52
medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 18. Jahrgang | 3. Ausgabe | Oktober 2009 Schwerpunkt: Gasbeschaffung Energie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in Europa Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive? Wie viel Potenzial hat deutsches Erdgas noch? „Wir müssen noch einen weiten Weg gehen“ Im Interview mit Tord Pedersen von der VNG Norge

medium gas 2009.3

Embed Size (px)

DESCRIPTION

medium gas 2009.3

Citation preview

Page 1: medium gas 2009.3

medium gasDas Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | 18. Jahrgang | 3. Ausgabe | Oktober 2009

Schwerpunkt: GasbeschaffungEnergie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in Europa

Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive? Wie viel Potenzial hat deutsches Erdgas noch?

„Wir müssen noch einen weiten Weg gehen“Im Interview mit Tord Pedersen von der VNG Norge

Page 2: medium gas 2009.3

Inhalt

2

Impressum

medium gas Das Magazin für die Kunden und Partner der VNG-Gruppe | VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft | Braunstraße 7, 04347 Leipzig | Postfach 24 12 63, 04332 Leipzig | Tel. 0341 443 - 0 | Fax 0341 443 - 2057 | www.vng.de | Redaktion Unternehmenskommunikation | Verantwortliche Redakteurin Mandy Nickel Tel. 0341 443 - 2045 | [email protected] | Redaktionsbeirat Helge Andrä, Dr. Reinhard Böhm, Mike Diekmann, Christian Dubiel, Lydia Schuster, Bernhard Kaltefleiter, Siegbert Ketelhut, Kerstin Kietzke, Dr. Stephan Krein, Heinz Möller, Birgit Reiss, Uwe Ringel, Olaf Schneider, Susann Surma, Karsten Wendler | Redaktionsschluss für diese Ausgabe 28.09.2009 | für die nächste Ausgabe 30.10.2010 | Auflage 4 200 | Gestaltung, Herstellung Erik Sittauer | Militzer & Kollegen GmbH | Reproduktion und Druck Scan Color Leipzig GmbH | Fotos wenn nicht anders angegeben VNG | Titelseite Haben Großes vor in Norwegen: Tord Pedersen, seit Oktober neuer Geschäftsführer der VNG Norge (li.), und Dr. Volker Busack, Leiter Gasbeschaffung E&P bei VNG. Foto: Dirk Brzoska

Aktuell

Markt Schwerpunkt

AKTUELL

4 VNG Polska gegründet

4 Bioenergiepark Hof gestartet

4 Kooperation von WINGAS und VNG

beim Erdgasspeicher Jemgum

5 Heuchert ab 1. September 2010

neuer Vorstandsvorsitzender

5 Online-Marktplatz für Bio-Erdgas

5 Energiepolitik kompakt

MARKT

6 Stadtwerke Wittenberge GmbH

Das Licht bleibt an Energie für die Stadt zwischen

Turm und Strom.

12 Gaspool startet

Ein H-Gas-Marktgebiet von Aachen bis Zwickau

Am 1. Oktober startete das neue

marktübergreifende Marktgebiet.

14 Schweiz

Grüezi, Erdgas Schweizer Erdgaswirtschaft spielt

wichtige Rolle in Europa.

18 caplog-x

Datenübertragung 2.0 Die Bedeutung des Prozessdaten-

managements nimmt stetig zu.

20 Marketing/Kundendienst

Vertrieb.Consult Ab Oktober bietet VNG ein neues

Management-Seminar an.

21 GDMcom

Mit den Kunden auf einer Wellenlänge Umfassender Service für

Breitbandlösungen.

22 Gastbeitrag Forum Erdgas

Wettbewerb als Entdeckungs- verfahren

23 Aktuelle Termine

SCHWERPUNKT: GASBESCHAFFUNG

26 Norwegen

Energie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in Europa Sven E. Svedman weiß um die Wichtig-

keit einer guten Zusammenarbeit.

28 Illustration

29 Interview

„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“ Im Gespräch mit Tord Pedersen

von der VNG Norge.

32 Inländische Gasbeschaffung

Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive? Noch reichen die Erdgasvorräte in

Deutschland für 15 bis 20 Jahre.

34 E&P

Suche langen Atem! Die Suche und Förderung von Erdöl

und Erdgas verlangt viel Ausdauer.

36 E&P

Top 11 der Exploration und Produktion in Norwegen Wissen Sie, wie tief die tiefste

Bohrung in Norwegen ist?

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Page 3: medium gas 2009.3

3 medium gas | 2009.3Editorial

Bernhard Kaltefleiter,

Leiter Unternehmenskommunikation

Neue Wege gehen

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist ziemlich genau 150 Jahre her, dass ein

gelernter Eisenbahnschaffner ein neues Zeit-

alter einläutete. Edwin L. Drake hatte die Idee,

nach Öl zu bohren. Anstatt es – wie zuvor üblich

– beim Austritt aus unterirdischen Quellen an der

Oberfläche abzuschöpfen. Drakes Zeitgenossen

fanden sein Vorhaben absurd. Doch Drake ließ

sich nicht beirren und am 27. August 1859 sprudelte nach seiner Bohrung in

Titusville (Pennsylvania) das Schwarze Gold aus einer unterirdischen Quelle.

Drakes beharrlicher Pioniergeist leitete den Beginn des Erdölzeitalters ein, denn

durch dieses Verfahren stand Erdöl erstmals in größeren Mengen zur Verfügung.

Allerdings hat sich der Ölpreis seither doch vergleichsweise eher erfreulich

entwickelt. Das Öl aus Drakes Quelle hätte nach heutigen Maßstäben stolze

700 Dollar pro Barrel gekostet.

Die Quellen für Öl und Gas sprudeln auch heute noch ununterbrochen – dennoch

hat sich der globale Energiemarkt in den vergangenen 15 Jahren verändert.

Vor allem unter dem Einfluss stark wachsender Volkswirtschaften wie China,

Indien und Brasilien sowie deren steigendem Energiehunger entwickelt sich

ein Wettbewerb um die weltweit verfügbaren Rohstoffe.

Unter diesen Voraussetzungen wird das Gasgeschäft nicht einfacher – obwohl

die Energiereserven nachweislich noch viele Jahrzehnte reichen. Die neuen

Bedingungen lassen für Europa vor allem eine Schlussfolgerung zu: langfristige

Versorgungssicherheit kann nur durch Diversifizierung gewährleistet werden. In

dieser Hinsicht sind sich alle Experten einig. Die Basis werden aber weiterhin

langfristige Lieferverträge zwischen Importeuren und internationalen Produ-

zenten bleiben. Europäische und globale Integration beförderten Themen wie

Versorgungssicherheit und Diversifizierung aus dem nationalen Universum in

eine globale Sphäre. Deutschland, und vor allem VNG, stellen sich darauf ein

und arbeiten stets zielstrebig an einer zuverlässigen, sicheren Erdgasversor-

gung ihrer Kunden.

Im Wettlauf um die weltweiten Reserven müssen Unternehmen wie VNG gut

aufgestellt sein – und bereit sein, neue Wege zu gehen. Neue Wege entstehen

nur durch diese Bereitschaft. Und dabei gilt immer noch die Erkenntnis von Henry

Ford: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“

Ihr Bernhard Kaltefleiter

UMSCHAU

38 Erdgas-Technik

150 Jahre DVGW – Technik aktiv gestalten

Der DVGW als Erfolgsgarant der

technischen Selbstverwaltung.

40 24-h-Rennen

Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer

Schnell, schneller, am schnellsten

– der Erdgas-Scirocco.

42 Interview

„Es war ein echter Marathon“ medium gas im Gespräch mit

dem VW-Entwicklungsvorstand.

43 Betrieb/Technologie

Erdgasspeicherkonferenz in Moskau Internationale Konferenz

zur Betriebssicherheit von

Untergrundgasspeichern.

FEATURE

44 10 Gründe, die Stadt Prag zu besuchen

46 4. Erdgas-Challenge-Day in Leipzig

47 Leipziger Kunst seit 1949

48 Edvard Grieg – ist der berühmteste Komponist Norwegens ein halber Leipziger?

Umschau

Feature

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Page 4: medium gas 2009.3

4 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Unternehmensnachrichten

Leipzig. Im Juli hat VNG die hundertprozentige Tochter VNG Polska Sp. z o.o. (VNG Polska) gegründet.

Das Unternehmen bündelt die Beteiligungen der VNG-Gruppe an der HANDEN Sp. z o. o., zuständig für

Gasimport und Gashandel, und der NYSAGAZ Sp. z o. o., zuständig für das Wärmegeschäft. Die Gaz

Energia S. A. (G.EN), verantwortlich für die Gasdistribution, wird in einem zweiten Schritt bis Ende

2009 zur VNG-Polska-Gruppe gehören. G.EN ist seit 2005 eine hundertprozentige Tochter von VNG.

Weitere Informationen: www.vng-pl.com

Foto: Dirk Brzoska

Hof. In Bayern, hat VNG erstmals mit der Pro-

duktion von Biogas begonnen. „Mit dem Start

der Biogaserzeugung setzen wir unser Enga-

gement für erneuerbare Energien konsequent

fort“, betont Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstand

Gasverkauf/Technik bei VNG. „Wir wollen das

Potenzial nachwachsender Rohstoffe auch zu-

künftig ausbauen und damit unser Bezugsport-

folio erweitern“, so Holtmeier weiter.

Der Bioenergiepark Hof/Saale ist das jüngste

Bauvorhaben der gegründeten Projektgesell-

schaft BGA Bioenergie GmbH, an der VNG über

seine Tochter BALANCE VNG Bioenergie GmbH

zu knapp 75 Prozent beteiligt ist. Der zweite

Investor ist die i4r Beteiligungsgesellschaft

mbH aus Lüneburg. Das Gesamtinvestitions-

volumen der drei baugleichen Biogasanlagen

beträgt neun Millionen Euro. Bis Mitte 2010

soll die zweite Anlage fertig gestellt sein.

Nach Abschluss der kompletten Bauarbeiten

bis Mitte 2011 werden insgesamt 2,1 Mega-

watt elektrische Leistung, umgerechnet über

17 Millionen Kilowattstunden umweltscho-

nend erzeugter Strom pro Jahr ins örtliche

Stromnetz der HEW Hof Energie+Wasser GmbH

eingespeist. Das entspricht einer Versorgungs-

leistung von rund 4.500 Haushalten.

Weitere Informationen: www.bgahof.de

Einen ausführlichen Beitrag zur Biogasanlage in Hof

lesen Sie in der 4. Ausgabe 2009.

Leipzig, Kassel. VNG und WINGAS haben die Absicht erklärt, bei der Entwick-

lung des Kavernenspeichers Jemgum im niedersächsischen Landkreis Leer

zusammenzuarbeiten. VNG beabsichtigt als Speicherbetreiber, etwa ein Drittel

der geplanten Speicherkapazitäten von WINGAS zu übernehmen.

Laut Aussagen der beiden Partner bietet Jemgum perfekte Bedingungen für die

Errichtung des Untertage-Erdgasspeichers. Die unterirdischen Salzstöcke der

Region machen dank ihrer geologischen Eigenschaften die Erdgasspeicherung

überaus sicher. Kaum ein anderer Salzstock in Nord-West-Europa bietet einen

derart hohen Erkundungsgrad und die bereits sicher nachgewiesene Eignung

als Kavernenspeicherstandort.

VNG Polska gegründet

Bioenergiepark Hof gestartet

Kooperation von WINGAS und VNG beim Erdgasspeicher Jemgum

Foto: Wintershall

Page 5: medium gas 2009.3

5 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Heuchert ab 1. September 2010 neuer Vorstandsvorsitzender

Leipzig. Der Aufsichtsrat von VNG hat Dr. Karsten Heuchert mit Wirkung ab 1. September 2010 zum

Vorstandsmitglied und neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt.

Dr. Heuchert tritt damit im nächsten Jahr die Nachfolge für den jetzigen Vorstandsvorsitzenden,

Prof. e. h. Dr. Klaus-Ewald Holst an. Gleichzeitig legte Dr. Heuchert sein Mandat als Vorsitzender

des Aufsichtsrates nieder. Neu gewählter Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Dr. Rainer Seele, Vor-

standsvorsitzender der Wintershall Holding AG.

Energiepolitik kompakt

Barroso: „EU-Supernetz“ hat Priorität

Eines der nächsten großen europäischen Projekte

muss nach Ansicht von EU-Kommissionspräsi-

dent Jose Manuel Barroso „die Schaffung eines

europäischen Supernetzes für Strom und Gas“

sein. Das „Supernetz“ solle dazu beitragen, den

wachsenden Energiebedarf der EU „intelligenter“

zu decken.

Als Bestandteile des Netzes werden die Ostsee-

pipeline und die Nabucco-Gaspipeline aufgelistet,

die in den kommenden fünf Jahren verwirklicht

werden müssten. Außerdem müsse auch der

Mittelmeer-Verbundplan umgesetzt und Ver-

bundnetze für die Gas-, Strom- und Ölversorgung

gebaut werden.

EU-Kommission will mehr Informationen über nationale Energieprojekte

Die EU-Staaten sollen der EU-Kommission künftig

alle zwei Jahre berichten, welche Investitionen

in die nationale Energieinfrastruktur geplant

seien und wie die Projekte vorankämen. Die

Informationen seien wichtig, um abzuschätzen,

wo in der EU Infrastrukturlücken drohen, sagte

EU-Energiekommissar Andris Piebalgs.

„Deutschland plädiert im Sinne des Bürokratieab-

baus dafür, sich auf die bestehenden und durch

das dritte Energiebinnenmarktpaket deutlich

ausgebauten Instrumente zur Datenabfrage zu

beschränken“, heißt es in einer Stellungnahme

des Bundeswirtschaftsministeriums.

zu Guttenberg für Energieministerium

Die Energiepolitik in Deutschland muss nach

Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister

Karl-Theodor zu Guttenberg nach der Bundestags-

wahl in einem Ministerium gebündelt werden. Er

habe in den vergangenen Monaten die Erfahrung

gemacht, sich „teilweise über Monate hinweg in

so genannten ideologischen Grabenkämpfen um

Halbsätze“ zu befinden. „Wir verlieren hiermit

unglaublich viel Zeit“, so zu Guttenberg. Auch in

der Energiewirtschaft sind Stimmen laut gewor-

den, die Aufgaben zu bündeln. „Es muss endlich

wieder eine konsistente Energiepolitik geben“,

sagte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung

des Bundesverbandes der Energie- und Wasser-

wirtschaft (BDEW), Hildegard Müller.

Foto

: W

inte

rsh

all

Online-Marktplatz für Bio-ErdgasLeipzig/Halle. VNG und die MITGAS Mitteldeutsche Gasversorgung

GmbH haben einen ersten nationalen Online-Marktplatz für Bio-Erdgas

entwickelt. Ab Januar 2010 ermöglicht die Handelsplattform registrierten

Marktteilnehmern das Kaufen und Verkaufen von Bio-Erdgasmengen

im Internet. Auf der Online-Plattform sind Bio-Erdgasmengen an den

virtuellen Handelspunkten der deutschen Gas-Marktgebiete handelbar.

Grundlage zwischen den Handelspartnern bildet ein standardisierter

Liefervertrag. „Dieser innovative Internet-Marktplatz wird eine weitere

Möglichkeit bieten, den marktorientierten Handel mit Bio-Erdgas

auszubauen“, berichtet Dr. Gerhard Holtmeier, VNG-Vorstand Gasver-

kauf/Technik. Die Registrierung als Marktteilnehmer wird bereits einige

Wochen vor der Online-Freischaltung im Januar 2010 möglich sein.

Mehr Wärme durch Mais und Co: Pflanzen wie Mais und Roggen sind

wichtige Rohstoffe für die Erzeugung von Biogas. Daraus wiederum lässt

sich durch Aufbereitung Bio-Erdgas erzeugen, das VNG und MITGAS ab

Januar 2010 auf einer eigenen nationalen Online-Plattform vertreiben.

