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Mathematik 1 - Hochschule Esslingenkamelzer/iwb1/Matrizen_und_LGS.pdf · 1 MATRIZENRECHNUNG 3 1.2 Spezielle Matrizen Quadratische Matrix (n n)-Matrix, d. h. # Zeilen = # Spalten ansprTonierte

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Mathematik 1

Prof. Dr. K. Melzer

[email protected]://www.hs-esslingen.de/de/mitarbeiter/karin-melzer.html

Inhaltsverzeichnis

1 Matrizenrechnung 21.1 Matrixbegri� . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.2 Spezielle Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.3 Rechnen mit Matrizen/Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.3.1 Gleichheit, Addition, Subtraktion, S-Multiplikation . . . . . . . . . . . . . . . 41.3.2 Skalarprodukt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3.3 Produkt einer Matrix mit einem Vektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.3.4 Matrixmultiplikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.4 Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.4.1 Determinante einer (2x2)-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.4.2 Determinante einer (3x3)-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.5 Inverse Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2 Lineare Gleichungssysteme 62.1 Begri�e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62.2 Lösungsmengen von linearen Gleichungssystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.3 Lösen von LGS I: Gauÿ-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

2.3.1 Grundidee des Gauÿ-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.3.2 Erlaubte Umformungen beim Gauÿ-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . 92.3.3 Matrixschreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.3.4 Pivotelement, Pivotzeile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.3.5 Rechnerische Durchführung des Gauÿ-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . 102.3.6 Bestimmen der Lösungsmenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

2.4 Allgemeine Lösbarkeitskriterien mit Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.5 Lösen von LGS II: Cramersche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.5.1 Cramersche Regel für (2x2)-Matrizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.5.2 Cramersche Regel allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

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1 MATRIZENRECHNUNG 2

1 Matrizenrechnung

1.1 Matrixbegri�

Beispiel 1: Betrachtet werden zwei lineare Gleichungen (Lineares Gleichungssystem /LGS)

5x1 + 2x2 + x3 = y1x1 − 6x3 = y2

Die Zuordnung der x-Werte zu den y-Werten (lineare Abbildung) wird eindeutig beschrieben durchdas Koe�zientenschema

A =

(5 2 11 0 −6

)(Matrix )

Mit ~x =

x1x2x3

und ~y =

(y1y2

)(Vektoren) lässt sich das Gleichungssystem in der Form

(5 2 11 0 −6

) x1x2x3

=

(y1y2

)⇔ A~x = ~y schreiben.

De�nition:Matrix oder (m× n)-Matrix A = Am,n: rechteckiges Zahlenschema von m Zeilen und n Spalten

A = Am,n =

a11 a12 · · · a1na21 a22 · · · a2n...

.... . .

...am1 am2 · · · amn

Schreibweisen/Bezeichnungen:A = A = Am,n = [aik] = (aik), . . . Matrixaik ∈ IR . . . Elemente der Matrixi . . . Zeilenindexk . . . Spaltenindexi = 1, . . . ,m (Indexbereich der Zeilen)k = 1, . . . , n (Indexbereich der Spalten)

De�nition Vektoren: Matrizen mit nur einer Spalte oder einer ZeileA1,n =

(a11 a12 · · · a1n

). . . n-dimensionaler Zeilenvektor oder

Am,1

a11a21...

am1

. . . m-dimensionaler Spaltenvektor

Schreibweise für Vektoren i.d.R. ~a,~b,~c, . . . . Matrixschreibweise nur in Ausnahmefällen.

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1 MATRIZENRECHNUNG 3

1.2 Spezielle Matrizen

Quadratische Matrix (n× n)-Matrix, d. h. # Zeilen = # Spalten

Transponierte Matrix AT Vertausche bei A Zeilen und Spalten.Bei quadratischen Matrizen: Spiegelung an Diagonalen.

Es gilt:(AT)T

= A.

Symmetrische Matrix AT = A (ändert sich beim Transponieren nicht)

Diagonalmatrix Alle Elemente auÿerhalb der Diagonalen sind null.

obere Dreiecksmatrix R =

r11 r12 · · · r1n

0 r22 · · · r2n...

. . ....

0 . . . 0 rnn

untere Dreiecksmatrix L =

l11 0 . . . 0

l21 l22...

