematik immer gilt, die bottom-up Analyse mit dem top-down Ansatz aus der Energiebilanz in Übereinstimmung zu bringen, sollte die Ursache der Abweichung analysiert werden. Zum einen können in der bottom-up Analyse Ungenauigkeiten liegen, die das Ergebnis verändern. Es können aber auch externe Faktoren eine Rolle spielen. Beim Kraftstoffverbrauch könnte aufgrund der geografischen Lage des Saarlandes im Grenzgebiet zu Frankreich, aber vor allem zu Luxemburg, die hochgerechnete Fahrleistung nicht mit den im Saarland abgegebenen Kraftstoffmengen übereinstimmen, weil ein Teil der benötigten Energiemenge außerhalb der Landesgrenzen getankt wird. Es wird hier also Tanktourismus unterstellt, der knapp über 10 % der verbrauchten Kraftstoffmenge angesetzt wird. Bei den im Saarland getankten Mengen wird für Benzin und Diesel eine Beimischung von Biokraftstof-fen in Höhe von 10 % ab 2020 unterstellt.

Der gesamte Endenergieverbrauch des Verkehrssektors geht gegenüber dem Basisjahr bis 2020 um 17 % und bis 2050 um ca. 41 % zurück (Abb. 5-11). Die Reduktion ist vor allem auf den Rückgang des Energiever-brauchs des motorisierten Individualverkehrs zurückzuführen. Der Energieverbrauch im Straßengüterverkehr geht kaum zurück und benötigt gegen Ende des Betrachtungszeitraums über 50 % des Energieeinsatzes des gesamten Verkehrssektors.

Der Schienenverkehr nimmt leicht zu, der Flugverkehr leicht ab, beide Bereiche bleiben für den gesamten Energieverbrauch von untergeordneter Bedeutung.

Die CO2-Emissionen des Verkehrssektors nehmen bis 2020 um 24 % ab (Abb. 5-12). Bis 2050 sinken die

Emissionen gegenüber dem Basisjahr um 48 % und damit etwas mehr als der Endenergieverbrauch. Im Ver-kehrssektor ist wegen der Elektrifizierung eines Teils des motorisierten Individualverkehrs wieder besonders auf die Entwicklung des CO

2-Emissionsfaktors für Strom hinzuweisen, der im Zeitablauf abnimmt, und somit

zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor beiträgt. Im Jahr 2050 ist der gesamte Verkehrssek-

tor in der Referenz-Entwicklung noch für ca. eine Million Tonnen CO2 verantwortlich.

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Abbildung 5-11

15.000

20.000

25.000

30.000

10.000

5.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Schienenverkehr

MIV

Güter Straße

Flugverkehr

Abbildung 5-11: Endenergieverbrauch des Verkehrssektors im Referenz-Szenario

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0 t C

O2

2005 2020 2030 2040 2050

Abbildung 5-12

Abbildung 5-12: CO2-Emissionen des Verkehrssektors im Referenz-Szenario

5.3.6. Umwandlungssektor im SaarlandDer Umwandlungssektor im Saarland ist historisch gewachsen und wie in der Status-Quo-Analyse in 3.3.1 beschrieben durch eine große Kapazität an Kraftwerken auf Kohlebasis charakterisiert. Diese Kraftwerke wurden alle noch vor der Energiemarktliberalisierung errichtet und sind zum Teil schon mehrere Jahrzehnte alt. Aufgrund von Nachrüst- und Modernisierungsmaßnahmen ist es wahrscheinlich, dass die Kraftwerke weiterbetrieben werden. Dabei wird sich die zukünftige Entwicklung des Umwandlungssektors im Saarland in erster Linie an den sich verändernden Rahmenbedingungen orientieren. Dazu gehören vor allem die Libe-ralisierung und die Preisbildung an der Börse in Leipzig. Hinzu kommt der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit dem gesetzlich garantierten Einspeisevorrang.

Für die Szenarienbetrachtung ist in erster Linie der erwartete CO2-Ausstoß des Umwandlungssektors von

Interesse, der auch als Kostenfaktor im Rahmen des europäischen Emissionshandels verstärkt relevant wird. Hier findet die Verursacherbilanzierung Anwendung, wobei der Strombedarf des Saarlandes die Grundlage der Analyse darstellt. Stromexport ist somit möglich, dieser wird hier jedoch nicht bilanziert. Bei der Bewer-

Page 65: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 65

tung des CO2-Faktors für den saarländischen Strombedarf stellt sich die Frage nach dem zukünftigen Ener-

gieträgermix.

Für das Basisjahr wird unterstellt, dass der exportierte Strom aus Kohlekraftwerken bereitgestellt wird. Gleichzeitig ist der Anteil Erneuerbarer Energien aktuell noch gering und die bilanzielle Zurechnung dieser Strommengen zum Saarland relativ unproblematisch. Mit einem steigenden Anteil Erneuerbarer Energien wird der Stromaustausch in überregionalem Maßstab stark zunehmen. So wird die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien im Saarland in Zukunft zu bestimmten Zeiten über der Last liegen und somit der überschüssige erneuerbare Strom exportiert. Komplementär werden fossile Kraftwerke im Saarland in Zeiten schwacher Einspeisung Erneuerbarer Energien Ausgleichsenergie auch für andere Regionen bereitstellen und die Stromproduktion fossiler Kapazitäten damit ebenfalls über der saarländischen Last liegen. In diesem Fall wird Strom aus fossilen Quellen exportiert. Eine rein bilanzielle Betrachtung und die Zurechnungen bestimm-ter Erzeugungsarten für den inländischen Verbrauch und Export werden damit zunehmend problematisch.

Bei den zukünftigen fossilen Kraftwerkskapazitäten spielen die Wirtschaftlichkeit der bestehenden Kraft-werke sowie der Neubau von Kapazitäten eine Rolle, die maßgeblich von der Entwicklung der Börsenpreise und des Kraftwerksparks im Rest der Bundesrepublik abhängig sind. In den Szenarien werden daher lediglich Annahmen für den Strommix in den einzelnen Stützjahren getroffen. Dieser Strommix wird jeweils mit ei-nem CO

2-Faktor bewertet. Dem Stromverbrauch der einzelnen Endenergieverbrauchssektoren werden dann

die CO2-Emissionen entsprechend diesem Faktor angelastet. Eine Stromproduktion über den saarländischen

Eigenbedarf hinaus ist in diesem Darstellungskonzept durchaus möglich, wird jedoch nicht bilanziert. Der Anteil des fossilen Stromexports wird kurz- bis mittelfristig noch aus den vorhandenen Kohlekraftwerken kommen, voraussichtlich aber eher in Form von Regelenergie aus Gaskraftwerken bereitgestellt.

Für die Berechnung der CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor wird der Strombedarf des Saarlan-

des mit den CO2-Emissionsfaktoren des jeweiligen Strommixes in den einzelnen Stützjahren verknüpft. Die

Entwicklung der Stromnachfrage wurde durch den Bedarf der einzelnen Sektoren im Zeitablauf bestimmt (Abbildung 5-13). Der Gesamtbedarf geht bis 2020 nur marginal zurück. Dies liegt daran, dass der Strombe-darf des Industriesektors bis dahin ansteigt, in den anderen Sektoren geht der Bedarf dagegen schon leicht zurück. Ab 2030 sinkt dann in allen Sektoren der Verbrauch, lediglich im Verkehrssektor ist aufgrund der zunehmenden Elektromobilität mit steigendem Strombedarf zu rechnen. Bis zum Jahr 2050 ist in der Summe mit einem Absinken des Strombedarfs um 20 % gegenüber dem Basisjahr zu rechnen. Absolut entspricht das einem Bedarf von knapp unter 7.000 GWh.

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Abbildung 5-13

5.000

6.000

7.000

8.000

10.000

9.000

3.000

4.000

1.000

2.000

0GW

h

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

GHD

Haushalte

Abbildung 5-13: Entwicklung des Strombedarfs im Saarland im Referenz-Szenario

Abbildung 5-14

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000

10.000

2.000

3.000

1.000

0GW

h

20502005 204020302020

Erneuerbare

Gas

Kohle

Abbildung 5-14: Abdeckung des Bruttostrombedarfs im Saarland nach Energieträgern (Ref.-Szenario)

Für die Bereitstellung des Stroms wird eine Entwicklung des Strommixes unterstellt wie sie in Abbildung 5-14 dargestellt ist. Dabei sind Werte des Bruttostrombedarfs in Abbildung 5-14 höher als der Strombedarf der Endenergieverbrauchssektor in Abbildung 5-13, da bei letzterem der Eigenverbrauch der Kraftwerke und Leitungsverluste berücksichtigt wurden. Ausgehend vom Energieträgermix im Jahr 2005, der hauptsächlich auf dem Einsatz von Kohle beruht, wird eine stetig steigende Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien unterstellt und eine schrittweise Substitution von Kohle zu Gas.

Hierauf geht unter anderem der aktuelle Bericht der Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ ein. Die-se beurteilt den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie „als Quelle von neuen Chancen für das Mitwirken der Bürger bei dezentralen Entscheidungen“ und sieht im Einsatz von Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Gas „die Sicherheit einer dauerhaft zur Verfügung stehenden Stromversorgung: „Im Hinblick auf die fossil betriebenen Kraftwerke wird das Klimaziel durch den EU-Emissionshandel und seine Obergrenze an CO

2-Emissionen gewährleistet. Die Obergrenze von Emissionen ist EU-weit verbindlich. Sie

Page 67: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 67

gilt auch bei einem Ausstieg aus der Kernenergie. (…) Erdgas kommt dabei die tragende Funktion zu. (…) Erdgas ist der CO

2-ärmste fossile Energieträger und für den Übergangszeitraum sicher verfügbar. Der Abhän-

gigkeit Deutschlands von Gaslieferungen kann durch den infrastrukturell gesicherten Zugang zu vielfältigen Bezugsquellen entgegengewirkt werden. (…) Gas- und Dampf-Kombikraftwerke (GuD) haben schon heute eine weltweit einzigartige Effizienz von 60 Prozent. Sie können ihre Effizienz noch steigern, wenn sie die dezentrale Stromnutzung ermöglichen.“ [Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“, Mai 2011].

Der steigende Anteil von Gas im saarländischen Kraftwerkspark stammt aus neuen Anlagen in Form mehrerer kleinerer Kraftwerksblöcke oder größeren Kapazitäten. Beim Neubau von Gaskraftwerken wird vornehmlich der Einsatz von GuD-Anlagen mit KWK unterstellt, so dass einerseits die größtmögliche und klimapolitisch gewünschte Ausnutzung der in den Energieträgern gebundenen Energie erfolgt, zum anderen aber auch eine Einspeisung in die Fernwärmenetze gewährleistet wird.

Mit dem modellierten Strommix ist ein stetig sinkender CO2-Faktor verbunden, der von über 800 g/kWh im

Basisjahr auf knapp unter 700 g/kWh im Jahr 2020 zurückgeht, und dann im Zeitablauf mit den steigenden Anteilen der Erneuerbaren Energien und der schrittweisen Substitution von Kohle durch Gas immer weiter absinkt, bis er im Jahr 2050 nur noch knapp unter 200 g/kWh liegt.

Für die Fernwärme wird ebenfalls ein stetig sinkender CO2-Faktor für die Wärme unterstellt. Dieser beruht

zum einen auf dem Einsatz von Gas anstelle von Kohle. Ferner wird auch von einer steigenden Einspeise-menge von Blockheizkraftwerken auf Biomassebasis ausgegangen. Zusätzlich bestehen große Potenziale in der Abwärmenutzung von Industrieanlagen, deren Anbindung an Nah- und Fernwärmenetze ebenfalls unterstellt wird. Die Abwärmenutzung ist für die Fernwärme als CO

2-frei zu bewerten, da die Emissionen

bereits bei der Industrie verbucht werden. Bei rückläufigem Fernwärmebedarf aufgrund der Sanierung von Gebäuden kommt der Abwärmenutzung steigende Bedeutung zu.

Der Fernwärmebedarf für die Gebäude im privaten und gewerblichen Bereich wird stärker zurückgehen als im Industriesektor, in dem die Fernwärme als Prozesswärme zum Einsatz kommt. Insgesamt wird im Refe-renz-Szenario ein Rückgang der Fernwärme um ca. 20 % bis 2020 und um ca. 45 % bis 2050 modelliert. Aufgrund der sich ändernden Zusammensetzung der einspeisenden Quellen sinkt der CO

2-Faktor für die

Fernwärme von 418 g CO2 /kWh in 2005 auf 100 g/kWh in 2050.

Da die CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor den einzelnen Endenergieverbrauchsektoren zuge-

ordnet werden, wird auf eine aggregierte grafische Darstellung der Emissionen dieses Sektors an dieser Stelle verzichtet. Unter den hier unterstellten Annahmen ist im Referenz-Szenario ein Rückgang der CO

2-

Emissionen aus dem Kraftwerkspark um knapp über 80 % von ca. 7,7 Mio. t in 2005 auf ca. 1,4 Mio. t bis 2050 möglich. Die Reduktion von über 80 % ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen geht die Nachfrage nach Strom und Fernwärme insgesamt zurück. Zweitens übernehmen die Erneuerbaren Energien immer größere Anteile, was mit keinen direkten CO

2-Emissionen verbunden ist. Der dritte Baustein zur CO

2-

Reduktion im Umwandlungssektor ist die schrittweise Substitution des Energieträgers Kohle durch Gas.

Page 68: Masterplan Energie

68 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

5.3.7. CO2-Emissionen des Saarlandes insgesamtUnter den gegebenen Annahmen sinkt der CO

2-Ausstoß im Saarland insgesamt um 11 % bis 2020 und um

54 % bis 2050, jeweils gegenüber dem Basisjahr 2005. In absoluten Zahlen entspricht dies einem Rückgang von 22 Millionen Tonnen in 2005 auf knapp unter 20 Mio. t bis 2020 und auf ca. 10 Mio. t in 2050 (Abbil-dung 5-15).

In der harmonisierten Variante (Abbildung 5-16) fällt der prozentuale Rückgang etwas stärker aus. Und zwar gehen dort die Emissionen von knapp über 12 Mio. t in 2005 um 22 % auf 9,5 Mio. t in 2020 und um fast 70 % auf 3,8 Mio. t in 2050 zurück.

Der Unterschied ist dadurch begründet, dass die Emissionen des Industriesektors in der harmonisierten Vari-ante mit einem kleineren Gewicht in die Gesamtemissionen eingehen. Die Bedeutung der Einsparungen der übrigen Sektoren kommt in der harmonisierten Variante damit stärker zum Ausdruck.

Abbildung 5-15

25.000.000

15.000.000

20.000.000

5.000.000

10.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Abbildung 5-15: Gesamtübersicht der CO2-Emissionen im Referenz-Szenario nach SektorenAbbildung 5-16

14.000.000

6.000.000

8.000.000

10.000.000

12.000.000

2.000.000

4.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Abbildung 5-16: Gesamtübersicht der CO2-Emissionen im Referenz-Szenario (harmonisiert)

Page 69: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 69

5.4. kliMasCHutZ-sZeNario saarlaNd

5.4.1. Allgemeine VorbemerkungenDas hier entwickelte Klimaschutz-Szenario für das Saarland soll eine alternative Entwicklung aufzeigen, die ambitioniertere CO

2-Reduktionsziele anstrebt, als sie in der Referenzentwicklung erreicht werden. Konkret

soll eine CO2-Reduktion um 80 % bis 2050 gegenüber 2005 erreicht werden, um den übergeordneten nati-

onalen und europäischen Zielen zu entsprechen.

Das Klimaschutz-Szenario überträgt also eine nationale Zielvorgabe (CO2-Reduktion um 80 % bis 2050) auf

einen regionalen Zusammenhang ohne zu berücksichtigen, dass Maßnahmen zur Erreichung nationaler Ziele regional unterschiedliche Auswirkungen haben. Gefragt wird, welche Wege begangen werden müssten, um regional das 80 %-Ziel zu erreichen. Dabei wird außer acht gelassen, welche Bedeutung die Beschreitung dieses regionalen Pfades auf nationaler Ebene für die Erreichung oder – möglicherweise – sogar Übererfül-lung des 80 %-Zieles hätte. Die Entwicklung eines solchen Ziel-Szenarios ist gleichwohl sinnvoll und gebo-ten. Der konzeptionelle Teil des Masterplanes nimmt allerdings eine Abwägung mit sozialen, industrie- und standortpolitischen, ordnungsrechtlichen, partizipativen Beschäftigungs- und Naturschutzaspekten vor.

Bei den Rahmenbedingungen wird eine breite gesellschaftliche Akzeptanz des Klimaschutzes unterstellt. Damit die in dem Klimaschutz-Szenario abgebildeten Veränderungen, gerade im Wirtschaftssektor, ein kon-sistentes Bild ergeben, wird vorausgesetzt, dass nicht nur im Saarland und in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt der Klimaschutz vorangetrieben wird. Dazu gehört ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zur Begrenzung des CO

2-Ausstoßes. In dessen Umsetzung wird ein internationaler Emissionshandel unter-

stellt, so dass Anreize, in CO2-arme Technologien zu investieren, weltweit Verbreitung finden.

Die gesamte Wirtschaft wächst auch im Klimaschutz-Szenario über den gesamten Betrachtungszeitraum. Deutschland und das Saarland bleiben Industrieland, die Globalisierung mit ihrem weltweiten Austausch von Waren sowie der Trend zu mehr Dienstleistungen setzen sich fort. Es werden in allen Bereichen starke An-strengungen zur Steigerung der Energieeffizienz unternommen und Erneuerbare Energie überall eingesetzt, wo dies möglich ist.

Die Details der unterstellten Annahmen für die einzelnen Sektoren werden in den nachfolgenden Abschnit-ten beschrieben. Für einen Vergleich der unterschiedlichen Entwicklungspfade sei auf den Abschnitt 5.6 verwiesen, in dem die Ergebnisse der drei Szenarien gegenübergestellt werden.

5.4.2. Private HaushalteDer Endenergieverbrauch der privaten Haushalte wird wie im Referenz-Szenario nach den Verwendungszwe-cken Raumwärme, Warmwasser, Kochen und Elektrogeräte differenziert. Wesentliche Änderungen ergeben sich vor allem im Raumwärmebereich, auf den im Basisjahr der Großteil des Energieeinsatzes der privaten Haushalte entfällt und der damit auch die größten Einsparpotenziale bietet.

Page 70: Masterplan Energie

70 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Energieverbrauch zur Bereitstellung von RaumwärmeDie drei wesentlichen Einflussfaktoren für den Energieverbrauch zu Heizzwecken sind die insgesamt zu be-heizende Wohnfläche, die energetische Qualität der Wohngebäude und die Effizienz der Heizungsanlagen. Bei allen drei Faktoren werden im Vergleich zur Referenz-Entwicklung veränderte Nutzungspfade unterstellt, die in der Summe den Bedarf an Raumwärme deutlich senken.

Im Klimaschutz-Szenario wird eine stagnierende bis leicht rückläufige Wohnfläche je Einwohner unterstellt. Im Basisjahr 2005 betrug die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf 46,2 m2. Diese sollte bis 2050 geringfü-gig auf 45 m2 sinken. In der aggregierten Betrachtung ist ein Bruch im Trend zu immer steigenden Wohnflä-chen zusammen mit der demografischen Entwicklung ausschlaggebend für die insgesamt benötigte Wohn-fläche. Diese sinkt im Klimaschutzszenario von 48,5 Mio. m2 in 2005 auf 34 Mio. m2 in 2050. Der Umfang, der in Zukunft noch benötigten Wohnfläche, ist eine wichtige Größe für die im Rahmen des Klimaschutz-Szenarios anvisierte Sanierung des kompletten Gebäudebestandes. Im Referenz-Szenario wurde die relativ schlechte Ausgangssituation des Gebäudebestandes im Saarland im Vergleich zum Bundesdurchschnitt be-schrieben. Aufgrund der sinkenden Nachfrage nach Wohnraum infolge des demografischen Rückgangs wird der Neubau von Wohngebäuden in Zukunft eher gering ausfallen und damit wenig zur Verbesserung der energetischen Qualität des Durchschnitts des Gebäudebestandes beitragen.

Ab 2020 wird für Neubauten der Passivhaus-Standard mit einem jährlichen Heizenergiebedarf von 15 kWh/m2 unterstellt. Langfristig soll auch der Energiebedarf des Gebäudebestandes deutlich abgesenkt werden. Die Veränderungsraten der durchschnittlichen energetischen Qualität des Gebäudebestandes orientieren sich am Innovationsszenario der WWF-Studie. Diese Raten werden jedoch auf den relativ schlechten Aus-gangswert von 160 kWh/m2 im Saarland angewendet. Von der höheren Ausgangsbasis wird zum Ende des Betrachtungszeitraums für den Gebäudebestand nicht ein durchgängiger Passivhaus-Standard erwartet, mit 26 kWh/m2 jedoch ein Wert, der diesem Standard sehr nahe kommt. Für einen konsistenten Entwicklungs-pfad wird für das Jahr 2020 ein Heizenergiebedarf von 113 kWh/m2 unterstellt. Für jedes Gebäude, das in den nächsten Jahrzehnten noch genutzt werden soll, ist eine Sanierung mit der heute möglichen Sanierungs-effizienz notwendig. Um den Zielwert für den gesamten Gebäudebestand zu erreichen, ist es möglich, dass einige Gebäude gegen Ende des Betrachtungszeitraums noch einmal, mit dann weiterentwickelten Dämm-materialen, energetisch nachgebessert werden.

Beim Rückgang der Wohnflächen wird unterstellt, dass in erster Linie besonders alte bzw. energetisch schlechte Gebäude wegfallen. Die in diesen Gebäuden installierten Heizungssysteme fallen dadurch eben-falls weg. Dies ist ein Grund für den Rückgang der Öl-beheizten Fläche. Bei den bestehenden Gebäuden wird neben der Sanierung der Gebäudehülle auch ein verstärkter Austausch von Heizungssystemen modelliert.

Die Mischung der Energieträgerstruktur verändert sich bis 2020 nicht grundlegend. Allerdings geht der An-teil der Ölheizungen deutlich zurück, Wärmepumpen und Solaranlagen können im Vergleich zum Referenz-Szenario ihre Anteile deutlich ausbauen. Es wird beim Austausch von Heizungsanlagen davon ausgegangen, dass neben einem Energieträgerwechsel auch immer die aktuell effizientesten Technologien zum Einsatz kommen. Für Gasheizungen gilt beispielsweise, dass nur noch Gas-Brennwertkessel und später Gas-Brenn-stoffzellen eingesetzt werden.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 71

Die Entwicklung der Anteile der einzelnen Energieträger sowie der sinkende Gesamtbedarf an Raumwärme im Zeitablauf sind in Abbildung 5-17 abgebildet. Gas bleibt in den nächsten beiden Jahrzehnten mit jeweils 50 % des Endenergieeinsatzes der wichtigste Energieträger. Gegen Ende des Betrachtungszeitraums nimmt die Bedeutung jedoch ab. Substitutionsgewinner ist eindeutig die solare Strahlungswärme, die ihren Anteil auf ca. ein Drittel ausbauen kann. Bereits heute (Bilanz 2010) fließt gut die Hälfte der im Rahmen des Markt-anreizprogramms für Erneuerbare Energien gezahlten Zuschüsse in Solarthermieanlagen, wovon 65 % in Anlagen mit Heizungsunterstützung investiert werden (BMU, 2011). Das Saarland ist bei den Fördermitteln jedoch erst mit einem Prozent beteiligt (Spitzenreiter Bayern mit 27 %) und sollte in Zukunft verstärkt auf diese Fördermittel zurückgreifen.

Holz gehört ebenfalls zu den Gewinnern. Dabei ist in Zukunft vermehrt vom Einsatz von effizienten Pellet-heizungen und nicht von Scheitholzöfen auszugehen. Die fossilen Energieträger verschwinden bis auf Gas fast vollständig aus dem Energieträgermix für die private Raumwärme. Öl ist nur noch von marginaler Bedeu-tung, Kohle fällt vollständig aus dem System heraus. Die Bedeutung der Fernwärme nimmt im Bereich der privaten Haushalte ab, weil der Wärmebedarf durch Sanierungsmaßnahmen deutlich absinkt. Die Fernwär-me wird aber vor dem Hintergrund des Wärmebedarfs bei Industriekunden auch in Zukunft weiter genutzt und hat damit auch langfristig eine wichtige Funktion im saarländischen Energiesystem.

Abbildung 5-17

30.000

35.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Solar

Strom (inkl. WP)

Gas

Fernwärme

Kohle

Holz

Öl

Abbildung 5-17: Endenergieverbrauch private Haushalte für Raumwärme im Klimaschutz-Szenario

Der Endenergieverbrauch für Raumwärme geht bis zum Jahr 2020 um ca. 40 % und bis 2050 sogar um 90 % zurück. Der Rückgang des Raumwärmebedarfs wird zum Teil durch den sinkenden Wohnraumbedarf als Folge des demografischen Wandels getrieben. Die Sanierungsaktivität für den verbleibenden Wohnraum wird stark ausgedehnt, so dass gegen Ende des Betrachtungszeitraums die energetische Qualität des Ge-bäudebestandes in die Nähe des Passivhaus-Standards rückt. Der verbleibende Raumwärmebedarf wird mit effizienten Heizungssystemen und zum Großteil mit Erneuerbaren Energien gedeckt.

Endenergieverbrauch zur Bereitstellung von WarmwasserDer Energieverbrauch zur Warmwasserbereitung ist in erster Linie von den Warmwasserbereitungsanlagen und dem Verbrauchsverhalten abhängig. Der Bedarf an Warmwasser ist analog zum Referenz-Szenario schon

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72 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

alleine demografiebedingt rückläufig. Zusätzlich wird im Klimaschutz-Szenario allerdings auch ein sinkender Verbrauch pro Kopf unterstellt. Dies wird erreicht durch Wasser sparende Armaturen, die den Wasserdurch-fluss reduzieren. Von einem Pro-Kopf-Verbrauch von 45 Litern pro Tag in 2005 wird eine Reduktion auf 40 Liter pro Person und Tag in 2050 unterstellt. Im Referenz-Szenario wurde von einer Steigerung auf 50 Liter ausgegangen.

Neben dem Verbrauchsrückgang ist die Effizienz der Warmwasserbereitungsanlagen von elementarer Be-deutung. Es wird unterstellt, dass bei einem Austausch immer die jeweils aktuell effizienteste verfügbare Technik zum Einsatz kommt. Bezogen auf den Energieträgereinsatz kommt es zu einer Verlagerung weg von fossilen und ineffizienten elektrischen Systemen hin zu Systemen auf Basis Erneuerbarer Energieträger. Solaranlagen werden zum vorherrschenden Warmwasserbereitungssystem mit einem Anteil von über 50 %. Wärmepumpen und Pelletheizungen gewinnen ebenfalls deutlich an Bedeutung. Diese Technologien werden gegen Ende des Betrachtungszeitraums den Großteil der Warmwasserbereitung übernehmen und drängen herkömmliche Systeme auf Basis von Öl, Kohle und Gas allmählich aus dem Markt.

Insgesamt geht der Endenergieverbrauch bis 2020 um 27 % und bis 2050 um 54 % zurück. Da der verblei-bende Energieverbrauch für die Warmwasserbereitung langfristig weitgehend durch Erneuerbare Energien gedeckt wird, sinken die CO

2-Emissonen für diesen Verwendungszweck nahezu auf Null.

Endenergieverbrauch für KochenDer Energieverbrauch für das Kochen ist mit ca. 2 % des gesamten Endenergieverbrauchs der privaten Haushalte von untergeordneter Bedeutung. Im Vergleich zum Referenz-Szenario wird lediglich von einer etwas schnelleren Durchdringung effizienterer Geräte ausgegangen. In Bezug auf das Nutzerverhalten, den Ausstattungsgrad und das Verhältnis von Elektro- und Gasherden werden die gleichen Annahmen wie im Referenz-Szenario unterstellt. Der Endenergieverbrauch für das Kochen geht bis 2020 um ca. 18 % und bis 2050 um ca. 55 % zurück.

Endenergieverbrauch für ElektrogeräteDer Stromverbrauch für Elektrogeräte wird nach dem Verwendungszweck in die Bereiche Beleuchtung, Küh-len und Gefrieren, Waschen und Trocknen, Information und Kommunikation, Klimatisierung sowie eine Sam-melgruppe Kleingeräte und Sonstiges unterteilt.

Effizienzpotenziale bestehen bei allen Gerätegruppen. Durch die auf den langen Betrachtungszeitraum ge-sehen relativ kurzen Lebenszyklen der Geräte, besteht die Möglichkeit, alle Geräte mehrmals auszutauschen. Im Klimaschutz-Szenario wird von einer schnelleren Durchdringung der jeweils effizientesten Geräteklassen ausgegangen. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Kühlen und Gefrieren sowie Waschen und Trocknen. Der Energieverbrauch für diese Verwendungszwecke sinkt deutlich schneller als im Referenz-Szenario.

In Bezug auf die Menge der genutzten Geräte wird keine Veränderung zum Referenz-Szenario unterstellt. Die folgende kurze Beschreibung ist somit identisch zu den Trends im Referenz-Szenario. Der demografi-sche Wandel trägt zu einem Rückgang des Endenergieverbrauchs bei Elektrogeräten bei. Für den einzelnen Haushalt ist jedoch von einer steigenden Geräteausstattung auszugehen. Dies gilt vor allem für den Bereich Information und Kommunikation sowie Kleingeräte und Sonstiges. Dagegen ist bei den Bereichen Kühlen

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 73

und Gefrieren sowie Waschen und Trocknen von einer Ausstattung nahe der Sättigungsgrenze auszugehen, ebenso bei der Beleuchtung. Hier wirken sich Effizienzsteigerungen stärker aus als in Bereichen, in denen Effizienzverbesserungen durch eine steigende Anzahl der Geräte teilweise kompensiert werden (Rebound-Effekt). Diese Entwicklungen gelten jeweils für das Referenz- und das Klimaschutz-Szenario.

Im Bereich Klimatisierung wird jedoch eine unterschiedliche Entwicklung modelliert. Dies ist mit der gestei-gerten Sanierungstätigkeit bei den Gebäudehüllen zu begründen, die nicht nur den Heizwärmebedarf im Winter senken, sondern aufgrund der verbesserten Dämmeigenschaften auch die Nachfrage nach Klimatisie-rung in den Sommermonaten geringer ausfallen lässt. Es ist zwar wie im Referenz-Szenario von einem stei-genden Bedarf an Klimatisierung auszugehen, der Anstieg verläuft im Klimaschutz-Szenario jedoch weniger stark. Der stärkere Rückgang in den Bereichen Kühlen und Gefrieren sowie Waschen und Trocken zusammen mit dem geringeren Anstieg beim Klimatisierungsbedarf hat zur Folge, dass der Stromverbrauch für Elektro-geräte im Klimaschutz-Szenario stärker zurückgeht als in der Referenz-Entwicklung.

Bis 2020 geht der Endenergieverbrauch für Elektrogeräte der privaten Haushalte um 15 % zurück. Der Rück-gang bis dahin ist nur marginal größer als im Referenz-Szenario. Bis 2050 sinkt der Stromverbrauch im Klima-schutz-Szenario um 52 % und liegt damit um 15 Prozentpunkte unter dem Niveau der Referenzentwicklung.Abbildung 5-18

1.000.000

1.200.000

1.400.000

800.000

600.000

400.000

200.000

0kW

h

2005 2050204020302020

Klimatisierung

Kleingeräte, Sonstiges

Waschen & Trocknen

Beleuchtung

Information & Kommunikation

Kühlen & Gefrieren

Abbildung 5-18: Endenergieverbrauch Elektrogeräte der privaten Haushalte im Klimaschutz-Szenario

Zusammenfassung des Endenergieverbrauchs der privaten Haushalte und Darstellung der CO2-EmissionenDer Energieverbrauch zur Bereitstellung von Raumwärme ist im Basisjahr mit rund 80 % die dominierende Größe. Hier bestehen auch die größten Einsparpotenziale. Bis 2020 kann der Energieeinsatz im Klimaschutz-Szenario um 37 %, bis 2050 sogar um 83 % zurückgehen.

Die Raumwärmebereitstellung bleibt auch im Klimaschutz-Szenario gegen Ende des Betrachtungszeitraums mit ca. 44 % weiterhin der energieintensivste Anwendungszweck, gefolgt von den Elektrogeräten mit 30 % und der Warmwasserbereitung mit 21 %. Der Verwendungszweck Kochen bleibt mit 5 % von marginaler

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74 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Bedeutung. Auch wenn die Raumwärme immer noch der energieintensivste Anwendungszweck ist, werden sich die Verhältnisse stark verschieben, so dass die anderen Anwendungen prozentual gesehen für einen größeren Anteil des Energieverbrauchs der privaten Haushalte verantwortlich sind.

Bei der Betrachtung der CO2-Emissionen (Abbildung 5-19) ist zu beachten, dass für den Endenergiever-

brauch von Strom in den jeweiligen Stützjahren unterschiedliche CO2-Emissionsfaktoren je kWh Strom an-

gesetzt werden. Diese ergeben sich aus dem für das jeweilige Jahr unterstellten Strommix im saarländischen Umwandlungssektor. Gleiches gilt für die Bewertung des CO

2-Faktors für Fernwärme. In der Darstellung

werden also die CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor anteilig nach dem Verursacherprinzip dem

Haushaltssektor angelastet. Die Methodik für diese Verursacherbilanzierung wurde in Kapitel 4.4.2 beschrie-ben. Details zu den Spezifika des Umwandlungssektors in den einzelnen Stützjahren und den daraus resul-tierenden Emissionsfaktoren werden im Abschnitt 5.4.6 genauer beschrieben.

Die CO2-Emissionen gehen im Betrachtungszeitraum stärker zurück als der Endenergieverbrauch. Dies ist

durch die Substitution der Energieträger und den dem Stromverbrauch zuzurechnenden CO2-Ausstoß zu

erklären. Insgesamt geht der CO2-Ausstoß der privaten Haushalte gegenüber dem Basisjahr bis 2020 um

ca. 42 % und bis 2050 um 96 % zurück. Dieser prozentuale Rückgang entspricht in absoluten Zahlen einer Senkung der CO

2-Emissionen von knapp 3,8 Millionen Tonnen im Basisjahr auf ca. 2,2 Mio. t in 2020 und auf

nur noch ca. 160.000 t in 2050. Im Klimaschutz-Szenario wird für den Bereich der privaten Haushalte damit eine weitgehende CO

2-Reduzierung erreicht.Abbildung 5-19

3.500.000

4.500.000

4.000.000

3.000.000

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500.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-19: CO2-Emissionen der privaten Haushalte im Klimaschutz-Szenario

5.4.3. Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD)Bei der Fortschreibung des Energieverbrauchs des Dienstleistungssektors werden im Wesentlichen zwei Kom-ponenten berücksichtigt. Erstens wird die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Branchen modelliert, gemessen in Bruttowertschöpfung in Millionen Euro. Um den Energieverbrauch zu bestimmen, wird als zweite Komponente der spezifische Energieverbrauch je Einheit Bruttowertschöpfung verwendet. Für Details zur Methodik sei auf die Erläuterungen im Referenz-Szenario verwiesen (5.3.3).

Page 75: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 75

Die Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors wird sich über den gesamten Betrachtungszeitraum sehr positiv entwickeln mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von knapp über 1 % pro Jahr. Das Wirt-schaftswachstum dieses Sektors verläuft im Klimaschutz-Szenario stärker als in der Referenz-Entwicklung. Die Wirtschaftsstruktur bleibt grundsätzlich erhalten. Schon heute macht der Dienstleistungssektor ca. ¾ der gesamten Bruttowertschöpfung im Saarland aus, der Industriesektor entsprechend ca. ¼. Die Verschiebung zwischen den beiden Sektoren bewegt sich lediglich im niedrigen einstelligen Prozentpunktbereich. Der allgemeine Trend zur Dienstleistungsgesellschaft setzt sich weiter fort, beschleunigt sich im Klimaschutz-Szenario im Vergleich zur Referenz-Entwicklung sogar etwas.

Im Klimaschutz-Szenario liegt die Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors gegen Ende des Betrach-tungszeitraum 58 % über dem Niveau des Basisjahres 2005. Auch im Referenz-Szenario liegt das Wachstum mit 52 % im gleichen Zeitraum hoch. Die wesentlichen Unterschiede liegen insbesondere in einer erhöhten Bruttowertschöpfung des Baugewerbes sowie des Kredit- und Versicherungsgewerbes. Das besonders hohe Wachstum dieser beiden Branchen steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der verstärkten Sanierungstä-tigkeit im Gebäudebereich und den damit verbundenen Investitionen. Die Klimaschutzanstrengungen tragen somit wesentlich zum Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen und zur Generierung von lokaler Wertschöp-fung bei.

Die Entwicklung der übrigen Branchen verläuft ähnlich wie im Referenz-Szenario. Beispielsweise erfährt das Gesundheitswesen in Folge des demografischen Wandels relativ hohe Wachstumsraten. Absolut gesehen stellen die sonstigen privaten Dienstleistungen bereits heute den größten Posten dar. Unter dieser Gruppe werden alle Branchen subsumiert, die nicht der Industrie und keiner der anderen hier aufgeführten Branchen des Dienstleistungssektors zugeordnet werden. Das Wachstum der Branche wird zum Teil auch durch indus-trienahe Dienstleistungen genährt.

Für die Berechnung des Endenergieverbrauchs sind neben der Entwicklung der Bruttowertschöpfung die spezifischen Energieverbräuche von Bedeutung. Hier unterscheidet sich die Entwicklung im Vergleich zum Referenz-Szenario sogar deutlich. So sinken die spezifischen Verbräuche bezogen auf die Bruttowert-schöpfung erheblich stärker. Diese Annahme gründet unter anderem auf Veränderungen der Gebäude im Dienstleistungssektor. Ähnlich wie bei den privaten Haushalten stellt die Bereitstellung von Raumwärme im Dienstleistungssektor einen wichtigen Verwendungszweck dar, bei dem erhebliche Reduktionspotenziale bestehen. Im Dienstleistungssektor ist sogar eine weiter gehende Senkung des Raumwärmebedarfs als im privaten Gebäudebereich denkbar, da die Lebensdauer der Gebäude dieses Sektors relativ gering ist und Gebäude häufig ersetzt anstatt aufwendig saniert werden.

In den Branchen, in denen die Bereitstellung von Raumwärme eine entscheidende Rolle spielt, wie zum Bei-spiel beim Unterrichtswesen und beim Gesundheitssektor, ist eine Senkung des spezifischen Energiebedarfs um über 80 % denkbar. Aber auch in allen anderen Branchen werden erhebliche Effizienzsteigerungen unterstellt, die vor allem durch effizientere elektrische Geräte getrieben werden. Bezogen auf den Energie-einsatz stellen Stromanwendungen den wichtigsten Bereich dar, so dass der Weiterentwicklung und Markt-durchdringung von effizienten Bürogeräten, aber auch elektrisch betriebenen mechanischen Anwendungen wie Motoren und Pumpen, eine Schlüsselrolle für den Dienstleistungssektor zukommt.

Page 76: Masterplan Energie

76 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Durch die Verknüpfung der spezifischen Energieverbräuche mit der Bruttowertschöpfung ergibt sich der Endenergieverbrauch der einzelnen Branchen. Trotz starken Wirtschaftswachstums sinkt der Endenergiever-brauch des Dienstleistungssektors insgesamt, und zwar um 29 % bis 2020 und um 68 % bis 2050, jeweils gegenüber dem Basisjahr 2005 (Abbildung 5-21). Die Effizienzeffekte können demnach das Wirtschafts-wachstum weitaus überkompensieren.

Baugewerbe

Landwirtschaft

sonstige priv. Dienstleistungen

Handel

Kredit und Versicherung

Verkehr / Nachrichtenübermittlung

Unterrichtswesen

Gesundheitswesen

öffentl. Verwaltung / Sozialversicherung / Verteidigung

Abbildung 5-20

70

100

90

80

60

50

40

30

20

10

0Basisjahr 2050204020302020

Basi

sjah

r = 1

00

Abbildung 5-20: Entwicklung spezifischer Energieverbrauch im Sektor GHD im Klimaschutz-SzenarioAbbildung 5-21

12.000

14.000

16.000

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20.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Landwirtschaft

Baugewerbe

Handel

Kredit und Versicherung

Verkehr / Nachrichten-übermittlung

sonstige private Dienstleistungen

Gesundheitswesen

Unterrichtswesen

öffentl. Verwaltung / Sozialversicherung / Verteidigung

Abbildung 5-21: Endenergieverbrauch des Sektors GHD im Klimaschutz-Szenario

Bezogen auf den Energieträgereinsatz wird der schon heute dominante Bereich der Stromanwendungen noch mehr an Bedeutung gewinnen. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Reduktion des Ener-

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 77

gieverbrauchs zum Großteil bei der Raumwärme erzielt wird. Auch wenn der Anteil des Stromverbrauchs am gesamten Endenergieverbrauch des Dienstleistungssektors steigt, so sind Effizienzverbesserungen bei elektrischen Anwendungen und absolut gesehen ein sinkender Stromverbrauch neben der Raumwärme der wichtigste Treiber zur Reduzierung des Energieverbrauchs dieses Sektors.

Der hohe Stromanteil im Dienstleistungssektor ist deshalb besonders herauszustellen, um die Höhe der CO2-

Emissionen des Sektors richtig einzuordnen. Hier gilt wieder, wie bei den privaten Haushalten beschrieben, dass die CO

2-Emissionen des Kraftwerksparks nach dem Verursacherprinzip auf die einzelnen Sektoren ver-

teilt werden. Ein Teil des Rückgangs der CO2-Emissionen im Dienstleistungssektor, wie er in Abbildung 5-22

dargestellt ist, ist somit nicht alleine auf Effizienzsteigerung im Sektor selbst, sondern auch auf einen CO2-

ärmeren Strommix im Saarland im Zeitablauf zurückzuführen.

Der Rückgang der CO2-Emissionen fällt damit größer aus als der des Endenergieverbrauchs. Die CO

2-Emissio-

nen gehen von 2,9 Mio. t in 2005 um 41 % auf ca. 1,7 Mio. t in 2020 und um 93 % auf nur noch 200.000 Tonnen in 2050 zurück.

Abbildung 5-22

3.500.000

3.000.000

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

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0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-22: CO2-Emissionen des Sektors GHD im Klimaschutz-Szenario

5.4.4. IndustriesektorIn einem hochindustrialisierten Land wie der Bundesrepublik und auch speziell im Saarland hat es in der Vergangenheit immer wieder gravierende Veränderungen gegeben, die durch technischen Fortschritt, In-novationen und die Arbeitsteilung in einer globalisierten Wirtschaft angetrieben wurden. Sie beziehen sich sowohl auf die produzierten Güter an sich, als auch auf die eingesetzten Produktionsverfahren. Auch in Zukunft wird es erhebliche Veränderungen geben. Im Klimaschutz-Szenario wird der Wandel insbesondere durch die steigenden Energie- und Rohstoffpreise sowie die Restriktionen beim Ausstoß von CO

2 durch den

europäischen Emissionshandel getrieben.

Der Beitrag, den der Industriesektor für die Reduktion der CO2-Emissionen im Klimaschutzszenario zu leisten

hätte, wird durch die Beiträge aus den anderen Sektoren definiert. Er wird nicht zuletzt davon abhängen, inwieweit es gelingt, auf der Basis neuer Technologien, prozessbedingte CO

2-Emissionen in marktfähiger

Weise zu reduzieren.

Page 78: Masterplan Energie

78 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Der Entwicklungspfad der CO2-Emissionen dieses Sektors im Klimaschutz-Szenario wird in Abbildung 5-28

dargestellt. Dabei sind wieder eine reale und eine harmonisierte Variante unterschieden. Es sei an dieser Stel-le noch einmal darauf hingewiesen, dass durch die Harmonisierung ein Großteil der Emissionen der Metallin-dustrie rechnerisch aus dem saarländischen Bilanzierungsrahmen auf die Bundesebene verschoben wird, da für industrieprozessbedingte CO

2-Emissionen die nationalen und internationalen Forschungsanstrengungen

verstärkt werden müssen. Im Klimaschutzszenario wird noch deutlicher, dass – bei der Grundannahme eines internationalen Klimaabkommens – weltweit verstärkte Anstrengungen zu unternehmen sind, um prozess-bedingte CO

2-Emissionen auch aus Kostengründen zu vermindern.

Abbildung 5-23

14.000.000

12.000.000

10.000.000

8.000.000

6.000.000

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0t C

O2

2005 2050204020302020

Emissionen real Emissionen harmonisiert

Abbildung 5-23: CO2-Emissionen Industriesektor im Klimaschutz-Szenario

Für die Zielreduktionen wären im Zeitablauf stetige Verringerungen der spezifischen Energieverbräuche in den Industriebranchen notwendig. Zusätzlich ist davon auszugehen, dass es zu preis- und nachfrageindu-zierten Verschiebungen in der Branchen- und Produktionsstruktur kommen wird. Insbesondere für energiein-tensive Produktionsprozesse sind in der Langfristperspektive neue Verfahren anzustreben. Dies hat auch die europäische Stahlindustrie frühzeitig erkannt und sich im Rahmen des Konsortiums ULCOS selbst verpflich-tet, ihre CO

2-Emissionen bei gleichbleibender Produktion um mindestens 50 % gegenüber den gegenwärtig

effizientesten Technologien zu reduzieren.1

Da sich die technischen und wirtschaftlichen Veränderungen gerade im Industriesektor in einer Vielzahl von verschiedenen Varianten und Kombinationen ergeben können, soll an dieser Stelle auf eine detaillierte Mo-dellierung einzelner Branchen und/oder Technologien verzichtet werden. Eine schlichte Extrapolation von bis-herigen Trends und Erwartungen wie in anderen Szenarien ist in diesem Fall nicht angemessen. Stattdessen soll auf der Basis eines klaren Bekenntnisses zum Industrieland Saarland ein Zielpfad der CO

2-Emissionen des

Industriesektors im Klimaschutz-Szenario, wie oben in Abbildung 5-23 dargestellt, in die Gesamtbetrachtung eingehen.

Für den Industriesektor insgesamt bietet der ressourcen- und klimaschonende Strukturwandel erhebliche Wachstumspotenziale. Das zeigt bereits heute die Entwicklung in den traditionellen Industriebranchen Ma-

1 Die beiden Stahlunternehmen des Saarlandes (Saarstahl und Dillinger Hütte) sind Mitglied im EU-weiten Konsortium ULCOS (Ultra-Low Carbon Dioxide (CO

2) Steelmaking) von 48 Unternehmen und Organisationen.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 79

schinen- und Anlagenbau oder Elektrotechnik [IHK-Branchenbericht „Maschinenbau im Saarland – Vom Montanausrüster zum Automobil- und Energiezulieferer“, 2011].

