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Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Mathematik, Institut für Numerische Mathematik MATHEMATIK 2 FÜR DIE STUDIENGÄNGE CHE- MIE UND LEBENSMITTELCHEMIE Differentialrechnung für Funktionen mehrerer Variablen Prof. Dr. Gunar Matthies Sommersemester 2015 Stand: 5. Mai 2015

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  • Mathematik und Naturwissenschaften Fachrichtung Mathematik, Institut für Numerische Mathematik

    MATHEMATIK 2 FÜR DIE STUDIENGÄNGE CHE-MIE UND LEBENSMITTELCHEMIE

    Differentialrechnung für Funktionen mehrerer Variablen

    Prof. Dr. Gunar Matthies

    Sommersemester 2015 Stand: 5. Mai 2015

  • Quellen

    Klaus Strube

    Sebastian Franz

    Burg, Haf, Wille, Meister: Höhere Mathematik für Ingenieure,Band I: Analysis, Vieweg+Teubner, 2011.

    Arens, Hettlich, Karpfinger, Kockelkorn, Lichtenegger, Stachel:Mathematik, Spektrum Akademischer Verlag, 2012.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 2/56

  • Funktion mehrerer Variablen

    Reelle Funktion von n reellen Variablen

    f : Df ⊂ Rn → R, x = (x1, . . . , xn) 7→ f (x) = f (x1, . . . , xn)

    Jedem x = (x1, . . . , xn) ∈ Df wird eindeutig eine reelle Zahlzugeordnet.

    Schreibweisen: f (x), f (x1, . . . , xn), f (x , y) bzw. f (x , y , z)

    Angabe der Zuordnung x 7→ f (x):• explizit: (p,V ) 7→ T (p,V ) = p VR ,• implizit: (p,T ) 7→ V (p,T ) = V , wobei V Lösung der Glei-

    chung(p + a

    v2

    )(v − b) = RT ist,

    • andere Formen

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 3/56

  • Darstellung von Funktionen zweier Variablen

    GraphΓf :=

    {(x , f (x)

    ): x ∈ Df

    }⊂ R3

    HöhenlinienPunkte (x , y) mit gleichem Funktionswert c bilden die Höhenliniezum Niveau c {

    (x , y) ∈ Df : f (x , y) = c}

    Senkrechte SchnitteGraphen der Funktionen f̃ (y) = f (c , y) und f̂ (x) = f (x , c) fürjeweils konstantes c

    Rechnen mit Funktionen mehrerer VariablenAddition, Subtraktion, Multiplikation, Division wie bei Funktionenmit einer Variable

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 4/56

  • Graph einer Funktion

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 5/56

  • Graphen von verschiedenen Funktionen

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 6/56

  • Niveaumengen und Schnitte

    T = T (V , p) = V · p

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 7/56

  • Niveaumengen 1

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 8/56

  • Niveaumengen 2

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 9/56

  • Niveaumengen 3

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 10/56

  • Verknüpfung von Funktionen

    gegeben: f : Df ⊂ R→ R,g : Dg ⊂ Rn → R

    Verknüpfung f ◦ g : Dg → R, x 7→ (f ◦ g)(x) = f(g(x)

    )Beispiel

    f : R→ R, x 7→ x2,g : R2 → R, (x , y) 7→ sin(x) + cos(y)

    f ◦ g : R2 → R, (x , y) 7→(sin(x) + cos(y)

    )2

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 11/56

  • Abstand von Punkten

    Abstand von x , y ∈ Rn

    |x − y | : =

    √√√√ n∑i=1

    (xi − yi )2

    =√

    (x1 − y1)2 + · · ·+ (xn − yn)2

    Bemerkung

    Die obige Definition beschreibt genau den üblichen Abstand vonPunkten, wie wir ihn in der Ebene (n = 2) und im Raum (n = 3)kennen.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 12/56

  • Grenzwert von Punktfolgen

    Definition (Grenzwert von Punktfolgen)

    Die Folge{xk}k∈N mit xk ∈ R

    n konvergiert gegen x∗, wenn

    limk→∞

    |xk − x∗| = 0

    gilt. Wir schreiben dann

    limk→∞

    xk = x∗

    und nennen x∗ den Grenzwert der Folge{xk}k∈N.

