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Math Semesterber (2012) 59:1–28 DOI 10.1007/s00591-011-0093-y MATHEMATIK IN FORSCHUNG UND ANWENDUNG Mathematische Methoden in der Geothermie M. Augustin · W. Freeden · C. Gerhards · S. Möhringer · I. Ostermann Eingegangen: 16. Mai 2011 / Angenommen: 28. August 2011 / Online publiziert: 6. Oktober 2011 © Springer-Verlag 2011 Zusammenfassung Insbesondere bei der industriellen Nutzung tiefer geothermi- scher Systeme gibt es Risiken, die im Hinblick auf eine zukunftsträchtige Rolle der Ressource „Geothermie“ innerhalb der Energiebranche eingeschätzt und minimiert werden müssen. Zur Förderung und Unterstützung dieses Prozesses kann die Mathe- matik einen entscheidenden Beitrag leisten. Um dies voranzutreiben haben wir zur Charakterisierung tiefer geothermischer Systeme ein Säulenmodell entwickelt, das die Bereiche Exploration, Bau und Produktion näher beleuchtet. Im Speziellen bein- halten die Säulen: Seismische Erkundung, Gravimetrie/Geomagnetik, Transportpro- zesse, Spannungsfeld. Schlüsselwörter Mathematische Modellierung · Tiefengeothermie Mathematics Subject Classification (2010) 35Q86 · 86A20 · 86A22 · 86A60 1 Einleitung Der Bedarf an alternativen Energien wächst täglich – er bestimmt immer mehr die heutige Wirtschaftslage und -entwicklung. Dies wird unter anderem durch das gestie- gene Umweltbewusstsein aufgrund des Klimawandels und durch die zunehmende Knappheit der fossilen Rohstoffe verursacht. Einer der vielversprechenden erneuer- baren Energielieferanten ist die Geothermie. Bei der Energiegewinnung mittels geo- thermischer Anlagen wird die im zugänglichen Teil der Erdkruste gespeicherte Wär- me genutzt. Da Erdwärme einen nahezu unbegrenzten Energievorrat darstellt und im M. Augustin · W. Freeden ( ) · C. Gerhards Arbeitsgruppe Geomathematik, TU Kaiserslautern, Postfach 3049, 67653 Kaiserslautern, Deutschland e-mail: [email protected] S. Möhringer · I. Ostermann Fraunhofer ITWM, Fraunhofer-Platz 1, 67663 Kaiserslautern, Deutschland

Mathematische Methoden in der Geothermie

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Math Semesterber (2012) 59:1–28DOI 10.1007/s00591-011-0093-y

M AT H E M AT I K I N F O R S C H U N G U N D A N W E N D U N G

Mathematische Methoden in der Geothermie

M. Augustin · W. Freeden · C. Gerhards ·S. Möhringer · I. Ostermann

Eingegangen: 16. Mai 2011 / Angenommen: 28. August 2011 / Online publiziert: 6. Oktober 2011© Springer-Verlag 2011

Zusammenfassung Insbesondere bei der industriellen Nutzung tiefer geothermi-scher Systeme gibt es Risiken, die im Hinblick auf eine zukunftsträchtige Rolle derRessource „Geothermie“ innerhalb der Energiebranche eingeschätzt und minimiertwerden müssen. Zur Förderung und Unterstützung dieses Prozesses kann die Mathe-matik einen entscheidenden Beitrag leisten. Um dies voranzutreiben haben wir zurCharakterisierung tiefer geothermischer Systeme ein Säulenmodell entwickelt, dasdie Bereiche Exploration, Bau und Produktion näher beleuchtet. Im Speziellen bein-halten die Säulen: Seismische Erkundung, Gravimetrie/Geomagnetik, Transportpro-zesse, Spannungsfeld.

Schlüsselwörter Mathematische Modellierung · Tiefengeothermie

Mathematics Subject Classification (2010) 35Q86 · 86A20 · 86A22 · 86A60

1 Einleitung

Der Bedarf an alternativen Energien wächst täglich – er bestimmt immer mehr dieheutige Wirtschaftslage und -entwicklung. Dies wird unter anderem durch das gestie-gene Umweltbewusstsein aufgrund des Klimawandels und durch die zunehmendeKnappheit der fossilen Rohstoffe verursacht. Einer der vielversprechenden erneuer-baren Energielieferanten ist die Geothermie. Bei der Energiegewinnung mittels geo-thermischer Anlagen wird die im zugänglichen Teil der Erdkruste gespeicherte Wär-me genutzt. Da Erdwärme einen nahezu unbegrenzten Energievorrat darstellt und im

M. Augustin · W. Freeden (�) · C. GerhardsArbeitsgruppe Geomathematik, TU Kaiserslautern, Postfach 3049, 67653 Kaiserslautern,Deutschlande-mail: [email protected]

S. Möhringer · I. OstermannFraunhofer ITWM, Fraunhofer-Platz 1, 67663 Kaiserslautern, Deutschland

2 M. Augustin et al.

Tab. 1 Säulenmodell der mathematischen Charakterisierung tiefer geothermischer Systeme realisiert inder AG Geomathematik der TU Kaiserslautern und der Projektgruppe Geomathematik des FraunhoferITWM Kaiserslautern.

Tiefe geothermische Systeme

Seismische Erkundung Gravimetrie/ Transportprozesse Spannungsfeld

Geomagnetik

• Migration • Dichteanomalien • Wärmetransport • Bruchstimulation

• Inversion −→ Rekonstruktion • Fluidtransport • Bruchwachstum

−→ Rekonstruktion einer 3-dimensionalen • Stofftransport • Mikroseismizität

eines 3-dimensionalen Dichteverteilung/ • Tracertransport • Erdbebenwellen

Untergrundmodells Geschwindigkeitsvertei-lung

(mechanische, hydrau-lische, (thermo-)elas-tische Ursachen)

Vergleich zu anderen erneuerbaren Energielieferanten wie z.B. Solar- und Windkraftvon äußeren Einflüssen (saisonalen bzw. täglichen Klimavariationen) unabhängig ist,ist die Ressource “Geothermie” äußerst wertvoll.

Insbesondere im Falle der Tiefengeothermie (vgl. [32]) sind – trotz dieser Vor-teile – sowohl Wissenschaftler als auch Anwender bei der Exploration potentiellerStandorte, dem Bau geothermischer Anlagen und der letztendlichen Produktion miteinigen Problemen und Risiken konfrontiert. Bei der direkten (Wärmemarkt) oderindirekten (Elektrizitätsgewinnung) Nutzung tiefer Wärmereservoire wird die Ener-gie durch Zirkulation eines Wärmeträgermediums zwischen der Erdoberfläche unddem Reservoir gefördert. Dazu sind tiefe Bohrungen nötig. Die in diesem Zusam-menhang auftretenden Risiken sind z.B. Fehlbohrungen, Unterproduktion, Überpro-duktion (Erschöpfung des Reservoirs) oder seismische Aktivität (kleinere Erdstöße).Ursache dafür ist die Tatsache, dass erst mit der Bohrung selbst festgestellt werdenkann, wie die geologische, thermische und mechanische Beschaffenheit des gewähl-ten Standortes ist und ob die für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendige Produk-tionsrate bzw. -temperatur erreicht werden kann. Dies wird zusammengefasst unterdem Begriff “Fündigkeitsrisiko”. Das wichtigste Forschungsziel der beteiligten Wis-senschaftler – unter anderem Geologen, Ingenieure, Physiker und Mathematiker – istes, die genannten Risiken zu minimieren.

Aus Sicht der Mathematik bedeutet dies, unter Verwendung der teils mangelhaftenbzw. unvollständigen (Mess-)Daten sowohl die notwendigen (u.a. thermischen, me-chanischen, hydraulischen) Parameter als auch die auftretenden Prozesse währendder Explorations-, Bau- und Betriebsphase zu modellieren und zu simulieren. In derAG Geomathematik der TU Kaiserslautern bzw. in der Projektgruppe Geomathema-tik des Fraunhofer ITWM Kaiserslautern wird dazu ein Säulenmodell zur Charakte-risierung tiefer geothermischer Reservoire verwendet. Es besteht aus den folgendenvier Bereichen: Seismische Erkundung, Gravimetrie/Geomagnetik, Transportprozes-se, Spannungsfeld (vgl. Tab. 1 und [46, 68, 69]).

In dieser Arbeit werden – basierend auf den Betrachtungen in [3, 28, 30, 33, 35, 37,45, 46, 59, 68, 69] – zuerst kurz der geothermische Hintergrund und insbesondere dierelevanten Reservoirtypen dargestellt. Im Anschluss werden für diese Reservoirtypen

Mathematische Methoden in der Geothermie 3

die den einzelnen Säulen zugrundeliegenden Differential- und Integralgleichungenbeschrieben. Dabei wird eine Einordnung in bisher verwendete Modelle und Metho-den vorgenommen. Des Weiteren werden neben der Lösungstheorie auch numerischeVerfahren und einige entsprechende Ergebnisse vorgestellt.