Foto: Dirk Brzoska

Kurzmeldung nach Redaktionsschluss:15.10.2009: Der Aufsichtsrat von VNG hat heute beschlossen, dass Klaus-Dieter Barbknecht (51) mit Wirkung zum 1. November 2009 das Vorstands-ressort Kaufmännisches und Personal bei VNG übernimmt und damit die Nachfolge von Prof. Dr. Gerhardt Wolff antritt, der mit Ablauf des 31. Oktober 2009 in den Ruhestand geht. Weiterhin bestellte der Aufsichtsrat von VNG Michael Ludwig mit Wirkung zum 1. November 2009 zum ordentlichen Mitglied des Vorstandes bis 31. Oktober 2014. Ludwig übernimmt das Ressort Gasbeschaffung und ist damit zukünftig verantwortlich für den Gas-einkauf sowie die Upstream-Aktivitäten von VNG.

Page 6: medium gas 2009.3

6 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Stadtwerke Wittenberge GmbH

Das Licht bleibt anZiel der Sommerexkursion ist die Prignitzstadt Wittenberge und ihre Stadtwerke. Wenn man sich

ihr auf der wald- und wiesenumsäumten Bundesstraße 189 nähert, grüßt sie schon aus der Ferne

mit ihren markanten Türmen und einer atemberaubend schönen Aussicht auf die hier besonders

breite Elbe. Das brandenburgische Wittenberge versteht sich im Internet als „l(i)ebenswerte Stadt

zwischen Turm und Strom“. Das stimmt so schon auf den ersten Blick.

Von Helmut Rosan, freier Redakteur

Ein zweiter Blick fällt etwas differenzierter aus.

Seit der gesellschaftlichen Wende hat die Stadt

mehr als ein Drittel ihrer Einwohner verloren. Von

einst rund 30 000 Bürgern 1989 leben hier der-

zeit nur noch etwas über 19 000. Dieser nahezu

typische ostdeutsche Zustand ist auch hier durch

die Deindustrialisierung begründet. Als „Stadt der

Nähmaschinen“ erwarb sich Wittenberge über die

Landesgrenzen hinweg einen guten Ruf. Neben

dem SINGER-Nähmaschinenwerk (später „Veritas“

mit 3 000 Beschäftigten) gab es ein Zellstoff- und

Zellwollewerk (3 000 Beschäftigte) und die Mär-

kischen Ölwerke (800 Mitarbeiter). Geblieben sind

das frühere Reichsbahnausbesserungswerk (heute

Fahrzeuginstandhaltung der Deutschen Bahn mit

800 Beschäftigten) und von der einstigen Zell-

wolle eine kleine Firma namens „Prignitz Chemie“.

Die Ära als Industriestadt ist unwiederbringlich

vorbei. Man mag dies bedauern, zurückdrehen

lässt sich die Zeit nicht. Und dennoch ist hier

Die Elbe vor den Toren Wittenberges. Foto: Gerhard Baack

Page 7: medium gas 2009.3

7 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

nicht etwa Pessimismus, sondern kreativ Neues

angesagt. Über die unübersehbaren Fortschritte

bei der Wiederbelebung der idyllischen Altstadt

mit ihren vielen roten Backsteinhäusern und der

ideenreichen Umgestaltung der imposanten In-

dustriearchitektur hinaus gibt es bereits konkrete

Pläne für den Aufbau einer Fachhochschule und

eines Binnenhafens, der im perspektivischen

Glücksfall sogar den jetzt schon überfüllten

Hamburger Containerhafen entlasten könnte.

Eine Hafengesellschaft ist gegründet und dem

Vernehmen nach gibt es auch schon Gelder aus

dem Konjunkturpaket der Bundesregierung.

Dafür, dass in Wittenberge das Licht an bleibt

und künftig immer heller erstrahlt, sorgen mit viel

Engagement und Ideenreichtum kluge Männer

und Frauen. Und im tatsächlichen Wortsinn tun

dies die Mitarbeiter der Stadtwerke Wittenberge

GmbH (SWW).

Zu Gast bei der Stadtwerke Wittenberge GmbH

Der zweckmäßige und moderne SWW-Hauptsitz

befindet sich in schöner Lage unmittelbar am Wald-

rand an der Bentwischer Chaussee 1 im Ortsteil

Lindenberg. Hier empfangen mich freundlich und

aufgeschlossen die Geschäftsführerin Eveline

Geisler und der Prokurist Christian Kantor zu einem

Informationsgespräch.

Die SWW verantwortet die Versorgung Witten-

berges mit Strom, Gas sowie Wasser und die Ab-

wasser-Betriebsführung. Hier sind 44 Mitarbeiter

beschäftigt, darunter vier Auszubildende.

Ihre Leistungen für die Stadt sprechen für sich: Die

Umsatzerlöse für 2008 betrugen in der Stromver-

sorgung 9 039 T€, in der Gasversorgung 9 611 T€

und in der Wasserversorgung 1 736 T€. Der Absatz

in diesem Zeitraum betrug bei Strom 49 GWh, bei

Gas 180 GWh und bei Wasser 892 T m3.

Natürlich wissen meine Gastgeber, dass ich mich

vorrangig für das Thema Erdgas interessiere. So

lässt mich Eveline Geisler wissen, dass Wittenberge

als eine der ersten Städte in den neuen Bundes-

ländern nach der gesellschaftlichen Umgestaltung

in den Jahren 1992/93 auf Erdgas umgestellt hat.

Damit konnte der Industrie, dem Gewerbe, den

Wärme- und Haushaltskunden ein preiswerter

und vor allem umweltfreundlicher Energieträ-

ger angeboten werden. Christian Kantor ergänzt:

„Gerade diese Umstellung war mit einem hohen

finanziellen Aufwand verbunden. Heute sind ca.

7 800 Gaszähler im Versorgungsgebiet vorhanden

und ein Rohrnetz von 105,5 Kilometern Länge

verlegt, von denen 24 Kilometer Rohre für Gasmit-

teldruck, 74 Kilometer für Gasniederdruck sowie

2,5 km für Gashochdruck benötigt werden. Seit

1995 wird die Wärmeversorgung der Stadt durch

ein erdgasbetriebenes Kraft-Wärme-Heizwerk

gesichert.“ Im Versorgungsgebiet werden über

Der Hauptsitz der Stadtwerke Wittenberge in der Bentwischer Chaussee 1. Fotos: SWW

Eveline Geisler Christian Kantor

Page 8: medium gas 2009.3

8 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Fortsetzung von Seite 7

Das Licht bleibt an

19 000 Einwohner in 14 500 Haushalten sowie

zahlreiche Gewerbe und kommunale Einrichtungen

mit Erdgas versorgt.

Auch im Fall der kostengünstigen Erdgastankstelle

gehören die Wittenberger zu den Vorreitern in den

östlichen Bundesländern. Bereits am 28. Sep-

tember 2002 wurde eine solche gut platzierte

Einrichtung an der viel befahrenen Bundesstraße

189 eröffnet.

SWW-Sonderaktion für den Erhalt

der Wirtschaftskraft

Unbedingt erwähnenswert ist eine beispielhafte

Aktion der SWW für den Erhalt der Wirtschafts-

kraft und die Sicherung von Arbeitsplätzen in

Wittenberge. Viele Unternehmen und Gewerbe-

treibende der Elbestadt stehen auf Grund der

sich rasant ausbreitenden Rezession in einem

äußerst komplizierten Wirtschaftsjahr. Gerade

in derart schweren Zeiten ist es wichtig, einen

starken und zuverlässigen Partner wie die SWW

an der Seite zu haben. Die SWW hat sich daher für

eine Sonderaktion entschlossen. Ziel soll es sein,

Unternehmen und Gewerbetreibende finanziell zu

entlasten und die Leistungen des so genannten

elBpower-Sondervertrages weiter zu verbessern.

Neben den preiswerten elBpower-Konditionen

bietet die SWW ihren Vertragskunden eine weitere

Einsparmöglichkeit an: zusätzlich erhalten sie eine

an ihren Jahresverbrauch gekoppelte preisredu-

zierte Menge. Die SWW senkt für diese Menge

den aktuellen Arbeitspreis um 1,00 Cent/kWh

(netto).

VNG ist ein zuverlässiger Partner

Auf meine Frage zum Verhältnis der SWW zur VNG,

die Wittenberge seit vielen Jahren mit Erdgas ver-

sorgt, sind Eveline Geisler und Christian Kantor

voll des Lobes. Dabei steht die Zuverlässigkeit von

VNG oben an. Hervorgehoben werden die kurzen

und schnellen Wege bei der effizienten Lösung

anstehender Fragen. Das betrifft insbesondere

die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit

dem VNG-Verkaufsleiter Reinhard Küster und

mit der Mannschaft des VNG-Marketings. Letz-

tere sind übrigens nur einen Tag nach meinem

Besuch in Wittenberge als fleißige Helfer bei den

traditionellen Elblandfestspielen zugange, bei

denen die SWW zu den Hauptsponsoren zählt.

„Wir finden jedenfalls bei der VNG immer ein

offenes und verständnisvolles Ohr“, freut sich

Eveline Geisler.

Dafür weiß sie sich auf sehr charmante Art auch

bei ihrem Gast aus Leipzig zu revanchieren und

lässt sich partout nicht davon abbringen, mich

in die Stadt zu begleiten und mit den wichtigsten

Sehenswürdigkeiten vertraut zu machen. Dabei

erweist sich Eveline Geisler als kenntnisreiche

Stadtführerin, der glattweg ihr Zweitberuf sein

könnte. Sie gibt ein leidenschaftliches Plädoyer

für die moderne Umgestaltung Wittenberges.Letzte Bühnenarbeiten zur Jubiläums-Gala der X. Elblandfestspiele. Foto: Helmut Rosan

Page 9: medium gas 2009.3

9 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Zuerst geht es zum Areal der alten Ölmühle, wo

gerade die letzten Arbeiten an der aufwändigen

Bühnentechnik für die mittlerweile X. Elbland-

festspiele laufen. Die unmittelbar an der Elbe

gelegene imposante Industriearchitektur verfügt

auch über eine wundervoll rustikale Gastrono-

mie sowie eine Strandbar samt Liegestühlen und

Beachball-Platz. Schritt für Schritt zieht hier neues

Leben ein. Auch an den Hotel-Umbau eines der

markanten roten Backsteingebäude denkt man

bereits. Weiter geht es in die Bahnstraße, dem

schönen Boulevard der Stadt, wo sich auch das

SWW-Kundenzentrum befindet. Weitere Stati-

onen sind das beeindruckende Kulturhaus am

Paul-Lincke-Platz samt Tourismusinformation, der

Steintorturm, der als ältester Bau der Stadt gilt,

das Rathaus und der Elbehafen, wo sich Urlauber

auf Yachten, Motorbooten und rund um etliche

Wohnwagen tummeln. Ein großes Dankeschön für

das Gespräch und die interessante Stadtführung –

ganz besonders, da Eveline Geisler eigentlich in

ihrem verdienten Jahresurlaub ist.

Engagement und Durchsetzungsvermögen sind of-

fensichtlich die herausragenden Stärken von Eveline

Geisler, die seit September 2006 die SWW als Ge-

schäftsführerin leitet. Ihre Laufbahn im Unternehmen

begann sie 1994 als kaufmännische Leiterin, wurde

1996 Prokuristin und stellvertretende Geschäftsfüh-

rerin. Die gebürtige Mecklenburgerin (Mecklenburg-

Vorpommern) studierte nach dem Abitur zunächst

in Rostock Maschinenbau. Nach der Geburt ihrer

Tochter unterbrach sie wegen mangelnder Betreu-

ungsmöglichkeiten das Studium. Danach absolvierte

Eveline Geisler eine Lehre als Industriekauffrau und

absolvierte 1980 bis 1985 ein Fernstudium in Gotha

als Ökonomin. Eine solche berufliche Entwicklung

fordert ein beachtliches Maß an Willensstärke. Eine

Eigenschaft, die bei aller Emanzipation für eine

Frau in Führungsposition wohl immer noch in ganz

besonderem Maße vonnöten ist. Eveline Geisler

winkt bescheiden ab und verweist auf die große

Unterstützung, die sie durch ihre Familie – Ehemann,

Tochter, Sohn und zwei Enkel – erfährt.

Christian Kantor begann 1993 bei der SWW und

ist seit Oktober 2007 Prokurist. Der gelernte In-

standhaltungsmechaniker ist gebürtiger Prignitzer

und absolvierte an der Fachhochschule Köthen

ein Studium im Fach Maschinen- und Anlagenbau

mit der Spezialisierung zum Ingenieur für Energie-

anlagenbau. Christian Kantor ist verheiratet und

Vater einer Tochter.

Impressionen einer l(i)ebenswerten Stadt

Wittenberge gilt als das Tor des Landes Branden-

burg zur Elbtalaue inmitten der Natur in einer der

faszinierendsten Flusslandschaften Deutschlands,

im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft

Elbe-Brandenburg. Ein Elberadweg führt auf der

Krone des Elbdeichs von Havelberg bis Dömitz.

Das Wasser der Elbe, der Stepenitz und anderer

Flüsse bringt Motorboot- und Kanutouristen durch

idyllische Landschaften bis nach Mecklenburg

oder Sachsen-Anhalt.

Der Steintorturm mit seinen Zinnen, der Bleistift-

turm der evangelischen Kirche, die helmförmige

Kuppel des Rathausturmes, der Singer-Uhrenturm

Das SWW-Kundenzentrum. Foto: SWW

Page 10: medium gas 2009.3

10 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Fortsetzung von Seite 9

Das Licht bleibt an

mit der zweitgrößten Turmuhr Europas und auch

der wuchtige Wasserturm – sie alle gehören zum

prägenden Panorama der Stadt.

Die Überlieferungen zur Stadtgeschichte sind

vergleichsweise spärlich. Erstmals wird auf einer

am 22. Juli 1300 datierten Urkunde Wittenberge

erwähnt.

Zur führenden Produktionsstätte wurde das 1903

errichtete SINGER-Nähmaschinenwerk. Das Werk

wurde nach 1945 auf Grund eines alliierten Befehls

völlig demontiert. Erst 1951 gelang die Wiederauf-

nahme der Produktion unter dem Firmennamen

„Veritas“. Das Unternehmen entwickelte sich zu

einer der modernsten Fertigungsstätten Europas,

die einst neben dem Otto-Versand den gesamten

Ostblock belieferte. Der Konkurrent „Pfaff“ zeigte

1990 kein Interesse, die Treuhand verkaufte an

einen windigen Indonesier, der nie Geld über-

wies. Nach 88 Jahren lief am 20. Dezember 1991

die letzte Nähmaschine vom Band – schwarz la-

ckiert und mit Trauerflor. Übrig geblieben von der

großen Tradition ist ein kleines „Nähzentrum“ in

der Bahnstraße. Die Maschinen kommen von der

Firma „Pfaff“, die heute in Schweden und China

produzieren lässt, von „Brother“ und „Janome“,

die ausschließlich in Asien fertigen.

Große Aufmerksamkeit gilt der Wiederbelebung der

Altstadt. So konnte der Platz vor dem Steintorturm

saniert und neu gestaltet werden. Der Steintorturm

wurde neu eingedeckt und seine Fassade saniert.

Auch die Steinstraße und der Kirchplatz erhielten

im Rahmen der Altstadtsanierung ein neues und

ansprechendes Aussehen.

Was hat der 1866 in Berlin geborene Operetten-

komponist Paul Lincke mit Wittenberge zu schaffen,

dass ihm hier sogar am Kulturhaus ein mit schönen

Platanen überdachter Platz gewidmet wurde?

