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Heft 2I. ] ~4- 5- z929J WEINSTEIN : Mal~hematische Probleme aus d. neueren Entwicklung d. Hydrodynamik. und Struktur dieser Gebiete weitgehend durch ultra- violette Bestrahlung ver~nder~ werden l~ann. Viel- leicht steht gerade diese letztere Tatsache mit dem yon den Verfassern gefundenen ,,Antagonisteneffekt" im Zusammenhang. F~illt n~mlich gleichzeit!g mit der mitogenetisch wirksamen Strablung Licht des nn- wirksamen Gebietes zwischen 2 28om # und ~. 334 mF auf, so zeigt sich kein Induktionseffekt. Dieser Be- I .Ze//.te//ungse. rmgende ~rksamkeit 280 I 300 3~0 3~0 360mF. 'Antagonisten Ungef~hre spektraIe Verteilung der .mito- genefischen" WirksamkeiL Fig. 7. fund konnte bestgtigt: werden, dutch eine mit einem totalreflektierenden Prisma in geeigneter Weise kom- binierten Doppelmonochromator, der es gestattete, Licht beliebiger Wellenl~ingen zu mischen, Auch die Induktionswirkung der yon organischen Objekten emittierten Strahlen wird zerst6rt dnrch gleichzeitige Bestrahlung mit Licht des ,,Antagonistengebietes". SchwXchung der Antagonistenstratflung mit Gaze- blenden zeigte, dab z. B. die Linie ~ 313 m/~ den Effekt der Linie ~ 334m# zerst6rt, wenn ihre Intensit~t nut ca. 12% der letzteren Linie betr~igt. Die Verfasser geben nicht an, ob nut gleiehzsltige Bestrahlung mit 381 den ,,Antagonisten" Ausl6schung bewirkt, oder ob vielleicht diese Strahlung eine mehr oder weniger dauernde Ver~nderung vielleicht an einem Zwischenpro dukt beim Induktionsw)rgang hervorr uft, die den Effekt verhindert. Dies k6nnte ebenfalls dutch abwechselnde Belichtung nachgewiesen werden. Die ,,Antagonisten- strablen" allein zeigten keinerlei Indukfionseffekt (auch k¢inen ,,negativen" Effekt, der durch Ver- armung der mitotischen Fignren auf der bestrahlten Seite zum Ausdruck k~me), hingegen fanden sie eine atlgemeine Wachstumshemmung, die sich ill einer Krihnmung tier Indicatorwurzel nach der bestrahlten Seite hin schon bei kurzer Belichtung bemerkbar macht. Die Wachs±umshemmung scheint sich auf alle Phasen des Teilungszyklus zu erstrecken. D0eh sind die Versuche hierflber noch nicht abgeschlossen. Die Verfasser geben einen Mechanismns an, der durch Annahme zweier hypothefischer Stoffe verschiedener Eigenabsorption den Antagonistenefiekt erkl~rt, halten dies aber selbst nut Ifir eine vorl~ufige Arbeitshypothese. Einige Absorptionsversuche zeigen eine s±arke Ab- sorption auch der an±agonistisch wirksamen Strahlung an. Da sich die Zellsnbstanz aber als sehr trfibes Medium erwies, konnte nicht gut zwischen wahrer Absorption und Strenung bei diesen Anfnabmen unter- schieden werden, bei denen ein Linienspektrum als Lichtquelle diente. Doeh lieBe sich vielleicht rech- nerisch oder experimentell dieser Streueffekt unter Benutzung eines kontlnuierlichen Spektrums eliminie- ren da dieser keinerlei Selektivit~.t zeigen dfirfte. Wenn im vorstehenden an einigen mehr oder weniger nebens~chlichen Punkten Kritik gefibt wurde, so ~indert dies nichts an dem tIauptergebnis der auch yore physikalischen Standpunkt ~vundersch6nen und ~uBerst interessanten Arbeit, das dem Referenteu anch physikalisch wirklich gesichert erscheint. F. G. HOUTERMANS, Berlin. Mathematische Probleme aus der neueren Entwicklung der Hydrodynamikl. Von A. WEINST~IN, Breslau. LEONARI)O DA VINCI, der ebenso groB als Natur- forscher wie als Ktinstler war, hat. das Wort ge- pr~gt: ,,Die Meehanik ist das Paradies der mathe- matischen Wissenschaften, denn durch sie kommt man zur mathematischen Frucht"k Ich wiH ver- suchen zu zeigen, dab dieser Ausspruch L~ONA~- DOS heutzutage noch volle Gfiltigkeit besitzt, obwohl sich in unserer Zeit die Tendenz bemerkbar macht, die Mathematik yon den Naturwissenschaf- ten g~nzlich abzulSsen. So werden wit sehen, dab allt~igliche mechanische Vorg~inge, Iiir die sich bereits LEONARDO lebhaft interessierte, his in die jfingste Zeit Anlal3 zu umfassenden und ein- dringlichen mathemafischen Gedankeng~ingen geben. Unter diesen Erscheinungen Verdient die Wellenbewegung einer schweren Fltissigkeit, sagen wit etwa des \Vassers, unsere besondere Aufmerk- samkeit. Die Theorie der Wellenbewegung, yon LEONARDO antizipier~, ist in der zweiten H~Ifte des vorigen Jahrhunderts vor allem in England z Antrittsvorlesung, gehalten bei der Umhabilitation an die Universit~t Breslau am i. Dezember 1928. z fiber das VerhXltnis LEONARDOS: zur Mathematik und zu den Naturwissenschaften s. z. B. die Hamburger l~ektoratsrede W. BLASCHKE, ,,Leonardo und die Naturwissenschaften." Leipzig: B. G. Teubner z928. gepflegt worden. Dort wurde die theorefische Forschung auf diesem Gebiet dutch die Vitalen Interessen des Insetreiches angeregt. Erst in der neuesten Zeit erhielt die Theorie der Wellen- bewegung wieder in der Heimat LEoNARDOS eine wesentliche F6rderung. Die Gedankeng~inge dieser neuen Entwicklung, die sich in erster Linie an den Namen LEvI-CIvlTA und seiner M~tarbeiter knfipft, werde ich an Hand eines Beispiels auseinandersetzen. Wit wollen permanente, Iortschreitende Wellen in einem unendlich langen und geraden Kanal be- trachten, wobei ange- nommen wird, dab der Vorgang in jedem L~ingsschnitt derselbe ist, Es gentigt also, die Bewegung in einer Fig. I. Periodisehe WelIen. vertikalen Ebene zu untersuchen 1 (Fig. I). Es wird angenommen, dab nnsere Fltissigkeit unzusammendriickbar und rei- z Diesem Vorgang ist der zweite der vier Vortr~ge yon T. LEvI-CIVlTA, ,,Fragen der klassischen und relativistischen Mechanik" gewidmet (Autorisierte Ubersetzung; Berlin: Julius Springer i924). Seither hat die Theorie, wie wit sehen werdeI1, bedeutende Fortschritte gemacht.