2 Arten tiefer geothermischer Reservoire und verwendete Modelle

Geothermische Systeme können auf unterschiedliche Weise in Kategorien eingeteiltwerden. Im Folgenden werden die Einteilung nach der Temperatur und nach der Tiefevorgestellt.

Länder mit aktivem Vulkanismus wie z.B. Island profitieren von Wärmereservoi-ren in geringer Tiefe, die sich durch ihre hohen Temperaturen von mehr als 150°Causzeichnen. Diese Systeme werden Hochenthalpie-Lagerstätten genannt. Das Feh-len solcher Reservoire schließt aber nicht aus, dass eine Region über ein erheblichesgeothermisches Potential verfügen kann. Dieses Potential äußert sich in der Formtiefer Reservoire mit geringer Energie (höchstens 150°C), sogenannten Niedrigen-thalpie-Lagerstätten. Details zum geothermischen Potential in Deutschland, das we-sentlich durch die zuletzt genannten Systeme charakterisiert ist, findet man z.B. in[51, 80]. Eine ausführliche Kategorisierung geothermischer Reservoire aufgrund ih-rer Temperatur wird in [77] präsentiert.

Bei der Einteilung nach der Tiefe unterscheidet man zwischen oberflächennaherGeothermie und Tiefengeothermie. Oberflächennahe Geothermie ist charakterisiertdurch Bohrungen mit einer maximalen Tiefe von 400 m. Die gewonnene Energiewird zum Heizen von Wohnhäusern verwendet – im Allgemeinen durch Wärme-pumpenheizungen. Im Falle der Tiefengeothermie (in ca. 2–5 km Tiefe) kann ei-ne weitere Unterteilung vorgenommen werden, nämlich in hydrothermale Systeme,petrothermale Systeme und tiefe Erdwärmesonden. In einer tiefen Erdwärmesondezirkuliert das Wärmeträgermedium in einem geschlossenen Kreislauf innerhalb ei-nes U-Rohrs oder einer Koaxialsonde. Obwohl diese Methode den Vorteil besitzt,dass das Wärmeträgermedium keinen Kontakt zum Grundwasser hat, führt die rela-tiv geringe Produktivität dieser Reservoire dazu, dass die zuvor genannten Alterna-tiven offener Systeme bevorzugt werden. In einem hydrothermalen System wird einnatürlicher Aquifer (wasserführendes Gebiet) zur Wärmeproduktion genutzt. Die-ser Aquifer wird typischerweise als poröses Medium modelliert. Im Gegensatz dazuverfügt ein petrothermales System zwar über heißes, geklüftetes Gestein, aber dasnotwendige Wärmeträgermedium muss künstlich eingebracht werden. Da die natür-lichen Bruchsysteme in diesen Reservoiren oftmals einen wirtschaftlich rentablenBetrieb nicht erlauben, müssen sie künstlich stimuliert werden. Deshalb werden sie“Hot Dry Rock” System (HDR) oder “Enhanced Geothermal System” (EGS) ge-nannt.

Im Folgenden liegt der Fokus auf offenen Systemen, d.h. hydrothermalen und pe-trothermalen Reservoiren, und den heutzutage üblichen Reservoirmodellen, die alsAusgangspunkt zur Durchführung der Explorationsverfahren und der Simulation derauftretenden Prozesse anzusehen sind (siehe das Säulenmodell in Tab. 1).

Wie oben bereits erwähnt, wird zur Modellierung in hydrothermalen Systemenein poröses Medium angenommen. Die damit verbundene Theorie und numerischenLösungsverfahren sind z.B. in [5, 16, 18, 23, 44, 68, 69, 76] zu finden.

4 M. Augustin et al.

Zur Modellierung von geklüfteten Systemen (petrothermalen Reservoiren) kannman entweder Kontinuumsansätze oder diskrete Ansätze verwenden. Die Kontinu-umsansätze gliedern sich in die “Effective Continuum Method” (ECM), die “Dual-Continuum” (DC) bzw. “Multiple Interacting Continua” (MINC) Methoden und die“Stochastic Continuum” Methoden (SC). Bei der Verwendung von ECM wird dasgeklüftete Medium durch ein äquivalentes poröses Medium dargestellt, wobei dieBestimmung der benötigten effektiven Kontinuumsparameter schwierig ist (vgl. [73,76, 87]). Eine Erweiterung dieses Konzepts stellen DC und MINC dar, wobei eineEinteilung des Reservoirs in zwei oder mehr Kontinua erfolgt. Neben der Bestim-mung der Kontinuumsparameter ist die richtige Kopplung der einzelnen Teilgebietevon immenser Bedeutung (vgl. [2, 44, 72, 88]). Im Gegensatz zu ECM werden beiAnwendung von SC die nötigen Parameter nicht als deterministische sondern als sto-chastische Variablen modelliert (vgl. die Pionierarbeit in [67]). Konzepte zur Bestim-mung der Kontinuumsparameter für die genannten Verfahren stellen die diskretenReservoirmodelle in Form von “Single Fracture” Methoden (SF), “Discrete FractureNetwork” Methoden (DFN) und “Fracture-Matrix” Methoden (FM) dar. Somit sindsie nicht nur zur Simulation der auftretenden Prozesse einsetzbar. Falls der Flussim petrothermalen Reservoir hauptsächlich in einigen wenigen dominanten Brüchenstattfindet, ist das Verhalten innerhalb dieser bestimmten Brüche äußerst wichtig. ZurModellierung wird SF eingesetzt, das ursprünglich auf dem Konzept paralleler Plat-ten basiert (vgl. [56]). Wegen der meist sehr rauen Bruchoberfläche, reicht diese ver-einfachte Betrachtung nicht aus (vgl. [6, 22, 52]). Unter den Verfahren zur Model-lierung petrothermaler Systeme gehören die DFN zu den präzisesten – sie sind abersehr schwierig zu implementieren. Dabei stellt die Charakterisierung des Bruchnetz-werkes eine immense Herausforderung dar (vgl. [20]). Realistische – aber auch sehrkomplexe – Methoden sind die FM. Dieser Ansatz wird erst seit kurzer Zeit näherverfolgt, z.B. durch R. Helmig und seine Arbeitsgruppe am IWS der Universität Stutt-gart (vgl. [55]). Die FM ermöglichen es, die Interaktion zwischen den Brüchen undder umgebenden Gesteinsmatrix abzubilden, wenn die reale (vor Ort vorzufindende)Bruch-Matrix-Konfiguration beispielsweise durch Messungen aus Bohrungen oderdurch Resultate der Exploration bekannt ist. Eine schematische Übersicht der zuvorbeschriebenen Verfahren zur Reservoirmodellierung ist in Abb. 1 dargestellt. WeitereInformationen und Literaturhinweise sind z.B. in [46] zu finden.

3 Spezielle Explorations- und Prozesssimulationsverfahren

In diesem Kapitel werden die nötigen Differential- und Integralgleichungen vorge-stellt, die den einzelnen Teilen des in der Einleitung eingeführten Säulenmodells zu-grunde liegen (siehe Tab. 1). Des Weiteren werden relevante Fallbeispiele näher un-tersucht. Dies beinhaltet unter anderem spezielle Lösungsansätze sowohl im Hinblickauf Existenz- und Eindeutigkeitsaussagen als auch auf die anschließende numerischeUmsetzung.

3.1 Seismische Erkundung

Zu Beginn eines Geothermievorhabens steht die Identifizierung und Exploration ei-nes potentiellen Reservoirs. Da erst durch eine Bohrung dessen exakte Ausmaße,

Mathematische Methoden in der Geothermie 5

Abb. 1 Schema heutzutage verwendeter geothermischer Reservoirmodelle (vgl. [46])

Parameter und Beschaffenheit bestimmt werden können, dies aber zu kostspielig ist,sind alternative Erkundungsmethoden unverzichtbar. Die Wichtigste ist die Erkun-dung auf Basis seismischer Daten in Form von Seismogrammen. Die Daten wer-den an der Erdoberfläche oder in bereits vorhandenen Bohrlöchern gesammelt. ZurErstellung eines Untergrundbildes aus den verfügbaren 2- und 3-dimensionalen Da-tensätzen werden sogenannte Migrations- und Inversionsverfahren eingesetzt (sieheSäule 1 in Tab. 1). Bei der Migration werden die in den Seismogrammen bzgl. derZeit aufgezeichneten Amplituden (Wellenfelder) zu ihrer “wahren” Tiefe verscho-ben, damit die Form, die Position und der Reflektionskoeffizient des entsprechen-den Reflektors rekonstruiert werden können (vgl. [17, 90] und die darin aufgeführteLiteratur). Entscheidend für die Qualität und Zuverlässigkeit des Migrationsergeb-nisses und der anschließenden geologischen Interpretation ist die Genauigkeit desverwendeten (approximativen) Geschwindigkeitsmodells, das durch die Geschwin-digkeitsanalyse z.B. mittels Tomographie oder Inversion bestimmt werden kann (vgl.[7]). Eine iterative Anwendung eines Migrationsverfahrens kann zur Verfeinerungdes Geschwindigkeitsmodells eingesetzt werden. Dabei wird ein stetiges Startmodellschrittweise lokal verbessert.