    Bemerkung

    Eine Folge von Punkten konvergiert genau dann, wenn jede ein-zelne Komponte konvergiert.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 13/56

  • Grenzwert von Funktionen mehrerer Variablen I

    Definition (Grenzwert einer Funktion)

    Sei f : D ⊂ Rn → R eine Funktion. Der Wert f ∗ ∈ R heißtGrenzwert von f an der Stelle x∗ ∈ D, wenn für alle Folgen{xk}k∈N ⊂ D mit

    xk 6= x∗ und limk→∞

    xk = x∗

    die Beziehunglim

    k→∞f (xk) = f ∗

    gilt. Dafür wird dann kurz

    limx→x∗

    f (x) = f ∗

    geschrieben.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 14/56

  • Grenzwert von Funktionen mehrerer Variablen II

    Es sind alle Folgen zu betrachten, die gegen x∗ konvergieren.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 15/56

  • Stetigkeit von Funktionen mehrerer Variablen

    Definition (Stetigkeit)

    Die Funktion f : D ⊂ Rn → R heißt an der Stelle x∗ ∈ D stetig,wenn

    limx→x∗

    f (x) = f (x∗)

    gilt. Die Funktion f heißt auf A ⊂ D stetig, wenn f in allenx∗ ∈ A stetig ist. Ist f auf D stetig, so wird f kurz stetige Funktiongenannt.

    Bemerkung

    In der Definition des Grenzwertes und damit auch in der Definiti-on der Stetigkeit ist es entscheidend, dass alle möglichen Folgenbetrachtet werden, nicht nur einige.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 16/56

  • Grenzwerte und Stetigkeit I

    z(x , y) =sin(πxy)x2 + y2

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 17/56

  • Grenzwerte und Stetigkeit II

    z(x , y) = x sin(1y

    )

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 18/56

  • Grenzwerte und Stetigkeit III

    z(x , y) =xy2

    x2 + y2

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 19/56

  • Rechnen mit stetigen Funktionen

    Seien f , g : D ⊂ Rn → R in x∗ ∈ D stetig. Dann sind auch

    f + g , f − g , f · g

    in x∗ stetig. Gilt g(x∗) 6= 0, dann ist auch

    f

    g

    in x∗ stetig.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 20/56

  • Partielle Ableitungen I

    Gegeben: Funktion f : D ⊂ Rn → R, Punkt x∗

    Hilfsfunktionen

    ϕj : R→ R, t 7→ f (x∗1 , . . . , x∗j−1, t, x∗j+1, . . . , x∗n ), j = 1, . . . , n,

    Bemerkung

    Bei Funktionen zweier Variablen entsprechen die Hilfsfunktionengerade den Schnitte, die wir bei der Darstellung der Funktionenkennengeleernt haben.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 21/56

  • Partielle Ableitungen II

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 22/56

  • Partielle Ableitungen III

    Definition

    Ist die Funktion ϕj an der Stelle t = x∗j differenzierbar, so heißtf an der Stelle x∗ partiell nach xj differenzierbar. Wir nennendie Funktion f an der Stelle x∗ partiell differenzierbar, wenn diepartiellen Ableitungen nach allen Variablen x1, . . . , xn existieren.

    Übliche Schreibweisen für die partiellen Ableitungen

    ∂f

    ∂xj(x∗),

    ∂f

    ∂xj(x∗1 , . . . , x

    ∗n ), fxj (x

    ∗), fxj (x∗1 , . . . , x

    ∗n ), ∂j f (x

    ∗)

    Bemerkung

    Um partielle Ableitungen zu bestimmen, verwenden wir die glei-chen Techniken wie beim normalen Differenzieren. Für die partielleAbleitung nach xj werden alle anderen Variablen wie Konstantenbetrachtet.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 23/56

  • Höhere partielle Ableitungen

    Wenn f partiell nach xj differenzierbar ist, dann lässt sich ∂f /∂xjwieder als Funktion von n Variablen auffassen. Somit können wiruntersuchen, ob die Funktion ∂f /∂xj selber partielle Ableitungenbesitzt. Wenn ja, sind diese die zweiten partiellen Ableitungen derAusgangsfunktion f .