Mathematische Probleme aus der neueren Entwicklung der Hydrodynamik

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Heft 2I. ] ~4- 5- z929J

WEINSTEIN : Mal~hematische Probleme aus d. neueren Entwicklung d. Hydrodynamik.

und Struktur d ieser Gebiete weitgehend durch ultra- violette Best rahlung ver~nder~ werden l~ann. Viel- leicht s teh t gerade diese letztere Tatsache mit dem yon den Verfassern gefundenen , ,Antagonisteneffekt" im Zusammenhang. F~illt n~mlich gleichzeit!g mi t der mitogenetisch wirksamen Strablung Licht des nn- wirksamen Gebietes zwischen 2 28om # und ~. 334 m F auf, so zeigt sich kein Induktionseffekt . Dieser Be-

I .Ze//.te//ungse. rmgende ~rksamkeit

280 I 300 3~0 3~0 360m F.

'Antagonisten Ungef~hr e spektraIe Verteilung der .mito-

genefischen" WirksamkeiL Fig. 7.

fund konnte bestgtigt: werden, dutch eine mit einem totalreflektierenden Prisma in geeigneter Weise kom- binier ten Doppelmonochromator, der es gestattete, Licht beliebiger Wellenl~ingen zu mischen, Auch die Indukt ionswirkung der yon organischen Objekten emit t ier ten Strahlen wird zerst6rt dnrch gleichzeitige Bestrahlung mit Licht des , ,Antagonistengebietes". SchwXchung der Antagonistenstratf lung mit Gaze- blenden zeigte, dab z. B. die Linie ~ 313 m/~ den Effekt der Linie ~ 334m# zerst6rt, wenn ihre Intensi t~t nu t ca. 12% der letzteren Linie betr~igt. Die Verfasser geben nicht an, ob nut gleiehzsltige Bestrahlung mi t

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den , ,Antagonisten" Ausl6schung bewirkt, oder ob vielleicht diese Strahlung eine mehr oder weniger dauernde Ver~nderung vielleicht an einem Zwischenpro dukt beim Induktionsw)rgang hervorr uft, die den Effekt verhindert . Dies k6nnte ebenfalls du tch abwechselnde Belichtung nachgewiesen werden. Die , ,Antagonisten- s t rablen" allein zeigten keinerlei Indukfionseffekt (auch k¢inen , ,negativen" Effekt, der durch Ver- armung der mitotischen Fignren auf der bes t rahl ten Seite zum Ausdruck k~me), hingegen fanden sie eine atlgemeine Wachstumshemmung, die s ich ill einer Krihnmung tier Indicatorwurzel nach der bes t rahl ten Seite hin schon bei kurzer Belichtung bemerkbar macht . Die Wachs±umshemmung scheint sich auf alle Phasen des Teilungszyklus zu erstrecken. D0eh sind die Versuche hierflber noch nicht abgeschlossen. Die Verfasser geben einen Mechanismns an, der durch Annahme zweier hypothefischer Stoffe verschiedener Eigenabsorption den Antagonistenefiekt erkl~rt, ha l ten dies aber selbst nu t Ifir eine vorl~ufige Arbeitshypothese.

Einige Absorptionsversuche zeigen eine s±arke Ab- sorption auch der an±agonistisch wirksamen Strahlung an. Da sich die Zellsnbstanz aber als sehr trfibes Medium erwies, konnte nicht gut zwischen wahrer Absorption und Strenung bei diesen Anfnabmen unter- schieden werden, b e i denen ein Linienspektrum als Lichtquelle diente. Doeh lieBe sich vielleicht rech- nerisch oder experimentell dieser Streueffekt unter Benutzung eines kontlnuierlichen Spektrums eliminie- ren da dieser keinerlei Selektivit~.t zeigen dfirfte.