Abhängig von der verwendeten Approximation der akustischen Wellengleichung– oder allgemeiner der elastodynamischen Gleichung – können Migrationsmethodenin die folgenden Klassen aufgeteilt werden: Strahlbasierte Verfahren (siehe z.B. [13,70, 84]), Tiefenfortsetzung (siehe z.B. [17, 19, 89]), Reverse Time Migration (RTM)(siehe z.B. [4, 14, 42, 81]). Bei Anwendung der strahlbasierten Verfahren wird diehochfrequente asymptotische Lösung der Eikonalgleichung bestimmt. Die Tiefen-fortsetzung nutzt hingegen die Einweg-Wellengleichung – das Wellenfeld wird dabeischrittweise für zunehmende Tiefenniveaus berechnet. Im Gegensatz dazu basiert dieRTM auf der (Zweiweg-)Wellengleichung. Das aufgenommene Seismogramm wirdbis zum Startzeitpunkt rückwärts in der Zeit verfolgt. Zur jeweiligen numerischenUmsetzung können Integralgleichungsmethoden, Finite-Differenzen-Verfahren oderauch Frequenz-Wellenzahl-Implementierungen verwendet werden (vgl. [90]).

Um das entstandene Reflektorenabbild – gleichbedeutend mit einem Untergrund-bild – korrekt interpretieren zu können, sind sowohl ein tiefes Verständnis in Geologie

6 M. Augustin et al.

Abb. 2 Migrationsergebnis S zum “Marmousi”-Modell im Flächenstück T (vgl. [45])

und Geophysik als auch ein zuverlässiges Migrationsergebnis unabdingbar. Um die-sen Prozess zu unterstützen, können die Migrationsergebnisse im sogenannten Post-processing nachbearbeitet oder weiter aufgeschlüsselt werden (siehe z.B. [74]). Dies-bezüglich wird in [30] eine Multiskalenmethode vorgeschlagen und in [45] im Rah-men der Seismik als Postprocessing auf Basis von Helmholtz-Wavelets vorgestellt.Im Folgenden werden diese Betrachtungen genauer vorgestellt.

3.1.1 Seismisches Postprocessing mittels Multiskalen-Analyse

Ziel ist die Zerlegung eines Signals S – das Migrationsergebnis eines Wellenge-schwindigkeitsprofils – in Multiskalenkomponenten mittels orts- und frequenzloka-lisierender Helmholtz-Wavelets (vgl. [30]), die mit einer vorgegebenen Wellenzahl κ

assoziiert sind. Dazu wird auf die in der mathematischen Physik bekannten Grenz-und Sprungrelationen zurückgegriffen. Diesbezüglich wird ein reguläres Flächen-stück T betrachtet, das als Teil einer geschlossenen Fläche F interpretiert wird undauf dem ein geglättetes Geschwindigkeitsfeld verfügbar ist. Das Signal S sei eineauf F gegebene stetige Funktion, deren Werte auf T diskret in hinreichender Da-tendichte verfügbar sind. Abbildung 2 zeigt als Beispiel ein Migrationsergebnis zum“Marmousi”-Datensatz (vgl. [60]), wobei T in diesem speziellen Falle ein Rechteckist. Abbildung 3 veranschaulicht für dieses Rechteck ein zugehöriges geglättetes Ge-schwindigkeitsfeld, welches ortsabhängig Aufschluss über die Wellenzahl κ = 2πf

C

(f : Frequenz, C: Geschwindigkeit) gibt.Da die Helmholtz-Wavelets für große Skalen eine starke Ortslokalisation zei-

gen, reflektieren sie ortsabhängig die Wellenzahl κ . Die Zerlegung des Signals Sin Helmholtz-Wavelets in ortslokaler Abhängigkeit von κ wird mittels eines Pyrami-denschemas (“tree algorithm”, vgl. [30]) vorgenommen, welches in den folgendenSchritten umgesetzt wird. Ausgehend von einer hinreichend groß gewählten Skala

Mathematische Methoden in der Geothermie 7

Abb. 3 Geglättetes Geschwindigkeitsfeld des “Marmousi”-Modells (vgl. [45])

J ∈ N, so dass für jedes x ∈ T die Näherung

S(x) �NJ∑

i=1

aNJ

i φJ (x, yNJ

i )

erfüllt ist, werden die Koeffizienten

aNj ∈ RNj , aNj = (a

Nj

1 , . . . , aNj

Nj)T, j = J0, . . . , J,

mit geeignet großem J > J0 ∈ N berechnet, wobei Folgendes gilt:

1. Die Vektoren aNj , j = J0, . . . , J −1, werden durch Rekursion beginnend bei aNJ

bestimmt.2. Für j = J0, . . . , J und jedes x ∈ T mit κ(x) = 2πf

C(x)gilt:

Pj (x) =∫

Tφj (x, y)S(y) dS(y) �

Nj∑

i=1

aNj

i φj (x, yNj

i ).

Für j = J0 + 1, . . . , J und jedes x ∈ T mit κ(x) = 2πfC(x)

gilt:

Rj−1(x) =∫

Tψj−1(x, y)S(y) dS(y) �

Nj−1∑

i=1

aNj−1i ψj−1(x, y

Nj−1i ).

Dabei bezeichnet dS das Flächenelement im R3. Für die von der Wellenzahl κ ab-

hängigen Skalierungs- und Waveletfunktionen φj bzw. ψj−1 sind die in [30] einge-führten diskreten Varianten vom Typ 2, 3, 5 oder 6 zu verwenden.

Basierend auf numerischer Integration auf dem Flächenstück T bezüglich Ge-

wichten wNj

i ∈ R und Stützstellen yNj

i ∈ T , j = J0, . . . , J , (Nj : Anzahl der Inte-grationspunkte zur Skala j ) erhält man dann ein Pyramidenschema, das aus einem

8 M. Augustin et al.

Abb. 4 Lithologie im “Marmousi”-Modell (vgl. [60])

Initialisierungs- und einem Pyramidenschritt für J bzw. j = J0, . . . , J − 1 besteht(für Details siehe [30]). Während des Initialisierungsschritts werden in einem “readin”-Prozess die bekannten Werte des Signals S eingelesen. Danach werden rekur-siv die betreffenden Skalen abgearbeitet. Dies ist in Abb. 5–6 für zwei Beispieledargestellt. Dabei werden die Detailinformationen mit Rj−1 und die resultierendenSkaleninformationen mit Pj bezeichnet.

Abbildung 5 visualisiert als Postprocessing des Migrationsergebnisses S (sieheAbb. 2) zum Wellengeschwindigkeitsprofil für den “Marmousi”-Datensatz (vgl. [60])eine Dekomposition mittels Helmholtz-Wavelets unter Benutzung des Pyramiden-schemas. Die numerischen Rechnungen sind zunächst durchgeführt mit einer Fre-quenz von f = 20 Hz. Hochfrequenzinformation – z.B. “high-amplitude reflectors”– ist in den bandpassgefilterten Detailinformationen R9, R8 und R7 enthalten. ImHinblick auf die lithologische Situation (vgl. Abb. 4) sind unschwer Verwerfungenund Salzstöcke in ihrer räumlichen Lage zu erkennen. Abbildung 6 liefert eine Wave-letzerlegung zu einer Frequenz von f = 50 Hz. Die Detailinformationen weisen hiereine höhere Feinstruktur auf, z.B. für die Salzstöcke. Weitere Veranschaulichungenfinden sich in [45].