    Rekursive Definition für eine Funktion f zweier Variablen

    f Funktion selbstfx , fy partielle Abl. (erster Ordung)

    fxx , fxy , fyx , fyy partielle Abl. zweiter Ordung∂2f

    ∂x2,∂2f

    ∂x∂y, . . .

    fxxx , fxyx , . . . partielle Abl. dritter Ordnung∂3f

    ∂x∂y∂x

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 24/56

  • Vertauschbarkeit von partiellen Ableitungen

    Satz (Schwarz)

    Sei f : D ⊂ Rn → R eine Funktion von n Variablen. Besitzt f aufD alle partiellen Ableitungen bis zur Ordnung m und sind diese aufD stetig, dann hängen die partiellen Ableitungen der Ordnungenk ≤ n nicht von der Reihenfolge der Differentiation ab.

    Bemerkung

    Die Stetigkeit der partiellen Ableitungen ist für die Vertauschbar-keit entscheidend.Im Fall der Vertauschbarkeit genügt damit die Angabe, wie oftnach welcher Variablen zu differenzieren ist.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 25/56

  • Totale Differenzierbarkeit

    Definition

    Die Funktion f : D ⊂ Rn → R heißt in x∗ ∈ D (total) differen-zierbar, falls es einen Vektor d ∈ Rn mit

    limx→x∗

    f (x)− f (x∗)− d · (x − x∗)|x − x∗|

    = 0

    gibt. In diesem Fall heißt d Ableitung oder Gradient von f in x∗.Dafür wird kurz

    f ′(x∗), grad f (x∗), ∇f (x∗)

    geschrieben.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 26/56

  • Zusammenhänge

    Satz

    Sei f : D ⊂ Rn → R in x∗ ∈ D differenzierbar. Dann haben wir(i) f ist in x∗ stetig;(ii) f ist in x∗ partiell differenzierbar mit

    grad f (x∗) =

    ∂1f (x∗)

    ...∂nf (x∗)

    ,d. h., die Vektorkomponenten des Gradienten sind genau diepartiellen Ableitungen.

    Satz

    Sei f : D ⊂ Rn → R auf D partiell differenzierbar nach allen nVariablen. Wenn diese auf D stetig sind, dann ist f auf D diffe-renzierbar.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 27/56

  • Geometrische Deutung

    Seien f : D ⊂ R2 → R eine Funktion und x∗ ∈ D. Ist f in(x∗, y∗) ∈ D partiell differenzierbar, dann lässt sich gemäß

    z = f (x∗, y∗) + fx(x∗, y∗)(x − x∗)

    + fy (x∗, y∗)(y − y∗)

    die Tangentialebene an f im Punkt (x∗, y∗) definieren.

    Bemerkung

    Ist f in (x∗, y∗) differenzierbar, dann stellt die Tangentialebeneunter allen Ebenen, die durch den Punkt

    (x∗, y∗, f (x∗, y∗)

    )gehen,

    die beste Näherung an f in der Umgebung von (x∗, y∗) dar.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 28/56

  • Tangentialebene

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 29/56

  • Kettenregel

    Seien f : D ⊂ Rn → R auf D und v1, . . . , vn : M ⊂ Rk → R aufM differenzierbar. Weiterhin gelte

    (v1(z), . . . , vn(z)

    )∈ D für alle

    z = (z1, . . . , zk) ∈ M. Dann ist die Funktion

    h : M → R, z 7→ f(v1(z), . . . , vn(z)

    )auf M differenzierbar und die partiellen Ableitungen lassen sichgemäß

    ∂jh(z) =n∑

    i=1

    ∂i f(v1(z), . . . , vn(z)

    )︸ ︷︷ ︸äußere Ableitung

    ∂jvi (z)︸ ︷︷ ︸innere Ableitung

    bestimmen.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 30/56

  • Implizite Funktionen

    Gegeben: F : DF ⊂ Rn+1 → R differenzierbar mit ∂n+1F 6= 0

    implizit definierte Funktion f : Df ⊂ Rn → R mittels

    F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)

    )= 0

    Dies heißt:Bei gegebenen Werten x1, . . . , xn wird y = f (x1, . . . , xn)als Lösung von

    F (x1, . . . , xn, y) = 0

    bestimmt.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 31/56

  • Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen

    Implizit gegebene Funktion f

    F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)

    )= 0

    Es gilt:

    0 = ∂iF(x , f (x)

    )= ∂1F

    (x , f (x)

    )∂x1∂xi

    + · · ·+ ∂iF(x , f (x)

    )∂xi∂xi

    + · · ·+ ∂nF(x , f (x)

    )∂xn∂xi

    + ∂n+1F(x , f (x)