1881 kam er nach Wittenberge und erhielt hier

seine musikalische Grundausbildung. Über seine Das Kulturhaus am Paul-Lincke-Platz. Foto: Siegmar Luft

Das Rathaus der Stadt Wittenberge. Foto: Helmut Rosan

Page 11: medium gas 2009.3

11 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Kurzchronik1875: Inbetriebnahme der Gasanstalt unter der Leitung der „Allgemeinen-Gas-Actien-Gesellschaft Magdeburg“ | 1895: Erstes

elektrisches Licht auf dem Bahnhof in Wittenberge | 1899: Am 1. Oktober 1899 ging die Gasanstalt in Eigentum der Stadt

über | 1903: In den Jahren 1903 bis 1904 wurde das Wasserwerk in der Parkstraße errichtet | 1904: Neuformierung der städtischen

Eigenbetriebe zum „Städtischen Gas- und Wasserwerk Wittenberge“ | 1911: Fertigstellung und Inbetriebnahme des städtischen

„Elektrizitätswerkes“ in der Bad-Wilsnacker-Straße | 1949: Am 1. April wurden die Bereiche „Städtische Gas- und Wasserwerke“

mit den anderen kommunalen Eigenbetrieben wie Müllabfuhr, Fuhrpark, Packhof usw. zu dem neuen „Kommunalwirtschaftlichen

Unternehmen (KWU)“ vereinigt | 1972: Am 31. Juli wurde die Gasherstellung in Wittenberge eingestellt | 1990: Stromversorgung

durch die WEMAG AG, der Bereich Trink- und Abwasser wurde bis 1993 von der „Westmecklenburgischen Wasser GmbH“ Schwerin

geführt | 1991: Stadtverordnetenbeschluss/Absichtserklärung zur Gründung der Stadtwerke mit 49 % Fremdbeteiligung |

1993: Eigentumsübernahme der Trink- und Abwasseranlagen durch die Stadt, Bau und Übergabe der Kläranlage in Hinzdorf |

1994: Ab 1. Januar aktive Betriebsaufnahme der Stadtwerke Wittenberge GmbH in den Bereichen der Trinkwasserversorgung und

Betriebsführung Gasversorgung/Fernwärme und Abwasserbehandlung | 1995: Am 1. April übernahm die Stadtwerke Wittenberge

GmbH die Stromversorgung für die Stadt Wittenberge | 1998: Beginn/Fertigstellung des Neubaus Umspannwerk Wittenberge

durch WEMAG und SWW | 1999: Einweihung Schalt- und Überwachungszentrale der SWW, Einweihung des eigenen Kundenbe-

ratungsbüros in der Bahnstraße | 2002: Eröffnung der Erdgastankstelle am 28. September an der B 189 | 2005: Umzug in das

rekonstruierte Verwaltungsgebäude in Lindenberg

Lehrzeit bemerkte er: „In dem kleinen Wittenberge

habe ich den Grundstein für mein Schaffen als

Komponist gelegt und dort gelernt, was andere

auf Akademien nie erfahren haben.“ Bereits zum

Abschluss der Wittenberger Lehrzeit entstand

1884 der Marsch „Gruß an Wittenberge“. Seine

bekannteste Operette „Frau Luna“ erlebte 1899

mit grandiosem Erfolg ihre Uraufführung.

Am 11. Juni 2009 wurden in Wittenberge die ersten

„Stolpersteine“ in der Innenstadt verlegt. Mit

dieser Aktion soll an das in der Nazizeit erlittene

persönliche Leid von Wittenbergern jüdischen

Glaubens erinnert werden. Als Zeichen gegen

das Vergessen und Verdrängen des Naziunrechts

wurden vorerst neun „Stolpersteine“ mit den per-

sönlichen Daten im öffentlichen Raum mit Bezug

auf den Lebens- und Arbeitsbereich der Betroffenen

in den Gehweg eingelassen.

Trotz „Frau Luna“ lebt man in der schönen kleinen

Elbestadt augenscheinlich keineswegs hinter

dem Mond, wehrt sich gegen das Vergessen und

hat den Blick klar nach vorn gerichtet.

Blick auf den Hafen. Der Elberadweg zieht viele Touristen an. Fotos: Gerhard Baack, Siegmar Luft

Der Steintorturm.

Page 12: medium gas 2009.3

12 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

GASPOOL startet

Ein H-Gas-Marktgebiet von Aachen bis ZwickauAm 1. Oktober startete das neue übergreifende Marktgebiet für H-Gas in Deutschland. Im Markt-

gebiet GASPOOL sind die Marktgebiete von fünf deutschen Ferngasnetzbetreibern vereint – ein

Novum für mehr Wettbewerb.

Von Dr. Ulf Kreienbrock, Geschäftsführer

Balancing Services GmbH, Berlin

Viele Monate intensiver gemeinsamer Arbeit

haben die Fachteams der beteiligten Partner in

die Marktgebietskooperation gesteckt, damit

GASPOOL wie vorgesehen am 1. Oktober 2009

starten konnte. Speziell für die IT-Fachleute

hieß das, alle wesentlichen Online-Funktionen

spätestens Anfang August bereitzustellen. Am

3. August war es dann so weit: Netzbetreiber und

Bilanzkreisverantwortliche konnten sich über die

Internetseite www.gaspool.de für ihr Online-Portal

registrieren. Seit dem 24. August ist außerdem die

Registrierung für das Regelenergieportal möglich.

Bis Anfang September hatten sich die meisten

Bilanzkreisverantwortlichen und nachgelagerten

Netzbetreiber bereits für das Portal angemeldet.

Sogar Bilanzkreisverträge konnten bereits online

abgeschlossen und verwaltet werden.

Aus drei mach eins

GASPOOL ist die Marktgebietskooperation der

Ferngasnetzbetreiber Gasunie Deutschland Ser-

vices GmbH, ONTRAS – VNG Gastransport GmbH,

WINGAS TRANSPORT GmbH & Co. KG, DONG Energy

Pipelines GmbH sowie StatoilHydro Deutschland

GmbH. Geschäftsführer sind Ludger Hümbs, Ingrid

Peters und Dr. Ulf Kreienbrock. Ab 1. Oktober 2009

bietet GASPOOL einen gemeinsamen Bilanzie-

rungsraum, der mehr als 300 nachgelagerte Netze

von den Importpunkten bis zum Endkunden in

nahezu ganz Deutschland miteinander verbindet.

Mit ihrer Kooperation erweitern die Netzbetreiber

die Möglichkeiten für einen offenen und wettbe-

werbsintensiven Erdgasmarkt. Der Aufwand für

die Gasversorgung verringert sich. Neuen Ener-

gieanbietern wird das Geschäft insbesondere mit

Haushaltskunden erleichtert, so dass am Ende

nicht zuletzt der Verbraucher profitiert.

Mit GASPOOL haben Transportkunden zugleich

einen durchgängigen Bilanzierungsraum zwischen

den internationalen Netzkopplungspunkten an

den Grenzen zu Polen, der Tschechischen Repu-

blik, Dänemark, den Niederlanden und Belgien.

Zudem bietet der neue GASPOOL Hub den Händ-

lern eine Alternative zu etablierten europäischen

Handelspunkten.

Der neu geschaffene Transport- und Handelsraum

ist ein zentraler Baustein zur Erhöhung der Versor-

gungssicherheit in Deutschland. Mitten in Europa

liegend verbindet GASPOOL sechs EU-Länder

untereinander und bietet einen direkten Anschluss

an die wichtigen Erdgaslieferanten Norwegen

und Russland. Zudem sind über 80 Prozent der

in Deutschland verfügbaren Speicherkapazitäten

über das Marktgebiet erreichbar, darunter auch

die größten Gasspeicher des Landes. Mehr als die

Hälfte der jährlich in Deutschland transportierten

H-Gas-Mengen fließt durch die Ferngasnetze des

neuen Marktgebietes.

Als Bilanzkreisnetzbetreiber gemäß GABi Gas 1

bzw. KoV III 2 übernimmt GASPOOL das gesamte

Bilanzkreismanagement im Marktgebiet. Die Ge-

sellschaft führt das Umlagekonto für Regel- und

Ausgleichsenergie, übernimmt das Abschließen

von Bilanzkreisverträgen und den Abschluss der

Bilanzkreise, den Ausgleich von Differenzmengen

in Bilanzkreisen, die Beschaffung der benötigten

Regelenergie, erfüllt entsprechende Veröffentli-

chungspflichten und betreibt die dazu notwendigen

Datenkommunikationssysteme.

Page 13: medium gas 2009.3

13 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

O

G A S U N I E

T

R

A D

G A S P O O LA N

G G

N

S T A T O I L H Y D R O

W

Einer für alle

Die GASPOOL Balancing Services GmbH ist als

Dienstleister für die beteiligten Unternehmen

tätig. Einzelne Aufgaben übernehmen wiederum

die Mitarbeiter der Kooperationspartner im Auftrag

von GASPOOL. Unterstützt werden sie durch eine

aufgabenoptimierte, gemeinsame neue IT-Struktur

sowie neu etablierte Prozessabläufe.

Eigenverantwortlich bleibt jeder Netzbetreiber

weiterhin für die Vermarktung von Kapazitäten

sowie den Betrieb, die Wartung und den Ausbau

seines eigenen Leitungssystems. Damit stehen

die Ferngasnetzbetreiber der Kooperation noch

mehr als bisher in direktem Wettbewerb um Trans-

portkunden.

Alles online

Der Abschluss von Bilanzkreisverträgen und

deren Betreuung im Marktgebiet GASPOOL er-

folgt ausschließlich über ein Online-Portal. Nach

erfolgreicher Registrierung können nachgela-

gerte Netzbetreiber Deklarationsmeldungen für

Ein-/Ausspeisungen in einen Bilanzkreis an den

Bilanzkreisnetzbetreiber GASPOOL versenden.

Bilanzkreisverantwortliche wie auch nachgelagerte

Netzbetreiber können zudem die Liste der Bilanz-

kreise und Sub-Bilanzkonten im Marktgebiet (BK-

Nummern) einsehen. Bilanzkreisverantwortliche

können darüber hinaus neue Bilanzkreisverträge

und Sub-Bilanzkonten abschließen sowie Dekla-

rationsmeldungen nachgelagerter Einspeise-/

Ausspeisenetzbetreiber einsehen.

Der Ein- und Verkauf von Regelenergie erfolgt

ausschließlich über das neue Regelenergieportal.

Es gibt zwei Produkte in verschiedenen Varianten:

Bei „Flexibility, Parken und Leihen“ wird das Gas

an physischen Entry- oder Exit-Punkten angestellt.

Wählt man „nur Parken“ bzw. „nur Leihen“ oder

greift auf das Produkt „Commodity“ mit den Al-

ternativen „Day-ahead“ oder „Long-term“, wird

dies entweder an einem physischen Netzpunkt

oder am GASPOOL-Hub, dem virtuellen Handels-

punkt des neuen Marktgebietes, erfüllt. Beide

Produkte ermöglichen das Angebot von Losen

mit jeweils 30 MW Stundenleistung. GASPOOL

handelt die Regelenergiemengen ausschließlich

zum Arbeitspreis. Die Anbieter können dabei zwi-

schen Festpreisen oder Auf- bzw. Abschlägen auf

einen Spotmarktpreis wählen.

Ausblick

Mit GASPOOL hat sich die Anzahl der H-Gas-Markt-

gebiete in Deutschland entscheidend verringert.

Händler, Netzbetreiber und Kunden profitieren

gleichermaßen von einem einheitlichen Wettbe-

werbsraum zwischen Emden und Saarbrücken,

Aachen und Frankfurt/Oder.

1 Beschreibung des Grundmodells der Ausgleichs- und Bilanzierungsregeln im Gassektor (Anlage 2 zum Beschluss „Festlegungsverfahren Ausgleichsleistungen

Gas“ der 7. Beschlusskammer der Bundesnetzagentur vom 28. Mai 2008) (GABi Gas)2 Vereinbarung über die Kooperation gemäß § 20 Abs. 1 b) EnWG zwischen den Betreibern von in Deutschland gelegenen Gasversorgungsnetzen vom 19.07.2007

in der Fassung vom 29.07.2008 (KoV III)

Page 14: medium gas 2009.3

14 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Schweiz

Die Schweiz zählt mit einem jährlichen Erdgasverbrauch von rund 36 Mrd. kWh zu einem

kleinen Markt in Europa. Trotzdem spielt das Land alles andere als eine Nebenrolle –

ganz nach dem Motto „klein, aber fein“.

Von Mandy Nickel, Redaktion

Schweizer Sonderstatus

Die Schweiz war schon immer ein bisschen anders.

Laut Gesetz hat das Land keine Hauptstadt und

kein Staatsoberhaupt. Bundes- aber eben nicht

Hauptstadt ist Bern, alle wesentlichen Sachfragen

werden von den Eidgenossen direkt entschieden.

Vier Amtssprachen werden in der Alpenrepublik

gesprochen, dazu kommen noch hunderte Orts-

dialekte. Und – die Schweiz ist zwar seit 2002

Mitglied der UNO, nicht aber Mitglied in der Euro-

päischen Union.

Autarke Stromversorgung

So verwundert es nicht, dass die Schweiz auch

bei der Energieversorgung einen eigenen, aut-

arken Weg eingeschlagen hat – zumindest was

die Stromerzeugung betrifft. Das Land versorgt

sich zu 100 Prozent selbst; Atomstrom wird zur

Grundlastabdeckung, Strom aus Wasserkraft zur

Strukturierung verwendet. Die erzeugten Mengen

übertreffen den eigenen Bedarf sogar um ein

Vielfaches, so dass die Schweiz Nettoexporteur

für Strom ist – vor allem in Richtung Italien.

100 % Erdgasimport

Anders verhält es sich dagegen im Erdgasmarkt.

Weil die Schweiz über keine eigenen Ressourcen

verfügt, muss sie Erdgas zu 100 Prozent impor-

tieren. Auch das ist noch ein Sonderstatus in

Europa, auch wenn er dem Schweizer Selbstver-

ständnis nach Unabhängigkeit widerstrebt. Rund

36 Milliarden kWh beträgt der jährliche Verbrauch

für die private und gewerbliche Wärmeproduktion.

Damit hat Erdgas einen Anteil von rund 10 Prozent

Grüezi, Erdgas

Sch

we

ize

r M

att

erh

orn

Page 15: medium gas 2009.3

15 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

am Gesamtenergieverbrauch. Im europaweiten

Vergleich macht der Erdgas-Bedarf der Schweiz

weniger als ein Prozent desjenigen der gesamten

EU aus. Die größten Mengen bezieht die Schweiz

aus Norwegen und dem niederländischen Gro-

ningen-Feld, der Anteil von russischem Erdgas

beträgt dagegen lediglich rund 21 Prozent.

Genossenschaftlicher Erdgasmarkt

Rund drei Viertel der benötigten Mengen werden

von der SWISSGAS Schweizerische Aktienge-

sellschaft für Erdgas, kurz Swissgas, importiert.

Das Unternehmen verfügt über mehrere Erdgas-

bezugsverträge und bündelt den Bedarf der vier

Regionalversorger Erdgas Ostschweiz AG, Erdgas

Zentralschweiz AG, Gasverbund Mittelland AG

und Gaznat SA. Die vier Unternehmen haben die

gemeinnützige Einkaufsgenossenschaft Anfang

der 1970er Jahre gegründet und halten seither

auch Anteile an ihr. Ein weiterer Aktionär ist der

Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG).

Die Versorgung der rund 870 gasversorgten Ge-

meinden 1 übernehmen die knapp 100 lokalen

Gasversorger. Sie sind an den Regionalgesell-

schaften beteiligt und greifen damit ebenfalls

auf das Swissgas-Portfolio zurück. Die restlichen

ca. 25 Prozent vom inländischen Gasbedarf be-

schaffen sich die Regionalgesellschaften und die

einzelnen lokalen Erdgas-Versorger direkt von

ausländischen Anbietern.