Wenn im vorstehenden an einigen mehr oder weniger nebens~chlichen Punkten Krit ik gefibt wurde, so ~indert dies nichts an dem tIauptergebnis d e r auch yore physikalischen S tandpunkt ~vundersch6nen und ~uBerst interessanten Arbeit, das dem Referenteu anch physikalisch wirklich gesichert erscheint.

F. G. HOUTERMANS, Berlin.

Mathematische Probleme aus der neueren Entwicklung der Hydrodynamikl . V o n A. WEINST~IN, Bres lau.

LEONARI)O DA V I N C I , der ebenso groB als N a t u r - fo rscher wie als K t ins t l e r war , ha t . das W o r t ge- p r ~ g t : , ,Die M e e h a n i k i s t das P a r a d i e s de r m a t h e - m a t i s c h e n Wis senscha f t en , d e n n d u r c h sie k o m m t m a n zur m a t h e m a t i s c h e n F r u c h t " k I c h wiH ve r - s u c h e n zu zeigen, d a b d ieser A u s s p r u c h L~ONA~- DOS h e u t z u t a g e n o c h volle Gf i l t igkei t bes i tz t , o b w o h l s ich in uns e r e r Ze i t die T e n d e n z b e m e r k b a r m a c h t , die M a t h e m a t i k y o n den N a t u r w i s s e n s c h a f - t en g~nzl ich abzulSsen. So w e r d e n w i t sehen, d a b allt~igliche m e c h a n i s c h e Vorg~inge, Iiir die s ich be re i t s LEONARDO l e b h a f t in te ress ie r te , h is in die j f ings te Ze i t Anlal3 zu u m f a s s e n d e n u n d ein- d r i ng l i chen m a t h e m a f i s c h e n Gedankeng~ingen geben. U n t e r d iesen E r s c h e i n u n g e n Verd ien t die W e l l e n b e w e g u n g e iner s chweren Flt iss igkei t , s agen wit etwa des \Vassers, unsere besondere Aufmerk- samkeit. Die Theorie der Wellenbewegung, yon LEONARDO antizipier~, i s t in de r zwei ten H~If te des v o r i g e n J a h r h u n d e r t s v o r a l l em in E n g l a n d

z Antrit tsvorlesung, gehalten bei der Umhabi l i ta t ion an die Universi t~t Breslau am i. Dezember 1928.

z f iber das VerhXltnis LEONARDOS: z u r Mathemat ik und zu den Naturwissenschaften s. z. B. die Hamburger l~ektoratsrede W. BLASCHKE, ,,Leonardo und die Naturwissenschaften." Leipzig: B. G. Teubner z928.

gepf legt worden . D o r t wurde die t heo re f i s che F o r s c h u n g auf d i e sem G e b i e t d u t c h die Vi ta len I n t e r e s s e n des Inse t re iches angereg t . E r s t in d e r n e u e s t e n Ze i t e rh ie l t die Theor i e de r Wel len- b e w e g u n g wieder in de r H e i m a t LEoNARDOS eine wesen t l i che F 6 r d e r u n g . Die Gedankeng~ inge d ieser n e u e n E n t w i c k l u n g , die s ich in e r s t e r Linie a n den N a m e n LEvI-CIvlTA u n d se ine r M~ta rbe i t e r knf ipf t , werde ich a n H a n d eines Beispie ls au se inande r se t zen .

W i t wol len p e r m a n e n t e , I o r t s c h r e i t e n d e Wel len in e inem u n e n d l i c h l a n g e n u n d g e r a d e n K a n a l be- t r a c h t e n , wobei ange- n o m m e n wird, d a b de r

V o r g a n g in j e d e m L~ingsschni t t de rse lbe ist, Es gent ig t also, die

B e w e g u n g in e iner Fig. I. Periodisehe WelIen. v e r t i k a l e n E b e n e zu u n t e r s u c h e n 1 (Fig. I) . Es w i rd a n g e n o m m e n , d a b n n s e r e F l t i s s igke i t u n z u s a m m e n d r i i c k b a r u n d re i -

z Diesem Vorgang ist der zweite der vier Vortr~ge yon T. LEvI-CIVlTA, , ,Fragen der klassischen und relat ivist ischen Mechanik" gewidmet (Autorisierte Ubersetzung; Berlin: Julius Springer i924). Seither h a t d i e Theorie, wie wit sehen werdeI1, bedeutende For tschr i t te gemacht.

382 WEINSTEIN: M a t h e m a t i s c h e P r o b l e m e aus d. ne~eren E n t w i c k l u n g d. H y d r o d y n a m i k . [ Die Natur- [wissenschaften

bungslos ist; ihreI)ichte so!I gleieh i gesetzt werden. Die eilizige ~ul3ere Kraft, die auf die Flfissigkeits- teilchen wirkt, ist die Schwere; hieraus folgt, dab wir eine wirbel- und quellenfrei e Str6mung vor uns habem. Es set deswegen ges t a t t e t , zun~chst ein paar Worte fiber wirbelfreie Str6mungen im all- gemeinen zu sagen.

