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Mechanische Partikelabtrennung aus Flüssigkeiten und Gasen von Dr.-Ing. Harald Anlauf, Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik, Universität Karlsruhe(TH) Liebe Leserinnen und Leser, kaum ein Teilgebiet der mechanischen Verfahrenstechnik durchdringt in einer solchen Vielfalt die unterschied- lichsten Bereiche unserer Lebens- und Produktionsumgebung und wird meist dennoch als unspektakuläre Selbstver- ständlichkeit hingenommen, wie die Abtrennung von Partikeln aus Flüssig- keiten und Gasen. Bei der Reinigung von Abwässern und der Gewinnung von Trinkwasser oder der Luftreinhal- tung erfüllt die mechanische Trenn- technik Grundbedürfnisse unserer Existenz und steht immer noch vor großen Herausforderungen. Wer denkt bei biotechnologisch erzeugten Wirkstoffen daran, dass ca. 50–90% der Herstellkosten durch die Aufberei- tungsschritte im sogenannten down stream processing und damit im wesentlichen durch hochspezialisierte und komplexe Trenntechnik bestimmt werden? Nanopartikeln und ihre ge- zielte Erzeugung und Strukturierung verleihen vielen neuartigen Produkten einzigartige Eigenschaften und sind daher in aller Munde. Hier tritt leicht in den Hintergrund, dass diese Pro- dukte nur dann real zu erzeugen sind, wenn sie in der Prozesskette ihrer Her- stellung auch geeignet und wirtschaft- lich separiert werden können. Dies ist mit den klassischen Methoden der Trenntechnik oft nur unbefriedigend oder nicht möglich und sowohl die Grundlagenforschung als auch der Ap- paratebau sind hier gefordert, adäquate Lösungen zu entwickeln. Die Abschei- dung nanoskaliger Partikeln erfordert infolge der dominanten Grenzflächen- kräfte und der kleinen Strömungsquer- schnitte in entsprechenden Partikel- schichten eine Modifizierung und Anpassung der bekannten Gesetzmä- ßigkeiten zur Prozessbeschreibung. Technisch wird auf diese Herausforde- rungen z. B. mit der Entwicklung im- mer effizienterer High-Tech-Produkte, Filtermedien aus Nanofasern oder membranbeschichteten Gewebestruk- turen reagiert. Partikeldurchmesser von mehreren Zentimetern bis hinab zu wenigen Nanometern, Mehrkompo- nentengemische, Konzentrationen von wenigen Teilchen im Fluid bis hin zur Fließgrenze, abrasive Mineralteilchen und empfindliche Zellkulturen, in weiten Bereichen variierende physiko- chemische Eigenschaften von Flüssig- keiten, um Zehnerpotenzen unter- schiedliche Viskositäten von Flüssig- keiten und Gasen, Mengenströme von wenigen Millilitern bis hin zu tausen- den von Kubikmetern pro Stunde, so- wie unterschiedlichste Anforderungen an das Trennergebnis führen immer wieder zu weder in der Theorie noch in der technischen Praxis gelösten Trennproblemen. Zur Meisterung derartiger Heraus- forderungen ist heute in vielen Fällen eine interdisziplinäre Zusammen- arbeit von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren unabdingbar. Weiterhin stehen mit den sich rasant entwicklen- den und heute kaum noch wegzu- denkenden rechnerischen Simula- tionsmethoden wichtige Werkzeuge zur Problemlösung und -optimierung zur Verfügung. Diese werden auch bereits auf breiter Front im Bereich der mechanischen Trenntechnik einge- setzt. Die Simulation wird jedoch nie- mals den kreativen Verstand des Inge- nieurs ersetzen können, der die „zündende Idee“ zur neuartigen oder verbesserten Lösung einer Trennauf- gabe hervorbringt. Die erfreulich große Resonanz auf die Idee, mechanische Trenntechnik in einer CIT-Ausgabe zum Schwerpunkt zu machen, spiegelt sich in den vielfäl- tigen Beiträgen dieses Heftes wider, welche die oben genannten Aspekte illustrieren und ich möchte den Auto- ren von dieser Stelle aus sehr für ihre Mitarbeit danken. Dieses Schwerpunktheft belegt, wie breit und wie intensiv und auf wie vie- len Gebieten an diesen Themen in For- schung und Entwicklung gearbeitet wird. Im April 2008 wird sich die welt- weite Fachgemeinschaft der Trenn- techniker in Leipzig zum 10. World Filtration Congress versammeln. Deutschland richtet diesen Kongress mit begleitender Fachausstellung zum ersten Mal aus. Mit allein über 350 Fachbeiträgen auf dem Kongress bietet sich die einmalige Gelegenheit, kon- zentriert einen kompletten weltweiten Überblick über den Stand von Wissen- schaft und Technik der mechanischen Partikeltrennprozesse zu gewinnen und neueste Ergebnisse und Entwick- lungen zu diskutieren. Ich würde mir wünschen, dass Sie als Leserinnen und Leser durch dieses Schwerpunktheft fachlich gut infor- miert und angeregt werden und ich würde mich freuen, Sie nach dieser Vorbereitung 2008 in Leipzig auf dem WFC10 zur weiteren Vertiefung des Themas begrüßen zu dürfen. Editorial 1717 Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 11 © 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.de