Fehlende Speicherkapazitäten

Die größten Erdgasmengen werden in der Schweiz

traditionell im Winter benötigt. Auf eigene Unter-

grundgasspeicher, die gerade in den kalten Mo-

naten zum Ausgleich von Bedarfsschwankungen

1 (Quelle: Jahresbericht

2008 des VSG)

Quelle: Jahresbericht 2008 des VSG, S. 2

1976

1978

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

0 5000 10 000 15 000 20 000 25 000 30 000 35 000

Erdgas-Aufkommen Schweiz(Bruttoverbrauch HO in Gigawattstunden, GWh)

Importportfolio der Schweizer Erdgas-Wirtschaft2007, Zahlen 2008 noch nicht verfügbar in %

50

21 21

8

Europäische Union

Sonstige

Norwegen

Russland

Entwicklung Erdgasnachfrage und Gasverbrauch nach Verbrauchergruppen

2006

in %

38,5

6,7

34,020,7

Haushalte

Sonstige

Verkehr0,1

Industrie

Dienstleistungen29,0

31,0

32,0

30,0

2000

31,4

2001

32,7

2002

32,1

2003

34,0

2004

35,0

2005

36,0

2006

35,0

2007

34,2

37,0

33,0

35,0

36,0

34,0

Mrd

. k

Wh

Page 16: medium gas 2009.3

16 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

genutzt werden, muss die Schweiz jedoch geo-

logisch bedingt verzichten. Um dennoch Erdgas

strukturiert ins Land zu bringen, hat vor allem die

Swissgas Speicherkapazitäten in Deutschland und

Frankreich gebucht. Laut Unternehmensaussage

ist Swissgas über ihr Leitungsnetz mit über 100

Untertagespeichern in Westeuropa verbunden.

Den Mangel an inländischen Speichern gleicht

die Schweiz übrigens auch durch zwei weitere

Besonderheiten aus: entsprechend gestaltete

Importverträge und unterbrechbare Lieferungen

an größere Industriekunden.

Wichtiges Transitland

Seit 1974 gelangt das Erdgas für den Schweizer

Markt zum überwiegenden Teil über die Trans-

europa Naturgas Pipeline bei Wallbach ins Land.

Diese Transitgasleitung ist ein Teilstück der Erdgas-

Hochdruckleitung Holland–Italien. Sie durchzieht

die Alpenrepublik von Nord nach Süd und stellt

damit die Versorgung der Schweiz sicher. Auch für

die Versorgung Italiens mit Erdgas aus dem Norden

ist die Leitung von großer Bedeutung. Für Betrieb

und Unterhalt des Leitungsabschnittes zwischen

Wallbach östlich von Basel und Griespass an der

schweizerisch-italienischen Grenze ist die Tran-

sitgas AG verantwortlich. An ihr sind Swissgas,

die italienische ENI und die E.ON Ruhrgas AG

beteiligt. Über das „Transitgas-System“ werden

rund 80 Prozent der Erdgasimporte der Schweiz

umgesetzt. Von der Transitgas aus führen wichtige

regionale Transportleitungen in die Ostschweiz,

ins Mittelland, in die Zentralschweiz sowie in die

Westschweiz. Neben der Erdgastransitleitung

gibt es in der Schweiz übrigens noch weitere Im-

portpunkte – damit ist die Schweiz nicht nur auf

der Beschaffungs-, sondern auch auf der Infra-

strukturseite diversifiziert. Aufgrund ihrer Lage

und der vorhandenen Pipelineanbindungen ist

die Schweiz ein wichtiges Bindeglied zwischen

Nord- und Südeuropa.

Schweiz stellt sich dem Wettbewerb

Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU und

damit auch nicht offiziell an die Regeln im libera-

lisierten Gasmarkt gebunden ist, kann und will

sie sich der europaweiten Marktöffnung nicht

Fortsetzung von Seite 15

Grüezi, Erdgas

Der schweizerische Erdgasmarkt ist durch den

überregionalen Importeur SWISSGAS Schwei-

zerische Aktiengesellschaft für Erdgas (Swiss-

gas) sowie durch vier große regionale Gasver-

sorger geprägt. Die Erdgas Ostschweiz AG

(EGO), die Gasverbund Mittelland AG (GVM),

die Erdgas Zentralschweiz AG (EGZ) und die

Gaznat SA (Gaznat) sind Aktionäre der Swiss-

gas und beziehen von ihr derzeit einen Großteil

ihrer benötigten Gasmengen über langfristige

Verträge. Für die lokale Gasversorgung sind

in der Schweiz rund 100 Gemeindebetriebe

oder Stadtwerke verantwortlich.

In aller Kürze: Erdgasmarkt Schweiz

Struktur des Schweizer Erdgasmarktes und seine Infrastrukturanbindungen in Europa

Der Einstieg von VNG in den Schweizer Erdgasmarkt kommt

nicht von ungefähr. Seit 2003 hat VNG vertragliche Bezie-

hungen mit der Schweizer Gaswirtschaft, insbesondere mit

der EGO. Im März 2009 haben VNG und Swissgas die SET

Swiss Energy Trading AG mit Sitz in Zürich gegründet. Die

neue Gesellschaft bezweckt die Optimierung der schwei-

zerischen Erdgasbeschaffung im kurzfristigen Bereich und

zugleich eine Stärkung des Erdgas-Handelsgeschäftes

von VNG. Im Einklang damit wurden und werden auch die

Beziehungen zu allen Schweizer Regionalversorgern und

der Swissgas beständig ausgebaut.

VNG und die Schweiz

Fallentor

Höchst

WallbachOltingue/Rodersdorf

DEUTSCHLAND

ÖSTERREICH

ITALIEN

EGO

FRANKREICH

EGO

Gaznat

GVM

BernEGZ

Passo Gries

Swissgas

Transitgas

Page 17: medium gas 2009.3

17 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Swiss Energy Trading

SET

www.swissgas.ch (Swissgas)

www.transitgas.ch (Transgas AG)

www.erdgas.ch (Verband der Schweizerischen Gasindustrie – VSG)

www.swiss-energy-trading.ch (SET Swiss Energy Trading)

Interessante Links

verschließen. Ganz im Gegenteil: die Schweiz ist

daran interessiert, Chancen – vor allem aus kurz-

fristigen Handelsgeschäften – zu nutzen. Einen

ersten Schritt sind die Swissgas und die Erdgas

Ostschweiz gegangen, als sie im vergangenen Jahr

ein neues Handels- und Vertragsmanagementsys-

tem eingeführt haben. Das von der VNG-IT-Tochter

ECG Erdgas Consult Leipzig entwickelte Programm

kann die komplexen Bezugs- und Lieferverträge

verwalten und stellt damit die Grundlagen für alle

Aktivitäten im liberalisierten Gasmarkt dar.

Eigene Trading-Gesellschaft

Um die Trading-Aktivitäten

der Swissgas und ihrer vier

Regionalgesellschaften zu

bündeln, wurde im März 2009

die SET Swiss Energy Trading AG mit Sitz in Zürich

gegründet. Mitanteilseigner mit 35 Prozent ist

VNG. Oberste Aufgabe der neuen Gesellschaft

ist es, überschüssige Gasmengen der schwei-

zerischen Gesellschaften zu vermarkten bzw.

fehlende Mengen kurzfristig europaweit, u. a. an

den Handelspunkten, zu beziehen. Dazu betreibt

das Unternehmen eine Erdgas-Handelsplattform,

die gemeinsam von den vier Regionalversorgern

sowie VNG genutzt werden kann. Im Rahmen dieser

Energiehandelsplattform wird sich VNG mit ihren

Erfahrungen im Gashandel als Partner einbringen

und auf langfristiger Basis auch als Handelspartner

der SET tätig sein.

Großes Potenzial für Erdgas

Auch wenn der Erdgas-Verbrauch in der Schweiz

im europäischen Vergleich eher gering erscheint,

wird dem hiesigen Markt Entwicklungspotenzial

vorausgesagt. Vor allem in der privaten Wärmeer-

zeugung lässt sich der Erdgasabsatz durchaus

noch steigern. Rund 56 Prozent entfallen im Wär-

memarkt noch immer auf den Energieträger Heizöl.

Als weitaus wichtigerer Wachstumsfaktor gilt

jedoch der Einsatz von Erdgas in der Strompro-

duktion. Grund ist die Versorgungslücke, die in

knapp 10 Jahren auf die Schweiz zukommen wird.

Während Umweltverbände auf Alternative Energien

und die Stromproduzenten auf neue Atomkraft-

werke setzen, favorisieren die Gaswirtschaft und

der Bund den Ausbau von Gas-Kombikraftwerken.

Bisher spielen die – im Unterschied zu den meisten

europäischen Ländern – noch keine Rolle bei der

Stromerzeugung. Gaskraftwerke stehen allerdings

aufgrund ihrer CO2-Emissionen in der Diskussion.

Manch einer favorisierte sie daher auch nur als

kurzfristige Lösung. Ob die Pläne deshalb umge-

setzt werden können, ist bisher noch offen.

Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU – und damit auch nicht

an die energiewirtschaftlichen und rechtlichen Regularien

aus Brüssel gebunden. Im Gasmarkt sieht die Schweiz – im

Gegensatz zum Strommarkt – auch keinen gesetzgeberischen

Handlungsbedarf. Seit 1964 ist im Rohrleitungsgesetz eine

Regelung für Transporte Dritter auf dem Hochdrucknetz

(Druck > 5 bar) festgeschrieben. Auf dieser Basis finden seit

2001 Erdgastransporte von der deutschen Grenze durch die

Schweiz nach Italien statt.

Freier Marktzugang

Die Schweiz muss ihr Erdgas zu 100 Prozent importieren. Das war aber nicht immer so. Von 1985 bis 1994 wurde in Fins-

terwald im Entlebuch ein kleines Erdgasvorkommen ausgebeutet. Rund 73 Millionen Kubikmeter Erdgas wurden damals

gefördert. Das Projekt wurde allerdings eingestellt, weil die Fördermengen sanken und die Erdgaspreise zu niedrig waren.

Aufgeben will die Schweiz ihre eigenen Förderbestrebungen aber nicht ganz: im Sommer hat die Schweizer Firma Petrosvbri

verkündet, dass sie im November dieses Jahres unter dem Genfer See mit der Suche nach Erdgas und Erdöl beginnen wird.

Die Aussicht auf Erfolg ist laut Geologen gar nicht schlecht, allerdings ist noch offen, wie viel Erdgas unter dem See lagert

und ob sich dessen Förderung überhaupt rentiert. Für ein stückweit Unabhängigkeit scheint den Schweizern aber jede noch

so aufwändige Suche lohnenswert.

Schweizer Erdgasproduktion

Quelle: Hermann Kemetmüller

Page 18: medium gas 2009.3

18 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

caplog-x

Datenübertragung 2.0Im liberalisierten Gasmarkt gewinnt der Austausch von sensiblen Gasdaten zunehmend an Bedeu-

tung. Mit der Prozessdienstleistung bietet caplog-x eine Lösung zur Gesamtabdeckung der Wert-

schöpfungskette von der Messdatenerfassung über die Datenübertragung bis hin zur technischen

und kommerziellen Datenverarbeitung aus einer Hand. medium gas sprach mit dem Geschäftsführer

von caplog-x über die Datenübertragung in der neuen Gaswelt.

Herr Dr. Stoll, bitte erklären

Sie uns mit ein paar einfachen

Worten, was caplog-x ist.

Die caplog-x GmbH ist eine

Ser vicegesellschaf t, die

den im liberalisierten En-

ergiemarkt entstandenen

Marktakteuren umfassende

Services rund um das The-

ma Datenerfassung, -über-

tragung und -verarbeitung

bereitstellt.

Was haben Gasversorger

und Transportnetzbetreiber

davon, wenn sie caplog-x

einsetzen?

Für Transportnetzbetreiber

decken wir mit einer flexiblen

Infrastruktur die gesamte Informationskette von

der Messung vor Ort bis hin zur netzbezogenen

Bereitstellung von Daten, wie z. B. Lastflusssimu-

lation, Ausrollen von Standardlastprofilen und

Gasbeschaffenheitsermittlung ab.

Darüber hinaus stellen wir Mehrwertdienste zur

Verfügung, wie z. B. messtechnische Services,

Zählerfernüberwachung, Consulting für Biogas-

messanlagen und Datenvisualisierung in einem

Informationsportal.

Gashändler nutzen caplog-x-Leistungen zur Ver-

besserung ihrer Bedarfsprognose durch zeitnahe

Bereitstellung von Messdaten ihrer RLM-Kunden.

Außerdem unterstützen wir sie bei der Anwen-

dung von Nominierungsersatzverfahren sowie

Abwicklung von unternehmensübergreifenden

Kommunikationsprozessen.

Sie sagen, dass caplog-x den Weg in die neue,

liberalisierte Gaswelt sichert. Wie muss man sich

das praktisch vorstellen?

Wir können schnell und flexibel auf die sich stetig

ändernden Marktbedingungen reagieren, weil

wir langjährige Partnerschaften zu den Innova-

tionsführern bei der Messtechnik und Software-

entwicklung haben. Hier meine ich im Speziellen

die ECG Erdgas-Consult GmbH und die PSI AG. Wir

können durch die enge Zusammenarbeit unsere

Dienstleistungsangebote jederzeit entsprechend

anpassen.

Ursprünglich ist caplog-x eine von VNG initiierte

Marke für Energiedatenmanagement. Seit An-

fang dieses Jahres werden alle Produkte jedoch von

einer eigenen Gesellschaft – der caplog-x GmbH

– vermarktet, an der VNG lediglich eine Minder-

heitsbeteiligung besitzt. Warum der Umbau?

Die Akzeptanz dieses breiten Dienstleistungs-

spektrums für die unterschiedlichen Marktrollen

erfordert Unabhängigkeit und Neutralität. Die ist

nur durch eine selbstständig agierende Gesell-

schaft zu erreichen.

Das von der caplog-x GmbH genutzte System

zur geeichten Datenübertragung „cerdat-x“

wurde jüngst von der Physikalisch-Technischen

Bundesanstalt und den Landeseichämtern zer-

tifiziert und zur Verwendung im geschäftlichen

Verkehr zugelassen. Es ist damit das einzige

System zur geeichten Übertragung von Gasmess-

daten auf dem Markt. Wie sind die Reaktionen

darauf?

Die zusammen mit dem Partner Elster GmbH

entwickelte Systemlösung zur signierten Daten-

Dr. Peter Stoll, Geschäfts-

führer der caplog-x GmbH

Page 19: medium gas 2009.3

19 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

übertragung „cerdat-x“ stellt einen Meilenstein

bei der Bereitstellung von geeichten Daten für

Abrechnungssysteme dar.

Dementsprechend groß ist das Interesse der etab-

lierten Zähler- und Gerätehersteller an der Lösung.

Bisher gab es ein positives Feedback und viele

Unternehmen zeigten die Bereitschaft, „cerdat-x“

in unterschiedliche Gerätekomponenten zu inte-

grieren.

Zur Versorgung des Rekonstruktionssystems für

Gasbeschaffenheiten im Netz der ONTRAS werden

derzeit Daten bereits signiert übertragen. Bis

zum Jahresende sollen alle Einspeisemengen

aus Gasübergabestationen und den Untergrund-

gasspeichern sowie ca. 50 % der Ausspeisemengen

mittels „cerdat-x“ erfasst werden.

Ist die Inanspruchnahme von Dienstleistungen

der caplog-x GmbH eigentlich über nationale

caplog-x ist der Firmenname der caplog-x GmbH. Es ist ein Kunstwort, bestehend aus den engl. Begriffen capture (Daten

erfassen), logging (Daten protokollieren) und exchange (Daten austauschen).

cerdat-x ist eine Marke der caplog-x GmbH. Sie bezeichnet das von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassene und bei der caplog-x GmbH

eingesetzte Verfahren zur signierten Übertragung von geeichten Messdaten. Dabei werden die Informationen in der Station geeicht gemessen und signiert und

anschließend erst übertragen und verarbeitet. Die Signierung vor Ort ermöglicht es dem Anwender, die Daten jederzeit mit Hilfe eines beim Eichamt per Download

zur Verfügung gestellten Prüftools auf Unversehrtheit zu überprüfen. Anders als bisher können die so erfassten Messdaten über beliebig lange Zeiträume mit

einer Signatur versehen abgespeichert werden und sind somit auch außerhalb der jeweiligen Gasmessstationen geeicht verfügbar. Alle Prozessdaten werden

auf Anforderung in einem branchenunabhängigen, gesicherten Webportal unter www.messdatenportal.de bereitgestellt.

Bei dem Markennamen cerdat-x handelt es sich ebenfalls um ein Kunstwort, das sich aus den engl. Begriffen certified (beglaubigt), data (Daten) und exchange

(Austausch) zusammensetzt.