    ) ∂f∂xi

    (x)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56

  • Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen

    Implizit gegebene Funktion f

    F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)

    )= 0

    Es gilt:

    0 = ∂iF(x , f (x)

    )= ∂1F

    (x , f (x)

    )����7

    = 0∂x1∂xi

    + · · ·+ ∂iF(x , f (x)

    )����7

    = 1∂xi∂xi

    + · · ·+ ∂nF(x , f (x)

    )����7

    = 0∂xn∂xi

    + ∂n+1F(x , f (x)

    ) ∂f∂xi

    (x)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56

  • Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen

    Implizit gegebene Funktion f

    F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)

    )= 0

    Es gilt:

    0 = ∂iF(x , f (x)

    )= ∂iF

    (x , f (x)

    )+ ∂n+1F

    (x , f (x)

    ) ∂f∂xi

    (x)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56

  • Partielle Ableitungen von impliziten Funktionen

    Implizit gegebene Funktion f

    F(x1, . . . , xn, f (x1, . . . , xn)

    )= 0

    Es gilt:

    0 = ∂iF(x , f (x)

    )= ∂iF

    (x , f (x)

    )+ ∂n+1F

    (x , f (x)

    ) ∂f∂xi

    (x)

    somit∂f

    ∂xi(x) = −

    ∂iF(x , f (x)

    )∂n+1F

    (x , f (x)

    )

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 32/56

  • Taylor-Entwicklung für Funktionen zweier Variablen

    Gegeben: Funktion f : R2 → R mit ihren partiellen Ableitungenim Punkt (x∗, y∗) ∈ R2

    Gesucht: Näherung für f in Umgebung von (x∗, y∗)

    Unter geeigneten Voraussetzungen gilt

    f (x , y) = f (x∗, y∗) + fx(x∗, y∗)(x − x∗) + fy (x∗, y∗)(y − y∗)

    +12

    {fxx(x

    ∗, y∗)(x − x∗)2

    +2fxy (x∗, y∗)(x − x∗)(y − y∗)

    +fyy (x∗, y∗)(y − y∗)2

    }+ . . .

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 33/56

  • Beispiele für Taylor-Entwicklungen I

    f (x , y) = exy + y

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 34/56

  • Beispiele für Taylor-Entwicklungen I

    f (x , y) = exy + y , p1(x , y) = 1 + y

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 34/56

  • Beispiele für Taylor-Entwicklungen I

    f (x , y) = exy + y , p2(x , y) = 1 + y + xy

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 34/56

  • Beispiele für Taylor-Entwicklungen II

    f (x , y) = sin(πxy), x∗ = 0, y∗

    = 0, p2(x , y) = πxy

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 35/56

  • Beispiele für Taylor-Entwicklungen III

    f (x , y) = sin(πxy), x∗ = 1, y∗

    = 1/2,p2(x , y) = 1− π

    2

    8 (x + 2y − 2)2

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 36/56

  • Taylor-Entwicklung für Funktionen mehrerer Variablen

    Gegeben: Funktion f : Rn → R mit ihren partiellen Ableitungenim Punkt x∗ ∈ Rn

    Gesucht: Näherung für f in Umgebung von x∗

    Unter geeigneten Voraussetzungen gilt

    f (x) = f (x∗) + f ′(x∗)·(x − x∗)+ 12

    (x − x∗)TH(x∗)(x − x∗)+. . .

    mit dem Gradienten f ′(x∗) und der Hesse-Matrix

    H(x∗) =

    ∂2f∂x21

    (x∗) ∂2f

    ∂x1∂x2(x∗) . . . ∂

    2f∂x1∂xn

    (x∗)

    ∂2f∂x1∂x2

    (x∗) ∂2f∂x22

    (x∗) . . . ∂2f

    ∂x2∂xn(x∗)

    ......

    . . ....

    ∂2f∂x1∂xn

    (x∗) ∂2f

    ∂x2∂xn(x∗) . . . ∂

    2f∂x2n

    (x∗)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 37/56

  • Fehlerfortpflanzung

    Taylor-Entwicklung nur bis zu den ersten Ableitungen liefert:

    f (x)− f (x∗)︸ ︷︷ ︸= ∆f

    ≈n∑

    k=1

    ∂k f (x∗) (xk − x∗k )︸ ︷︷ ︸= ∆xk

    somit

    ∆f ≈n∑

    k=1

    ∂k f (x∗)∆xk

    Bemerkung

    Die Änderung der Größe f ergibt sich aus den Änderungen derEingangsgrößen xk , wobei die partiellen Ableitungen als Verstär-kungsfaktoren auftreten.