.... . . 0

ln1 ln2 · · · lnn

Nullmatrix 0 =

0 0 · · · 0

0 0...

.... . . 0

0 . . . 0 0

(Alle Elemente haben den Wert Null.)

später: A+ 0 = A (neutrales Element bzgl. Addition)

Einheitsmatrix En =

1 0 · · · 0

0 1...

.... . . 0

0 . . . 0 1

(Nur Einsen auf der Diagonalen, Rest Nullen)

später: A · E = A bzw. E ·A = A (neutrales Element bzgl. Multiplikation)

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1 MATRIZENRECHNUNG 4

1.3 Rechnen mit Matrizen/Vektoren

1.3.1 Gleichheit, Addition, Subtraktion, S-Multiplikation

Diese Operationen sind bei Vektoren und Matrizen analog de�niert.

Vektoren Matrizen

~a =

a1

a2...

an

,~b =

b1

b2...

bn

A =

a11 a12 · · · a1n

a21 a22 · · · a2n...

.... . .

...

am1 am2 · · · amn

, B =

b11 b12 · · · b1n

b21 b22 · · · b2n...

.... . .

...

bm1 bm2 · · · bmn

Gleichheit:

~a = ~b⇔

a1 = b1

a2 = b2...

an = bn

A = B wenn aik = bik für alle i und für alle k.; elementweise; Dimension muss gleich sein.

Addition/Subtraktion:

~a+~b =

a1 + b1

a2 + b2...

an + bn

A+B =

a11 + b11 a12 + b12 · · · a1n + b1n

a21 + b21 a22 + b22 · · · a2n + b2n...

.... . .

...

am1 + bm1 am2 + bm2 · · · amn + bmn

; elementweise; Dimension muss gleich sein.

Multiplikation mit einemSkalar/S-Multiplikation:

λ · ~a =

λa1

λa2...

λan

,λ ∈ IR

λ ·A =

λa11 λa12 · · · λa1n

λa21 λa22 · · · λa2n...

.... . .

...

λam1 λam2 · · · λamn

; elementweise

1.3.2 Skalarprodukt ~a ·~b

Multiplikation zweier Vektoren gleicher Länge; das Ergebnis ist ein Skalar (d.h. eine reelle Zahl).

Skalarprodukt in Koordinatendarstellung: ~a ·~b =

a1a2...an

·b1b2...bn

= a1b1+a2b2+ · · ·+anbn =

n∑i=1

aibi

Eigenschaften/Rechenregeln für das Skalarprodukt:

~a ·~b = ~b · ~a (Symmetrie, Kommutativgesetz)(~a+~b) · ~c = ~a · ~c+~b · ~c (Linearität, Distributivgesetze)~a · (~b+ ~c) = ~a ·~b+ ~a · ~c

λ~a ·~b = (λ~a) ·~b = λ(~a ·~b) = ~a · (λ~b) (Assoziativgesetz)~a · ~a ≥ 0 und (positiv de�nit)~a · ~a = 0 ⇔ ~a = ~0

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1 MATRIZENRECHNUNG 5

1.3.3 Produkt einer Matrix mit einem Vektor A~x

Multiplikation einer (m×n)-Matrix mit einem Vektor der Länge n; das Ergebnis ist ein Vektor derLänge m.

A~x =

a11 a12 · · · a1na21 a22 · · · a2n...

.... . .

...am1 am2 · · · amn

x1x2...xn

=

a11x1 + a12x2 + · · ·+ a1nxna21x1 + a22x2 + · · ·+ a2nxn

...am1x1 + am2x2 + · · ·+ amnxn

=

n∑k=1

a1kxk

n∑k=1

a2kxk

...n∑

k=1

amkxk

Der Eintrag in der i-ten Zeile ist das Skalarprodukt der i-ten Zeile der Matrix mit dem Vektor ~x.

1.3.4 Matrixmultiplikation AB

Matrixprodukt ist vergleichbar mit Skalarprodukt. De�niere Multiplikation so, dass ein linearesGleichungssystem möglichst einfach mit Matrizen dargestellt werden kann.