Weitere Informationen unter www.caplog-x.de und www.cerdat-x.de

caplog-x und cerdat-x

Grenzen hinaus möglich, also beispielsweise

europaweit nutzbar?

Ja, die Möglichkeit der europaweiten Nutzung

besteht. Für den Geschäftsdatenaustausch wird

es bereits genutzt. Bei Messdaten haben wir

durch Mobilfunk und durch eine Schmalbandsa-

tellitenkomponente die Möglichkeit, europaweit

Daten zu erfassen und anwendungsbezogen be-

reitzustellen.

Soll das heißen, dass Sie den Messdatentransfer

auch außerhalb von Europa, also beispielsweise

in China oder den USA anbieten könnten?

Derzeit konzentrieren wir uns vorwiegend auf

den europäischen, insbesondere den deut-

schen Markt. Aber wenn es erforderlich

ist, werden wir nicht zögern, einen

Kollegen zum Chinesischkurs

zu schicken.

Page 20: medium gas 2009.3

20 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Marketing/Kundendienst

Vertrieb.Consult – Wir sind auf Absatz spezialisiert.Herausforderung

Energiewirtschaft

Die Achterbahnfahrten des Ölpreises

in den letzten Jahren, der unaufhalt-

same Siegeszug der erneuerbaren

Energien, erhöhter Kostendruck der

Regulierungsbehörde, steigende

Gewinnforderungen der Anteilseig-

ner, ein ganz neues Bewusstsein

der Kunden, die aktuelle Wirtschaftskrise u.v.m.

– eine Vielzahl interner und externer Faktoren

stellen die Marketing- und Vertriebsabteilungen

von Energieversorgern beinahe täglich vor neue

Herausforderungen. Sowohl Haushalts- als auch

Industrie- und Gewerbekunden finden sich in

einer zunehmend komplexeren Welt wieder, in

der sie auch zum Thema Energieversorgung kaum

noch selbst durch alle notwendigen Informati-

onen navigieren können. Lieferanten, Anteilseig-

ner und Gesellschafter optimieren Strukturen,

Kooperationen und Gewinne.

In diesem Spannungsfeld stehen die Eckpunkte

der Absatzpolitik ständig im Focus der Unterneh-

menspolitik:

• Innovative Produkte

• Werthaltige Preismodelle

• Verkaufsfördernde Kommunikation

• Absatzstarker Vertrieb

• Erfolgreiche regionale Markenführung

• Erlösorientierte Kooperationen

Antwort auf die relevanten

Fragen zu diesen Punkten

gibt es ab Oktober 2009

– mit Vertrieb.Consult.

Seminar für das Management

Vertrieb.Consult ist ein Projekt von VNG. Es richtet

sich an Führungskräfte in Geschäftsleitung, Ver-

trieb und Marketing von Stadtwerken und Regio-

nalversorgern. Ein ganzheitlicher Beratungsansatz

stellt sicher, dass die gemeinsam entwickelten

Ideen, Konzepte und Empfehlungen sich eng am

Markt orientieren und sich erfolgreich umsetzen

lassen. In Tagesseminaren wird gebündelt Fach-

wissen vermittelt. Dafür konnten Experten aus

Wirtschaft und Lehre gewonnen werden.

Zusätzliche Beratungsangebote

Im Anschluss an ein Tagesseminar lassen sich auch

Vertrieb.Consult In-House-Workshops buchen, auf

denen die Unternehmenssituation gemeinsam mit

Führungskräften und Mitarbeitern diskutiert und

Strategien für die Zukunft festgelegt werden. Für

die Umsetzung stehen individuelle Beratungs-

pakete zur Verfügung. Durch diesen modularen

Aufbau können Unternehmen – ganz nach ihren

Bedürfnissen – in jedes Thema einsteigen. Zusätz-

lich organisiert Vertrieb.Consult in regelmäßigen

Abständen absatzrelevante Foren, in denen es

um Informationsaustausch und den Aufbau eines

vertriebsorientierten Netzwerkes geht.

Auftakt im Oktober in Berlin

Die Auftaktveranstaltung für Vertrieb.Consult

fand am 20. Oktober 2009 zum Thema „Preis-

gestaltung“ in Berlin statt. Unter dem Motto

„Verdienen Sie schon oder senken Sie noch Ihre

Preise?“ erhielten die Seminarteilnehmer einen

Überblick über die derzeit erfolgreichsten Preis-

strategien im Wettbewerb. Die Referenten gaben

unter anderem einen Überblick über die aktuelle

Entwicklung der Preisangebote im Energiemarkt

und dazu auch praxisnahe Handlungsempfeh-

lungen. Zum Abschluss wurden Beispiele für

Produktbepreisungen präsentiert, mit denen

es bereits gelungen ist, die Kundenbindung

nachhaltig zu steigern.

Sie haben Interesse an Vertrieb.Consult? Gern sen-

den wir Ihnen unsere Imagebroschüre, Anmelde-

unterlagen und weitere Informationen zu:

Kerstin Tümmler

Telefon: 030 20613094-7451

[email protected]

Besuchen Sie unsere Website:

www.vertrieb-consult.de

Vertrieb.Consult

Ma

He

der Kunden di

Page 21: medium gas 2009.3

21 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

GDMcom

Mit den Kunden auf einer WellenlängeIm April 2009 hat die GDMcom Gesellschaft für Dokumentation und Telekommunikation mbH (GDMcom) 50 Prozent der Anteile

der HEAG Lictor übernommen. An der Gesellschaft, die in die lictor GmbH umfirmiert wurde, hält die Gas-LINE GmbH & Co. KG

weiterhin 50 Prozent der Geschäftsanteile. Das Kerngeschäft der lictor GmbH besteht in der Bereitstellung maßgeschneiderter

Breitbandkommunikationslösungen und Kommunikationsnetzverbindungen.

Foto

: G

DM

com

/Mic

ha

el B

ad

er

Von Katrin Lehmann, GDMcom

Zu den Haupttätigkeitsfeldern der lictor zählen

die Vermarktung von Übertragungswegen für

Telekommunikationsdienste sowie das Planen,

Errichten und Betreiben von Telekommunikati-

onslinien. lictor bietet ihren Kunden skalierbare

Produkte mit Bandbreiten zwischen 2 Mbit/s und

1000 Mbit/s sowie optische Kanäle (Wellenlängen)

mit einer Übertragungskapazität von 2,5 Gbit/s

und 10 Gbit/s.

lictor greift auf vorhandene Netzinfrastrukturen zu

und bietet somit den Anschluss an alle relevanten

Points-of-Presence und Telehäuser in den hie-

sigen Metropolen. Die permanente Überwachung

(24h/365d) der Übertragungswege im eigenen

Network-Management-Center sorgt für höchste

Sicherheit und Verfügbarkeit.

Schnelle Reaktions- und kurze Instandsetzungs-

zeiten und ein Netz von Servicestützpunkten ga-

rantieren im Bedarfsfall ein hochgradiges Service-

niveau. Dabei setzt lictor auf zukunftsweisende

Technologien, innovative Lösungen sowie die

Kernkompetenzen der beteiligten Gesellschafter

und namhaften Systemlieferanten.

Zu den Zielgruppen der lictor gehören unter an-

derem Kabel- und Funknetzbetreiber, Telekom-

munikationsgesellschaften, Versorgungsunter-

nehmen, Betreiber von Einkaufscentern und

Gewerbegebieten sowie Kommunen in Regionen,

die mit Breitbandkommunikationslösungen un-

terversorgt sind. Diese so genannten „weißen

Flecken“ können mit vertretbarem Aufwand an

bereits existierende Infrastrukturen angebunden

werden.

lictor erarbeitet zusammen mit ihren Kunden

spezifische Lösungen und bietet umfassende

Beratungsleistungen für komplexe Bandbreiten-

projekte von der Analyse über die Planung bis

hin zur Implementierung und Inbetriebnahme der

Netzwerklösungen.

GasLINE ist 1996 von 15 deutschen Fern- und Regionalgasgesellschaften gegründet worden.

Mehr als 100 nationale und internationale Telekommunikationsunternehmen vertrauen und

nutzen bereits das LWL-Netz der Gas-LINE, das in mehr als 30 Städten an Telehäuser und

PoPs (Points of Presence) angeschlossen ist. Der weitere Netzausbau erfolgt kontinuierlich

und entsprechend den kundenspezifischen Bedürfnissen und Anforderungen.

GasLINE – das Unternehmen

GDMcom – das Unternehmen

Als 100%-ige Tochtergesellschaft der VNG – Verbundnetz Gas AG erbringt die GDMcom

Serviceleistungen auf dem Gebiet der Kommunikations-, Kabel- und IT-Technik, übernimmt

die Dokumentationsleistung von Leitungen und technischen Anlagen und unterstützt ihre

Kunden bei Anforderungsanalysen, Projektmanagement und der Entwicklung von IT-Lö-

sungen für Netzbetreiber.

Weitere Informationen zu den Unternehmen und Produkten finden Sie im Internet unter

www.gdmcom.de und www.gasline.de.

Page 22: medium gas 2009.3

22 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Gastbeitrag

Wettbewerb als EntdeckungsverfahrenDie globale Finanzkrise hat mit dazu beigetra-

gen, dass die Beschaffungskosten für Erdgas

und infolgedessen auch die Preise für Endkunden

vorerst deutlich gesunken sind. Im Wahlkampf

war jedoch in den Medien erneut von Vorwürfen

gegen die Gasversorger zu lesen. Im Auftrag der

Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde

durch einen Energiewirtschaftler eine Studie ver-

fasst, in der ausgerechnet wurde, was aktuell ein

angemessener Preis für die Kilowattstunde sein

müsste. Im Durchschnitt – so sein Ergebnis – habe

ein Haushalt trotz Preissenkungen zwischen 13,7 %

(Thüringen) und 26,6 % (Bremen) innerhalb einer

Jahresspanne 90 Euro zu viel gezahlt. Der Preis-

verfall beim leichten Heizöl, an das bekanntlich

in einigen Lieferverträgen der Einkaufspreis von

Erdgas gebunden ist, hätte rein rechnerisch bei

vielen Anbietern noch stärkere Preissenkungen

hergegeben. Eine kühne Behauptung, hinter der

sich ein großes Missverständnis verbirgt.

Die Gaswirtschaft steht mittlerweile auch im End-

kundengeschäft voll im Wettbewerb. Auch wenn

es gewiss noch Gebiete im ländlichen Raum gibt,

in denen ein Anbieterwechsel nur sehr einge-

schränkt möglich ist, steht mittlerweile außer

Frage, dass der Wettbewerb auf dem Gasmarkt

in weiten Bereichen in Schwung gekommen ist

und marktfernen Preisen klare Grenzen setzt. Das

bestätigen auch die zuständigen Behörden und

sogar viele Verbraucherschützer. Doch Studien wie

die eingangs erwähnte suggerieren, Wettbewerb

müsse automatisch zu gleichen Verkaufsprei-

sen aller Anbieter führen, was im Umkehrschluss

dann bedeutet, wo Preisunterschiede herrschen,

funktioniere der Wettbewerb nicht. Das ist ein

glatter Fehlschluss. Hinzu kommt, dass es eben

nicht möglich ist, „den richtigen Preis“ zentral

zu ermitteln und als realistischen Einheitspreis,

der die Versorgung sichert, vorzuschreiben. An-

sonsten wäre Wettbewerb ein mühseliges und

verschwenderisches Verfahren, auf das man besser

verzichten sollte. Doch Wettbewerb bleibt das

einzig probate Verfahren zur Entdeckung ange-

messener Kosten, Preise und Mengen.

Wo Unternehmen im Wettbewerb stehen, sind sie

darum bemüht, die Kosten gering zu halten und

nach Möglichkeit durch attraktive Preise Kunden

zu gewinnen. Jedes eigenständige Unternehmen,

somit auch jeder Gasversorger, verfolgt hier seine

eigene Strategie und erweist sich dabei als mehr

oder weniger glücklich und unternehmerisch erfolg-

reich. Grundsätzlich ist es klug, das Bezugsport-

folio zu diversifizieren. So werden etwa in der

Beschaffung ganz unterschiedliche Lieferverträge

abgeschlossen, die zu unterschiedlichen Zeiten

und Fristen auch abweichende Preise beinhalten.

Manche Lieferungen besitzen dabei eine Ölpreis-

bindung, andere nicht. Die entstehende Vielfalt

ist in einer Studie gar nicht zu überblicken.

Und auch die Kalkulation der Verkaufspreise ist

keinesfalls so eindimensional, wie das im Fazit

einer solchen Studie suggeriert wird. Allein die indi-

viduellen Bezugsportfolios der Versorger verlangen

eine entsprechende individuelle Preisgestaltung.

Hinzu kommen unterschiedliche Prognosen und

Risikoeinschätzungen. Die Globalisierung des

Gasmarktes macht dies nicht einfacher.

Es ist vor diesem Hintergrund leicht zu verstehen,

dass eine Rechnung, in der Preissenkungen eins

zu eins mit dem Preisverfall von leichtem Heizöl

verglichen werden, eine unzulässige Simplifizie-

rung der tatsächlichen Wettbewerbsaktivitäten

darstellt. Man kann nur hoffen, dass sich die Ver-

braucher davon nicht beeindrucken lassen.

Andrej Krocker

Projektleiter Forum Erdgas

Forum Erdgas ist eine Initi-

ative ostdeutscher Erdgas-

Unternehmen, die sich dem

Dialog und der Information

über den Energieträger Erdgas

verpflichtet fühlen. Der Kreis

organisiert einen offenen Mei-

nungsaustausch, auf dessen

Basis das Forum Erdgas an der

öffentlichen Diskussion über

aktuelle Fragen der Energie-

politik teilnimmt.

Page 23: medium gas 2009.3

23 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Datum Veranstaltung Ort

November

05./06.11.2009 Kommunikations-, Medien- und Marketingtreffen von VNG Leipzig

06.–07.11.2009 Azubi- und Studientage von Stadtwerke Leipzig, Kommunale Wasserwerke und VNG Leipzig

08.11.–11.11.2009 Messe „Gäste“ Leipzig

11.11.–27.11. Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“Rathaus Berlin

Tempelhof/Schöneberg

17.11.2009 Internationales Forum „Erdgas Russland 2009“ Moskau

24.–25.11.2009 ICG-Stadtwerkekongress „Multitalent Stadtwerke“ Dresden

27.11.–30.11.2009 Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“ Gewandhaus Leipzig

Dezember

01.12.–22.12.2009 Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“ Landesbibliothek Dresden

Januar

19.–21.01.2010 17. Handelsblatt Jahrestagung Berlin

21.–24.01.2010 Messe „Partner Pferd“ Leipzig

Februar

09.–11.02.2010 E-World Essen

16.–20.02.2010 Bautec Berlin

Aktuelle Termine: November 2009 bis Februar 2010Fotoausstellung „Engagement zeigt Gesicht“ wieder auf WanderschaftOft sagen Bilder mehr als Worte: Die Fotodokumentation „Engagement zeigt Gesicht“ greift in diesem

Jahr bereits zum achten Mal diesen Gedanken auf und stellt das Leben und Wirken der Verbundnetz-

Botschafter vor. Die Wanderausstellung präsentiert in großformatigen Bildern die Gesichter und

Geschichten, die hinter all den Mühen, Anstrengungen, aber auch der Freude stehen, die es mit sich

bringt, wenn man etwas für Andere tut.

Ausstellungsorte:

Universitätsbibliothek Rostock (12.10.–06.11.) | Rathaus Berlin Tempelhof/Schöneberg (11.11.–27.11.) |

Gewandhaus zu Leipzig (27.11.–30.11.) | Landes-, Staats- und Unibibliothek Dresden (01.12.–22.12.)

