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Mathematische Beschreibung von Strömungen

Mathematische Beschreibung von Strömungen. Themen: - Klassische Verfahren / Numerische Simulation - kurzer historischer Überblick - Fluide - Viskosität

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Mathematische Beschreibung von

Strömungen

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Themen:

- Klassische Verfahren / Numerische Simulation

- kurzer historischer Überblick

- Fluide

- Viskosität

- Laminare & turbulente Strömungen (Reynolds-Zahl)

- Navier-Stokes-Gliechungen

- Randbedingungen

- Herleitung a) Kontinuitätsgleichung b) Impulsgleichung

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Klassische Verfahren und numerische Simulation

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a) Praktischer Ansatz

Beim Praktischen Ansatz wird mit Hilfe von Experimenten versucht durch Beobachtung unsere Umwelt besser zu verstehen.

Hierzu werden Messreihen unter Einsatz verschiedenster Messapparaturen und Messtechniken erstellt.

Als Begründer der experimentellen Physik gilt Galileo Galilei, der mit Beschleunigungsexperimenten an der schiefen Ebene und nicht mit Fall-experimenten vom Schiefen Turm von Pisa die ersten physikalischen Versuche anstellte.

Aus den Messergebnissen wird dann versucht physikalische Gesetzmäßigkeiten zu ermitteln.

aus Demtröder Experimentalphysik 1 S. 2Springer Verlag 4. Auflage

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b) Theoretischer Ansatz

Die Geburtsstunde des theoretischen Ansatzes in der Physik liegt in den Überlegungen der Naturphilosophen der Antike.

Diese „Mathematisierung“ der Physik ermöglicht es heutzutage aus der Lösung rein mathematischer Probleme neue physikalische Erkenntnisse zu gewinnen.

Daher wird allgemein die Geburt der theoretischen Physik mit Isaac Newton‘sPhilosophiae Naturalis Principia Mathematica angegeben, in der erstmalsdie Gesetze der Mechanik in mathematischen Formeln angegeben wurden.

Jedoch waren diese Gedanken rein spekulativer Natur, die weder durch experimentelle noch durch mathematische Untersuchen gestützt wurden.

aus Demtröder Experimentalphysik 1 S. 7Springer Verlag 4. Auflage

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c) Numerische Simulation

Durch den Einsatz von Computern in der naturwissenschaftlichen Forschungkann man theoretischen und praktischen Ansatz im Verfahren dernumerischen Simulation vereinen.

Dadurch können „virtuell“ Experimente durchgeführt werden können, die in Realität zu teuer, zu aufwendig oder zu gefährlich währen. Außerdem könnendurch Änderung von nur wenigen Parametern gleiche Ergebnisse erzielt werden, die bei realen Experimenten umfangreiche Umbauten erfordern würden. Dies hilft insbesondere bei der Optimierung von Materialienund Geometrien.

Das kontinuierliche Modell des theoretischen Ansatzes muss durch Auswahl einer endlichen Anzahl von Punkten für die numerische Simulation diskretisiert werden. Je mehr Punkte dabei ausgewählt werden, desto wirklichkeitsgetreuer ist die Simulation.

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Anforderungen:

Mathematisches Modell:

Hardware:

Lösungsverfahren:

Ergebnisse: - Visualisierung der Daten / übersichtliche Darstellung- Überprüfung der Übereinstimmung mit der Realität

- schnelle Lösungsverfahren (Mehrgitterverfahren, Multileveltechniken Parallelisierung)- Approximation (Adaptivität, lokale Fehlerschätzer)

- hohe Speicherkapazität (Punkteanzahl)- viel Rechenzeit

- gute Beschreibung der Realität- lösbar- diskretes Modell approximiert gut das kontinuierliches Modell

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physikalischer Ablauf in der Realität

lösen linearer Gleichungssysteme

Experiment

Kontinuierliches mathe-matisches Modell

Verbesserung des Modells

Diskretisierung

Zeitabhängigkeit

Behandlung nicht-linearer Anteile

Fehlerschätzung

Abschätzung der Approximation

Neue Erkenntnisse

Verbesserung der Diskretisierung

Pa

ralle

lisie

run

g

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Kurzer geschichtlicher Überblick:

1933 erste Arbeiten zur numerischen Lösung partieller Differentialgleichungen

1955 Verfahren zur Lösung parabolischer und elliptischer Probleme (ADI)

1965 Arbeiten von Harlow & Fromm sowie von Macagon sind der Beginn der numerischen Strömungssimulation (Marker-and-Cell-Verfahren kurz MAC)

1968 Verwendung mehrerer Fluide unter Berücksichtigung der Grenzschichten

1969 Verwendung von Gitterlinien nicht parallel zum Rand

1971 Verbesserung der Randbedingungen an der Oberfläche Verwendung von sich bewegenden Rändern

1972 Erweiterung auf 3 Dimensionen

1986 Simulation von Schiffswellen

1994 Simulation von Kunststoffspritzguss

Weitere Verfahren: SIMPLE, QUICK

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Strömungen

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Definition: Fluide

Fluide sind die Gesamtheit aller strömungsfähigen Substanzen, insbesondere also Flüssigkeiten und die Gase. Festkörper hingegen gehören nicht dazu. Allerdings gehören die Schmelze von Festkörper sehr wohl zu den Fluiden.

Die hierbei entstehenden Kräfte werden durch eine physikalische Eigenschaftder Fluide beschreiben, die sich Zähigkeit oder auch Viskosität h nennt.

- Fluid und bewegtem Festkörper (z.B. Tragflügel eines Flugzeugs)

- Fluid und ruhendem Festkörper (z.B. Strömungen in Rohren)

- unterschiedlichen Fluiden (z.B. Wasser/Luft bei Wellenbildung)

- den einzelnen Fluidmolekülen untereinander (innere Reibung)

Die Beschreibung von Strömungen basiert also auf der Beschreibung der Fluide genauer gesagt auf der Beschreibung der Wechselwirkung zwischen

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Viskosität h

Die Viskosität einer Flüssigkeit ist eigentlich ein Maß für die innere Reibung in einer Strömung. Hierzu denkt man sich das Fluid aufgebaut aus mehreren Schichten.

Wirkt nun eine Kraft aufgrund der Strömung auf die oberste Fluidschicht,so wird aufgrund der Reibung zwischen den Schichten ein Teil dieser Kraftauf die darunter liegende Schicht übertragen.

Diese überträgt wieder einen Teil ihrer Kraft auf die darunter liegendeSchicht und so geht das weiter bis die Trägheitskräfte irgendwann größersind als die weitergegebenen Kraftanteile oder bis die Randschicht erreichtwird.

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Wovon hängt nun die zur Bewegung der ersten Schicht nötigen Kraft ab ?

d

vAF

Die Einheit der Viskosität ist ²m

sN

Die Formel für die innere Reibung lautet dann also

Messungen zeigen, dass man noch einen temperatur- und stoffabhängigenProportionalitätsfaktor hinzunehmen muss um die richtigen Werte zu erhalten. Dies ist die Viskosität h.

3. Von der Schichtdicke d

2. Von der Größe der Grenzfläche A zwischen zwei Flüssigkeitsschichten

1. Sicherlich von der zu erreichenden Strömungsgeschwindigkeit v

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Stoffart Temperatur T / °C Viskosität h / (10-3 N s/m²)‧

Ammoniak 0 0,0093

Helium 0 0,0187

Luft 0 0,0172

Stickstoff 0 0,0165

Quecksilber 20 1,554

Olivenöl 20 80,8

Ethanol 20 1,20

Wasser 0 1,792

20 1,002

Glyzerin 0 12100

20 1480

Einige Zahlenwerte

nach Horst Kuchling Taschenbuch der Physik Fachbuchverlag Leipzig 17. Auflage

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Laminare und turbulente Strömungen

Das Modell der Flüssigkeitsschichten ermöglicht es uns nun zwei Arten vonStrömungen zu unterscheiden:

Laminare Strömungen gehen bei Zunahme der Strömungsgeschwindigkeitin turbulente Strömungen über.