Mechanische Partikelabtrennung aus Flüssigkeiten und Gasen

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Mechanische Partikelabtrennungaus Flüssigkeiten und Gasenvon Dr.-Ing. Harald Anlauf, Institut für Mechanische Verfahrenstechnikund Mechanik, Universität Karlsruhe(TH)

Liebe Leserinnen und Leser,

kaum ein Teilgebiet der mechanischenVerfahrenstechnik durchdringt ineiner solchen Vielfalt die unterschied-lichsten Bereiche unserer Lebens- undProduktionsumgebung und wird meistdennoch als unspektakuläre Selbstver-ständlichkeit hingenommen, wie dieAbtrennung von Partikeln aus Flüssig-keiten und Gasen. Bei der Reinigungvon Abwässern und der Gewinnungvon Trinkwasser oder der Luftreinhal-tung erfüllt die mechanische Trenn-technik Grundbedürfnisse unsererExistenz und steht immer noch vorgroßen Herausforderungen. Werdenkt bei biotechnologisch erzeugtenWirkstoffen daran, dass ca. 50–90%der Herstellkosten durch die Aufberei-tungsschritte im sogenannten downstream processing und damit imwesentlichen durch hochspezialisierteund komplexe Trenntechnik bestimmtwerden? Nanopartikeln und ihre ge-zielte Erzeugung und Strukturierungverleihen vielen neuartigen Produkteneinzigartige Eigenschaften und sinddaher in aller Munde. Hier tritt leichtin den Hintergrund, dass diese Pro-dukte nur dann real zu erzeugen sind,wenn sie in der Prozesskette ihrer Her-stellung auch geeignet und wirtschaft-lich separiert werden können. Dies istmit den klassischen Methoden derTrenntechnik oft nur unbefriedigendoder nicht möglich und sowohl dieGrundlagenforschung als auch der Ap-paratebau sind hier gefordert, adäquateLösungen zu entwickeln. Die Abschei-dung nanoskaliger Partikeln erfordertinfolge der dominanten Grenzflächen-kräfte und der kleinen Strömungsquer-schnitte in entsprechenden Partikel-schichten eine Modifizierung undAnpassung der bekannten Gesetzmä-ßigkeiten zur Prozessbeschreibung.Technisch wird auf diese Herausforde-rungen z. B. mit der Entwicklung im-mer effizienterer High-Tech-Produkte,Filtermedien aus Nanofasern oder

membranbeschichteten Gewebestruk-turen reagiert. Partikeldurchmesservon mehreren Zentimetern bis hinabzu wenigen Nanometern, Mehrkompo-nentengemische, Konzentrationen vonwenigen Teilchen im Fluid bis hin zurFließgrenze, abrasive Mineralteilchenund empfindliche Zellkulturen, inweiten Bereichen variierende physiko-chemische Eigenschaften von Flüssig-keiten, um Zehnerpotenzen unter-schiedliche Viskositäten von Flüssig-keiten und Gasen, Mengenströme vonwenigen Millilitern bis hin zu tausen-den von Kubikmetern pro Stunde, so-wie unterschiedlichste Anforderungenan das Trennergebnis führen immerwieder zu weder in der Theorie nochin der technischen Praxis gelöstenTrennproblemen.

Zur Meisterung derartiger Heraus-forderungen ist heute in vielen Fälleneine interdisziplinäre Zusammen-arbeit von Naturwissenschaftlern undIngenieuren unabdingbar. Weiterhinstehen mit den sich rasant entwicklen-den und heute kaum noch wegzu-denkenden rechnerischen Simula-tionsmethoden wichtige Werkzeugezur Problemlösung und -optimierungzur Verfügung. Diese werden auchbereits auf breiter Front im Bereichder mechanischen Trenntechnik einge-setzt. Die Simulation wird jedoch nie-mals den kreativen Verstand des Inge-nieurs ersetzen können, der die„zündende Idee“ zur neuartigen oderverbesserten Lösung einer Trennauf-gabe hervorbringt.

Die erfreulich große Resonanz aufdie Idee, mechanische Trenntechnik ineiner CIT-Ausgabe zum Schwerpunktzu machen, spiegelt sich in den vielfäl-tigen Beiträgen dieses Heftes wider,welche die oben genannten Aspekteillustrieren und ich möchte den Auto-ren von dieser Stelle aus sehr für ihreMitarbeit danken.

Dieses Schwerpunktheft belegt, wiebreit und wie intensiv und auf wie vie-len Gebieten an diesen Themen in For-

schung und Entwicklung gearbeitetwird. Im April 2008 wird sich die welt-weite Fachgemeinschaft der Trenn-techniker in Leipzig zum 10. WorldFiltration Congress versammeln.Deutschland richtet diesen Kongressmit begleitender Fachausstellung zumersten Mal aus. Mit allein über 350Fachbeiträgen auf dem Kongress bietetsich die einmalige Gelegenheit, kon-zentriert einen kompletten weltweitenÜberblick über den Stand von Wissen-schaft und Technik der mechanischenPartikeltrennprozesse zu gewinnenund neueste Ergebnisse und Entwick-lungen zu diskutieren.

Ich würde mir wünschen, dass Sieals Leserinnen und Leser durch diesesSchwerpunktheft fachlich gut infor-miert und angeregt werden und ichwürde mich freuen, Sie nach dieserVorbereitung 2008 in Leipzig auf demWFC10 zur weiteren Vertiefung desThemas begrüßen zu dürfen.

Editorial 1717Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 11

© 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.de