Weitere Informationen zu den Fotoausstellungen finden Sie unter: www.verbundnetz-der-waerme.de

Page 24: medium gas 2009.3

24 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

VNG ist seit 2006 kontinuierlich einen neuen Weg bei der Exploration

und Produktion von Eigenerdgas gegangen. Noch liegt aber ein

langer Weg vor dem Unternehmen. v. l.: Rolf Gregor Skaar (VNG Norge,

Stavanger), Tord Pedersen (Managing Director der VNG Norge) und

Dr. Volker Busack (Leiter Gasbeschaffung E&P bei VNG). Foto: Dirk Brzoska

Page 25: medium gas 2009.3

25 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Schwerpunkt: GasbeschaffungDer globale Erdgasmarkt hat sich in

den vergangenen 15 Jahren dramatisch

verändert. Die verbleibenden Reserven

liegen in der Hand einiger weniger Pro-

duzentenländer und Unternehmenskon-

glomerate. Bisherige Netto-Exporteure –

unter ihnen auch europäische Staaten

wie Großbritannien und die Nieder-

lande – müssen ihren Bedarf zunehmend

über Importe decken. Wachstumsnati-

onen wie Indien und China sind zu den

größten Energieverbrauchern aufge-

stiegen und machen ihren Einfluss auf

den Beschaffungsmärkten deutlich.

Erdgas ist zu einem teuren Gut ge-

worden. Jeder will es haben, um Wirt-

schaftswachstum und Wohlstand zu

sichern. Unter den Voraussetzungen

wird das Gasgeschäft nicht einfacher

– obwohl die Energiereserven nach-

weislich noch viele Jahrzehnte rei-

chen. Im Wettlauf um die weltweiten

Reserven müssen Unternehmen wie VNG

deshalb gut aufgestellt sein – und bereit

sein, neue Wege zu gehen.

„Wege entstehen dadurch,

dass man sie geht.“

(Franz Kafka)

Page 26: medium gas 2009.3

26 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Norwegen

Energie aus dem hohen Norden sorgt für Sicherheit in EuropaNorwegisches Erdgas trägt maßgebend zur hohen Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa

bei. Sven Erik Svedman, norwegischer Botschafter in Deutschland, weiß um die gute norwegisch-

deutsche Energiezusammenarbeit und sieht auch zukünftig großes Potenzial.

Foto: Christoph Busse

Von Sven E. Svedman, Botschafter

Norwegen ist heute einer der weltweit größten

Lieferanten von Erdgas und der zweitgrößte Erd-

gaslieferant nach Europa. Mit Rohrleitungen auf

dem Meeresboden in der Nordsee war Deutschland

unter den ersten Ländern, die durch Lieferungen

von Erdöl und Gas mit den Feldern auf dem nor-

wegischen Kontinentalsockel verbunden wurden.

Norwegen liefert seit über dreißig Jahren Erdgas

nach Deutschland und deckt heute an die 30 %

des deutschen Verbrauchs. In Gesprächen mit

Deutschen pflege ich allerdings etwas vereinfacht

zu sagen, dass jede dritte deutsche Erdgasheizung

mit norwegischem Erdgas läuft.

Durch neue Verträge über Lieferungen von Erdgas

über Jahre hinweg haben sich die Energiever-

bindungen zwischen Norwegen und Deutsch-

land weiter entwickelt und sind ständig enger

geworden. Langfristige Abkommen sorgen für

Investitionssicherheit für die Produzenten auf

dem norwegischen Festlandsockel und für Liefer-

sicherheit für die Kunden auf dem europäischen

Kontinent. Die norwegische Regierung hat sich

zum Ziel gesetzt, die Produktion von Erdgas von

derzeit 100 Mrd. Sm3 (Standard Kubikmeter) im

Jahr auf zwischen 115 und 140 Mrd. Sm3 jährlich

im Jahr 2020 zu erhöhen. Dies hat eine erhöhte

Produktion auf einzelnen bestehenden Feldern zur

Folge, aber auch den Ausbau neuer Felder. Es sind

große Erwartungen an die Möglichkeiten für den

weiteren Ausbau der Erdöl- und Gasproduktion in

den Nordgebieten geknüpft. Auf dem norwegischen

Kontinentalsockel ist die Produktion von Erdgas

– umgeformt zu LNG – auf dem Feld „Snøhvit“ in

der Barentssee angelaufen. Ebenso ist der Ausbau

des Erdölfeldes „Goliat“ an gleicher Stelle auf den

Weg gebracht. Aber: Die hohen Erwartungen sind

nicht weniger an die Gebiete weiter östlich in der

Barentssee, in Russland, gerichtet. Hier suchen

norwegische Gesellschaften wie StatoilHydro die

Zusammenarbeit mit russischen und internatio-

nalen Partnern unter anderem für den Ausbau des

Shtokmanfeldes.

Norwegische Behörden legen großen Wert darauf,

dass bei der Erdöl- und Gasgewinnung die beson-

ders gefährdete arktische Umwelt gewahrt und

Rücksicht auf die Ausnutzung anderer wichtiger

Page 27: medium gas 2009.3

„Mehr als fünfzehn Jahre, nachdem die ersten Ver-träge zwischen der VNG – Verbundnetz Gas Aktien-gesellschaft und norwegischen Erdölgesellschaften wie Statoil und Hydro abgeschlossen wurden, wird etwa ein Drittel des von VNG umgesetzten Gases aus Norwegen geliefert. VNG hatte damals, wenige Jahre nach der Wende, eine Vorreiterrolle bei der Arbeit Deutschlands zur Diversifikation von Quellen für Energielieferungen und somit zur Versorgungs-sicherheit über Jahre hinaus.“

Sven E. Svedman | Botschafter

27 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Ressourcen wie Fisch und Meerestiere genommen

wird. Dadurch, dass die norwegischen Behörden

strenge Anforderungen stellen, haben sie dazu

beigetragen, dass die Erdöl- und Gasförderung auf

dem norwegischen Festlandsockel wahrschein-

lich die umweltfreundlichste in der Welt ist. Die

norwegischen Behörden legen auch großen Wert

darauf, dass der norwegische Festlandsockel für

viele Akteure offen sein soll. Eine große Anzahl

ausländischer Gesellschaften hat verstanden,

dass Norwegen äußerst konkurrenzfähige Bedin-

gungen hat und sind bereit, sich an den großen

Investitionen zu beteiligen, die notwendig sind,

wenn Erdöl und Gas in großen Meerestiefen und

unter zum Teil sehr schwierigen klimatischen

Verhältnissen gewonnen werden sollen. In dieser

Hinsicht sehe ich es als sehr positiv, dass sich VNG

auf dem norwegischen Festlandsockel etabliert hat

und das Ziel verfolgt, 10 % des eigenen Umsatzes

bis 2020 von dort zu liefern.

Als großer Produzent von fossilen Brennstoffen be-

schäftigt man sich in Norwegen damit, wie wir dazu

beitragen können, die Verunreinigungen durch

Klimagase zu reduzieren. Eine Maßnahme, für die

man sich stark engagiert, ist die Abscheidung und

Speicherung von CO2 (genannt Carbon Capture

and Storage – CCS). Hintergrund dafür ist, dass

norwegische Unternehmen bereits mehrjährige

Erfahrung mit der Abscheidung und Speicherung

von CO2 aus der Gasproduktion auf den Feldern

„Sleipner“ in der Nordsee und „Snøhvit“ in der

Barentssee besitzen. In beiden Fällen wird CO2

zuverlässig und sicher in geeigneten geologischen

Formationen unter dem Meeresboden gelagert. Um

zu einer globalen Technologieentwicklung für CCS

beizutragen, ist eine größere Demonstrationsan-

lage auf Mongstad bei Bergen im Bau.

Ein anderer Weg, um die notwendigen Klimaziel-

setzungen zu erreichen, ist der weitere Ausbau

erneuerbarer Energien. Norwegen ist in diesem

Zusammenhang schon weit vorangekommen, da

nahezu 100 % des Elektrizitätsbedarfes des Landes

durch Wasserkraft gedeckt werden. Jetzt engagieren

wir uns insbesondere für den verstärkten Ausbau

der Windkraft entlang der langen norwegischen

Küste, sowohl an Land wie auch Offshore, und auf

die erhöhte Nutzbarmachung von Biomasse, unter

anderem aus der Forst- und der Landwirtschaft.

Norwegische Wasserkraft kann im Übrigen eine

wichtige Rolle für die Balance bei der Produktion

erneuerbarer Energien auf dem europäischen Kon-

tinent erhalten. Dafür werden Untersee-Kabelver-

bindungen für den Austausch von Strom benötigt

– viele solcher sind in der Planung.

Die bilateralen Verbindungen zwischen Norwegen

und Deutschland sind stärker als je zuvor. Dies

betrifft Politik, Wirtschaft und Kultur. VNG hat

sich auf bewundernswerte Art und Weise bei der

Arbeit zur Stärkung dieser Verbindungen im breiten

Sinne engagiert. Im vergangenen Jahr initiierte

VNG zum Beispiel ein Symposium in Leipzig, bei

dem unsere 15-jährige Energiepartnerschaft im

Mittelpunkt stand. Vertreter aus Wirtschaft, Politik

und Wissenschaft diskutierten unter anderem über

die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen

für die europäische Energiesicherheit.

Auch im wissenschaftlichen und kulturellen Bereich

ist das Engagement groß. VNG fördert Stipendien-

programme im Rahmen der Hochschulkooperation

zwischen den Universitäten in Trondheim und

Freiberg. Zudem unterstützt sie zusammen mit

norwegischen Partnern seit vielen Jahren Kultur-

institutionen wie den gemeinnützigen Edvard-

Munch-Haus e.V. in Rostock-Warnemünde. Solche

Projekte sind eine gute Basis für internationalen

Austausch und Völkerverständigung.

Für mich sind dies wichtige Teile eines großen

Bildes einer ständig engeren Zusammenarbeit

zwischen norwegischen und deutschen Akteuren,

Unternehmen und Behörden. Selbst wenn wir

ein gutes Stück vorangekommen sind, sehe ich

ständig neue Möglichkeiten und Potenziale für

eine verstärkte Zusammenarbeit.

Sven Erik Svedman ist Bot-

schafter des Königreiches

Norwegen. Er war lange Zeit

in führenden Positionen im

norwegischen Außenministe-

rium und u. a. als Botschafter

in Paris und Tel Aviv tätig. Im

August 2007 übernahm Sved-

man die Nachfolge von Bot-

schafter Bjørn Tore Godal.

Der Autor

Page 28: medium gas 2009.3

28 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

„Sie verstehen nur Chinesisch? Wir bieten Übersetzungshilfe unter www.global-gas-shop.com“

Page 29: medium gas 2009.3

29 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Interview

„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“Es ist wichtig, sich klug zu verstärken und sich für die Zukunft gut aufzustellen. Das muss das Motto

gewesen sein, als VNG im April dieses Jahres die Endeavour Energy Norge (EEN) übernommen hat.

Immerhin gehört der Explorationsspezialist zu den Besten in Norwegen. medium gas sprach mit

Tord Pedersen, der bisher Geschäftsführer bei EEN war und im Oktober die Leitung der VNG Norge AS

übernommen hat.

Herr Pedersen, Sie haben über 25 Jahre Erfahrung

im internationalen Upstream-Geschäft. Was reizt

Sie am meisten an Ihrer neuen Aufgabe bei der

VNG Norge?

VNG Norge ist ein kleines Unternehmen, aber wir

sind Teil der VNG-Gruppe mit ihrer langfristigen

Ausrichtung, einer guten Strategie, einer starken

lokalen Präsenz in Deutschland und einer stolzen

Geschichte. Wir betrachten das als eine Chance, ein

neues Geschäft für VNG aufzubauen. Natürlich sind

die Exploration und das Upstream-Geschäft immer

mit vielen Risiken behaftet und es gibt viele Höhen

und Tiefen. Von außen betrachtet, könnte man fast

schon Angst haben vor den technischen und finan-

ziellen Herausforderungen. Wenn wir jedoch Geduld

haben und hart arbeiten, können wir maßgeblich

die Zukunft der VNG-Gruppe mitgestalten.

VNG hat die Endeavour Energy Norge AS (EEN) 1

im April übernommen. Wie haben Ihre Leute in

Oslo auf die Übernahme reagiert – insbesondere

in Anbetracht der angedachten Fusion von VNG

Norge und EEN?

Zunächst einmal kam es nicht unerwartet, dass

Endeavour ihre Tochterfirma in Norwegen verkauft.

Trotzdem war die Nachricht für uns alle doch etwas

überraschend. Jetzt, ein halbes Jahr später, sind

wir alle glücklich darüber, zur VNG-Gruppe zu

gehören. Wir haben keine Mitarbeiter verloren und

alle wollen weiter für das fusionierte Unternehmen

arbeiten. Wir haben sogar einige neue Mitarbeiter

eingestellt. Wir freuen uns darauf, Kollegen und

Freunde der Mitarbeiter in Stavanger und Leipzig

zu werden.

EEN war seit 2005 Teil der US Endeavour Group.

Jetzt, vier Jahre später, kommt die neue Mutterge-

sellschaft aus Deutschland. Wird sich dadurch an

Ihrer Art zu arbeiten etwas ändern?

Auf jeden Fall wird sich vieles an der Art zu ar-

beiten ändern. VNG hat eine sehr viel längere

Perspektive und ist finanziell viel stärker aufge-

stellt als es Endeavour war. VNG hat auch eine

andere Strategie.

Tord Pedersen studierte Geo-

logie an der Universität Trond-

heim. Er hat über 25 Jahre

Erfahrung im internationalen

Upstream-Geschäft. Er hat im

Vereinigten Königreich, in den

USA, in Ägypten, Südafrika

und im Nahen Osten gearbei-

tet. Pedersen hat in Führungs-

positionen in mehreren Un-

ternehmen gearbeitet, unter

anderem bei ConocoPhillips,

Saga Petroleum, Norsk Hydro

und Endeavour Energy.

Am 1. Oktober hat Tord Pe-

dersen die Leitung von VNG

Norge AS übernommen.

Tord Pedersen

1 Das Unternehmen wurde kurze Zeit später

in VNG Norge (Operations) AS umbenannt.

Fotos: Dirk Brzoska

Page 30: medium gas 2009.3

30 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Man konzentriert sich nicht auf den Aktienkurs

von morgen oder trifft Entscheidungen mit einer

amerikanischen „Cowboy-Mentalität“. Stattdes-

sen hat VNG eine Perspektive von 20 Jahren. VNG

ist sehr viel solider und nimmt sich die Zeit für

vernünftige Analysen.

Das hat Einfluss auf die Art, wie wir arbeiten und

wie wir denken. Das gibt uns ohne jeden Zweifel

einen vorhersehbareren und zuverlässigeren Ta-

gesablauf und erleichtert uns die Planung für das

nächste Jahr und die kommenden Jahre.

VNG Norge wurde 2006 gegründet, die ersten

Lizenzen wurden im Jahr 2007 gekauft und heute

ist das Unternehmen bereits Betreiber von vier

Lizenzen. Das ist eine rasante Entwicklung für

so ein junges Unternehmen. Gehört VNG Norge

bereits in den Kreis der großen Explorations-

unternehmen?

Nein, eindeutig nicht. VNG Norge hat bis jetzt

26 Lizenzen. Ein Drittel davon ist verbunden mit

Produktionsfeldern und zwei Drittel sind reine

Explorationslizenzen. Es reicht nicht, wenn man als

Betreiber eine Bohrung niedergebracht hat. Wenn

wir etwa 25 bis 30 aktive Explorationslizenzen

haben, 5–7 Bohrungen pro Jahr niederbringen und

zwei oder drei Produktionsfelder besitzen, dann

sind wir da, wo wir hin wollen. Dann sind wir ein

nachhaltiges Unternehmen, das zu den Mittel-

großen der Öl- und Gasunternehmen in Norwegen

gehört. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Wir

müssen gute Ergebnisse vorweisen, Öl und Gas

finden und beweisen, dass wir im Wettbewerb

überleben können. Das dauert seine Zeit.

Wie lange?

Wenn wir beständig sichere Bohrergebnisse lie-

fern, neue Felder entdecken und ein Arbeitgeber

werden, für den die Leute gerne arbeiten wol-

len, dann werden wir in ein bis zwei Jahren ein

spürbares Wachstum verzeichnen können. Aber

eines muss klar sein: Wir werden niemals zur Liga

der ganz großen Öl- und Gasunternehmen wie

Exxon, Shell oder Total gehören. Das ist auch nicht

unsere Absicht.