Bei jeder wirbelfreien StrSmung existiert ein sog. Potential, das in Unserem Fatle eine Funkt ion der Zeit und des Ortes in der Vertikalebene ist. Die Kenntnis des Potentials, dessen ~radient die Geschwindigkeit der StrSmung angibt, genfigt zur ersch6pfenden Beschreibung des Vorgangs. Das Potential besitzt im Falle e iner que!lenfreien S t r 6 m u n g folgende- bemerkenswerte Eigenschaft. Der Wert des Potentials in irgendeinem Pu nk t unserer Ebene ist gleich dem Mittelwert, dem Durchschnit t der Werte, die diese Funkt ion (im sel- beii Augenblick) auf jedem kleinen Kreis mit unse- rem Punkt als Zentrum annimmt. Man nenn t solche Funkt ionen harmonische Funktionen. Ihre Unter- suchung spiett in der Analysis eine hervorragende Rolte. ~Zir wollen kurz einige Eigenschaften dieser Funkt ionen hervorheben. Eine harmonische Funk- ti01i kann zufoIge der Mittelwertseigenscbaft an keiner Stelle einen Weft annehmen, der durchweg gr6Ber oder durchweg kleiner i s t als alle Werte in der Umgebulig. Betrachten wir eine harmonische Funkt ion in einem endlichen Gebiet, in einem end- lichen Stfick der Ebene, so kann also das absolute Maximum und Minimum ihrer Werte nu t am Rande angenommen werden. Das ist das sog. Prinzip des Maximums.

Die Mittelwertseigenschaft einer harmonischen Funkt ion h a t nu t ffir innere Pulikte eines Gebietes eilien klareli Sinli. Am Rande wird sie nichts- sagend. Es entsteht naturgem~ig das fundamentale Problem, eine stefige harmonische Funkf ion U zu bestimmen, welche am Rande eines Gebietes witl- kfirlich vorgegebelie Werte annimmt. Das ist das berfihmte DIRICHLETsche Problem oder die erste Randwertaufgabe der Potentialtheorie, die Ifir die Analysis seit hnnder t Jahren eine so wichfige Rolle gespielt hat nnd weiter spielt. Die einiachste Wertvertei lang am Rande erh~lt man, indem man durchweg Ms Rand~vert die Null vorschreibt. Dieses Problem m6chte ich als das homogene DIRIC~L~Tsche Problem bezeiehnen. Seine L6sulig ist nach dem Prinzip des Maximums sofort ge- funden: U muB im ganzeli Gebiete fiberall ver- schwinden. Diese Tatsache garantier t bekanntl ich die Eindeutigt~eit der L6sulig des DIRICHL~Tschen Problems ffir endliche, Gebiete auch bet beliebiger Wertvertei lung am Rande. Denn die Differenz zweier am Rande f ibereinst immender L6sungen wfirde, als L6sung des homogenen Problems, im ganzen Gebiet verschwinden.

Das Prinzip des Maximums, das uns so leicht die LSsung des homogenen DI~ICHL~Tschen Problems lieferte, gilt nu t ffir endliche Gebiete. Habe ich ein unendliches Gebiet, z. B. einen Parallelsireifen (Fig. 3), so gibt es harmonische Funktionen, die

am l~ande des Streifens verschwinden, ohne fiberall gleich Null zu sein. ]Die nicht verschwinden- den L6suligen des homogenen ])IRICHLETscheli Problems wachsen alle 'in diesem Fall im Innern des Streifens gegeli das Unendliche auBerordentlich rasch (exponentiell) fiber alle Schranken an. Interessiert man sich nur ifir L6sungen, die fiberall im Streifeli beschr~nkt sind, so bleibt also, wie im klassischen Fail des endlichen Gebietes, nu t die L 6 s u n g : U identisch gleich Null fibrig. Diese fiberaus wichtige Tatsache wurde vor etwa 2o Jah- ten durch zwei skandinavische Forscher PHRAGMgX und LINDEL6F elitdeckt, und bildet einen Ersatz ffir das klassische Prinzip des Maximums 1. PHRAG- 5~£N lind LINDI~L~3F habeli ihre mannigfachen Resultate, welche allgemeines Aufsehen und Inter- esse erregten, und deren Methoden bis heute dutch zahlreiche Mathematiker welter ausgebildet werden, bet der Besch~iftigung mit den iunktionstheoreti- schen Methoden der analytischen Zahlentheorie gefunden, einem Gebiet, das scheinbar nichts mit unserem Thema zu tun hat. Ffir die eigenttiche Potenfialtheorie war die L6sung des homogenen DIRICI~LETschen Problems Ifir unendliche Gebiete, die sich be~ PHRAGM#-~ und LIND~L~SF nebenbei ergibt, zuli~chst yon untergeordneter Bedeutung.

Die Potentialtheorie beschliftigte sich vor- wiegend m i t dem Verhalten harmonischer Funk- t ionen in endlichen Gebieten, wobei sie neben dem DiRICHL~Tschen Problem noch weitere ffir die mathematische Physik wichfige Randwertaufgaben untersuchte. Besonders zu erw~ihnen ist da s NE~MAN~sche Problem in der I-Iydrodynamik ulid das FOU~IERsche Problem in der Theorie der W~irme- leitung. Ich formuliere zun~chst die zugeh6rigen ho- mogenen Probleme. ])as NEUMA~Nsche (homogene) Problem lautet : Es sind zu best immen harmonische Funkfionen U, deren normale Ableitung am Rande eines Gebietes, d. h. die J~nderung yon U in Richtung senkrecht zum Nande gleich Null ist.

Das FOURIERsche (homogene) Problem lautet wie folgt:

Die normale Ableitung yon U soll am Rande proportional der Funkt ion sein.

