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Mechanische Grundlagen der Biomechanik und Biomechanische Prinzipe des Knochenbaus Dr.-Ing. Ulrich Simon UZWR

Mechanische Grundlagen der Biomechanik · 2018. 1. 9. · Biomechanik > Scripte Ziel der Vorlesung: Mechanische Grundlagen

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Mechanische Grundlagen der Biomechanik

und

Biomechanische Prinzipe des Knochenbaus

Dr.-Ing. Ulrich Simon

UZWR

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www.biomechanics.de

www.uzwr.de

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Biomechanik > Scripte

<wird bekannt gegeben>

<wird bekannt gegeben>

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Ziel der Vorlesung:

Mechanische Grundlagen in anschaulicher Form auffrischen.

Biomechanik

Biologie Mechanik

Allgemeines

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Gliederung Vorlesung 1

1.4. Statik starrer Körper 1.4.1. Die Kraft

1.4.2. Das Schnittprinzip (von Euler)

1.4.3. Zusammenfassen und Zerlegen von Kräften

1.4.4. Das Moment

1.4.5. Moment einer Kraft bezüglich eines Punkts

1.4.6. Freikörperbild

1.4.7. Statisches Gleichgewicht

1.4.8. Rezept zum Lösen von Aufgaben aus der Statik

1.4.9. Rechenbeispiel „Bizepskraft“

1.5. Elastostatik / Festigkeitslehre 1.5.1. Die Spannung

1.5.2. Beispiel: Zugspannung im Muskel

1.5.3. Normal- und Schubspannungen

1.5.4. Dehnungen

1.5.5. Materialgesetze

1.5.6. Einfache Lastfälle

1.6. Kinematik 1.6.1. Koordinatensysteme

1.6.2. Translation und Rotation

1.6.3. Weg und Winkel

1.6.4. Geschwindigkeit

1.6.5. Beschleunigung

1.6.6. Zusammenfassung

1.7. Kinetik / Dynamik 1.7.1. d’Alembertsches Prinzip

1.7.2. Energie, Arbeit, Leistung

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Größen, Dimensionen, Einheiten

Standard: ISO 31, DIN 1313 Größe = Zahlenwert Einheit

Länge L = 2 m = 2 m

{Größe} = Zahlenwert

[Größe] = Einheit

SI-Basiseinheiten (Mechanik):

m (Meter), kg (Kilogramm), s (Sekunde)

falsch: Länge L [m] richtig: Länge L / m

oder Länge L in m

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Einheitensysteme

Basiseinheiten Abgeleitete Einheiten Bemerkung

Länge Masse Zeit Kraft Spannung Dichte Beschl. …

m kg sec N Pa kg/m3 m/sec2 … SI-Einheiten

mm t sec N MPa t/mm³ mm/sec² … Organ-Level

μm t sec mN GPa … … … Tissue-Level

[…] bedeutet Einheit von … Zu Zeile 1: [Kraft] = [Masse]*[Länge]/[Zeit]² [Spannung] = [Kraft]/[Länge]² [Dichte] = [Masse]/[Länge]³ …

Zu Zeile 2: 1. Wahl: mm 2. Wahl: N 3. Wahl: sec [Masse] = ? [Kraft] = [Masse]*[Länge]/[Zeit]² [Masse] = [Kraft]*[Zeit]²/[Länge] = (kg*m/sec²)*sec²/ mm = 1000 kg = t

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Zum Merken:

Die Kraft ist die Ursache für eine Beschleunigung

(Bewegungsänderung) oder eine Verformung

Dehnung) eines Körpers.

Die Kraft

Zweites Newtonsches Axiom:

Kraft = Masse Beschleunigung oder F = m a

• Der Kraft-Begriff ist aus dem Alltag gut bekannt: Antriebskraft, Muskelkraft, Arbeitskraft, ...

• aber eigentlich axiomatisch, d.h. ohne strenge Definition

• „Kraft“ ist eine Erfindung, keine Entdeckung

• Kräfte können nicht direkt gemessen werden.

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Die Einheit der Kraft

Newton

N = kgm/s2

Zum Merken:

Gewichtskraft einer Tafel Schokolade 1 Newton

N1

N/kg81,9kg102,0

gmFG

1 N

100 g

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Schnittprinzip (Euler) und Freikörperbild

1 kg

F

F

Freikörperbild

10 N

Zum Merken:

Erst schneiden dann Kräfte und Momente eintragen.