Werden Sie weitere Unternehmen übernehmen,

um schneller zu wachsen?

Über die Strategie wurde noch nicht entschieden.

Das wird sicherlich Gesprächsthema im Aufsichtsrat

in den nächsten Monaten sein. Wachstum können

wir auf vielen verschiedenen Wegen erreichen.

Der wichtigste Faktor ist, dass wir mehr Lizenzen

bekommen. Wir müssen über ein großes Portfolio

an Lizenzen verfügen, wir müssen es ständig mit

neuen Lizenzen speisen und ein gutes Verständnis

für die Bereiche entwickeln, in denen wir arbeiten.

Es ist ein wenig wie Monopoly: Wenn man bohrt und

die Quelle trocken ist, muss man entscheiden, ob

man die Lizenz behalten will oder sie durch neue

Chancen ersetzt.

Betreiber zu sein heißt, eine große Verantwor-

tung zu übernehmen – sowohl organisatorisch

als auch finanziell!

Natürlich haben wir als Betreiber eine große Ver-

antwortung. Wir müssen die Erwartungen vieler

Interessengruppen erfüllen, wie zum Beispiel die

der Eigentümer von VNG Norge, der Angestellten

und der norwegischen Behörden. Eine Lizenz ist

eine Erlaubnis zur Exploration und Produktion,

aber sie kann einem auch wieder entzogen werden.

Man muss sie sich also verdienen. Man muss alle

geltenden gesetzlichen Vorschriften einhalten,

und man muss als Betreiber sicher und umwelt-

freundlich arbeiten. Es ist ein kontinuierlicher

Verbesserungsprozess und die Verantwortung

liegt nicht allein bei der Geschäftsleitung, sondern

beim ganzen Unternehmen.

Endeavour hat zwei Jahre gebraucht, um sich

als Betreiber zu qualifizieren und diesen Status

wollen wir aufrecht erhalten. Dafür müssen wir

hart arbeiten.

Mehrere Explorations- und Entwicklungsboh-

rungen wurden in der norwegischen Nordsee und

im Nordmeer in diesem Jahr bereits niedergebracht.

Gibt es dazu (hoffentlich) gute Nachrichten?

Fortsetzung von Seite 29

„Wir haben noch einen weiten Weg vor uns“

Page 31: medium gas 2009.3

31 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

VNG hat in diesem Jahr an insgesamt sieben Boh-

rungen teilgenommen. Eine davon liegt im Cyclops-

Prospekt, wo VNG erstmals als Betriebsführer

auftritt. Derzeit prüfen wir zusammen mit unserem

Lizenzpartner die Ergebnisse der Bohrung, um

festzustellen, welches wirtschaftliche Potenzial

die Fundstelle hat und wie die nächsten Schritte

aussehen werden. Der Erdgasfund ist ausgespro-

chen ermutigend, da er unsere Explorationsmetho-

dik in diesem Gebiet bestätigt, sodass wir voller

Vertrauen weiter arbeiten können.

Bis voraussichtlich 2017 will VNG 10 Prozent

seines Beschaffungsziels aus eigener Produk-

tion beziehen. Die bis jetzt entdeckten Reserven

und Ressourcen sind aber doch sicherlich nicht

ausreichend, oder?

Die Produktion von Brage und Njord liefert nur einen

geringen Prozentsatz am Gesamtziel von 10 Prozent.

Auch die Entdeckungen und die Bohrungen, die wir

bis jetzt niedergebracht haben, werden wahrschein-

lich nicht ausreichen, um dieses Ziel zu erreichen.

Wir könnten das gewünschte Ziel für einen kurzen

Zeitraum erreichen, aber wir brauchen mehr Lizenzen

und müssen kontinuierlich weiter arbeiten, um dieses

Niveau zu halten. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt die

große Herausforderung für das Unternehmen.

VNG Norge AS ist eine internationale Upstream-Gesellschaft, die sich auf die Exploration und Produktion von Erdgasreserven in der

Nordsee spezialisiert hat. Die Endeavour Energy Norge AS wurde kurz nach dem Anteilserwerb durch VNG in VNG Norge (Operations)

AS umbenannt. Bis Oktober 2009 sollen beide Unternehmen unter dem bekannten Namen VNG Norge AS zusammengeführt werden.

Die Geschäftsleitung übernimmt Tord Pedersen.

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.vng.no

VNG Norge AS

Lizenzen

von VNG Norge

Welche Ideen verfolgt VNG, um Upstream- und

Downstream-Geschäft zu kombinieren?

Wir werden sicherlich kein Gas fördern, wenn

wir es nicht verkaufen können. Wir müssen

das Gas nicht in unser deutsches Pipelinesys-

tem einspeisen, sondern wir können es

zum Beispiel auf dem britischen Markt

verkaufen. Das Upstream- und Down-

stream-Geschäft muss räumlich ja nicht

verbunden sein. Wichtig ist, dass ein inte-

griertes Unternehmen an der gesamten

Wertschöpfungskette teilnimmt.

Eine letzte Frage: In welchem Um-

fang werden Sie den VNG-Konzern

auch bei der Exploration außerhalb

von Norwegen unterstützen?

VNG Norge hat viele Mitarbeiter mit Erfahrung aus

Auslandseinsätzen. Einige von uns haben vorher

im Vereinigten Königreich, im Nahen Osten, in

Nordafrika und in Russland gearbeitet. Ich bin

davon überzeugt, dass wir der VNG-Gruppe auf

jeden Fall helfen können. Gleichwohl haben wir

ja keine Leute übrig. Unser Unternehmen muss

sich in erster Linie auf den Ausbau des Geschäfts

in Norwegen konzentrieren.

Page 32: medium gas 2009.3

32 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Inländische Gasbeschaffung

Deutsche Erdgasförderung mit Perspektive?In Deutschland werden heute rund 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus inländischen Quellen

gefördert. Würden keine neuen Vorkommen entdeckt, wäre der deutsche Erdgasvorrat in etwa 15 bis

20 Jahren aufgebraucht. Hat die deutsche Erdgasförderung damit ihre Perspektive verloren?

Von Dipl.-Geol. Hans Jörg Mager

Erdgas trägt rund ein Fünftel zur Energieversorgung

Deutschlands bei. Die Produktion aus inländischen

Lagerstätten ist dabei ein wichtiger Eckpfeiler.

Seit bald 50 Jahren wird in Deutschland Erdgas für

den überregionalen Verbrauch gefördert. Vor etwa

40 Jahren ging die Erdgaslagerstätte Salzwedel-

Peckensen in der Altmark in Produktion. Anfang der

1970er Jahre strömten bereits knapp 20 Mrd. m³

Erdgas aus deutschen Quellen. Um diese Mar-

ke pendelte die Inlandsproduktion bis über die

Jahrtausendwende hinaus. In den letzten Jahren

allerdings haben die jährlichen Fördermengen und

die Reserven an Erdgas verstärkt abgenommen.

Im vergangenen Jahr trug heimisches Erdgas mit

knapp 16 Mrd. m³ rund 16 % zur Versorgung des

deutschen Erdgasmarktes bei.

Über die Hälfte des Erdgasaufkommens, 8,6 Mrd. m³

bzw. 55,7 %, stammt aus den zehn produktions-

stärksten der rund 80 in Betrieb befindlichen Felder

in Deutschland. Unter ihnen ist auch das einzige

deutsche Offshore-Erdgasfeld in der Nordsee.

Die Felder Völkersen Z1 und Söhlingen Pool im

Gebiet zwischen Elbe und Weser sowie das Feld

Siedenburg im Fördergebiet zwischen Weser und

Ems produzieren dabei mit je über einer Milliarde

Kubikmetern Jahresleistung. Alle diese Lagerstät-

ten liegen im Bundesland Niedersachsen, wo rund

94 % des heimischen Erdgases überwiegend aus

230 bis 280 Mio. Jahre alten Gesteinsschichten

des Zechstein und Rotliegenden gefördert werden.

Weitere 3 % kamen 2008 aus Schleswig-Holstein

und rund 3 % aus Sachsen-Anhalt.

Betrugen die sicheren und wahrscheinlichen Reser-

ven zur Jahrtausendwende noch rund 340 Mrd. m³

bei einer Jahresproduktion von ca. 20 Mrd. m³,

so verbuchten die Erdgasfördergesellschaften

in Deutschland Anfang dieses Jahres noch etwa

180 Mrd. m³ Reserven bei einer Jahresförderung

von 15,5 Mrd. m³. Diese Reserven sind mit kon-

ventioneller Technik gewinnbar.

Um mehr über die Zukunftsperspektive der Erdgas-

produktion in Deutschland zu erfahren, muss man

das darüber hinaus noch vorhandene Potenzial an

Erdgasressourcen betrachten. Hierzu wird heute

ausschließlich unkonventionelles Erdgas aus

geringdurchlässigen Formationen, so genanntes

Tight Gas, gezählt, dessen Potenzial nach neu-

Deutschland verfügt über viele Erdgas- und Erdöllagerstätten – zum weit überwiegenden Teil

in Norddeutschland. Daneben gibt es Lagerstätten im Alpenvorland, im Oberrheintal und im

Thüringer Becken (Quelle: WEG).

Page 33: medium gas 2009.3

33 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

esten Schätzungen bei bis zu 150 Mrd. m³ liegt.

Darüber hinaus gibt es noch weitere unkonven-

tionelle Erdgasmengen. Dazu zählt zum Beispiel

Coal Bed Methane, also an Kohle gebundenes

Erdgas, oder auch das so genannte Shale Gas,

das in pre-permischen Schwarzschiefern unter

der norddeutschen Tiefebene vermutet wird. Über

diese Erdgasmengen sind keine belastbaren Zah-

len bekannt.

Das Tight-Gas-Potenzial ist nur zu erschließen mit

neuen, innovativen Methoden und Technologien.

Diese zu entwickeln erfordert einen immer höheren

finanziellen Aufwand.

Die Inlandsinvestitionen der im Wirtschaftsver-

band Erdöl- und Erdgasgewinnung e.V. zusam-

mengeschlossenen Erdöl-Erdgasunternehmen

in Deutschland haben sich seit 2003 nahezu

verdoppelt und lagen im vergangenen Jahr bei

470 Mio. Euro. Dazu zählen neben den Aufwen-

dungen in den Ausbau und Erhalt der Förderung

aus bestehenden Lagerstätten auch Investitionen

in Forschung und Entwicklung innovativer Explo-

rations- und Gewinnungsmethoden, in die Hoch-

schulausbildung und die Nachwuchsförderung.

Die Forschungsanstrengungen zielen zum einen

auf eine Erhöhung der Ausbeute aus bestehenden

Lagerstätten. Ein weiterer Zukunftsschwerpunkt

ist die Erschließung des Tight-Gas-Potenzials.

Dabei konzentrieren sich die F&E-Anstrengungen

seit einiger Zeit auf ein tieferes Verständnis der

geologischen Geschichte, eine verbesserte Inter-

pretation seismischer Daten, auf Fortschritte bei

der Lagerstättencharakterisierung und auf Optimie-

rungen im Bereich der Bohrtechnik, kurz, auf eine

bessere Erfolgsprognose von Tight-Gas-Projekten.

Dies ist – mit wechselnden F+E-Schwerpunkten

– ein kontinuierlicher, interdisziplinärer Prozess,

der immer wieder neue Erkenntnisbausteine gene-

riert. Ein Beispiel: Ging es vor Jahren zuerst darum,

eine Lagerstätte durch eine mehr oder weniger

horizontal im Förderhorizont geführte Bohrung

erfolgreicher auszubeuten, wurde in der Folge

in geringer durchlässigen Formationen aus der

Horizontalstrecke heraus mittels der Frac-Techno-

logie unter hohem Druck von rund 1.000 bar eine

Rissfläche erzeugt, über die das Gas in größeren

Mengen gefördert werden konnte. Bald schon

wurden dann mehrere parallele Rissflächen in solch

einer Horizontalstrecke aufgepresst, so genannte

„Horizontal Multi-Fracs“. Heute können aus einem

Bohrloch heraus mehrere horizontale Strecken in

die verschiedenen Richtungen gebohrt und dann

mehrfach gefract werden. Jetzt geht es darum,

den Prozess weiter zu optimieren – die Erfolgs-

wahrscheinlichkeit zu erhöhen und die Kosten

im Griff zu halten, z. B. um eine Verbesserung der

Zuflussbedingungen über diese Rissflächen, um

eine bessere Kontrolle der Ausbreitung der Fracs

oder um eine Vereinfachung der untertägigen

Komplettierung.

Bei weiter steigenden Kosten für die Entwick-

lung und den Einsatz neuer Technologien zur Auf-

rechterhaltung der Erdgasförderung stellt sich

die Frage, wann sich die Schere öffnet, wann sich

der Aufwand nicht mehr rechtfertigen lässt. Eine

Antwort darauf gibt der internationale Ölpreis, an

dem sich die Gaspreise indirekt orientieren. Eine

Antwort darauf kann aber auch die Regierung in

Niedersachsen geben, die die Förderabgabensätze

für das im Land geförderte Erdgas festlegt. Diese

liegen zurzeit bei 36 % der Erlöse und stellen

damit einen bedeutenden Kostenfaktor für die

Förderunternehmen dar.

Die in Deutschland aktiven Förderunternehmen

sind entweder Töchter internationaler Konzerne

oder sie sind über Tochterfirmen international

bei der Suche und Förderung von Erdgas aktiv.

Damit wird eine Investition in Deutschland immer

in Konkurrenz zu einer internationalen Investition

entschieden. Die Entwicklung der Investitionen

in die deutsche Erdgasförderung ist dabei ein

positives Signal.

Fazit: Die Erdgasförderung in Deutschland hat

eine Zukunft. Neben politisch-wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen spielen dabei technische

Entwicklungen die wesentliche Rolle. Der Aufwand

hierzu steigt ständig. Die Gewinnungsindustrie

investiert in die Ausbildung sowie in die Forschung

& Entwicklung innovativer Erkundungs- und Förder-

technologien und in die technische Hochrüstung

der Förderanlagen. Dabei geht es vor allem darum,

den Rückgang der Förderung und den Abbau der

Reserven zu verlangsamen und nicht um das Errei-

chen neuer (oder alter) Förderleistungen. Auf diese

Weise ist eine Erdgasförderung in Deutschland

noch in drei oder vier Jahrzehnten denkbar.

Dipl.-Geol. Hans Jörg Mager

ist Chefredakteur der Zeit-

schrift ERDÖL ERDGAS KOHLE.

Seit über 20 Jahren gibt er zu-

sammen mit Thomas Vieth

und Harald Jordan die einzige

deutschsprachige technisch-

wissenschaftliche Fachzeit-

schrif t auf dem Gebiet der

Gewinnung, Verarbeitung

und Anwendung von Erdgas

und Erdöl heraus.

www.oilgaspublisher.de

Der Autor

Page 34: medium gas 2009.3

34 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Suche langen Atem!Eigene Erdgasquellen aufzutun ist sehr langwierig und kostenintensiv. Nur wer einen

langen Atem hat, der wird belohnt – mit wertvollen Funden in Form von Öl und Gas.

1. PräqualifizierungDie Präqualifizierung ist ein System des Norwegischen

Ministeriums für Erdöl und Energie, des Norwegian

Petroleum Directorate (NPD) und der Petroleum Safety

Authority (PSA). Dabei wird geprüft, ob der Bewerber

geologisches und technisches Know-how sowie ausrei-

chende finanzielle Ressourcen, eine gesicherte Position

im heimischen Absatzmarkt, umfassende Erfahrung

im Arbeits- und Umweltschutz und ein langfristiges

Engagement in Norwegen nachweisen

kann. Nur wer präqualifiziert ist,

darf Produktionslizenzen auf

dem norwegischen Kontinen-

talschelf erwerben.

Die Präqualifizierung erhält

man entweder als Lizenzneh-

mer oder als Betriebsführer.

2. Organisations- aufbau vor OrtUm den Anforderungen der

Präqualifikation zu entspre-

chen, müssen Unternehmen eine

fundierte Organisation vor allem in

den Bereichen Geologie, Geophysik,

Bohr- und Fördertechnik und im Bereich

HSE (Gesundheit, Sicherheit, Umwelt-

schutz) aufbauen.