3.2 Gravimetrie und Geomagnetik

Zur Minimierung des Fündigkeitsrisikos ist die Geothermie gut beraten neben derSeismik noch Gravimeter- und/oder Magnetometerdaten hinzuzuziehen (siehe Säu-le 2 in Tab. 1 und Abb. 7). Dabei darf nie außer Acht gelassen werden, dass dieseMesswerte in einem Feld eingebettet sind, das summarisch aus umgebenden Bei-trägen besteht. Mathematisch ist daher die 3-dimensionale Inversion von Gravitati-onsfelddaten mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Diese beruht auf dem di-rekten Zusammenhang von Gravitationspotential V und Dichteverteilung ρ über dasNewton-Potential

V (x) =∫

G

ρ(y)

|x − y| dV (y) (3.1)

auf einem Referenzkörper G , wie z.B. (einem bestimmten Teil) der Erde (dV be-zeichnet das Volumenelement im R

3). Das auftretende inverse Problem zu (3.1) ist

Mathematische Methoden in der Geothermie 9

Abb. 5 Multiskalenzerlegung des Migrationsergebnisses S in Abb. 2 laut Pyramidenschema für die Fre-quenz f = 20 Hz (vgl. [45])

(im Sinne der Klassifikation von Hadamard) schlecht gestellt, denn es ist nicht fürjedes beliebige Gravitationspotential lösbar, die Eindeutigkeit ist nicht gewährleis-tet und die Lösung hängt nicht stetig von den Daten ab – sie ist instabil (vgl. [31]).Die in der Literatur gewöhnlich zu findenden Inversionstechniken beruhen auf einerEinschränkung des Gravitationspotentials auf den harmonischen Teilraum der qua-dratintegrablen Funktionen. Da selbst in diesem Fall die Inverse des Integralopera-tors nicht stetig ist, werden Regularisierungstechniken benötigt (siehe [63, 64] füreine frequenzbasierte Anwendung von Multiskalentechniken). Dabei wird die soge-nannte harmonische Lösung aus dem Gravitationspotential und die sogenannte an-harmonische Lösung z.B. aus zusätzlichen nicht-gravitativen Daten errechnet. Rea-lisierungen dieser Inversionsmethodik auf gegebenem gleichverteiltem Datenraster,z.B. Satellitendaten, sind bekannt (vgl. [63]). Der Schluss von seismisch lokal ge-wonnenem Strukturbild auf die Anwesenheit geothermisch auswertbarer Reservoireder Erdkruste ist allerdings anspruchsvoll.

Ähnlich große Schwierigkeiten wie die Inversion im Gravitationsfall bietet dieErmittlung der Magnetisierung m aus dem Magnetfeldpotential M über die Integral-

10 M. Augustin et al.

Abb. 6 Multiskalenzerlegung des Migrationsergebnisses S in Abb. 2 laut Pyramidenschema für die Fre-quenz f = 50 Hz (vgl. [45])

gleichung

M(x) =∫

Gm(y) · ∇y

1

|x − y| dV (y).

Einige Inversionstechniken sind bekannt (vgl. [11, 62] und die darin genannte Lite-ratur), die sich zumeist der Ersetzung des Integrals durch eine geeignete (endliche)Summe und anschließender Lösung geeigneter linearer Gleichungssysteme bedienen.

Gewöhnlich werden in den Anwendungen Gravitations- und Magnetfeldinversionseparat betrieben (siehe z.B. [82]), um Dichte und Magnetisierung unabhängig von-einander zu erhalten. Dabei zeigt die Poissonsche Relation (vgl. [11]), dass für jedenTeilkörper K ⊂ G und gleichförmige Magnetisierung (d.h. m(y) = m, y ∈ K) sowiegleichförmige Dichte (d.h. ρ(y) = ρ, y ∈ K)

M(x) = m ·∫

K

∇y

1

|x − y| dV (y) = −m ·∫

K

∇x

1

|x − y| dV (y)

= −m

ρ·∫

K

ρ(y)∇x

1

|x − y| dV (y) = −m

ρ· ∇x V (x)

Mathematische Methoden in der Geothermie 11

Abb. 7 Prinzip der Gravimetrie (links) bzw. der Geomagnetik (rechts) (entnommen aus [47])

für alle x ∈ R3 \ K gilt. Mit anderen Worten, für einen Körper mit gleichförmiger

Dichte und Magnetisierung ist das magnetische Potential proportional zur Gravitati-onsfeldkomponente in Richtung der Magnetisierung. Diesen Sachverhalt nutzen wirnun für eine Gravito-Magneto-kombinierte Inversion aus, bei der als wesentlichesHilfsmittel auf die Eulersche Summationsformel zum Laplace-Operator � zurück-griffen wird (vgl. [28]).

3.2.1 Gravito-Magneto-kombinierte Inversion

Die grundlegende Idee des Verfahrens ist der Vergleich des Potentials

m(z) · ∇x V (x) + ρ(z)M(x) =∫

G(m(z)ρ(y) − ρ(z)m(y)) · ∇x

1

|x − y| dV (y)

=∫

Gaz(y) · ∇x

1

|x − y| dV (y) (3.2)

und der Summe

g∈Gg∈�

α(g)(m(z)ρ(g) − ρ(z)m(g)) · ∇x

1

|x − g| =∑

g∈Gg∈�

α(g)az(g) · ∇x

1

|x − g| (3.3)

bezüglich eines 3-dimensionalen (nicht-entarteten) Gitters �, wobei x ∈ R3 \ G und

z ∈ G . Des Weiteren stellt α(g) den Raumwinkel im Punkt g ∈ G ∩ � hinsichtlichdes Randes ∂G dar. Unter Verwendung der Eulerschen Summationsformel kann derRestterm

m(z) · ∇x V (x) + ρ(z)M(x) −∑

g∈Gg∈�

α(g)az(g) · ∇x

1

|x − g|

12 M. Augustin et al.

explizit in Integralform geschrieben werden:

GG(�;y)�y

(az(y) · ∇x

1

|x − y|)

dV (y)

+∫

∂G

(az(y) · ∇x

1

|x − y|)

∂ny

G(�;y) dS(y)

−∫

∂G

∂ny

(az(y) · ∇x

1

|x − y|)

G(�;y) dS(y). (3.4)

Dabei bezeichnet G(�; ·) die Greensche Funktion zum Laplace-Operator � und zurRandwertaufgabe der �-Periodizität (vgl. [28]).

Die Integraldarstellung (3.4) ermöglicht es, das Potential (3.2) und die zugehörigeendliche Summe (3.3) (gegebenenfalls unter der zusätzlichen Kenntnis von “Dichteund Magnetisierung an der Oberfläche” im Falle von Daten auf grober Maschen-weite von �) zur gegenseitigen Approximation in Beziehung zu setzen. Einerseitskann somit ein ausreichend verfügbares seismisches Modell durch Vergleich mit derKombination aus Gravitationsfeld- und Magnetfeldpotentialdaten validiert werden.Andererseits werden in einem Inversionsprozess die Unbekannten az(g) in innerenGitterpunkten aus der Gravito-Magneto-Kombination von Daten ermittelbar. Einge-bracht in ein durch Seismik bereitgestelltes Geometriemodell spielt dabei der Punkt z

eine wichtige Rolle. Ist z beispielsweise ein innerer Punkt eines Teilbereiches K mitgleichförmiger Dichte und Magnetisierung, so gilt (unabhängig von der explizitenKenntnis von m(z) und ρ(z))

g∈Kg∈�

α(g)az(g)︸ ︷︷ ︸=0

·∇x

1

|x − g| = 0

für alle x ∈ R3 \ G . Mehr noch, die durch Inversion ermittelten Koeffizienten az(g)

bilden durch ihre Abweichung vom Nullvektor für alle Gitterpunkte g ∈ � in derUmgebung von z ein Maß für die Ungleichförmigkeit von Dichte und Magnetisie-rung, das zur Beschreibung des Fündigkeitsrisikos auswertbar wird.

3.2.2 Gravito-Magneto-kombiniertes Postprocessing

Zusätzlich lässt sich ein Postprocessing durchführen, indem für Quellpunkte x ∈ Gdie Fundamentallösung

φ(x, y) = 1

|x − y| , y ∈ G,

durch eine Regularisierung der Form (τ > 0)

φτ (x, y) ={

12τ

(3 − |x−y|2

τ 2

), |x − y| ≤ τ,

1|x−y| , |x − y| > τ,

Mathematische Methoden in der Geothermie 13

so ersetzt wird (vgl. [33, 34]), dass für jede positive monoton fallende Nullfolge{τj }j∈N Folgendes gilt:

m(x) · ∇x V (x) + ρ(x)M(x) = limj→∞

G(m(x)ρ(y) − ρ(x)m(y)) · ∇xφτj

(x, y) dV (y)

= limj→∞

Gax(y) · ∇xφτj

(x, y) dV (y). (3.5)

Die Grenzrelation (3.5) führt dann nach dem üblichen Vorgehen zu einer Multiska-lenapproximation (vgl. [26, 29, 35–37, 86]). Genauer gesagt lässt sich sukzessiv fürsteigende Indizes j das folgende Approximationsschema garantieren:

|x−y|≤τjy∈G

ax(y) · ∇xψτj (x, y) dV (y)

Gax(y) · ∇xφτj (x, y) dV (y) ⊕

Gax(y) · ∇xφτj+1(x, y) dV (y)

Dabei entspricht das lokal kompakte Wavelet ψτjder Differenz der Skalierungsfunk-

tionen φτj+1 und φτj, d.h.