Freikörperbild = völlig freigeschnittenes Teilsystem

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... mit Pfeilen

Kräfte sind vektorielle Größen

Betrag

Richtung

Richtungssinn

Darstellen von Kräften

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Zusammenfassen und Zerlegen von Kräften

Addition der Beträge

Subtraktion der Beträge Zerlegung in Komponenten

Vectoraddition

8 N

2 N

FR 7 N

Ftrans

Faxial

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Das Moment

Zum Merken:

Ein Moment ist die Ursache für eine Dreh-Beschleunigung (Bewegungsänderung) oder eine (Dreh-) Verformung (Torsion, Biegung) eines Körpers.

Zum Denken:

Moment gleich “Drehkraft”

F

F a

Schraube

F

F

Klinge M = Fa

Kräftepaar (F, a) Moment M

Schlitzschraube mit

Schraubenzieher-

Klinge (belastet)

weggeschnitten

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Einheit des Moments

Newton-Meter

Nm = kgm2/s2

Darstellung von Momenten

... mit Drehpfeilen oder Doppelpfeilen

Momente sind vektorielle Größen

Betrag

Richtung

Richtungssinn

Rechte-Hand-Regel:

5 Nm

Achse

Drehpfeil

5 Nm

Doppelpfeil

oder

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Moment einer Kraft bezüglich eines Punktes P

Zum Merken:

Moment = Kraft mal Hebelarm

(Hebelarm senkrecht zur Wirkungslinie)

F

P

P M = Fh

F

F

h P F

F

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.0...:Pbezüglich Momentealler Summe

,0...:Richtung-yin Kräftealler Summe

,0...:Richtung-in x Kräftealler Summe

!

,2,1

!

,2,1

!

,2,1

P

z

P

z

yy

xx

MM

FF

FF

Statisches Gleichgewicht

Wichtig:

Gleichgewicht nur an “Freikörperbildern”

Für ein ebenes (2D) Problem gelten drei Gleichungen:

(Für ein räumliches (3D) Problem gelten sechs Gleichungen)

F

F

10 N

Freikörperbild inner-

halb der Hüllfläche

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Lösungsrezept

Schritt 1: Modellbildung. Generieren eines Ersatzmodells (Skizze

mit Geometrie, Lasten, Einspannungen). Weglassen unwichtiger

Dinge. Das “reale System” muss abstrahiert werden.

Schritt 2: Schneiden, Freikörperbilder. System aufschneiden,

Schnittkräfte und Schnittmomente eintragen,

Schritt 3: Gleichgewicht. Kräfte- und Momentengleichgewichte für

Freikörper anschreiben.

Schritt 4: Gleichungen lösen.

Schritt 5: Ergebnis deuten, verifizieren, mit Experiment

vergleichen; Plausibilität prüfen.

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Klassisches Rechenbeispiel: “Bizeps-Kraft”

Aus: „De Motu Animalium“ von G.A. BORELLI (1608-1679)

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Seil (undehnbar)

10 kg

Balken

(masselos)

Gelenk

(reibungsfrei)

Einspannung

(starr)

g

Schritt 1: Modellbildung

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Schritt 2: Schneiden und Freikörperbilder

10 kg

1

2

4

S1 = 100 N

S2

h2

h1 G

GV GH

FKB

+

N700cm5

cm35 N100

0cm5cm35N100

0

2

!

2

!

2211

S

S

hShS

Summe aller Momente bezügl. Punkt G = 0

Schritt 3: Gleichgewicht

Schritt 4: Gleichungen lösen

Das ist das siebenfache der Last!

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Elastostatik / Festigkeitslehre

Spannungen

500 N

Zum Merken:

Spannung = „verschmierte“ Schnittkraft,

Spannung = Kraft pro Fläche oder = F/A

Fotos: Lutz Dürselen

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Einheit der Spannung

Beispiel:

Zugspannung im Muskel

Mega-Pascal: 1 MPa = 1 N/mm2

Pascal: 1 Pa = 1 N/m2

F

F

1 = F/A1 A1

A2 2 = F/A2

Kräfte Spannungen

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Normal- und Schubspannungen

F

Zugstab

P

1

Schnitt 1:

mit Normalspannung 1

P

1

2

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Normal- und Schubspannungen

Zum Merken:

Erst Schnitt, dann Art und Größe der Spannung.