Beispiel 2: 1 21 −1−2 −3

· (x1x2

)=

120

⇔1 · x1 + 2 · x2 = 11 · x1 − 1 · x2 = 2−2 · x1 − 3 · x2 = 0

M(3× 2) ·M(2× 1) = M(3× 1)

Dimension: Das Produkt zweier Matrizen A · B ist nur de�niert, wenn die Gröÿe der Matrizen�passt�:

# Spalten von A!= # Zeilen von B.

A · B = CM(m× p) · M(p× n) = M(m× n)M(2× 4) · M(4× 7) = M(2× 7) (Beispiel)

mit cik = Skalarprodukt aus i-ter Zeile der 1. Matrix und k-ter Spalte der 2. Matrix

Eigenschaften/Rechenregeln für Matrizen:Seien A,B,C Matrizen und E die Einheitsmatrix sowie λ ∈ IR. Wenn die folgenden Summen undProdukte de�niert sind, dann gilt:

A(BC) = (AB)C (Assoziativität)(A+B)C = AC +BC (Distributivität I)A(B + C) = AB +AC (Distributivität II)AE = A und EA = A (neutrales Element der Multiplikation)λ(AB) = A(λB)(AB)T = BTAT

Achtung: Auch für quadratische Matrizen gilt i. A. AB 6= BA (nicht kommutativ).

1.4 Determinanten

1.4.1 Determinante einer (2× 2)-Matrix

det(A) = |A| =∣∣∣∣ a11 a12a21 a22

∣∣∣∣ = a11a22 − a12a21

Die Determinante ist die Di�erenz aus dem Produkt der Elemente der Hauptdiagonalen minus demProdukt der Elemente der Nebendiagonalen.

1.4.2 Determinante einer (3× 3)-Matrix

Regel von Sarrus: Ergänze auf der rechten Seite die 1. und 2. Spalte der Matrix. Bilde die Produkteüber die Diagonalen der Elemente. Die nach unten verlaufenden Produkte werden addiert, die nachoben verlaufenden Produkte werden davon subtrahiert.

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 6

det(A) = |A| =

∣∣∣∣∣∣a11 a12 a13a21 a22 a23a31 a32 a33

∣∣∣∣∣∣= a11a22a33 + a12a23a31 + a13a21a32 − a31a22a13 − a32a23a11 − a33a21a12

1.5 Inverse Matrix A−1

De�nition: Zu jeder quadratischen Matrix A, deren Determinante 6= 0 ist, gibt es eine eindeutigbestimmte Matrix A−1, so dass

A−1A = AA−1 = E.

A−1 heiÿt inverse Matrix von A.A heiÿt invertierbar oder regulär, falls sie eine Inverse hat, sonst singulär.

Berechnung der Inversen einer (2× 2)-Matrix:

Sei A =

(a bc d

). Dann ist die Inverse von A: A−1 = 1

det(A)

(d −b−c a

),

wobei det(A) = ad− bc die Determinante von A ist.

Bemerkung: Die Elemente der Matrix auf der Hauptdiagonalen werden vertauscht, bei den Elemen-ten der Nebendiagonalen ändert sich das Vorzeichen.

Rechenregeln für inverse Matrizen:A,B seien reguläre (n× n)-Matrizen. Dann existieren alle folgenden Matrizen und es gilt:

(A−1)−1 = A

(AT )−1 = (A−1)T

(AB)−1 = B−1A−1

(λA)−1 = λ−1A−1 =1

λA−1 für alle λ 6= 0

2 Lineare Gleichungssysteme

2.1 Begri�e

Eine lineare Gleichung mit n Unbekannten x1, x2, . . . , xn, ist eine Gleichung, die man in die Forma1x1 + · · ·+ anxn = b bringen kann.

Eine solche Gleichung heiÿt �linear�, weil ihr Graph im Falle n = 2 eine Gerade, im Fall n = 3 eineEbene ist usw. Beispiel: 20x + 20y = 450 ist eine lineare Gleichung mit 2 Unbekannten x, y. IhrGraph ist die Gerade y = 22, 5− x.

Eine lineare Gleichung enthält nur Summen von Konstanten und von Termen der Art �konstanterFaktor mal Unbekannte�, also keine Terme wie x2, ex, 1/x, sin y oder y · x usw.