In Formelli lauten diese Ralidbedingungen:

dU - o (NEuMANrcsche Bedingung),

dn dU d n- -- k U = o (FouRIERSChe ]3edingung),

wobei /c der Proportionalit~%faktor ist und n die ~tuBere Normale bezeichnet. Das allgemeilie (inhomogene) N~UMaN~sche bzw. Foum~asche Problem entsteht, indem man ill diesen Rand- bedingungen die Null auf der rechten Seite beider Gleichungen dutch eine willkiirlich vorgegebene Funkt ion ersetzt. Die L6sung der zwei homogenen Randwertaufgaben lautet ffir endlictie Gebiete iiberaus einfach: U = const, ffir das NEUMA~Nsche,

1 PHRAGNI~N und LINDELOF, Slat une extension d'un principe ctassique de Fanalyse usw. Acts mathe- matics 3 x (I9o8).

Heft 2t . ] W E I N S T E I N : Mathemat ische P r o b l e m e a u s 24, 5, 1929 J

U = o fiir das FoumERsche Problem. Diese Resul- ta re haben, wie im Fal le des DIRICHLETsehen Problems, die Bedeu tung yon Eindeutiglceits- oder Unitgtssgtzen; darfiber hinans scheinen sie n icht yon In teresse zu seth.

Es ist an dieser Stelte ausdri ickl ich auf die Ta tsache hinzuweisen, dab der F a k t o r k in der FouRiERschen Bedingung negativist; ein Ums tand , der fiir die Theor ie der W~rmele i tung, insbesondere ffir die Gfil t igkeit des Unit~tssatzes , durchaus wesent l ich ist. D i e du tch die Aufz~hlung der po ten t ia l theore t i schen Prob leme nahel iegende Fra- ge, ngmlich das dem FouRI~Rschen formal gleich- berecht ig te P rob lem mi t e inem posi t iven F a k t o r k, wurde in der klassischen Theor ie so gu t wie n icht behandel t . Die HILB~RTsche Theor ie der Iu tegra l - gleichnngen er laubt bier (bet der Beschr~nkung ant endl iche Gebiete) einige Mlgemeine Aussagen zu machen, jedoch lag zun~chst kein Problem- kreis vor, der zur Pr~zisierung der Frages te l lung fi ihren konnte . E r s t durch die neuere En twick lung der H y d r o d y n a m i k , insbesondere durch die wei tere Ausbi ldung der Methoden yon LxvI-CIvlT& ist die Bedeu tung und das In teresse dieses neuen Randwer tp rob l ems hervorget re ten . I ch babe des- wegen kfirzlieh in einer Note vorgeschlagenl dieses Randwer tp rob lem, d . h . die Aufgabe, eine harmonische Funk t ion U aus den Randbed in - gungen

d U d ~ -- k U = gegebene Funkt ion ,

d U bzw. - - -- k U = o

dn

zu bes t immen, wobei k als positiv voransgese tz t wird, nach LEvI-CIVlTA zu benennen. H i e r m i t k o m m e ich ant das P rob lem der Wel lenbewegung zurfick, und werde versuehen, zu zeigen, wie es nns ant die L~vI-CIvlTAsche Aufgabe ffihrt. Hierbei wird sich zugleich ein bemerkenswer tes potent ia l theore t i sches Gegenstt ick zum PHRAGM~;N- LINDEL6Fschen Ideenkreis ergeben 1.

W e n n m a n yon Wellen spricht, so denk t m a n unwillkfir l ich an eine periodische Bewegung. Doch zeigt es sich bald, dab die Per iod iz i ta t keines- wegs f/ir unser Phgnomen das Charakter is t i sche ist. U m so mehr wird m a n die geniale In tu i t i on LLONARDOS bewundern, der als ers ter das Wesent - liche dar in erfaBt hat . L~ONARDO sagt : , ,L ' impeto 6 mol to pin veloce che l ' acqua, poieh6 mol te sono le vol te che l ' onda fugge il luogo della sua creazione e l ' acqua non si muove dal s i to ."

E twas fret in te rp re t i e r t l au te t diese Erk lg rung folgendermaBen: Der Zus tand bet einer pe rmanen- ten Welle pf lanzt sich mi t kons tan te r Geschwindig-

Zur Orientierung des Lesers set bernerkt, dab unser Problem in den Arbeiten yon L~vI-CIvI*~ nicht explizite ausgesprochen wird. Erst nnsere Formulie- rung deckt die bemerkenswerte formale Analogie ant zwischen den Problemen der Hydrodynamik nnd denen der Theorie der Warmeleitung. Sie erlaubt zugteich den AnschluB potentialtbeoretischer Fragestellungen an den PttRAGM~ N-LINDEL6Fschen Ideenkreis.

d. neueren Entwicklung d. Hydrodynamik. 383

kei t unve r~nder t for t ; die Wasser te i tchen ft ihren dabei Bewegungen aus, deren Geschwindigkei t klein ist: gegenfiber der For tpf lanzungsgeschwindig- kei t des Zustands.

In dieser E rk lg rung ist yon Per iod iz i tg t , wie man sieht, n ich t die Rede. Al le rd ings h a t m a n zungchst durch J a h r h u n d e r t e h indurch n u t perio~ dische Wellen beobachte t . E r s t vo r e twa 90 J a h r e n bemerk t e der englische Phys iker SCOTT RUSSELL zulgll ig bet e inem Spaziergang eine e igenar t ige Erscheinnng, eine Welle in e inem Kanal , die aus einer einzigen E r h e b u n g bestand, welche sich ohne Ver~nderung der F o r m mi t kons tan te r Geschwindig- kei t for tbewegte . Diese sog. Einzelwel le wird heut - zutage regelmgBig als Vor lesungsversuch vor- geffihrt (Fig. 2).