ψτj= φτj+1 − φτj

.

Bei dieser Vorgehensweise setzt sich im Approximationsschema die Tiefpassfilterungdurch das rechte Integral zur Skala j + 1 aus dem tiefpassgefilterten Ausgangsinte-gral zur Skala j auf der linken Seite und der Detailinformation (Bandpassfilterung,oberes Integral) auf der Kugel um x mit Radius τj zusammen. Wiederholungen die-ses Prozesses liefern ein “zooming in” lokal für die betrachtete Umgebung von x.Bemerkenswert ist, dass der Multiskalenprozess für einen Index j = J terminiert,wenn sich die Kugel mit Mittelpunkt x und Radius τJ in einem Teilbereich von Gmit gleichförmiger Dichte und Magnetisierung befindet.

Der Multiskalenprozess ermöglicht somit Informationen über die umgebungsab-hängige Abweichung von der Gleichförmigkeit zu gewinnen. Dabei spezifiziert derskalenabhängige lokale Träger des Wavelets entsprechend seiner örtlichen Lage denGrad der Umgebungsabhängigkeit der Abweichung von der Gleichförmigkeit. DesWeiteren beschreiben die Waveletkoeffizienten, d.h. die Bandpassfilterungen zu denSkalen j der Daten, skalen- und ortsabhängig ein Maß für die lokale Abweichungvon der Gleichförmigkeit.

Schließlich erlaubt die Eulersche Summationsformel eine Fehleranalyse zwischenallen auftretenden Tiefpass- und Bandpassfilterungen und ihren jeweiligen ortsdis-kreten Analoga.

Das linke Bild in Abb. 8 (vgl. [83]) zeigt das Profil des nördlichen Quengue-la Trogs im angolanischen Cuanca-Becken, auf dem strukturell das “Marmousi”-Modell basiert. Eine vergleichende 2-dimensionale Multiskalenanalyse des “Mar-mousi”-Modells und des synthetischen Modells (Bild auf der rechten Seite) führtnicht nur (datenabhängig) zur örtlichen Detektion der Verwerfungslinien, sondern

14 M. Augustin et al.

Abb. 8 Profil des nördlichen Quenguela Trogs (links, vgl. [83]) und synthetisches Profil (rechts)

auch über die skalen- und ortsabhängige Auswertung der Waveletkoeffizienten zurörtlichen Festlegung geologischer Bereiche mit demselben “Gleichförmigkeitsgrad”hinsichtlich Dichte und Magnetisierung.

3.3 Transportprozesse

Die grundlegenden Prozesse, die sowohl in hydrothermalen als auch petrothermalenReservoiren von Interesse sind, sind Wärme-, Fluid-, Stoff- und Tracertransport (sie-he Säule 3 in Tab. 1). Im Gegensatz zu den ersten beiden Vorgängen stellt sich bei denletzten beiden die Frage, wieso sie wichtig sind. Während der Zirkulation des Wärme-trägermediums können Stoffe aus dem Untergrund im Fluid gelöst werden oder auchaus dem Fluid ausfallen. Dies kann zu einer Reduzierung der Permeabilität des Me-diums führen und beeinflusst somit den Fluidfluss – insbesondere in geklüfteten Me-dien. Mithilfe der Injektion eines Tracers (Markierstoff) in ein Reservoir, den Datenaus Messungen an der Extraktionsbohrung und dem Abgleich der Messdaten mit denErgebnissen aus Strömungssimulationen werden Fließwege und -geschwindigkeitenuntersucht. Im Falle eines petrothermalen Systems ist man aufgrund des vorhandenenBruchnetzwerks zusätzlich zu den bisher genannten mit folgenden Anforderungenkonfrontiert: Explizite Darstellung der Brüche, Änderung des Bruchwinkels bzw. derBruchausrichtung durch Spannung und Scherung, thermoelastische Effekte, Bestim-mung der Beziehung zwischen Bruchausrichtung und Bruchleitfähigkeit, Fluidflussinnerhalb der Brüche, Kopplung von Reservoirmodellen mit Bohrlochmodellen (vgl.[78]). Diese Aufzählung stellt eindeutig die wechselseitige Beziehung der Simulationder Transportprozesse (siehe Säule 3 in Tab. 1) und des Spannungsfeldes (siehe Säule4 in Tab. 1) heraus. Modelle und (numerische) Lösungsansätze zu den beschriebenenProblemen im Bereich der Transportprozesse findet man unter anderem in [21, 43,46, 53, 54, 59, 68, 69, 71] und der darin aufgeführten Literatur.

Im Folgenden werden die für hydrothermale Systeme in [68, 69] und für petrother-male Systeme in [59] vorgestellten Methoden zur Simulation des Wärmetransportsnäher betrachtet.

3.3.1 Wärmetransport im porösen Medium

Ziel ist es, den Wärmetransport in einem 2-phasigen porösen Medium, das aus ei-ner festen und einer fluiden Phase besteht, zu simulieren. Dies wird mithilfe einesAnfangs-Randwert-Problems realisiert. Die dazu nötige zeitabhängige partielle Dif-ferentialgleichung wird aus dem Gesetz der Energieerhaltung (vgl. [79]) in einem3-dimensionalen beschränkten, regulären Gebiet B abgeleitet. Dieses Gesetz besagt,dass die zeitliche Veränderung der thermischen Energie innerhalb von B der Summeder entzogenen thermischen Energie aufgrund des Flusses durch den Rand ∂B und

Mathematische Methoden in der Geothermie 15

der erzeugten thermischen Energie aufgrund von Wärmequellen und -senken inner-halb von B entspricht, d.h.

d

dt

( ∫

Bc(x, t)ρ(x, t)T (x, t) dV (x)

)= −

∂Bφ(x, t) · n(x) dS(x)

+∫

BQ(x, t) dV (x). (3.6)

Die auftretenden Größen sind: ddt

– (totale) Zeitableitung (Zeit t), c – Wärmekapazi-tät, ρ – Dichte, T – Temperatur, dV – Volumenelement im R

3, φ – thermischer Fluss(Vektor), n – äußere (Einheits-) Normale bzgl. ∂B, dS – Flächenelement im R

3, Q –Wärmequellen und -senken.

Verwendet man die (vektorielle) Geschwindigkeit v(x, t) = ∂x∂t

und eine sowohlzeitlich als auch räumlich konstante Wärmekapazität bzw. Dichte, kann man Glei-chung (3.6) folgendermaßen vereinfachen:

B

(cρ

∂T

∂t(x, t) + cρ v(x, t) · ∇xT (x, t)

)dV (x) = −

B∇x · φ(x, t) dV (x)

+∫

BQ(x, t) dV (x). (3.7)

Ausgehend von (3.7) wird für die beiden Phasen getrennt je eine Wärmetransport-gleichung hergeleitet. Dabei wird eine starre und unbewegliche Gesteinsmatrix ohneWärmequellen bzw. -senken angenommen. Des Weiteren gelte in beiden Phasen dasFouriersche Gesetz (φ(x, t) = −k(x, t)∇xT (x, t)). Um aus den so erhaltenen tran-sienten (Advektions-)Diffusions-Gleichungen zu einem kontinuierlichen Modell fürdas poröse Medium zu gelangen, wird angenommen, dass ein thermodynamischesGleichgewicht herrscht. Folglich ist die Temperatur in beiden Phasen identisch. DieKopplung der phasenbezogenen Gleichungen entspricht der gewichteten Summationbzgl. der Porosität λ und führt zur transienten Advektions-Diffusions-Gleichung fürein 2-phasiges poröses Medium (siehe (3.8)).

Um auf der Basis dieser Gleichung den Wärmetransport in einem hydrotherma-len System zu simulieren, benötigt man zusätzliche Informationen in Form einerAnfangs- und einer Randbedingung. In unserem Fall sieht das resultierende Anfangs-Randwert-Problem folgendermaßen aus:

(cρ)p∂T

∂t= ∇ · (kp∇T ) − λcfρf vf · ∇T + Q in B × (0, tend), (3.8)

T (·,0) = T0 in B, (3.9)

∂T

∂n= F auf ∂B × [0, tend]. (3.10)

Dabei gilt (cρ)p = λcfρf + (1 − λ)csρs, kp = λkf + (1 − λ)ks (Wärmeleitfähigkeit),Q = Qp = λQf und 0 < tend < ∞. Des Weiteren kennzeichnen die Indizes “p”, “f”und “s” jeweils die betreffenden Größen des “porösen Mediums”, der “fluiden Phase”bzw. der “festen Phase”.