Ein lineares Gleichungssystem (LGS) besteht aus m linearen Gleichungen, lässt sich also auf dieForm

a11x1 + a12x2 + . . . + a1nxn = b1a21x1 + a12x2 + . . . + a2nxn = b2...

...... =

...am1x1 + am2x2 + . . . + amnxn = bm

(1)

bringen. Wir suchen n Unbekannte x1, x2, . . . , xn, die alle Gleichungen erfüllen. Die Faktoren vorden Unbekannten tragen in der allgemeinen Schreibweise zwei Indizes: Der erste Index gibt die

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 7

Nummer der Gleichung an (also die Zeile), der zweite Index gibt die Nummer der Unbekannten an,vor dem dieser Faktor steht (also sozusagen die Spalte).

Beispielsweise ist a12 der konstante Faktor in der 1. Gleichung vor der 2. Unbekannten (d. h. x2).

In einem LGS muss die Anzahl der Gleichungen (m) nicht dieselbe Zahl sein wie die Anzahl derUnbekannten (n).

Man kann das LGS (1) auch in Matrixschreibweise in der Form A · ~x = ~b schreiben. Dabei gilt

A =

a11 a12 · · · a1na21 a22 · · · a2n...

.... . .

...am1 am2 · · · amn

, ~x =

x1x2...xn

, ~b =

b1b2...bm

Dabei ist A die (gegebene) Koe�zientenmatrix und ~b der (ebenfalls gegebene) Vektor der rechtenSeiten. In der Schreibweise A · ~x = ~b bezeichnet ~x den Vektor mit den gesuchten Unbekannten oderauch Lösungsvektor.

Ein LGS A · ~x = ~0 heiÿt �homogen�, also falls alle rechten Seiten Null sind. Ist mindestens einerechte Seite von Null verschieden, spricht man vom einem �inhomogenen� LGS.

2.2 Lösungsmengen von linearen Gleichungssystemen

Beispiele mit m = 2 Gleichungen und n = 2 Unbekannten x, y. Die Gleichungen stellen jeweilsGeraden dar (Au�ösen nach y).Lösungsmenge eines LGS: Werte, die beide (bzw. alle) Gleichungen erfüllen. Die Lösungsmenge desLGS in den Beispielen besteht somit aus den Punkten, die auf beiden Geraden liegen.

Beispiel A:

20x + 20y = 45030x + 10y = 477

⇔ y = 22, 5 − xy = 47, 7 − 3x

Die Geraden haben den Schnittpunkt (12, 6|9, 9). Somit hat das LGS eine eindeutige Lösung x =12, 6 und y = 9, 9.

Die Lösungsmenge ist einelementig: L =

{(12, 69, 9

)}Beispiel B:

20x + 20y = 45010x + 10y = 225

⇔ y = 22, 5 − xy = 22, 5 − x

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 8

Die Geraden stimmen überein. Somit hat das LGS unendlich viele Lösungen, nämlich alle Punkte,die auf dieser �doppelten� Geraden liegen.

Die Lösungsmenge enthält also unendlich viele Elemente: L =

{(22, 5− t

t

)|t ∈ IR

}Beispiel C:

20x + 20y = 45010x + 10y = 200

⇔ y = 22, 5 − xy = 20 − x

In diesem Fall erhalten wir zwei parallele Geraden. Da es keinen Punkt gibt, der auf beiden Geradenliegt, ist das LGS unlösbar.Die Lösungsmenge ist also leer: L = {}.

Ein lineares Gleichungssystem hat

• entweder eine eindeutige Lösung

• oder unendlich viele Lösungen

• oder gar keine Lösung.

Die Aussage gilt auch, wenn das LGS mehr als zwei Gleichungen und/oder mehr als zwei Unbekanntehat.

2.3 Lösen von LGS I: Gauÿ-Algorithmus

2.3.1 Grundidee des Gauÿ-Algorithmus

Ein Gauÿ-Algorithmus ist ein Verfahren, mit dem man jedes lineare Gleichungssystem lösen kann.Weil bei der Durchführung dieses Verfahrens einige Unbekannte aus einigen Gleichungen eliminiert(entfernt) werden, spricht man auch vom �Eliminationsverfahren�.