Die theore t i sche H y d r o d y - namik war nun vo r die A u f g a b e gestellt , die Ex i s t enz sowohl der per iodischen als auch der Einzel- h wellen, insbesondere ihre For t - ~ _ pf lanzungsgesetze aus den me- Fig. 2. chanisehen Pr~missen herzulei- Die Einzelwelle. ten. An der Ansff ihrung dieses P r o g r a m m s haben vo r alien d i e englischen For- scher AIRY, STOKES und Lord ~AYLEIG~I gear- be i te t und haben hSchst bemerkenswer te Resul- tare erreicht . So h a t AIRY seine berf ihmte, aller- dings nur in ers ter Approx ima t ion r icht ige Fo rme l

gh e~ + e - " C 2 ~ o ~ - - ~ ~- C~

2 z h (wobei a eine Abkf i rzung ffir T ist) gefunden,

eine Beziehung zwischen der For tpf lanzungs- gesehwindigkei t c, der Wellenl~nge ~ und der Tiefe h des Kanals ( g i s t die Schwerebeschleunigung) , welche besagt, dab die For tpf lanzungsgeschwindig- kei t einer per iodischen Welle mi t der Wellenl~nge zun immt , dabei aber s tets un te r d e m W e r t g ~ bleibt.

Ftir die For tpf lanzungsgeschwindigke i t der Ein- zelwelle h a t Lord RAYLEIG~ durch einen kfihnen, wenn auch ma themaf i s ch nicht e inwandfre ien Kunstgriff , die exper imente l l bes tg t ig te Fo rme l

c~ = g (h ~- a)

gefunden, wobei a die max ima le H6he der Welle fiber dem mi t t l e ren Niveau des Wassers bedeute t . Doch ist auch dieses Resu l t a t (das auch BoussiN~SQ erhal ten hat) nur als eine Approx ima t ion anzusehen.

Den ersten entscheidenden Schr i t t in der Theor ie der Wasserwellen, die E rb r ingung des t~xistenz- beweises ffir den Tall periodischer Wellen endl icher HShe ha t ers t vor e twa v ier J ah ren LEvI-CIVITA getan 1. Das neue der Methode yon LZvI-CIVlTA war die prinzipielle Heranz iehung der m~chf igen

1 D6termination rigoureuse des ondes permanentes d'ampleur finie. Mathematische Ann. 93 (1925). LEw-CIVlTA betrachtet die "vVellenausbreitung in einem Kanal yon nnendlicher 3"iefe. Der Fall endlicher Tiefe ist mathematisch nur unwesentlich davon ver- schieden und wurde yon D. J. STRnlK (Mathem. Ann. 95 EI926~) behandelt.

384 WEINSTEIN: Mathematische Probleme aus

Hilfsmittel der Funkti0nstheorie und der kon- Iormen Abbildung.

Das Wetlenph~nomen ist ftir einen n i t der FortpfIanzungsgeschwindigkeit c mitb'ewegten Be- obachter ein station~trer Vorgang. Das bedeutet insbesondere, dab das Potential nur yon dem Ort, and nicht yon der Zeit abh~ngt. Die Funktions- theorie lehrt, dab man in jedem Punkt unseres vert ikalen Kanalschnittes neben dem Potential noch eine weitere dem Potential, wie man sagt, konjugierte harmonische Funktion, die sog. Str6- mungsfunkfion, einftihren kann. Diese Str6mungs- funktion ist durch das Potent ial im wesentlichen eindeutig best immt und hat auf jeder Stromlinie, insbesondere auf dem Wellenprofil, einen kon- stanten Wert. Fag t man die Werte des Potentials und der Str6mungsfunktion als Koordinaten eines (Bild-)Punktes auI, so entsteht (in einer Hilfsebene) eine, nach der Lehre der konformen Abbildung winkeltreue geographische Kar te unseres verti- kalen Kanalschnittes. Das unregelm~gige, yon einem zun~chst unbekannten \¥ellenprofil be- grenzte Stromgebiet, erscheint im Bilde als ein Parallelstreifen, dessen Breite gleich i gesetzt werden darf (Fig, 3). Wit operieren je tz t in dieser

geographischen Karte, die uns A/dYes Y/e//en/~ra,'7/s zur Fixierung des Ortes der

Wasserteilchen dient. Als un- bekannte Gr6Be wird zweck-

B/iddes Hanalbadens m~13ig der Winkel ~ gew~hlt, Fig. 3. Der Parallel- den die Geschwindigkeit eines

streifen. Teilchen mi t der Lgngsrich- tung des Kanals bildet. Die

Kenntnis dieses Winkels als Funktion des Ortes in der geographischen Karte, d. h. als Funkt ion des Po- tentials und der Str6mungsfunktion, gentigt, um den tatsgchlichen Ort und die Geschwindigkeit der Wasserteilchen zu ermitteIn, d. h. um das Wellen- problem zu 16sen. Dieser Winkel t9 ist eine harmo- nische Funktion des Ortes im Streifen. An seinem un- teren Rande, der dem Kanalboden entspricht, ist offenbar gleich Null. Das Energieprinzip liefert ftir ~9 eine weitere Relation, die auf dem oberen Rand des Streifens (dem Bild des WellenprofiN) gtiltig ist. So sehen wit, wie die LBvi-CiVlTasehe Methode das Problem der Wellenbewegung zu einem Randwertproblem ftir harmonische Funk- tionen macht, Die Bedingung ftir t9 auf dem oberen Rande des Streifens ist allerdings sehr kompliziert und soil nur der Vollstgndigkeit halber explizite angeffihrt werden, Sie lautet :

dO d n - P e - a r s i n ~ '

wobei r die zu 0 konjugierte Funkt ion bedeutet, die also durch # prinzipiell bes t immt ist; p ist eine

Abkiirzung ftir ~ - und ist, wie die Fortpflan-

zungsgeschwindigkeit e selber, eine a priori un- best immte positive Konstante.