16 M. Augustin et al.

Die folgenden Aussagen zur Existenz, Eindeutigkeit und Stetigkeit der schwachenLösung des Problems (3.8)–(3.10) sind in [68] nachgewiesen. Die nötigen Bedingun-gen an die auftretenden Größen und weitere Details können dort nachgelesen werden.

Theorem 3.1 (Existenz und Eindeutigkeit) Das Anfangs-Randwert-Problem (3.8)–(3.10) hat eine eindeutige schwache Lösung

T ∈ L2([0, tend]; H1(B)) ∩ H1((0, tend); (H1(B))′

).

Korollar 3.2 (Stetigkeit) Die eindeutige Lösung, die in Theorem 3.1 beschrieben ist,liegt im Raum C([0, tend];L2(B)).

Da die schwache Form des Problems (3.8)–(3.10) unendlich-dimensional ist, be-nötigt man zur numerischen Umsetzung ein endlich-dimensionales Problem, dessenLösung eine Approximation der gesuchten Lösung liefert. Um dies zu erreichen,wird ein lineares Galerkin-Schema auf der Basis von skalaren Kernen und einesGitters paarweise verschiedener Punkte im Gebiet B verwendet. Die approximati-ve Galerkin-Lösung zu J ∈ N wird mit TJ bezeichnet. Im Grenzwert ist folgendeKonvergenzaussage gültig (vgl. [68, 69] für den Beweis):

Theorem 3.3 (Konvergenz) TJ konvergiert für J → ∞ zur eindeutigen schwachenLösung T im Sinne:

TJ → T stark in L2([0, tend]; H1(B))

und Lp([0, tend];L2(B)

)

für alle 1 ≤ p < ∞,

TJ → T schwach- ∗ in L∞([0, tend];L2(B))

für 0 < tend < ∞.

Geeignete Beispiele für das Galerkin-Gitter und den Galerkin-Kern sind tetrago-nale Gitter und der biharmonische Kern (gehört zu den radialen Basisfunktionen, vgl.[15, 85]). Sie erfüllen die nötigen Bedingungen des Galerkin-Verfahrens (siehe [68,69] für Details). Die Ergebnisse eines numerischen Tests für den Kubus (−1,1)3

im Falle eines diffusionsdominanten Problems (mit Péclet-Zahl Pe = 0.01), einerkonstanten Anfangsbedingung von T0 = 393.15 K und einer (Punkt-)Injektion imUrsprung mit einer Injektionstemperatur, die (zeitlich) konstant 50K unter der An-fangsbedingung liegt, sind in Abb. 9 und 10 zu sehen. In den ersten beiden Spaltenvon Abb. 9 ist die zeitliche Entwicklung der Temperaturdifferenz TJ (·, t) − TJ (·,0)

für ausgewählte Zeitpunkte zwischen 3 und 36 Monaten abgebildet. Die globale Ent-wicklung zeigt eine eindeutige Abkühlung des Gebietes – wie zu erwarten aufgrundder niedrigen Injektionstemperatur im Vergleich zur Anfangstemperatur. Es ist zu be-achten, dass die Farbskala immer auf das Intervall [−50,0] skaliert ist. In der drittenSpalte dieser Abbildung ist eine Detailansicht nach 6, 12 und 36 Monaten zu se-hen. Die Größe detailJ (t) = − log10(−(TJ (·, t) − TJ (·,0))) ist für die spezifischenTemperaturintervalle illustriert. Zur Verdeutlichung der auftretenden Strukturen istdie Farbskala am oberen Ende verdichtet. Der Einfluss des Advektionsterms, der imbetrachteten Fall relativ gering ist, ist trotzdem deutlich zu erkennen. Die Kältefront,

Mathematische Methoden in der Geothermie 17

Abb. 9 Temperaturdifferenz TJ (·, t) − TJ (·,0) in [K] für die um eine Konstante erweiterte Galerkin-Entwicklung in der x1x2-Ebene nach 3, 6, 9, 12, 24 und 36 Monaten (erste beiden Spalten von links nachrechts und oben nach unten) und Detailansicht von detailJ (t) in [K] nach 6, 12 und 36 Monaten (rechteSpalte von oben nach unten) für ein tetragonales Gitter mit Gitterweite 1

9 und Pe = 0.01 (vgl. [68, 69])

die sich ausgehend vom Injektionspunkt “kugelförmig” ausbreitet, wird in positiverx2-Richtung gebremst, wohingegen sie in negativer x2-Richtung beschleunigt wird.Dieses Verhalten kann auch in Abb. 10 beobachtet werden. Dort ist die TemperaturTJ (·, t) nach 36 Monaten sowohl in der x1x2- als auch in der x2x3-Ebene für eineangepasste Farbskala dargestellt. Weitere Untersuchungen des vorgestellten Verfah-rens – insbesondere im Falle von advektionsdominanten Problemen – sind nötig, dadas verwendete Galerkin-Verfahren keinen Stabilisierungsterm beinhaltet. Dieser soll

18 M. Augustin et al.

Abb. 10 Temperatur TJ (·, t) in[K] für die um eine Konstanteerweiterte Galerkin-Entwicklung in der x1x2- undder x2x3-Ebene nach 36Monaten für ein tetragonalesGitter mit Gitterweite 1

9 undPe = 0.01 (vgl. [68, 69])

verhindern, dass für große Péclet-Zahlen starke Oszillationen auftreten, die zu nicht-physikalischen Lösungen führen (vgl. [49, 50] für ähnliche Überlegungen).

3.3.2 Wärmetransport im geklüfteten Medium

Im Gegensatz zu dem im vorherigen Abschnitt betrachteten isotropen, porösen Me-dium sind geklüftete geothermische Systeme durch starke Heterogenitäten gekenn-zeichnet. Sie unterliegen internen und externen Kräften, die unterschiedliche Zeit-und Raumskalen aufweisen. Des Weiteren fließt das Wärmeträgermedium durch einteilweise schlecht verbundenes Bruchnetzwerk entlang von Hindernissen verschie-denster Struktur und Proportion. Dies kann zu einem anomalen Verhalten des Wär-metransports (aber auch anderer Transportprozesse) führen, da sich die Bewegungder diffusiven Größe – hier Wärme – verlangsamt, weil sie eventuell an einem Ortfür eine längere Zeitspanne verharrt. Wegen seiner breiten Anwendbarkeit findet dasKonzept anomaler Transportvorgänge immer mehr Beachtung in den Naturwissen-schaften (vgl. [59] und die darin aufgeführte Literatur).

Um das anomale Verhalten der Diffusion der Wärme zu modellieren, kann dersogenannte “Continuous Time Random Walk” (CTRW) verwendet werden. Dabeiwird die Wärme als eine Menge von Partikeln angesehen, die sich sprunghaft durchdas heterogene Medium bewegen. Auf Basis von Abschätzungen der Sprungwahr-scheinlichkeitsdichtefunktion der sich bewegenden Partikel erhält man dann ein kon-tinuierliches Wärmetransportmodell. Das anomale Verhalten kann man z.B. mithilfeder zeitlichen Entwicklung des Erwartungswerts der mittleren quadratischen Abwei-chung, d.h. der Varianz, eines sich bewegenden Partikels bewerten – und zwar in derForm

E((δx)2) ∝ tα.

Abhängig vom Parameter α unterscheidet man zwischen den folgenden vier Fällen:

Mathematische Methoden in der Geothermie 19

Abb. 11 Zeitliche Entwicklungder Varianz eines1-dimensionalen CTRWausgehend von einerDirac-Verteilung fürunterschiedliche α (vgl. [59])

Subdiffusion für 0 < α < 1 (siehe Abb. 11), Standarddiffusion für α = 1, Superdiffu-sion für 1 < α < 2 und ballistische Diffusion für α = 2. Im vorherigen Abschnitt zumWärmetransport im porösen Medium haben wir Standarddiffusion angenommen.

Im Folgenden wird in Anlehnung an [59] der Fall der Subdiffusion betrachtet,d.h. 0 < α < 1. Wird beispielsweise eine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ψ miterstem Moment τ gewählt, deren Laplace-Transformation die Form

ψ(s) = 1 − (τ s)α für s → ∞hat, so erhält man aus dem CTRW-Ansatz die fraktionale Fokker-Planck-Gleichung

∂T

∂t= ∂1−α

∂t1−α(κ�T − v · ∇T ), T (·,0) = T0.