In Gasen muss zudem noch beachtet werden, dass die Strömungsge-schwindigkeit klein gegenüber der Schallgeschwindigkeit in dem Gas ist, weil sonst noch Kompressionsvorgänge zu berücksichtigen sind.

Bei turbulenten Strömungen vermischen sich hingegen die Luftschichten.Für den Schichtübergang muss jedoch Energie aufgebracht werden. DieseEnergie kann nur in Form höherer Reibungsarbeit erbracht werden, wassich in einer größeren Reibungskraft äußert.

In laminaren Strömungen gleiten die Flüssigkeitsschichten aneinander vorbei ohne dass die Schichten sich vermischen. Die auftretendenReibungskräfte sind vergleichsweise niedrig.

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Der Übergangspunkt zwischen laminarer und turbulenter Strömung

Der Punkt an den eine laminare Strömung in eine turbulente Strömung um-schlägt lässt sich berechnen. Die Kenngröße hierfür ist die nach dem englischen Physiker Osborne Reynolds benannte, dimensionsloseReynoldszahl Re.

vL

Re

Hierbei ist v die Strömungsgeschwindigkeit r die Dichte h die Viskositätund L eine „charakteristische Länge“ des umströmten Körpers alsobeispielsweise der Durchmesser eines Rohres.

Typische Größenordnung für Rohre ist eine maximale Reynoldszahl vonRe = 1000. Durch spezielle Behandlung der Rohre etwa für Pipelines kannsie bis auf etwa Re ≈ 20000 gesteigert werden.

Solange diese Größen kleiner sind als die maximale Reynoldszahl desumströmten Körpers ist die Strömung laminar anderenfalls wird sieturbulent.

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Die Grenzschichten

Die Schichttheorie ermöglicht es auch die Geschehnisse in den Rand-gebieten der Strömung zu verstehen.

Lösungsansatz: Ludwig Prandtl‘s Grenzschichttheorie

Turbulenten Strömungen: Durch die Vermischung der Fluidschichten macht eine feste Begrenzung sehr wohl etwas aus, da dort keine Vermischung mehr statt finden kann.

Laminaren Strömung:Da die einzelnen Schichten sich nicht vermischen, macht es für sie keinen Unterschied ob sie an einer anderen Fluidschicht oder an einer anderen Begrenzung wie beispielsweise einer Rohrwand vorbei gleiten.

Nach Prandtl ist die feste Begrenzung immer von einer laminaren Randschicht umgeben. Grund für diese Randschicht ist die Haftung des Fluids an der Begrenzung. Dadurch wird das Fluid in der näheren Umgebung des Rands abgebremst und somit die Reynoldszahl des Fluids in diesem Bereich verringert (Re ~ v). Sie bleibt daher unter Remax der Begrenzung.

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Die Navier-Stokes-Gleichungen

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Bei den Navier-Stokes-Gleichungen handelt es sich um ein System nicht-linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung, dass sich nur in Spezialfällenanalytisch lösen lässt. Genauer gesagt ist bisher nicht einmal sicher, ob das System überhaupt eine allgemeine analytische Lösung besitzt.

Es besteht aus zwei Teilgleichungssysteme

Die Navier-Stokes-Gleichungen werden verwendet um laminare Strömungenviskoser inkompressibler Fluide zu beschreiben.

Der Name Navier-Stokes-Gleichungen geht auf den Franzosen ClaudeLouis Marie Henri Navier und den Briten George Gabriel Stokes zurückdie beide unabhängig von einander in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Impulsgleichung fanden.

2. Kontinuitätsgleichung Sie leitet sich aus der Massenerhaltung ab.

1. Impulsgleichung Sie geht aus dem Prinzip der Impulserhaltung hervor.

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Eine wichtige Näherung der Navier-Stokes-Gleichungen sind die nachLeonard Euler benannten Euler-Gleichungen.