Die Komplizierthei t unseres Randwertproblems legt den Gedanken nahe, es nach der tVlethode der

d. neueren Entwicklung d. Hydrodynamik. [ Die Natur- [wissenschaften

sukzessiven Ann~herung auf eine Ket te einfacherer Probleme zurtickzuftihren, deren L6sungen sich immer mehr der L6sung des urspriinglichen Pro- blems n~hert. Ersetzt man in der obigen Rand- bedingung die Exponentialfunktion durch die Zahl i, den sin ~ durch ~ selbst, so erh~lt man, indem man die erste N~therung f/Jr t~ n i t U be- zeichnet, die Bedingung, dab

d U . . . . . . . l ~ U = o

auf dem oberen Rand des Streifens sein s011. Da die unbekannte Konstante k als N~herungswert ffir p posit@ ist, haben wit in unserer Terlninologie ftir U die (homogene) Bedingung yon LEVI-CIVIT& vor uns. (Am unteren Streifenrand gilt nach wie vor die Bedingung U = o.) Wir suchen harmo- nische Funktionen U, die diese homogenen Rand- bedingungen erftillen, ohne dabei tiberall im Strei- fen gleich Null zu sein. (Zu beachten ist ein inter- essanter, dutch den physikalischen Charakter des Problems bedingter Gegensatz zur Fragestellung der Theorie der \V~rmeleitung: Dor t interessierte uns die Tatsache, dab es keine nichtverschwinden- den L6sungen des FOURIERschen homogenen Pro- blems geben kannL)

Bei der Ermi t t lung der Funkt ion U stellt sich nun ein bedeutsamer Unterschied zwischen dem Fall der periodischen und dem der Einzelwelle ein. Im periodischen Fall gentigt es, die Untersuchung auf einen Periodenstreifen, d. h. auf ein endliches Gebiet zu beschr~nken. Im Falle der Einzelwelle ha t man dagegen ein homogenes RandwertprobIem im ganzen unendlichen Parallelstreifen vor sich. Damit erhalten wir ein potentialtheoretisches Gegensttick zu dem funktionenthe0retischen Pro- blemkreis yon PttRAG~£N und LINDEL6F. D i e funktionentheoretischen Methoden, welche dort zur Best immung der harmonischen Funktionen U im Falle der speziellen DIRICI~I.~:Tschen Randbedin- gung U = o geniigten, erweisen sich bei allgemeine- ren Randbedingungen, insbesondere in unserem Fatle, aIs unzureichend. Die Unkenntnis aller L6sungen dieses Problems hat l~ngere Zeit einen Fortschri t t in der Theorie der EinzelwelIe ver- hindert.

Ers t vor kurzem ist es gelunge n, die Frage zu kl~ren, Die s~mtlichen L6sungen unseres Problems ftir die Funkt ion U zerfallen in dmi wesentlich versehiedene Klassen ~:

I .D ie triviale L6sung: U = o i iberal t im Streifen. 2. L6sungen, die im Innern des Streifens tiber-

aus rasch (exponentiell) tiber alle Grenzen an- wachsen, minzu kommt ftir k > I :

Es sei jedoch an dieser Stelle erw~hnt, dab unser homogenes Problem flberraschendelaveise in einem anderen Kapitel der modernen Hydrodynamik, in der Theorie des freien Strahles auftritt, wobei die Frage- stellung dort sich n i t derjenigen FOURIERS deckt. Ygl. A. WXlNS~EIX, Ein hydrodynamischer Unit~tssatz. Mathem. Z. I9 (1924).

A. WI~INSTEIN, Rendiconti della R. Accademia dei Lincei 1927, S. 259, und C. R. Acad. Sc. Paris z84, 497.

Heft ] 21. ~4. 5. x929

3, Eine rein periodisehe L6sung U, derenPeriode durch die Konstante k eindeutig best immt ist.

(Ieh erinnere daran, dab man bei der DIRICHLET- schen Bedingung U = o nur L6sungen der ersten oder zweiten Klasse hat. Dieser PHR~M~N- LINDEL~3FSchen Alternative steht in unserem Fall eine Dreiteilung gegeniiber.)

Die einzigen tiberall endlichen, nicht trivialen L6sungen unseres Problems sind rein periodisch. (Sie sind iibrigens mit den AIRvschen einfachen Wellen identisch.) Daher eignet sich das urspriingtiche LEvI,CIwTAsche Verfahren nur ftir periodische Wetlen, w o e s auch zum vollen Erfolg ftihrt. Die weiteren N~herungs16sungen, die wit ebenfalls mit U bezeichnen wotlen, in diesem Falle geniigen auf dem oberen Rand des Streifens einer Bedingung yon der Gestalt

dU d ~ -- k U = gegebene Funktion

(wo/e j etz~ eine gegebene posit@e Konstante ist) und iassen sich leicht bestimmen. ~,Vir k6nnen zusam- menfassend sagen: Das ursprtingliche, sehr kompli- zierte \Vellenproblem l~il3t sich im Falle periodi- scher \Vellen auf eine Ket te von L~vI-CtvI~Aschen Problemen (welche bis auf das erste nicht homogen sind) zurtickfiihren. Das Verfahren konvergiert

v. KARMAN: W~irmeausgleich in Krystallen im Lichte der Quantenmechanik. 385

sehr rasch und zeigt die l~lberlegenheit der funktio- nentheoretischen Methoden.