    Totales Differential

    df =n∑

    k=1

    ∂k f dxk

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 38/56

  • Lokale Extremwerte

    Definition (Lokale Extremwerte)

    Eine Funktion f : D ⊂ Rn → R hat an der Stelle x∗ ∈ D einlokales Minimum bzw. lokales Maximum, wenn es eine UmgebungM von x∗ derart gibt, dass

    f (x∗) ≤ f (x) bzw. f (x∗) ≥ f (x)

    für alle x ∈ M ∩ D gilt.

    Bemerkung

    Wenn eine Funktion in einer Umgebung des Punktes x∗ konstantist, dann hat die Funktion in x∗ sowohl ein lokales Minimum alsauch ein lokales Maximum.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 39/56

  • Lokale Extremwerte: Illustration

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 40/56

  • Notwendiges Kriterium

    Satz (Notwendiges Kriterium für lokale Extremwerte)

    Sei f : D ⊂ Rn → R partiell differenzierbar. Wenn f an der Stellex∗ ∈ D ein lokales Extremum hat, dann gilt

    ∂i f (x∗) = 0, i = 1, . . . , n,

    d. h., alle partiellen Ableitungen verschwinden in x∗.

    Die Umkehrung gilt ohne weitere Bedingungen nicht.

    Beispiel: Sattelpunkt

    f : R2 → R, (x , y) 7→ x2 − y2, fx(x , y) = 2x , fy (x , y) = −2y .

    Im Punkt (0, 0) verschwinden beide partiellen Ableitungen. Einlokales Extremum liegt dort aber nicht vor, da f in der Umgebungvon (0, 0) sowohl positive als auch negative Werte annimmt.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 41/56

  • Hinreichendes Kriterium

    Satz (Hinreichendes Kriterium für lokale Extremwerte)

    Sei f : D ⊂ R2 → R eine Funktion mit stetigen partiellen Ablei-tungen bis zur Ordnung 2. Gilt an der Stelle (x∗, y∗) im Innerenvon D

    ∂x f (x∗, y∗) = 0, ∂y f (x∗, y∗) = 0

    und

    ∆ := ∂xx f (x∗, y∗)∂yy f (x

    ∗, y∗)− ∂xy f (x∗, y∗)2 > 0,

    dann hat f an der Stelle (x∗, y∗) ein lokales Maximum, falls∂xx f (x

    ∗, y∗) < 0

    gilt, bzw. ein lokales Minimum, falls∂xx f (x

    ∗, y∗) > 0

    erfüllt ist.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 42/56

  • Bemerkungen

    ∆ := ∂xx f (x∗, y∗)∂yy f (x

    ∗, y∗)− ∂xy f (x∗, y∗)2

    • Im Fall ∆ < 0 liegt kein Extremum sondern ein Sattelpunktvor, vgl. x2 − y2 mit ∆(0, 0) = 2 · (−2) = −4.

    • Ist ∆ = 0, so keine die Entscheidung, ob ein Extremum vor-liegt, erst unter Berücksichtigung weiterer Bedingungen (z. B.höhere Ableitungen) getroffen werden.

    • Wenn ∆ > 0 gilt, dann kann fxx nicht 0 sein.

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 43/56

  • Beispiel

    f (x , y) = x2 + y2 + xy − 2x + 3y + 7

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 44/56

  • Beispiel

    f (x , y) = y2(x − 1) + x2(x + 1)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 45/56

  • Ausgleichsrechnung und Fehlerquadratmethode

    zwei (physikalische) Größen x und y in funktionaler Abhängigkeit

    y = f (x ; a1, . . . , ak)

    mit Parametern a1, . . . , ak , die mittels einer Messreihe (xi , yi ), i =1, . . . , n, n > k , bestimmt werden soll.