Es handelt sich hierbei um ein partielles Differentialgleichungssystem1. Ordnung, das aus den Impulsgleichung der Navier-Stokes-Gleichungenhervorgeht, wenn man dort die Viskosität h = 0 setzt.

Eine vollständige Beschreibung der Strömung liefern zwar nur die Navier-Stokes-Gleichungen, aber eine etwas ungenaue Lösung der Euler-Gleichungen ist immer noch besser als keine Lösung von den Navier-Stokes-Gleichungen.

Klarer Vorteil der Euler-Gleichungen gegenüber den Navier-Stokes-Gleichungen liegt in der niedrigeren Ordnung des Differentialgleichung-systems und damit in der besseren mathematischen Handhabbarkeit.

Anwendung finden die Euler-Gleichungen hauptsächlich bei Strömungs-vorgängen in Gasen, da dort die Viskosität meist sehr klein ist. Man nenntsolche Gase auch nicht-viskose Fluide.

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Mathematische Beschreibung

Die Strömung des Fluids durch ein Gebiet W ⊂ ℝN mit N ∈ {2 , 3} über dieZeit t [0 , T ] wird charakterisiert durch∈

- ein Geschwindigkeitsfeld

NR],0[: Tu

- den Druck

R],0[: Tp

- die Dichte

R],0[: T

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Navier-Stokes-Gleichugen (3-dimensinal)

In einem so beschriebenen Strömungsfeld lauten die Navier-Stokes-Gleichungen im 3-dimensionalen Fall

gupgradugraduut

Re

1 )(

(Impulsgleichung)

0 udiv

(Kontinuitätsgleichung)

Mit Re ∈ℝ der Reynoldszahl und g ∈ℝN die Erdbeschleunigung.

Zu beachten ist zudem, dass wir hier von einer konstanten Dichte r = const.ausgehen und der Druck p nur bis auf eine additive Konstante bestimmt ist.

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Navier-Stokes-Gleichungen (2-dimensional)

Bei der Navier-Stokes-Gleichung in zwei Dimensionen ist zu beachten, dasshier die 2-dimensionale Definition der Operatoren grad und div zu verwendenist. Die Navier-Stokes-Gleichungen lauten dann

y

x

gy

v

x

uv

y

v

x

v

y

p

t

v

gy

uv

x

u

y

u

x

u

x

p

t

u

)()(

Re

1

)()(

Re

1

2

2

2

2

2

2

2

2

2

2

(Impulsgleichung)

0

y

v

x

u

(Kontinuitätsgleichung)

y

x

g

gg

v

uu

y

xxMit

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Strömungen – ein Anfangsrandwertproblem

Wie bei jedem Differentialgleichungssystem können die Navier-Stokes-Gleichungen nur durch Angabe der Anfangsbedingungen exakt gelöst werden, was in unserem Fall die Strömungsgeschwindigkeit zum Zeit-punkt t = 0 ist.

Zusätzlich ist auch noch zu jedem Zeitpunkt die Angabe der Verhältnisse amGebietsrand erforderlich, so dass wir kein reines Anfangswertproblem, sondern ein Anfangsrandwertproblem erhalten.

Für die Formulierung der Randbedingungen wollen wir uns auf den 2-dimensionalen Fall beschränken, da die Übertragung auf die dritte Dimension ohne großen Aufwand möglich ist.

Um die Verhältnisse am Rand beschreiben zu können führen wir ein paar neue Bezeichnungen ein.

jn Normalengeschwindigkeit senkrecht zum Randjt Tangentialgeschwindigkeit parallel zum Rand

nbzwn tn /./ Ableitung in Normalenrichtung

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Randbedingungen

- Haftbedingung (no-slip) Kein Fluid dringt durch die Wand, allerdings haftet das Fluid an der Wand.

0),(0),( yxyx tn

- Rutschbedingung (free-slip) Kein Fluid dringt durch die Wand, jedoch gleitet das Fluid reibungsfrei entlang der Wand.