Dabei bezeichnet ∂1−α

∂t1−α die fraktionale Zeitableitung der Ordnung 1 − α. Des Weite-ren beschreibt κ die Diffusivität. Als problematisch sowohl bei theoretischen als auchnumerischen Untersuchungen stellt sich die fraktionale Zeitableitung heraus. Unter-schiedliche Definitionen sind im Gebiet des fraktionalen Kalküls bekannt. Werdenreale Prozesse simuliert – wie derjenige, den wir hier modellieren – wird hauptsäch-lich die Caputo-Ableitung verwendet. Diese ist definiert als (vgl. [41])

∂β

∂tβf (t) = 1

�(1 − β)

∫ t

0

1

(t − τ)β

∂τf (τ) dτ für 0 < β < 1. (3.11)

Die in (3.11) beschriebene Ableitung entspricht einem Integro-Differential-Operatorvom Typ einer Faltung. Es liegt kein Markov-Prozess vor, da das Integral über allevergangenen Zeitpunkte gebildet wird. Dies führt zu Problemen bei der numerischenUmsetzung – insbesondere im Bezug auf nötige Speicherkapazitäten.

Im Falle von Anfangs-Randwert-Problemen zu fraktionalen partiellen Differen-tialgleichungen besteht immer noch ein großer Forschungsbedarf im Bereich vonExistenz- und Eindeutigkeitsaussagen bzgl. (schwacher) Lösungen. Oftmals können

20 M. Augustin et al.

die Methoden, die für klassische elliptische oder parabolische partielle Differenti-algleichungen benutzt werden, nicht verallgemeinert werden. Ein Beispiel bei demdie Verallgemeinerung der bekannten Konzepte möglich ist, wurde in [57–59] vor-gestellt. Das (Dirichlet) Anfangs-Randwert-Problem mit 0 < α ≤ 1 – hier für den3-dimensionalen Fall dargestellt – lautet

∂αT

∂tα= ∇ · (κ∇T ) − ηT + Q in B × (0, tend), (3.12)

T (·,0) = T0 in B, (3.13)

T = F auf ∂B × [0, tend], (3.14)

wobei die im vorherigen Paragraphen eingeführte Notation verwendet wird. Des Wei-teren gelten für den sowohl raum- als auch zeitabhängigen Quellterm Q und für dieraumabhängigen Parameter κ und η:

Q(x, t) ≤ 0 für x ∈ B, t ∈ (0, tend),

κ ∈ C(1)(B), κ(x) > 0 für x ∈ B,

η ∈ C(B), η(x) ≥ 0 für x ∈ B.

In [57] ist mithilfe eines Maximumprinzips gezeigt, dass das Anfangs-Randwert-Problem (3.12)–(3.14) höchstens eine Lösung hat. Falls diese Lösung existiert, hängtsie stetig von den gegebenen Daten ab. Um die Existenz der Lösung nachzuweisen,wird in [58] eine verallgemeinerte Lösung des Anfangs-Randwert-Problems im Sinnevon Vladimirov eingeführt. Weitere Details können [57–59] entnommen werden.

Wie bereits zuvor erwähnt, ist die numerische Approximation der fraktionalenZeitableitung problematisch, da Informationen über den Integranden zu allen vergan-genen Zeitpunkten eingehen. Möglichkeiten zur Reduzierung des Speicherbedarfsbieten z.B. das “short memory principle” oder das “logarithmic memory principle”(siehe [27]). Im Bereich der Finiten-Differenzen-Verfahren ist die Standardapproxi-mation die Grünwald-Letnikov Definition der fraktionalen Ableitung. Dieses Verfah-ren konvergiert linear in der Zeit (vgl. [12]). Verfahren mit besseren Konvergenzratensind in [59] beschrieben.

Zur Verdeutlichung des Einflusses der fraktionalen Diffusion im Vergleich zurStandarddiffusion wird gemäß [59] das folgende Anfangs-Randwert-Problem be-trachtet:

∂αT

∂tα= −�T in Q × (0, tend), (3.15)

T (·,0) = T0 in Q, (3.16)

∂T

∂n= 0 auf ∂Q × [0, tend], (3.17)

wobei Q = (0,1)2 das Einheitsquadrat im R2 darstellt und tend = 1s ist. Außerdem

entspricht T0 der charakteristischen Funktion der Menge

{(x1, x2) ∈ R2|(x1 − 0.75)2 + (x2 − 0.25)2 < 0.002}.

Mathematische Methoden in der Geothermie 21

Die numerische Lösung, die in Abb. 12 für α = 0.8 (Subdiffusion) und α = 1 (Stan-darddiffusion) illustriert ist, wurde unter Verwendung der in [61] vorgestellten Ap-proximationsmethode erstellt – einer Kombination aus linearer Zeititeration und demDiscontinuous-Galerkin-Verfahren auf Basis einer Finite-Elemente-Triangulation. Esist in der Abbildung zu erkennen, dass die Wärme im Falle der Subdiffusion (oben)langsamer diffundiert im Vergleich zum Verhalten bei Standarddiffusion (unten).

3.4 Spannungsfeld

In den letzten Jahren haben kleinere Erdstöße im Umfeld von Geothermieanlagenimmer wieder für Diskussionen gesorgt – z.B. in Basel (Dezember 2006 und Januar2007) und in Landau (August 2009). Dies zeigt, dass neben der Simulation der Trans-portprozesse auch die Simulation des Spannungsfeldes während der Explorations-,Bau- und Betriebsphase von immenser Bedeutung ist (siehe Säule 4 in Tab. 1). DieWechselbeziehung zum Bereich der Transportprozesse ist dadurch gegeben, dass sichdie spezifischen Parameter eines Reservoirs durch Injektion eines kalten Wärmeträ-germediums verändern. Dies wurde schon zu Beginn des vorherigen Unterkapitelsherausgestellt.

Das Vorgehen in einem tiefen geothermischen Reservoir besteht darin, ein Wärme-trägermedium unter Druck in den Untergrund zu pumpen. Dies führt zu Spannungenim porösen oder geklüfteten Gestein, deren Wechselwirkungen mit dem Druck desWärmeträgermediums modelliert werden müssen. Dieser Effekt wird Poroelastizitätgenannt (siehe [8–10] für den 3-dimensionalen linearen Fall). Es ist das grundlegendePhänomen im Bereich des Spannungsfeldes in einem geothermischen System. Auf-grund poroelastischer Prozesse verändern sich unter anderem die Permeabilität undPorosität des Reservoirs. Das geschieht insbesondere im Falle von petrothermalenSystemen, da die bereits vorhandenen Brüche geschlossen werden oder wachsen kön-nen. Das Wachstum vollzieht sich entlang der Richtung der maximalen Hauptspan-nung. Dabei ist der Weg, den der Bruch nimmt, durch die Spannung an der Bruchspit-ze bestimmt (vgl. [65]). Außer den bisher genannten Einflüssen führen poroelastischeProzesse zu Veränderungen im Geschwindigkeitsregime seismischer Wellen, zu Mi-kroseismizität, zur Reaktivierung von Verwerfungen und Bruchlinien, zur Störungder Bohrlochstabilität und zu Veränderungen der Fließwege des Wärmeträgermedi-ums (siehe z.B. [1, 46] und die darin aufgeführte Literatur). Neben der Poroelastizitätbesteht die zweite bedeutende Ursache für Gesteinsverschiebungen in thermoelasti-schen Prozessen. Sie treten wegen der Temperaturdifferenz zwischen dem kalten inji-zierten Wärmeträgermedium und dem warmen porösen oder geklüfteten Medium auf.Als Folge zieht sich das Gestein zusammen – so wirkt dieser Effekt der Ausdehnungdurch poroelastische Prozesse entgegen (siehe z.B. [38, 39, 66, 91]). Zu beachten ist,dass die thermoelastischen Effekte auch nach Beenden der Injektion noch auftretenkönnen. Da das Langzeitverhalten eines geothermischen Reservoirs von besonderemInteresse ist, kann der Einfluss der Thermoelastizität nicht außer Acht gelassen wer-den. Weitere Informationen zur Modellierung des Spannungsfeldes und den damitverbundenen Effekten innerhalb geothermischer Reservoire finden sich z.B. in [3,24, 38, 48, 75] und der darin aufgeführten Literatur.

22 M. Augustin et al.

Abb

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59])

Mathematische Methoden in der Geothermie 23

Im folgenden Abschnitt wird das in [3] hergeleitete 3-dimensionale Modell zurquasistatischen Poroelastizität, seine Lösbarkeit und ein Ansatz zur numerischen Lö-sung basierend auf Fundamentallösungen präsentiert.