Normalspannungen (Zug- und Drucksp.) senkrecht zur Schnittfläche

Schubspannungen stehen parallel zur Schnittfläche.

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Allgemeiner (3D) Spannungszustand ...

... in einem Punkt des Körpers:

Drei Spannungskomponenten in einem Schnitt (Normalsp., 2x Schubsp. )

mal

Drei Schnitte (z.B. frontal, sagittal, transversal)

gleich

Neun Spannungskomponenten, die den vollständigen 3d Spannungszustand in einem Punkt im Körper kennzeichnen.

Sechs Komponenten davon sind unabhängig („Gleichheit der Schubsp.“)

zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

Der „Spannungstensor“

zzyzxz

yzyyxy

xzxyxx

!

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Allgemeiner Spannungszustand ...

Sechs Komponenten

Der „Spannungstensor“

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Problem: Will man bunte Bilder machen, muss man sich für eine Komponente entscheiden.

Aber welche soll man nehmen?

Man kann statt einer einzelnen auch „Mischungen“ der Komponenten- verwenden.

So genannte „Invarianten“ sind nichts weiter als besonders „schlaue“ Mischungen bei denen unabhängig von der Orientierung des Koordinatensystems das selbe rauskommt: „Hauptspannungen“, „Von-Mises-Spannung“, „Hydrostatischer Spannungsanteil“, „Oktaeder-Schubspannung“, ...

Mises xx2 yy

2 zz2 xx yy xx zz yy zz 3 xy

2 3 xz2 3 yz

2

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Dehnungen

Zum Merken:

Dehnung = relative Längenänderung (Winkeländerung)

DETAILS • Seiltyp: Einfachseil • Durchmesser: 10.5 mm • Imprägnierung: ohne • Gewicht: 72 g pro Meter • Fangstoß: 9.6 kN • Anz. Stürze: 10 • Mantelverschiebung: 0 mm • Dehnung statisch: 7.7 % • Dehnung dynamisch: 32 % • Knotbarkeit: 0.7 • Farbe: mix

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Einheit der Dehnung

Ohne Einheit, also z.B.:

1

1/100 = %

1/1.000.000 = με (micro strain) = 0,1 %

ängeUrsprungsl

rungLängenände:Dehnung

Definition der Dehnung

0L

L:

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Dehnungen

• Globale, äußere Dehnung

• Lokale, innere Dehnungen

Dehnung (Gestaltänderung)

im Frakturkallus

Spalt

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y +dy

0+

x+dx

z+dz

0+

0+

Definition des lokalen Dehnungszustands

unverformt (spannungsfrei)

Verschoben und verformt (Spannungen an allen Oberflächen)

y

x z

0 0

0

u(x,y+y,z)

u(x,y,z)

Infinitesimales Testvolumen V = x•y•z

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Definition des lokalen Dehnungszustands

zzyzxz

yzyyxy

xzxyxx

Der „Dehnungstensor“

z

dz

y

dy

x

dx

zzz

yyy

xxx

000lim,lim,lim

2

1,

2

1,

2

1yzxzxy

},,{,,2

1,, zyxjiuu ijjiij

!

Universelle Definition der Dehnungskomponenten

xxxxx

xxxx u

x

u

x

xuxxu

x

dx,

00

)()(limlim

Längenänderung aus Verschiebungszustand u

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Werkstoffgesetze

... verknüpfen Spannungen und Dehnungen miteinander

Stress σ

Strain ε

linear

E

Lineares Werkstoffgesetz

E

klijklij E

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E - Elastizitätsmodul, E-Modul [Young‘s modulus]

- Querkontraktionszahl [Poisson‘s ratio] (0 ... 0.3 ... 0.5)

E

zx

yz

xy

zz

yy

xx

zx

yz

xy

zz

yy

xx

v

v

v

v

vv

vvv

vv

E

2

)21(sym

02

)21(

002

)21(

000)1(

000)1(

000)1(

)21()1(

Linear Elastic Law

• Maxwellscher Reziprozitätssatz (Satz von Betty) 21 Parameter

• Orthotrop (trabekulärer Knochen) 9 Parameter

• Transverse Isotrop (kortikaler Knochen) 5 Parameter

• Isotrop 2 Parameter

• Voll besetzter Tensor 4. Stufe für drei Dimensionen 81 Parameter (9x9)

• Gleichheit einander zugeordneter Schubspannungen

(Boltzmann Kontinua) und Scherdehnungen 36 Parameter (6x6) !