0/),(0),( nyxyx tn

- Einströmbedingung (inflow) Das Fluid strömt mit konstanter Geschwindigkeit durch den Rand.

gegebenyxyx tnttnn ;),(),( 0000

- Ausströmbedingung (outflow) Damit die Ausströmgeschwindigkeit konstant bleibt, darf sich die Normalenableitung der Geschwindigkeitskomponenten nicht ändern.

0/),(0/),( nyxnyx tn

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- Periodische Randbedingung Bei einem periodischen Problem der Periodenlänge a in Achsrichtung kann man sich auf eine Periode beschränken, da die Geschwindigkeiten und der Druck am rechten und linken Gebietsrand identisch sind.

),(),0(),(),0(),(),0( yapypyayyay ttnn

Sind an allen Rändern die Geschwindigkeiten selbst und nicht die Normalen-ableitungen gegeben, so gilt zusätzlich wegen der Kontinuitätsgleichung unddem Gaußschen Integralsatz, dass das Randintegral über die Geschwindigkeiten senkrecht zum Rand Null ergibt, denn es gilt:

dsn

v

udxdy

v

udiv

Gaußscher

tzIntegralsa

0

Bei den Navier-Stokes-Gleichungen sind genau solche so genannten Dirichlet-Randbedingungen gegeben. Im Zweidimensionalen gibt es hier bis auf eine additive Konstante des Drucks eindeutige Lösung für alle Zeiten t.Im Dreidimensionalen muss man sich dagegen für die eindeutige Lösungauf ein Zeitintervall [0,T] beschränken.

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Herleitung der Navier-Stokes-Gleichungen

Wir haben bereits festgestellt, dass sich die Navier-Stokes-Gleichungen aus zwei Teilen zusammensetzt, der Kontinuitätsgleichung und der Impulsgleichung.

Zur Herleitung der Kontinuitätsgleichung benötigen wir das Prinzip der Erhaltung der Masse, die Impulsgleichung lässt sich aus der Impuls-erhaltung ableiten.

Wir wollen nun die Kontinuitätsgleichung herleiten, dazu ist es nötig sichzunächst einmal mit dem Prinzip der Massenerhaltung vertraut zu machen.

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Was bedeutet nun Massenerhaltung ?

Selbst bei so exotischen Erscheinungen wie Zerstrahlung und Paar-bildung, kann Masse nicht aus dem „Nichts“ gebildet werden, dasgewährleistet uns das physikalische Grundprinzip der Energieerhaltung. (Bei Zerstrahlung und Paarbildung wird Masse durch Umwandlung in bzw.von Energie vernichtet bzw. erzeugt.)

0t

M

Massenerhaltung bedeutet jedoch nicht, dass bei einem homogenen Fluid am einen Rand keine Masse einströmen darf, es muss nur aneinem anderen Rand die gleiche Masse abfließen.

Sieht man von diesen Spezialfällen ab, so folgt aus der Energieerhaltungautomatisch auch die Erhaltung der Masse, d.h. Masse kann nicht erzeugtoder vernichtet werden.

Einfacher ausgedrückt bedeutet dies, dass die zeitliche MassenänderungNull ist.

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Bevor wir diese Prinzip nun auf ein allgemeines Strömungsfeld anwenden,wollen wir zunächst die Strömung eines Fluids in einem Rohr betrachten.

Wir betrachten ein Fluid, das in x-Richtung durch ein Rohr mit örtlich veränderlichen Querschnitt A fließt.

Ein Flüssigkeitsvolumen dV hat dann die Masse dM = r‧dV = r‧A‧dx, weilder Rohrquerschnitt vorgegeben ist. Mit der Masseerhaltung folgt dann:

dt

dxAuAuA

dt

dxA

dt

dM 222211

11

Wobei u1 und u2 die Strömungsgeschwindigkeiten im jeweiligen Rohr-abschnitt sind. Für eine konstante Dichte erhält man dann die Gleichung,

die in vielen Büchern auch Kontinuitätsgleichung heißt, jedoch nicht die vonuns gesuchte Kontinuitätsgleichung ist.