3.4.1 Quasistatische Poroelastizität

Zur Simulation des Spannungsfeldes in einem homogenen, isotropen Medium B ⊂R

3 werden Erhaltungsgleichungen und konstitutive Gleichungen (zuerst in [8, 9] be-schrieben) zu den sogenannten quasistatischen Gleichungen der Poroelastizität (sie-he (3.18) und (3.19)) kombiniert und mit Anfangs- und Randbedingungen versehen.Eine detaillierte Herleitung inklusive Begründungen für die durchgeführten Vereinfa-chungen finden sich in [3]. Unter Verwendung sowohl der dort als auch im vorherigenUnterkapitel eingeführten Notation lauten die quasistatischen Gleichungen der Poro-elastizität folgendermaßen:

− (λ + μ)∇ (∇ · u) − μ�u + α∇p = f in B × (0, tend), (3.18)

∂t(c0p + α∇ · u) − ∇ · k (∇p − g) = h in B × (0, tend), (3.19)

wobei λ,μ – Lamé-Parameter, u – Verschiebungsvektor im R3, α – Biot-Willis-

Konstante, p – (skalarer) Druck, f – Volumenkraftdichte, c0 – spezifischer Spei-cherkoeffizient, k – Permeabilitätstensor/Viskosität, g – Fluidkraftdichte, h – volu-metrischer Quellterm.

Eine mögliche Wahl der Anfangs- und Randbedingungen ist die folgende:

u(·,0) = u0 in B, p(·,0) = p0 in B,

u = uD auf �d × [0, tend], p = pD auf �p × [0, tend],(σ − αIp)n = tN auf �t × [0, tend],− k(∇p − g) · n = q auf �f × [0, tend].

(3.20)

Dabei gilt für die Teilränder �d ∩ �t = ∅ = �p ∩ �f und �d ∪ �t = ∂B = �p ∪ �f .Die Indizes “d”, “t”, “p” und “f ” stehen jeweils für “displacement”, “tension”,“pressure” und “flow”. Des Weiteren bezeichnen σ und I den (Cauchy) Spannungs-tensor bzw. den Einheitstensor zweiter Ordnung.

Bei der Lösbarkeit des Anfangs-Randwert-Problems (3.18)–(3.20) ist zu beach-ten, dass die Anfangsbedingungen p0 und u0 (erste Zeile in (3.20)) nicht unabhän-gig voneinander gewählt werden können. Eine detaillierte Begründung dieses Phä-nomens findet sich in [3]. Die folgende Aussage zu Existenz und Eindeutigkeit einerschwachen Lösung des Anfangs-Randwert-Problems ist dort ebenfalls nachgewiesen(nötige Voraussetzungen und Details können nachgelesen werden). Ähnlich wie beimWärmetransport im porösen Medium liegt zusätzlich noch die Stetigkeit des Drucksvor.

24 M. Augustin et al.

Theorem 3.4 (Existenz und Eindeutigkeit) Das Anfangs-Randwert-Problem (3.18)–(3.20) hat eine eindeutige schwache Lösung (u,p), für die gilt

u(·, t) ∈ V für alle t ∈ [0, tend], ∂u

∂t∈ L2((0, tend); H 1(B)

),

p ∈ L2((0, tend);Q) ∩ H1((0, tend);Q′), p ∈ C

([0, tend];L2(B))

mit V = {v ∈ H 1(B)|v|�d= uD} und Q = {q ∈ H1(B)|q|�p

= pD}.

Wie schon zuvor die schwache Form des Problems (3.8)–(3.10), so ist auch dieschwache Form zum Problem (3.18)–(3.20) unendlich-dimensional. Um eine appro-ximative Lösung numerisch zu bestimmen, soll hier aber kein Galerkin-Verfahren an-gewendet werden, da dies mit einem zu hohen Aufwand bezüglich Rechenkapazitätund Speicherplatz verbunden wäre. Stattdessen soll die Methode der Fundamentallö-sungen genutzt werden. Einen Überblick zu dieser Methode geben [25, 40]. Hierbeihandelt es sich um eine gitter- und integrationsfreie Methode. Die Idee dabei ist,eine Lösung des Problems (3.18)–(3.20) durch Linearkombinationen von Fundamen-tallösungen, welche ihre Singularitäten außerhalb von B haben, zu approximieren.Dazu werden die Anfangs- und Randwerte dieser Linearkombinationen an die ge-gebenen Anfangs- und Randwerte angepasst. Dies kann beispielsweise mittels einesLeast-Square-Verfahrens geschehen. Um Aussagen über die Konvergenz der Metho-de der Fundamentallösungen zu erhalten, wollen wir Ergebnisse aus der klassischenPotentialtheorie und der Potentialtheorie zur Cauchy-Navier-Gleichung der Elasto-statik (siehe [31]) auf die quasistatischen Gleichungen der Poroelastizität übertragen.Aufgrund der Zeitabhängigkeit und der Kopplung beider Gleichungen ist eine direkteAnwendung der schon bekannten Aussagen nicht möglich.

Der Nachteil der Methode der Fundamentallösungen ist, dass sie nur für f = 0und h = 0 in (3.18) und (3.19) angewendet werden kann. Um auch Systeme zu be-trachten, in denen f und h nicht verschwinden, kann die Dual-Reciprocity-Methodeverwendet werden (vgl. [40]). Hierbei wird zunächst die gesuchte Lösung (u,p) inzwei Anteile u = uhom + upart und p = phom + ppart zerlegt. Dabei löst (upart, ppart)die Gleichungen zu den rechten Seiten f und h, jedoch ohne Anfangs- oder Rand-bedingungen erfüllen zu müssen. Um eine Näherungslösung von (upart, ppart) zu fin-den, werden analytisch Systeme radialer Basisfunktionen {ui}Ni=0, {pi}Ni=0, {fi}Ni=0und {hi}Ni=0 gesucht, so dass für jedes i die Funktionen ui und pi (3.18) und (3.19)mit den rechten Seiten fi und hi , jedoch ohne Anfangs- oder Randbedingungen, er-füllen. Die Lösung (upart, ppart) kann dann genähert werden, indem man f und h

nach den Systemen {fi}Ni=0 und {hi}Ni=0 entwickelt und somit eine Näherungslösungin Form entsprechender Linearkombinationen von {ui}Ni=0 beziehungsweise {pi}Ni=0erhält. (uhom, phom) ist dann der Anteil der Lösung, welcher die Gleichungen mitf = 0 und h = 0 sowie die um die Anfangs- und Randwerte von (upart, ppart) modi-fizierten Anfangs- und Randbedingungen erfüllt. Dieser kann mit Hilfe der Methodeder Fundamentallösungen approximiert werden.

Mathematische Methoden in der Geothermie 25

4 Schlussbemerkungen

In dieser Arbeit wurde ein Säulenmodell vorgestellt, das wesentliche Aspekte ma-thematischer Forschung bezüglich der Ressource “Geothermie” zeigt. Anhand ex-emplarischer Fallstudien haben wir uns auf vielversprechende Ansätze zum seismi-schen Postprocessing, der Gravito-Magneto kombinierten Inversion inklusive Post-processing, der Wärmetransportsimulation sowie der Spannungsfeldmodellierungkonzentriert. Zukünftige Schritte bestehen z.B. in der Seismik in dem verstärk-ten Einsatz geophysikalisch relevanter Wavelets bei der Erzeugung von Wellen-geschwindigkeitsprofilen als auch deren Einsatz zur Interpretation seismischer Re-flexionsdaten. Neue Methoden der Gravimetrie und Geomagnetik lassen die Gene-rierung lokal hochauflösender Dichteverteilungen erhoffen, die in Kombination mitseismischer Forschung beachtenswerten wissenschaftlichen Fortschritt liefern kön-nen. Beim Wärmetransport sollten die vorgestellten Modelle erweitert werden, umDiskontinuitäten im Gestein, Raum- und Zeitabhängigkeit sowie advektionsdomi-nante Probleme geeignet zu simulieren. Entscheidend ist auch hier die Kombinati-on mit seismischen Resultaten. Spannungsfeld, Ausbreitung von Brüchen und Mi-kroseismizität bedürfen neben einer adäquaten Modellierung auch der Entwicklungneuartiger Methoden der Numerik und des wissenschaftlichen Rechnens (“scientificcomputing”).

Insgesamt sehen wir einer spannenden Zukunft der Geomathematik als Schlüssel-technologie in der Geothermie entgegen.

Danksagung Isabel Ostermann wurde durch das RP-Exzellenzcluster “ (CM )2” der TU Kaiserslauternim Rahmen des Projektes “EMGS” (P.I.: W. Freeden), durch das “Ministerium für Umwelt, Forsten undVerbraucherschutz Rheinland-Pfalz” im Rahmen des Projektes “MathGeotherm” (Kapitel 14 02, Titel 68372, Projektleiter: W. Freeden) sowie durch das Fraunhofer ITWM Kaiserslautern unterstützt.

Literatur

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