5.4.5. VerkehrssektorWie in Kapitel 5.3.5 bereits beschrieben, wird der Energieverbrauch des Verkehrs modelliert, allerdings nicht in der Tiefe wie es im Masterplan Mobilität geschehen wird. Die Modellierung erfolgt wieder in Anlehnung an das Innovations-Szenario der WWF-Studie.

Der Straßenverkehr wird aufgrund seiner Bedeutung im Saarland detaillierter dargestellt als der Schienen- und Flugverkehr. So sind beispielsweise technologische Entwicklungen in den Antriebssystemen und deren Marktdurchdringung besser abzubilden. Bei der Darstellung erfolgt eine Unterteilung in den motorisierten Individualverkehr und den Straßengüterverkehr.

Für die Entwicklung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen im Verkehrssektor sind die Verkehrsleis-

tung und die genutzten Antriebstechnologien die beiden elementaren Einflussgrößen. Die Verkehrsleistung ist in der Vergangenheit stetig angestiegen. Aktuell gibt es keine Hinweise, dass sich dieser Trend in Zukunft signifikant umkehren wird.

Im Personenverkehr wird allerdings ein leicht schwächeres Wachstum der Verkehrsleistung als im Referenz-Szenario unterstellt. Dies wird begründet durch die Substitution längerer Wege durch kürzere sowie ein vermehrtes Wegeaufkommen im Langsamverkehr. Der motorisierte Individualverkehr bleibt trotz partieller Verlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel sowohl im Nah- als auch im Fernbereich die bevorzugte Verkehrs-form im Personenverkehr.

Beim Güterverkehr wird eine Verschiebung von der Straße auf die Schiene unterstellt, wobei das Wirtschafts-wachstum steigende Güterverkehrsleistungen mit sich bringt, so dass nicht von einer absoluten Reduktion des Straßengüterverkehrs ausgegangen werden kann. Durch die Erbringung von Güterverkehrsleistungen auf der Schiene werden zudem im Nahbereich Umwege als Zulieferfahrten notwendig, so dass die geleis-teten Verkehrskilometer zunehmen, die Langstrecken jedoch auf umweltfreundlicheren Verkehrssystemen verfolgen.

Im Klimaschutz-Szenario werden sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr größere Effizienzfortschrit-te angenommen als in der Referenz-Entwicklung, d.h. der Verbrauch je 100 km geht stärker zurück als im Referenz-Szenario. Gerade im motorisierten Individualverkehr wird zudem eine starke Verschiebung bei den Antriebssystemen stattfinden. Kurz- bis mittelfristig werden Fahrzeuge mit Ottomotor zunehmend durch Hybridfahrzeuge und Dieselfahrzeuge substituiert. Es wird unterstellt, dass ab etwa 2030 keine reinen Ben-zinfahrzeuge mehr zugelassen werden und diese bis 2050 vollkommen aus dem Markt verschwinden. Der Marktanteil von Dieselantrieben wird im nächsten Jahrzehnt noch deutlich zulegen, danach jedoch langsam aber stetig wieder abnehmen. Hybridantriebe werden systematisch weiterentwickelt und drängen immer weiter auf den Markt, zunächst als reine Hybridvarianten, später vermehrt als Plug-In-Hybride, wodurch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs stetig an Bedeutung zunimmt. Normale Hybridvarianten gibt es schon seit einigen Jahren auf dem Markt. Dabei unterstützt ein Elektromotor einen normalen Verbrennungsmotor. Der Elektromotor wird von einer Batterie gespeist, die beim Bremsen einen Teil der Bewegungsenergie in

Page 80: Masterplan Energie

80 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

elektrische Energie zurückverwandelt. Bei Plug-In-Hybriden wird der Kraftstoffverbrauch des Verbrennungs-motors noch weiter gesenkt, indem die Akkus nicht mehr ausschließlich bei der Fahrt, sondern zusätzlich auch am Stromnetz aufgeladen werden können.

Reine Elektrofahrzeuge drängen erst leicht zeitversetzt in größeren Stückzahlen auf den Markt, überneh-men aber gerade im Kurzstreckenbereich immer größere Anteile der Verkehrsleistung. Gegen Ende des Betrachtungszeitraums werden sich Elektrofahrzeuge mit reinen Elektroantrieben und Plug-In-Varianten und herkömmliche Hybridfahrzeuge den Markt teilen. Mit Erdgas und Flüssiggas betriebene Fahrzeuge können im Vergleich zu heute ebenfalls zulegen. Auch Brennstoffzellenantriebe werden zur Marktreife weiterentwi-ckelt, bleiben aber eine Nischentechnologie.

2020 2030 2040 2050

Benzin ohne Hybrid 3.118 1.830 655 0

Benzin Hybrid 425 2.110 2.397 2.029

Diesel 3.301 1.885 865 242

Erdgas 100 244 389 391

Flüssiggas 100 241 388 391

Elektroantrieb (rein) 12 168 643 1.042

Elektroantrieb (plug-in) 17 217 886 1.566

Brennstoffzellenantrieb 0 0 8 85

Tabelle 5-2: Fahrleistung PKW nach Antriebsart in Millionen Fahrzeugkilometern

In der Abbildung 5-24 ist der Endenergieverbrauch des gesamten Verkehrssektors abgebildet. Der Straßen-verkehr bleibt auch auf lange Sicht der Verkehrsbereich mit dem höchsten Energiebedarf. Es ist jedoch eine Veränderung des Verhältnisses von Güter- und motorisiertem Individualverkehr im Straßenverkehr zu ver-zeichnen. Im Straßengüterverkehr können die Effizienzfortschritte bei den Antrieben das Verkehrswachstum nicht vollständig kompensieren, der Rückgang des Endenergieverbrauchs in diesem Bereich ist nur marginal. Der Straßengüterverkehr löst damit den motorisierten Individualverkehr als den Bereich mit dem höchsten Energiebedarf ab. Beim Individualverkehr können Effizienzfortschritte bei einzelnen Antriebssystemen und die Verlagerung zwischen den Technologien eine deutliche Absenkung des Energiebedarfs bewirken. Die Be-reiche Flug- und Schienenverkehr bleiben für den gesamten Energieverbrauch von untergeordneter Bedeu-tung, wobei der Energieverbrauch des Schienenverkehrs zunimmt. Dies ist bedingt durch die Verlagerung von Personen- und Güterverkehrsleistung auf die Schiene. Der Energieverbrauch des Flugverkehrs wird im Saarland sogar rückläufig sein. Obwohl die Verkehrsleistung pro Person leicht zunimmt, ist der Energiever-brauch dieses Verkehrsbereichs durch Effizienzfortschritte, aber vor allem aufgrund der demografischen Entwicklung, insgesamt rückläufig.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 81

Abbildung 5-24

15.000

20.000

25.000

30.000

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5.000

0Tera

Jou

le

2005 2050204020302020

Schienenverkehr

MIV

Güter Straße

Flugverkehr

Abbildung 5-24: Endenergieverbrauch Verkehrssektor im Klimaschutz-Szenario

Die Entwicklung des Endenergieverbrauchs im Klimaschutz-Szenario unterscheidet sich in der Tendenz nicht wesentlich von der in der Referenzentwicklung. Die Verhältnisse der einzelnen Verkehrsbereiche untereinan-der sind ähnlich. Das Niveau unterscheidet sich dagegen sehr wohl, so wird der Energiebedarf des gesamten Verkehrssektors deutlich mehr gesenkt als im Referenz-Szenario (vgl. Abbildung 5-11).

Die Entwicklung der CO2-Emissionen unterscheidet sich zwischen den Szenarien dagegen sehr viel deutli-

cher. Dies liegt zum einen an der Verlagerung eines Teils der Verkehrsleistung von der Straße auf die Schiene. Zum anderen kommen gerade im motorisierten Individualverkehr sehr viel CO

2-ärmere Energieträger zum

Einsatz. Hier ist vor allem die Elektrifizierung eines bedeutenden Teils des Individualverkehrs von Bedeutung. Auch für den wachsenden Schienenverkehr stellt Strom die primäre Antriebsform dar.

Wie in den anderen Sektoren auch, werden die Emissionen, die bei der Bereitstellung von Strom entstehen, dem jeweiligen Verbrauchssektor zugeordnet. Im Klimaschutz-Szenario werden im Zeitablauf immer größere Teile des Strom aus regenerativen Quellen bereitgestellt, so dass ein steigender Stromanteil am gesamten Endenergieverbrauch nicht gleichzeitig mit mehr Emissionen verbunden ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor für die Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor ist die Substitution

von fossilen flüssigen Kraftstoffen durch Biokraftstoffe. Es wird die Weiterentwicklung von Biokraftstoffen unterstellt, so dass vermehrt auch biogene Reststoffe zu Kraftstoffen verarbeitet werden können, die sich heute noch nicht dazu eignen. Man spricht von Biokraftstoffen der zweiten und dritten Generation, die in der Lage sind, fossile Kraftstoffe auch in größeren Mengen zu ersetzen. Dies trifft vor allem für den Güter-verkehr zu, in dem flüssige Kraftstoffe aufgrund ihrer Energiedichte derzeit als alternativlos eingeschätzt werden. Neben fehlenden Alternativen trägt die relativ hohe Zahlungsbereitschaft im Verkehrssektor dazu bei, dass die Biomasse aufgrund der Nachfrage in diesen Sektor geleitet wird.

Die Produktion von Biokraftstoffen der zweiten und dritten Generation wird wahrscheinlich in großtechni-schen Anlagen erfolgen, die ähnlich wie heutige fossile Raffinerieindustrien durch eine hohe Konzentration von Produktionskapazitäten geprägt sind. Die Rohstofflieferungen und Verteilung der Biokraftstoffe werden

Page 82: Masterplan Energie

82 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

dabei wahrscheinlich in großräumigen Maßstäben organisiert werden, so dass der saarländische Biokraft-stoffbedarf nicht zwangsläufig mit der Biomasseproduktion im Saarland in Verbindung stehen dürfte. So kommen Biokraftstoffe auch aus anderen deutschen Gebieten, zum Teil auch aus Importen. In beiden Fällen ist auf die Nachhaltigkeit bei der Biokraftstoffproduktion besonders zu achten.

Die schrittweise Substitution fossiler Kraftstoffe durch Biokraftstoffe und die Elektrifizierung des Verkehrs mit im Zeitablauf sinkenden CO

2-Emissionsfaktoren des eingesetzten Stroms ermöglichen im Klimaschutz-

Szenario eine Reduktion der CO2-Emissionen im Verkehrssektor um 27 % bis 2020 und um 93 % bis 2050

(Abbildung 5-25). Absolut gesehen entspricht dies einer Absenkung von fast 2 Mio. t in 2005 auf gut 1,4 Mio. t in 2020 und auf nur noch 135.000 t in 2050. Die am Ende des Betrachtungszeitraums noch verblei-benden Emissionen sind den gasbetriebenen Fahrzeugen sowie den für Elektromobilität und Schienenver-kehr benötigen Strommengen zuzuordnen.

Abbildung 5-25

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-25: CO2-Emissionen Verkehrssektor im Klimaschutz-Szenario

5.4.6. UmwandlungssektorDie zukünftige Entwicklung des Umwandlungssektors im Saarland wird sich, wie bereits im Referenz-Sze-nario beschrieben, an den sich verändernden Rahmenbedingungen orientieren. Dazu gehören vor allem die Liberalisierung des Strommarktes und die Preisbildung für Strom an der Börse in Leipzig. Hinzu kommt der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit dem gesetzlich garantierten Einspeisevorrang. Es wird im Klima-schutz-Szenario unterstellt, dass die Förderung der Erneuerbaren Energien bis zur Marktreife beibehalten wird. Der Bereitstellung von fossiler Regelenergie kommt vor dem Hintergrund des im Juni 2011 beschlos-senen Atomausstiegs vor allem kurz- bis mittelfristig eine besondere Bedeutung zu. Hierbei können die bestehenden Kohlekraftwerke und zukünftig Gas- und Dampfkraftwerke die notwendige spezifische Dienst-leistung anbieten.

Das bestehende Strommarktmodell bietet derzeit noch keine finanziellen Anreize für bestehende Kraftwer-ke, die für einen Ausgleich von Lastschwankungen im Stromerzeugungssystem sorgen können und damit Engpässe vermeiden. Gerade vor dem Hintergrund der von der Bundesregierung geplanten fossilen Kaltre-serve und des Aufbaus von 10 GW neuer Kraftwerksleistung kommt die Schaffung von Kapazitätsmärkten in Betracht. Dies könnte für die strom- und wärmeseitig gut angeschlossenen saarländischen Kraftwerks-standorte zusätzliche Perspektiven eröffnen.

Page 83: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 83

Im Klimaschutz-Szenario wird weiterhin unterstellt, dass der Umbau zu einem klimaverträglicheren Energie-system breite gesellschaftliche Akzeptanz erfährt. Dies bedeutet implizit, dass es keine spürbaren Widerstän-de bei der Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere was sowohl den Bau von Anlagen als auch die Errichtung von Stromleitungen angeht, geben wird. Im Gegenteil soll die aktive Unterstützung von Vorhaben durch finanzielle und organisatorische Beteiligung einer Vielzahl von Gruppen aus dem privaten, wirtschaftlichen und politischen Bereich zu einem weitergehenden Ausbau der Erneuerbaren Energien füh-ren, als dies im Referenz-Szenario unterstellt wurde.

Die Potenziale für die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien im Saarland sind enorm, wie verschiedene Studien für einzelne Erneuerbare Energieträger gezeigt haben. So liegt das Solarpotenzial bis zum Jahr 2050 bei über 6.000 GWh [Klärle, 2011], jenes der Windenergie bei über 5.000 GWh [AL PRO, 2011]. Hinzu kom-men weitere Potenziale aus Biomasse und Geothermie. Rechnerisch wäre damit die Deckung des gesamten heutigen Strombedarfs im Saarland möglich. Bei einem zukünftig reduzierten Strombedarf steigt damit auch die Möglichkeit, vermehrt Strom aus Erneuerbaren Energien zu exportieren. Im Saarland wurde über die Jahre ein gut ausgebautes Höchstspannungsnetz zum Stromtransport aufgebaut und immer wieder instand gesetzt. Somit stehen ausreichend Transportkapazitäten auf der Stromseite zur Verfügung.

Der saarländische Kraftwerkspark unterliegt bei der Einschätzung der Wirtschaftlichkeit je Standort dem je-weiligen Betreiberunternehmen. Diese vergleichen auf der nationalen und internationalen Ebene die Stand-orte nach Effizienz und Kostenstrukturen und steuern damit die Fahrweise des jeweiligen Kraftwerks.

Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien im Saarland, in Deutschland und in Europa wird der überre-gionale Austausch von Strom in Zukunft stark zunehmen. Eine rein bilanzielle Zurechnung der im Saarland erzeugten Mengen Erneuerbarer Energie wird damit zunehmend problematisch. Deshalb wird für den saar-ländischen Strombedarf ein Energieträgermix unterstellt, wie er in Abbildung 5-26 dargestellt ist.

Abbildung 5-26

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000

10.000

2.000

3.000

1.000

0GW

h

20502005 204020302020

Erneuerbare

Gas

Kohle

Abbildung 5-26: Abdeckung des Bruttostrombedarfs im Klimaschutz-Szenario nach Energieträgern

Ein gravierender Unterschied zum Referenz-Szenario besteht im Verlauf des Strombedarfs für das Saarland in den einzelnen Stützjahren. Dieser geht im Klimaschutz-Szenario auf knapp unter 5.000 GWh im Jahr 2050

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84 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

zurück. Die Effizienzmaßnahmen und der demografische Wandel führen im Klimaschutz-Szenario also dazu, dass deutlich weniger Strom bereitgestellt werden muss. Gleichzeitig wird unterstellt, dass die Erneuerbaren Energien schneller ausgebaut werden, so dass bereits im Jahr 2020 20 % des saarländischen Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen abgedeckt wird.

Analog zum Referenz-Szenario nimmt der Anteil von Gas im Klimaschutz-Szenario bis 2020 zu. Ebenfalls ähnlich den Prämissen im Referenz-Szenario geht die Kohleverstromung in den nächsten drei Jahrzehnten sukzessive zurück. Durch den etwas stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien in Verbindung mit dem sin-kenden Strombedarf aufgrund von Effizienzmaßnahmen ist ein schwächerer Ausbau fossiler Kapazitäten auf Gasbasis notwendiger als in der Referenz-Entwicklung. Es sei jedoch ein weiteres Mal darauf hingewiesen, dass eine größere Kapazität sowohl auf Basis fossiler als auch Erneuerbarer Energien im Saarland möglich ist, Stromexport jedoch in der Darstellung dieses Masterplans nicht bilanziert wird.

Außerdem sei darauf hingewiesen, dass bei großtechnischer Einsetzbarkeit der CCS-Technologie in Verbin-dung mit einer möglichen Methanisierung die Kohleverstromung, jedenfalls unter Gesichtspunkten der CO

2-

Reduktion, neu zu bewerten wäre.

Den Endenergieverbrauchssektoren werden die CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor gemäß ihrem

Verbrauch zugeordnet. Dabei kommt, wie in Kapitel 4 zur Datenabgrenzung und beim Referenz-Szenario im Abschnitt zum Umwandlungssektor (5.3.6) erläutert, ein CO

2-Faktor je kWh Stromverbrauch zur Anwen-

dung, der nach dem Konzept einer saarländischen Verursacherbilanzierung in diesem Bericht entwickelt wurde. Dieser CO

2-Faktor ändert sich im Zeitablauf mit der sich verändernden Zusammensetzung des saar-

ländischen Strommixes.

Mit den unterstellten Annahmen für den Strommix sinkt der CO2-Faktor im Klimaschutz-Szenario schneller

als in der Referenz-Entwicklung. Von über 800 g CO2/kWh im Basisjahr sinkt der Faktor im Klimaschutz-

Szenario auf ca. 650 g/kWh in 2020. Der Unterschied zum Referenz-Szenario ist in diesen Zeithorizont noch relativ gering (Referenz ca. 700 g/kWh). Dies liegt an dem noch relativ hohen Kohleanteil am Erzeugungsmix in beiden Szenarien. Der sinkende Strombedarf aufgrund von Effizienzmaßnahmen führt zusammen mit dem steigenden Anteil aus Erneuerbaren Energien aber schon in der mittleren Frist zu einem stark sinkenden CO

2-Faktor, der bis 2050 nur noch bei ca. 110 g/kWh liegt. Dies entspricht einer Verbesserung um ca. 86 %.

Für die Fernwärme wird ebenfalls ein stetig sinkender CO2-Faktor modelliert. Analog zum Referenz-Szenario

wird unterstellt, dass Abwärmepotenziale, vor allem bei der Industrie, erschlossen werden. Zu nennen wäre hier beispielhaft das Projekt Contitherm bei Michelin. Ferner wird vom Anschluss CO

2-neutraler Anlagen wie

Blockheizkraftwerke auf Biomassebasis ausgegangen. Der fossile Anteil der Wärmequellen wird so sukzes-sive verkleinert, wobei bei den verbleibenden fossilen Kapazitäten von einer Substitution von Kohle zu Gas ausgegangen wird.

Auf der Nachfrageseite spielen für die Fernwärmeversorgung der Rückgang des Wärmebedarfs bei den privaten Haushalten und beim Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistungen eine wichtige Rolle. In diesen beiden Sektoren geht der Bedarf aufgrund der Sanierung von Gebäuden um 80 bis 90 % zurück. Auch in der Industrie wurde ein Rückgang des Fernwärmebedarfs aufgrund von Effizienzmaßnahmen modelliert. In

Page 85: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 85

der Summe geht der Fernwärmebedarf im Klimaschutz-Szenario bis 2020 um ca. 1/3 und bis 2050 um über 70 % zurück, jeweils gegenüber dem Basisjahr 2005.

Im Vergleich zum Referenz-Szenario werden beim Anschluss von CO2-armen bzw. CO

2-freien Quellen an

Fernwärmesysteme nur marginale Unterschiede unterstellt. Aufgrund der stärkeren Absenkung des Bedarfs kommt diesen Quellen, insbesondere der Abwärmenutzung, jedoch eine stärkere Bedeutung zu, die hilft, den CO

2-Faktor der Fernwärmenutzung zu senken. Dieser verringert sich im Klimaschutz-Szenario von 418

g CO2/kWh in 2005 auf ca. 50 g/kWh in 2050.

Da die CO2-Emissionen aus dem Umwandlungssektor den einzelnen Endenergieverbrauchsektoren zuge-

ordnet werden, wird auf eine aggregierte grafische Darstellung der Emissionen dieses Sektors an dieser Stelle verzichtet. Unter den hier unterstellten Annahmen ist im Klimaschutz-Szenario ein Rückgang der CO

2-

Emissionen aus dem Kraftwerkspark um über 90 % von ca. 7,7 Mio. t in 2005 auf nur noch knapp eine halbe Million Tonnen CO

2 bis 2050 möglich. Die Reduktion von über 90 % ist auf mehrere Faktoren zurück-

zuführen. Zum einen geht die Nachfrage nach Strom und Fernwärme insgesamt deutlich zurück. Zweitens übernehmen die Erneuerbaren Energien immer größere Anteile, was mit keinen direkten CO

2-Emissionen

verbunden ist. Der dritte Faktor zur CO2-Reduktion ist in der Tatsache zu sehen, dass der verbleibende fossile

Energiebedarf im Umwandlungssektor durch Gas bereitgestellt wird.

Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die CO2-Emissionen für verschiedene Erzeugungsoptionen.

emissionen in g/kWhel

strom aus Co2-Äquivalente nur Co2

AKW (Uran nach Import-Mix) 32 31

AKW (Uran nur aus Russland) 65 61

Import-Steinkohle-Kraftwerk 949 897

Import-Steinkohle Heizkraftwerk 622 508

Braunkohle-Kraftwerk 1.153 1.142

Braunkohle-Heizkraftwerk 729 703

Erdgas-GuD Kraftwerk 428 398

Erdgas-GuD-Heizkraftwerk 148 116

Erdgas-Blockheizkraftwerk 49 5

Biogas-Blockheizkraftwerk -409 -414

Windpark onshore 24 23

Windpark offshore 23 22

Wasser-Kraftwerke 40 39

Solarzelle (multikristallin) 101 89

Solarstrom-Import (Spanien) 27 25

Tabelle 5-3: Emissionen je kWh Strom nach Erzeugungsarten (Quelle: Fritsche et al. (2007), Ökoinstitut, SRU)

Page 86: Masterplan Energie

86 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

5.4.7. Zusammenfassung der CO2-Emissionen im Klimaschutz-SzenarioUnter den gegebenen Annahmen sinkt der CO

2-Ausstoß insgesamt um 24 % bis 2020 und um 80 % bis

2050, jeweils gegenüber dem Basisjahr 2005. In absoluten Zahlen entspricht dies einem Rückgang von 22 Mio. t in 2005 auf 16,7 Mio. t bis 2020 und auf ca. 4,2 Mio. t in 2050 (Abbildung 5-27). Das im Koaliti-onsvertrag vereinbarte Ziel einer 80 %igen Reduzierung der CO

2-Emissionen bis 2050 im Saarland wird im

Klimaschutz-Szenario real erreicht. Das harmonisierte Szenario kommt sogar auf eine Einsparung in Höhe von 90 %.

Abbildung 5-27

25.000.000

15.000.000

20.000.000

5.000.000

10.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Abbildung 5-27: CO2-Emissionen im Klimaschutz-Szenario insgesamtAbbildung 5-28

14.000.000

6.000.000

10.000.000

8.000.000

12.000.000

2.000.000

4.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Abbildung 5-28: Gesamtübersicht der CO2-Emissionen im Klimaschutz-Szenario harmonisiert

In allen Sektoren außer dem Industriesektor ist demnach eine nahezu vollständige CO2-Reduzierung möglich.

In der harmonisierten Variante (Abbildung 5-28) sinkt mit Blick auf die CO2-Reduktion die Bedeutung des

Industriesektors im Vergleich zu den anderen Sektoren. Gelingt die Senkung der CO2-Emissionen des Indust-

riesektors in einer Größenordnung, wie hier im Klimaschutz-Szenario unterstellt wurde, wäre dies ein großer

Page 87: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 87

Erfolg. Dies ist jedoch nur mit neuen technischen Maßnahmen lösbar. Ob und inwieweit derartige Maßnah-men zur Verfügung stehen, ist nicht absehbar. Alternativen wie das Gichtgaskraftwerk am Hüttenstandort Dillingen, das aus den überschüssigen Hochofengasen der Dillinger Hütte Strom und Dampf erzeugt, sind wegweisende Beispiele, um CO

2 im industriellen Prozess zu reduzieren.

5.5. „geHeMMtes“ sZeNario

5.5.1. Allgemeine VorbemerkungenNeben dem Referenz- und dem Klimaschutz-Szenario wird ein dritter möglicher Entwicklungspfad skizziert, der mit dem Titel „Gehemmtes“ Szenario überschrieben ist. Hierbei soll eine Entwicklung beschrieben wer-den, bei der in verschiedenen Bereichen Hemmnisse die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen behindern und insgesamt ein Weg eingeschlagen wird, der nicht zu dem aus Gründen des Klimaschutzes, der Versorgungssi-cherheit, der Sozialverträglichkeit und der Wirtschaftlichkeit notwendigen Umbau des Energiesystems führt.

Dabei wurde die Entwicklung des Referenz-Szenarios in weiten Teilen übernommen. Nur an einigen we-nigen, aber wesentlichen Stellen wurden die Annahmen verändert. Diese Veränderungen betreffen den Bereich der Gebäudesanierung im privaten Haushaltssektor, die Entwicklung der Effizienzfortschritte in den Sektoren Industrie und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen sowie den Umwandlungssektor bezüglich der Annahmen für die Zusammensetzung der eingesetzten Energieträger.

5.5.2. Private HaushalteWie in den beiden anderen Szenarien werden bei den privaten Haushalten die Verwendungszwecke Raum-wärme, Warmwasser, Kochen und Elektrogeräte unterschieden. Die Entwicklung bei den drei letztgenannten verläuft hier in absoluten Werten gesehen wie im Referenz-Szenario.

Lediglich beim Energiebedarf für Raumwärme wurde von den Annahmen im Referenz-Szenario abgewichen. Es wird unterstellt, dass die Sanierung des Gebäudebestandes eher schleppend verläuft und somit der Heiz-energiebedarf nicht so schnell bzw. stark sinkt wie im Referenz-Szenario. Konkret wurde die Verbesserungs-rate bei der Veränderung des Durchschnitts der energetischen Qualität des Gebäudebestands im Vergleich zum Referenz-Szenario halbiert. In der Praxis würde dies bedeuten, dass nur der Hälfte der Sanierungsmaß-nahmen durchgeführt oder dass bei einer Sanierung nur die Hälfte der Sanierungseffizienz erreicht würde. In der aggregierten Betrachtung wäre wohl von einer Kombination der beiden Fälle auszugehen. Es wird hier allgemein modelliert, dass die Verbesserung des Gebäudebestandes nur halb so schnell vorankommt wie in der Referenzentwicklung. Dies entspricht ungefähr dem Sanierungsfortschritt der Vergangenheit von ca. 1 % pro Jahr.

Im Referenz-Szenario wurde eine Absenkung des Heizenergiebedarfs von 160 kWh/m2a auf 130 kWh/m2a bis 2020 modelliert. Im Gehemmten Szenario sinkt dieser Wert lediglich auf 144 kWh/m2a. Bis 2050 wird im Gehemmten Szenario eine Absenkung auf 113 kWh/m2a für den Durchschnitt des Gebäudebestands unter-stellt, im Gegensatz zu 80 kWh/m2a im Referenz-Szenario. In Kombination mit der zu beheizenden Fläche, die in beiden Szenarien gleich modelliert wurde, sinkt der Endenergiebedarf für Raumwärme in den privaten

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88 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Haushalten bis 2020 lediglich um 22 % (Ref. 30 %) und bis 2050 um 54 % (Ref. 67 %). Bezüglich der ein-gesetzten Energieträger wurde keine Veränderung in der Zusammensetzung angenommen.

Zusammen mit den anderen Verwendungszwecken sinkt der Endenergiebedarf der privaten Haushalte im Gehemmten Szenario bis 2020 um 21 % und bis 2050 um 51 % (Abbildung 5-29). Bedenkt man, dass auf-grund des demografischen Wandels die Bevölkerung und damit die zu beheizende Fläche deutlich zurück-geht, sind die Einsparungen der privaten Haushalte im Gehemmten Szenario eher bescheiden.Abbildung 5-29

35.000

45.000

40.000

30.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0Tera

Jou

le

2005 2020 2030 2040 2050

Raumwärme

Warmwasser

Kochen

Elektrogeräte

Abbildung 5-29: Endenergieverbrauch private Haushalte im Gehemmten SzenarioAbbildung 5-30

3.500.000

4.500.000

4.000.000

3.000.000

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-30: CO2-Emissionen der privaten Haushalte im Gehemmten Szenario

Auch bei der Entwicklung der CO2-Emissionen der privaten Haushalte sind die langsamen Effizienzfortschrit-

te bei der Raumwärmebereitstellung erkennbar (Abbildung 5-30). Die Emissionen sinken gegenüber dem Basisjahr bis 2020 um 22 % (Ref. 27 %) und bis 2050 um 65 % (Ref. 80 %). Im Gehemmten Szenario sind die privaten Haushalte am Ende des Betrachtungszeitraums für ca. 1,4 Mio. CO

2 verantwortlich.

Page 89: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 89

5.5.3. Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und IndustrieAuch im Wirtschaftsbereich, also in den beiden Sektoren Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und Industrie, werden die meisten Annahmen aus dem Referenz-Szenario übernommen. Insbesondere die Wirtschaftsent-wicklung in den einzelnen Branchen wird wie im Referenz-Szenario modelliert. Eingegriffen wird lediglich bei der Entwicklung der spezifischen Energieverbräuche. Hier wird unterstellt, dass Effizienzpotenziale nur schleppend und nicht vollständig ausgenutzt werden.

In der Vergangenheit hat eine Vielzahl von Hemmnissen verhindert, dass wirtschaftliche Möglichkeiten zur Reduzierung von Energieverbrauch und -kosten in Betrieben realisiert wurden. In diesem Szenario wird unter-stellt, dass diese Hemmnisse auch zukünftig nicht komplett überwunden werden können. Vereinfacht wird angenommen, dass die Effizienzsteigerungen in den einzelnen Branchen nur halb so schnell erfolgen wie im Referenz-Szenario. Die dementsprechend langsamer fallenden spezifischen Energieverbräuche werden mit der Bruttowertschöpfung der einzelnen Branchen verknüpft, um die Endenergieverbräuche zu ermitteln.

Von besonderem Interesse ist die Entwicklung der CO2-Emissionen im Dienstleistungs- und im Industriesektor

aufgrund der gehemmten Effizienzfortschritte. Bei den Berechnungen der CO2-Emissionen aus dem End-

energieverbrauch wurde die gleiche Energieträgerzusammensetzung wie im Referenz-Szenario unterstellt. Lediglich der CO

2-Faktor für Strom wurde angepasst, da im Gehemmten Szenario auch eine andere Entwick-

lung im Umwandlungssektor unterstellt wird, wie im nächsten Abschnitt beschrieben wird.

Im Dienstleistungssektor sinken die CO2-Emissionen im Gehemmten Szenario von 3 Mio. t in 2005 auf ca.

2,6 Mio. t in 2020 und auf ca. 1,4 Mio. t in 2050 (Abbildung 5-31). Diese Entwicklung zeigt, dass Effizienz-verbesserungen im Dienstleistungssektor einen entscheidenden Einfluss auf die Emissionen dieses Sektors haben. Im Referenz- und Klimaschutz-Szenario wird eine Senkung der Emissionen auf unter eine halbe Mil-lion Tonnen CO

2 erreicht.

Ebenso führen die schwächeren Effizienzfortschritte im Industriesektor nur zu einer moderaten Absenkung der CO

2-Emissionen. Bis 2020 steigen die CO

2-Emissionen des Industriesektors von 13,4 Mio. t in 2005 sogar

noch auf über 14 Mio. t an (Abbildung 5-32). Mittelfristig können die Effizienzfortschritte also den steigen-den CO

2-Ausstoß in diesem Szenario aufgrund des Wirtschaftswachstums nicht kompensieren. Bis 2050

sinken die Emissionen im Gehemmten Szenario dann auf 9,5 Mio. t ab.

In der harmonisierten Variante steigt der CO2-Ausstoß von 3,5 Mio. t in 2005 auf 3,6 Mio. t in 2020 an. Bis

2050 sinkt dieser dann auf 2,3 Mio. t (Abbildung 5-32).

Page 90: Masterplan Energie

90 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 5-31

3.500.000

3.000.000

2.500.000

2.000.000

1.500.000

1.000.000

500.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Abbildung 5-31: CO2-Emissionen des Sektors GHD im Gehemmten SzenarioAbbildung 5-32

16.000.000

14.000.000

12.000.000

10.000.000

8.000.000

6.000.000

4.000.000

2.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Emissionen real Emissionen harmonisiert

Abbildung 5-32: CO2-Emissionen Industriesektor im Gehemmten Szenario real vs. harmonisiert

5.5.4. UmwandlungssektorBei der Energieumwandlung wird unterstellt, dass der Umbau des Energiesystems sehr viel langsamer von-statten geht, als dies im Referenz- oder im Klimaschutz-Szenario der Fall ist. Dies betrifft zum einen den Ausbau der Erneuerbaren Energien, aber auch die Zusammensetzung des fossilen Anteils der zukünftigen Stromversorgung.

Der größte Unterschied zu den anderen beiden Szenarien liegt jedoch in der Höhe des zukünftigen Strom-bedarfs. Aufgrund der schwächeren Effizienzfortschritte bei gleichzeitigem Wachstum steigt der Stromver-brauch in der Summe aller Sektoren mittelfristig bis 2020 weiter an. Danach geht der Strombedarf zwar langsam zurück, liegt aber gegen Ende des Betrachtungszeitraums noch auf heutigem Niveau (Abbildung 5-33). In den anderen Szenarien wurde hingegen ein drastischer Rückgang des Strombedarfs modelliert.

Es wäre also deutlich mehr Kraftwerkskapazität vorzuhalten, als dies in den anderen Szenarien der Fall ist. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien verläuft langsamer als im Referenz-Szenario. Dies führt zusammen

Page 91: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 91

mit dem weiterhin hohen Stromverbrauch zu einem größeren Bedarf an fossiler Kapazität. Es wird unterstellt, dass weiterhin ein starker Akzent auf die Kohleverstromung gelegt wird. Zwar wird auch in diesem Szenario ein Ausbau der Erzeugungskapazität auf Basis von Erdgas unterstellt, gleichzeitig bleibt der Kohleanteil mit-telfristig relativ hoch. Auch gegen Ende des Betrachtungszeitraums befindet sich in diesem Szenario noch Kohle im saarländischen Strommix (Abbildung 5-33). Für die Annahme einer noch im Jahr 2050 existenten Kohleverstromung sind entweder sehr weitreichende Nachrüstmaßnahmen an bestehenden Kraftwerken oder der Neubau von Kapazitäten notwendig, die in diesem Szenario nicht explizit ausgeschlossen werden.

Abbildung 5-33

4.000

6.000

8.000

10.000

12.000

2.000

0GW

h

20502005 204020302020

Erneuerbare

Gas

Kohle

Abbildung 5-33: Abdeckung des Bruttostrombedarfs im Saarland im Gehemmten Szenario

Für den CO2-Emissionsfaktor je kWh Strom und letztlich die gesamten CO

2-Emissionen des Umwandlungs-

sektors ist der hohe Anteil fossiler Energieträger, insbesondere der Kohle, von besonderer Bedeutung. So sinkt der CO

2-Faktor im Gehemmten Szenario von über 800 g/kWh in 2005 auf ca. 760 g/kWh in 2020 und

auf ca. 400 g/kWh in 2050. Im Referenz-Szenario war dagegen in 2050 ein Wert von ca. 200 g/kWh erreicht.

Auch der CO2-Faktor für die Fernwärme entwickelt sich im Gehemmten Szenario langsamer als im Referenz-

Szenario. Dies liegt u.a. an dem weniger stark sinkenden Raumwärmebedarf im privaten und gewerblichen Sektor sowie den schwächeren Effizienzfortschritten im gewerblichen und industriellen Bereich. Durch beide Faktoren geht der Fernwärmebedarf weniger stark zurück als im Referenz-Szenario. In der Folge bleibt der Anteil von Erneuerbaren Energien und Abwärme in der Fernwärme kleiner, da diese Quellen im Gehemmten Szenario nicht stärker ausgebaut werden als in der Referenz-Entwicklung. Der fossile Anteil, inklusive Kohle, bleibt entsprechend relativ hoch. Als Konsequenz bleibt der CO

2-Emissionsfaktor für die Fernwärme im Ge-

hemmten Szenario bis 2020 mit 400 g/kWh im Vergleich zu 418 g/kWh in 2005 relativ hoch. Bis 2050 sinkt er auf 200 g/kWh, im Referenz-Szenario wurde ein Wert von 100 g/kWh modelliert.

Insgesamt sinken die CO2-Emissionen des Umwandlungssektors im Gehemmten Szenario von 7,7 Mio. t in

2005 um 10 % auf ca. 7 Mio. t in 2020 und auf 3,5 Mio. t in 2050. Diese Emissionen werden, wie bei den anderen beiden Szenarien auch, nicht in der aggregierten Betrachtung separat ausgewiesen, sondern über die CO

2-Emissionsfaktoren dem Endenergieverbrauch der einzelnen Sektoren angelastet.

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92 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

5.5.5. Zusammenfassung der CO2-Emissionen im Gehemmten SzenarioIm Gehemmten Szenario sinken die CO

2-Emissionen bis 2020 kaum ab (Abbildung 5-34). Es werden immer

noch über 21 Mio. t CO2 ausgestoßen, im Vergleich zu 22 Mio. im Basisjahr 2005. Im Industriesektor steigen

die Emissionen bis zu diesem Zeitpunkt sogar noch an, dies wird jedoch teilweise von den anderen Sektoren kompensiert. Mittel- bis langfristig sinken die CO

2-Emissionen in allen Sektoren langsam ab. Bis 2050 ist das

Gesamtniveau mit über 13 Mio. t immer noch sehr hoch, so dass Impulse für den notwendigen Umbau der Energielandschaft ausbleiben und die Klimaschutzziele klar verfehlt würden.

Abbildung 5-34

25.000.000

15.000.000

20.000.000

5.000.000

10.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Abbildung 5-34: CO2-Emissionen im Gehemmten Szenario insgesamtAbbildung 5-35

14.000.000

6.000.000

8.000.000

10.000.000

12.000.000

2.000.000

4.000.000

0t C

O2

2005 2050204020302020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Abbildung 5-35: CO2-Emissionen im Gehemmten Szenario harmonisiert

Auch in der harmonisierten Variante (Abbildung 5-35) wird im Gehemmten Szenario mit einem Rückgang um 50 % das Klimaschutzziel nicht erreicht. Zwar sinken die Emissionen prozentual gesehen stärker als in der realen Darstellung, doch ist das Saarland im Gehemmten Szenario mit 6 Mio. Tonnen weit davon entfernt, das Ziel einer 80 %-igen Reduzierung zu erreichen. Da durch den demografischen Wandel die

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 93

Bevölkerung bis 2050 auf ca. 752.000 Einwohner zurückgeht, sind die Pro-Kopf-Emissionen im Gehemmten Szenario in 2050 immer noch sehr hoch. In der harmonisierten Variante wären es 8 t pro Kopf, in der realen Entwicklung sogar 17 t pro Kopf.

Im Vergleich liegt der pro Kopf Ausstoß an CO2 in Gesamtdeutschland aktuell bei 10 t pro Kopf. Dieser sollte

nach den Klimaschutzzielen bis 2050 auf 2 t pro Kopf sinken. Das Gehemmte Szenario verdeutlicht die Not-wendigkeit, in allen Bereichen große Effizienzanstrengungen zu unternehmen und die Energieversorgung von fossilen auf regenerative Energien umzustellen. Der Rückgang der absoluten Emissionsmengen im Ge-hemmten Szenario darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der in diesem Szenario skizzierte Entwicklungs-pfad den Erfordernissen einer nachhaltig handelnden Gesellschaft nicht gerecht wird.

5.6. sZeNarieNVergleiCH

Der Szenarienvergleich nimmt die Entwicklung der CO2-Emissionen in den Fokus. Diese liegen im Basisjahr

im Saarland bei 22 Mio. t. Dabei sind die Emissionen des exportierten Stroms bereits ausgeblendet. Die Emissionen des Umwandlungssektors sind demnach in der Abbildung in den Balken der einzelnen Sektoren enthalten.

Der Energieträgermix im Umwandlungssektor entwickelt sich in den Szenarien unterschiedlich. Daraus re-sultieren dann auch unterschiedliche CO

2-Emissionsfaktoren. Im Basisjahr liegt der CO

2-Faktor für eine kWh

Strom bei über 800 g. Im Referenz-Szenario sinkt dieser bis 2020 auf ca. 700 g/kWh und auf ca. 200 g/kWh in 2050. Im Klimaschutz-Szenario ist dieser Rückgang auf ca. 650 g/kWh in 2020 und auf ca. 110 g/kWh in 2050 stärker, im Gehemmten Szenario mit ca. 760 g/kWh in 2020 und ca. 400 g/kWh in 2050 deutlich schwächer.

Die unterschiedlichen Emissionsfaktoren in den drei Szenarien sind neben den realen Energieeinsparungen ein weiterer Einflussfaktor für die unterschiedliche Entwicklung der CO

2-Emissionen innerhalb der Sektoren.

Im Bereich der privaten Haushalte ist der Unterschied zwischen den einzelnen Szenarien in erster Linie in der Sanierung der Gebäude zu sehen. Hier sind die Absenkung des Heizenergiebedarfs und die Wahl der Energieträger für die Heizungssysteme die entscheidenden Faktoren. Im Klimaschutz-Szenario ist sowohl die Absenkung des Heizenergiebedarfs durch Sanierungsmaßnahmen sehr viel weitgehender als in den anderen beiden Szenarien, als auch der Einsatz Erneuerbarer Energien höher. Das Referenz- und das Gehemmte Sze-nario unterscheiden sich lediglich in der Sanierungstätigkeit, der Energieträgermix bei den Heizungssystemen wird analog abgebildet.

Im Verkehrssektor besteht kein Unterschied zwischen dem Referenz- und dem Gehemmten Szenario. Im Klimaschutz-Szenario wird jedoch eine weitgehende Elektrifizierung des motorisierten Individualverkehrs un-terstellt. Den Restbedarf an flüssigen Energieträgern decken im Klimaschutz-Szenario langfristig vor allem biogene Kraftstoffe.

In den Wirtschaftssektoren Gewerbe, Handel, Dienstleistungen sowie Industrie sind vor allem die Wachs-tumsraten einzelner Branchen und die Verbesserung der spezifischen Energieverbräuche von Bedeutung. Die

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wirtschaftliche Entwicklung im Gehemmten Szenario wird analog zu der des Referenz-Szenarios modelliert. Dabei findet ein Strukturwandel sowohl zwischen den Sektoren Dienstleistungen und Industrie als auch in-nerhalb dieser Sektoren statt. Im Klimaschutz-Szenario läuft dieser Strukturwandel schneller und stärker ab. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung unterscheiden sich die drei Szenarien aber vor allem in den Effizienz-verbesserungen in allen Branchen. Im Klimaschutz-Szenario werden sehr weit gehende Effizienzsteigerungen unterstellt, die über die des Referenz-Szenarios hinausgehen. Im Gehemmten Szenario fallen diese noch schwächer aus als in der Referenz-Entwicklung.

Im Bereich Gewerbe, Handel, Dienstleistungen spielt für die CO2-Emissionen der sich verändernde Umwand-

lungssektor eine entscheidende Rolle. Da der Stromanteil in diesem Sektor relativ hoch ist, sind die Unter-schiede zwischen den drei Szenarien neben den unterschiedlichen Annahmen zu den Effizienzsteigerungen vor allem in den unterschiedlichen CO

2-Emissionsfaktoren für den Stromverbrauch zu sehen.

Die unterschiedliche Entwicklung der CO2-Emissionen des Industriesektors zwischen den Szenarien ist neben

den Annahmen zu Effizienzverbesserungen vor allem auf den Strukturwandel zwischen den einzelnen Bran-chen zurückzuführen.

In der aggregierten Betrachtung der Emissionen in Abbildung 5-36 und Abbildung 5-37 sind die Entwicklun-gen der einzelnen Sektoren und deren Verhältnis zueinander erkennbar. Dabei werden der Übersichtlichkeit halber nur die Stützjahre 2020 und 2050 im Vergleich zum Basisjahr 2005 dargestellt.

Die CO2-Emissionen sinken im Gehemmten Szenario bis 2020 lediglich um 3 %, im Referenz-Szenario um

11 % und im Klimaschutz-Szenario um 24 %. Innerhalb der nächsten Dekade tragen dabei die drei Sektoren privaten Haushalte, Dienstleistungen und Verkehr in allen drei Szenarien deutlich mehr zur Reduzierung der CO

2-Emissionen bei als der Industriesektor. Lediglich im Klimaschutz-Szenario erbringt der Industriesektor bis

dahin nennenswerte Beiträge, im Gehemmten Szenario steigen die Emissionen der Industrie bis 2020 sogar weiter an.

Bis 2050 nehmen die Emissionen insgesamt gegenüber dem Basisjahr 2005 im Gehemmten Szenario um ca. 40 %, im Referenz-Szenario um ca. 55 % und im Klimaschutz-Szenario um 80 % ab. In allen drei Szenarien bleibt die Industrie der CO

2-intensivste Sektor, doch mit erheblichen Unterschieden in den absoluten Werten

zwischen den einzelnen Szenarien. Es sind Emissionsminderungen in allen Sektoren notwendig, um den Treibhausgasausstoß insgesamt zu verringern. Im Klimaschutz-Szenario wird im Jahre 2050 in allen Sektoren außer der Industrie nahezu kein CO

2 mehr ausgestoßen.