2211 uAuA

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Die eigentliche Kontinuitätsgleichung erhalten wir nun, indem wir ein allgemeines Volumen V mit beliebiger Oberfläche A betrachten.

A

Adut

M

Auf die rechte Seite der Gleichung können wir nun den Gaußschen Integral-satz anwenden und erhalten so:

V

Gaußscher

tzIntegralsaA

dVudivAdut

M)(

Während bei unserem Rohr durch die gesamte Oberfläche das Fluid ein- bzw. ausströmte dürfen wir dies im allgemeinen Fall nicht mehr annehmen. Wir können jedoch durch Betrachtung der OberflächenelementedA und anschließender Integration über die Gesamtoberfläche A unsere Formel für das Rohr auf den allgemeinen Fall übertragen. Sie lautet dann:

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Um nun endlich zum Ziel zu gelangen müssen wir noch die Masse durchdie schon aus der Schule bekannte Beziehung

V

dVMVM rallgemeine bzw.

ersetzen. Wir erhalten dann folgende Beziehung

VVV

dVudivdVt

dVtt

M)(

Ein Vergleich der Integranten liefert uns

)( udivt

Für inkompressible Fluide ist r sowohl räumlich als auch zeitlich konstantwas uns zur Kontinuitätsgleichung führt:

0 udiv

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Die Impulsgleichung

Die Impulserhaltung bedeutet 0 mvdt

dp

dt

d

Nun ist aber die zeitliche Ableitung des Impulses nach dem 2. NewtonschenGesetz gleich der Kraft, daher kann man diese Beziehung unter Berücksichtigung der Masseerhaltung umschreiben zu

Kräftewirkendevdt

dm

In unserem Fall ist v nun die Strömungsgeschwindigkeit u die von dem Ort r und der Zeit t abhängt. Bei der Ableitung nach t ist nun zu beachten

zx

yx

xxxxxx u

z

uu

y

uu

x

u

t

u

dt

dz

z

u

dt

dy

y

u

dt

dx

x

u

t

u

dt

du

Für die x-Richtung würde dies beispielsweise bedeuten:

- die zeitliche Änderung der Geschwindigkeit des Teilchens am Ort r- die Änderung der Geschwindigkeit des Teilchens aufgrund der Bewegung des Teilchens von r nach r + dr

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Betrachtet man alle 3 Richtungen ergibt sich also

ugradut

u

dt

ud

Fehlen also nur noch die wirkenden Kräfte. Diese setzen sich zusammen aus

- der Gravitationskraft- der Druckkraft- der Reibungskraft

Die Gravitationskraft ist wie schon aus der Schule bekannt durch F = mg gegeben.

Auch die Reibungskraft haben wir bei der Definition der Viskosität h schonkennen gelernt. Um sie in die Kräftebilanz richtig mit einbeziehen zu könnenmüssen wir sie jedoch auf ein infinitesimal kleines Volumenstück dVumschreiben.

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Für die Reibungskraft betrachten wir also ein Volumenelement dV = dxdydzin einem Fluid, in der die Strömung in y-Richtung erfolgt und die ein Geschwindigkeitsgefälle in x-Richtung hat.

Die auf die linke bzw. rechte Seite des Volumenelements dV wirkende Reibung unterscheidet sich durch die Richtung und durch das herrschendeGeschwindigkeitsgefälle

rechtslinksxuxu / bzw. /

Um die resultierende Reibungskraft zu erhalten müssen wir nun das rechts-seitig Gefälle durch das linksseitige Gefälle ausdrücken unter Berücksichtigung der Änderung des Geschwindigkeitsgefälles im Bereich dx:

dxx

u

xx

u

x

u

linksrechts

aus Gerthsen Physik S. 110 Springer Verlag 22. Auflage

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Die Reibungskräfte links bzw. rechts des Volumenelements dV lauten also:

dydzdxx

u

x

udydz

x

udF

dydzx

udF

linksrechtsrechts

linkslinks

2

2

Somit erhalten wir als resultierende Kraft den Ausdruck

dVx

udFres 2

2

Hat man ein Geschwindigkeitsgefälle in 3 Dimensionen, so erweitert sichdiese Formel also zu

dVudFres

Man sieht hier, dass bei nicht-viskosen Fluiden die Reibungsterme wegfallen, wie wir es eigentlich auch erwarten mussten, da nicht-viskoseFluide aufgrund der Definition von viskos keine innere Reibung besitzendürfen.