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Zum Merken:

Ein linear-elastisches, isotropes Werkstoffverhalten wird

durch zwei Werkstoffparameter gekennzeichnet:

z.B.: E und

Ein allgemeines anisotropes Werkstoffgesetz besitzt 21 Werkstoffparameter.

Zwei von:

E - Elastizitätsmodul, E-Modul [Young‘s modulus]

- Querkontraktionszahl [Poisson‘s ratio] (0 ... 0.3 ... 0.5)

G - Schubmodul [Shear modulus]

K - Kompressionsmodul [Bulk modulus]

μ, λ - Lamesche Konstanten [Lame Constants]

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Kompliziertere Werkstoffgesetze:

• Nicht-linear

• Nicht-elastisch

• Anisotrop

• Viskoelastisch, Typ: innere Dämpfung

• Viskoelastisch, Typ: Gedächtniseffekt

Spannung σ

Dehnung ε

.

. .

Spannung σ

Dehnung ε

Entlastung

Belastung

Belastung

Spannung σ

Dehnung ε

Entlastung

k b k0

b1

k1

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Lokale Schädigung

ISO- Knochen- schraube

Optimierte Schraube

Plastische Dehnungen

Spannung σ

Dehnung ε

Ideal

elastisch-plastisch

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Einfache Lastfälle: 1. Zug und Druck

Zugstab (Dehnsteifigkeit EA)

L0 d0 d0-d

F

L

A

unbelastet belastet Schnitt

00

,L

EAkL

L

EAF

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2. Scherung

Scherstift (Schersteifigkeit GA)

L

A

F

unbelastet belastet Schnitt

L

GAkw

L

GAF ,

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3. Biegung (Kragbalken)

M

F w

Zugsp.

Drucksp.

Neutrale

Faser

x z

Schubsp.

Drucksp.

Kragbalken (Biegesteifigkeit EIa, Länge L) Schnitt

.2

,23

2

23

MEI

LF

EI

L

MEI

LF

EI

Lw

aa

aa

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4. Torsion

Torsionsstab (Torsionssteifigkeit GIT)

M

0L

Länge L, Radius r Schnitt

Zum Merken:

Der Röhrenknochen hat eine günstige (materialsparende) Gestalt bei

Torsions- und Biegebeanspruchungen.

L

GIc

L

GIM TT ,

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h

b

D0

D d

12

3hbIa

4

064

DIa

)(

64

44 dDIa

Rechteck: Vollkreis: Rohr:

Flächenmoment 2. Grades (früher: „Flächenträgheitsmomente“) [Second Moment of Area]

4

032

DII PT

)(

32

44 dDII pT

Axiales Flächenmoment zweiten Grades (Biegung)

Polares Flächenmoment zweiten Grades (Torsion)

!

dArIA

zyy 2:

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Kinematik

Kinematik und Dynamik

• Beschreibt und analysiert Bewegungen, ohne Kräfte zu betrachten.

• Bei starren Körpern genügen endlich viele Koordinaten zur

Beschreibung.

• Koordinaten beschreiben die Lage der Körper zu jedem Zeitpunkt.

• In der Biomechanik: Ganganalyse, Gelenkkinematik.

Zum Merken:

Kinematik = zeitveränderliche Geometrie

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0

1

Koordinaten

xS

• Translatorisch vs. rotatorisch • Absolut vs. relativ

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Bewegungsarten: Translation, Rotation

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Momentanpol / Momentane Drehachse

• Körperfester Punkt der augenblicklich

keine Geschwindigkeit hat.

• Der Körper dreht sich augenblicklich um

diesen Punkt (um diese Achse).

• Bei einer reinen Translation liegt der

Momentanpol im Unendlichen.

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Anwendungsbeispiel zum Momentanpol

Flex-Ex Kinematisches MKS-Modell von C5-C6-

Wirbelsegment mit Bandscheibenimplantat

• 3D, idealisierte Geometrie

• Bandscheibenimplantat

• Bänder mit Zugkräften

• Erzwungene Flex-Ex-Bewegung

Berechnung der Momentanen Drehachse

Ziel: Implantat soll möglichst

physiologische Kinematik zeigen,

also z.B. die unsymmetrische Lage

der momentanen Drehachse unterhalb

des Bandscheibenzentrums ermöglichen.

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Anwendungsbeispiel zum Momentanpol

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Weg: Abstand zwischen zwei Punkten.