In der harmonisierten Variante (Abbildung 5-37) wird die dominante Rolle des Industriesektors relativiert. Dort sind die Reduktionsbeiträge der Sektoren private Haushalte, Dienstleistungen und Verkehr deutlicher erkennbar.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 95

Abbildung 5-36

25.000.000

5.000.000

10.000.000

15.000.000

20.000.000

0t C

O2

20502020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Basis gehemmt

gehemmt

Referenz

Referenz

Klima

Klima

2005

Abbildung 5-36: CO2-Emissionen insgesamt (Szenarienvergleich)Abbildung 5-37

14.000.000

4.000.000

2.000.000

8.000.000

6.000.000

10.000.000

12.000.000

0t C

O2

20502020

Industrie

Verkehr

Haushalte

GHD

Basis

gehemmt

gehemmt

Referenz

Referenz

Klima

2005

Klima

Abbildung 5-37: CO2-Emissionen nach Sektoren harmonisiert (Szenarienvergleich)

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96 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

gehemmtes szenario

referenz- szenario

klimaschutz-szenario

private Haushalte

Heizenergieverbrauch Gebäudebestand

2020 (kWh/m2 pro Jahr) 144 130 113

2050 (kWh/m2 pro Jahr) 113 80 26

Wirtschaft

durchschnittl. jährl. Wirtschaftswachstum 0,9 % 0,9 % 0,9 %

Verbesserungsrate spez. Energieverbrauch

Gewerbe, Handel, Dienstleistung (GHD) 1,1 % 2,2 % 3,2 %

Industrie 0,3 % 0,7 % 1,5 %

Verkehr

Anteil Elektromobilität Individualverkehr

in 2020 < 1 % < 1 % < 1 %

in 2050 25 % 25 % 45 %

umwandlungssektor

Nettostrombedarf (GWh)

in 2020 9.071 8.399 7.384

in 2050 8.659 6.980 4.876

anteil erneuerbare energien (prozent)

in 2020 10 % 15 % 20 %

in 2050 25 % 45 % 70 %

Tabelle 5-4: Übersicht der wesentlichen Annahmen in den Szenarien

5.7. sCHlussfolgeruNgeN

Die Szenarien zeigen das Spektrum auf, in dem sich die Entwicklung im Saarland unter bestimmten Rah-menbedingungen und Annahmen vollziehen kann. Dabei wurde unterstellt, dass trotz eines tiefgreifenden demografischen Wandels ein Wachstum von fast 50 % der Bruttowertschöpfung in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistung möglich ist. Vor dem Hintergrund des energiepolitischen Rahmens auf Bundes-ebene werden bereits im Referenz-Szenario im Saarland ein deutlicher Zuwachs Erneuerbarer Energien und ein deutlicher Rückgang der CO

2-Emissionen zu erwarten sein. Das Ziel einer Reduktion der CO

2-Emissionen

um 80 %, kann erreicht werden, wenn in allen Sektoren massive Anstrengungen unternommen werden und Energie sparsam und effizient eingesetzt wird. Würden die CO

2-Emissionen der Stahlindustrie auf den Bun-

desdurchschnitt normiert, könnte im Klimaschutz-Szenario sogar eine Reduktion um 90 % erreicht werden, im Referenz-Szenario um 70 %, im Gehemmten Szenario jedoch normiert nur um 50 %.

Die Anstrengungen der Vergangenheit reichen für eine verstärkte Emissionsminderung nicht aus. Sie müssen ausgeweitet und verstärkt werden. Damit werden heute nicht nur die Pfade in Richtung eines vorbeugenden Klimaschutzes gelegt, sondern auch der zunehmenden Verknappung und Verteuerung fossiler Energieres-

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sourcen entgegengewirkt. Die Energiepreise geben bereits heute deutliche Signale und werden zukünftig aus Knappheitsgründen weiter steigen. Erneuerbare Energien, Energiesparen und effiziente Energienutzung sind somit immer auch eine Versicherung gegenüber zukünftig steigenden Energiepreisen und rechnen sich mittel- bis langfristig. Gerade der Energie- und Industriestandort Saarland ist darauf angewiesen, den Ener-gieträgermix zu diversifizieren und alle Effizienzpotenziale auszunutzen, um den Anforderungen an Versor-gungssicherheit und Wirtschaftlichkeit dauerhaft Rechnung zu tragen. Auch die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher sind auf langfristig bezahlbare Energiepreise angewiesen.

Im Klimaschutz-Szenario wird der Strombedarf im Saarland von 8.583 GWh in 2005 auf 4.867 GWh bis zum Jahr 2050 fast halbiert, trotz des weiterhin unterstellten Wirtschaftswachstums. Im Referenzszenario ist eine Absenkung des Nettostrombedarfs auf knapp 7.000 GWh skizziert. Vor allem der zunehmende Ersatz fossi-ler Energieträger durch klimafreundlichere Energieträger wie Erneuerbare Energien im Umwandlungssektor führt jedoch zu maßgeblichen Minderungen bei den CO

2-Emissionen. Im Klimaschutz-Szenario sollen die Er-

neuerbaren Energien auf 70 % des Gesamtbedarfs ausgebaut werden. Die Bundesregierung strebt bis 2050 einen Anteil von mindestens 80 % an. Wegen der fluktuierenden Erzeugung von Solar- und Windenergie müssen diese durch flexible und schnell regelbare Stromerzeugungsanlagen begleitet werden. Hier werden vor allem Gaskraftwerke zum Einsatz kommen.

Durch die Beschlüsse zum Atomausstieg ergeben sich für andere Stromerzeugungsoptionen derzeit bessere Auslastungen. Dies gilt auch für einige saarländische Kohlekraftwerke. Nach dem Bericht der Bundesnetz-agentur vom 27.05.2011 zu den „Auswirkungen des Kernkraftwerksmoratoriums auf die Übertragungs-netze und die Versorgungssicherheit“ [BNetAg 2011] ist es sinnvoll, „Kraftwerke aus der Kaltreserve zu-rückzuholen und wieder in einen kurzfristig einsatzfähigen Zustand zu versetzen. Die Bundesnetzagentur begrüßt ausdrücklich, dass das neue Energiewirtschaftsgesetz entsprechende klarstellende Befugnisse der Übertragungsnetzbetreiber enthalten wird. (…) Diese Maßnahme dient zur Entlastung der Netze insbeson-dere südlich der Mainlinie.“

Für eine Übergangszeit sind sowohl Modernisierungen oder Gemeinschaftsprojekte saarländischer Ener-gieunternehmen und industrieller Kunden bei neuen Kraftwerkseinheiten vorstellbar. Moderne Gas-(GuD-)Kraftwerke mit hoher Flexibilität und dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen stellen sich dabei emissi-onsseitig günstig dar und eignen sich zudem zum Ausgleich fluktuierender Stromerzeugung aus Erneuerba-ren Energien. Den Bedarf hat jüngst die Ethikkommission beschrieben: „Gegenwärtig stehen in Deutschland 90 Gigawatt an gesicherter Leistung zur Verfügung. Durch die im Rahmen des Moratoriums abgeschalteten und die bereits zuvor vom Netz genommenen Kernkraftwerke entfallen 8,5 Gigawatt, so dass eine gesi-cherte Erzeugungsleistung von gut 81,5 Gigawatt verbleibt. Bis 2013 werden fossil befeuerte Kraftwerke mit einer Leistung von etwa elf Gigawatt ans Netz gehen, während Kraftwerke mit ca. drei Gigawatt aus Altersgründen vom Netz gehen.“ [Ethikkommission Sichere Energieversorgung, 2011]. Die Bundesregierung plant zudem, bis 2020 bis zu 10 GW gesicherter Kraftwerksleistung zusätzlich zu installieren.

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6. politisCHe raHMeNsetZuNgeN durCH eu uNd BuNd

6.1. VorBeMerkuNgeN

Die energiepolitischen Richtlinien werden größtenteils auf EU- und Bundesebene festgelegt. Deswegen wer-den im folgenden Kapitel die übergeordneten Rahmenbedingungen erläutert.

Die Europäische Union hat angekündigt, den Klimaschutz weiterhin konsequent zu verfolgen, auch unab-hängig vom Erfolg der weltweiten Klimaschutzabkommen. Dabei nimmt die EU für die nationale Gesetzge-bung weitreichende Richtlinienkompetenzen in Anspruch und setzt zusätzlich auch auf eigene Instrumente, wie z.B. den CO

2-Emissionshandel.

Auf nationaler Ebene hat sich die Bundesregierung ebenfalls auf eine langfristig angelegte Klimaschutz-strategie festgelegt. Die Maßnahmen der Bundesländer umfassen zum einen den direkten Einfluss auf die Landesverwaltung und zum anderen gesetzgeberische und landesplanerische Vorgaben zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Energieeinsparung, Förderprogramme sowie die Vernetzung und Stärkung von Akteuren bzw. Institutionen, die die Energiewende im Saarland vorantreiben können.

6.2. raHMeN der europÄisCHeN eNergiepolitik

6.2.1. GrundsätzeBereits 2007 hatten sich die 27 EU-Mitgliedstaaten auf Klimaschutzziele bis 2020 festgelegt, die vom Europä-ischen Rat verabschiedet wurden: Reduktion der Treibhausgase um 20 % (unter bestimmten Voraussetzun-gen sogar um 30 %), Verbesserung der Energieeffizienz um 20 % und Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch auf 20 %. Im November 2010 wurde die entsprechende Strategie in einer Mitteilung der Europäischen Kommission [KOM (2010) 639] vorgestellt: Energie 2020 – eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie. Eine tragende Rolle wird der Energieeffizienz zuge-sprochen. Erstens ist die Erhöhung der Energieeffizienz direkt in einem der Ziele verankert, zweitens wird die geplante Reduktion der Treibhausgase nur über eine Verbesserung der Energieeffizienz möglich sein.

Den überwiegenden Teil von potenziellen Energieeffizienzsteigerungen sieht die Kommission im Verkehrs-sektor und beim vorhandenen Gebäudebestand. Die aktuelle Energieeffizienzrichtlinie der EU-Kommission [Mitteilung KOM (2011) 370] fordert eine Gebäudesanierungsquote von 3 Prozent für öffentliche Gebäude ab 2014. Hier gilt es, die Frage geteilter Anreize bei Mietern und Vermietern zu klären und Möglichkeiten bei der energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden auszuschöpfen.

Darüber hinaus soll es konkrete Vorschriften für die Effizienz in der Energieerzeugung geben. Dazu zählen Vorschriften zur Förderung von hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Fernwärme. Außerdem soll bis 2014 jeder Mitgliedstaat einen nationalen „heating and cooling plan“ vorlegen, der die KWK-Potenziale alle 5 Jahre der Kommission meldet und zudem in die lokalen Entwicklungspläne aufgenommen werden soll.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 99

Auch bei EU-Finanzierungsprogrammen hat die EU ein besonderes Augenmerk auf Energieeffizienz gelegt und diese zu einer wesentlichen Bedingung für die Gewährung von finanzieller Unterstützung gemacht.

Die Europäische Kommission plant, die Energiepolitik zunehmend auf die europäische Ebene zu heben. Ge-mäß den Beschlüssen des EU-Energiegipfels Anfang Februar 2011 sollen Maßnahmen zur Harmonisierung der nationalen Regelungen allerdings erst als mittel- bis langfristige Option betrachtet werden. In naher Zukunft bleiben die bewährten nationalen Förderinstrumente zum Ausbau der Erneuerbaren Energien bestehen.

Zur Schaffung eines europaweit integrierten Energiemarktes hat die Kommission Vorschläge erarbeitet [Mit-teilung KOM(2010) 677], die einen massiven Ausbau der Energieinfrastruktur vorsehen. Hervorzuheben ist das Konzept von „Projekten von europäischem Interesse“, die politischen Vorrang genießen. Somit soll eine fristgerechte Umsetzung ermöglicht werden. Die Netzausbaupläne für Strom und Gas werden unter Mitar-beit der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) sowie dem Europäischen Verbund der Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-Strom) und dem Europäischen Verbund der Fernleitungs-netzbetreiber (ENTSO-Gas) erstellt.

Für die längerfristige Perspektive wurde ein Fahrplan [Mitteilung KOM(2011) 112] für eine Energiepolitik bis 2050 auf der Basis von Szenarien erstellt. Dieser Fahrplan geht davon aus, dass die Treibhausgasemissionen in der EU um 80-95 % reduziert werden können, wenn in allen Sektoren erhebliche Anstrengungen und Investitionen unternommen werden. Es ist davon auszugehen, dass dieser Fahrplan in weitere EU-Richtlinien umgesetzt wird.

6.2.2. EmissionshandelDie Rahmenbedingungen und die wesentlichen Mechanismen des EU-Emissionshandelssystem sind bis 2020 verbindlich festgelegt worden. Die Emissionsobergrenze („cap“) liegt für die zweite Handelsperiode, die die Jahre 2008 bis 2012 umfasst, bei jährlich 2,08 Milliarden Tonnen CO

2. Zu Beginn der dritten Handelsperiode

im Jahr 2013 wird die Obergrenze im Vergleich zu 2012 um ca. 5 % abgesenkt und anschließend jährlich linear um 1,74 % weiter sinken. Für das Jahr 2020 ergibt sich daraus in der Summe eine Minderung im Emissionshandelsbereich von 21 % gegenüber 2005.

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100 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 6-1

1.800

2.200

2.000

2.400

1.600

1.400

1.200

1.000

Quelle: Umweltbundesamt 2010, Deutsche Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt, eigene Zusammenstellung

0Mio

. t

CO

2 /

Ja

hr

2005 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 20202010 201120092008

2.208,5

2.082,7 2.082,7 2.082,7 2.082,7 2.082,7

1.974,01.937,0

1.901,01.865,0

1.829,01.829,0

1.756,01.720,0

Zielvorgaben im EU-Emissionshandel bis 2020

- 21%

Abbildung 6-1: Zielvorgaben im EU-Emissionshandel bis 2020

Für die stationären Anlagen ab einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 20 MW bildet das Emissionshan-delssystem das zentrale Instrument zur Erreichung der von der EU angestrebten Ziele für die CO

2-Minderung

im Strom- und Wärmesektor und in der Industrie; in ihrer „Roadmap 2050“ will die EU damit den vorge-zeichneten Reduktionspfad bis 2050 mit einem CO

2-Preissignal stützen [KOM(2011) 112]. Damit bekräftigt

sie, den Emissionshandel auch nach 2020 fortsetzen zu wollen; dazu sollen Vorschriften festgelegt werden, wie der Reduktionspfad der CO

2-Emissionen langfristig gestaltet werden soll.

Die im Emissionshandelssystem bis 2020 bereits verankerte Verringerung der Obergrenze um 1,74 Prozent pro Jahr soll auch nach 2020 beibehalten werden. Die Kommission will den linearen Faktor für die Zeit ab dem Jahr 2020 überprüfen und dem Europäischen Parlament und dem Rat gegebenenfalls einen Änderungs-vorschlag für die Zeit nach 2020 vorlegen. Die Auswirkungen dieser Überlegungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der energiewirtschaftlichen und industriellen Branchen bedürfen noch einer einge-henden Analyse, der umfangreiche Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten folgen werden.

Die Europäische Union hat sich verpflichtet, im Falle des Abschlusses einer internationalen Klimaschutzverein-barung, ihr Reduktionsziel bis 2020 von 20 % auf 30 % zu erhöhen. In diesem Fall ist auch eine Anpassung des Reduktionspfades der Zertifikatsobergrenze möglich, auch schon für den Zeitraum bis 2020. Ferner wird die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten in Zukunft eingeschränkt. So müssen die Zertifikate für den Strom-sektor ab 2013 vollständig ersteigert werden.

Für die anderen vom Emissionshandel erfassten Sektoren ist eine Übergangsregelung vorgesehen, wonach im Jahr 2013 80 % der Zertifikate kostenlos zugeteilt werden. Danach soll die kostenlose Zuteilung Jahr für Jahr um gleiche Beträge bis 2020 auf 30 % reduziert werden, mit dem Ziel, die kostenlose Zuteilung bis 2027 zu beenden. Um der Gefahr der Verlagerung von CO

2-Emissionen in Länder außerhalb Europas zu begegnen,

werden die Zertifikate für bestimmte energieintensiv produzierende Sektoren oder Teilsektoren, die einschlä-gige Kriterien erfüllen, auch in Zukunft kostenlos zugeteilt.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 101

Dieser aktuelle Stand der europäischen Gesetzgebung in Bezug auf den Emissionshandel [Richtlinie 2009/29/EG] gibt den Rahmen vor, an dem sich die europäische Industrie orientieren kann. Die Beibehaltung und Weiterentwicklung des Instrumentes ist von Seiten der EU geplant. Für die Zeit nach 2020 besteht allerdings hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Emissionshandelsrichtlinie noch keine Planungs- und Rechts sicherheit.

6.3. eNergiepolitik auf BuNdeseBeNe

6.3.1. Energieszenarien als Grundlage für das Energiekonzept Ende September 2010 hatte die Bundesregierung ein Energiekonzept verabschiedet mit einer langfristigen Ge-samtstrategie bis 2050. Entsprechend der Koalitionsvereinbarung sollten die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 %, bis 2030 um 55 %, bis 2040 um 70 % und bis 2050 um 80-95 % gesenkt werden. Bis 2020 sollte der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch von heute 11 % auf 18 % gesteigert werden. Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung sollte bis spätestens 2020 35 % betragen, bis 2030 50 %, bis 2040 65 % und bis 2050 80 %. Zahlreiche Studien belegen, dass spätestens bis zur Jahrhunderthälfte die gesamte Strom-erzeugung auf Erneuerbare Energien umgestellt werden kann.

Vor dem Hintergrund der Zielsetzungen im Energiekonzept der Bundesregierung wurden bei der Prognos AG, dem Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln, und bei der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturfor-schung Energieszenarien in Auftrag gegeben. Es wurden insgesamt 9 Szenarien unterschieden: ein Referenzszenario und 2 Sets von je vier Szenarien mit Laufzeitverlängerungen von 4, 12, 20 und 28 Jahren, jeweils mit zwei verschiede-nen Vorgaben für die Nachrüstkosten. Die Zielszenarien unterscheiden sich untereinander in der Laufzeitverlängerung der Kernenergie. Im Vergleich zum Referenzszenario werden aber auch noch zusätzlich weitreichende Veränderun-gen der Annahmen getroffen.

Da das Energiekonzept der Bundesregierung und die darin formulierten Ziele als aktueller nationaler energiepoliti-scher Rahmen für den Masterplan im Saarland zugrunde gelegt werden, der Bericht zu den Szenarien des Energie-konzeptes aber zum einen kein Zielszenario mit Klimaschutzmaßnahmen ohne Laufzeitverlängerung enthält und zum anderen nur wenige Informationen zu den in den Bundesenergieszenarien hinterlegten Annahmen beinhaltet, wurde für die Szenarien des vorliegenden Masterplans die WWF-Studie [WWF, 2009] herangezogen und durch einen intensiven Informationsaustausch mit der Prognos AG mit der Grundstruktur der Szenarien des Bundes verglichen.

In Folge der Reaktorkatastrophe in Japan wurde die im Herbst 2010 beschlossene Verlängerung der Betriebslaufzei-ten der deutschen Atomkraftwerke wieder zurückgenommen. Nach dem Beschluss vom Juni 2011 soll bis Ende 2022 schrittweise auf die Stromerzeugung in deutschen Kernkraftwerken verzichtet werden.

Das im Juni zum Atomausstieg ergänzend beschlossene Gesetzespaket zur Energiewende umfasst Neufassungen und Änderungen an insgesamt fünf Gesetzen. Neben der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Energie-wirtschaftsgesetzes und des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ wurden ein Netzausbaubeschleunigungsgesetz und ein Gesetz zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden gefasst.

Page 102: Masterplan Energie

102 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Der Umbau der Energieversorgung zugunsten der Erneuerbaren Energien sowie zur Steigerung der Ener-gieeffizienz wird für die Länder die umwelt- und energiepolitischen Rahmenbedingungen verändern. Dazu gehört auch, dass das Zusammenspiel zwischen konventionellen Kraftwerken und der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien verbessert werden muss. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, die bestehenden Programme und die geplanten politischen Maßnahmen in der EU, im Bund und in den Ländern genau auf-einander abzustimmen.

Das Bundeskonzept sieht auch eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz vor, um die ambitionierten Kli-maschutzziele zu erreichen. Die Energieproduktivität als reziproke Größe der Energieeffizienz soll – bezogen auf den Endenergieverbrauch – pro Jahr um durchschnittlich mindestens 2,1 % steigen, gegenüber 1,4 % pro Jahr in der Vergangenheit. Beim Vergleich dieser Raten muss berücksichtigt werden, dass es schon einen positiven Trend zu höherer Energieproduktivität aufgrund des technischen Fortschritts und aufgrund des zu erwartenden Strukturwandels gibt, sowohl zwischen den einzelnen Industriesektoren als auch innerhalb der einzelnen Sektoren. Die Sanierungsrate für Gebäude soll von bisher weniger als 1 % pro Jahr auf 2 % des Gebäudebestands verdoppelt werden.

Die Bundesregierung will die Umsetzung der energiepolitischen Maßnahmen auf Basis eines jährlichen Mo-nitorings überprüfen.

6.3.2. EnergieeffizienzDie Bundesregierung sieht in der Energieeffizienz den Schlüssel für eine klimaverträgliche zukünftige Ener-gieversorgung. Die erheblichen Effizienzpotenziale in Industrie, Gewerbe und bei Gebäuden realisieren sich allerdings nicht automatisch. Das Energiekonzept der Bundesregierung setzt auf Information und Beratung, insbesondere bei privaten Haushalten sowie bei kleinen und mittleren Unternehmen. Sie will dazu eine „Initiative Energieeffizienz“ starten.

Bei der Industrie sollen Eigeninitiativen unterstützt werden. Hier hat sich jedoch gezeigt, dass das wesentliche Hemmnis in der Industrie die geforderte kurze Amortisationszeit von Investitionen ist. Wie bei Investitionen in Produktionsanlagen sollen sich Investitionen in energieeffizientere Anlagen in 1-2 Jahren amortisieren. Dabei wird nicht genügend berücksichtigt, dass die meisten zentralen Anlagen wie Heizungskessel, Lüftungsan-lagen etc. eine deutlich längere Nutzungsdauer haben als Produktionsanlagen. Somit führen Investitionen in energieeffiziente Anlagen zu relativ hohen internen Verzinsungen, die häufig bei einer vereinfachten Betrachtung von Amortisationszeiten übersehen werden. Für energiesparende Investitionen sollte genügend Kapital zu attraktiven Zinssätzen zur Verfügung stehen, wie es für mittelständische Unternehmen geplant ist.

Eine wichtige Rolle als Voraussetzung für Investitionen in energieeffiziente Anlagen spielt die Einführung und konsequente Nutzung von Energiemanagementsystemen. Hierzu existiert mittlerweile mit der EN 16001 eine internationale Norm. Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht vor, solche Energiemanagementsyste-me ab 2013 verpflichtend für die Gewährung von Steuervergünstigungen zu machen (Spitzenausgleich im Rahmen der Energie- und Stromsteuer).

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Gemeinsam mit den Verbänden der Energiewirtschaft soll zudem ein Pilotvorhaben „Weiße Zertifikate“ durchgeführt werden, um zu prüfen, ob mit einem solchen Instrument analog zum Emissionshandel kos-tengünstige Einspar- und Effizienzpotenziale erschlossen werden können. Weiße Zertifikate sind Systeme, bei denen Marktakteure, hauptsächlich Energielieferanten und Netzbetreiber, verpflichtet werden, in einem festgelegten Zeitraum ein spezifisches Einsparziel zu erreichen und bei Konsumenten Energieeffizienzmaß-nahmen durchzuführen.

Um den Markt für Energiedienstleistungen zu entwickeln, ist geplant, eine Bundesstelle für Energieeffizienz einzurichten und einen Energieeffizienz-Fonds (beim BMWi) aufzulegen, aus dem Maßnahmen für private Verbraucher, Mittelstand und Industrie sowie Kommunen finanziert werden sollen. Ziel des Energieeffizi-enz-Fonds soll es sein, nachweisbare Endenergieeinsparungen durch konkrete, transparente und wettbe-werbskonforme Maßnahmen auf der Nachfrageseite zu erreichen. Im Mittelpunkt stehen dabei die zentra-le Ausschreibung und Koordination von Energieeffizienzprogrammen. Darüber hinaus schreibt ein solcher Fonds Ideenwettbewerbe aus, wodurch Suchprozesse in Gang gesetzt werden, um die besten Konzepte zur breitenwirksamen Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen zu identifizieren. Begleitendes Monitoring und eine Evaluation der Fonds-Aktivitäten sind zu implementieren. Wegen der besonderen Bedeutung eines solchen Energieeffizienz-Fonds wird er in Kapitel 6.3.7 gesondert betrachtet.

6.3.3. Erneuerbare EnergienSeit Anfang der 1990er Jahre haben sich die Bedingungen für Erneuerbare Energien – anfangs über das Stromeinspeisegesetz und seit März 2000 über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – durch die garan-tierte Abnahme und Vergütung des eingespeisten Stroms erheblich verbessert. Das EEG soll gemäß seinem Zweck (§ 1, Abs. 1) „im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Ener-gieversorgung ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbe-ziehung langfristiger externer Effekte verringern, fossile Energieressourcen schonen und die Weiterentwick-lung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien fördern“. Dieses Erfolgsmodell wurde bisher von 47 Staaten übernommen. Das Gesetz befindet sich in ständiger Weiterentwicklung und wurde zuletzt vom Deutschen Bundestag im Juni 2008 neu gefasst und erweitert. Im Jahr 2010 erfolgten wegen des starken Zubaus von Photovoltaik-Anlagen zwei Zwischenkürzungsschritte. Im Mai 2011 wurde ein detaillierter Erfahrungsbericht durch das Bundesumweltministerium vorgestellt und im Juli als Teil des Energiepakets der Bundesregierung eine Novellierung des Gesetzes vorgenommen.

Die Erneuerbaren Energien (EE) konnten ihren Beitrag zur gesamten Energieversorgung in Deutschland auch im Jahr 2010 weiter steigern. Mit 275 Mrd. Kilowattstunden stellten sie rund 11 % am Gesamtbedarf in den Bereichen Strom, Wärme und Kraftstoffe bereit (2009: 10,4 %). Zur bundesdeutschen Stromerzeugung tru-gen sie 2010 mit fast 17 % bezogen auf den Strombedarf bei (vgl. Abb.6-2). Der weitere Zubau von Anlagen aus Erneuerbaren Energien wird wesentlich davon abhängig sein, ob die Errichtung neuer Anlagen im EEG – bei weiterer Degression der jeweiligen Einspeisevergütung – auch weiterhin wirtschaftlich auskömmlich gestaltet wird.

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Abbildung 6-2

25

35

30

40

20

15

10

5

1) Quellen: Ziele der Bundesregierung nach Energiekonzept, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), EU-Richtlinie 2009/28/EG2) Der gesamte Verbrauch an Motorkraftstoff, ohne Flugbenzin; 3) Berechnet nach Wirkungsgradmethode; Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. (AGEB);EE: Erneuerbare Energien; Quelle: BMU K I III 1nach Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat); Stand: März 2011; Angaben vorläufig

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Anteile EE am gesam-ten Energieverbrauch(Strom, Wärme, Kraft-

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Anteile EE am gesam-ten Primärenergiever-

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2000 2002 2004 2006 2007

2008 2009 2010 Ziele 2020

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Abbildung 6-2: Anteile Erneuerbarer Energien an der Energiebereitstellung in Deutschland

Quelle: BMU / AGEE (2011)

Der zunehmende Anteil an Erneuerbaren Energien verringert die energiebedingten Emissionen und trägt we-sentlich zur Erreichung der Klimaschutzziele bei. In sämtlichen Verbrauchssektoren (Strom, Wärme, Verkehr) werden fossile Energieträger zunehmend durch Erneuerbare Energien ersetzt. Die Treibhausgasemissionen sin-ken entsprechend. Insgesamt resultierte daraus im Jahr 2010 eine Treibhausgasvermeidung von rund 120 Mio. t CO

2-Äquivalenten. Auf den Stromsektor entfielen 76 Mio. t vermiedene Treibhausgase [BMU / AGEE, 2011].

Eng mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien verbunden ist deren Zusammenspiel mit den konventio-nellen Kraftwerkparks im Sinne einer Markt- und Systemintegration: Die Erneuerbaren Energien sollen nach Ansicht der Bundesregierung stärker bedarfsgerecht Strom erzeugen und Systemdienstleistungen für die Netz- und Versorgungssicherheit erbringen. Umgekehrt sollen Speicher und ein zunehmend flexibler konven-tioneller Kraftwerkspark die fluktuierende Stromerzeugung aus Erneuerbaren stärker ausgleichen.

Dem Netzausbau kommt für den Ausbau der Erneuerbaren Energien eine zentrale Bedeutung zu. Mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) will die Bundesregierung die Voraussetzungen für einen schnel-leren Ausbau vor allem bei den Stromübertragungsnetzen schaffen, die im Wesentlichen den Windstrom vom Norden in die Verbrauchszentren im Süden bringen.

PhotovoltaikInsgesamt sind in Deutschland derzeit Solarstromanlagen mit einer Leistung von etwa 17.000 MW installiert. Allein im Jahr 2010 wurden mehr als 7.000 MW angeschlossen. Aufgrund dieses unerwartet hohen Zubaus und der daraus resultierenden hohen EEG-Umlage sollte die zum 01.01.2012 vorgesehene weitere Kürzung bereits teilweise zum 01.07.2011 erfolgen, abhängig vom tatsächlichen Zubau in den ersten Monaten 2011. Dieser blieb allerdings unter dem vorgesehenen Schwellenwert, so dass die Vergütungssätze für neue Dach-anlagen zum 1. Juli nicht gekürzt wurden. Von März bis Mai 2011 wurden Photovoltaik-Anlagen mit einer

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installierten Leistung von insgesamt rund 700 MW in Betrieb genommen. Auf zwölf Monate hochgerechnet entspricht dies einem Wert von rund 2.800 MW.

Die Ende Juni 2011 beschlossene EEG-Novelle sieht vor, die Einspeisevergütung weiter zurückzufahren Der bestehende Mechanismus einer zubauabhängigen Degression der Solarförderung soll beibehalten werden. Abhängig von der real installierten Leistung wird dann jeweils in 1.000-Megawatt-Schritten die Degression um weitere drei Prozent erhöht. Ein zusätzlicher Degressionsschritt findet zur Jahresmitte statt, falls der mitt-lere Zubau in den Monaten Oktober des Vorjahres bis April des laufenden Jahres auf ein Jahr hochgerechnet mehr als 3.500 MW beträgt.

Offshore-WindenergieDie Bundesregierung will die Errichtung der ersten 10 Offshore-Windparks fördern und hat dazu 2011 ein Sonderprogramm der KfW mit einem Volumen von 5 Mrd. € aufgelegt. Insgesamt wird ein Ausbau bis 2030 auf 25 GW angestrebt. Die EEG-Novelle 2011 sieht ein optionales Stauchungsmodell für die Förderung der Offshore-Windparks vor. Die Förderdauer wird dabei auf 8 statt 12 Jahre verkürzt, die Vergütung von 15 auf 19 ct/kWh für den kürzeren Zeitraum erhöht. Für den Masterplan im Saarland ist der Ausbau von Offshore-Windenergie unter anderem deshalb relevant, weil er einen wachsenden Markt für Unternehmen im Saarland darstellt, die Komponenten für Fundamente und Anlagen liefern, sowie für regionale und kommunale Ener-gieversorger eine Beteiligungsmöglichkeit bieten kann, wenn die Bedingungen entsprechend attraktiv sind.

Onshore-WindenergieInsgesamt drehten sich Ende 2010 in Deutschland 21.607 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 27.214 MW. Nach Erhebungen des Deutschen Windenergie-Instituts (DEWI) wurden letztes Jahr 1.551 MW Windleistung neu installiert. Im Vergleich zum Vorjahr 2009 (1.917 MW) bedeutet dies einen Rückgang des Zubaus von 19 %. Grund für den Einbruch des Onshore-Marktes sind Spätfolgen der Finanzkrise für Großprojekte und Unsicherheiten bei Netzanforderungen an Windenergieanlagen. Hinzu kommt, dass trotz neuer Flächenausweisungen in einigen Bundesländern die Räume für Neuanlagen weiter beschnitten wer-den. Abstandsregelungen und Höhenbegrenzungen verhindern einen effizienten Ausbau der Windenergie an Land.

Die Energieszenarien, die dem Bundesenergiekonzept zu Grunde liegen, sehen vor, dass die Windenergie dauerhaft eine entscheidende Rolle bei der Stromerzeugung spielen wird. Dies erfordert einen massiven Ausbau der Windkraftkapazitäten, gerade auch an Land. Ein verstärkter Ausbau der Windkraft, gerade in Süddeutschland, trägt zu einer besseren Verteilung der Stromproduktion und damit zur Netzstabilisierung bei. Ergänzend wurde im Juni 2011 neben der für die Windkraft relevanten EEG-Novelle auch ein Gesetz zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in Städten und Gemeinden beschlossen, das für den Ausbau der Windenergienutzung an Land in der Bauleitplanung angemessene Regelungen zur Absicherung des Repow-erings, d. h. des Ersatzes alter durch neue Windenergieanlagen trifft.

BioenergieDie energetische Biomasse-Nutzung ist auf Bundesebene nach wie vor der Leistungsträger im Bereich der Erneuerbaren Energien. Sie decken 7,9 % von 11,0 % des gesamten Anteils Erneuerbarer Energien am End-energieverbrauch ab. Die Ausbaudynamik ist dabei ungebrochen. Die Stromerzeugung aus Biomasse nahm

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im Jahr 2010 weiter zu. Insbesondere wurde mit rund 12,8 Mrd. kWh fast 19 % mehr Strom aus Biogas erzeugt als im Vorjahr (10,8 Mrd. kWh). Zusammen mit den anderen biogenen Energieträgern – feste und flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas sowie biogener Anteil des Abfalls – konnte aus Biomasse 2010 mit 33,5 Mrd. kWh rund 10 % mehr Strom als im Vorjahr (30,3 Mrd. kWh) bereitgestellt werden. Ihr Anteil am Stromverbrauch lag damit bei 5,5 % (2009: 5,2 %) [BMU / AGEE, 2011].

Mit einem Anteil von weiterhin rund 92 % bei der erzeugten Wärme aus Erneuerbaren Energien war die gesamte Biomasse auch im Jahr 2010 die dominierende Größe. Sie stellte insgesamt rund 127 Mrd. kWh und damit gut 11 % mehr Wärme bereit als im Vorjahr (114 Mrd. kWh). Die höchsten Steigerungsraten wurden mit knapp 17 % bei der Wärmegewinnung aus Biogas und mit jeweils gut 14 % bei Wärmepumpen und dem Holzeinsatz in Privathaushalten registriert.

Sowohl das Energiekonzept der Bundesregierung als auch die im Auftrag des BMU erstellte „Leitstudie 2010“ DLR et. al., 2010 sehen in Zukunft die Biomasse als wichtigen Energieträger. So sollen z.B. gemäß der Leitstudie im Jahr 2050 ca. 32 % der Erneuerbaren (End-)Energien aus Biomasse bereitgestellt werden (ca. 19 % des gesamten Endenergieverbrauches). Wegen ihres breiten Einsatzspektrums und ihrer Speicherfä-higkeit soll die Bioenergie in allen drei Nutzungspfaden Wärme, Strom und Kraftstoffe in der zukünftigen Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen.

Aufgrund unterschiedlicher Nutzungskonflikte muss sich Biomasse inzwischen weltweit einer Nachhaltig-keitsdiskussion stellen, deren Ausgang derzeit noch offen erscheint. Die Bundesregierung hat darauf u. a. mit einer Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung reagiert.

GeothermieZur zukünftigen Nutzung der Geothermie zur Stromerzeugung finden sich im Energiekonzept der Bundesre-gierung keine Hinweise. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie in Deutschland mittel- bis langfristig einen Klimaschutzbeitrag leisten wird [„Leitstudie 2010“ DLR et. al., 2010]. Im Jahr 2009 waren in Deutschland erst 8 MW elektrischer Leistung installiert, die eine Jahresarbeit von 19 GWh eingespeist haben.

Gemäß EEG-Novelle 2011 wird die Geothermie mit 25 Cent pro Kilowattstunde gefördert, ohne Begren-zung der Anlagenleistung. Bei Nutzung petrothermaler Techniken erhöht sich die Förderung um weitere 5 ct/ kWh.

Deutschland verfügt wegen des fehlenden aktiven Vulkanismus nicht über energetisch nutzbare und relativ oberflächennahe „Hochtemperatur“-Felder zur Stromerzeugung wie z.B. in Island, Japan, Indonesien, Neu-seeland oder USA. Daher bleiben in der Regel nur tiefere Bohrungen (mehr als 4.000 m), um ausreichend hohe Ausgangstemperaturen von mindestens 125°C (besser mehr als 150°C) zu erhalten. Gebunden sind solche „hydrothermalen Systeme“ jedoch an das Vorhandensein ausreichend hoher Wassermengen im Un-tergrund. Trotzdem ist ein nicht unerhebliches Ausbaupotenzial vorhanden.

In Deutschland sind neben dem ersten Versuchsprojekt in Neustadt-Glewe (2003) mit 230 kWel inzwischen zahlreiche weitere Projekte projektiert und teilweise auch gebaut und in Betrieb genommen worden. Durch die Beben in Landau und Basel und die Verunsicherung von Bürgerinnen und Bürgern sind viele Projekte

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ins Stocken geraten oder werden erst verzögert wieder angegangen. Nichtsdestotrotz wird erwartet, dass bis 2015 in der Norddeutschen Tiefebene, im Bayrischen Molassebecken und insbesondere im Bereich des Oberrheingrabens kommerzielle Anlagen nach dem hydrothermalen Verfahren errichtet werden können. In Gebieten ohne wasserführende Schichten im Untergrund soll zukünftig das sog. HDR (Hot-Dry-Rock)-Verfahren zur Anwendung kommen.

SolarthermieDer Ausbau der Solarthermienutzung hat sich 2010 verlangsamt. Mit rund 1.150 m2 wurden rund 27 % we-niger Kollektorfläche neu zugebaut als im Vorjahr. Die insgesamt installierte Kollektorfläche lag damit Ende 2010 bei rund 14 Mio. m2. Mit rund 5,2 Mrd. kWh (2009: 4,7 Mrd. kWh) – das entspricht einem Anteil von rund 0,4 % am gesamten Wärmeverbrauch in Deutschland – lag die Wärmebereitstellung aus Solarthermie rund 10 % höher als im Vorjahr. Damit sind in Deutschland etwa 1,5 Mio. Solaranlagen in Betrieb. Allerdings stehen sie bei den Investitionszuschüssen im Rahmen des Marktanreizprogrammes an der Spitze (gefolgt von Biomasseanlagen und Wärmepumpen). Gut die Hälfte der gezahlten Zuschüsse flossen Solarthermieanlagen zu [BMU, 2011].

6.3.4. Fossile Energieträger als BrückeDer angestrebte Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung erfordert nicht nur Anpassungen des Stromsystems, sondern auch ein energiepolitisches und energiewirtschaftliches Umdenken. Es reicht nicht aus, die Netzinfrastruktur zu verbessern und Speichertechnologien zu entwickeln. Hier sind zahlreiche Detailfragen zu klären, die im Energiekonzept der Bundesregierung angesprochen sind.

Der Beschluss zum Ausstieg aus der Kernkraft kommt der Integration Erneuerbarer Energien entgegen, da Kernkraftwerke im Gegensatz zu Gas-, aber auch Kohlekraftwerken nicht ausreichend regelbar sind. Des-wegen wurden in der Vergangenheit in den Zeiten, in denen der Strompreis an der Börse wegen geringer Nachfrage bei gleichzeitig großem Angebot an Windstrom negativ war, die Kernkraftwerke nicht maximal abgeregelt [Nicolosi, 2009].

Nach dem neuen energiewirtschaftlichen Konzept der Bundesregierung wird es zeitnah nicht möglich sein, auf fossile Energieträger bei der Stromerzeugung zu verzichten – schon alleine, um die schwankende Ener-gieproduktion der Erneuerbaren auszugleichen. Durch den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie erhöht sich ebenfalls der Bedarf an fossilen Energieträgern.

Als zusätzliche Sicherheit soll nach dem Willen der Bundesregierung bis 2020 neben den bereits im Bau befindlichen Gas- und Kohlekraftwerken deshalb ein weiterer Zubau von bis zu 10 GW gesicherter Kraft-werksleistung erfolgen. Neben der Modernisierung der vorhandenen Kohlekraftwerke zur Steigerung ihres Wirkungsgrades müssen daher auch neue hocheffiziente Gas- und Dampfkraftwerke (GuD) gebaut werden. Die besten Anlagen dieser Art erreichen inzwischen einen Wirkungsgrad von fast 61 %. Sie weisen damit unter den fossilen Kraftwerken den mit Abstand geringsten CO

2-Ausstoß je Kilowattstunde aus.

6.3.5.GebäudeAuf den Gebäudebereich entfallen rund 40 % des deutschen Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO

2-Emissionen. Die Szenarien des Energiekonzeptes der Bundesregierung belegen, dass die energetische

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Sanierung des Gebäudebestandes von zentraler Bedeutung für das Erreichen der Klimaschutzziele ist. Ziel ist es, bis 2050 nahezu einen klimaneutralen Gebäudebestand zu haben. Dafür ist die Verdopplung der energe-tischen Sanierungsrate von jährlich etwa 1 % auf 2 % erforderlich.

Nach eigener Aussage der Bundesregierung werden die bisherigen Instrumente (Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz) nicht ausreichen, um die Ziele zu erreichen. Kernelemente einer verstärkten „Modernisierungsoffensive für Gebäude“ sind:

- Novelle der EnEV 2012 für Neubauten bis 2020 und daran ausgerichtet der Sanierungsplan im Bestand für 2020 und 2050. Der Standard für 2020 wird moderat gewählt, so dass zunächst die energetisch schlechtesten Gebäude betroffen sind

- Weiterführung und Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms

- Fortführung und Aufstockung des Marktanreizprogramms zur Förderung des Einsatzes Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt

- Auflage eines KfW-Förderprogramms „Energetische Städtebausanierung“- Novellierung des Mietrechts- Erweiterung der Möglichkeiten des Energie-Contractings auf den Mietwohnbereich- Vorbildfunktion für künftige Neubauten und bei bestehenden Bundesliegenschaften

6.3.6 MobilitätNach den Plänen der Bundesregierung sollen eine Million Elektrofahrzeuge bis 2020 und sechs Millionen bis 2030 auf die Straße gebracht werden. Dazu wurde ein Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität aufge-stellt. Wirkliche Vorteile beim Klimaschutz erreichen Elektrofahrzeuge auf Dauer nur, wenn der verwendete Strom mit Erneuerbaren Energien erzeugt wird.

Darüber hinaus sollen Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben zur Produktion von Biokraftstoffen der zweiten Generation gefördert werden. Der biogene Anteil von Benzin- und Dieselkraftstoffen soll über zehn Prozent hinausgehen. Es soll auch geprüft werden, wie die Nutzung von Biokraftstoffen auf den Bahnverkehr und die Binnenschifffahrt weiter ausgedehnt werden kann. Es ist erklärter Wille, die Schieneninfrastruktur auszubauen, wobei spezielle Korridore für den Schienengüterverkehr entwickelt und prioritär ausgebaut werden sollen. Die Einbeziehung des Flugverkehrs ins europäische Emissionshandelssystem wird aus Sicht der Bundesregierung Anreize für mehr Energieeffizienz sowie den Einsatz von Biokraftstoffen schaffen.

6.3.7. Sektorübergreifende MaßnahmenBei einem Betrachtungszeitraum bis 2050 sind heute noch nicht alle Technologien bekannt, die eingesetzt werden können und müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dementsprechend soll im Jahr 2011 ein Energieforschungsprogramm für die Zeit bis 2020 und in Eckpunkten auch darüber hinaus vorgelegt werden.

Ziel eines einzurichtenden Energieeffizienz-Fonds sollte es sein, nachweisbare Endenergieeinsparungen durch konkrete, transparente und wettbewerbskonforme Maßnahmen auf der Nachfrageseite zu erreichen. Im Mittelpunkt steht dabei die zentrale Ausschreibung und Koordination von Energieeffizienzprogrammen. Darüber hinaus schreibt ein solcher Fonds Ideenwettbewerbe aus, wodurch Suchprozesse in Gang gesetzt

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werden, um die besten Konzepte zur breitenwirksamen Durchführung von Energieeffizienzmaßnahmen zu identifizieren. Begleitendes Monitoring und eine Evaluation der Fonds-Aktivitäten sind zu implementieren.

Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie hat 81 mögliche Aktivitäten geprüft und dann für die Anfangszeit 12 konkrete Programme vorgeschlagen. Diese 12 Programme wurden alle konkret definiert und deren Kosten und Nutzen abgeschätzt. Mit Mitteln in Höhe von 1 bis 1,5 Mrd. € pro Jahr ausgestattet, hät-ten durch die vorgeschlagenen Programme Investitionen in Höhe von 46,5 Mrd. € induziert werden können, was aufgrund entsprechender Einsparungen zu gesamtwirtschaftlichen Erlösen in Höhe von 62 Mrd. € hätte führen können. Die entsprechenden Beschäftigungseffekte wurden auf durchschnittlich mehr als 40.000 Vollzeitarbeitsplätze abgeschätzt [Wuppertal Institut, 2006].

Die Programme müssten – sollten die entsprechenden Fördermittel zur Verfügung stehen – unter den derzei-tigen und zu erwartenden zukünftigen Rahmenbedingungen angepasst werden. Hier werden fünf Program-me vorgeschlagen [IZES et al., 2010]:

1. Prämienprogramme für energieeffiziente Elektrogeräte in privaten Haushalten, z. B. Wäschetrockner, Kühl- und Gefriergeräte

2. Ersatz von Nachtspeicherheizungen und elektrischer Warmwasserbereitung3. Austauschprogramme für energieeffiziente Pumpensysteme für Industrie und Gewerbe4. Austauschprogramme für energieeffiziente Elektromotoren5. Energetische Modernisierung von Klima- und Lüftungsanlagen in Gewerbe und Industrie

Über Informations- und Beratungsprogramme hinaus erfolgt vor allem die Implementierung selbst, damit Energieverbrauch und Emissionen nachhaltig gesenkt werden. Eine grafische Darstellung zu möglichen Aktivitäten eines Energieeffizienzfonds findet sich in Abbildung 6-3.