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Damit überhaupt eine resultierende Druckkraft vorliegt muss wegen p = F/Aauf der einen Seite unseres Volumenelements dV ein größerer Druck herrschen als auf der gegenüberliegenden Seite.

Wir haben also entlang einer Richtung x auf der Länge dx ein Druckgefälledp/dx. Die resultierende Kraft ist also

dVx

pdydzdx

x

ppdydzpdFp

)(

Verallgemeinert auf 3 Dimensionen gilt dann:

dVpgraddFp

aus Gerthsen Physik S. 111 Springer Verlag 22. Auflage

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Wenn wir noch beachten, dass dVgmgdVudt

du

dt

dm

VV

und

ist erhalten wir also folgende Gleichung

dVugpgraddVuugraduut VV

) (

Da wir von einer konstanten Dichte ausgehen können wir mit r kürzen. Wirbetrachten zudem wieder nur die Integranten und finden nun:

ugpgraduugraduut

1

) (

Diese Gleichung ähnelt schon sehr der zu Beginn vorgestellten Darstellung der Impulsgleichung. Um auf die gleiche Darstellung zu kommen müssenwir allerdings noch aus den physikalischen Größen dimensionslose Größen machen. Dies geschieht wie folgt:

Einheit cherphysikalis gleicher mit größeVergleichs

Größe chephysikalisGröße losedimensions

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Dabei müssen für die Vergleichsgrößen die folgenden Eigenschaften gelten

- konstant für das Problem- im voraus bekannt- charakteristisch für das Problem

In unserem Fall wählen wir

²*

*

*

* * *

0

v

ppp

v

uu

L

vtt

L

zz

L

yy

L

xx

Wobei L und v durch die Messanlage und das Modell vorgegeben sind undp0 die ganz zu Beginn angesprochene additive Konstante des Drucks beseitigtund in der *-ten Gleichung auch verschwindet wegen grad* p0 = 0.

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Wenn wir die *-ten Größen jetzt einsetzen und beachten, das wir L,v und r alsKonstanten vorziehen können erhalten wir:

0*²*

;*

;*

1*

*;

*;

***

*)/(ppv

zLyLxLuv

zLyLxLuvuv

tvLRS

guvzLyLxL

LS

**)²²(

²

*)²²(

²

*)²²(

²

Nun multiplizieren wir beide Seiten mit L / v² und erhalten

gv

Lu

Lvpgradugraduu

t

²

******)*(**

**²

**)*(²

**

²pgrad

L

vugradu

L

vu

tL

vRS

0

0*1

**²

**)*(²

**

²

pgradL

pgradL

vugradu

L

vu

tL

vRS

guL

vLS

**²

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Benutzen wir nun die Definition der Reynoldszahl Re = (Lvr)/h und führennoch g in g* über durch Definition von g* als

gv

Lg

²

*

So sind wir bei der Gleichung angelangt, die wir als Impulsgleichungkennen gelernt haben.

gupgradugraduut

Re

1 )(

Auch die Euler-Gleichung haben wir für h=0 so noch mitgeliefert bekommen.

gpgradugraduut

)(

Wir können zudem noch eine interessante Folgerung ziehen aus der Tatsachedas rechts nur dimensionslose „Parametergruppen“ stehen.

Zwei Strömungen verhalten sich gleich, wenn die „Parametergruppen“ der ersten Strömung mit den „Parametergruppen“ der zweiten Strömung imWert übereinstimmen. Dies ist auch bekannt als Reynolds‘schesÄhnlichkeitsprinzip.