Geschwindigkeit: Die Änderung des Weges mit der Zeit.

Beschleunigung: Die Änderung der Geschwindigkeit mit der Zeit (Betrag und/oder Richtung).

Winkel: Neigung zwischen zwei Achsen.

Winkelgeschwindigkeit: Die Änderung des Winkels mit der Zeit.

Winkelbeschleunigung: Die Änderung der Winkel-geschwindigkeit mit der Zeit.

Tra

nslation

Rot

ation

Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung

m

sec

m

2sec

m

x

xv

va

Grad

sec

Grad

2sec

Grad

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Diagramme

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Dynamik

• Wechselwirkung zwischen Bewegung und Kräften.

• Dämpfungs-, Reibungs- , Trägheitskräfte.

d’Alembertsches Prinzip:

• Trägheitskräfte und -momente genau wie

sonstigen äußere Kräfte und Momente

behandeln. Im FKB eintragen.

• Dynamisches Gleichgewicht genau so wie

statisches Gleichgewicht verwenden.

0, xiF

Beispiel: „Fallender Fußball“ mit Gewichtskraft, Luftwider- standskraft und Trägheitskraft

FTr

FL FG

x

g

0 GLTr FFF

0 mgFxm L )(x

m

Fgx L

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Energie E

Zum Merken:

Energie bleibt erhalten.

Einheit: Joule

Kinetische Energie:

Potentielle Energie:

mNJ

2

2

1vmEkin

hgmE pot

2

2

1xkEpot

Lageenergie

Federenergie

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Arbeit W

Zum Merken: Arbeit = Kraft mal Weg

Einheit (wie Energie): Joule

Beispiel Hubarbeit:

Beispiel Reibungsarbeit:

mNJ

hFW GHub

sFW Rib Re

• ändert den Energieinhalt von Systemen.

• Kräfte können mechanische Arbeit verrichten, wenn sich der

Kraftangriffspunkt in Richtung der Kraft verschiebt.

• Bei konstanter Kraft gilt dann:

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Leistung P

Einheit: Watt sec

mN

sec

JW

Zum Merken:

Leistung = Arbeit pro Zeit

.

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Literatur

Zur Technischen Mechanik:

Dankert, H. und Dankert, J.: „Technische Mechanik -

computerunterstützt“.

Sehr gutes Lehrbuch

Kessel, S. und Fröhling, D.: „Technische Mechanik / Technical

Mechanics“

Deutsch-englische Fachbegriffe im Kontext. Zur Kinetik und Kinematik des Bewegungsapparates:

Nigg, B.M. und Herzog, W.: „Biomechanics of the Musculo-

skeletal System“

Gut, Schwerpunkte: Messung und Modellierung des Gangs.

Page 56: Mechanische Grundlagen der Biomechanik · 2018. 1. 9. · Biomechanik > Scripte   Ziel der Vorlesung: Mechanische Grundlagen

Vorlesung II:

Biomechanische Prinzipien

des Knochenbaus

Dr.-Ing. Ulrich Simon

UZWR

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Übergeordnetes Prinzip:

„Minimum-Maximum-Prinzip“

Pauwels (1965):

Roux (1895) und Wolff (1892): „Funktionelle Anpassung“

Mit minimalem Aufwand an Material (Energie) eine maximale Steifigkeit und Festigkeit erreichen

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Prinzip: Röhrenknochen

Bei Biegung und Torsion ist Röhre bei gleichem Flächeninhalt (d.h. gleiche Masse) steifer und fester als Vollkreis. Vgl. axiale und polare Flächenmomente

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Prinzip: Angepasster Querschnittsverlauf

Knochenquerschnitt an Biegemomentenverlauf angepasst.

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Prinzip: Spongiöser Knochen

Knorpel erfordert große Fläche. Epiphysen habe größeren Durchmesser als Diaphysen. Kompakter Knochen wäre hier Materialverschwendung. Vgl. Leichtbauprinzip „Sandwichplatte“.

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Prinzip: Zuggurtung

Knochen „mag“ keine Zugspannungen! Zug wird daher teilweise von Bändern (tractus illio-tibialis) übernommen. Vgl. Spannbeton.

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Prinzip: Schaftkrümmung

Knochenachse wird bereichsweise so gekippt, dass Knochen hauptsächlich auf Druck belastet wird, und weniger auf Biegung. In der Folge werden vor allem die Zugspannungen reduziert.