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Sondervermögen BMWi

Abbildung 6-3

EnergieeffizenzfondsAusschreibung

von „Einsparvolumen“

Finanzierung

AustauschPumpen-systeme

AustauschElektro-motoren

Modernisierung Klima- und

Lüftungsanlagen

ErsatzNachtspeicher-

heizungen

Energieeinsparung Industrie & Gewerbe

CO2-Einsparung

Haushalte

Prämien-programm

Elektrogeräte

Energieagenturen undandere Akteure

Abbildung 6-3: Energieeffizienzfonds

Alternativ zur Einrichtung eines Energieeffizienzfonds werden unterschiedliche Formen von Einsparverpflich-tungen vorgeschlagen. Solche Verpflichtungen werden unter verschiedenen Begriffen diskutiert, z.B. Strom-quotenmodell, Stromkundenkonto, Lieferanten- oder Netzbetreiberverpflichtung, „Weiße Zertifikate“. Ein solches Instrument ist in der EU-Energiedienstleistungsrichtlinie vorgesehen, wurde aber nicht in das deut-sche Gesetz zur Umsetzung der EU-Energiedienstleistungsrichtlinie (EDL-G) übertragen. Zusammen mit den Verbänden der Energiewirtschaft soll nach Bundesplänen ein Pilotvorhaben „Weiße Zertifikate“ durchge-führt werden.

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7. das saarlaNd iM WaNdel – HerausforderuNgeN uNd perspektiVeN

7.1. die eNergieVersorguNg laNgfristig siCHerN

Um die Perspektiven des Energiestandorts und der Energieversorgung im Saarland zu skizzieren und darauf aufbauend Maßnahmen zu formulieren, wurden im Masterplan verschiedene Szenarien betrachtet, inner-halb derer sich das Saarland in den nächsten Jahrzehnten entwickeln könnte. Sie sollen als Orientierungs-rahmen dienen, damit sich alle Beteiligten – Politik, Wirtschaft und Privathaushalte – auf Veränderungen in der Zukunft rechtzeitig einstellen können. Die Zielsetzung – die deutliche Verminderung von Treibhausgas-emissionen – verbunden mit dem Aufbau von umwelt- und klimafreundlichen Energieerzeugungsanlagen und dem verstärkten Einsatz von Energieeffizienzmaßnahmen, verfolgt vor allem auch die Strategie, Energie langfristig wirtschaftlich und sozialverträglich bereitzustellen.

In den beiden vorherigen Kapiteln wurden die wesentlichen politischen Rahmenbedingungen und Aktivitä-ten auf EU-Ebene und auf Bundesebene beschrieben. In diesem Kapitel sollen wesentliche spezifische Maß-nahmen für die einzelnen Sektoren identifiziert werden, die das Saarland selbst im Kontext der europäischen und nationalen energiepolitischen Ziele und Aktivitäten ergreifen kann.

7.2. iNdustriepolitisCHe aNforderuNgeN aN die eNergieWeNde saar

Das Saarland ist ein klassisches Industrieland mit zwei Besonderheiten: Zum einen ist es mit einer Export-quote von ca. 50 % in besonderem Maße dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Zum anderen ist die Saarindustrie überdurchschnittlich energieintensiv. Von daher ist unser Land auf eine preisgünstige, grund-lastfähige und unterbrechungsfreie Energieversorgung angewiesen. Bereits heute stellt der hohe Strompreis einen Wettbewerbsnachteil gegenüber konkurrierenden Standorten im Ausland dar, der nur durch hohe Qualitätsstandards und überdurchschnittliche Produktivität wettgemacht werden kann. Mit dem Aufstieg der Schwellenländer wird sich der Konkurrenzdruck aus dem Ausland weiter verschärfen.

Das Saarland ist auf seinen industriellen Kern existenziell angewiesen. Wollen wir auf Dauer eigenständig lebensfähig sein, müssen wir diese Branchen unseres Landes als einen Wachstumstreiber und Garant unserer Wertschöpfung und Beschäftigung absichern und fortentwickeln. Hierzu sind Innovationsbereitschaft und Innovationsfähigkeit elementare Voraussetzungen. In Zeiten des Klimawandels heißt Modernisierung immer auch Steigerung der Energieeffizienz und Verminderung klimaschädlicher Emissionen.

Der globale Ausbau der Erneuerbaren Energien kann in den kommenden Jahrzehnten ein großer Treiber der Nachfrage nach Stahl werden. Für Großprojekte wie z. B. Desertec, aber auch für die Offshore- und Onshore-Windkraft sowie für den Bau von Wasserkraftwerken werden große Mengen Stahl benötigt.

Die Rahmenbedingungen, um im Saarland die Ziele des Klimaschutzes und einer industrieverträglichen Ener-giepolitik in Einklang zu bringen, sind gut. Die saarländischen Unternehmen stellen ihr Umweltbewusstsein

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in hohem Maße unter Beweis. So liegt beispielsweise das Saarland seit Jahren im Vergleich der Bundesländer auf Platz eins bezogen auf die Anzahl EMAS-validierter Unternehmen je eine Million Einwohner. Die beiden Stahlunternehmen des Saarlandes (Saarstahl und Dillinger Hütte) sind Mitglied in dem EU-weiten Konsorti-um ULCOS (Ultra-Low Carbon Dioxide Steelmaking) von 48 Unternehmen und Organisationen. Ziel dieses Konsortiums ist eine Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes um mindestens 50 % gegenüber den gegen-wärtig effizientesten Technologien. Auch das Engagement im saarländischen Umweltpakt – ihm gehören zwischenzeitlich über 150 Unternehmen an ebenso wie das Unternehmernetzwerk für Energieeffizienz sind ein Indiz für die hohe Bereitschaft der saarländischen Wirtschaft, eine aktive Rolle im Umweltschutz wahrzunehmen.

Gerade die Saarindustrie ist auf sichere und bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Eine falsch an-gelegte Energiepolitik könnte daher ernsthafte Gefahren für den Industriestandort Saar mit sich bringen; übermäßig steigende Energiepreise, eine Überforderung der Unternehmen und unzureichende Versorgungs-sicherheit sind somit zu vermeiden.

Im globalen Vergleich würden überdurchschnittlich steigende Energiepreise die hiesige Produktion in einem Maße verteuern und die Wettbewerbsfähigkeit schwächen, so dass Abwanderungsgefahren drohen. Da-durch würde jedoch die globale Klimagefährdung eher zu- als abnehmen, da die Produktion dann in Länder mit geringeren Umweltstandards verlagert würde.

Die Energiewende ist so auszugestalten, dass die Stromversorgung in der Grund- wie in der Spitzenlast je-derzeit gewährleistet ist; d. h., die Schwankungsanfälligkeit der Erneuerbaren Energien muss ausgeglichen werden durch die Modernisierung bestehender bzw. den Bau neuer grundlastfähiger Kraftwerke. Die Er-tüchtigung der Verteilnetze muss darüber hinaus Schritt halten mit dem Umbau unserer Energieerzeugungs-landschaft. Je verbrauchsnäher die Energieerzeugung stattfindet, umso besser für die Versorgungssicherheit und die Prosperität des Industriestandortes Saar.

Die EU setzt seit 2005 mit den CO2-Emissionszertifikaten das weltweit erste multinationale Emissionsrechte-

Handelssystem als Instrument zur Reduktion von Treibhausgasen ein. Die Ausgestaltung des europaweiten Emissionshandels ab 2013 hat erhebliche Auswirkungen auf die saarländische Industrie: So wurde z. B. eine Ausstoßgrenze von höchstens 1.328 kg CO

2 pro hergestellter Tonne Roheisen festgelegt; für darüber hinaus

gehende Emissionen müssen Emissionszertifikate zugekauft werden. Die Benchmarks für die kostenlose Zuteilung der CO

2-Emissionsrechte liegen damit etwa 10 % unter dem physikalisch und technisch Machba-

ren. Allein bei Dillinger Hütte und Saarstahl muss danach mit jährlichen Mehrkosten in Höhe von 60 bis 70 Millionen Euro gerechnet werden.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene müssen die finanziellen Belas-tungen in vertretbaren Grenzen halten und den Marktakteuren die erforderlichen Freiräume für Zukunftsin-vestitionen erhalten. Dies ist nicht nur wirtschafts- und sozialpolitisch, sondern auch umweltpolitisch not-wendig.

Das Saarland war und ist ein Industrieland und soll es auch in Zukunft bleiben. Dabei spielen energieintensive Unternehmen eine besondere Rolle. Solange weder globale Klimaschutzvereinbarungen getroffen sind noch

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marktfähige technische Lösungen zur Verfügung stehen, sind daher Sonderregelungen erforderlich, die sich etwa auf die Ausgestaltung des Emissionshandels oder die Einbeziehung in das EEG beziehen können. Auch die beabsichtigte Kompensation für energieintensive Unternehmen aus dem Energie- und Klimafonds des Bundes von bis zu 500 Mio. Euro ist in diesem Zusammenhang begrüßenswert; ob diese Maßnahme jedoch ausreicht, kann zurzeit noch nicht abgeschätzt werden.

7.3. HerausforderuNgeN aN deN eNergiestaNdort saarlaNd

7.3.1. Der Stromsektor im Kontext des energiepolitischen Zieldreiecks Das energiepolitische Zieldreieck lässt sich für den Stromsektor wie folgt konkretisieren:

- Gewährleistung eines hohen Niveaus an Versorgungssicherheit durch ausreichende Kapazitäten und eine gute Netzinfrastruktur,

- Gewährleistung wettbewerbsverträglicher Strompreise für die Industrie und bezahlbarer Stromrech-nungen für die Haushalts- und Gewerbekunden,

- Einhaltung der nationalen Klimaschutzziele durch eine zunehmend klimafreundliche Stromerzeu-gung auf Basis von Kraft-Wärme-Kopplung und Erneuerbaren Energien.

Im Folgenden soll kurz dargestellt werden, inwieweit diese Ziele aktuell erreicht sind und wer für die jeweilige Zielerreichung verantwortlich ist.

a) VersorgungssicherheitIm liberalisierten Stromsektor entscheiden die Marktakteure autonom und auf eigenes Risiko darüber, ob sie in Kraftwerke investieren oder nicht. Um die im Rahmen des Atomausstiegs wegfallenden Kraftwerkskapa-zitäten auszugleichen, sollen nach dem Plan der Bundesregierung fossile Kraftwerkskapazitäten, bevorzugt Gas, aufgebaut werden. Nach einer Erhebung der Bundesnetzagentur in ihrem Bericht vom 27.05.2011 entwickelt sich aus heutiger Sicht ein Zubausaldo von Kraftwerken in Höhe von 1.780 MW bis Ende 2011, weiteren 1.640 MW bis Ende 2012 sowie 6.092 MW bis Ende 2013.

Laut „Monitoringbericht Versorgungssicherheit“ des Bundeswirtschaftsministeriums (Januar 2011) steht zu-dem jederzeit eine ungenutzte Kraftwerksleistung von 13.200 MW bereit. Diese Kraftwerke können jeder-zeit angefahren werden. Damit erhalten zum einen die bestehenden saarländischen Kraftwerke die Chance, ihren Strom für den Lastausgleich bereitzustellen und als fossile Reserve zur Verfügung zu stehen. Zum an-deren gewinnen die saarländischen Kraftwerksstandorte auch für Neubauvorhaben im Sinne gut regelbarer Ausgleichsenergie für Erneuerbare Energien wieder an Bedeutung.

Page 114: Masterplan Energie

114 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergieAbbildung 7-1

120

140

160

100

80

60

40

20

0Leis

tun

g (

GW

)

InstallierteLeistung

LastGesicherteLeistung

Erneuerbare

Wasserkraft

Steinkohle

Sonstige

Gas

Kernenergie

Braunkohle

51

57

17

20

25

19

11

20

22

29

21

6

160 GW

2

67

80

„Kaltreserve“

„rechnerische Reserve“

„Referenzmarge“nach ENTSO-E

(zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit)

Geschätzte Last am dritten Januar-Mittwoch

um 19 Uhr(Referenzzeitpunkt

nach ENTSO-E)

Nationale Leistungsbilanz Deutschland 2011(BMWi auf Grundlage AtG 2010 und ENTSO-E Adequacy Forecast 2011-2025, Szenario A)

93 GW

Die gesicherte Leistung ergibt sich aus der

installierten Leistung abzüglich geschätzter

nicht einsetzbarer Leistung, Revisionen und

Ausfälle, Reserve für Systemdienstleistungen

Abbildung 7-1: Installierte, gesicherte Leistung und Reserve nach BMWi, Mai 2011

Die Strom- und Gasnetze sind aus ökonomischen Gründen dem Wettbewerb entzogen („natürliches Mo-nopol“). Ihr Ausbau wird von der Bundesnetzagentur und den Landesregulierungsbehörden im Rahmen der Anreizregulierung gesteuert. Die Parameter für diese Steuerung werden bundeseinheitlich festgelegt und sind auf Landesebene nicht gestaltbar. Für die Systemsicherheit – vor allem für die Frequenz- und Spannungshaltung – sind in Deutschland die vier Übertragungsnetzbetreiber verantwortlich, die direkt von der Bundesnetzagentur kontrolliert und reguliert werden. Beim weiteren Ausbau dezentraler Anlagen der Nutzung regenerativer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung wird es in der Perspektive zu einer enge-ren Zusammenarbeit zwischen Übertragungs- und Verteilernetzbetreibern kommen müssen mit dem Ziel, dass auch auf der Nieder- und Mittelspannungsebene Beiträge zum Angebots-/Nachfrageausgleich erbracht werden. Dies erfordert eine Ergänzung der Stromverteilernetze durch Informations- und Kommunikations-technologien („Smart Grid“), um Einspeisung und Lasten steuern zu können. Auch über die Anerkennung dieser Kosten werden allein die Bundesnetzagentur in allgemeiner Form und in Einzelfallregelungen auch die Landesregulierungsbehörden zu befinden haben.

Unterstützend ist im Energiepaket der Bundesregierung (Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes EnWG) u. a. die Befreiung neuer Speicher von den anfallenden Netzentgelten vorgesehen.

Mittelfristig soll zudem der Stromverbrauch bis 2020 um 10 % sinken, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

b) Strompreise und -kostenStrom muss für Privathaushalte und Wirtschaftsunternehmen bezahlbar bleiben. Für Wirtschaftsunterneh-men bedeutet dies, dass die Gestaltung der Strompreise in all ihren Komponenten nicht zur Beeinträchti-gung oder zum Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit führen darf. Für Privathaushalte muss auch bei kleinen und mittleren Einkommen der Strompreis verkraftbar bleiben.

Page 115: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 115

Seit der Einführung der Strombörse im Jahr 2000 gibt es in Deutschland einen Leitpreis, an dem sich alle Stromtarife und Sonderverträge orientieren. Das bedeutet, dass beispielsweise Industriestrompreise nicht mehr zwischen Unternehmen und Kraftwerksbetreibern wie vor der Liberalisierung frei ausgehandelt wer-den, sondern durch den Börsenpreis weitgehend festgelegt sind. Allenfalls kleine Abweichungen nach unten durch Ausnutzung anlagenspezifischer Besonderheiten und spezieller Lastprofile sind noch möglich.

Grundsätzlich setzen sich die Endkundenpreise für Strom aus drei Elementen zusammen: den Strombe-schaffungs- inkl. -vertriebskosten, den Netzentgelten inkl. Messung und Abrechnung sowie den staatlichen Steuern, Abgaben und sonstigen Zuschlägen.

Wie bereits ausgeführt, werden die Strombeschaffungskosten zentral durch die Preisbildung an der Strom-börse determiniert. Die Netzentgelte werden direkt oder indirekt durch die Bundesnetzagentur festgelegt und die staatlichen Belastungen wie Mehrwertsteuer, Stromsteuer, EEG-Umlage und Umlage nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz fallen in die Verantwortung der jeweiligen Bundesregierung. Hier wurde be-reits in der Vergangenheit für Entlastungen der Industrie gesorgt. Lokal und regional beeinflussbare Elemente der Strompreise sind die Höhe der Vertriebsmargen, die die Stromhändler nach ihren jeweiligen Renditezie-len und der konkreten Wettbewerbssituation festlegen, sowie die Höhe der Konzessionsabgaben, die die Gemeinden in ihren Konzessionsverträgen mit den Netzbetreibern vereinbaren.

c) Entwicklung der Stromerzeugung in DeutschlandDeutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2022 aus der Nutzung der Kernenergie auszusteigen und die Stromerzeugung schrittweise auf Erneuerbare Energien umzustellen. Darüber hinaus geht es kurz- bis mittelfristig darum, die CO

2-Emissionen der fossilen Kraftwerke und Anlagen zu reduzieren, insbesondere

durch

- die Verbesserung der Wirkungsgrade bestehender fossiler Kraftwerke, - den Bau hocheffizienter Gas-GuD-Kraftwerke mit elektrischen Wirkungsgraden von über 60 %,- den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, deren Anlagen die eingesetzte Primärenergie optimal

ausnutzen, wobei hier neben Erdgas auch Bio-, Deponie- und Klärgas eingesetzt werden kann.

Während KWK-Anlagen und Gaskraftwerke auf Grund ihrer Flexibilität gut geeignet sind, die ständig stei-genden Anteile fluktuierender Erzeugung (v. a. Wind, Solar) zu flankieren und so als „Backup-Kraftwerke“ die Systemsicherheit in einem solchen System zu garantieren, sind konventionelle Großkraftwerke hier mit-telfristig auf Grund ihrer relativen Inflexibilität nur bedingt geeignet, die optimale Nutzung der Erneuerbaren Energien zu gewährleisten. Die Bundesregierung will bis spätestens 2020 rund 35 % der Stromerzeugung durch Erneuerbare Energien und rund 25 % durch KWK-Anlagen decken.

Während das EEG den Ausbau der entsprechenden regenerativen Kapazitäten vorantreibt, bedarf es für die netzstabilisierenden fossilen Kraftwerke in KWK der Einrichtung sog. Kapazitätsmärkte. Im Gegensatz zum Markt für Regelenergie, der den Einsatz vorhandener Kraftwerkskapazitäten befördert, setzen sie zusätzli-che Anreize zur Neuinstallation durch monetäre Belohnung der Vorhaltung von Kraftwerkskapazität. Solche Märkte vermeiden durch finanzielle Anreize die Stromverknappung und den verspäteten Zubau von fehlen-den Ausfallkraftwerken, wie er im aktuellen Angebots-/Nachfragemarkt zu befürchten ist. Fossile Kraftwerke

Page 116: Masterplan Energie

116 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

werden lediglich für die Bereitschaft zur Lieferung belohnt. Mit dieser auskömmlich gestalteten Leistungs-vorhaltungsprämie werden die knappen fossilen Ressourcen und das Klima gleichermaßen geschont. Um auch die finanziellen Ressourcen effizient einzusetzen, wird die sinnvolle Ausprägung solcher Märkte investiv spezifisch günstige Kraftwerke favorisieren. Ein gut funktionierender Kapazitätsmarkt hält volkswirtschaftli-chen Schaden von Industrie, Gewerbe und Privatkunden dauerhaft fern und trägt somit bei zum gelungenen Umbau des Energieversorgungssystems in Deutschland [Energiewirtschaftliche Tagesfragen 61. Jg. (2011) Heft 1/2].

Hinzu kommt der durch den Europäischen Emissionshandel vorgegebene CO2-Deckel („Cap“), mit dem eine

schrittweise Reduzierung der CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung angestrebt wird.

7.3.2. Bestandsaufnahme und Perspektiven der konventionellen Stromerzeugung im Saarland

Die saarländischen fossilen Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von ca. 2.600 MWel werden in erster Linie mit Steinkohle betrieben, wie in Kapitel 3.3.1 aufgeführt.

In der Vergangenheit stammte die Steinkohle im Wesentlichen aus heimischen Flözen. Insofern hatten diese Kraftwerke im Saarland einen Standortvorteil, der auch dazu genutzt wurde, hier mehr Kraftwerke als für den Eigenverbrauch benötigt zu errichten und den Überschussstrom zu exportieren. Mittlerweile hat das Saarland in dieser Hinsicht einen Standortnachteil, da die Kohlekraftwerke heute bereits überwiegend mit Importkohle befeuert werden, die aufwändig vom Seehafen Rotterdam ins Saarland transportiert werden muss.

Die Preisbildung an der Strombörse hat bereits in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die bestehen-den saarländischen Kohlekraftwerke weniger stark ausgelastet wurden und dadurch auch der Stromexport reduziert wurde. Zum Teil wird der Strom aus Kohlekraftwerken auf den attraktiven Regelenergiemärkten vermarktet, was im Falle negativer Regelenergie ebenfalls zur Drosselung der Anlagen führt. Ob sich Nach-rüstungen der Anlagen ökonomisch rechnen, hängt von der künftigen Preisentwicklung an der Strombörse und der Marktsituation insgesamt ab. Im Energiekonzept der Bundesregierung wird die Preisentwicklung in den nächsten 10 Jahren als eher stabil angesehen, und es wird von der Anzahl der noch am Netz befindli-chen Kernkraftwerke abhängen, ob sich an dieser Prognose etwas ändert. Das Deutsche Institut für Wirt-schaftsforschung [DIW Wochenbericht Nr. 20, 2011] stellte fest, dass das Moratorium nur zu geringfügigen Strompreissteigerungen für Haushalte in einer Höhe von maximal 1,4 Prozent führte. Die Erhöhung führte das DIW überwiegend auf die Erhöhung der Börsenpreise um etwa 0,4 Cent pro Kilowattstunde (sechs Prozent) zurück. Für das Abschalten weiterer Atomkraftwerke sieht das DIW den Zubau und Ersatz von Kraftwerkskapazitäten als erforderlich an. Im jetzt überschaubaren Zeitraum erhöht sich der Verbraucherpreis insgesamt voraussichtlich nur leicht, da der Umfang der Preis steigernden und Preis senkenden Wirkungen in etwa gleich ist. Preis steigernd wirkt die Erhöhung der Emissionshandelspreise aufgrund zusätzlicher Emis-sionen. Der notwendige Kraftwerkszubau und der Netzausbau wirken potenziell Preis steigernd, wenn auch der Netzausbau als die geringere Komponente eingeschätzt wird und zusätzliche Stromkapazität tendenziell Preis senkend wirkt [Ethikkommission, 2011].

Neue KWK-Anlagen, wie die des VVS-Konzerns Saarbrücken, nutzen das „Abfallprodukt“ Wärme bei der Stromerzeugung, da dies – zusammen mit der Förderung durch das KWK-Gesetz – die Wirtschaftlichkeit

Page 117: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 117

der Investition deutlich verbessert. In Bau sind eine Gas-GuD-Anlage im Raum Saarbrücken Süd mit rund 39 MWel sowie drei Blockheizkraftwerke mit jeweils 2 MWel, die mit Methangas betrieben werden sollen. Weitere bis zu zehn BHKWs gleicher Leistung sind in der Planung, davon vier bis 2014.

Die Perspektiven der Stromerzeugung im Saarland lassen sich vor dem Hintergrund der nationalen und saar-ländischen Situation daher wie folgt zusammenfassen:

- Die bestehenden Kraftwerke an der Saar werden in erster Linie marktorientiert betrieben. Die Ener-giewirtschaft ist bemüht, die Auslastung und die Laufzeit dieser Kraftwerke betriebswirtschaftlich und technologisch zu optimieren. Die Landesregierung unterstützt die Energiewirtschaft mit dem Ziel, bestehende Kraftwerke zu modernisieren, die vorhandene Wertschöpfung im Saarland zu erhalten und neue umwelt- und klimafreundliche Energieerzeugungsanlagen zu errichten.

- Der Zubau von KWK-Anlagen kann bereits heute im Einzelfall wirtschaftlich sein. Die nationale Zielsetzung einer Verdopplung der KWK-Stromerzeugung bis 2020 gegenüber heute könnte relativ schnell dazu führen, bestehende Förderungen weiter aufzustocken oder Investorenrisiken besser abzusichern.

- Ob das Saarland zukünftig wieder Strom exportiert, entscheiden letztlich die Marktakteure mit ihren Investitionsentscheidungen. Voraussetzung dafür wäre, dass der Standortnachteil im Hinblick auf Importkohleverstromung mehr als ausgeglichen wird durch Standortvorteile im Hinblick auf eine gute Übertragungsnetzanbindung, die Nutzung von Erdgas über die bereits heute ausreichend hohen Erdgasnetzkapazitäten und gute Kühlmöglichkeiten.

Als robuste Maßnahmen des Saarlandes im Hinblick auf die konventionelle, Nicht-Erneuerbare Stromerzeu-gung sind in erster Linie zu nennen:

- Unterstützung des Ausbaus der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung im kommunalen und indus-triellen Bereich durch unbürokratische Genehmigungsverfahren und Einsatz für eine baldige KWK-Novelle auf Bundesebene.

- Sondierung und landesplanerische Sicherung von Standorten für mögliche Gaskraftwerke zusam-men mit den Marktakteuren, um für den Zeitpunkt besserer ökonomischer Rahmenbedingungen z. B. durch nationale Ausschreibungsverfahren gerüstet zu sein.

- Dialog mit der Kraftwerkswirtschaft und Belegschaft, um die Perspektiven der jeweiligen Standorte abschätzen zu können.

- Mit Blick auf die Stilllegung des Bergwerks Saar Mitte 2012 haben die Landesregierung, der RAG-Konzern und der Saarländische Städte- und Gemeindetag im Juli 2010 einen Lenkungskreis „Berg-bauflächen“ eingerichtet. Ziel ist es, einen geordneten Rückzug des Bergbaus in der Region auf den Weg zu bringen, die Bergaufsicht über die einzelnen Flächen verfahrensgemäß zu beenden und dauerhafte Beiträge zum Strukturwandel zu generieren. Der Immobilienbestand des Saarbergbaus umfasst derzeit Gesamtflächen von 2.500 Hektar, 808 Gebäude und über 20 denkmalgeschützte Anlagen. Hierfür existiert ein breites Spektrum an Folgenutzungsmöglichkeiten, zu denen auch Erneuerbare-Energien- und Klimaschutzstandorte gehören, wie zum Beispiel der geplante Energie-park in Luisenthal.

Page 118: Masterplan Energie

118 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

7.3.3. Strom- und GasnetzeDas Saarland ist sowohl in das Höchstspannungsnetz beim Strom (vgl. Karte im Anhang) als auch in das Gashochdrucknetz sehr komfortabel eingebunden, so dass auf absehbare Zeit weder Versorgungsengpässe noch Restriktionen erkennbar sind.

Auch bei den Stromverteilnetzen sind beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien keine Engpässe zu befürchten, vorausgesetzt die Verteilnetzbetreiber treffen hierfür entsprechende Vorsorge. Dazu sind sie nach den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes und der Bundesnetzagentur ohnehin gehalten, und die Regelungen der Anreizregulierung bieten dafür entsprechende Kompensationen. Eine Karte mit den Gebie-ten der Verteilnetzbetreiber findet sich im Anhang.

Ausreichende Erdgasmengen sind netzseitig für neue Gaskraftwerke im Saarland darstellbar; das entspricht etwa der elektrischen Höchstlast im Saarland. Mittelfristig wird der Erdgasbedarf auch für den saarländi-schen Wärmemarkt infolge von Maßnahmen der Energieeinsparung und der Nutzung Erneuerbarer Energien deutlich zurückgehen, sodass zusätzliche Potenziale für die Stromerzeugung aus Erdgas frei werden. Der Rückgang der Bedarfsmengen an Gas für Raumwärme in den Sektoren private Haushalte und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen bewegt sich in den drei Szenarien bis 2020 zwischen 20 und 40 %, bis 2050 ist ein Rückgang um über 50 bis 90 % denkbar, je nachdem wie erfolgreich der Einsparpfad im Gebäudebereich realisiert wird.

7.4. perspektiVeN der erNeuerBareN eNergieN iM saarlaNd

Die Ausbau-Potenziale für Erneuerbare Energien im Saarland sind erheblich. So liegt das theoretisch erreich-bare Potenzial zur solaren Stromerzeugung bei über 6.000 GWh. Hinzu kommen ca. 4.800 GWh Wind-Potenzial sowie Potenziale aus Biomasse. Wir sind uns bewusst, dass nicht alle Potenziale vollständig und gleichzeitig ausgeschöpft werden können.

Im Saarland sind derzeit (Stand Juni 2011) mindestens 310 MW elektrischer Leistung an Erneuerbaren Ener-gien installiert. Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung betrug im Jahr 2008 5,4 %. Damit lag das Saarland im Vergleich zum Bund mit 15 % (Stand 2008) auf einem der hinteren Ränge im Bundes-ländervergleich [Agentur für Erneuerbare Energien, 2010]. In den letzten Jahren konnte im Saarland zwar ein weiterer Zubau an Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien erreicht werden, dennoch besteht noch ein erhebliches Ausbaupotenzial.

Page 119: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 119

energieträgerleistung

MWelquelle

Wind 111 DEWI

Wasserkraft 17 Statist. Landesamt

PV 170 Arge Solar

Biomasse 13Netzagentur; IZES, Biomasse-

Potenzialanalyse 2011

summe 311

Tabelle 7-1: Installierte Leistung Erneuerbarer Energien im Jahr 2011

Um das im Koalitionsvertrag festgelegte Ausbauziel von 20 % bis zum Jahr 2020 und weitere Steigerungen in den Folgejahren zu erreichen, wurden im Jahr 2010 Potenzialstudien zu den Energieträgern Sonne, Wind, Biomasse und Geothermie beauftragt. Unter der Prämisse eines Zubaus regenerativer elektrischer Leistung in mindestens der Größenordnung des Jahres 2010 für Wind und Sonne und unter Berücksichtigung eines mit Vertretern der Land-, Forst- und Abfallwirtschaft abgestimmten Nutzungspfades für die einzelnen Bio-massekontingente könnte bis 2020 eine installierte Leistung von fast 1.650 MW und damit eine Strompro-duktion von über 3.100 Gigawattstunden pro Jahr (GWh/a) erzielt werden (Tabelle 7-2). Im Vergleich zu 650 GWh/a im Jahr 2009 würde dies innerhalb eines Jahrzehnts fast eine Verfünffachung der Stromproduktion durch Wind-, Solar- und Biomassekraft bedeuten. Im Vergleich zur höchsten Bruttostromerzeugung (inkl. Eigenbedarf) der Saarländischen Kraftwerke im Jahre 2007 von rund 10.000 GWh nur für den Eigenbedarf (also ohne Export) würde es einen regenerativen Anteil an der Stromerzeugung von über 30 % bedeuten. Ausgehend von einem aus Effizienzgründen reduzierten Stromverbrauch in 2020 in Höhe von rund 8.000 GWh könnte die regenerative Stromproduktion dann sogar bereits 40 % erreichen.

Dabei ist Strom aus Grubengas noch nicht mit erfasst, obwohl er nach dem EEG weiterhin vergütungsfähig ist (u. a. wegen der hohen Klimawirksamkeit von Methan, wenn es ungenutzt in die Atmosphäre gelangt). Das verstromte Methangas ist jedoch fossilen Ursprungs und damit kein erneuerbarer Energieträger im ei-gentlichen Sinne. Insgesamt geht der Ausstoß langsam zurück. Auch ist noch keine Entscheidung über einen dauerhaften und optimierten Weiterbetrieb der Wasserhaltung in den Stollen nach Ende des Bergbaus im Saarland Mitte 2012 gefallen. Sollte sie wegfallen, wird das Methangasaufkommen gravierend zurückgehen.

Die Solarenergie müsste hierfür einen Zuwachs von rund 70 MW jährlich erreichen. Der Ausbau der Wind-kraft würde mit Raten von fast 60 MW, dies entspricht 20 Anlagen à 3 MW, stattfinden. Die in 2010 instal-lierte Leistung aller Biomasse-Anlagen könnte sich von 12 MWel auf über 80 MWel um den Faktor 7 erhöhen. Gleichzeitig kann wärmeseitig ein Anstieg von heute 22 MWth auf fast 300 MWth in 2020 erreicht werden. Bei der Tiefengeothermie wird aus heutiger Sicht von keinem relevanten Beitrag bis 2020 ausgegangen, da die im Saarland einzusetzende Hot-Dry-Rock-Technologie noch nicht ausgereift und wirtschaftlich nicht dar-stellbar ist. Im Nachfolgenden werden weitere Details zu diesen Ansätzen genannt.

Page 120: Masterplan Energie

120 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

erreichbarer ausbau bis 2020strom Wärme

leistung MWel

arbeitgWh/a

leistung MWth

arbeitgWh/a

Photovoltaik 850 850 – –

Windkraft 700 1.700 – –

Wasserkraft 18 80

Biomasse 80 500 300 1.100

summe 1.648 3.130 300 1.100

Tabelle 7-2: Ausbaupotenzial der regenerativen Stromerzeugung im Saarland bis zum Jahr 2020Abbildung 7-2

2.000

3.000

2.500

1.500

1.000

500

0MW

el b

zw. G

Wh

/a

2010 2020 2010 2020

Wind

Wasserkraft

Photovoltaik

Biomasse

Regenerative Stromerzeugung im Saarland

Maximalleistung Stromerzeugung

Abbildung 7-2: Ausbaupotenzial der regenerativen Stromerzeugung im Saarland bis zum Jahr 2020

Ein derartiger Ausbau ist nur unter Ausnutzung eines breiten Ausbaupfades in allen Bereichen sowie Be-seitigung der wesentlichsten Aktivierungshemmnisse erreichbar. Er gilt insbesondere unter der Prämisse, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Abnahme und Vergütung für Strom aus Erneuerbaren Energien regelt, in allen Sektoren in den Grundzügen erhalten und mit ausreichenden finanziellen Anreizen zur Investition in diese Technologien ausgestattet bleibt.

7.4.1. Zukünftige Nutzung der Solarenergie zur Stromerzeugung Im Saarland sind Ende 2010 165,5 MW installierter Leistung an Photovoltaik installiert. Dies entspricht rund 12.400 Anlagen zum 31.12.2010 nach Meldung der Bundesnetzagentur.

Das Saarland gehört neben Baden-Württemberg und Bayern zu den sonnenreichsten Bundesländern und hat daher vergleichsweise günstige Voraussetzungen, um Photovoltaik zu nutzen. Mit einem Ausbaustand von 40 kW/km2 Landesfläche liegt das Saarland hinter Bayern (55 kW/km2) und Baden-Württemberg (49 kW/km2) in diesem Ranking der Bundesländer an 3. Stelle. Der Bundesdurchschnitt beträgt 28 kW/km2 Fläche [Stand: 31.12.2009, Photon, Ausgabe 9/2010].

Page 121: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 121

Die „Solarpotenzialanalyse für das Saarland“ [Klärle, 2011] ermittelt ein großes Ausbaupotenzial für die so-lare Strom- und Wärmeerzeugung. So liegt das technisch erreichbare Potenzial zur solaren Stromerzeugung nach dieser Studie für das Saarland bis 2050 bei über 6.000 GWh bzw. bei mehr als 6,3 GW Peak-Leistung. Die Analyse des Dachbestandes beinhaltet sowohl die aktuelle Situation als auch Szenarien für 2020 und 2050. Für das Szenario 2050 werden zwei Varianten berechnet, denen unterschiedliche Angaben zur zu-künftigen Entwicklung der Gebäudefläche und des Stromverbrauchs zu Grunde liegen. Die Analyse der für die solare Nutzung geeigneten Freiflächen ist untergliedert in Flächen mit Einspeisevergütung gemäß aktuel-lem EEG und Flächen ohne Einspeisevergütung.

Im Einzelnen wurden Randstreifen von Autobahnen und Schienenwegen (mit Einspeisevergütung), Konversi-onsflächen (mit Einspeisevergütung) und Ackerflächen und Grünland (ohne Einspeisevergütung) behandelt. Dabei wurden verschiedene Restriktionen einbezogen (Berücksichtigung von Schutzgebieten, ungeeigne-ten Flächen, Modulabstand etc.) und unterschiedliche Mobilisierungsraten zu Grunde gelegt. Bei Konversi-onsflächen, Ackerflächen und Grünland wurde ein Mobilisierungsfaktor von 10 %, bei Dachflächen sowie Randstreifen von Autobahnen und Schienenwegen ein Mobilisierungsfaktor von 50 % unterstellt (Tab. 7-3).

mit einspeisevergütung

ohne einspeisevergütung

randstreifen autobahnen und

schienenwegekonversionsflächen

ackerflächen und grünland

Abzug von Schutzgebieten (siehe Tabelle unter 3.1.1.)

X X X

Abzug von anderen ungeeigneten Flächen (siehe Tabelle unter 3.1.1.)

X X X

Abzug aller Flächen mit Globalstrahlung < 950 kWh/m2/a

X X

Abzug aller Flächen < 1 ha X X X

Mobilisierungsfaktor 50 % 10 % 10 %

Modulabstand 1/2 2/3 2/3

Wirkungsgrad der Module 15 % 15 % 15 %

Performance Ratio 80 % 80 % 80 %

Investitionsvolumen 2.500 g / kWp 2.500 g / kWp 2.500 g / kWp

Tabelle 7-3: Grundannahmen in der solaren Potenzialanalyse

a) Ergebnis DachflächenDas Ergebnis der Potenzialabschätzung zeigt, dass alle Gemeinden im Saarland den Strombedarf der privaten Haushalte durch Nutzung der geeigneten Dachflächen decken könnten. Saarlandweit können 2.857 GWh Strom pro Jahr erzeugt werden. Das entspricht einem Deckungsgrad von durchschnittlich 168 %. Den ge-ringsten Wert weist Friedrichsthal mit 116 % auf. Spitzenreiter ist Perl mit 274 %.

Das Investitionsvolumen (Preisbasis Ende 2010) beläuft sich für das gesamte Saarland auf 8,6 Mrd. €.

Page 122: Masterplan Energie

122 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergieAbbildung 7-3-1

Potenzieller Stromertrag in

GWh/a

16 - 25

25 - 50

50 - 75

75 - 100

100 - 125

125 - 150

150 - 175

175 - 200

200 - 364

Stromertrag Dachflächen aktuell

FriedrichsthalSpiesen-Elversberg

Schiffweiler

Quierschied

Merchweiler

Nonnweiler

WeiskirchenWadern

Losheim am See

Merzig

Mettlach

Namborn

Freisen

Oberthal

St. Wendel

Eppelborn

Marpingen

Ottweiler

NeunkirchenBexbach

Homburg

Kirkel

Blieskastel

Kleinblittersdorf Gersheim

St. Ingbert

Mandelbachtal

Lebach

Rehlingen-Siersburg Dillingen/

Saar

Nalbach

WallerfangenSaarlouis

Ensdorf

Schwalbach

PüttlingenBous

Wadgassen

Großrosseln

Saarbrücken

Illingen

Heusweiler

Schmelz

Riegelsberg

Völklingen

Überherrn

Saarwellingen

Beckingen

Tholey

Perl

Nohfelden

Sulzbach

Quelle: Solarpotenzialstudie für das Saarland, Prof. Dr. Klärle, Ingenieurbüro

Abbildung 7-3: Aktuell potenziell generierbarer Stromertrag aus Dachflächen im Saarland

Szenario 2020Durch den prognostizierten Rückgang der Gebäudefläche stehen 10 % Dachflächen weniger zur Verfügung. Da die Bevölkerung jedoch ebenfalls abnimmt, sinkt auch der Strombedarf. Der Wirkungsgrad der Module wird gleichzeitig höher. Der Deckungsgrad liegt im Hinblick auf den Verbrauch der privaten Haushalte zwi-schen 135 % und 318 %. Er steigt damit um ca. 26 % im Vergleich zur Berechnung des aktuellen Potenzials auf durchschnittlich 194 %. Das heißt, bei Ausschöpfung des gesamten Dachpotenzials kann fast doppelt so viel Strom erzeugt werden, wie die privaten Haushalte jährlich benötigen.

Szenario 2050Variante 1 „Moderate Abnahme der Gebäudefläche, geringfügige Abnahme des Stromverbrauchs“: Im Er-gebnis können durchschnittlich 392 % des privaten Stromverbrauchs gedeckt werden. Das Minimum für Friedrichsthal liegt bei 272 %, das Maximum für Perl bei 640 %. Das Dachflächenpotenzial hat sich somit im Vergleich zum Szenario 2020 ungefähr verdoppelt.

Page 123: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 123Abbildung 7-4-1

FriedrichsthalSpiesen-Elversberg

Schiffweiler

Quierschied

Merchweiler

Nonnweiler

WeiskirchenWadern

Losheim am See

Merzig

Mettlach

Namborn

Freisen

Oberthal

St. Wendel

Eppelborn

Marpingen

Ottweiler

NeunkirchenBexbach

Homburg

Kirkel

Blieskastel

Kleinblittersdorf Gersheim

St. Ingbert

Mandelbachtal

Lebach

Rehlingen-Siersburg Dillingen/

Saar

Nalbach

WallerfangenSaarlouis

Ensdorf

Schwalbach

PüttlingenBous

Wadgassen

Großrosseln

Saarbrücken

Illingen

Heusweiler

Schmelz

Riegelsberg

Völklingen

Überherrn

Saarwellingen

Beckingen

Tholey

Perl

Nohfelden

Sulzbach

Potenzieller Stromertrag in GWh/a

16 - 25

25 - 50

50 - 75

75 - 100

100 - 125

125 - 150

150 - 175

175 - 200

200 - 500

Szenario 2050 - Variante 1

Quelle: Solarpotenzialstudie für das Saarland, Prof. Dr. Klärle, Ingenieurbüro

Abbildung 7-4: Im Jahr 2050 potenziell generierbarer Stromertrag aus Dachflächen im Saarland

Variante 2 „Große Abnahme der Gebäudefläche, erhebliche Abnahme des Stromverbrauchs“: Die Deckung des privaten Stromverbrauchs steigt um weitere 55 % im Vergleich zu Variante 1 und liegt bei durchschnitt-lich 447 %.

b) Ergebnis Freifläche

Randstreifen von Autobahnen und SchienenwegenDie Analyse der Autobahnen im Landkreis Saarlouis ergibt, dass pro laufendem Kilometer Autobahn 2,5 ha Pufferflächen für die Solarstromerzeugung geeignet sind. Setzt man diesen Faktor für die 446 Streckenki-lometer Autobahn im Saarland an, ergeben sich geeignete Pufferflächen von insgesamt 1.111 ha. Davon ausgehend, dass 50 % dieser Flächen mobilisiert werden können, ergibt sich ein Stromertrag von 356 GWh im Jahr.

Die entsprechende Analyse der Schienenwege ergibt, dass pro laufendem Kilometer Schiene 1,5 ha Puffer-flächen für die Solarstromerzeugung geeignet sind. Setzt man diesen Faktor für die 517 Streckenkilometer Schiene im Saarland an, ergibt das geeignete Pufferflächen von insgesamt 774 ha. Davon ausgehend, dass 50 % der Flächen mobilisiert werden können, ergibt sich ein Stromertrag von 248 GWh im Jahr.

Da die Randstreifen von Bundesautobahnen und Bahntrassen zum Teil in Bundesbesitz sind, wird geprüft, ob das Land bzw. die betroffenen Gebietskörperschaften mit dem Bund eine Rahmenvereinbarung zur Nutzung der geeigneten Flächen schließen.

Page 124: Masterplan Energie

124 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

KonversionsflächenZwei parallel durchgeführte Berechnungsmethoden ergaben übereinstimmend, dass von den vorhandenen Konversionsflächen nur ein sehr geringer Teil für die solare Stromerzeugung nutzbar ist. Von den insgesamt 6.660 ha Konversionsflächen bleiben nach Abzug aller Ausschlussgebiete weniger als 10 % übrig (584 ha), die den Anforderungen an Flächengröße und Globalstrahlungswert genügen. Setzt man einen realistischen Mobilisierungsfaktor von wiederum 10 % an, gelten im Ergebnis weniger als 1 % der Konversionsflächen als Potenzialfläche. Der Stromertrag aus dieser Fläche beläuft sich auf 25 GWh im Jahr.

Ackerflächen und GrünlandVon den vorhandenen Ackerflächen und dem Grünland im Saarland eignet sich ein Großteil für die sola-re Stromerzeugung. Unter den Acker- und Grünlandflächen sind viele, die das Kriterium Mindestgröße 1 ha erfüllen und gleichzeitig einen hohen Globalstrahlungswert aufweisen. Geht man davon aus, dass von diesen Flächen 10 % mobilisiert werden können, ergibt sich ein Stromertrag von jährlich 2.576 GWh für das Saarland. Das ist ungefähr viermal so viel wie die Summe aus allen Freiflächen mit Einspeisevergütung (insgesamt 630 GWh).

Fazit FreiflächenpotenzialDas Potenzial zur Stromerzeugung durch Freiflächensolaranlagen ist geringfügig größer als das Potenzial im Dachbestand. Insgesamt 3.205 GWh pro Jahr könnten bei Nutzung aller geeigneten Flächen erzeugt wer-den. (Das Dachpotenzial lag bei 2.857 GWh/a.) Den mit Abstand größten Anteil an diesem Ergebnis haben die Flächen ohne Einspeisevergütung, nämlich Ackerflächen und Grünland mit 2.576 GWh. Die Flächen mit Einspeisevergütung liegen bei 356 GWh/a (Randstreifen von Autobahnen), 248 GWh/a (Randstreifen von Schienenwegen) und 25 GWh/a (Konversionsflächen).