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 9

Grundidee des Gauÿ-Algorithmus:

Forme das LGS auf Dreiecksform (oder Trapezform) um.Dabei müssen sämtliche Diagonalelemente des Dreiecksteils 6= 0 sein.

Wichtig: Alle mit * bezeichneten Diagonalelemente müssen von 0 verschieden sein.

2.3.2 Erlaubte Umformungen beim Gauÿ-Algorithmus

Die folgenden Umformungen ändern die Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems nicht.

1. Die Reihenfolge der Gleichungen ändern (d. h. Zeilentausch).

2. Eine Gleichung mit einem konstanten Faktor c 6= 0 multiplizieren.

3. Das c-fache einer Gleichung zu einer anderen addieren.

4. Vertauschung der Unbekannten (d. h. Spaltentausch).

5. Gleichungen 0 = 0 streichen.

Bei Umformungsschritt (4) sollte man an die Spalten die zugehörigen Variablennamen schreiben;sonst besteht die Gefahr von Verwechslungen. Allerdings ist dieser Umformungsschritt auch nurselten unbedingt erforderlich.

2.3.3 Matrixschreibweise

Um Schreibarbeit zu sparen und gröÿere Übersichtlichkeit zu erzielen, ist es beim Gauÿ-Algorithmussinnvoll, das LGS nicht auszuschreiben, sondern die Umformungen nur an dem so genannten �Gauÿ-Tableau� (A|~b) durchzuführen. Der senkrechte Strich steht (nur zu Orientierungszwecken) dort, woin den Gleichungen das Gleichheitszeichen auf. Manchmal (z. B. wenn Spalten vertauscht werden)kann es sinnvoll sein, zusätzlich an die Spalten die Variablennamen der Unbekannten zu schreiben.Statt des LGS

20x + 20y = 45030x + 10y = 477

würde man nur diese Matrix umformen(20 20 45030 10 477

)bzw.

x y20 20 45030 10 477

2.3.4 Pivotelement, Pivotzeile

Eine besondere Rolle bei dem Gauÿ-Algorithmus spielen die Zahlen, die auf der Diagonalen derKoe�zientenmatrix stehen. Diese Zahlen nennt man auch �Pivotelemente�.Ein Schritt des Gauÿ-Algorithmus bestehen im Wesentlichen darin, jeweils Vielfache einer bestimm-ten Zeile (der �Pivotzeile�) zu den folgenden Zeilen zu addieren. Dazu gelten die folgenden Regeln:

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 10

Um einen Koe�zienten a aus einer Zeile zu eliminieren, muss man das(−a

p

)-fache

der Pivotzeile zu dieser Zeile addieren.Dabei bedeutet p das Pivotelement. Da es im Nenner des Faktors −a/p auftritt,

• muss das Pivotelement von Null verschieden sein und

• sollte es bei der Rechnung von Hand eine möglichst einfache Zahl sein.

2.3.5 Rechnerische Durchführung des Gauÿ-Algorithmus

Vorbereitung: Das LGS muss auf die Form (1) gebracht werden. Alle Unbekannten gehören nachlinks, alle Konstanten nach rechts.Anschlieÿend stellen wir das Gauÿ-Tableau (A|~b) auf und formen im Weiteren nur noch dieses um.1. Gauÿ-Schritt

• Pivotzeile ist die erste Zeile; Pivotelement das Diagonalelement in der ersten Zeile (d. h., dasElement in der ersten Spalte der ersten Zeile).

• Das Pivotelement muss 6= 0 sein. Wenn das nicht der Fall ist, die Zeile 1 mit einer weiterunten stehenden Zeile tauschen und/oder Spalte 1 mit einer weiter rechts stehenden Spaltetauschen.

• Das Pivotelement sollte bei Rechnung von Hand möglichst einfach sein. Das lässt sich ggf.erreichen durch Zeilentausch, evtl. Spaltentausch, und/oder Multiplikation oder Division derPivotzeile mit einem konstanten Faktor 6= 0.

• Ein geeignetes Vielfaches der Pivotzeile zu jeder weiter unten stehenden Zeile addieren. Wiedas jeweilige Vielfache gefunden wird, steht im Merkkasten weiter oben.