YNe Theorie der Einzelwelle ist yon anderer Natur und erfordert zu ihrer Bearbe i tung eines anderen Verfahrens. Doch zeigten sich auch hier die Vorztige der funktionentheoretischen Methode. Es ist ta t s~chl ich vor kurzem gelungen, einen Algorithmus aufzustellen, welcher erlaubt, die wesentlichen Eigensehaften der Einzelwelle mathe- matisck weiter zu verfolgen und u. a. das RAYLEIGHsche Resultat tiber die Fortpflan- zungsgeschwindigkeit zu versch~irfen I. Die roll= st~indige L6sung des Problems steht noch aus; doch ist zu hoffen, dab die verfeinerten HiKsmittet der modernen Mathematik erlauben werden, auch hier das ZieI zu erreichen.

So sehen wir, dab heute, wie zur Zeit LEO~AR- DOS, ganz einfache Erscheinungen der AuBenwelt, zu deren Feststellung es keiner geschulten Experi- mentatoren bedarf, uns auf mathematische Problem itihren, welche den Erfindungen scharfsinniger speknlativer K6pfe an Interesse nicht nachstehen.

i A. ~¥EINSTEIIg, Sur la vitesse de propagation de l'onde solitaire. Rendiconti della R. Accademia dei Lincei, IRoma 1926. Vgl. anch die Verhandlungen des zweiten Internationaten Kongresses fiir Tectmische Mechanik. Zi~rich 1926.

W ~ i r m e a u s g l e i c h in K r y s t a l l e n i m L i c h t e der Q u a n t e n m e c h a n i k . Von TH. V. K ~ £ N , zur Zeit auf dem pazifischen Ozean.

Die Theorie der spezifischen W~irme yon Kry- stallen ist durch Anwendung der PLANClCschen Quantenstat ist ik zu einem befriedigenden Abschlu B gebracht worden. Man erh/ilt ein mit der Er- fahrung gut tibereinstimmendesErgebnis, wenn man das Krystal lgi t ter als ein System linearer Oscilla- toren betrachtet und dieEnergieverteilung zwischen diesen nach den Regeln der Quantenstatist ik vornimmt. Die Abweichungen, die zwisehen Theorie und Exper iment noch vorhanden sind, kann man sicher unserer mangelhaften Kenntnis der Gitterkr~ifte zuschreiben. Dagegen begegnet man grundsiitzlichen Schwierigkeiten, wenn man ein richtiges Bild yon dem W~irmeausgleichs- vorgang, yon der W~irmeleitung, gewinnen will. ])EBYE hat gefunden, dab elm System linearer Oscillatoren kein Phttnomen aufweist, welches ein Analogon zur W~irmeleitung bietet: einem solchen System mug man vielmehr unendlich groBe W~rme- leitung zuschreiben. Um einen Ausweg zu finden, hat DEBYE die Abweichungen im Verlauf des fiir die Wechselwirkung der Git terpunkte geltenden Kraftgesetzes yon der Linearit~Lt herangezogen und eine mitt lere WegI~nge der wXrmetragenden elastischen Wellen und daraus die Wiirmeleitungs- konstante errechnet. Er hat zwar ind iese r Weise ~tir h o h e Temperaturen das, empirisch gefundene Gesetz: W~rmeleitung umgekehrt proportional der Temperatur abgeleitet, abet die so abgeleitete xNr,irmeleitungskonstante ist -- entsprechend der gemachten Annahmen -- nieht durch die Kom-

pressibilit~t, sondern durch h6here Ableitungen des Kraftgesetzes bedingt. Es erscheint indessen unwahrscheinlich -- wie es auch yon SCHt~ODINGER bereits im Jahre i 9 i 4 bemerkt wurde -- dab eine so grundlegende Eigenschaft der KSrper, wie die W~rmeleitung, VOlt den Feinheiten des Kraft- verlaufs bei gr6Beren Deformationen abhfingen soil, um so mehr, als die MeBergebnisse zeigen, dab die W~rmeleitungskonstante bei ~ihnlich gebauten Krystallen ann~ihernd der Schmelztemperatur proportional ist; diese h~ngt abet zweifellos mit der Kompressibilit~it zusammen. Ferner gelangt man, wenn man versucht, die DEBYEsche Theorie auf niedrigere Temperaturen zu tiberfragen, zu Er- gebnissen, die der. Erfahrung widersprechen,

Es scheint mir, dab die neue Quantenmedhanik einen Weg zeigt, um dieser Schwierigkeiten Herr zu werden und die Erscheinung der Wfirmeleitung besser zu erfassen.

Ich betrachte das einfachste BIodell: zwei Massenpunkte mit der Masse m, zwischen denen eine elastische Kraf t wirkt. Die potentielle Energie des Systems sei

U I = - - ~ (x 2 + x~ - 2 x~ x,) 2

wobei x 1 und x 2 die Verschiebungen der Atome aus der Gleichgewiehtslage bezeichnen. Ich be- schr~nke reich auf Bewegung an einer geraden Linie. Wenn man zun~ichst das Glied - - 2 x 1 x 2 streicht, so bedeutet dies, dab beide Massenpunkte