Abbildung 7-5-1

Potenzieller Stromertrag

LK Merzig-Wadern 60 GWh

LK Neunkirchen 77 GWh

Saar-Pfalz-Kreis 86 GWh

LK St. Wendel 100 GWh

Regionalverband Saarbrücken

189 GWh

LK Saarlouis 118 GWh

Stromertrag Freiflächen mitEinspeisevergütung

Quelle: Solarpotenzialstudie für das Saarland, Prof. Dr. Klärle, Ingenieurbüro

MERZIG-WADERNST. WENDEL

SAARLOUIS

SAARBRÜCKEN

NEUNKIRCHEN

SAAR-PFALZ-KREIS

Abbildung 7-5: Potenzieller Stromertrag aus Freiflächen mit Einspeisevergütung

Page 125: Masterplan Energie

Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 125Abbildung 7-6-1

Jährlicher Stromertrag (in GWh)Freiflächen ohne Einspeisevergütung

MERZIG-WADERNST. WENDEL

SAARLOUIS

SAARBRÜCKEN

NEUNKIRCHEN

SAAR-PFALZ-KREIS

Potenzieller Stromertrag

LK Neunkirchen 183 GWh

RV Saarbrücken 257 GWh

Saar-Pfalz-Kreis 389 GWh

LK Saarlouis 482 GWh

LK Merzig-Wadern 697 GWh

LK St. Wendel 567 GWh

Quelle: Solarpotenzialstudie für das Saarland, Prof. Dr. Klärle, Ingenieurbüro

Abbildung 7-6: Potenzieller Stromertrag aus Freiflächen ohne Einspeisevergütung

c) GesamtbilanzDas maximale Gesamtpotenzial für die Solarstromerzeugung liegt aus heutiger Sicht bei 6.063 Gigawatt-stunden pro Jahr (GWh/a). Ausgehend von einem Stromverbrauch von 1.667 Kilowattstunden pro Person und Jahr bedeutet das eine Deckung des Strombedarfs der privaten Haushalte von 356 %.

potenzielle solarstromerzeugungsmengen [gWh/a]

Randstreifen Schienenwege 249

Randstreifen Autobahnen 356

Konversionsflächen 25

Ackerflächen und Grünland 2.576

Dachflächen 2.857

potenzial solarstrom insgesamt 6.063

Tabelle 7-4 : Solarpotenziale Saarland

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126 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergieAbbildung 7-7

14.000

400

200

800

600

1.000

12.000

0GW

h/a

110 m Randstreifen von Autobahnen und Schienenwegen

Konversionsflächen

Ackerflächen undGrünland

Dachflächen

LK Merzig-Wadern

LK NeunkirchenLK Saarlouis

Saar-Pfalz-KreisLK St. Wendel

RegionalverbandSaarbrücken

3 %

32 %

46 %

136%

216%

% Deckung des Strombedarfs der privaten Haushalte

207%

639%

269%

360%

616%

398%

1% 2%2%

<1%

79%

156%

184%

194%177%

373%

2%

65%

156%

142%

33% 32%33%

34%

385%

Abbildung 7-7: Potenzielle Stromerträge von verschiedenen Flächen nach Landkreisen

d) InvestitionsvolumenBei der Berechnung des Investitionsvolumens wurden aktuelle Preise und Wirkungsgrade der Module zu Grunde gelegt. Das berechnete Volumen von 8,6 Mrd. Euro für Dachflächen, 1,8 Mrd. Euro für geförderte Freiflächen und 7,2 Mrd. Euro für nicht geförderte Freiflächen wird bei sinkenden Modulpreisen und gleich-zeitig höherem Wirkungsgrad zukünftig erheblich zurückgehen.

e) Schlussfolgerungen1. Das vorhandene erhebliche Potenzial kann nur mobilisiert werden, wenn Bürgerinnen und Bürger

sowie Kommunen entsprechend informiert und unterstützt werden. Dazu gehören Öffentlichkeits-arbeit, Förderprogramme, Hilfen bei der Standortfindung, Unterstützung von Bürgerinitiativen und branchenspezifischen Firmen.

2. Das Potenzial aus Dachflächen und Freiflächen ist rein rechnerisch annähernd gleich hoch. Die Nut-zung der Dachflächen genießt in der Öffentlichkeit allerdings eine größere Akzeptanz, da hier im Vergleich zur Freifläche nicht mit konkurrierenden Flächenansprüchen zu rechnen ist.

3. Die Erfahrungen mit bestehenden Solardachkatastern zeigen, dass die aktive Ansprache der Dachei-gentümer extrem wichtig ist, um deren Interesse und Handlungsbereitschaft zu stimulieren.

Das ermittelte Potenzial lässt sich allerdings nur realisieren, wenn die Rahmenbedingungen durch das EEG so stabil bleiben, dass sich der Zubau an solarer Stromerzeugung auch weiterhin rechnet. Außerdem ist der An-teil der solaren Leistung auf Ackerflächen und Grünland derzeit nicht wirtschaftlich nutzbar, da das aktuelle EEG hierfür keine kostendeckende Vergütung vorsieht. Es ist aber davon auszugehen, dass in einigen Jahren die Kostengleichheit für den Eigenbedarf erreicht ist.

Die dann zu nutzenden Böden stehen im Übrigen in Konkurrenz zur energetischen Biomassenutzung, die im Sinne der Speicherbarkeit und Netzstabilisierung vorrangig auszubauen ist. Wenn keine naturschutzrechtli-chen Aspekte dagegen sprechen, ist eine Nutzung auf den dann verbleibenden, mageren Böden (Bodenwer-te geringer als 30) im Sinne der emissionsfreien Stromerzeugung durchaus sinnvoll.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 127

Welcher Teil dieses Potenzials ohne zusätzliche Speicher unter Berücksichtigung der Nachfragelast im Saar-land realisiert werden kann, bedarf noch weiterer Untersuchungen.

7.4.2. Zukünftige Stromerzeugung durch WindenergieDie Erzeugung von Strom aus Windenergie im Binnenland („onshore“) ist neben der Wasserkraft die derzeit günstigste Erneuerbare Energie. Windräder an Land können Strom schon für ca. 8 bis 9 Cent/kWh erzeugen; Windstrom ist daher deutlich günstiger als Strom aus Photovoltaik- oder Biogasanlagen; er hat noch andere Vorteile: Windräder produzieren – anders als etwa PV-Anlagen – ihren Strom auch nachts oder an trüben Tagen sowie im Winter; sie beanspruchen außerdem nur wenig direkte Fläche und lassen sowohl land- wie auch forstwirtschaftliche Nutzungen mit geringen Einschränkungen zu.

Aus diesen Gründen gilt die Windenergie als das „Arbeitspferd“ unter den Erneuerbaren Energien; sowohl auf Bundesebene wie auch im Saarland erzeugen Windräder fast die Hälfte des insgesamt aus Erneuerbaren Energien produzierten Stroms. Die Landesregierung geht davon aus, dass Windenergie (onshore wie off-shore) auch in Zukunft die tragende Säule beim Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland bleibt. Den wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Vorteilen der Windkraft steht allerdings entgegen, dass Windkraftanlagen mehr als Solar- oder Biogasanlagen auf Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung stoßen.

An guten Windkraftstandorten können im Saarland mit leistungsfähigen Anlagen 2.000 Volllaststunden erreicht werden. Das heißt, dass eine einzige markttypische Anlage mit einer Nennleistung von 2 MW im Jahr rund 4 Millionen kWh elektrische Energie erzeugen kann. Diese Strommenge ist rechnerisch – also unter Ausklammerung der Problematik stark schwankender Leistung – ausreichend, über 1.000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Windkraftanlagen sind technologisch sehr weit entwickelt. Und es ist zu erwarten, dass in den kommenden Jahren die Leistungsfähigkeit der Anlagen noch deutlich gesteigert werden kann. Anlagen, die eine Leistung von 3 MW haben und dann sogar 1.500 Haushalte mit Strom versorgen können, werden schon bald die heute noch gängige 2-MW-Klasse ablösen.

Bei der Nutzung der Windenergie hat das Saarland einen im Vergleich zu anderen Bundesländern großen Nachholbedarf. Bisher [Stand 31.12.2010; Deutsches Windenergie-Institut DEWI GmbH] sind erst 80 Anla-gen mit einer elektrischen Leistung von 111 MW installiert worden.

Das Saarland verfügt in größeren Höhen (Nabenhöhe über 100 Meter) über ein gut nutzbares Windenergie-potenzial. In der Wind-Potenzialstudie wurde das maximal nutzbare technische Potenzial mit 675 Anlagen und zusammen über 2.500 MW elektrischer Leistung sowie einer Stromerzeugung von rund 4.800 GWh ermittelt [AL-PRO, 2011]. Dabei wurden bereits harte Ausschlusskriterien angewandt. Insbesondere gibt es Pufferzonen in Abhängigkeit der Leistung der Windkonverter (Einhaltung von maximalen Lärmemissionen in der Nacht) sowie keine Windkraftanlagen in Naturschutz-, FFH- und Vogelschutzgebieten. Vorranggebiete für andere Schutzzwecke im bestehenden LEP Umwelt wurden ebenso ausgenommen und daraus ein kos-tenloser Kartendienst erstellt.

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128 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 7-8: Vorhandene und potenzielle Windstandorte im Saarland

Der Kartendienst zu den derart ermittelten Potenzialflächen einschließlich der bestehenden WEA sowie der dazu gehörende Erläuterungsbericht (Kurzfassung Windpotenzialstudie im pdf-Format) können unter nach-folgender Adresse im Internet angeschaut werden:

http://geoportal.saarland.de/mapbender/frames/login.php?name=guest&password=guest&mb_user_myGui=Windpotenzial

Eine Übersicht über die Windhöffigkeit und die potenziellen Standorte geben die folgenden Abbildungen.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 129

Abbildung 7-9: Mittlere jährliche Windleistungsdichte in 100 m über Grund im Saarland

Abbildung 7-10: Mittlere jährliche Windleistungsdichte in 150 m über Grund im Saarland

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130 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

a) Ausbaupotenziale der WindkraftDie Studie ermittelte, ausgehend von den errechneten Wind- und Flächenpotenzialen realistische Ausbau-szenarien für die drei Zeithorizonte 2015, 2020 und 2050. Die beiden ersten Szenarien bauen hierbei auf-einander auf und beeinflussen sich entsprechend. Für das Szenario 2050 kann hingegen von einer völligen Erneuerung des bis 2020 aufgebauten Anlagenbestandes ausgegangen werden.

Für die Szenarien 2015 wurde davon ausgegangen, dass der Zubau zu je 50 % aus Windenergieanlagen (WEA) der 2 MW und 3 MW Klasse besteht. Weiterhin wurde, wie auch bei allen anderen Szenarien, die Verteilung der Anlagen auf die Flächen mit unterschiedlichem Windpotenzial vorgegeben. Grundsätzlich ist der Ausbau in Flächen mit hohem Windpotenzial zu priorisieren und zu erwarten. Wie die Praxis zeigt, gibt es im Einzelfall aber auch gute Gründe, die zum Anlagenaufbau auf windschwächeren Flächen führen.

Für die Szenarien 2020 wurde von einem überwiegenden Ausbau durch WEA der 3 MW Klasse ausgegan-gen. 10 % des Ausbaus sollen mit WEA der bereits heute in Kleinserien verfügbaren Anlagenklasse 6 MW realisiert werden.

In den Szenarien 2050 stehen auch Anlagen der 10 MW Klasse zur Verfügung. Hinsichtlich der Abstandsre-striktionen zur Wohnbebauung wird davon ausgegangen, dass die Lärmemissionswerte denen der heutigen 6 MW Klasse entsprechen. Wo möglich, wurde ein Ausbau mit diesen Anlagen angenommen. Die verblei-benden Flächen wurden mit 3 MW Anlagen belegt. Diese Annahmen sind im Rückblick auf die Entwicklung der letzten 20 Jahre möglicherweise zu vorsichtig. In diesem Fall würde sich das Ausbaupotenzial für diesen Zeithorizont erhöhen.

Da die aus technischer Sicht (Abstände der WEA untereinander) benötigten Flächen nicht notwendigerweise komplett innerhalb der Windvorrangzonen liegen müssen, kann das tatsächliche Errichtungspotenzial ins-besondere bei kleinen Windvorrangflächen deutlich über dem auf diese Weise ermittelten Potenzial liegen. Andererseits zeigte sich bei der Entwicklung der Szenarien, dass die verfügbaren Flächen ohnehin nur für das Szenario 2050 einen limitierenden Faktor darstellen.

Entscheidend für die Entwicklung mindestens der nächsten 10 Jahre ist die Zubaurate, die pro Jahr in dieser Zeit erreicht werden kann. Sie hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, beispielsweise den allgemeinen gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, Geschwindigkeit von Genehmigungsverfahren, Standortattraktivität etc.

Durch Repowering, also dem Ersatz von bestehenden Windenergieanlagen älteren Typs durch moderne und leistungsfähigere Anlagen, kann bei gleichbleibender oder sogar geringerer Anzahl von – allerdings deutlich größeren – WEA eine erheblich höhere Energieproduktion erreicht werden. In den Szenarien wurden daher alle Anlagen älter als 15 Jahre einem Repowering unterzogen. Wie viele dieser Anlagen tatsächlich repow-ert werden, wurde in den diversen Szenarien variiert. In der Praxis hängt dies neben den oben genannten Einflussfaktoren auf die Zubaurate auch von der Attraktivität für den Betreiber der Altanlage ab. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser zu einem Repowering nur dann bereit ist, wenn sich für ihn hieraus mindestens keine Nachteile ergeben.

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 131

Die Faktoren und ihre Einflussgrößen werden in nachfolgender Grafik veranschaulicht.

Abbildung 7-11

Genehmigungsverfahren

Externe Rahmenbedingungen

(z. B. EEG)

Anlagenverfügbarkeit

Standortattraktivität

Entwicklung der Szenarien

Szenarien(2015 ... 2020 ... 2050)

Flächen-faktoren

S x F

Politische Willensbildung

auf allen Ebenen

Ausbau-faktoren

SxA

Repoweringfaktoren

SxA

Netzausbau

Identisch zu Einflusskomponenten bei

Ausbaufaktoren

Attraktivität fürAnlagenbetreiber

Abbildung 7-11: Szenarien und Einflussfaktoren

Die drei Szenarien (2015, 2020 und 2050) werden im Folgenden hinsichtlich der Parameter Anlagenzahl, installierte Leistung und jährliche Energieproduktion zusammengefasst dargestellt. Zusätzlich werden der Ist-Zustand sowie der Maximalausbau unter Berücksichtigung nur harter Ausschlusskriterien dargestellt.

Die Zusammenstellung und der Vergleich mit dem Ist-Zustand machen sowohl das erhebliche Steigerungs-potenzial, das sich bereits kurzfristig bei entsprechenden Rahmenbedingungen erschließen lässt, als auch das längerfristig bestehende Potenzial anschaulich. Dieselbe Beobachtung gilt für die mögliche jährliche Energieproduktion.

Abbildung 7-12

500

700

600

800

400

300

200

100

0An

zah

l W

EA

Heute 2015 2020 2050 Maximal

gehemmt

Referenz

Klimaschutz

Abbildung 7-12: Anzahl Windenergieanlagen (WEA) nach Potenzialstudie von AL PRO, 2011

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132 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Abbildung 7-13

1.500

2.500

2.000

3.000

1.000

500

0Leis

tun

g i

n M

W

Heute 2015 2020 2050 Maximal

gehemmt

Referenz

Klimaschutz

Abbildung 7-13: Installierte Leistung in den Szenarien nach Potenzialstudie von AL PRO, 2011

Abbildung 7-14

3.000

5.000

4.000

6.000

2.000

1.000

0Jäh

rlic

he

Pro

du

kti

on

GW

h

Heute 2015 2020 2050 Maximal

gehemmt

Referenz

Klimaschutz

Abbildung 7-14: Jährliche Produktion Windenergie nach Potenzialstudie von AL PRO, 2011

Das Saarland verfügt somit über das Wind- und Flächenpotenzial, um einen erheblichen Anteil des benö-tigten Energiebedarfs mit der Nutzung der Windenergie abzudecken. Aufgrund der topographischen und großräumigen geographischen Lage ergibt sich dies, anders als bei den Flächenbundesländern im Bereich der norddeutschen Tiefebene, nicht aufgrund des durch die relative Küstennähe hohen Grundwindpotenzials, sondern hauptsächlich aufgrund der meist mittelgebirgsartigen Landschaft im Bereich von Erhebungen oder sonst exponierten Lagen. Folglich sind vom Windpotenzial her geeignete Flächen nicht einheitlich über die gesamte Region zu finden, sondern von den genannten Besonderheiten abhängig. Weiterhin findet sich, hauptsächlich bedingt durch den hohen Bewaldungsgrad, das nutzbare Windpotenzial erst in deutlich grö-ßeren Höhen, etwa ab 100 m über Grund.

Gleichzeitig ist gerade in dem im Saarland vorgefundenen Windgeschwindigkeitsbereich die starke Verän-derung der zu erwartenden Energieproduktion mit nur leichten Änderungen des Jahresmittels der Windge-schwindigkeit zu beachten. So führen die 18 % Zunahme der Windgeschwindigkeit (von 5,5 über 6 auf 6,5 m/s auf Nabenhöhe im Jahresmittel) zwischen den definierten drei Windklassen zu 65 % Zunahme bei der mittleren Windleistungsdichte.

Laut der Studie kann die installierte Windenergie-Leistung im Saarland bis 2020 versechsfacht werden. Die Zahl der Anlagen würde sich dank der zunehmenden Leistungsfähigkeit dagegen nur verdreifachen. Die Windkraftleistung im Saarland könnte bei einer jährlichen installierten Leistung von rund 50 bis 60 Megawatt bis zum Jahr 2020 auf rund 727 Megawatt erhöht werden. Im Jahr 2010 wurden durch das Landesamt für

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Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA) bereits Anlagen im Umfang von 52 MW genehmigt; bis Jahresende waren davon etwa 29 MW Windkraft-Leistung zugebaut [DEWI, 2010].

status quo 2010 potenzial 2015 potenzial 2020 potenzial 2050

Anzahl Anlagen 80 184 264 675

Leistung in MW 111 402 727 2.513

Produktion in GWh 220 923 1.708 4.860

Tabelle 7-5: Windpotenzial im Saarland (nach AL-PRO)

Das Windpotenzial ist nicht gleichmäßig über das Land verteilt. Weil die Windgeschwindigkeiten mit der Höhe zunehmen, sind vor allem die höheren Lagen des Saarlandes geeignet, den Wind als Energieträger zu nutzen. Im Saartal sind dagegen die Möglichkeiten der Windkraft sehr begrenzt. Etwa vier Fünftel des Ausbaupotenzials konzentrieren sich auf nur 15 Gemeinden: Mandelbachtal, Blieskastel, Ottweiler, St. Wen-del, Freisen, Nohfelden, Nonnweiler, Wadern, Weiskirchen, Losheim, Merzig, Mettlach, Perl, Wallerfangen und Überherrn. Um die Ausbauziele zu erreichen, ist es entscheidend, dass das natürliche Windpotenzial in diesen Kommunen bestmöglich genutzt wird. Das bedeutet nicht, dass es in allen anderen Gemeinden un-interessant wäre, die Windenergie zu nutzen. So gibt es auch im mittleren Saarland (Prims-Blies-Hügelland) noch Ausbaupotenzial.

Die Landesregierung wird im Einzelfall bei besonders windhöffigen und damit ertragsstarken Standorten, die in Natura-2000-Gebieten liegen, prüfen, ob Anlagen auch dort zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass das jeweilige Schutzziel dadurch nicht in Frage gestellt wird.

Gelingt es den Gemeinden, Standorte für Windenergieanlagen auf gemeindeeigenen Flächen zu entwickeln, lassen sich damit neben nicht unerheblichen Gewerbesteuereinnahmen auch direkte Pachteinnahmen in nennenswerter Höhe erzielen. Pro Windrad der 2-MW-Klasse kann man z. B. von jährlichen Pachterträgen von mindestens 20.000 Euro ausgehen. Diese Einnahmen fließen aufgrund der Einspeisegarantien des Er-neuerbaren Energiegesetzes (EEG) stetig und gleichmäßig über 20 Jahre.

b) SchlussfolgerungenDas enorme Potenzial kann nur genutzt werden, wenn auch im Wald Windkraftanlagen zukünftig errich-tet werden. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den früheren Ansätzen im LEP Umwelt: Landschafts-schutzgebiete und insbesondere Waldgebiete gelten nicht per se als Ausschlusskriterium. Es wird wie z.B. in Rheinland-Pfalz zukünftig je nach Schutzzweck die Vereinbarkeit mit der Errichtung von Windkraftanlagen abgewogen.

Der Landesentwicklungsplan Umwelt, Teilplan Wind, ist dahingehend geändert worden, dass die bisherige Ausschlusswirkung jenseits der Vorranggebiete aufgehoben wurde. Den Kommunen soll damit die Selbst-bestimmung von Windstandorten überlassen werden. Außerdem werden Waldstandorte zukünftig grund-sätzlich auch zur Nutzung der Windenergie freigegeben. Den Städten und Gemeinden werden so größere Spielräume hinsichtlich der Standortsuche und -sicherung eingeräumt. Diese können nun im Rahmen der Anforderungen des Gesetzgebers selbst entscheiden, wie sie auf ihrem Gemeindegebiet mit der Errichtung

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von Windkraftanlagen umgehen. Allerdings bleiben die Vorranggebiete bestehen, damit diese besonders geeigneten Standorte auch langfristig für die Windenergienutzung erhalten bleiben (Repowering). Es wurde lediglich die Ausschlusswirkung der Vorranggebiete aufgehoben.

Im Rahmen der Ausweisung von Windvorrangflächen in den Flächennutzungsplänen durch die Kommunen sollte den Flächen mit höherem Windpotenzial im Rahmen des Abwägungsprozesses Priorität eingeräumt werden. Denn nicht nur das Ertragspotenzial, sondern auch das CO

2-Einsparungspotenzial liegt bei diesen

Flächen deutlich höher. Ebenfalls sollte die Bedeutung der Zunahme des Windpotenzials mit der Höhe be-rücksichtigt werden. Hierbei ist noch zu beachten, dass für den Ertrag einer Windenergieanlage das Windan-gebot über die gesamte Rotorkreisfläche entscheidet – die sich zur Hälfte unterhalb der Nabenhöhe befindet.

7.4.3. Zukünftige Nutzungspotenziale von BiomasseBiomasse weist im Vergleich zu den anderen Erneuerbaren Energien einige Besonderheiten auf. Sie ist grund-lastfähig, d. h. sie bietet eine vergleichsweise hohe gesicherte Leistung, und sie lässt sich relativ einfach in Form fester, flüssiger oder gasförmiger Form speichern. Im Hinblick auf die Flächeneffizienz steht die Bio-masse mit Energieerträgen (elektrisch) zwischen 10 und max. 20 MWh/ ha deutlich hinter der Photovoltaik (ca. 400 MWh/ha bei Freiflächenanlagen) und erst recht der Windenergie (mehr als 2.000. MWh/ha) zurück.

Auch innerhalb der energetischen Nutzung gibt es Konkurrenzen. So wird Holz sowohl als direkter Brenn-stoff in Form von Scheitholz, Hackschnitzeln oder Pellets eingesetzt als auch in immer größerer Menge ver-stromt. Nur selten gelingt es, die an sich wünschenswerte Erzeugung von Strom und Wärme zu koppeln, da diese Kraft-Wärme-Kopplung einen stetigen Abnehmer von Wärme in nächster Nähe zur Stromerzeugung voraussetzt. Ebenso kommt es zu Konkurrenzen zwischen der Produktion von Kraftstoffen und der Stromer-zeugung aus Biomasse. Mais, der verwendet wird, um Bioethanol zu erzeugen, kann nicht zur Herstellung von Biogas eingesetzt werden und umgekehrt.

Weil Biomasse vielseitig einsetzbar ist, gibt es bei der Einschätzung ihres Potenzials eine enorme Schwan-kungsbreite, je nach dem, welchem Nutzungspfad (Nahrung, Futtermittel, Industrierohstoff, Energierohstoff u. a.) sie zugeleitet wird.

Auch der Anbau von Energiepflanzen selbst ist in die Diskussion gekommen. Bei der Biogasproduktion etwa wird bislang vorwiegend Mais eingesetzt, der mit einem hohen Aufwand an Betriebsmitteln (Dünger, Pflan-zenschutzmittel, Treibstoffe) produziert werden muss. Unstrittig ist dagegen, dass es sinnvoll ist, pflanzliche und tierische Abfallstoffe (wie etwa Gülle) energetisch zu nutzen. Deren Energieertrag ist jedoch in aller Regel geringer als der von eigens angebauten Energiepflanzen.

Biomasse besitzt noch ein weiteres Charakteristikum: Sie ist transportkritisch, d. h. es ist aufgrund ihrer be-grenzten Energiedichte meist nicht sinnvoll und auch nicht wirtschaftlich darstellbar, sie über weite Entfer-nungen zu transportieren. Dabei gilt der Grundsatz, dass Biomasse umso weiter transportiert werden kann bzw. unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten auch darf, je höher ihre Energiedichte ist. „Nassen“ Mais mit geringem Energie- und hohem Wassergehalt für eine Biogasanlage wird man daher kaum mehr als 10 oder 15 Kilometer weit transportieren, während Pellets aufgrund ihrer hohen Energiedichte und guten Konditi-onierung sogar aus Übersee importiert werden. Die Transportkostensensibilität der meisten Biomassen zur

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Stromerzeugung hat zur Folge, dass Standorte für Biomasseanlagen so geplant werden sollten, dass die not-wendigen Rohstoffe in der benötigten Menge aus der unmittelbaren Umgebung bezogen werden können. Dies mindert auch das Verkehrsaufkommen und damit die Belastung der Anwohner.

Um eine wissenschaftlich untermauerte, strategische Entscheidung treffen zu können, wird daher unter Beteiligung regionaler Akteure aktuell für das Saarland eine Biomassenutzungsstrategie entwickelt. Die Er-gebnisse der Potenzialerhebungen sind in Tabelle 7-7 und Tabelle 7-8 dokumentiert und umfassen die aus heutiger Sicht in den nächsten 5, 10 bzw. 40 Jahren unter Berücksichtigung technischer, ökologischer und wirtschaftlicher Restriktionen nutzbaren Biomassepotenziale.

Es wurden sowohl Kriterien der Nachhaltigkeit in der Biomasseerzeugung (u. a. Beachtung Großschutzgebie-te, waldbaulicher Hiebsatz, Einhaltung Cross Compliance und Grünlandumbruch) als auch Nutzungskonkur-renzen, soziale Aspekte (Selbstversorgungsgrad mit Lebensmitteln, Erholungsflächen) sowie Effekte aus er-höhten Flächeneffizienzen z. B. durch Klimaänderungen und höhere Anbaueffizienzen in der Landwirtschaft berücksichtigt. Die Angaben wurden mit den jeweiligen Experten aus der Forst- und Landwirtschaft sowie aus dem MUEV bzw. dem MWW im Rahmen von Fachworkshops abgestimmt und sind daher hinreichend belastbar.

Unter heutigen (technologischen) Rahmenbedingungen erscheint bis 2020 szenarienabhängig ein Ausbau-pfad auf bis zu 500 GWh Stromerzeugung möglich. Dies entspricht – je nach Vollbenutzungsstundenzahl der unterschiedlichen Anlagen – einer elektrischen Anschlussleistung von 70 bis 80 MWel. Derzeit ist im Saarland eine Nennleistung von rund 12 MWel installiert. Darin eingeschlossen sind auch Pflanzenöl-BHKW, die netzseitig zwar angeschlossen, jedoch aus steuerlichen Gründen zurzeit wirtschaftlich nicht betrieben werden können und daher „ruhen“. Sonst könnten sie z. B. in Zeiten eines Spitzenlastbedarfs im Netz ge-nutzt werden. Im Bereich der Biomassenutzung könnte daher in den nächsten Jahren in etwa die achtfache Anlagenleistung gegenüber heute installiert werden.

Biomasse-anlagentypinstallierte leistung 2011

[MWel]

Holz 4,8

Biogas 2,9

Pflanzenöl 3,8

Klärgas 0,5

Kleinanlagen 0,5

gesamt 12,5

Tabelle 7-6: Ergebnisse der Potenzialanalyse Biomasse (Stand: Juli 2011)

Die maximale Ausbaugrenze ist – unter Berücksichtigung der festgelegten Rahmenbedingungen – bis 2050 bei etwa 100 MWel erreicht.

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Folgende Ausbaupfade sind für die einzelnen Sektoren darstellbar:

arbeit el. (MWh) ist 2015 2020 2050

Einwohner 1.030.324 980.300 948.100 752.700

Altholz 29.670 34.500 64.923 65.250

Grünschnitt - Holz 0 16.064 17.421 17.884

Grünschnitt - Biogas 0 10.803 11.438 10.373

Bioabfall - Biogas 0 15.660 20.060 18.035

Gewerbliche Organik 0 4.524 10.179 10.993

Klärschlamm 0 0 10.788 10.068

Klärgas 6.466 7.100 12.307 11.128

Deponiegas 0 4.300 4.300 0

Biogener Abfall im RM 76.974 48.273 41.498 36.795

Biogas Landwirtschaft 16.245 204.654 312.338 421.266

Holz aus KUF 0 35.433 26.071 52.102

Raps-BHKW 4.845 6.562 8.151 11.953

Waldholz KWL 21.500 8.032 20.225 93.000

gesamt 126.030 361.405 494.776 693.597

Tabelle 7-7: Ergebnisse der Potenzialanalyse des Teilplans Biomasse zur elektrischen Arbeit (Stromproduktion)

arbeit therm. (MWh) ist 2015 2020 2050

Einwohner 1.030.324 980.300 948.100 752.700

Altholz 64.500 75.250 145.746 124.610

Grünschnitt - Holz 0 53.782 58.544 51.748

Grünschnitt - Biogas 0 14.404 14.664 12.806

Bioabfall - Biogas 0 20.880 26.395 22.265

Gewerbliche Organik 0 6.032 13.572 13.572

Klärschlamm 0 0 24.219 19.227

Klärgas 17.760 17.990 20.798 17.576

Deponiegas 0 6.525 6.525 0

Biogener Abfall im RM 58.567 36.729 84.691 63.881

Biogas Landwirtschaft 28.125 292.363 400.434 520.082

Holz aus KUF 0 34.433 58.527 99.501

Raps-BHKW 7.500 6.562 10.450 14.757

Waldholz KWL 30.000 17.462 45.000 178.000

Waldholz Wärme 343.000 340.000 379.000 274.000

gesamt 484.952 847.162 1.142.819 1.287.415

Tabelle 7-8: Ergebnisse der Potenzialanalyse des Teilplans Biomasse zur thermischen Arbeit (Wärmeproduktion)

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 137

Analog wurden die Wärmepotenziale ermittelt. Dabei wird unterschieden zwischen Anlagen in Kraft-Wär-me-Kopplungsbetrieb (KWK) und Heizwerken bzw. effizienten Einzelfeuerungen nur zur Wärmebereitstel-lung. Bis 2020 erscheint eine Verdopplung von heute rund 500 GWh jährlich auf dann über 1.100 GWh/a realistisch. Bis 2050 erscheinen dann lediglich noch weitere 150 GWh/a zusätzlich erschließbar. Die zwischen 2020 und 2050 teilweise zurückgehenden Potenziale (Altholz, Biotonne, Grünschnitt) spiegeln den Einfluss des Bevölkerungsrückgangs im Saarland wieder. D. h. aber auch: das Hauptpotenzial kann bereits in den nächsten zehn Jahren ausgeschöpft werden.

7.4.4. WasserkraftInnerhalb des Spektrums der Erneuerbaren Energien zeichnet sich die Wasserkraft dadurch aus, dass sie zumindest mit einer Teilleistung praktisch ganzjährig und rund um die Uhr, also auch nachts, Strom liefern kann. Diese Grundlastfähigkeit sowie die Möglichkeit, Regelenergie zu liefern, macht sie energiewirtschaft-lich zu einem wertvollen Energieträger. Aber auch die Stromerzeugungskosten der Wasserkraft sind sehr günstig, zumindest dann, wenn der Strom in bestehenden Anlagen erzeugt wird; daher hat Wasserkraft bei der Stromerzeugung die längste Tradition. Das ist auch ein wichtiger Grund, warum das Wasserkraftpoten-zial in Deutschland bereits weitgehend ausgeschöpft ist.

Zwar gibt es besonders an kleineren Flüssen und Bächen noch Möglichkeiten, kleine Wasserkraftanlagen zu errichten, doch stehen diese Vorhaben in einem erheblichen Konflikt mit wasser- und fischereiwirtschaftli-chen sowie ökologischen Zielsetzungen. So schreibt die Wasserrahmenrichtlinie der EU vor, dass alle Gewäs-ser durchgängig zu machen sind, also von Fischen und anderen Wasserorganismen von der Quelle bis zur Mündung durchgängig durchwandert werden können. Moderne Wasserkraftwerke können diese Durchgän-gigkeit gewährleisten, doch die dafür notwendigen Einrichtungen (wie Fischtreppen) verteuern die Anlagen erheblich und führen zu einer verminderten Stromproduktion (da eine Mindestwasserführung gewährleistet werden muss, die nicht über die Turbine geleitet und daher nicht zur Stromproduktion genutzt werden kann).

Im Saarland beträgt die installierte elektrische Leistung von Wasserkraftanlagen etwa 17 MW. Den Großteil liefern die Wasserkraftwerke an den Staustufen Mettlach, Rehlingen, Burbach und Lisdorf.

Die restlichen Anlagen besitzen nur geringe elektrische Leistungen, z.B. die Mühle Ham in Nalbach (414 kW Leistung), die Mühle Eckert in Bergweiler (27 kW Leistung) oder die Mühle Heck in Kostenbach (7 kW Leistung). An vielen alten Mühlenstandorten bestehen – wenn auch nur in geringem Umfang und nur für Turbinen mit geringer Leistung – Potenziale. Größeres Potenzial bergen die Staustufe Güdingen (max. ca. 500 kW) und die Talsperre Nonnweiler (max. 500 kW).

7.4.5. Geothermie Ziel der Tiefengeothermie-Potenzialstudie ist eine grundsätzliche, großräumige Betrachtung der vorhande-nen Wärmeressourcen im tieferen Untergrund des Saarlandes, die für eine Stromerzeugung geeignet wären. Im Sinne einer wirtschaftlichen Nutzung der Tiefen-Geothermie ist es wünschenswert, hohe Temperaturen in möglichst geringer Tiefe vorzufinden, um die investiv dominierenden Bohrkosten für eine Reservoirer-schließung zu reduzieren. Anhand eines aufwendigen, tiefengeologischen Modells wurden daher räumliche Temperaturunterschiede im Untergrund berechnet.

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Die Temperaturmodelle liefern erste wichtige Hinweise auf die generelle geothermische Situation. Gebie-te mit höheren Temperaturen in relativ geringen Tiefen können erkannt werden. Insbesondere im Bereich zwischen Saarbrücken und St. Wendel liegen die Temperaturen höher als im restlichen Saarland (Abbildung 7-15).

Die verfügbare Wärme im Untergrund entspricht nicht den tatsächlich extrahierbaren Wärmemengen. Zur Hebung der Wärme wird als Extraktionsmedium Wasser bzw. ein Fluid benötigt. Die tatsächliche nutzbare Wärmeenergie wird daher neben den Temperaturen insbesondere auch durch die Fluidfördermenge be-stimmt, die durch eine Bohrung entnommen werden kann. Die Fördermenge hängt wiederum entscheidend von den Gesteinsdurchlässigkeiten im Untergrund des Saarlandes ab.

Auf Basis des jetzigen Kenntnisstandes ist mit niedrigen Permeabilitäten in den tieferen Gesteinsformationen im Saarland zu rechnen, so dass eine direkte hydrothermale Nutzung generell kaum zu erwarten ist. Eine zukünftige Standortsuche muss sich daher auf Zonen mit lokal höher zu erwartenden Durchlässigkeiten kon-zentrieren, welche gegebenenfalls zusätzlich durch Stimulationsmaßnahmen künstlich verbessert werden. Die Durchlässigkeiten im Untergrund müssten im Zuge sogenannter „Enhanced Geothermal Systems“ (EGS) soweit erhöht werden, dass ausreichende Fördermengen für eine wirtschaftliche Stromerzeugung ermöglicht würden.

Abbildung 7-15: Temperaturkarte: Tiefenlage der 185°C-Isotherme im Saarland in Meter unter N.N.

Die Nutzung geothermaler Energie für die Stromproduktion, ohne Bindung an besonders bevorzugte geo-logische Strukturen und Standorte, setzt im Falle des Saarlandes die „Hot-Dry-Rock“-Technologie (HDR) vo-raus. Die Technologie ist jedoch noch nicht ausgereift, eine Machbarkeit erst mittel- bis langfristig zu erwar-ten. Bei einer positiven Entwicklung würden Hot-Dry-Rock-Projekte die Möglichkeit bieten, unabhängig von

Quelle: igem - Institut für geothermisches Ressourcenmanagement

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der Wasserfündigkeit den Standort zu wählen. So wäre es beispielsweise denkbar, Geothermieanlagen nahe an geeigneten Wärmesenken umzusetzen.

FazitDie Ergebnisse der Geothermiepotenzialanalyse durch das Institut igem (Bingen) haben anhand eines tiefen-geologischen Modells gezeigt, dass das Saarland nicht zu den Regionen in Deutschland gehört, die einen hohen Temperaturgradienten mit der Tiefe aufweisen. Daher können ähnlich hohe Temperaturen wie z. B. im vorteilhafteren Oberrheingraben erst ab 5.000 m Tiefe vorgefunden werden. Damit treten Mehrkosten von mindestens 5 Millionen Euro für eine Doppelbohrung auf. Zum Vergleich: Typische, günstige Investitionen für ein solches Projekt mit rund 5 MWel liegen bei ca. 40 Millionen Euro. Weitere Mehrkosten fallen wegen feh-lender wasserführender Schichten an. Daher müsste das aufwändigere Hot-Dry-Rock-Verfahren angewandt werden. Seine kommerzielle Verfügbarkeit wird aber nicht vor 2020 gesehen. Danach könnten – nach ersten sehr groben Abschätzungen – 5 bis 10 Anlagen der 5 MWel-Klasse errichtet werden.

7.5. ausgleiCH iM stroMsysteM

Die derzeitige Stromnetzkonfiguration ist im Wesentlichen auf der Basis einer zentralen Versorgung durch Großkraftwerke, die in der Regel auf der Höchstspannungsebene einspeisen, entstanden. Dezentrale Er-zeugungsanlagen, die auch in den unteren Netzebenen, also auf der Nieder- bzw. Mittelspannungsebene operieren, bewirken, dass aus dem ursprünglich unidirektionalen Energiefluss zum Verbraucher zukünftig häufiger ein bidirektionaler wird. Dies führt zu Veränderungen im Stromversorgungssystem dahingehend, dass über eine zusätzliche IT-Infrastruktur („Smart Grids“) immer mehr bislang passive Netzkunden durch intelligente Steuerungen aktive Beiträge zum regionalen Lastausgleich erbringen können.

Mit zunehmender Verbreitung dezentraler Erzeugungsanlagen werden grundlegende Fragen der Versor-gungssicherheit und der Versorgungsqualität zusätzlich auf einer dezentralen Ebene adressiert werden müs-sen. Die Herausforderung besteht darin, ein effizientes System zu schaffen, das auf flexible Weise alle vor-handenen dezentralen Systembeiträge auf der Angebots- und der Nachfrageseite optimal integriert.

Dafür müssen neue Geschäftsfelder entstehen, um die notwendigen Informationsdienstleistungen und In-frastrukturen zur Verfügung stellen zu können. Hier bieten sich mittel- und langfristig vermehrt Chancen gerade für die lokalen Stadtwerke.

Wie bereits ausgeführt, befindet sich das bundesdeutsche Stromsystem auf dem Weg zu einem überwie-gend regenerativ geprägten System, bei dem die wichtigsten Systemsäulen die fluktuierenden Erneuerbaren Energien Wind (On- und Offshore) und Solar (PV, Import aus solarthermischen Kraftwerken) sein werden. Die technische und energiewirtschaftliche Herausforderung besteht nun darin, diese Systemsäulen entsprechend zu flankieren, um die Systemstabilität und die Versorgungssicherheit auch in Zukunft zu garantieren.

Für eine solche Flankierung steht theoretisch eine Reihe von Ausgleichsoptionen zur Verfügung, die nach der zeitlichen Dringlichkeit ihrer Inanspruchnahme sowie nach ihren Kosten sortiert werden müssen:

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a) Ausgleich im Sekunden-/Minutenbereich (Regelenergie) durch

- Regeln bestehender konventioneller Kraftwerke inkl. KWK-Pools- Errichtung neuer flexibler Kraftwerke, v. a. Gaskraftwerke- Nutzung regelbarer Erneuerbarer Energien (REE) wie z. B. Biomasse-KWK-Anlagen- Einbeziehung von Demand Side Management in der mittel- und langfristigen Perspektive mit Hilfe

von Smart Grids / Smart Meters- Nutzung bestehender Speicher und Investition in neue Kurzfristspeicher (z. B. Batterien)- Abregeln von fluktuierenden Erneuerbare Energien Anlagen, z. B. Bereitstellung von negativer Rege-

lenergie durch Windanlagen

b) Ausgleich im Stunden-/Tagesbereich (Reserve) durch

- Regeln bestehender konventioneller Kraftwerke inkl. KWK-Pools- Errichtung neuer flexibler Kraftwerke, v. a. Gaskraftwerke und KWK- Einbeziehung von Demand Side Management / größere industrielle Lasten- Nutzung von Pumpspeicherkraftwerken/Druckluftspeichern- mittelfristig: evtl. Steuerung einer großen Anzahl von Wärmepumpen- langfristig: evtl. zentrale Steuerung der Batteriespeicher in Elektroautos und Häusern

c) Saisonaler Ausgleich durch

- Errichtung neuer flexibler Kraftwerke, v. a. Gaskraftwerke- Nutzung norwegischer Wasserspeicher (nach ihrem Ausbau hin zu Pumpspeicherwerken)- solarthermische Stromimporte von Kraftwerken aus Südeuropa/Nordafrika- H

2-Methanisierung / Nutzung des Gasnetzes als Speicher

Die zwei drängendsten Fragen, die hier zu beantworten wären, sind die folgenden:

- Durch welchen Mix an Ausgleichsoptionen lassen sich ökonomisch und ökologisch optimal die fossilen Regel- und Reservekraftwerke ersetzen?

- Welche Optionen sind bzw. welcher Mix an Optionen ist ökonomisch und ökologisch optimal, um längere Zeitperioden zu überbrücken, in denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint?

Während das Saarland an der Lösung der zweiten Frage im Wesentlichen auf bundespolitischer Ebene mitge-stalten kann – die allerdings auch erst mittelfristig gelöst werden muss –, sollten Beiträge zur Beantwortung der ersten Frage systematisch geprüft und unterstützt werden.

Wie aus der Aufzählung hervorgeht, werden künftig Speicher als Ausgleichsoption eine größere Rolle spie-len. Zunächst ist hier an die traditionellen Pumpspeicherkraftwerke zu denken. Eines der größten in Europa befindet sich direkt hinter der luxemburgischen Grenze in Vianden. Hier im Saarland hat der RAG-Konzern vorbildhafte Initiativen ergriffen für eine Bewertung und Überprüfung der Nutzung ehemaliger Bergwerks-standorte als Standort für Pumpspeicherkraftwerke nicht nur im Ruhrgebiet sondern auch z. B. in Luisenthal.

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STEAG Power Saar errichtet zurzeit eine zentrale Lithium-Ionen Versuchsbatterie namens LESSY mit rund 1 MW Leistung am Standort Fenne.

Eine zukünftig dezentrale Variante könnte die Einbindung von Elektrofahrzeugen mit ihren Batteriespeichern in ein nachfragegesteuertes Lademanagement werden.

Eine weitere Neuentwicklung könnte gerade auch hier im Saarland zur Stromspeicherung genutzt werden. Deutschen Forschern ist es nämlich gelungen, Strom in Form von synthetischem Erdgas (synthetic natural gas, SNG) chemisch zu speichern. Ein Vorteil dieser Technik: Die vorhandene Erdgas-Infrastruktur kann ge-nutzt werden. Das Speicherreservoir des sich durch Deutschland erstreckenden Erdgasnetzes ist groß: Es umfasst über 200 Terrawattstunden – der Verbrauch von mehreren Monaten. Eine im Auftrag von Solar Fuel in Stuttgart errichtete Pilotanlage läuft bereits erfolgreich. Ab 2012 soll eine 6,3 MW-Demonstrationsanlage gebaut werden. Die Entwicklung dieser vielversprechenden Technologie in der Kombination von konventio-nellen Anschluss- und innovativen Umformungskomponenten sollte auch von der Saarländischen Industrie als neues Marktsegment beobachtet und die Kommerzialisierung in Feldversuchen möglichst mit realisiert werden.

Zur Absicherung der Versorgungssicherheit in der Zukunft müssen parallel auch die Stromnetze ausgebaut werden.

Weitere Ansätze im Saarland für den Ersatz konventioneller Regel- und Reservekraftwerke umfassen u. a.

- Pilotprojekte zum Smart Metering bei Stadtwerken: Ein bundesweit mit über 130 Kunden in den Bereichen Messwesen und Messwertverarbeitung erfolgreiches Unternehmen, wie die Saarbrücker Stadtwerke Tochter co.met, zeigen, dass hier zukünftig ein wachstumsorientiertes Wertschöpfungs-potenzial hinterlegt ist. Aber auch Entwicklungsaktivitäten der Stadtwerke Saarlouis und des DFKI im Bereich „Cloud Enabled Smart Energy Micro Grids“ sind erfolgversprechende saarländische Initiativen.

- der geplante Feldtest zur Elektromobilität in Saarbrücken in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG

- die Fortschritte der Firma Hager in der Errichtung von Elektrotankstellen (Schaffung und Erprobung der Hardware-Voraussetzungen)

- die Überlegungen zur Methanisierung von Strom und Einleitung in das saarländische Erdgasnetz durch die Creos Deutschland GmbH (analog zum mobilen juwi- Pilotvorhaben im benachbarten Morbach)

Diese Ansätze sollen in der Perspektive zu einer Roadmap für ein künftiges saarländisches Portfolio dezent-raler Ausgleichsoptionen der fluktuierenden Erzeugung zusammengefasst und sowohl kostenseitig als auch im Hinblick auf mögliche quantitative Beiträge analysiert werden.

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142 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

7.6. BestaNdsaufNaHMe uNd perspektiVeN der WÄrMeVersorguNg

Das Saarland wird hauptsächlich mit Gas und Fern- bzw. Nahwärme aus Abwärmequellen versorgt. Nach dem politischen Willen der EU, der Bundes- und der Landesregierung wird der Raumwärmebedarf bis zum Jahr 2050 vor allem im häuslichen Bereich stark zurückgehen, nach dem Klimaschutz-Szenario des Master-plans auf weniger als 10 % des heutigen spezifischen Raumwärmebedarfs. Das wird ebenso drastische Kon-sequenzen für die Gas-Wärmeversorgung und die Fernwärme- bzw. Nahwärmeversorgung mit sich bringen.

Die Übersichtskarte (Abbildung 7-16: Fernwärme im Saarland) zeigt alle Fernwärmeversorgungen im Saar-land. Hauptbedeutung haben die Fernwärmeschiene von Dillingen bis Saarbrücken, die Fernwärmeversor-gung der Stadt Saarbrücken und auch die der Städte Homburg und Neunkirchen. Daneben gibt es noch kleinere Fernwärmeversorgungen u. a. in St. Ingbert, Sulzbach, Großrosseln und Quierschied.