2. Gauÿ-Schritt

• Pivotzeile ist die zweite Zeile; Pivotelement das Diagonalelement in der zweiten Zeile (d. h.,das Element in der zweiten Spalte der zweiten Zeile).

• Das Pivotelement muss 6= 0 sein. Wenn das nicht der Fall ist, die Zeile 2 mit einer weiterunten stehenden Zeile tauschen und/oder Spalte 2 mit einer weiter rechts stehenden Spaltetauschen.

• Das Pivotelement sollte bei Rechnung von Hand möglichst einfach sein. Das lässt sich ggf.erreichen durch Zeilentausch, evtl. Spaltentausch, und/oder Multiplikation oder Division derPivotzeile mit einem konstanten Faktor 6= 0.

• Ein geeignetes Vielfaches der Pivotzeile zu jeder weiter unten stehenden Zeile addieren. Wiedas jeweilige Vielfache gefunden wird, steht im Merkkasten weiter oben.

usw.Sofern man keinen Spaltentausch durchgeführt hat, bewirkt:

• der erste Gauÿ-Schritt, dass die Unbekannte x1 aus den Gleichungen 2, 3, . . . ,m eliminiertwird;

• der zweite Gauÿ-Schritt, dass die Unbekannte x2 aus den Gleichungen 3, 4, . . . ,m eliminiertwird;

• . . .

• der k-te Gauÿ-Schritt, dass die Unbekannte xk aus den Gleichungen k+1, k+2, . . . ,m elimi-niert wird.

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 11

2.3.6 Bestimmen der Lösungsmenge

Tritt im Rechenverlauf eine Gleichung 0 = 0 auf (also eine Zeile, die nur Nullen enthält), wird dieseGleichung ersatzlos gestrichen.

Fall 1:Entsteht hingegen eine Zeile (0 0 . . . 0|∗) mit ∗ 6= 0 (also eine Zeile, in der links nur Nullen stehen,rechts aber keine), dann ist das LGS unlösbar: L = {}.

Fall 2:Ein LGS, das sich auf Dreiecksform bringen lässt (wobei die unten mit * bezeichneten Diagonalele-mente 6= 0 sein müssen), hat eine eindeutige Lösung.

Diese Lösung �ndet man durch Au�ösen und Einsetzen von unten nach oben. In dem Beispiel obenwird aus der letzten Gleichung x4 bestimmt. Wenn man den errechneten Wert in die vorletzte Glei-chung einsetzt, kann man x3 ausrechnen. Setzt man x3 und x4 in die zweite Gleichung ein, kannman nach x2 au�ösen und am Schluss aus der ersten Gleichung x1 ermitteln.

Fall 3:Ein LGS, das sich auf Trapezform bringen lässt (wobei die unten mit * bezeichneten Diagonalele-mente des Dreiecksteils 6= 0 sein müssen), hat unendlich viele Lösungen.

Die Unbekannten, die zu den (oben blau markierten) zusätzlichen Spalten hinter dem Dreiecksteildes LGS gehören, dürfen frei gewählt werden. Im Beispiel oben dürfen also x5 und x6 frei gewähltwerden.

Um alle Lösungen des LGS zu bekommen, wählen wir dabei für diese Unbekannten nicht feste Zah-lenwerte, sondern Parameter, für die wir ggf. später konkrete Werte einsetzen können. Im Beispieloben könnten wir etwa x5 = s und x6 = t setzen und dann wieder durch Au�ösen und Einsetzenvon unten nach oben x4 bis x1 errechnen.

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2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 12

Merkkasten über die Lösungen eines LGS

Anzahl der Lösungen eines LGS:

• wenn das LGS auf Dreiecksform(∗) gebracht werden kann: eindeutige Lösung;

• wenn das LGS auf Trapezform(∗) gebracht werden kann: unendlich viele Lösungen;

• wenn eine Gleichung 0 = b mit rechter Seite b 6= 0 auftritt: keine Lösung.

(∗) wobei alle Diagonalelemente 6= 0 sind

Berechnung der Lösungen eines LGS:

Dreicksform: Au�ösen und Einsetzen von unten nach oben

Trapezform: Unbekannte, die den zusätzlichen Spalten (hinter dem Dreiecksteil)gehören, frei wählen (Parameter);weiter mit Au�ösen und Einsetzen von unten nach oben.