    Idee: Minimiere die Summe der Fehlerquadrate

    F (a1, . . . , ak) :=n∑

    i=1

    (f (xi ; a1, . . . , ak)− yi

    )2→ min

    a1,...,ak

    Notwendiges Kriterium für Minimum

    ∂jF (a1, . . . , ak) = 0, j = 1, . . . , k

    ergibt k Gleichungen für a1, . . . , ak

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 46/56

  • Ausgleichsgerade

    funktionaler Zusammenhang

    y = ax + b

    Fehlerquadratfunktion

    F (a, b) =n∑

    i=1

    (axi + b − yi )2 → mina,b

    notwendige Bedingungen für Minimum

    Fa(a, b) =n∑

    i=1

    2(axi + b − yi )xi = 0,

    Fb(a, b) =n∑

    i=1

    2(axi + b − yi ) = 0

    ergeben lineares Gleichungssystem für a und bG. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 47/56

  • Ausgleichsgerade

    Lineares Gleichungssystem

    an∑

    i=1

    x2i +bn∑

    i=1

    xi =n∑

    i=1

    xiyi ,

    an∑

    i=1

    xi +bn∑

    i=1

    1 =n∑

    i=1

    yi

    Lösunga =

    sxys2x, b = y − ax

    mit

    x =1n

    n∑i=1

    xi , y =1n

    n∑i=1

    yi ,

    s2x =1

    n − 1

    n∑i=1

    (xi − x)2, sxy =1

    n − 1

    n∑i=1

    (xi − x)(yi − y)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 48/56

  • Beispiele

    linearer Zusammenhang: y = ax + b

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 49/56

  • Beispiele

    linearer Zusammenhang: y = ax + b

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 49/56

  • Beispiele

    exponentieller Zusammenhang: y = aebx

    nach Logarithmieren: ln(y) = ln(aebx

    )= ln(a) + bx

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 50/56

  • Beispiele

    exponentieller Zusammenhang: y = aebx

    nach Logarithmieren: ln(y) = ln(aebx

    )= ln(a) + bx

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 50/56

  • Extremwerte unter Nebenbedingungen

    Oft werden Extremwerte nicht auf dem gesamten Definitionsbe-reich D gesucht, sondern unter allen Punkten, die gewisse Neben-bedingungen erfüllen. Diese werden von den eigentlichen Extrem-werten nur in Ausnahmefällen erfüllt.

    Problemstellung:Gegebenf : D ⊂ Rn → R, g1, . . . , gm : D → R

    GesuchtExtremstellen von f auf der Menge

    G :={x ∈ D : g1(x) = 0, . . . , gm(x) = 0

    }={x ∈ D : g(x) = 0

    }mit

    g(x) =

    g1(x)...gm(x)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 51/56

  • Lagrange-Funktion

    Lagrange-Funktion

    L(x ,λ) = f (x) + λ · g(x)

    oder ausführlich

    L(x1, . . . , xn, λ1, . . . , λm)

    = f (x1, . . . , xn) + λ1g1(x1, . . . , xn) + · · ·+ λmgm(x1, . . . , xn)

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 52/56

  • Kriterium für Extremwerte unter Nebenbedingungen

    Satz

    Die Funktionen f , g1, . . . , gm : D ⊂ Rn → R seien stetig partielldifferenzierbar. Wenn x∗ ∈ G ⊂ D eine lokale Extremstelle von fauf G ist und die Matrix∂1g1(x

    ∗) . . . ∂1gm(x∗)...

    . . ....

    ∂ng1(x∗) . . . ∂ngm(x∗)

    den Rang m besitzt, dann gibt es einen Lagrange-Multiplikatorλ∗ ∈ Rm derart, dass all (n + m) partiellen Ableitungen von L imPunkt (x∗,λ∗) ∈ Rn+m verschwinden, d. h., die Bedingungen

    ∂j f (x∗1 , . . . , x

    ∗n ) +

    m∑k=1

    λ∗kgk(x∗1 , . . . , x

    ∗n ) = 0, j = 1, . . . , n,

    g`(x∗1 , . . . , x

    ∗n ) = 0, ` = 1, . . . ,m,

    sind erfüllt.G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 53/56

  • Beispiel

    f (x , y) = x2 + y2 → min unter g(x , y) = x + y − 1 = 0

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 54/56

  • Beispiel

    f (x , y) = (1−x2)(1−y2)→ min unter g(x , y) = x2+y2− 14

    = 0

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 55/56

  • Beispiel

    Ellipse mit den Halbachsen a = 3 und b = 2

    einbeschriebene Rechtecke mit den Seitenlängen 2x und 2y

    G. Matthies Mathematik 2 für Chemiker 56/56