Die eigentliche Fernwärmeschiene im Saarland hat von Dillingen bis Saarbrücken eine Länge von ungefähr 35 km. Der Anschlusswert betrug 2010 686 MW, hauptsächlich gedeckt durch Abwärme der Dillinger Hütte (120 MW, 84.000 MWh), der Zentralkokerei in Dillingen (15 MW, 75.500 MWh), der Kraftwerke in Fenne mit MKV und HKV (zusammen 353 MW), der Grubengas-Motorenanlage in Fenne (42 MW) und Spitzenwär-meanlagen (zusammen 226 MW) sowie des Kraftwerks Ensdorf (60 MW).

Im Jahre 2010 wurden über die Fernwärmeschiene Saar und in Quierschied 892 GWh Wärme abgesetzt. Die höchste Last lag bei 401 MW, die niedrigste bei 20 MW. Während die Anschlusswerte eher stagnieren, folgt der Wärmeabsatz einer leicht abnehmenden Tendenz. Den Wärmeabsatz dominieren die Fordwerke mit 325 GWh, die Stadt Saarbrücken mit 120 GWh (zukünftig 60 GWh), die Stadt Saarlouis mit 100 GWh und die Stadt Völklingen mit 91 GWh. Diese vier Wärmesenken machen ungefähr ¾ des gesamten Absatzes der Fernwärmeschiene aus. Wegen der starken Konjunkturabhängigkeit dieser Wärmesenken sind die An-schlusswerte und die Absätze schwierig zu prognostizieren. Die größten Wärmemengen für die Fernwärme-schiene kommen aus den beiden Kraftwerken in Fenne sowie aus den dort installierten Grubengas-Motoren. In der nächsten Emissionshandelsperiode ab 2013 ist hier wegen der Vollauktionierung der CO

2-Zertifikate

mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen.

Die Nutzungsmöglichkeiten auf dem Gelände der Dillinger Hütte (Abwärme, Gichtgas, Koksgas) sind schwie-rig zu ermitteln. Der Gichtgasbedarf für das in 2010 in Betrieb gegangene Gichtgaskraftwerk wird zukünftig für die Versorgung der Fernwärmeschiene fehlen. Aus den genannten Gründen wird dringend ein zusätz-liches Wärmeeinspeisepotenzial von 30-40 MW bei der Dillinger Hütte gesucht. In der Zentralkokerei Saar werden noch ca. 5 MW Potenzial bei der Destillation gesehen, sowie ein Abwärmepotenzial aus dem vierten Koksgaskühler. Bei den drei Brammenstoß-Öfen wird ein zusätzliches Wärmerückgewinnungspotenzial von ungefähr 20 MW angenommen, das allerdings in einer Höhe von 30-40 m im Kamin schwer zu realisieren ist.

Bereits mehrfach wurde untersucht, ob und mit welchen Kosten das Wärmeauskopplungspotenzial der Ab-fallverbrennungsanlage Velsen in Höhe von ungefähr 17 MW bei 5.000 bis 6.000 Volllastbetriebsstunden genutzt werden kann. Es wurden zwei unterschiedliche Trassen für die Anbindung an die Fernwärmeschiene untersucht, einmal in der Nähe des ehemaligen Kokereigeländes in Fürstenhausen und alternativ auf dem Gelände von Saarstahl. Nach neuesten Schätzungen belaufen sich die Gesamtkosten für den Anschluss der

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AVA Velsen auf 9,4 Mio. Euro, die sich im Vergleich zu der kostengünstigen Wärmeauskopplung aus den Kraftwerken in Fenne allerdings nicht rechnen. Unter sich ändernden Rahmenbedingungen sind solche Rech-nungen ständig zu überprüfen.

Bei der Erschließung von Abwärmepotenzialen von Saarstahl Völklingen ist zu prüfen, ob die Abwärmepo-tenziale der Glühöfen, der Brammenstoß-Öfen und der Destillation genutzt werden können. Vertreter von Saarstahl sehen selbst verschiedene Abwärmenutzungsmöglichkeiten, die zur Verfügung gestellt werden könnten. Für die Fernwärme Verbund Saar GmbH ist eine Investition nur dann tragbar, wenn die Wärme-quelle auch mittelfristig in Zeiten hoher Nachfrage verfügbar ist.

Neben einer Überprüfung der beschriebenen kurzfristigen Wärmebeschaffungsoptionen ist die Erarbeitung einer grundsätzlichen Strategie für die mittel- und langfristige Zukunft der Fernwärmeschiene Saar notwendig. Kern dieser Strategie müsste das Bestreben sein, die spezifischen CO

2-Emissionen pro kWh spürbar zu reduzieren.

Fernwärme im Saarland – Einspeisequellen und Leistung

Zentralkokerei DillingenLeistung 15 MW

HKH HomburgLeistung k. A.

HKW SaarbrückenLeistung 422 MW

FV GroßrosselnLeistung 2 MW

Kraftwerke FenneLeistung 580 MW

Kraftwerke EnsdorfLeistung 60 MW

FV LebachLeistung 12 MW

FV NeunkirchenLeistung 20 MW

FV St. IngbertLeistung k. A.

FV QuierschiedLeistung 25 MW

FV SulzbachLeistung 15 MW

Dillinger HütteLeistung 120 MW

Abbildung 7-16: Fernwärme im Saarland

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144 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Zwar wurde für das gesamte aus der Fernwärmeschiene gespeiste Fernwärmenetz ein Primärenergiefaktor in Höhe von 0,433 berechnet. Aussagekräftiger im Hinblick auf die Klimaschutzpolitik wäre allerdings ein CO

2-Emissionswert je kWh Wärme. Dessen Berechnung ist allerdings kompliziert, weil er von den ständig

wechselnden Einsätzen und Fahrweisen der Wärmequellen abhängig ist. Berechnungen des FVS führen zu Werten von ungefähr 150 g CO

2 pro kWh. Andere Berechnungen liegen bei deutlich über 200 g CO

2 pro

kWh, Berechnungen aufgrund der Angaben des Energiebilanz des Saarlandes (Statistisches Landesamt) kom-men zu noch deutlich höheren Werten, was an anderen Abgrenzungen zwischen Strom- und Wärmeerzeu-gung liegen kann.

Der Hauptgrund für die vergleichsweise hohen CO2-Werte liegt in der Wärmeauskopplung aus den Kohle-

kraftwerken [vgl. dazu Umweltbundesamt/Öko-Institut, 2008], die unabhängig von der Zurechnungsmetho-de auf Strom und Wärme immer deutlich über denen von Gas-KWK-Anlagen liegen.

Im Rahmen einer umfassenderen Untersuchung wäre insgesamt u. a. zu prüfen, ob die Optionen

- Zuführung Erneuerbarer Wärme z. B. aus zu errichtenden Biogas-BHKW, - Nutzung industrieller Abwärme,- schrittweiser Ersatz von Kohle- durch Gas-KWK

realisiert werden und die spezifischen CO2-Emissionen der Fernwärme dadurch signifikant gesenkt werden

könnten.

Im Rahmen einer solchen notwendigen Untersuchung wäre zudem zu beachten, dass der Heizwärmebedarf in Gebäuden mittel- und langfristig stark zurückgehen wird. Dies könnte zu einer Fragmentierung bzw. Verkleinerung der bestehenden Fernwärmeschiene führen.

Darüber hinaus soll die Prüfung von Nahwärmeinseln und nachbarschaftlichen Abwärmenutzungs-Poten-zialen, v. a. im gewerblich-industriellen Bereich, vorgenommen werden. Auch hierfür ist eine gesonderte Untersuchung erforderlich.

7.7. perspektiVeN der eNergieWeNde für deN WirtsCHaftsstaNdort saarlaNd

Die Anstrengungen zur Umsetzung der Energiewende bieten gerade dem Saarland eine Fülle von Chancen. Das Saarland hat bei Solar-, Wind- und Biomasseanlagen noch Nachholbedarf, aber auch sehr große Poten-ziale. Ziel muss es sein, einen wachsenden Anteil an der bundesweiten EEG-Vergütung in das Saarland zu leiten und dadurch die Wertschöpfung vor Ort zu steigern. Davon können private Gebäudebesitzer ebenso profitieren wie Investoren und Betreiber von Solar- und Windparks oder von Biomasseanlagen, letztlich sogar alle Saarländerinnen und Saarländer als Beteiligte an Gemeinschaftsanlagen und Bürgerkraftwerken.

Die Wertschöpfungsketten von Erneuerbare Energien Anlagen gehen noch weit über die Verzinsung des eingesetzten Kapitals hinaus. Es ergeben sich neue Geschäftsfelder für Unternehmen sowie neue Beschäfti-gungsperspektiven für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dies führt wiederum zu zusätzlichen Steuer-

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einnahmen der öffentlichen Hände. Die Kommunen können zudem über Pachten für kommunales Gelände oder bei einer direkten oder indirekten Beteiligung an Energieerzeugungsanlagen profitieren.

Auch für die saarländische Wirtschaft ergeben sich durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien zusätz-liche Perspektiven. Die Anlagen müssen geplant, gebaut und betrieben werden. Dies erfolgt in der Regel durch Firmen vor Ort. Noch mehr Wertschöpfung wird generiert durch die Produktion der Anlagen selbst. Die saarländischen Industriebetriebe profitieren zunehmend von einem wachsenden Weltmarkt für neue Energietechnologien.

Nach aktuellen Angaben der IHK zum Maschinenbau im Saarland2 hat sich diese Branche auch bei uns ver-stärkt dem Geschäftsfeld Neue Energien zugewandt, um an den Wachstumsperspektiven in diesem Bereich zu partizipieren. Die Branche produziert vor allem für Windkraftanlagen: Getriebe, Rotorköpfe, Rotorblät-ter und Pitchsysteme, die Rotorblätter optimal zum Wind positionieren. Darüber hinaus kommen aus dem Saarland auch Kühlsysteme für Windkraft- und Solaranlagen, so etwa von der Firma Hydac. Der Automati-sierungsexperte Festo ist ebenfalls in der Photovoltaikindustrie engagiert und bearbeitet dort die komplette Prozesskette der Produktionsautomatisierung. Festo liefert zudem pneumatische Zylinder zum Öffnen und Schließen von Rotorblattsegmenten. Die Firma Preinfalk stellt Getriebe für Windkraftanlagen her, und die Firma Vensys hat sich auf getriebelose Windenergieanlagen spezialisiert. Die genannten Beispiele stehen stellvertretend für weitere Unternehmen der Saarwirtschaft, für die Erneuerbare Energien zu einem wichti-gen und zukunftsfähigen Geschäftsfeld geworden sind.

Die Dillinger Hütte wird in eine neue Stranggieß-Anlage investieren, um damit auch Qualitätsstähle für den rasant wachsenden Offshore-Wind-Weltmarkt liefern zu können. Die Saarschmiede des Saarstahl-Konzerns produziert qualitativ anspruchsvolle Stähle, u. a. auch zum Einsatz in hocheffizienten Kraftwerken sowie in den Bereichen Solar, Wind und Geothermie.

Die Industrieunternehmen mit großen Dachflächen profitieren als Eigenerzeuger ebenfalls von der solaren Stromerzeugung. Dieses Angebot wird bereits vielfältig genutzt, wie die Beispiele Michelin, Festo, Hager, Wolf und einer Reihe weiterer zeigen.

Auch die notwendigen Investitionen in effiziente Energieumwandlungsanlagen bieten Chancen im Saarland durch mehr Wertschöpfung bei Planung, Bau und Betrieb und durch indirekte Einkommens- und Beschäf-tigungseffekte. Besonders deutlich wird das im Bereich der Gebäude und der Heizungsanlagen. Kurz- und mittelfristig kann das Bau- und Installationshandwerk davon profitieren.

Die komplette energetische Sanierung der privaten und öffentlichen Gebäude ist einerseits eine große Her-ausforderung, aber andererseits auch ein langfristig wirkendes Konjunktur- und Beschäftigungsprogramm. Im Schnitt löst ein Euro Förderung etwa acht Euro Investitionen aus. Deswegen sind gut ausgestattete För-derprogramme unerlässlich. Auf Bundesebene werden über die KfW-Fördermittel zur Verfügung gestellt. Die Förderung einer Reihe von Maßnahmen zur rationellen und sparsamen Energieverwendung für Verbraucher, Mittelstand, Industrie und Kommunen soll zudem in einem haushaltsunabhängigen Bundessondervermögen erfolgen, das sich vorrangig aus dem Emissionshandel speist. Das Saarland ergänzt diese im Rahmen verfüg-

2 IHK-Branchenbericht „Maschinenbau im Saarland - Vom Montanausrüster zum Automobil- und Energiezulieferer“, Saarbrücken, 2011

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146 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

barer Haushaltsmittel durch das eigene Förderprogramm „Klima Plus Saar“. Gerade auch ländliche Regionen können durch Erneuerbare Energien gewinnen: Kleine Handwerksbetriebe und mittelständische Unterneh-men aus der Region sorgen für Errichtung, Betrieb und Wartung der Anlagen. Durch Einnahmen aus der Gewerbesteuer, der Beteiligung an den Anlagen und der Verpachtung gemeindeeigenen Grund und Bodens kann Geld in kommunale Haushaltskassen kommen. Der dezentrale Ausbau Erneuerbarer Energien generiert bereits heute in den Städten und Gemeinden eine immense Wertschöpfung. Im Jahr 2009 betrug diese in Deutschland annähernd 6,8 Milliarden Euro und wird auf mindestens 12,3 Mrd. Euro im Jahr 2020 ansteigen, wenn Erneuerbare Energien weiterhin ambitioniert ausgebaut werden [IÖW, 2010]. Die Gesamtsumme ist zu 36 % auf die Photovoltaik (2,4 Mrd. Euro) und zu 30 % auf die Windkraft (2,1 Mrd. Euro) zurückzuführen.

1,0Millionen Euro 1,5 2,0 2,5 3,0

Steuern an die Kommune

0,495

1. Stufe: Windenergieanlage wird in der Kommune produziert.

0,137

2. Stufe: Planung und Installation durch Unternehmen aus der Kommune

0,783

3. Stufe: Anlagenbetrieb und Wartung durch Unternehmen aus der Kommune

1,414

2,831

4. Stufe: Betreiber der Windener-gieanlage ist in der Kommune ansässig.

gesamte Wertschöpfungskette

Gewinne Einkommen durch Beschäftigung

Abbildung 7-17: Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien. Kommunen profitieren bei Voll-

ständigkeit der Wertschöpfungskette. Je mehr Stufen der breit gefächerten Wertschöpfungskette in einer

Kommune angesiedelt sind, desto höhere Einkommen, Gewinne und Steuern können erzielt werden. Annah-

me: Windenergieanlage, 2 MW Leistung, 20 Jahre Anlagenbetrieb

Auch in der Landwirtschaft dient die Energieerzeugung mittels Biomasse, Sonnen- und Windkraftanlagen zunehmend der Stabilisierung der Einkommenssituation.

In einigen Bereichen besteht noch ein erheblicher Forschungs- und Entwicklungsbedarf, beispielsweise bei Batterien für Elektrofahrzeuge, Stromspeicherung, smarten Stromzählern und intelligenten Stromnetzen. Zu-nächst ist an die traditionellen Pumpspeicherkraftwerke zu denken. Eines der größten in Europa befindet sich direkt hinter der luxemburgischen Grenze in Vianden. Im Saarland hat der RAG-Konzern Initiativen ergriffen für eine Bewertung und Überprüfung der Nutzung ehemaliger Bergwerksstandorte, z.B. in Luisenthal. Steag Power Saar errichtet zurzeit eine zentrale Lithium-Ionen Versuchsbatterie namens LESSY mit rund 1 MW Leistung am Standort Fenne. Sollte dieser Feldversuch erfolgreich verlaufen, ist an größere Serienschaltungen solcher Batterien gedacht.

Quelle: IÖW, Stand 08/2010, www.unendlich-viel-energie.de

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Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie 147

Eine zukünftig dezentrale Variante könnte die Einbindung von Elektrofahrzeugen mit ihren Batteriespeichern in ein nachfragegesteuertes Lademanagement werden. Konkrete Vorüberlegungen werden aktuell in Ver-bundforschungsversuchen konzipiert und im Saarland im Rahmen des Vernetzungsmodells Elektromobilität erprobt. Das Autoland Saarland wird sich mit dieser technischen Entwicklung offensiv auseinandersetzen. Eine Million Elektroautos bis 2020 auf die deutschen Straßen zu bekommen, ist ein erklärtes Ziel der Bundes-regierung. Dazu ist auf vielen Gebieten Entwicklungsarbeit notwendig.

Das Saarland hat sich mit einem Projekt beteiligt, das den Verbund zwischen ÖPNV und E-Mobilität herstel-len und prüfen will. Dabei sollen an bis zu 40 mit entsprechender Ladelogistik ausgestatteten Standorten in Zusammenarbeit mit DB Fuhrpark über 100 Elektromobile zum Einsatz kommen. Ebenso ist der Einsatz von Pedelecs und Elektrorollern vorgesehen. Voraussetzung für einen nachhaltigen Einsatz der E-Mobilität ist eine ausreichende Versorgung mit Strom aus regenerativen Quellen. Um die Ungleichzeitigkeit des Strom-angebots mit seiner Nutzung auszugleichen, werden intelligente Netze, sog. Smart Grids, benötigt. Die Bat-terien der Elektrofahrzeuge können in einem solchen intelligenten System elegant als Energiespeicher zum Einsatz kommen und somit zu einer bedarfsorientierten Netzbelastung beitragen.

Mit den Hochschulen, bestehenden Instituten und der Energiewirtschaft ist das Saarland sehr gut aufgestellt und hat bereits zahlreiche Pilotprojekte auf den Weg gebracht. Eine weitere Neuentwicklung könnte gerade auch hier im Saarland zur Stromspeicherung genutzt werden. Deutschen Forschern ist es nämlich gelungen, Strom in Form von synthetischem Erdgas (synthetic natural gas, SNG) chemisch zu speichern. Ein Vorteil die-ser Technik: Die vorhandene Erdgas-Infrastruktur kann genutzt werden. Das Speicherreservoir des sich durch Deutschland erstreckenden Erdgasnetzes ist groß: Es beträgt über 200 Terawattstunden – der Verbrauch von mehreren Monaten. Eine Pilotanlage läuft bereits erfolgreich. Ab 2012 soll eine 6,3 MW-Demonstrationsanlage gebaut werden. Die Entwicklung dieser vielversprechenden Technologie in der Kombination von konventio-nellen Anschluss- und innovativen Umformungskomponenten sollte auch von der saarländischen Industrie als neues Marktsegment beobachtet und die Kommerzialisierung in Feldversuchen möglichst mit realisiert werden.

Zwischen Stromquellen und Speichern sowie den Verbrauchern müssen zur weiteren Stabilisierung der Ver-sorgungssicherheit parallel die Stromnetze ausgebaut werden. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist die Investition von rund 3,5 Millionen Euro der VSE in die Errichtung der Umspannanlage Perl-Borg. Sie schafft die Voraus-setzung zur Netzaufnahme einer Windkraftleistung von 40 MW auf der Mittelspannungsebene. Da mit dem Ausbau zugleich auch informationstechnische Verbindungen über Lichtwellenleiter verlegt werden, kann VSE Net die umliegenden Ortsteile nun auch für High-Speed-Internet-Anbindungen erschließen.

Alle Netzteilnehmer sollten, um preiswerten Strom zu beziehen, zudem aktiv zum Management des Gesamt-systems beitragen. In einem solchen Energiesystem werden Endkunden verstärkt in die Lage versetzt, ihre Energiekosten durch die zeitlich flexible Gestaltung des Energieverbrauchs zu optimieren. Die saarländische Hager Group ist beispielsweise als Komplettanbieter für Systeme der Energieverteilung und -steuerung Spe-zialist für Elektrotechnik in Wohn- und Gewerbeimmobilien, der intelligente Zähler entwickelt und in Rich-tung intelligente Netze weiterentwickelt.

Insgesamt eröffnen sich bedeutende Chancen für mittelständische Unternehmen im Saarland, sich an der Verwendung und dem Aufbau dieser neuen Technologien an der Nahtstelle zwischen Energieversorgung

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und IT-Strukturen frühzeitig zu beteiligen, um einen Marktvorsprung zu generieren. Die dezentrale Ener-gieversorgung bietet mit allen angrenzenden Fachgebieten – vom Metering über Lastmanagement, Erzeu-gungsmanagement, virtuelle Kraftwerke, Micro-Grids bis hin zu intelligenten Energienetzen – aber auch für die innovativen Saarländischen Versorgungsunternehmen eine hervorragende Möglichkeit, sich im Wettbe-werb frühzeitig und zukunftsweisend zu positionieren.

Auch die Industrie kann durch verbesserte Managementsysteme ihren Energiebedarf – Strom und Wärme – durchaus derart lenken, dass durch Lastabwurf preistreibende Spitzen vermieden werden. Nicht immer muss exergetisch hochwertiger Strom eingesetzt werden, nur weil er vielleicht komfortabler steuerbar ist. Mit steigenden Strompreisen sind Alternativen gefragt.

Bei den beispielhaft aufgezählten Chancen durch die Energiewende sollte man nicht nur auf das Saarland selbst fokussieren, sondern auch dessen Einbettung in die Großregion mit Lothringen, Luxemburg, Rhein-land-Pfalz und Wallonien betrachten. Durch den Vorsprung Deutschlands bei den Erneuerbaren Energien ergeben sich weitere wirtschaftliche Exportchancen in die Großregion.

7.8. priVate HausHalte

Bei privaten Haushalten liegen die größten Energieeinsparpotenziale im Bereich der Raumwärmeversorgung. Die Bereitstellung von Warmwasser ist häufig direkt mit dem Heizungssystem verknüpft, so dass Maßnah-men für Effizienzverbesserungen in diesem Bereich mit der Realisierung von Verbesserungen der Heizungs-technik parallel erfolgen können. Elektrische Anwendungen erfahren in privaten Haushalten weiterhin einen relativ stark zunehmenden Trend. Hier sollten bei der Anschaffung von Geräten die effizientesten Technolo-gien zum Einsatz kommen, um Potenziale in diesem Bereich zu mobilisieren.

7.8.1. GebäudesanierungDie Verbesserung der energetischen Qualität des Gebäudebestandes stellt im Saarland eine große Heraus-forderung dar. Zum einen ist der Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern hier besonders hoch. 90 % der Wohngebäude sind Ein- und Zweifamilienhäuser. In diesen befinden sich dabei 70 % aller Wohnungen im Saarland. Dies ist unter anderem ein Grund für die relative hohe Wohnfläche je Einwohner. Allein aufgrund der Gebäudekubatur ist der Energieverbrauch bei Ein- und Zweifamilienhäusern höher als in Mehrfamili-enhäusern. Dies liegt am Verhältnis von Außenfläche des Gebäudes zur bewohnten Fläche und der damit verbundenen Wärmeabstrahlung. Die hohe Eigentumsquote und dadurch der hohe Anteil an Ein- und Zwei-familienhäusern ist somit ein Grund, dass der Heizenergiebedarf pro Quadratmeter und Jahr mit 160 kWh je Quadratmeter und Jahr im Saarland höher ist als im Bundesdurchschnitt (131 kWh je Quadratmeter und Jahr, [WWF, 2009]).

Neben der beschriebenen Besonderheit in der Verteilung der Gebäudetypologie stellt sich die tatsächliche energetische Qualität des Gebäudebestands als problematisch dar. Diese ist deutlich unter dem Bundes-durchschnitt anzusiedeln. Die zurückhaltende Sanierungstätigkeit in der Vergangenheit trägt ebenfalls dazu bei, dass der saarländische Heizwärmebedarf relativ hoch ist.

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Bei Maßnahmen zu Effizienzverbesserungen ist zu differenzieren zwischen der energetischen Sanierung der Gebäudehülle und dem Austausch von Heizungssystemen. Auch wenn Maßnahmen in diesen beiden Berei-chen getrennt sinnvoll sein können und nicht zwangsläufig zeitgleich durchgeführt werden müssen, ist eine aufeinander abgestimmte Planung und zeitnahe Umsetzung anzuraten, da die energetische Qualität eines Gebäudes die Auswahl einer geeigneten Heizungsanlage und deren optimalen Arbeitsbereich definiert. Be-stimmte Heizungssysteme erweisen sich erst ab einem bestimmten Dämmstandard als sinnvoll.

Ziel einer ambitionierten Klimapolitik ist der Umbau hin zu einem nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Von Passivhausstandard spricht man, wenn der Heizwärmebedarf bei 15 kWh/m2a liegt. Dieser Wert ist bei Neubauten durchaus zu erreichen, eine Absenkung des Heizwärmebedarfs durch Sanierung in dieser Größenordnung für den gesamten Gebäudebestand ist dagegen eher unrealistisch. Für Neubauten sollte der Passivhaus-Standard zur Regel werden. Perspektivisch sollte der Heizwärmebedarf für Neubauten noch weiter in Richtung Null-Energiehaus entwickelt werden. Neben den technischen Maßnahmen ist auch ein entsprechendes Nutzerverhalten erforderlich. Hier wird die Landesregierung mit einer Informationskampag-ne für breite Information, Aufklärung und Beratung sorgen.

Für die Sanierung des Gebäudebestandes wird eine deutliche Senkung des Heizenergiebedarfs angestrebt. Angesichts der Größenordnung dieser Aufgabe und vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, von der das Saarland in noch stärkerem Maße betroffen ist als der Bundesdurchschnitt, sollte bei der Sanie-rungstätigkeit mit besonderer Weitsicht vorgegangen werden.

Durch den demografischen Wandel wird in Zukunft nicht mehr der gesamte heute vorhandene Gebäude-bestand benötigt. Die Neubaurate wird bei dem großen Angebot an Wohnraum gering ausfallen und damit auch wenig zur Verbesserung des Durchschnitts der energetischen Qualität des Gebäudebestands beitragen. Für die Sanierung wäre es sinnvoll, die Gebäude mit den schlechtesten Dämmstandards zuerst in Angriff zu nehmen. Es obliegt den Gebäudeeigentümern, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Die Kampa-gne wird auch hier intensiv informieren, beraten und unterstützen.

Um eine Vorstellung von den bevorstehenden Veränderungen zu geben, soll nachfolgend ein möglicher sys-tematischer Umbau des Gebäudebestands skizziert werden. Aufgrund des demografischen Wandels und der beschriebenen, leicht zurückgehenden Wohnfläche pro Person werden bis 2050 30 % der aktuell vorhan-denen Wohnungen nicht mehr benötigt. Im Basisjahr der Szenarien, dem Jahr 2005, existierten im Saarland 505.000 Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 48,5 Millionen Quadratmetern. Von den 505.000 Woh-nungen im Jahr 2005 werden 2050 nur noch ca. 350.000 benötigt. Dies entspricht einer Reduktion von ca. 150.000 Wohnungen. Berücksichtigt man noch den Neubau von Wohnungen, der in einer Größenordnung von 1.000 Wohnungen pro Jahr liegen könnte (dies entspricht einer Neubaurate von ca. 0,2 % pro Jahr), dann könnten sogar ca. 200.000 der aktuell existierenden Wohnungen nicht mehr benötigt werden.

Für den Zeithorizont bis 2050 und die zu diesem Zeitpunkt angestrebte energetische Qualität des gesamten Gebäudebestands sollte jedes Gebäude, das derzeit existiert und auch in 2050 noch genutzt werden soll, mindestens einmal saniert werden. Um einen solchen Sanierungspfad einzuhalten, müsste unverzüglich mit der Sanierung begonnen werden. Unter Berücksichtigung zukünftiger Wohnungsabgänge bieten sich für die Sanierung vor allem Gebäude aus dem Zeitraum 1949 bis 1978 an. Gut 50 % des aktuellen Gebäude-

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bestandes im Saarland wurde in diesem Zeitfenster, also in der Nachkriegszeit bis zur Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung 1978, errichtet. Die energetische Qualität dieser Gebäude ist im Durchschnitt rela-tiv schlecht, sofern sie bisher noch nicht saniert wurden, die Einsparpotenziale sind dementsprechend hoch. Ältere Gebäude werden perspektivisch bis 2050 nicht mehr im Bestand zu finden sein. Ausnahmen bei denk-malgeschützten Gebäuden, bei sozialen Härtefällen oder bereits sanierten Altbauten aus der Vorkriegszeit sind dabei natürlich nicht ausgeschlossen.

Um in vierzig Jahren den gesamten Gebäudebestand zu sanieren, müsste in jeder Dekade ein Viertel der Ge-bäude saniert werden, was einer Sanierungsrate von 2,5 % pro Jahr entspricht. Dies ist ein halber Prozent-punkt mehr als die von der Bundesregierung geforderte Steigerung der Sanierungsrate von 1 % auf 2 % pro Jahr, aber in der Zielrichtung der von der EU aktuell in der Energieeffizienzrichtlinie [Mitteilung KOM(2011) 370] geforderten Gebäudesanierungsquote von 3 Prozent für öffentliche Gebäude. Jedoch werden die An-forderungen an die Sanierungseffizienz in den ersten Jahren etwas niedriger angesetzt, weil eine Sanierung auf Passivhaus-Standard für eine Vielzahl der Gebäude derzeit unrealistisch erscheint. Dies hätte für die Zielsetzung, den Durchschnitt des Gebäudebestands im Jahr 2050 auf Passivhaus-Standard zu senken, zur Folge, dass Gebäude, die in den nächsten Jahren saniert werden, gegen Ende des Betrachtungszeitraums noch einmal energetisch nachgebessert werden müssten.

Die benötigten finanziellen Mittel für die Gebäudesanierung sind sehr hoch. Die Investitionen können nur durch die Begleitung entsprechender Förderprogramme des Bundes ausgelöst werden. Den Investitionen stehen jedoch Einsparungen von Energiekosten entgegen, so dass sie sich langfristig aufgrund von steigen-den Energiepreisen auszahlen. Die Amortisationszeiten sind zwar relativ lang, für einen langfristig angeleg-ten Kapitalstock wie den Gebäudebestand aber akzeptabel.

Beispielrechnungen:Die folgenden Beispielrechnungen sollen einen Eindruck über die Größenordnungen der benötigten Investiti-onsvolumina geben. Exemplarisch wurde die Sanierung für ein Ein- bis Zweifamilienhaus und ein Mehrfami-lienhaus durchgerechnet. Das exemplarische Ein- bis Zweifamilienhaus hat eine Nutzfläche von 299 m2 und eine Wohnfläche von 242 m2, das Mehrfamilienhaus eine Nutzfläche von 3.327 m2 mit einer Wohnfläche von 2.845 m2. Beim Einfamilienhaus wurden durch Dämmung der Außenwände, des Daches und der Kellerdecke sowie durch Austausch der Fenster der spezifische Heizenergiebedarf von 176 kWh/(m2a) auf 48 kWh/(m2a) gesenkt. Der unsanierte Zustand des Mehrfamilienhauses wurde durch vergleichbare Maßnahmen von 158 kWh/(m2a) auf 40 kWh/(m2a) verringert. Für die Finanzierung wurde ein Zinssatz von 2,3 % angesetzt, wie er derzeit bei der KfW für Gebäudesanierung zu bekommen ist. Ferner wurde eine Energiepreissteigerung von 3,5 % pro Jahr unterstellt, analog zu den Annahmen in den Szenarien. Zusätzlich zu den reinen Material- und Arbeitskosten wurde ein Aufschlag von 10 % für Planung und Unvorhergesehenes berücksichtigt. Die Kos-ten für das Ein- bis Zweifamilienhaus belaufen sich auf 77.000 €. Die eingesparte Energiemenge beträgt ca. 40.000 kWh/a, was unter Berücksichtigung der Preissteigerung einer mittleren Energiekosteneinsparung von ca. 4.500 € pro Jahr entspricht. Die statische Amortisationsdauer beträgt in diesem Fall 17 Jahre.

Für das Mehrfamilienhaus wurden die Kosten für Planung und Unvorhergesehenes etwas höher angesetzt (12 % bzw. 10 %). Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 700.000 €. Die Energiekosteneinsparung be-trägt ca. 50.000 € pro Jahr, womit sich die Investition nach 14 Jahren amortisiert.

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Bei diesen Beispielrechnungen handelt es sich um Vollkostenrechnungen. Berücksichtigt man jedoch, dass eine Vielzahl der Gebäude ohnehin aus bauphysikalischen Gründen saniert werden muss, relativiert sich die Größenordnung der Vollkostenrechnungen. Der energetische Kostenanteil an der Vollkostenrechnung beträgt lediglich ca. 40 %. Werden also ohnehin Maßnahmen an einem Gebäude durchgeführt, liegen die Zusatzkosten für die energetische Verbesserung bei weniger als der Hälfte der o. g. Kosten. Um die Größen-ordnung der Investitionsvolumina darzustellen, wird hier jedoch die Vollkostenrechnung betrachtet.

Da die überwiegende Zahl der Wohngebäude Ein- und Zweifamilienhäuser sind, ist auch der Schwerpunkt der Sanierungstätigkeit in diesem Bereich zu sehen. Auf der Basis der Beispielgebäude (242 m2 für ein Ein- bis Zweifamilienhaus und 2.845 m2 für ein Mehrfamilienhaus) müssten bis 2020 40.000 Ein- bis Zweifamilien-häuser und 1.000 Mehrfamilienhäuser saniert werden, um den angestrebten Umbaupfad einzuhalten. Dafür sind Investitionen von ca. 3,7 Mrd. € bis 2020 notwendig, die sich jedoch innerhalb von zwei Jahrzehnten amortisieren. Pro Jahr entspricht dies einem Investitionsbedarf von 370 Mio. €. Dieses Investitionsvolumen erscheint auf den ersten Blick sehr hoch. Dem stehen jedoch Einsparungen durch verringerte Heizkosten gegenüber.

Nach der Amortisation profitieren die Bewohner der sanierten Gebäude dauerhaft durch die verringerten Heizkosten bei weiter steigenden Rohstoffpreisen. Neben der direkten Energiekosteneinsparung profitiert die saarländische Wirtschaft durch die Sanierungsinvestitionen. Es würden Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen, insbesondere im produzierenden Gewerbe (Herstellung von Dämmstoffen und Heizungsanla-gen), im Handel, in der Planung (Architekten, Bauingenieure, Energieberater) und im Handwerk (Bauhand-werker, Dachdecker, Stukkateure, Maler, Zimmerer, Heizungsbauer usw.) [BUND, 2011].

In einer Studie über die Wirkung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms der KfW wurde ein Beschäfti-

gungseffekt von 16 Personenjahren pro 1 Mio. Euro Investition in energetische Sanierungsmaßnahmen er-mittelt [BEI et. al., 2010]. Ein Personenjahr entspricht der Beschäftigung einer Person ein Jahr lang mit der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit der Branche. Mit dem oben berechneten Investitionsbedarf von 370 Mio. € wären somit ca. 6.000 Arbeitsplätze verbunden. Da es sich bei der Sanierung des kompletten Gebäudebestands um eine langfristige Aufgabe handelt, werden diese 6.000 Arbeitsplätze dauerhaft Be-stand haben.

Den Umbau des Gebäudebestandes konstruktiv zu begleiten, ist eine wichtige Aufgabe für die Politik. Für das Saarland gilt es, möglichst von Bundesinitiativen zu profitieren, d. h. Förderprogramme beispielsweise von der KfW sollten genutzt werden. Unterstützend kann hier die Beratung von Hauseigentümern über Programme und Finanzierungshilfen des Bundes durch saarländische Stellen verstärkt werden. Soweit es die finanziellen Mittel des Landes zulassen, werden auch auf Landesebene Förderprogramme durchgeführt, um die Investitionsbereitschaft in energetische Sanierungsmaßnahmen zu stärken. Zu nennen ist hier das Förder-programm Klima Plus Saar (vgl. 8.4).

Ein weiterer wichtiger Einflussbereich auf saarländischer Ebene ist die Raumordnungsplanung. Der durch den demografischen Wandel bedingte zukünftig zurückgehende Wohnraumbedarf ist bei der Raumord-nungsplanung besonders zu berücksichtigen. Die Konzentration von sinnvollen Siedlungsstrukturen wird die Landesplanung im Rahmen der Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans berücksichtigen.

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Der Herausforderung der sich verändernden Siedlungsbedürfnisse durch den demografischen Wandel in Verbindung mit wirtschaftlichem Strukturwandel begegnet die Bundesregierung mit den Städteumbaupro-grammen Ost und West. Der Umgang mit einem Überangebot baulicher Anlagen nimmt hier eine besondere Bedeutung ein. Es handelt sich dabei um Bund-Länderprogramme mit dem Ziel des Stadtumbaus unter dem Stichwort „Stadtentwicklung ohne Wachstum“. Dabei sollen bei der Umsetzung „Rückbau und Aufwer-tung“ konzeptionell und systematisch miteinander verbunden werden.

Im Programm Stadtumbau Ost wurden in den Jahren 2002 bis 2009 Fördermittel von insgesamt 2,5 Mrd. Euro bereitgestellt, um Aufwertungs- und Sicherungsmaßnahmen, aber auch den Abriss von 300.000 Woh-nungen zu realisieren. Das Programm Stadtumbau West ist finanziell nicht ganz so großzügig ausgestattet, im Jahr 2010 standen 85 Mio. Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung. An der Finanzierung der Kosten betei-ligt sich der Bund nur anteilig mit einem Drittel. Die weiteren Kosten werden durch Landes- und kommunale Mittel aus dem öffentlichen Haushalt ergänzt.

Es handelt sich bei dem Programm „Stadtumbau West“ jedoch nicht um ein Abrissprogramm. Vielmehr werden den Gemeinden als Alternative zu den bisherigen Instrumenten die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung von Stadtumbauverfahren zur Verfügung gestellt, in denen die Regelungen des Sanie-rungsrechts kein hoheitliches Vorgehen erfordern, sondern auf das jeweilige Gebiet bezogene konsensuale Regelungen – vor allem mit den Betroffenen Eigentümern – im Vordergrund stehen. Ergänzend wird den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, durch Erlass einer Städtebaulichen Satzung die Durchführung von Stadtumbaumaßnahmen vor gegenteiligen Entwicklungen oder Aktivitäten von Eigentümern zu schützen. Im Saarland sind derzeit die Städte Homburg, Neunkirchen, Saarbrücken, Saarlouis, St. Ingbert und Völklin-gen mit ausgewählten Gebieten in das Programm „Stadtumbau West“ aufgenommen worden. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass weitere Städte oder Gebiete mit in das Programm aufgenommen werden und so von Fördermitteln sowohl für den Wohnungsrückbau als auch die Aufwertung von Siedlungsstrukturen profitieren können. Die Bundesmittel für diese Programme wurden in ihrem Volumen im Jahr 2011 jedoch deutlich reduziert.

Auf Bundesebene wird sich das Saarland dafür einsetzen, bestehende Instrumente wie die EnEV weiter-zuentwickeln. Begleitend dazu wird sich das Saarland ebenfalls für eine Aufstockung der Fördermittel von Bundesprogrammen stark machen. Ferner unterstützt die saarländische Landesregierung Gesetzesinitiativen, die die Mieter-Vermieter-Problematik bei Sanierungsmaßnahmen entschärfen. Dazu gehören Änderungen im Mietrecht wie auch die Gestaltung von Contracting-Modellen im Mietwohnbereich. Steuerliche Vergüns-tigungen für Investoren sind ebenfalls geeignet, energetische Sanierungspotenziale frühzeitiger zu heben.

7.8.2. Austausch von HeizungsanlagenNeben der Senkung des Energiebedarfs von Gebäuden durch verbesserte Außendämmung liegen erhebliche Effizienzpotenziale in den Heizungssystemen. Die typische Lebensdauer einer Heizungsanlage ist erheblich kürzer als die des Gebäudes, somit ist ein Austausch in bestimmten Intervallen ohnehin notwendig.

In der EnEV ist das Betreiben von Heizkesseln von vor 1978 nicht mehr erlaubt (§10 Abs.1). Im Saarland existieren laut Schornsteinfegerinnung noch ca. 9.400 Anlagen aus dieser Zeit. Es gelten allerdings Aus-nahmen für von den Eigentümern selbst genutzte Ein- und Zweifamilienhäuser. Hier greift die Pflicht erst

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im Falle eines Eigentümerwechsels mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Hinzu kommen im Saarland 7.800 Heizungsanlagen, die zwar erst nach 1978 installiert wurden, aber schon 28 bis 32 Jahre alt sind. Diese Heizungsanlagen sollten ebenfalls so schnell wie möglich ausgetauscht werden. Weitere 30.000 Anlagen stammen aus den 1980er Jahren, sind also auch schon älter als 22 Jahre und kommen ebenso für einen Austausch oder eine Nachrüstung in Betracht.

Besonders dringend ist der Ersatz von Nachtstromspeicherheizungen. Elektrische Widerstandsheizungen sind exergetisch eine Verschwendung hochwertiger Energie für die Bereitstellung niederwertiger Raumwärme. Die spezifischen CO

2-Emissionen beim Einsatz von elektrischem Strom für Raumwärmezwecke sind gegen-

über einer Gas-Brennwertheizung um den Faktor 3,6 und gegenüber einer Pelletheizung sogar um den Faktor 13 höher [IZES/BEI, 2007]. Nachtspeicherheizungen sind damit extrem klimaschädlich. Durch die EnEV ist das Betreiben elektrischer Speicherheizsysteme ohnehin nicht mehr gestattet. Die Übergangsregelungen sind mit 30 Jahren allerdings sehr lang ausgelegt. Auch für Altanlagen greift das Verbot erst ab 2019. Im Saarland gab es laut Mikrozensus 2006 noch 12.000 Wohneinheiten, die elektrisch beheizt wurden. Neben den ökologischen Aspekten stellen Nachtspeicherheizungen auch aus ökonomischer Sicht keine günstige Option dar. Die günstigen Tarife sowie Steuervergünstigungen werden sukzessive abgebaut. Die Umstel-lung durch die nachträgliche Ausstattung der Gebäude mit einer Pumpenwarmwasserheizung (Verrohrung, Heizkörper, Warmwasserspeicher etc.) verursacht allerdings vergleichsweise hohe Kosten. Der Austausch von Nachtstromspeicherheizungen ist deshalb durch Fördermaßnahmen zu flankieren, um die Investition in Verbindung mit der Energiekosteneinsparung rentabel zu machen.

Seit März 2011 werden im Rahmen des KfW-Programms „Energieeffizient Sanieren“ sowohl Darlehen als auch Zuschüsse gewährt. Diese beiden Varianten sind beim Ersatz von Heizungsanlagen allerdings nicht kombinierbar. Als Einzelmaßnahme wird der Heizungsaustausch mit 5 % der förderfähigen Summe bezu-schusst, bis maximal 2.500 €. Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien werden im Rahmen des BAFA Programms „Maßnahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien im Wärmemarkt“ oder im „KfW-Programm Erneuerbare Energien“ (Marktanreizprogramm) gefördert.

Um den Anteil Erneuerbarer Energien im Raumwärmebereich zu erhöhen, existiert auf Bundesebene das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG). Dieses gilt jedoch nur für Neubauten und für den öffent-lichen Gebäudebestand. Die Nutzung Erneuerbarer Energien im Gebäudebestand soll im Saarland in einem Saarländischen Erneuerbaren-Energien-Wärme-Gesetz (SEEWärmeG) geregelt werden (vgl. Kapitel 8.3.1).

Um den Austausch von Heizungssystemen zukünftig zusätzlich zu beschleunigen, sind weitere Maßnahmen und Programme im Rahmen des Energieeffizienzfonds oder durch „weiße Zertifikate“ denkbar. Weiße Zerti-fikate sind Systeme, bei denen Marktakteure, hauptsächlich Energielieferanten und Netzbetreiber, verpflich-tet werden, in einem festgelegten Zeitraum ein spezifisches Einsparziel zu erreichen und bei Konsumenten Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen. Als Ausbauinstrument für Erneuerbare Energien im Wärmebe-reich ist derzeit auch die Erneuerbare-Wärme-Prämie in der Diskussion, die den Austausch alter Heizungen wirtschaftlich und sozial verträglich voranbringen soll.

Langfristig ist eine komplett CO2-neutrale Deckung des Raumwärmebedarfs anzustreben. Dies kann nur

gelingen, wenn in einem ersten Schritt der Wärmebedarf durch Dämmmaßnahmen so weit wie möglich

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abgesenkt wird. Danach muss der verbleibende Wärmebedarf möglichst klimaschonend bereitgestellt wer-den. Dafür kommen Erneuerbare Energien wie Sonne und Biomasse in Frage. Eine weitere Option stellen Nah- und Fernwärmesysteme dar, die jedoch möglichst CO

2-arm sein sollten. Hier gilt es, Abwärmepoten-

ziale zu aktivieren und die verbleibende Menge durch KWK bereitzustellen. Steigende Bedeutung kommt elektrischen Wärmepumpen zu, die im Erdreich oder in der Umgebungsluft enthaltende Wärme nutzbar machen. Dabei hängt die ökologische Vorteilhaftigkeit jedoch von der Jahresnutzungszahl der Anlage und dem CO

2-Faktor des eingesetzten Stroms ab.

Eine weitere relativ neue Idee, Abwärme nutzbar zu machen, liegt in der Rückgewinnung von Wärme aus dem Abwassersystem, bei dem durch Wärmetauscher die im Abwasser enthaltende Wärme dem Frischwas-serbedarf der Haushalte wieder zugeführt wird. Die Wasserkreisläufe bleiben dabei voneinander getrennt, nur die Wärme wird durch Wärmetauscher von dem einen zum anderen System übertragen. Nach Infor-mationen des Entsorgungsverbandes Saar wäre mit einem solchen Verfahren 5 % des Wärmebedarfs der Gebäude abzudecken. Ein Pilotprojekt ist in Planung.

Für die effektive Umsetzung von Effizienzverbesserungen ist die Vollzugskontrolle bestehender Vorschrif-ten wichtige Voraussetzung. In der EnEV ist den Bezirksschornsteinfegern die Aufgabe übertragen, sowohl den ordnungsgemäßen Betrieb von Heizungsanlagen zu überprüfen, als auch dafür Sorge zu tragen, dass Anlagen, die nicht mehr betrieben werden dürfen, auch tatsächlich außer Betrieb genommen werden. Die Landesregierung wird prüfen, wie der Vollzug der einschlägigen Bestimmungen zu mehr Energieeffizienz und zum Einsatz Erneuerbarer Energien (EnEV, EEWärmeG) effektiv gestaltet werden kann.