Dass ein LGS unendlich viele Lösungen hat, bedeutet anschaulich: Man hat nicht genügend vieleInformationen, um alle Unbekannten zu bestimmen.

In der Tat besitzt ein unterbestimmtes LGS (= ein LGS, das weniger Gleichungen als Unbekanntehat, also mit m < n) unendlich viele Lösungen, sofern es überhaupt lösbar ist. Der Fall �unlösbar�(anschaulich: die Gleichungen widersprechen sich) kann auch bei einem unterbestimmten LGS vor-kommen, der Fall �eindeutig lösbar� aber nicht.

Auÿer bei unterbestimmten linearen Gleichungssystemen kann man auch bei homogenen linearenGleichungssystemen (bei denen also die rechten Seiten aller Gleichungen = 0 sind) schon vor derAnwendung des Gauÿ-Algorithmus etwas über die Lösungsmenge sagen.

Ein unterbestimmtes LGS (das ist eines mit weniger Gleichungen als Unbekannten, al-so mitm < n) kann nicht eindeutig lösbar sein, da man es nicht auf Dreiecksform bringen kann.

Ein homogenes LGS (bei dem also die rechten Seiten aller Gleichungen = 0 sind) kann nichtunlösbar sein, da ~x = ~0 stets eine Lösung ist.

Ein homogenes LGS hat also entweder

• nur die so genannte �triviale Lösung� ~x = ~0,

• oder es gibt unendlich viele Lösungen und damit auch unendlich viele �nichttriviale Lösungen�,bei denen mindestens eine Unbekannte 6= 0 ist.

Welcher der beiden Fälle vorliegt, ergibt sich bei Durchführung des Gauÿ-Algorithmus:

• Ein homogenes LGS, das sich auf Dreiecksform bringen lässt, hat nur die triviale Lösung. Hier

ist also L ={~0}.

• Ein homogenes LGS, das sich auf Trapezform bringen lässt, hat (unendlich viele) nichttrivialeLösungen.

Der zuletzt genannte Fall liegt u. a. bei jedem unterbestimmten homogenen LGS vor.

Page 13: Mathematik 1 - Hochschule Esslingenkamelzer/iwb1/Matrizen_und_LGS.pdf · 1 MATRIZENRECHNUNG 3 1.2 Spezielle Matrizen Quadratische Matrix (n n)-Matrix, d. h. # Zeilen = # Spalten ansprTonierte

2 LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME 13

2.4 Allgemeine Lösbarkeitskriterien mit Determinanten

Für (n× n)-Systeme, d.h. LGS A~x = ~b mit (quadratischer) (n× n)-Matrix A gilt:

A~x = ~b, ~b 6= ~0(inhomogen)

A~x = ~0(homogen)

det(A) 6= 0 eindeutig lösbar eindeutige Lösung:triviale Lösung ~x = ~0

det(A) = 0 keine Lösung oderunendlich viele Lösungen

unendlich viele Lösungen(triviale und nichttriviale)

2.5 Lösen von LGS II: Cramersche Regel

Das LGS A~x = ~b mit quadratischer Koe�zientenmatrix ((n × n)-Matrix) A hat genau dann eineeindeutige Lösung, wenn die Determinante von A 6= 0 ist.

In diesem Fall kann man die Lösung mit Hilfe von Determinanten berechnen.

2.5.1 Cramersche Regel für (2× 2)-Matrizen

Das LGS

(a11 a12a21 a22

)·(x1x2

)=

(b1b2

)hat die Lösung:

x1 =

∣∣∣∣∣∣ b1 a12b2 a22

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣ a11 a12a21 a22

∣∣∣∣∣∣, x2 =

∣∣∣∣∣∣ a11 b1a21 b2

∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣∣ a11 a12a21 a22

∣∣∣∣∣∣

2.5.2 Cramersche Regel allgemein

A~x = ~b mit (n× n)-Koe�zientenmatrix A und det(A) 6= 0 hat die eindeutige Lösung

xi =Di

|A|, für i = 1, . . . , n

Dabei ist Di die Determinante der (n×n)-Matrix, die aus A hervorgeht, indem man die i-te Spaltedurch den Vektor der rechten Seiten ~b ersetzt.