In der folgenden Grafik (Abbildung 7-18) findet sich eine Übersicht der Politikinstrumente, die auf den Ge-bäudesektor, der bei den privaten Haushalten den wichtigsten Bereich darstellt, einwirken.

Abbildung 7-19-2

Wohngebäude

CO2-EinsparungSenkungHeizenergiebedarf

UmweltgerechtereWärmebereitstellung

Bestands-gebäude

Heizungs-austausch

Neubau

Vollzugskontrolle

Städtebau-förderung

Klima Plus Saar

Investitutions-zuschuss

Zinsgünstige Darlehen

Bei Übererfüllung EnEV

Investitionszuschuss

AnpassungMietrecht

EnEV

EEWärmeG

Landes-entwicklungs-

plan

SEEWärmeG

Abbildung 7-18: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Bereich privater Wohngebäude

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7.9. geWerBe, HaNdel, dieNstleistuNgeN

Dieser Sektor wird statistisch in die folgenden 9 Branchen unterteilt:

- Landwirtschaft- Baugewerbe- Handel- Kredit- und Versicherungsgewerbe- Verkehr- und Nachrichtenübermittlung- Sonstige private Dienstleistungen- Unterrichtswesen- Gesundheitswesen- Öffentliche Verwaltung und Sozialversicherungen

In diesen Bereichen machen die Energiekosten nur einen geringen Teil der Gesamtkosten aus und stehen somit nicht im Mittelpunkt des Interesses. Aus dem gleichen Grund fehlt es in den Betrieben und Instituti-onen oft an Fachwissen und Kenntnissen über Techniken zur Steigerung der Energieeffizienz und Senkung der Energiekosten. In der Vergangenheit gab es deswegen für kleine und mittlere Unternehmen ein Förder-programm der KfW für Initialberatungen und vertiefte Energieberatungen. Dieses Programm wurde rege in Anspruch genommen, und es wird davon ausgegangen, dass es auch in Zukunft weitergeführt wird.

Ein klares Hemmnis besteht in der Verfügbarkeit von finanziellen Mitteln für Energieeinsparinvestitionen. Für die Umsetzung von Maßnahmen aus den geförderten Energieberatungen gibt es aus dem ERP-Energie-effizienzprogramm zinsvergünstigte Kredite mit tilgungsfreien Anlaufjahren. Es sind weitere Programme und zusätzliche Mittel für die Zukunft zu erwarten.

In vielen Bereichen dieses Sektors entsteht der größte Teil des Energieverbrauchs in Gebäuden. Hier wird auf die Ausführungen zu den privaten Gebäuden verwiesen und auf die Förderprogramme der KfW zum Gebäu-debereich. Ein Haupttreiber im Gebäudebereich wird aber die EnEV sein. Es ist davon auszugehen, dass sie für Neubauten und Bestandgebäude Regelungen des energetischen Standards vorgeben wird.

Innerhalb der Gebäude und bei Produktionsstätten gibt es eine Vielzahl von Energieeinsparmöglichkeiten, beispielweise bei Querschnittstechnologien wie Beleuchtung, Antrieben etc. Die Umsetzung dieser Einspar-potenziale sollte geschickt gebündelt werden. Dies kann nicht bei dem einzelnen Betrieb oder der einzelnen Institution geschehen, sondern durch Unternehmen, die darauf spezialisiert sind. Es bieten sich dazu bei-spielsweise die Energielieferanten, insbesondere die Stromversorger, an. Sie kennen ihre Kunden gut und sind gleichzeitig Fachleute für Energieeffizienz.

Die EU-Energiedienstleistungsrichtlinie sieht Vorgaben an Energieunternehmen zur Entwicklung und Förde-rung eines Marktes für Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen vor. Allerdings wur-de diese EU-Richtlinie in dem bisherigen Bundesgesetz (EDL-G) vom 12.11.2010 nicht vollständig umgesetzt. Ein generell nationaler Energieeinsparrichtwert ist danach erst für das Jahr 2017 festzulegen. Die Energie-unternehmen unterliegen nur einer Informationspflicht über das Angebot an Energiedienstleistungen, ggf.

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einer Sorgepflicht für ein entsprechendes Angebot an Energieaudits. Ansonsten wird die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand geregelt, die durch Energieeinsparungen im Gebäudebereich unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit mit gutem Beispiel vorangehen soll.

Statt gesetzlicher Vorgaben bietet sich die Einrichtung und Finanzierung eines bundesweit agierenden Ener-gieeffizienzfonds an, der Energieeinsparmaßnahmen für Energiedienstleistungsunternehmen ausschreibt (vgl. Kapitel 6.3.7).

In der folgenden Grafik (Abbildung 7-19) werden die Politikinstrumente, die auf den Sektor Gewerbe, Han-del, Dienstleistungen einwirken, in einer Übersicht dargestellt. Dabei ist in der linken Hälfte der Grafik der Energieverbrauch der Gebäude adressiert, ähnlich der Abbildung 7-18 im Bereich der privaten Haushalte. Auf der rechten Seite werden mögliche Ansatzpunkte zur Implementierung von Querschnittstechnologien angesprochen.

Abbildung 7-20-2

Gewerbe, Handel, Dienstleistungen

Energieverbrauch Nutzgebäude Stromanwendungen

CO2-Einsparung

SenkungHeizenergiebedarf

UmweltgerechtereWärmebereitstellung

Bestands-gebäude

Heizungs-austausch

NeubauZinsgünstige

Darlehen

Energie-effizienz-

fonds

„WeißeZertifikate“

Quote

EffizienzfortschritteEnergieeinsparung

Klima Plus Saar

Energie-lieferanten

Ausschreibungen

Querschnitts-technologien

Klima-schutz-agentur

Ausschreibungen

Implementation beiUnternehmen

Energieeinsparungs-verpflichtung

Andere (lokale)Akteure

Investitutions-zuschuss

EEWärmeG

EnEV

SEEWärmeG

Abbildung 7-19: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Sektor GHD

7.10. iNdustrie

Der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten oder am Umsatz ist in den meisten Branchen gering.Er bewegt sich im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Aus diesem Grund war für viele Unternehmen die Kostensenkung in anderen Bereichen vorrangig. Mit steigenden Energiepreisen nehmen die Energiekosten anteilig zu. Wenn man gleichzeitig berücksichtigt, dass die Umsatzrendite sich durchschnittlich auch nur

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bei 2 % bewegt, dann werden Einsparungen bei den Energiekosten für Industriebetriebe wirtschaftlich interessanter.

Die Hemmnisse gegenüber einer effizienteren Energienutzung sind bei großen Unternehmen anders gewich-tet als bei kleinen und mittleren Unternehmen. Kenntnismängel und Informationsdefizite spielen hier nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr werden meist Amortisationszeiten von 1-2 Jahren, teilweise sogar von unter einem Jahr, gefordert. In der Regel ist die Nutzungsdauer bei Versorgungsanlagen (Heizung, Lüftung, Druckluft) höher als bei produktionsnahen Anlagen. Wenn es sich um Gebäude, Gebäudeteile oder fest mit dem Gebäude verbundene Anlagen handelt, ist die Nutzungsdauer sogar sehr viel höher (z. B. Lüftungsanla-gen). Amortisationszeiten sind dann unzureichend, um die Wirtschaftlichkeit von Energiekosten senkenden Investitionen zu beurteilen. Die interne Verzinsung des eingesetzten Kapitals ist ein besserer Maßstab und kommt häufig in zweistellige Bereiche. Selbst wenn die Wirtschaftlichkeit von energiesparenden Investiti-onen die Anforderungen der Unternehmen erfüllt, kann die Umsetzung an fehlenden Finanzmitteln oder anderen Investitionsprioritäten scheitern.

In den Szenarien wurde in unterschiedlicher Höhe und Geschwindigkeit eine Senkung des spezifischen Ener-gieverbrauchs unterstellt. Dabei wurde nach Branchen unterschieden. Der spezifische Energieverbrauch wur-de dabei definiert als Energieeinheit pro Bruttowertschöpfungseinheit in Euro. Der so definierte spezifische Energieverbrauch verändert sich im Zeitverlauf aus verschiedenen Gründen. Zum einen wirkt ein autonomer Trend zu geringeren Werten, weil alte Anlagen durch neuere mit höherer Energieeffizienz ersetzt werden. Außerdem wirkt auch ein Strukturwandel in die gleiche Richtung. Der intersektorale Strukturwandel zwi-schen den Sektoren zeigt sich nicht in den spezifischen Energieverbräuchen nach Branchen, sondern in Wachstumsverschiebungen zwischen den Branchen (mit unterschiedlich hohen spezifischen Energieverbräu-chen). Es ist aber auch ein intrasektoraler Strukturwandel zu unterstellen hin zu Ressourcen schonend und Material schonend hergestellten Produkten. Schließlich ist in manchen Branchen auch ein Trend zu höherer Wertschöpfung bei gleichem Energieverbrauch zu unterstellen.

In der Vergangenheit lag die Steigerung der Energieproduktivität, als umgekehrter Wert des spezifischen Energieverbrauchs gemessen, bei 1,4 % pro Jahr. Darin waren die oben beschriebenen Effekte enthalten. Zukünftig müsste dieser Wert auf mehr als 2,5 % pro Jahr steigen. Dazu sind erhebliche zusätzliche Anstren-gungen notwendig, die sich nicht im marktwirtschaftlichen Selbstlauf realisieren werden.

Als ersten Anhaltspunkt kann man das im März 2010 gestartete saarländische Energieeffizienznetzwerk „EE-net Saar“ heranziehen. Es gehört zum Pilotvorhaben des BMU „30 Pilotnetzwerke“ und wird zu einem Drittel vom BMU und zu einem Drittel vom Saarland gefördert. In dem Netzwerk haben sich 13 namhafte Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen verpflichtet, intensiv zusammenzuarbeiten, um die Energieeffizienz in ihren Betrieben zu steigern. Sie werden dabei von einem professionellen Moderator und zwei erfahrenden Ingenieuren unterstützt.

Nachdem alle teilnehmenden Betriebe von den Ingenieuren eine Initialberatung erhalten hatten, ergab sich ein kurzfristig realisierbares Einsparpotenzial von etwa 12 % auf Energie und von 14 % auf CO

2 bezogen.

Daran orientiert haben sich die Betriebe als Gruppe auf ein Ziel von 10 % Energieeinsparung innerhalb der nächsten 2 Jahre festgelegt. Im Vergleich zu den anderen Pilotnetzwerken ist das ein ambitioniertes Ziel.

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Dabei ist zu berücksichtigen, dass in dem saarländischen Netzwerk relativ große Betriebe mit Energiekosten von zusammen 70 Mio. € pro Jahr teilnehmen, die die einfach realisierbaren Potenziale bereits in der Ver-gangenheit umgesetzt haben.

Mittel- und langfristig lassen sich in den meisten Betrieben deutlich höhere Einsparziele von 30-40 % reali-sieren, insbesondere wenn man auch noch Umbauten des Betriebes und Nutzung von Abwärmepotenzialen mit einbezieht.

Technisch sind Effizienzsteigerungen bei größeren stationären Anlagen zu unterscheiden von Querschnitts-technologien und Änderungen an Produktionsanlagen. Schließlich kommen Änderungen an den Produk-tionsgebäuden und den dazugehörigen Anlagen hinzu. Nicht zu vernachlässigen sind bisher ungenutz-te Abwärmepotenziale vor allem in größeren Unternehmen, insbesondere in der Metallerzeugung und -verarbeitung.

Die stationären Anlagen unterliegen ab einer thermischen Leistung von 20 MW dem Emissionshandel (vgl. Kapitel 6.2.2). Schwieriger sind die verschiedenen Querschnittstechnologien zu greifen. Die Einsparpotenzi-ale beispielsweise bei effizienten Antrieben oder bei Klima- und Lüftungsanlagen oder bei Druckluftanlagen sind erheblich, und sie sind in den meisten Fällen sehr wirtschaftlich. Allerdings sind die Einsparungen im einzelnen Anwendungsfall eher gering und daher nicht im Fokus der Industrieunternehmen.

Über die Eigeninitiativen der Industrie oder den Einsatz von Energiemanagementsystemen hinaus ist es wir-kungsvoll, die Umsetzung effizienter Querschnittstechnologien durch spezialisierte Akteure anzustoßen. Dies könnte durch einen dazu eingerichteten Energieeffizienzfonds erfolgen (vgl. Kapitel 6.3.7).

In der folgenden Grafik (Abbildung 7-20) werden die Wirkungszusammenhänge der politischen Instrumente für die in der Industrie besonders wichtigen Bereiche der stationären Anlagen über 20 MW sowie der Quer-schnittstechnologien dargestellt.

Investitionen in energieeffiziente Produktionsanlagen werden durch die Energiepreise und die daraus ab-geleitete Wirtschaftlichkeit getrieben. Energiemanagementsysteme zeigen dazu die Ansatzpunkte auf. Ex-pertise kommt von innerhalb der Industriebetriebe und kann durch externen Fachverstand ergänzt werden. Häufig ist die Einbeziehung der Hersteller der Produktionsanlagen erforderlich.

Seit vielen Jahren werden erhebliche Abwärmepotenziale in saarländischen Industriebetrieben nicht genutzt. Häufig sind hierfür individuelle Lösungen notwendig. Die meisten wärmeüberschüssigen Betriebe liegen an der Saarschiene und könnten damit ggf. als einspeisende Anlagen in die Fernwärmeschiene in Frage kom-men. Selbst wenn die Abwärme von Betrieben kostenlos zur Verfügung gestellt würde, müsste der FVS noch in Anlagen zu deren Nutzung und Einspeisung in das Fernwärmenetz investieren. Wichtiges Kriterium ist auch die langfristige Verfügbarkeit zu den Zeiten, in denen die Fernwärmenachfrage hoch ist, also vor allem im Winter.

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CO2-Einsparung

EffizienzfortschritteEnergieeinsparung

Abbildung 7-21-1

Industrie

StationäreAnlagen>20 MW

Anreize inEnergieeffizienzzu investieren

KleinereAnlagen

Energie-effizienz-

fonds

Ausschreibungen

Querschnitts-technologien

Klima-schutz-agentur

Implementation beiUnternehmen

Andere (lokale)Akteure

Energie-lieferanten

Ausschreibungen

Energie-/Emissions-

steuernFinanzierungEmissions-

handel

„WeißeZertifikate“/

Quote

Energieeinsparungs-verpflichtung

Abbildung 7-20: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Industriesektor

Aus Sicht des Klimaschutzes ist die Nutzung von Abwärme der Nutzung von KWK-Wärme eindeutig vor-zuziehen. Ein Wärmenutzungsgebot mit Pönalen bei Nichteinhaltung, wie es vor 20 Jahren bereits geplant war, ist derzeit nicht in der Diskussion und nicht durchsetzbar. Eine direkte Förderung wäre allerdings in den meisten Fällen nicht angemessen, wenn die Abwärmenutzung eigentlich wirtschaftlich ist.

Pilot- und Demonstrationsprojekte zur effizienten Energienutzung in Industriebetrieben werden weiterhin vom Saarland gefördert mit dem Ziel der Nachahmung und Verbreitung.

7.11. VerkeHr

Der Verkehrsbereich ist bei wesentlichen Schlüsselfaktoren von übergeordneten Rahmenbedingungen auf Bundes- und EU-Ebene abhängig. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird das Saarland jedoch anstreben, die Rahmenbedingungen auch auf übergeordneten politischen Ebenen im Sinne einer klimafreundlicheren Gestaltung des Verkehrssystems zu beeinflussen.

Im Saarland selbst gilt es, den Bedarf des regionalen Verkehrs durch Verkürzung von Wegstrecken unter dem Stichwort Verkehrsaufwandsreduzierung zu verringern. Die Maßnahmen dafür sind eher mittel- bis lang-fristiger Natur und betreffen hauptsächlich die Raumordnungsplanung. Die Landesregierung wird bei der Gestaltung des Landesentwicklungsplans anstreben, die Wohnsiedlungs- und Gewerbeflächenentwicklung derart zu beeinflussen, dass motorisierter Verkehr reduziert wird. Dazu gehören die Mischung unterschied-

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licher Nutzungen, um den Einzugsbereich für Fuß- und Radverkehr zu begünstigen, wie auch die Konzen-tration der Siedlungsentwicklung, um die Ausstattung mit Infrastrukturen, wie dem ÖPNV, wirtschaftlich zu ermöglichen.

Neben Maßnahmen zur Verkehrsaufwandsreduzierung sollen die Rahmenbedingungen für die Verlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger, vor allem auf den ÖPNV und das Fahrrad, verbessert werden.

Für die Entwicklung eines konsistenten Gesamtkonzeptes für den Verkehrsbereich wird die Landesregierung einen eigenen Masterplan Mobilität erarbeiten.

Im Rahmen des vorliegenden Masterplans „Neue Energien“ soll die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand auch im Verkehrsbereich hervorgehoben werden. Vorstellbar ist, dass bei der Beschaffung im Fuhrpark-management bei Landesinstitutionen ökologische Anforderungen vermehrt Eingang finden. Dies betrifft zum einen die Grenzwerte für den CO

2-Ausstoß für die jeweiligen Fahrzeugklassen. Darüber hinaus kann

die Nutzung und Organisation von Car-Pools den Bedarf an PKW für die öffentlichen Behörden verringern. Hierbei ist die Integration von Elektroautos in die Flotte sinnvoll. Neben motorisierten Fahrzeugen kann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung durch ein vergrößertes Angebot an Fahrrädern und Elektrorädern die Nutzung von umweltfreundlicheren Optionen für Dienstfahrten im Kurzstreckenbereich erleichtert werden. Für die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte ist für die Bediensteten eine Aus-weitung von Job-Ticket-Angeboten als eine umweltfreundliche Alternative denkbar.

Die Landesregierung wird besonders innovative und zukunftsweisende Mobilitätskonzepte, insbesondere im Bereich Elektromobilität, fördern.

Die meisten der bisher genannten Maßnahmen wirken sich auf den CO2-Ausstoß des Verkehrssektors erst

langfristig aus, indem Anreize zu einem veränderten Nutzerverhalten gesetzt werden.

In der Abbildung 7-21 werden die Wirkungszusammenhänge der verschiedenen Instrumente auf mögliche CO

2-Reduktionspotenziale im Verkehrssektor dargestellt.

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CO2-EinsparungEffizientereAntriebstechnologien

Verlagerung aufumweltfreundlichere

Verkehrsträger

Verkehrsaufwands-reduzierung

Abbildung 7-22

Verkehrssektor

(indirekte)BeeinflussungProduktpaletteAutohersteller

ErhöhungMineralöl-

steuer

CO2-Grenzwerte

PKW

Erhöhungund Ausweitung

LKW-Maut

ErhöhungBiokraftstoff-

anteil

BeeinflussungVerkehrsträger-

wahl

Emissions-handel Flug-

verkehr

FörderungElektro-mobilität

Investitions-programm

Schienennetz

Abbildung 7-21: Wirkungszusammenhänge der Politikinstrumente im Verkehrssektor

Die Instrumente wirken dabei über die indirekte Beeinflussung der Produktpalette der Autohersteller, die Verlagerung von Verkehrsleistung auf umweltfreundliche Verkehrsträger sowie Anreize zur Reduzierung der Verkehrsleistung an sich.

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8. das saarlaNd HaNdelt

8.1. VorBeMerkuNgeN

Da mit Anstrengungen für die CO2-Emissionsminderung vor allem auch eine langfristige Energiepreissta-

bilisierung und Investitionen in neue Energietechnologien verbunden sind, sollten in allen Sektoren Effi-zienzfortschritte erzielt werden und im Umwandlungsbereich der Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien Anlagen und Kraftwerke mit hohen Wirkungsgraden und größtmöglicher Wärmeauskopplung (GuD) gelegt werden. Die Potenziale für Solarenergie und Windenergie im Saarland sind ausreichend, um rein rechnerisch schon den heutigen Strombedarf komplett abzudecken. Dabei wird dieser in allen Szenarien sinken. Gleich-wohl können die fluktuierenden Erneuerbaren Energien ohne entsprechende Speicher nicht zu allen Zeiten die Nachfragelast abdecken; daher braucht es zu ihrer Flankierung zumindest kurz- und mittelfristig noch Kraftwerke auf Basis fossiler Energieträger, um unabhängig von der jeweiligen Sonneneinstrahlung oder der Windgeschwindigkeit, die Stromversorgung sicherzustellen. Dafür sind flexible Gaskraftwerke geeignet.

Die Landesregierung sieht große Chancen in den genannten Herausforderungen und Perspektiven. Sie wird dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Über die Rahmenbedingungen der Europäischen Union oder der Bundesregierung für eine klimaverträgliche zukünftige Entwicklung hinaus, ergreift sie weitere saarlandspe-zifische Maßnahmen (Förderinstrumente, rechtliche Optionen und Aktionsprogramme), um den Weg zur Erreichung der Ziele einzuschlagen. Zudem wird sie weiterhin für die strom- und wärmeseitig gut angeschlos-senen Kraftwerksstandorte werben.

8.2. die öffeNtliCHe HaNd als Vorreiter

Im Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) sowie im Erneuer-bare-Energien-Wärme-Gesetz des Bundes ist die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand geregelt. Die saar-ländische Landesregierung will deshalb unter Einsatz verfügbarer Haushaltsmittel in ihrem Einflussbereich eine Vorreiterrolle bei der Verbesserung der Energieeffizienz (vor allem im Gebäudebereich) und beim Einsatz Erneuerbarer Energien einnehmen.

Das Saarland unterhält direkt oder indirekt 277 Gebäude (ohne die Hochschulen und die Universitätsklinik) und zahlt dafür fast 30 Mio. € Energiekosten pro Jahr, Tendenz steigend. Bei der energetischen Sanierung dieser Gebäude und bei Neubauten ist die Orientierung am Passivhaus-Standard vorgesehen. Um den Ver-brauch an fossilen Energieträgern in allen Gebäuden auf ein Minimum zu reduzieren, wird ein ganzes Bündel von Maßnahmen notwendig sein.

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1. Ein konsequentes Energiecontrolling und -management kann die Energiekosten ohne zusätzliche Investitionen bereits um mehr als 10 % reduzieren.

Bisher wurde eine solches Energiecontrolling bei den Finanzämtern und den Gebäuden des Ministe-riums für Umwelt, Energie und Verkehr mit externen Dienstleistern umgesetzt. Dort konnten ohne zusätzliche Investitionen Einsparungen von mehr als 10 % des Heizwärmebedarfs erzielt werden.

2. Für den gesamten Gebäudebestand soll eine aktuelle Bestandsaufnahme mit Handlungsanforderun-gen und Priorisierung der energetischen Sanierung erstellt werden.

Bisher wurde eine solche Bestandsaufnahme für die landeseigenen Gebäude im Raum Saarbrücken zusammen mit der LEG und CalCon erstellt. Die Bestandsaufnahme wird bis Mitte 2011 ausgewer-tet und bis Ende 2011 auf alle landeseigenen Gebäude ausgedehnt.

Dabei werden die Gebäude in Kategorien eingeteilt: - Gebäude, die bereits in den letzten Jahren saniert wurden und deren Energiebedarf entsprechend

Energieausweis der EnEV im grünen Bereich liegt. - Gebäude, deren Energiebedarf gemäß EnEV im roten Bereich liegt. Diese Gebäude sollen zeitnah

saniert oder aus der Nutzung genommen werden (Verkauf an Dritte oder Abriss). - Gebäude mit mittlerem Energieverbrauch und mittlerer Priorität.3. Für größere Neubauten oder Sanierungen ist ein professionelles Projektmanagement unter Ein-

schluss externer Dienstleister zielführend.4. Im Rahmen von Energiesparpartnerschaften sollen größere Gebäudepools definiert und für Contrac-

toren zur Optimierung des Energieverbrauchs ausgeschrieben werden. Dabei sind erfahrungsgemäß Energieeinsparungen in der Größenordnung von 20 % zu erzielen. Die Erfahrungen der Berliner Energie Agentur können für eine entsprechende Vorgehensweise im Saarland genutzt werden.

5. Über Contracting sind nur kurz- und mittelfristig wirtschaftliche Maßnahmen realisierbar. Für vor-bildhafte nachhaltige Gebäudesanierungen werden neue Finanzierungswege benötigt. Die Rück-zahlung soll langfristig erfolgen mit anfangs geringen und später mit den Energiepreisen steigenden Raten. Hierfür sollen Finanzierungspartner gefunden und Finanzierungskonzepte erarbeitet werden.

6. Die seit dem 01.05.2011 geltende Nutzungspflicht zur anteiligen Deckung des Wärme- und Kälte-energiebedarfs für bestehende öffentliche Gebäude soll entsprechend den Vorgaben des Bundes umgesetzt werden.

7. Es sind weitere Förderprogramme auf EU- und Bundesebene zu erwarten, von denen das Saarland mit vorbildlichen Projekten profitieren könnte.

Die aufgeführten Ansätze sollen weitestmöglich gleichzeitig verfolgt werden. Voraussetzung sind entspre-chende Vorgaben für die zuständigen Ministerien und Behörden. Zusätzlich soll eine Steuerungsgruppe aus hochgestellten Vertretern der Landesbehörden und externer Institutionen (z.B. LEG, IZES, WPW) eingesetzt werden.

Mit diesem Maßnahmenpaket zur Senkung der Energiekosten und der Emissionen landeseigener Gebäude geht das Land voran und wird die Landkreise und Kommunen mittels eines Partizipations-, Informations- und Kommunikationskonzeptes motivieren, entsprechend ambitioniert bei ihren Gebäuden vorzugehen.

Einige Kommunen können dabei als Beispiel dienen. Die Gemeinde Nalbach hat ein Nullemissionskonzept erstellen lassen und will dies schrittweise realisieren. Zurzeit lassen beispielsweise die Städte Merzig und

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Ottweiler sowie die Landkreise St. Wendel und Saarlouis Klimaschutzkonzepte erstellen. Sie wollen ebenfalls ehrgeizige Ziele verfolgen und entsprechende Maßnahmen schrittweise umsetzen. Auch in den Gemeinden Illingen und Eppelborn wurden vorbildliche Initiativen zur Energieeffizienz umgesetzt. Die Gemeinde Freisen ist führend bei der Nutzung der Windenergie.

Saarländische Landkreise und Kommunen haben in der Vergangenheit Anstrengungen unternommen, die Energiekosten zu senken. Dabei hat auch der Konjunkturpakt geholfen, um den energetischen Zustand vor allem von Schulen dauerhaft zu verbessern. Allein im Bereich der Schulen wurden im Rahmen des Konjunk-turpaktes im Saarland 84 Mio. € in 380 Projekten investiert. Es werden dadurch jährlich 30 Mio. kWh Wärme eingespart.

CO2-EinsparungEnergieeinsparung

Abbildung 8-1

Landeseigene Gebäude

Ausschreibungen

Neubau

Bestandsgebäude

Bestandsaufnahme

Poolungvon

Gebäuden

Energie-controlling/

management

Null-Energie-Gebäude

Contracting

Einteilungin Kategorien

Sanierung

Abrissgut mittel schlecht

Abbildung 8-1: Maßnahmen im Bereich der landeseigenen Gebäude

Das Land wird die Landkreise und Kommunen bei deren Anstrengungen zum Klimaschutz unterstützen. So wird insbesondere die Förderung von Klimaschutzkonzepten in Kommunen durch die Nationale Klimaschutz-initiative durch das Förderprogramm Klima Saar Plus (vgl. Kapitel 8.4) von bis zu 65 % auf bis zu 80 % der förderfähigen Kosten aufgestockt.

8.3. aussCHöpfuNg des reCHtliCHeN raHMeNs

Über den Gesetzesrahmen der Bundesregierung hinaus setzt das Saarland in einigen Bereichen eigene Akzente.

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8.3.1. Saarländisches Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (SEEWärmeG)

Auf Bundesebene schreibt das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) bereits ab dem 01.01.2009 für alle neuen Gebäude die Nutzung Erneuerbarer Energien zu mindestens für 15 % der Wärmeversorgung vor. Diese Pflicht trifft alle Eigentümer, egal ob Private, den Staat oder die Wirtschaft. Genutzt werden kön-nen alle Formen von Erneuerbaren Energien, auch in Kombination. Dazu zählen solare Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme und Biomasse. Wer keine Erneuerbaren Energien einsetzen will, kann andere Klima schonende Maßnahmen ergreifen: Eigentümer können ihr Haus stärker dämmen, Abwärme nutzen, Wärme aus Fernwärmenetzen beziehen oder Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplung einsetzen.

Der Bund schreibt seit dem 01.05.2011 zudem eine Nutzungspflicht zur anteiligen Deckung des Wärme- und Kälteenergiebedarfs für bestehende öffentliche Gebäude vor. Die Verpflichtung gilt auch für Gebäude, die von der öffentlichen Hand angemietet werden. Ist dies zum Beispiel mangels Angebots nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar, müsste die öffentliche Hand im Mietvertrag sicherstellen, dass der Vermieter bei einer grundlegenden Renovierung des Gebäudes die Wärmeversorgung anteilig auf Erneuerbare Energi-en umstellten wird.

Baden-Württemberg hat das EEWärmeG einerseits für Neubauten auf einen Anteil von 20 % der Wärmever-sorgung durch Erneuerbare Energien verschärft. Darüber hinaus hat Baden-Württemberg als erstes Bundes-land das EEWärmeG auf Bestandgebäude ausgedehnt, bei denen ein Anteil von 10 % der Wärmeversorgung durch Erneuerbare Energien gedeckt werden muss. Ein erster Erfahrungsbericht ist gerade in Arbeit.

Das geplante Saarländische Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (SEEWärmeG) soll von der Länderöff-nungsklausel des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes Gebrauch machen und will die verstärkte Nutzung für Erneuerbare Energien bei der Wärmeenergieversorgung von bestehenden nicht-öffentlichen Gebäuden bzw. Wärmedämmmaßnahmen zur Energieeinsparung voranbringen.

8.3.2. LandesentwicklungsplanungVor dem Hintergrund des zu erwartenden demografischen Wandels, der im Saarland deutlich stärker zu er-warten ist als im Durchschnitt der Bundesrepublik, kommt der Landesentwicklungsplanung eine besondere Rolle zu.

Der derzeitig gültige Landesentwicklungsplan Siedlung enthält keine Flächenvorgaben mehr, sondern Wohn-einheiten nach Gemeinden getrennt, wobei Baulücken angerechnet werden. Bis 2014 wird der LEP Siedlung zusammen mit dem LEP Umwelt neu in einen Landesentwicklungsplan Saarland überführt. Dieser Landes-entwicklungsplan wird eine Perspektive von 10 bis 15 Jahren abdecken und den demografischen Wandel, den Masterplan „Neue Energien“, den Masterplan „Mobilität“ und andere wichtige Entwicklungen berück-sichtigen.

Um den Notwendigkeiten der verstärkten Nutzung Erneuerbarer Energien nachhaltig Rechnung zu tragen, wird die Ausschlusswirkung für Windkraft außerhalb der bestehenden Vorranggebiete aufgehoben und die Windkraftplanung in die Hände der Kommunen gelegt sowie ein flächendeckendes Solarkataster für Dächer und Freiflächen etabliert. Einzelne Landkreise haben damit bereits begonnen.

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8.4. förderuNg uNd VerNetZuNg

8.4.1. Das Förderprogramm „Klima Plus Saar“ Die Landesregierung hat aus dem Sondervermögen „Zukunftsinitiative II“ Finanzmittel für Maßnahmen zum Klimaschutz zur Verfügung gestellt. Das Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr (MUEV) hat auf dieser Basis ein breites Förderprogramm „Klima Plus Saar“ aufgelegt. Ziel des Förderprogramms ist es, anhand von zwölf ausgewählten Fördermaßnahmen die Themen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen.

Schwerpunkte der Richtlinie sind:

- Unterstützung von Städten und Gemeinden in ihrer strategischen Klimaschutz- und Energie-planung.

- Anregung technischer Innovationen in privaten und unternehmerischen Bereichen durch Pilot- und Demonstrationsvorhaben, um die Marktreife und Breitenanwendung zu testen.

- Förderung des Ausbaus von Erneuerbaren Energien. - Maßnahmen zur Energieeffizienz beim Wärme- und Strombedarf für den Privatbereich und

Kommunen.

Die Implementierung von Wärmedämmmaßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich komplettiert den Bereich Energieeffizienz und kann zudem auch von einer breiten Masse in der Bevölkerung in Anspruch ge-nommen werden.

Wesentliche Förderschwerpunkte sind:

1. Nullemissionskommunen2. Entwicklungskonzepte/Energiekonzepte und Machbarkeitsstudien für Körperschaften

des öffentlichen Rechts3. Entwicklungs-, Pilot- und Demonstrationsvorhaben4. Bau von Nah- und Fernwärmenetzen mit oder ohne Hausanschluss5. Photovoltaik für Bildungseinrichtungen6. Energieeffiziente Straßenbeleuchtung im öffentlichen Außenbereich7. Energetische Sanierung und Betriebskosten verbessernde Maßnahmen an Vereinshäusern8. Optimierung von bestehenden Heizungsanlagen 9. Energieeffiziente Elektromotoren10. Kleine Windkraftanlagen11. Wärmedämmmaßnahmen im Gebäudebestand von Körperschaften des öffentlichen Rechts12. Wärmedämmmaßnahmen im Gebäudebestand für natürliche und juristische Personen

Das Förderprogramm Klima Plus Saar in der oben beschriebenen Form wird nach einer Laufzeit von 6 Mona-ten evaluiert. Insbesondere sollen Mitnahmeeffekte minimiert und besonders kosteneffektive Maßnahmen ermittelt werden. Daraus werden ggf. einige Fördertatbestände abgeleitet und/oder die Förderquoten an-

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gepasst, insbesondere im Hinblick auf Maßnahmen und Förderprogramme, die die Bundesrepublik in den Jahren 2011 und 2012 initiiert, z. B. Einrichtung eines Energieeffizienzfonds „Weiße Zertifikate“.

8.4.2. Saarländischer Energieeffizienz-FondsDie Landesregierung prüft die Gründung eines Saarländischen Energieeffizienz-Fonds. Allein aus Landes-mitteln ist ein solcher Fonds nicht zu finanzieren. Die Landesregierung wird deshalb bei den saarländischen Energieunternehmen, Unternehmensverbänden, Handwerksinnungen und Herstellern von Energieeffizienz-Produkten für eine Beteiligung an einem solchen Fonds werben.

Inhaltlich soll der saarländische Fonds die Programme eines bundesdeutschen Energieeffizienz-Fonds er-gänzen (vgl. Kapitel 6.3.7). Organisatorisch sollte ein solcher Fonds neu aufgesetzt werden. Als Rechtsform kommt eine gemeinnützige GmbH in Frage mit den Hauptfinanziers als Gesellschafter.

8.4.3. Gründung einer KlimaschutzagenturDie Landesregierung plant die Gründung einer Agentur für Klimaschutz mit Beteiligung der Akteure (unter Einbeziehung von Akteuren wie IZES, ARGE Solar, Handwerkskammer) im Bereich der Energie- und Mobi-litätsberatung, um der Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung des Einsatzes Erneuerbarer Energien, zur Steigerung der Energieeffizienz in allen Sektoren und zur Umsetzung neuer Mobilitätskonzepte mehr Schwung zu verleihen.

Die Agentur wird die Umsetzung der Klimaschutzpolitik des Landes begleiten.

Wünschenswert ist die Beteiligung von Banken, möglichst Sparkassen oder Genossenschaftsbanken, die zur Bereitstellung der notwendigen Finanzmittel für die Investitionen in Erneuerbare Energien, die Sanierung von Gebäuden und in Energieeffizienzmaßnahmen bei Betrieben bereitstehen.

Hauptsächlich soll die Klimaschutzagentur folgende Aktivitäten durchführen:

- Zentraler und neutraler Ansprechpartner für alle saarländischen Akteure zu den Themen Klima, Energie und Mobilität (Vernetzung der Beratungs- und Informationsdienstleistungen)

- Unterstützung der saarländischen Kommunen bei der Umsetzung der Klimaschutzkonzepte- Regionale Anlaufstelle für den Energieeffizienz-Fonds auf Bundesebene, z. B. Implementation von

Querschnittstechnologien zur Energieeinsparung bei Gewerbe- und Industriebetrieben- Unterstützung des MUEV bei der Auswertung von Förderanträgen und deren Umsetzung- Begleitung und Unterstützung der Ausschreibung von Pools öffentlicher Gebäude für Contractoren- Begleitung und Unterstützung von Contracting-Ausschreibungen für einzelne Objekte, Nahwärme-

versorgungen, KWK-Anlagen etc.

8.5. aktioNsprograMM der laNdesregieruNg

Die Landesregierung will die zukunftsfähige Gestaltung unseres Landes aktiv begleiten und unterstützen. Daraus ergeben sich zielgruppenspezifische Aktionsprogramme.

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8.5.1. Aktionsprogramm Städte und GemeindenDie Kommunen sind die wichtigsten Akteure einer dezentralen Energieversorgung. Von der Flächenplanung und -bereitstellung für Energieerzeugungsanlagen über den Betrieb oder die Beteiligung an den Anlagen bis hin zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch Unternehmensansiedlungen, Produkterweiterungen bestehen-der Unternehmen oder den regionalen Handwerkerbedarf sind Städte und Gemeinden bei der Installation von Anlagen und der Wertschöpfung aus den Anlagen einbezogen und profitieren von diesen.

Die kommunale Wertschöpfung für den Ausbau der Erneuerbaren Energien hat in Deutschland im Jahr 2009 bereits mindestens 6,8 Mrd. Euro betragen und wird auf mindestens 12,3 Mrd. Euro im Jahr 2020 ansteigen, wenn Erneuerbare Energien weiterhin ambitioniert ausgebaut werden [IÖW, 2010]. Aber nicht nur die Erneuerbaren Energien schaffen neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort, auch Investitionen in Energieeinspar- und -effizienzmaßnahmen, wie beispielsweise die Sanierung von Gebäuden, sorgen für Aufträge im Handwerk und Baugewerbe und stärken so die lokale und regionale Wertschöpfung. Das gilt auch für die weitere Stärkung der im Saarland traditionell breit akzeptierten Kraft-Wärme-Kopplung, die fossile Brennstoffe hocheffizient für die Bereitstellung von Strom und Wärme nutzt.

Kommunen stärkenDie Landkreise und Kommunen haben in der Vergangenheit bereits Anstrengungen unternommen, die Ener-giekosten zu senken. Dabei hat auch der Konjunkturpakt geholfen, um den energetischen Zustand vor allem von Schulen dauerhaft zu verbessern. Allein im Bereich der Schulen wurden im Rahmen des Konjunkturpakts im Saarland 84 Mio. € in 380 Projekten investiert. Es werden dadurch jährlich 30 Mio. kWh Wärme einge-spart. Die Landesregierung erkennt die besondere Rolle der Kommunen und Landkreise beim Klimaschutz an und unterstützt deren Bemühungen beim Aufbau einer dezentralen Energieversorgung auch weiterhin. Deshalb werden die Kommunen bei der Überarbeitung der für die Raumordnung wichtigen Gesetze und Verordnungen mit einbezogen, der ordnungsrechtliche Handlungsrahmen für die Kommunen wird erweitert und die Beratungsleistungen ausgebaut. Finanzielle Anreize des Bundes sollen durch gezielte Kommunal-programme ergänzt werden. Deswegen wird derzeit die Förderung der Nationalen Klimaschutzinitiative von Klimaschutzkonzepten in Kommunen von bis zu 65 % durch das Förderprogramm Klima Saar Plus auf bis zu 80 % der förderfähigen Kosten aufgestockt. Bei der Ausschöpfung der Erneuerbare Energien Potenziale werden die Bedürfnisse und Bedenken der einzelnen Kommunen berücksichtigt. Hierfür soll ein regelmä-ßiger Erfahrungsaustausch organisiert werden. Großer Wert wird dabei ebenfalls auf die Einbindung des Saarländischen Städte- und Gemeindetages (SSGT) gelegt. Der Dialog soll unter anderem im Rahmen der Fortführung der in 2010 mit hohem Zuspruch gestarteten Kommunalworkshops stattfinden.

Das Land wird im eigenen Zuständigkeitsbereich (vgl. Abschnitt 8.2), z. B. bei den landeseigenen Gebäuden, vorbildhaft vorangehen. Ein landesweiter Effekt entsteht aber erst dann, wenn alle Landkreise und Kommu-nen als Partner gewonnen werden und ebenfalls in ihrem Zuständigkeitsbereich beim Einsatz Erneuerbarer Energien, bei der energetischen Sanierung der Gebäude und beim Einsatz energieeffizienter Techniken Vor-bild sind. Einige Kommunen können dabei als Beispiel dienen. Die Gemeinde Nalbach hat ein Nullemissi-onskonzept erstellen lassen und will dies nun schrittweise realisieren. Zurzeit lassen die Städte Merzig und Ottweiler sowie die Landkreise St. Wendel und Saarlouis Klimaschutzkonzepte erstellen, wollen ebenfalls ehrgeizige Ziele verfolgen und entsprechende Maßnahmen schrittweise umsetzen.

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Stadt- und Gemeindewerke mitnehmenEine ganz wesentliche Rolle spielen die Stadtwerke vor Ort, in die auch die Regionalversorger meistens als Partner eingebunden sind. Sie sind für die Weiterentwicklung der Verteilnetze zuständig und verfügen über das notwendige Knowhow, um dezentrale Energieanlagen mit Erneuerbaren Energien und/oder Kraft-Wär-me-Kopplung zu initiieren, umzusetzen und in die vorhandenen Strukturen einzubinden. Die Landesregie-rung wird den Dialog mit den Regionalversorgern und Stadtwerken intensivieren und sie bei der beschleu-nigten Umsetzung der Energiewende direkt und indirekt unterstützen.

Potenziale Erneuerbarer Energien nutzenDas saarländische Umweltministerium hat aktuell Potenzialstudien für Wind- und Sonnenkraft, Geothermie und Biomasse für das gesamte Saarland erstellen lassen. Diese werden den Kommunen und Landkreisen kostenfrei zur Verfügung gestellt und in Form von Kommunalworkshops und Einzelberatungen gemeindescharf erläutert.

Solarpotenzialstudie und SolarkatasterDie Solarpotenzialanalyse gibt Auskunft darüber, wie viel Solarstrom auf der Fläche des Saarlandes erzeugt werden kann. Es wird unterschieden zwischen Dachflächen und Freiflächen. Ergänzend zur Solarstudie wur-den in den Landkreisen Saarlouis, St. Wendel und Neunkirchen sowie im Regionalverband Saarbrücken mit Unterstützung der Umweltministeriums Solardachkataster erstellt, die die Eignung aller Dächer für die Gewinnung von Solarenergie bewerten und für jede Dachfläche die Eignung für Photovoltaik- (solare Strom-erzeugung) und Solarthermieanlagen (solare Wärmeerzeugung) berechnen. Ziel ist ein landesweites Solar-dachkataster. Der Wettbewerb „Solare Landesmeisterschaft“ für die saarländischen Städte und Gemeinden motiviert die Städte und Gemeinden, Bester bei der Solarenergie-Nutzung zu sein.

Biogene RessourcenUnter Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten bietet es sich an, zusätzlich zur Komposterzeugung auf eine Maximierung der Produktion Erneuerbarer Energie aus Bio- und Grünabfällen zu setzen. Das energeti-sche Potenzial im Bioabfall aus der Biotonne (bis zu 76.000 Tonnen pro Jahr) soll zukünftig regional genutzt werden. Vor diesem Hintergrund wird der bisherige Weg, die billigste Entsorgungslösung auf der Basis einer nachhaltig hinterlegten Kosten-Nutzen-Abwägung zu wählen, hinterfragt. Die Landesregierung will daher mit den Kommunen und dem EVS unter Einbindung der Grünschnittverwertung (ca. 90.000 Tonnen pro Jahr) eine ökologisch und ökonomisch tragfähigere Lösung entwickeln und auf den Weg bringen.

Für Biogasanlagen besteht ein Ausbaupotenzial von heute 3 MW auf rund 35 MWel im Jahr 2020. Damit lassen sich ca. 60 % der Stromerzeugung aus Biomasse in 2020 darstellen. Dafür gilt es insbesondere Grün-land wieder in Wert zu setzen. Das Land wird daneben neuere Anbaukonzepte, die zu einer Verbesserung der Biodiversität führen, forcieren. Parallel wird ein spezifisches Aufklärungsprogramm zur Erhöhung der Akzeptanz in der Öffentlichkeit gestartet. Insgesamt ist die wertvolle Ressource Biogas mit den höchsten Wirkungsgraden, also in Kraft-Wärme-Kopplung, zu nutzen.

Auch Energieholz ist nur begrenzt vorhanden, weswegen eine stärkere Durchforstung (Energieholzmobilisie-rung), auch aus waldbaulichen und Biodiversitätsgründen, als notwendig angesehen wird. Im kommunalen Bereich ist deshalb eine stärkere Stoffstromlenkung hin zu effizienten Heizanlagen mit Nahwärmenetzen und in größeren Anwendungen bis hin zur Kraft-Wärme-Kopplung anzustreben.

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Zusätzliche Impulse für einen vermehrten Aufbau von sog. Kurzumtriebsflächen zum Biotopverbund sind dringend notwendig. Gleichzeitig ist verstärkt eine Holzkaskadennutzung anzustreben, welche zunächst eine stoffliche und dann erst eine energetische Nutzung impliziert.

Weitere Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Wärmenutzung aus Müllverbrennungsanlagen (bioge-ner Anteil der Siedlungsabfälle), Effizienzstrategie für Klärschlamm und Klärgase, Nutzung von Deponiega-sen im Bereich des Lastmanagements sowie Verbesserung der Kreislaufwirtschaft im Altholzbereich.

Windpotenziale heben mit Änderung des LEP WindDie Windpotenzialstudie liefert Kommunen und Investoren Hinweise zu potenziellen Standorten von Wind-energieanlagen im Saarland und damit eine wichtige Grundlage für Entscheidungsprozesse in den Kommu-nen. Die Flächen, die für die Errichtung von Windenergieanlagen grundsätzlich in Frage kommen, ergeben sich aus den Bereichen, die über ein für die Windenergienutzung mindestens ausreichendes Windpotenzial verfügen (Eignungsflächen) abzüglich der Flächen, die grundsätzlich für die Windenergieanlagen nicht in Frage kommen (Tabuflächen). Als Besonderheit gibt es hier den speziellen Service, die windhöffigen Stand-orte abzüglich sogenannter Ausschlussflächen in einem Kartendienst des Landesamts für Kataster-, Vermes-sungs- und Kartenwesen (LKVK) anzuschauen (vgl. Kap. 7.4.2). In einer Handreichung wird der Umgang mit dem Kartendienst genauer erläutert.

Eine wichtige ordnungsrechtliche Maßnahme für den weiteren Ausbau der Windkraft ist die bereits in 8.3.2 erwähnte Änderung des Landesentwicklungsplans Umwelt, Teilplan Wind. Danach wird die bisherige Aus-schlusswirkung jenseits der Vorranggebiete aufgehoben. Den Kommunen soll damit die Selbstbestimmung von Windstandorten inklusive Waldstandorten überlassen werden. Den Städten und Gemeinden werden so größere Spielräume hinsichtlich der Standortsuche und -sicherung eingeräumt. Diese können nun im Rah-men der Anforderungen des Gesetzgebers selbst entscheiden, wie sie auf ihrem Gemeindegebiet mit der Errichtung von Windkraftanlagen umgehen. Die Vorranggebiete bleiben zunächst weiter bestehen, damit diese besonders geeigneten Standorte auch langfristig für die Windenergienutzung erhalten bleiben (Repo-wering). Das Land wird die Kommunen aktiv dabei unterstützen, Anwohner von der Nutzung windhöffiger Standorte zu überzeugen.

Die Landesregierung wird die Kommunen aktiv begleiten, um mit Information und gezielter Beratung für die Nutzung der Windenergie zu werben. Dazu gehören die Unterstützung von frühzeitiger Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsprozessen und das Werben für Bürgerbeteiligungsmodelle sowie die Förderung von Ener-giekonzepten der Kommunen.

Das Land wird darüber hinaus folgende weiteren Maßnahmen zur Unterstützung des Ausbaus von Wind-energie im Saarland ergreifen:

- Unterstützung von kommunalen und regionalen Kooperationen in Anlehnung an die rheinland-pfälzische Pfalzenergie-Initiative mit dem Ziel, die Errichtung gemeinsamer Windanlagen im Saar-land zu realisieren.

- Kooperation mit der deutsch-französischen Koordinierungsstelle Windenergie zur grenzüberschrei-tenden Vernetzung der Windakteure im Saarland und in Lothringen.

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- Installation eines Arbeitskreises Stromnetze mit den Netzbetreibern zur Minimierung der Kosten im Netzausbau zum Anschluss von Windkraftanlagen.

- Unterstützung von Modellvorhaben zum naturschutzverträglichen Ausbau der Windkraft in Wald-gebieten.

- Vorbildfunktion im Bereich der Windkraftnutzung auf geeigneten landeseigenen Flächen (z. B. Forst).

- Förderung der Ansiedlung bzw. des Ausbaus von Unternehmen aus der Windbranche durch Mithil-fe bei der Suche nach geeigneten Testflächen.

Beratung, Kommunikation, Information verbessernDie Kommunen sollen weiterhin aktiv begleitet werden, um mit Information und gezielter Beratung für die Nutzung der Erneuerbaren Energien und von Energieeffizienzmaßnahmen zu werben. Dazu gehören die Unterstützung von frühzeitiger Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsprozessen und das Werben für Bürger-beteiligungsmodelle sowie die Beratung bei der Erstellung von Energiekonzepten der Kommunen.

Maßnahmen für Klimaschutz und Erneuerbare Energien fördernDas Förderprogramm „Klima Plus Saar“ (vgl. 8.4.1) fördert das kommunale Engagement für den Klimaschutz und den Ausbau von Zukunftsenergien. Damit die erforderlichen Investitionen für die Kommunen im Rah-men bleiben, fördert Klima Plus Saar sie im Einzelnen mit:

- Wärmedämmmaßnahmen im kommunalen Gebäudebestand- sparsamer Straßenbeleuchtung- Errichtung und Erweiterung von Nah- und Fernwärmenetzen- energieeffizienten Elektromotoren- Anschaffung und Installation von kleinen Windkraftanlagen- Null-Emissions-Kommunen- Entwicklungs-/Energiekonzepten und Machbarkeitsstudien

Wärmedämmmaßnahmen und innovative Energietechnologien werden vorrangig aus dem EU-geförderten Programm ZEP Kommunal bedient.

Leuchtturmprojekte unterstützen Außer der Förderung kommunaler Energiekonzepte unterstützt die Landesregierung aktiv auch Leuchtturm-projekte des Landes für den Klimaschutz, wie zum Beispiel den „Masterplan 100 % Klimaschutz“ des Bio-sphärenzweckverbandes. Dieser soll die Weichen für eine moderne Entwicklung des Biosphärenreservats stellen. Ein Klimaschutzmanager soll ihn koordinieren, ein Klimaschutzrat ihn strategisch voranbringen. Einer der Arbeitsschwerpunkte läuft unter der Überschrift „Mehr Energie-Effizienz“, unter anderem durch Nut-zung von Abfallwärme aus Industriebetrieben sowie durch Wärmedämmung von Gebäuden. Priorität haben auch die Erneuerbaren Energien, natürlich unter den besonderen Anforderungen eines Biosphärenreservats. Eine Schlüsselposition kommt den Gemeinden zu. Sie können durch „synergetische Optimierung ihrer Bau-leitplanung“ noch große Energieeinsparpotenziale heben. Die Planer denken auch an ein neues Verkehrs- und Mobilitätskonzept für den Bliesgau mit Solarautos, E-Bikes, Carsharing – alles in Verbindung mit einem attraktiven ÖPNV. Eine solche CO

2-neutrale Mobilität wäre auch für einen sanften Tourismus im Bliesgau

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attraktiv. Wesentlich ist dabei, dass die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen im Einklang mit dem Nach-haltigkeitsverständnis eines Biosphärenreservates erfolgt, zum Beispiel unter besonderer Berücksichtigung von Naturschutz, Landschaftsgestaltung und Biodiversität. Der „Masterplan 100 % Klimaschutz“ soll als treibende Kraft einer nachhaltigen regionalen Wirtschaftsentwicklung mit einer zukunftsfähigen Lebens- und Arbeitswelt und wirtschaftlichen Chancen für Handel und Gewerbe der Region wirken.

Bergbauflächen nutzenWie ehemalige Bergbauflächen zukünftig genutzt werden können, beschäftigt den Lenkungskreis Bergbau-flächen, der aus Vertretern der Landesregierung, des RAG-Konzerns und des Saarländischen Städte- und Gemeindetages besteht. Die Flächen können beispielsweise in Gewerbe- und Industriegebiete, Logistikzen-tren, Wohnflächen, Naherholungs- und Grünflächen, aber auch in Erneuerbare Energien Standorte und Kli-maschutzstandorte umgewandelt werden. Damit sollen dauerhafte Beiträge zum Strukturwandel generiert und Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region gesichert werden. Der Immobilienbestand des Saar-bergbaus umfasst derzeit Gesamtflächen von 2.500 Hektar und 808 Gebäude, davon 350 Wohnhäuser und über 20 denkmalgeschützte Anlagen.

Das Bergbauunternehmen RAG sieht sich in der Verantwortung, nach über 250-jähriger industrieller Tätig-keit eine geordnete Beendigung des Saarbergbaus unter Berücksichtigung der regionalen Belange zu ermög-lichen. Deswegen soll eine standortübergreifende Immobilienstrategie vorgelegt werden, die gemeinsam mit den Trägern öffentlicher Belange umgesetzt werden soll. Fünf Referenzprojekte sollen auf der Zeitachse vorgezogen werden, wie z. B. der Energiepark in Luisenthal. In die Beratungen einbezogen werden auch die betroffenen Kommunen. Als Träger öffentlicher Belange können sie sich in die bergrechtlichen Abschlussbe-triebsplanverfahren einbringen und für mögliche Folgenutzungsprojekte die erforderlichen Flächennutzungs- und Bebauungspläne aufstellen.

8.5.2. Aktionsprogramm PrivathaushalteDie Landesregierung setzt in der Umsetzung des Masterplans auf das aktive Engagement der Bürgerinnen und Bürger, dort besonders in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Im Bereich der Erneuerbaren Energien spielt die Befürwortung und aktive Unterstützung von neuen Anlagen durch die Bevölkerung eine sehr große Rolle. Die Landesregierung wird den intensiven Wunsch seitens der Bevölke-rung berücksichtigen, frühzeitig über einen geplanten Anlagenbau, sowie über dessen Nutzen und Folgen, informiert zu werden.

Bürgerinnen und Bürger motivierenInformations- und Motivationsmaßnahmen sollen die beträchtlichen Vorteile der Nutzung Erneuerbarer Ener-gien aufzeigen. Es geht darum, die technische Realisierung der Anlagen so zu gestalten, dass es nicht zu Kon-flikten, sondern zu einer breiten Akzeptanz der Nutzung von Erneuerbaren Energien kommt. Die frühzeitige Einbindung der Betroffenen in Planungs- und Realisierungsvorhaben sowie eine weitgehende Transparenz stellen wichtige Maßnahmen dar.

Bürgerinnen und Bürger können auch direkt von der lokalen Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien profitieren, z. B. durch Beteiligung an Bürgerenergiegenossenschaften. Die Landesregierung begrüßt aus-drücklich, wenn die Zivilgesellschaft den Umbau der Energieversorgung aktiv mitgestaltet. Sie setzt sich

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dafür ein, dass bürokratische Hemmnisse beseitigt werden, die ein solches Engagement verhindern oder erschweren.

Im Bereich der energetischen Sanierung der Eigenheime werden umfassende Informations- und Beratungs-angebote zur Verfügung gestellt. Es wird dabei auch über die Möglichkeiten zur finanziellen Teilhabe und über Förderprogramme informiert. Konkrete Ansprechpartner vor Ort werden benannt. Hier soll die geplante Klimaschutzagentur eine wichtige Vermittler- und Kommunikationsrolle spielen.

Für Klimaschutz offensiv werbenEine breit angelegte Klimaschutzoffensive mit eigens entwickelter Dachmarke unterstützt die Informations- und Beratungskampagnen. Teil der Offensive ist eine ansprechende Internetplattform (www.das-saarland-handelt.de), die umfangreiche Informationen über die Klimaschutzinitiative für alle Akteure zur Verfügung stellt. Handreichungen und Broschüren ergänzen das Angebot.

Eingebettet in die Klimaschutz-Dachkampagne ist das Beratungs- und Informationsangebot „Effizient & Erneuerbar“ zur Energieeffizienz und zur verstärkten Nutzung Erneuerbarer Energien. Ziel ist die Sensibilisie-rung und Beratung privater Haushalte zu den Themen energetische Sanierung von Gebäuden, Verbesserung der Energieeffizienz sowie Nutzung Erneuerbarer Energien.

Solarkataster einrichtenDie Landesregierung unterstützt die Erstellung von Solarkatastern durch die Landkreise. Damit sollen Haus-besitzer die Möglichkeit haben, auf einen Blick zu erkennen, ob ihre Immobilien wirtschaftlich und technisch geeignet sind, um auf dem Dach eine Photovoltaik-Anlage (solare Stromerzeugung) oder eine Solarthermie-anlage (solare Wärmeerzeugung) zu installieren.

Anreize schaffenDie Landesregierung unterstützt mit dem bestehenden Programm Klima Plus Saar Klimaschutz-Vorhaben in privaten Haushalten und fördert

- Wärmedämmung (Außen- und Kerndämmung, Dämmung von Kellerdecken, Boden, Dächern, Obergeschossdecken, Erneuerung von Fenstern, Fenstertüren, Dachfenster mit Wärmeschutzvergla-sung in Verbindung mit Außendämmung, Hauseingangstüren),

- Optimierung der Regelung der Heizungsanlagen und - die Installation von kleinen Windkraftanlagen.

Besonders wichtig ist der Ersatz von Nachtstromspeicherheizungen. Die spezifischen CO2-Emissionen beim

Einsatz von elektrischem Strom für Raumwärmezwecke sind gegenüber einer Gas-Brennwertheizung um den Faktor 3,6 und gegenüber einer Pelletheizung sogar um den Faktor 13 höher. Um den Austausch der Nachtstromspeicherheizungen zu beschleunigen, sind Fördermaßnahmen sinnvoll und auf Bundesebene vor-handen. Die Landesregierung wird in enger Zusammenarbeit mit den Stadtwerken einen Fahrplan für die Umstellung von Nachtspeicherheizungen auf klimafreundlichere Heizsysteme erstellen.

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Zusätzlich zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz auf Bundesebene für den Neubaubereich sowie den öffentlichen Gebäudebestand plant die Landesregierung ein Saarländisches Erneuerbare-Energien-Wärme-gesetz, das die Nutzung von Erneuerbaren Energien bei der Wärmeversorgung bzw. die Wärmedämmung bestehender Gebäude voranbringen soll.

In diesem Zusammenhang ist auch die Weiterführung von Maßnahmen für einkommensschwache Haushalte zu nennen. Das seit Ende 2008 geförderte Projekt „Stromspar-Check“ ermöglicht, Energie im Haushalt ein-zusparen und dadurch Kosten zu minimieren.

Im Sinne des bestmöglichen Umgangs mit den begrenzten Ressourcen in unseren Wäldern ist in den be-stehenden Holznutzungsanlagen die Effizienz zu erhöhen. Dazu wird zunächst eine Effizienzoffensive für Scheitholz gestartet. Die Bürger werden in breiten Kampagnen über den knappen Brennstoff Holz sowie den richtigen Umgang damit informiert.

8.5.3. Aktionsprogramm KraftwerkeDie zukünftige Entwicklung des Umwandlungssektors im Saarland wird sich an den sich verändernden Rah-menbedingungen orientieren. Dazu gehören vor allem die Liberalisierung des Strommarktes und die Preis-bildung für Strom an der Börse in Leipzig. Hinzu kommt der Ausbau der Erneuerbaren Energien mit dem gesetzlich garantierten Einspeisevorrang. Der Bereitstellung von fossiler Regelenergie vor dem Hintergrund des Atomausstiegs kommt vor allem kurz- bis mittelfristig eine besondere Bedeutung zu. Hierbei können die bestehenden Kohlekraftwerke und zukünftig Gas- und Dampfkraftwerke die notwendige spezifische Dienst-leistung anbieten. Die saarländische Landesregierung wird die regionalen und kommunalen Energieversor-ger in ihren Bemühungen begleiten, Kraftwerke zu modernisieren und neue umwelt- und klimafreundliche Kraftwerke zu errichten.

Kapazitätsmärkte nutzenDas bestehende Strommarktmodell bietet keine Anreize für bestehende Kraftwerke, die für einen Ausgleich von Lastschwankungen im Stromerzeugungssystem sorgen können und damit Engpässe vermeiden. Gerade vor dem Hintergrund der von der Bundesregierung geplanten fossilen Kaltreserve und des Aufbaus von 10 Gigawatt neuer Kraftwerksleistung kommt die Schaffung von Kapazitätsmärkten in Betracht. Dies könnte für die strom- und wärmeseitig gut angeschlossenen saarländischen Kraftwerksstandorte zusätzliche Pers-pektiven eröffnen.

Akzeptanz in der Bevölkerung schaffenDer Umbau zu einem klimaverträglicheren Energiesystem erfordert eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Die aktive Unterstützung von Vorhaben im Bereich der Erneuerbaren Energien gelingt vor allem durch um-fassende und frühzeitige Informationen und durch finanzielle und organisatorische Beteiligung einer Vielzahl von Gruppen aus dem privaten, wirtschaftlichen und politischen Bereich.

Energiewirtschaftliche Kooperationen und Initiativen bestärkenDie Landesregierung wird den Umbau des Umwandlungssektors im Saarland darüber hinaus aktiv unterstüt-zen, beispielsweise durch:

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- Politische Begleitung der Kraftwerkswirtschaft bei den weiteren Planungen zur Modernisierung des Kraftwerksparks.

- Unterstützung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung im kommu-nalen und industriellen Bereich durch unbürokratische Genehmigungsverfahren und Einsatz für eine baldige KWK-Novelle auf Bundesebene.

- Sondierung und landesplanerische Sicherung von Standorten für mögliche Gaskraftwerke zusam-men mit den Marktakteuren, um für den Zeitpunkt besserer ökonomischer Rahmenbedingungen, z. B. durch nationale Ausschreibungsverfahren, gerüstet zu sein.

- Fortführung und Erweiterung von Runden Tischen für Energieakteure, ebenso wie weitere gesell-schafts- und parteiübergreifende Energiegipfel zu aktuellen Fragen der Energieerzeugung und -ver-teilung im Saarland.

- Unterstützung von kommunalen und regionalen Kooperationen mit dem Ziel, gemeinsame Energie-erzeugungsanlagen im Saarland zu realisieren.

- Kooperation mit der deutsch-französischen Koordinierungsstelle Windenergie zur grenzüberschrei-tenden Vernetzung der Windakteure im Saarland und in Lothringen.

Zukunftsweisende Projekte anstoßenWeitere Ansätze für den Ersatz konventioneller Regel- und Reservekraftwerke umfassen unter anderem:

- Pilotprojekte zum Smart Metering bei Stadtwerken: Ein bundesweit mit über 130 Kunden in den Bereichen Messwesen und Messwertverarbeitung erfolgreiches Unternehmen wie die Saarbrücker Stadtwerke Tochter co.met zeigen, dass hier zukünftig ein wachstumsorientiertes Wertschöpfungs-potenzial hinterlegt ist. Aber auch Entwicklungsaktivitäten der Stadtwerke Saarlouis und des DFKI im Bereich „Cloud Enabled Smart Energy Micro Grids“ sind erfolgsversprechende saarländische Initiativen.

- Feldtest zur Elektromobilität “eMobil Saar“ als Vernetzungsmodell mit dem Öffentlichen Verkehr mit vertieften Auswertungen der Nutzungsgewohnheiten und der Einbindung in ein intelligentes Stromnetz.

- Fortschritte bei der Errichtung von Elektrotankstellen (Schaffung und Erprobung der Hardware- Vor-aussetzungen).

- Überlegungen zur Methanisierung von Strom und Einleitung in das saarländische Erdgasnetz durch die Creos Deutschland GmbH.

Diese Ansätze sollen in der Perspektive zu einer Roadmap für ein künftiges saarländisches Portfolio dezen-traler Ausgleichsoptionen der fluktuierenden Erzeugung zusammengefasst und sowohl kostenseitig als auch im Hinblick auf mögliche quantitative Beiträge analysiert werden.

8.5.4. Aktionsprogramm Energiewende in der Wirtschaft Der Wirtschaftsstandort Saarland kann davon profitieren, Industrie, Handel und Dienstleistung nachhaltig und ökologisch verantwortlich zu gestalten. Die Landesregierung sieht sich in der Verantwortung, die Betrie-be bei der Ausschöpfung wirtschaftlicher Energieeffizienzpotenziale zu begleiten und dabei zu helfen, die sich ankündigenden Marktveränderungen in der Zukunft noch besser antizipieren zu können.

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Zu den bereits initiierten Vernetzungsaktivitäten zählen Runde Tische, unter anderem mit Vertretern und Verbänden der Unternehmen (IHK, HWK, VSU), sowie die Fortführung der im Rahmen der Masterplaner-stellung begonnen Arbeitsgruppentreffen (AG Kraftwerke, AG Gas- u. Stromnetze, AG Wärmenetze) mit den Verbänden der Netzbetreiber und Energieversorger (VKU, VEW). Einen besonderen Ansatz für Industrie, Handel und Gewerbe bietet das EE-netSaar (Energie-Effizienz-Netzwerk). Ansätze für Selbstverpflichtungen zur Emissionsreduktion in der Stahlproduktion existieren ebenfalls, z.B. im Rahmen des ULCOS-Konsortiums.

Gleichermaßen wird der Umweltpakt ausgeweitet und mit der saarländischen Wirtschaft fortgeführt. Förder-mittel für wirtschaftliche Einsparmaßnahmen in KMUs wird die Landesregierung vor allem aus dem geplan-ten Energieeffizienzfonds bereitstellen.

Mit Unternehmer-Netzwerk den Klimaschutz voranbringenInvestitionen für die energetische Modernisierung der Unternehmen rechnen sich häufig über Einspareffek-te, Imagegewinn und eine bessere Aufstellung im Wettbewerb. Und nicht zuletzt ist für den Klimaschutz einiges gewonnen. Deswegen wurde Ende 2010 das Energie-Effizienz-Netzwerk Saarland gegründet, das von der saarländischen Landesregierung unterstützt wird. EE-net Saar entstand als eines der ersten von 30 Pilot-Netzwerken des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Ihm gehören der-zeit 13 renommierte Unternehmen der Saar-Wirtschaft an.

Das Herzstück von EE-net Saar ist die Initialberatung durch die begleitenden Ingenieure. Deren Optimie-rungsvorschläge stützen sich auf ganztägige Betriebsbegehungen und die Auswertung umfangreicher Fra-gebögen. Für die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse sorgt ein auf 3 Jahre angelegter Erfahrungs-austausch: im vierteljährlichen Rhythmus unter Anleitung eines professionellen Moderators, im Dialog mit den beiden beratenden Ingenieuren und verschiedenen Projektpartnern aus der Wissenschaft und Praxis. Während Unternehmen ihre Energiekosten durch Verbesserung ihrer Effizienz im Durchschnitt um 1 % pro Jahr senken, strebt das EE-net Saar eine Senkung von 10 % innerhalb der Restlaufzeit des Projektes von 2 Jahren an. Die Aktivitäten des Netzwerkes sollen fortgesetzt und ausgeweitet werden.

Unternehmen auf ihrem Zukunftskurs begleitenGerade in Unternehmen bieten sich viele Möglichkeiten, Energie einzusparen und effektiver zu nutzen: für Beleuchtung, EDV-Geräte oder das Heizen von Räumen. In manchen Betrieben gibt es darüber hinaus bran-chenspezifische Energieeinsparpotenziale. Im energieintensiven Bäckerhandwerk etwa beim Backen und Warmhalten oder im Fleischerhandwerk beim Kochen und Kühlen. Klima Plus Saar, das Förderprogramm der landesweiten Klimaschutzinitiative, hilft diesen Betrieben, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Einsparpo-tenziale mit Zuschüssen zu heben. Diese werden im Rahmen von Klima Plus Saar gewährt für:

- Wärmedämmmaßnahmen in firmeneigenen Gebäuden- Errichtung und Erweiterung von Nah- und Fernwärmenetzen zur Nutzung der firmeninternen

Abwärmepotenziale- Energieeffiziente Elektromotoren- Entwicklungs-, Pilot- und Demonstrationsvorhaben von Photovoltaikanlagen für architektonische

Gestaltung- Entwicklungs-, Pilot- und Demonstrationsvorhaben

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Der Automobil- und Automobilzulieferindustrie wird auch zukünftig besondere Bedeutung zukommen. Die Landesregierung will dabei eigene Impulse zur Elektromobilität setzen und die Implementierung neuer Tech-nologien auf der Basis umfassender Technologiefolgenabschätzung unterstützen. In der Ziel- und Leistungs-vereinbarung mit der Universität des Saarlandes ist die Gründung eines Instituts für Mobilität vorgesehen.

Die Land- und Forstwirtschaft stärkenFür Biogasanlagen besteht ein Ausbaupotenzial von heute 3 MW auf rund 35 MWel im Jahr 2020. Damit lassen sich ca. 60 % der Stromerzeugung aus Biomasse in 2020 darstellen. Dafür gilt es, insbesondere das Grünland wieder in Wert zu setzen und damit zu erhalten. Das Land wird daneben neuere Anbaukonzepte sowie die Anlage von Demonstrationsflächen mit alternativen Energiepflanzen und Anbaumischungen, die zu einer Verbesserung der Biodiversität führen, forcieren. Parallel wird ein spezifisches Aufklärungsprogramm zur Erhöhung der Akzeptanz in der Öffentlichkeit gestartet. Insgesamt sollte die wertvolle Ressource Biogas mit den höchsten Wirkungsgraden, also in Kraft-Wärme-Kopplung, genutzt werden.

Unter fester Biomasse sind insbesondere die Potenziale aus den saarländischen Forsten, dem landwirtschaftli-chen Anbau von Kurzumtriebsflächen sowie die Reststoffe in Form von Altholz und holzartigem Grünschnitt zu verstehen. Da der Altholzmarkt bundesweit weitgehend gesättigt ist, liegt der Schwerpunkt der Saar-ländischen Aktivitäten zukünftig hauptsächlich auf der Mobilisierung forstwirtschaftlicher Hölzer sowie der holzartigen Bestandteile des Grünschnitts. Als Ergänzung wird im Rahmen eines nachhaltigen Anbaumixes im Bereich der Landwirtschaft die Anlage von Kurzumtriebsflächen unterstützt. Hierzu sind Veränderungen in der Nutzung (z. B. Scheitholzverbrennung mit höchsten Wirkungsgraden) bzw. die Voraussetzung für die Gewinnung (Kurzumtriebsflächen = KUF) zu schaffen, wie die nachfolgende Grafik für Holz beispielhaft dokumentiert.

In Summe führen all diese Aktivitäten zu einer Mobilisierung eines enormen, zusätzlichen Holzaufkommens von rund 92.000 Tonnen atro (atro = trocken). Dies sind 75 % des aktuellen Holzeinschlags in Höhe von 125.000 Tonnen jährlich im Saarland.

Abbildung 8-2

Biomassehöfe Zentrale Akteure Flächen- und Strukturabdeckung

Privatwald Aktuelle Nutzungetwa 30 %

Mobilisierungs-Strategie, Ziel: 50 %

KUF Ziel: 15.000 - 30.000 t

Im SL unterrepräsentiert

Holzart, Grünschnitt Ziel energetisch:25.000 t

Im SL als Kompostgenutzt

Altholz Ziel energetisch:55.000 t

Zu geringem Teilim SL genutzt

Scheitholz Defizit „Effizienz“ Informationskampagne

Abbildung 8-2: Stoffstrommanagement „Holz“ (Quelle: Biomassepotenzialanalyse 2011)

Zur Ermittlung des genauen Brennholzbedarfs sollen Erhebungen im Bereich der Einzelfeuerstätten durch die Schornsteinfegerinnung durchgeführt werden. Parallel werden Lösungen für die im Bereich der bestehenden Bewirtschaftungsrichtlinien erkannten Hemmnisse zur Mobilisierung von Energieholz gesucht. Eine stärkere

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Durchforstung (Energieholzmobilisierung), auch aus waldbaulichen und Biodiversitätsgründen, wird als not-wendig angesehen.

Zusätzliche Impulse für einen vermehrten Aufbau von sog. Kurzumtriebsflächen zum Biotopverbund sind dringend notwendig. Denn weitere, hocheffiziente Großanlagen sind von dem dann noch verfügbaren Po-tenzial abhängig. Dieses kann und sollte ergänzt werden durch Landschaftspflegehölzer und holzartigen Grünschnitt. Gleichzeitig ist verstärkt eine Holzkaskadennutzung anzustreben, welche zunächst eine stoffli-che und dann erst eine energetische Nutzung impliziert.

Daher sind Informationsdefizite und Akzeptanzfragen im Bereich der Landwirtschaft sowie bei potenziellen Holzabnehmern zu beheben. Dies soll mit Landwirtschaftskammer, Bauernverband und Naturschützern ge-meinsam erfolgen. In Abhängigkeit des Diskussionsprozesses mit diesen Beteiligten und der Auswertung der Erfahrungen in anderen Bundesländern sind evtl. Vorrangflächen vorzusehen.

Bei der Produktion von Biogas liegt eine Herausforderung darin, eine nachhaltige Erzeugung der Substrate zu erreichen. Mittelfristig müssen daher Alternativen zum Mais gefunden werden. Die Naturlandstiftung Saar (Projekt ELKE), aber auch die Biosphärenregion Bliesgau arbeiten an alternativen Anbausystemen (etwa An-bau von Leguminosen, bestimmten Grassorten), die energiereiche Rohstoffe für die Biogaserzeugung liefern und ergänzend zu Mais in Biogasanlagen eingesetzt werden können.

Im Sinne der Transportsensitivität sind insbesondere kleinere Anlagen bis 500 kWel zu unterstützen. Die Ausschöpfung der brachliegenden Potenziale an Gülle und Mist sind leichter in solche Konzeptionen integ-rierbar. Dies dient auch der Stabilisierung der Einkommenssituation in der Landwirtschaft.

Im Bereich größerer Biogasanlagen mit Erdgasaufbereitung werden aus heutiger Sicht kaum mehr als zwei bis drei Anlagen gebaut. Aufgrund der Sensibilität solch größerer Projekte sollten Investoren die betroffenen Landwirte, die Bevölkerung und den Naturschutz in die Projektentwicklung einbinden. Nur so lässt sich ein Optimum an Übereinstimmung und Berücksichtigung der wichtigen Belange erreichen. Insgesamt ist die wertvolle Ressource Biogas mit den höchsten Wirkungsgraden, also in Kraft-Wärme-Kopplung, zu nutzen.

Die Abfallwirtschaft nachhaltig gestalten Im Aktionsprogramm Kommune wurden bereits die Kooperationen zwischen EVS und Kommunen im Be-reich der energetischen Nutzung der Biotonne sowie einer koordinierten und effizienten Nutzung der feuch-ten und festen Anteile des Grünschnitts dargestellt. Dies dürfte mittelfristig auch zur Stabilisierung der Ent-sorgungspreise beitragen.

Weitere Arbeitsschwerpunkte einer nachhaltigen Entsorgungswirtschaft auf dem Weg zum Energieliefe-ranten liegen in den Bereichen Wärmenutzung aus Müllverbrennungsanlagen (biogener Anteil der Sied-lungsabfälle), Effizienzstrategie für Klärschlamm und Klärgase, Nutzung von Deponiegasen im Bereich des Lastmanagements sowie Verbesserung der Kreislaufwirtschaft im Altholzbereich.

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8.5.5. Aktionsprogramm Wissenschaft und ForschungDas Saarland verfügt über eine vielfältige und hervorragende Forschungs- und Entwicklungslandschaft. Es ist ein attraktiver und profilierter Hochschul- und Wissenschaftsstandort. Maßgeblich dazu beigetragen hat die kontinuierliche Förderung durch die saarländische Landesregierung.

Der Bedarf der Industrie und der Gesellschaft nach anwendungsorientierter Forschungs- und Entwicklungs-arbeit und an Grundlagenforschung ist sehr hoch. Zukünftig wird durch die Energiewende dieser Bedarf deutlich steigen. Neben der zweifellos äußerst wichtigen Grundlagenforschung ist ein erheblicher Lösungs-bedarf an sehr spezifischen und interdisziplinären Problemstellungen gefragt. Die saarländische Hochschul- und Forschungslandschaft ist daher auf Grund ihres breiten Spektrums und der örtlichen Konzentration an Einrichtungen geradezu prädestiniert, diesen Lösungsbedarf zukünftig zu decken.

Akteure vernetzenIm Bereich der Energieforschung und -anwendung streben wir eine Vernetzung und Bündelung der im Saar-land vorhandenen Wissenschaftsbereiche wie der Ingenieur- und Naturwissenschaften, der Informatik, der sozioökonomischen Begleitforschung und der Nachhaltigkeitsforschung an. Die vorhandenen Akteure der saarländischen Forschungs- und Hochschullandschaft gilt es, vor dem Hintergrund der Aufgabenstellungen aus der Energiewende, interdisziplinär besser zu vernetzen. Daher streben wir einen Forschungsverbund der Hochschulen unter Nutzung der bereits bestehenden erfolgreichen Initiativen an. Der Verbund soll Lösungen zur Verwirklichung der Vision einer nachhaltigen und auf Erneuerbaren Energien basierenden Energiewirt-schaft erarbeiten. Ziel ist es, neue Technologien zu entwickeln, die wirtschaftlich umsetzbar sind und Akzep-tanz bei der Bevölkerung finden.

Begleitet werden diese Entwicklungen durch systemtechnische Betrachtungen, Akzeptanzforschung, Simu-lation und Design. Dazu sollen die in der regionalen Industrie und Wissenschaft bestehenden Kompetenzen systematisch ausgebaut werden mit dem Anspruch, zukünftig in Deutschland eine sichtbare Führungspositi-on auf ausgewählten Gebieten der Energieforschung einzunehmen.

Im Forschungsverbund sollen Forschungseinrichtungen zukünftig eng zusammenarbeiten, darunter die Universi-tät des Saarlandes, die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes sowie weitere Forschungszentren.

Schwerpunkte der Arbeitsgebiete sind:

- die Materialforschung und Prozessentwicklung für die Energiewandlung (Schwerpunkt Wind und Solar),

- Leistungselektronik und Informationstechnik sowie Energieflusssteuerung für elektrische Netze (Smart Grids),

- die Steigerung der Energieeffizienz durch neue Materialien, Prozesse und Elektronik sowie durch Gebäudetechnik,

- die optimale und ganzheitliche Auslegung von intelligenten Energiesystemen sowie die Steuerung/Regelung des Prozessmanagements

- Akzeptanzkommunikation und Nachhaltigkeit im Bereich der Energiesystemtransformation und sozialen Energiepreisstabilisierung

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8.5.6. Aktionsprogramm Mobilität Die Landesregierung wird speziell für die Verkehrsbereich einen eigenen Masterplan Mobilität entwickeln, der den vorliegenden Masterplan Energie ergänzt.

Das nachhaltige Mobilitätskonzept des Saarlandes setzt auf den weiteren Ausbau des Öffentlichen Perso-nennahverkehrs sowie des Wegenetzes für Fahrradfahrer und Fußgänger. Öffentliche Verkehrsmittel verur-sachen geringere spezifische CO

2-Emissionen, sie fahren z. T. bereits mit Erneuerbaren Energien, wie die 27

Regionalzüge im Saarland, die zu 100 % mit Ökostrom betrieben werden, und sie nutzen neueste innovative Technologien, wie z. B. 18 Busse von SaarBahn&Bus, die mit ihrer Blue-Tec-Dieseltechnologie bereits heute die künftigen EU-Grenzwerte erfüllen. Ein hervorragend ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz mit Bussen, der Saarbahn und Nahverkehrszügen, aufeinander abgestimmte Bus- und Bahnlinien und der einheitliche Verbundtarif mit günstigen zielgruppenorientierten Angeboten wie z. B. dem Jobticket bieten Anreize zum „Umsteigen“.

Das Saarland soll fahrrad- und fußgängerfreundlicher werden. Mit dem Radwegeverkehrsplan Saarland wer-den wir einen Gesamtüberblick zur Koordinierung des Handlungsbedarfs über vorhandene und noch erfor-derliche Rad- und Gehwege im Saarland aufstellen. Da das derzeitige Radwegenetz schwerpunktmäßig auf den touristischen Radverkehr ausgerichtet ist, werden wir dieses mit einer neuen Netzkonzeption weiter ver-dichten und gleichzeitig die Belange des Alltagsradverkehrs stärker integrieren sowie Fahrradinfrastrukturen im innerörtlichen Bereich koordinieren.

Zukunftsmobilität vernetzenMit „e-Mobil Saar“ sollen das Saarland, und langfristig auch der Großraum Saar-Lor-Lux, zu einer Modellre-gion für nachhaltige Mobilität werden. Das Projekt strebt eine intensive und schlüssige Vernetzung von Elek-trofahrzeugen mit dem öffentlichen Nahverkehr an. Geplant ist es, E-Fahrzeuge gezielt an den Schnittstellen der einzelnen Verkehrsträger einzusetzen, um eine reibungslose Mobilität im Saarland zu ermöglichen. Auf diese Weise kann das Angebot des ÖPNV gestärkt, an individuelle Bedürfnisse angepasst und gleichzeitig der gesamte Verkehr entlastet werden. Ausdrückliches Ziel ist es auch, langfristig den genutzten Strom aus-schließlich aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Für den einzelnen Nutzer des geplanten Mobilitätskon-zepts bedeutet dies, dass er etwa flexibel von Bahn oder Bus auf ein bereitstehendes Elektro-Fahrzeug oder -Fahrrad umsteigen kann, um wiederum an anderer Stelle mit Bus oder auch Saarbahn weiterzufahren. Mit einer „Umweltkarte“ soll schließlich auch die Bezahlung unkompliziert aus einer Hand erfolgen. Das Konzept des Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr wird unterstützt von der VGS Verkehrsmanagement Ge-sellschaft Saar, der DB FuhrparkService GmbH, dem Institut für ZukunftsEnergieSysteme (IZES, Saarbrücken) und dem Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ, Berlin). In das Projekt sollen weitere Akteure integriert und ein breites Netzwerk für Elektromobilität etabliert werden.

8.5.7. Nachhaltige GroßregionAlle Partner in der Großregion (Lothringen, Luxemburg, Wallonien, Französische und Deutschsprachige Ge-meinschaft Belgiens, Rheinland-Pfalz, Saarland) sind aufgerufen, eine zukunftsorientierte Energiepolitik zu betreiben, die grenzübergreifend Synergien nutzt. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Strom- und Wärmeversorgung gemäß den energie- und klimapolitischen Zielen der EU soll in den kommenden Jahren deutlich gesteigert werden.

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Die Großregion mit ihren Universitäten, Forschungsinstituten, ihrer breit aufgestellten Industrieplattform und den damit verbundenen Vernetzungsmöglichkeiten, bietet die ideale Basis zur Etablierung zukunftsfähiger Verfahren und Technologien. Diese Möglichkeiten gilt es auch im Hinblick auf eine zukunftsfähige ökonomi-sche und sozialverträgliche Ausrichtung der Region im globalen Wettbewerb zu nutzen.

Das Interreg IVa-Projekt „Grenzüberschreitendes Netzwerk Energieeffizienz / Erneuerbare Energien“ bein-haltet eben diesen grenzüberschreitenden Erfahrungs- und Informationsaustausch im Bereich Nutzung Er-neuerbarer Energien und Energieeffizienz und den Vergleich vorhandener Strukturen in Bezug zu sozialem Wohnungsbau, öffentlichen Gebäuden, Weiterbildung und Qualifizierung, Unternehmen und Privatperso-nen sowie zu Pilotprojekten mit Modellcharakter.

Im Bereich angewandte Forschung ist die Etablierung einer Forschungsplattform für Nullemissionsstrategien und Ressourceneffizienz angedacht. Das saarländische und das luxemburgische Kabinett haben dazu bereits einen gemeinsamen Beschluss gefasst.

Grundvoraussetzung für eine gemeinsame Energiepolitik ist eine Bestandsanalyse der derzeitigen Energieer-zeugung und -verteilung. Eine solche wurde letztmalig im Jahr 2003 für die Großregion durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie sollen auf den aktuellen Stand fortgeschrieben und entsprechend den an den EU-Klimaschutzzielen orientierten Fragestellungen spezifiziert werden.

Der Folgeschritt ist die Aufstellung eines Masterplans für die Großregion, der im Rahmen einer Gesamtana-lyse der Energieversorgung vor dem Hintergrund einer 80-prozentigen Treibhausgasminderung bis zum Jahr 2050 eine Potenzialanalyse für die differenzierten Möglichkeiten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien be-inhaltet. Sowohl der Strom- und Wärmesektor als auch der Treibstoffsektor finden dabei Berücksichtigung. Die grenzüberschreitende Erstellung eines Solarkatasters und grenzübergreifende Initiativen im Bereich der Windenergie und Biomassenutzung sind dabei geeignete Maßnahmen.

Im Bereich Biomasse läuft bereits das Interreg-Projekt ENERBIOM (landwirtschaftlich nachhaltige Produktion von Biomasse-Energie in Gebieten mit starken Umwelteinschränkungen). Das Vorhaben untersucht die Mög-lichkeiten einer aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten interessanten Biomasseerzeugung auf Ebene der Großregion. Ein weiteres Interreg-Projekt „Optibiogas – optimierte und integrierte Verfahren zur Biogaserzeugung in der Landwirtschaft“ hat die Entwicklung optimierter Verfahren zur Biomasseproduk-tion und Biogaserzeugung in der Landwirtschaft zum Ziel.

Ein wesentliches Element für die Region ist die Einbindung von Konversionsflächen in die Überlegungen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Das Interreg-Projekt „Der Warndt nach dem Bergbau – Ein grenzüber-schreitendes Entwicklungskonzept“ hat zum Ziel, ein gemeinsames Nutzungskonzept der Bergbaubrachen im Lebensraum Warndt zu erarbeiten.

Der verstärkte Einsatz regenerativer Energien verlangt zudem nach verlässlichen Speichermedien, die die be-nötigten Energiemengen zeitpunktgenau abrufbar machen. Hier bietet sich an, die Verwendung stillgelegter Bergwerke bzw. Berghalden mit Ober- und Unterseen als Pumpspeicher zu prüfen.

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Die automobile Mobilität steht vor dem Umbruch – die Rahmenbedingungen und Chancen sowohl zur tech-nisch-ökologischen als auch kulturellen Innovation im öffentlichen und individuellen Verkehr sind günstig. Das Nachhaltigkeitsfenster für eine zukunftsfähige Mobilität ist weit geöffnet. Die Region bietet sich wegen der hier ansässigen Autohersteller und Zuliefererfirmen als Zentrum zur Einführung und Weiterentwicklung der Elektromobilität an. Eine entsprechende Versorgungsstruktur mit Aufladestationen für die Akkus soll geschaffen werden. Gleichzeitig ist zu überprüfen, inwieweit diese als Zwischenspeicher für eine sichere und dauerhafte Energieversorgung genutzt werden können.

Die Zusammenarbeit in der Großregion bildet somit ein wichtiges Element auf dem Weg zu einer emissi-onsarmen Zukunft und gleichzeitig als Instrument zur internationalen Nutzung der bereits gesammelten Erfahrung in Umsetzungsprojekten.

8.6. MoNitoriNg uNd fiNaNZieruNgsVorBeHalt

Die Umsetzung des Masterplans wird regelmäßig, voraussichtlich alle 2 Jahre, evaluiert. Dabei werden einer-seits aktuellere Daten des Statistischen Landesamtes, insbesondere die Energiebilanzen, aufgenommen. Au-ßerdem werden geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen der EU und des Bundes verfolgt. Es wird dabei auch überprüft, ob die Maßnahmen zur Erfüllung der Klimaschutzziele und der Ausbauziele für Erneuerbare Energien ebenso wirtschaftlich wie sozialverträglich umgesetzt werden. Der Masterplan bietet die Chance, Anpassungen an veränderte übergeordnete Rahmenbedingungen oder ungewollte Verschiebungen inner-halb des Zielfünfecks (Abb. 1-1) vorzunehmen. Anhand der drei skizzierten Szenarien lassen sich veränderte Entwicklungen ablesen und Maßnahmenpakete anpassen.

Alle vorgestellten Maßnahmen unterliegen bzgl. ihrer Finanzierung generell dem verfügbaren Haushaltsrah-men. Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass zunächst alle Finanzierungsmöglichkeiten durch Dritte (Bund, EU) genutzt werden, bevor Maßnahmen eine Förderung durch Landesmittel erfahren. Eine Doppelförderung mit Bundes- und Landesmitteln ist zu vermeiden.

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aNHaNg i: eNergieeiNHeiteN

größenordnungen

Kilo (k) 1.000

Mega (M) 1.000.000

Giga (G) 1.000.000.000

Tera (T) 1.000.000.000.000

Peta (P) 1.000.000.000.000.000

abkürzungen

kWh Kilowattstunde

MWh Megawattstunde

GWh Gigawattstunde

TWh Terawattstunde

kJ Kilojoule

MJ Megajoule

GJ Gigajoule

TJ Terajoule

PJ Petajoule

umrechnungsfaktoren

1 kWh 3,6 MJ

1 MWh 3,6 GJ

1 GWh 3,6 TJ

1 TWh 3,6 PJ

1 MJ 0,278 kWh

1 GJ 278 kWh

1 TJ 278 MWh

1 PJ 278 GWh

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186 Neue eNergie für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergie

Hamburg

Kiel

BERLINHannover

LeipzigDresden

Dortmund

Köln

Essen

Düsseldorf Kassel

Frankfurt

Saarbrücken

Freiburg

Luxemburg

Karlsruhe

Stuttgart

München

Nürnberg

Bremen

Rügen

Anhang II-1

Anhang II: Deutsches Höchstspannungsnetz

220 kV-Leitung

380 kV-Leitung 150 kV-Leitung

HGÜ-Freileitung

Umspannwerke

HGÜ-Stationen

in Bau / in Planung in Bau / in Planung

Quelle: FNN – Forum Netztechnik / Netzbetrieb im VDE

aNHaNg ii: deutsCHes HöCHstspaNNuNgsNetZ

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Neue eNergIe für deN ZukuNftsstaNdort saarlaNd MasterplaN eNergIe 187

Anhang III-2

energis-Netzgesellschaft mbH

Stadtwerke Saarbrücken AG

Stadtwerke Sulzbach / Saar GmbH

Stadtwerke Völklingen Netz GmbH

TWL-Verteilnetz GmbH

Netzwerke Merzig GmbH

Netzwerke Wadern GmbH

KEW AG Neunkirchen

Stadtwerke Dillingen / Saar Netzgesellschaft

Netzwerke Saarlouis GmbH

NWS Netzwerke Saarwellingen GmbH

Gemeindewerke Kirkel GmbH

GWS Netz GmbH

Stadtwerke Bexbach GmbH

Pfalzwerke Netzgesellschaft mbH

Stadtwerke Bliestal GmbH

Stadtwerke Homburg GmbH

Stadtwerke St. Ingbert GmbH

SSW Netz GmbH

SWL-energis Netzgesellschaft mbH & Co KG

GWE-energis Netzgesellschaft mbH & Co KG

Anhang III: Saarländische Verteilnetzbetreiber

FriedrichsthalSpiesen-Elversberg

Schiffweiler

Quierschied

Merchweiler

Nonnweiler

WeiskirchenWadern

Losheim am See

Merzig

Mettlach

Namborn

Freisen

Oberthal

St. Wendel

Eppelborn

Marpingen

Ottweiler

Neunkirchen

Bexbach

Homburg

Kirkel

Blieskastel

Kleinblittersdorf Gersheim

St. Ingbert

Mandelbachtal

Lebach

Rehlingen-Siersburg Dillingen/

Saar

Nalbach

WallerfangenSaarlouis

Ensdorf

Schwalbach

PüttlingenBous

Wadgassen

Großrosseln

Saarbrücken

Illingen

Heusweiler

Schmelz

Riegelsberg

Völklingen

Überherrn

Saarwellingen

Beckingen

Tholey

Perl

Nohfelden

Sulzbach

Quelle: vewsaar

aNhaNg III: saarläNdIsche VerteIlNetZbetreIber

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Keplerstraße 18, 66117 Saarbrücken

www.umwelt.saarland.de