3. LizenzerwerbDas Ölgesetz „Petroleum-Loven“ sieht ein mehrstufiges

Lizenzverfahren vor, mit dem das Öl- und Energieminis-

terium über die Entwicklung und Nutzung der Vorkommen

entscheidet.

Produktionslizenzen werden in zwei Verfahren vergeben:

a) durch die jährlichen APA-Angebotsrunden

(Awards in Predefined Areas) und

b) durch die aller 2–3 Jahre durchgeführten regulären

Lizenzrunden für unerforschte (immature) Gebiete.

Auf Basis der eingereichten Bewerbungen entscheidet das

Ministerium über die Zusammensetzung der Konsortien in

den zu vergebenden Lizenzen.

Eine weitere Möglichkeit des Lizenzerwerbs

besteht darin, sich auf ein Angebot

eines Unternehmens hin in existie-

rende Explorationslizenzen oder

Felder mit bereits nachgewie-

senen Reserven einzukaufen

(das so genannte Farm-In-Ver-

fahren). Auch hier müssen die

norwegischen Behörden ihre

Zustimmung erteilen.

4. SeismikMit der Vergabe der Explora-

tionslizenzen wird auch ein

umfangreiches Arbeitspro-

gramm für die Explorations-

phase verbindlich, das die

Lizenzeigentümer in einer An-

fangsphase innerhalb einer vorge-

gebenen Zeitspanne von üblicherweise

drei bis fünf Jahren abarbeiten müssen. Dazu zählen in erster

Linie die Akquisition und Auswertung seismischer Daten sowie

mindestens eine Explorationsbohrung nach erfolgter Drill-or-Drop-

Entscheidung (Bohren oder Lizenzrückgabe). Am Ende der Initial-

phase wird entweder ein Entwicklungsplan (PDO) eingereicht oder die

Konsortialpartner entscheiden, dass die Lizenz zurückgegeben wird.

Page 35: medium gas 2009.3

35 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

5. Probebohrungen (Explorationsbohrungen)Sprechen seismische und geophysikalische

Messungen dafür, dass innerhalb der Lizenz Koh-

lenwasserstoffe zu finden sind, er-

folgt eine Probebohrung. Sie

belegt das Vorhandensein

von Öl und/oder Gas,

verbunden mit einer

sehr groben Reservoir-

abschätzung, jedoch

noch nicht die genaue

förderbare Menge.

6. Aufschluss- und Erweiterungs- bohrungenWar eine Probebohrung

er folgreich, werden

Aufschluss- und Er-

weiterungsbohrungen

abgeteuft, um die Wirt-

schaftlichkeit der Funde

zu belegen. Wie viele

Bohrungen notwendig sind,

kann man nicht pauschalisieren

– manchmal reichen 2–3 Erweiterungs-

bohrungen, manchmal sind es auch 10.

7. EntwicklungsphaseWenn die Bohrungen Erdgas in wirtschaftlich rentab-

ler Menge nachgewiesen haben, beginnen die Vor-

bereitungen für die Produktion. Um die Erlaubnis für

die Entwicklung eines Fundes zu erhalten, muss der

Betriebsführer jedoch zuvor zusammen

mit seinen Partnern einen Ent-

wicklungs- und Produktionsplan

(plan of development and ope-

ration, auch PDO) ausarbeiten

und dem norwegischen Ener-

gieministerium zur Freigabe

vorlegen. Sofern alle Vorgaben

erfüllt sind, kann losgelegt

werden.

8. Produktions- bohrung + ProduktionVon einer Plattform werden

Produktionsbohrungen abgeteuft

und die Anbindung an das bestehende

Leitungsnetz auf dem Meeresboden hergestellt. Ist

das Bohrloch fertig, wird die Fördergarnitur eingebaut

– danach Erdöl und Erdgas quasi so lange gefördert,

bis das Reservoir leer ist. Gegebenenfalls kann die

Produktionsfähigkeit und -dauer durch zusätzliche

technische Maßnahmen erhöht werden.

9. Außerbetriebnahme/StilllegungIn allen Phasen der Exploration und Produktion müssen die Belange von

Umwelt und Meeresbewohnern respektiert und gewahrt werden. Deshalb

gibt der norwegische Staat Auflagen vor wie etwa, dass nach der Außer-

betriebnahme von Plattformen alles „sauber“ zurückgelassen werden

muss. In den meisten Fällen bedeutet das, dass Anlagen entfernt und an

Land gebracht werden müssen.

Page 36: medium gas 2009.3

36 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Mehr als 50 Unternehmen haben sich

seit 2000 präqualifiziert, unter ihnen im

Oktober 2006 auch VNG.

Mit drei Mitarbeitern ist die

VNG Norge vor drei Jahren

gestartet – mittlerweile

ist das Team auf über 16

angestiegen. Rechnet man

die neuen Mitarbeiter der VNG Norge

(Operations) dazu, dann sind es fast 40.

Weit über 650

Produktions-

lizenzen (PL)

auf dem norwegischen Kontinental-

schelf hat das Ministerium bisher ver-

geben.1 Allerdings sind einige davon

nicht mehr aktiv.

Die bisher vom NPD freigegebenen 2D-seismischen Daten vom

Norwegischen Kontinentalschelf belaufen sich mittlerweile auf eine

Länge von 1.236.564,27 km. Zum Vergleich: Der Umfang der Erde be-

trägt ca. 40.000 km. Man könnte also mit den Daten die Erde knapp

31-mal umrunden. Von der bisher geschossenen 3D-Seismik liegen

keine Flächendaten auf dem NPD vor.

53 Explorations- und Erweiterungsbohrungen

wurden in diesem Jahr bisher auf dem Kontinental-

schelf abgeschlossen – dabei gab es insgesamt

27 Funde. VNG hat ihre erste Boh-

rung als Betriebsführer übrigens

Ende Juni abgeteuft – das Resultat

steht allerdings noch aus.2

Um 3,3 Grad Celsius je 100 Meter steigt durchschnittlich die Temperatur bei Bohrungen.

Diese Temperaturzunahme mit der Tiefe wird als geothermischer Tiefengradient bezeichnet.

Top 11

der Exploration und Produktion in Norwegen

Page 37: medium gas 2009.3

37 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Foto: Dirk Brzoska

Mehr als 10 Pläne zur Stilllegung hat das

norwegische Ministerium für Erdöl und

Energie auf dem NCS bisher genehmigt.

1 Quelle: www.npd.no/engelsk/cwi/pbl/en/index.htm 2 Quelle: www.npd.no/expdrill/Tabell_letebronner_

current_aar_e.htm (Stand vom 13.08.2009)

So groß ist durchschnittlich die

Chance, auf dem norwegischen

Kontinentalschelf bei einer

Bohrung eines Prospekts fündig

zu werden. Dabei spielt vor allem

auch die Qualität der vorberei-

tenden Arbeiten (seismische

Auswertungen) eine entschei-

dende Rolle.

So tief ist die tiefste Bohrung auf dem norwegischen Kontinentalschelf. Abgeteuft wurde sie

in der PL 050 auf dem Gullfaks Feld. In der Regel gehen Bohrungen ca. 2000 bis 4000 Meter

nach unten. Möglich sind mittlerweile aber nicht mehr allein vertikal nach unten führende,

sondern auch horizontale Bohrungen. So lassen sich Lagerstätten erreichen, die sich mehrere

Kilometer von der Plattform entfernt befinden.

Die größte Wassertiefe trat bei der Bohrung 6603/12-1

(PL 326) mit 1376 m auf, Betriebsführer ist A/S Norske Shell.

Die Bohrung hat geschätzte Gasreserven in Höhe von 10–100

Mrd. m3 Gas ergeben. Übrigens: Es geht noch tiefer von der

Wasseroberfläche bis zum Meeresboden, zum Beispiel im

Schwarzen Meer (ca. 2000 bis 2200 Meter) oder vor der brasi-

lianischen Küste (2500 Meter).

Das größte Gasfeld auf dem NCS bis

heute ist das Troll Feld vor der Küste

Bergens. Die förderbaren Reserven liegen

bei schätzungsweise 1330,7 Mrd. m3 Gas.

Im Vergleich: im Juli dieses Jahres hat Statoil

Hydro einen kleineren Gasfund in der

PL 159D gemacht, mit geschätzten förder-

baren Reserven von 0,6–3 Mrd. m3 Gas.

Page 38: medium gas 2009.3

38 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Erdgas-Technik

150 Jahre DVGW –Technik aktiv gestalten

Von Dr.-Ing. Walter Thielen,

Hauptgeschäftsführer des DVGW

Seit 150 Jahren hat die Gas- und Wasserwirt-

schaft ihren DVGW. Die Beweggründe für seine

Entstehung sind klar und haben bis heute nichts

von ihrer Bedeutung verloren: Damals wie heute

ging bzw. geht es um Sicherheit, Hygiene und

Zuverlässigkeit in der deutschen Gas- und Was-

serwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung

des Umweltschutzes – mit positiven Auswir-

kungen nicht zuletzt auch auf die wirtschaftliche

Prosperität unseres Landes. Hierin ist aber auch

ein wichtiger Aspekt beinhaltet, der den DVGW

von anderen Vereinen und auch von Verbänden

unterscheidet, die allein die Interessen ihrer Mit-

glieder bedienen. Die Satzung des DVGW spricht

hier eine deutliche Sprache. Der Vereinszweck

ist die Förderung des Gas- und Wasserfaches in

seiner Gesamtheit in technisch-wissenschaft-

licher Hinsicht.

Viele unserer heutigen Problemstellungen und

Herausforderungen im Gas- und Wasserfach waren

vom Grundsatz her schon unseren Vereinsvorfah-

ren bekannt. Dies zeigt deutlich, dass der DVGW

damals wie heute seine Aufgabe als der zentrale

Akteur bei der Entwicklung von Lösungsansät-

zen und Innovationen hat. Etwa alle fünf Jahre

verdoppelt sich heute das technische Wissen.

Auch das Gas- und Wasserfach muss sich diesem

Fortschritt angleichen. Dies gilt nicht nur für die

rein technischen Aspekte, sondern bedarf darüber

hinaus einer entsprechenden Qualifikation des

Personals auf allen Ebenen.

Als wichtigster Baustein des Erfolges der Gas- und

Wasserbranche sind sicherlich bestens ausgebil-

dete und engagierte Mitarbeiter in den Unterneh-

men zu nennen. Daneben hat sich als weiterer

Erfolgsgarant das System der „technischen Selbst-

verwaltung“ etabliert. Es basiert darauf, dass die

technischen Regeln als „allgemein anerkannte

Regeln der Technik“ von der Branche selbst aktiv

mit gestaltet werden. Der Gesetzgeber nimmt –

beispielsweise im Energiewirtschaftsgesetz

– direkten Bezug auf das DVGW-Regelwerk als

Grundlage für eine sichere Gas- oder Trinkwas-

serversorgung. Die Ausgestaltung dieser Regeln

gießt er dann jedoch nicht starr in Gesetze und

Verordnungen, sondern überlässt sie der Selbst-

verwaltung.

In nahezu 500 Gremien des DVGW wird das tech-

nische Regelwerk von den Fachleuten entwickelt.

Allen interessierten Kreisen werden die Mitarbeit

und die Mitsprache ermöglicht. So entsteht ein

neutrales und unabhängiges Regelwerk. Auch die

Bundesnetzagentur beteiligt sich nunmehr unter

dem Dach des DVGW an der technischen Selbst-

verwaltung. Dies ist ein weiteres Indiz für die hohe

Qualität und die Effizienz des Systems „Technische

Selbstverwaltung“. Wer die im DVGW entwickelten

Regeln einhält, handelt rechtssicher.

Der DVGW ist weltweit der älteste technisch-wis-

senschaftliche Verein im Gas- und Wasserfach. Er

pflegte in seiner gesamten Geschichte internatio-

nale Kontakte, innerhalb und außerhalb Europas.

Die intensive Mitarbeit in den europäischen und

internationalen Gremien ermöglicht es, die na-

tionale Systematik und die bewährten Anforde-

Dr.-Ing. Walter Thielen ist

Diplom-Ingenieur im Fach

Maschinenbau. Er hat 1981

am Institut für Verfahrens-

technik an der RWTH Aachen

promoviert und hat danach im

Anlagenbau der L. & C. Stein-

müller GmbH in Gummers-

bach gearbeitet. Seit 1999 ist

Thielen Hauptgeschäftsführer

des DVGW in Bonn.

Der Autor

Page 39: medium gas 2009.3

39 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

rungen der Gas- und Trinkwassertechnik schon

im frühen Normungsstadium in den europäischen

Normen festzuschreiben. Ziel ist es, das deutsche

Sicherheitsprinzip, das auf dem DVGW-Regelwerk

beruht, auch in anderen Ländern zu verankern.

Die Zusammenarbeit gerade mit potenziellen Mit-

gliedsstaaten der Europäischen Union festigt die

Technische Selbstverwaltung für die Zukunft in

einem Europa ohne Grenzen.

Wer oder was aber genau macht den DVGW aus?

Ich bin der Meinung, es sind seine Mitglieder: Die

mehr als 9100 persönlichen Mitglieder, die Mit-

gliedsunternehmen und natürlich die Menschen,

die in diesen Unternehmen arbeiten und den DVGW

mit ihrem Engagement mit Leben füllen! Sie alle

haben seit Bestehen des DVGW vieles bewegt.

Nicht zuletzt daher rührt der Erfolg der deutschen

Gas- und Wasserwirtschaft mit Vorbildfunktion

auch für viele andere Länder – innerhalb und

außerhalb Europas.

Um so mehr stellt der DVGW im 150. Jahr seines

Bestehens den Menschen in den Mittelpunkt sei-

nes Handelns. Der Mensch ist es, der die Technik

bedient und die Umwelt, in der er lebt, dadurch

ein Stück weit menschlicher macht. Eine kontinu-

ierliche Aufgabe bleibt es dabei stets, junge Men-

schen für unsere Arbeit zu begeistern und von den

Idealen einer sicheren und qualitativ hochwertigen

Gas- und Wasserbranche zu überzeugen.

Auch die aktuellen Herausforderungen an die

Branche lassen sich immer wieder auf die As-

pekte Sicherheit, Hygiene und Umweltschutz

fokussieren. Wettbewerb und Entflechtung haben

zu drastischen Veränderungen der Strukturen

insbesondere in der Energiewirtschaft geführt,

die bei weitem noch nicht abgeschlossen sind.

Die Entwicklung des Rechtsrahmens führte zur

Regulierung des Energiemarktes und fordert

damit einhergehend auch eine Modernisierung

des Ordnungsrahmens in der Wasserwirtschaft.

Eine neue Energie- und Klimapolitik richtet das

Augenmerk auf die Themen Versorgungssicherheit

für die Importenergien und den Ressourcenschutz

durch erneuerbare Energien. Die bis dato inte-

grierten Unternehmen sind einem grundlegenden

Wandel unterworfen: Unbundling, Kostensenkung

durch optimierten Netzbetrieb, neue Dienstlei-

stungs- und Servicestrukturen sind nur einige

Begriffe hierzu. Klimawandel und Klimaschutz

fordern insbesondere beim Energieverbrauch

höhere Effizienz zum Beispiel mit neuen Erdgas-

Plus-Technologien oder der Einspeisung von Bio-

Erdgas ins Erdgasnetz. Die gesellschaftlichen

Veränderungen durch den demographischen

Wandel mit damit einhergehenden rückläufigen

Verbräuchen und die Reaktionen auf das erhöhte

Sicherheitsbedürfnis durch ein nachhaltiges

Krisenmanagement bergen weiteres Verände-

rungspotenzial.

Seit 150 Jahren engagieren sich Fachleute mit viel

Herzblut im DVGW. Auch die VNG trägt den Verein

mit über 100 aktiven Mitarbeitern als Vereinsmit-

glied, in der Regelsetzung, der Weiterbildung,

durch den Besuch von Veranstaltungen und nicht

zuletzt auch als Hauptsponsor unserer Jubiläums-

veranstaltung, die am 22. und 23. September in

der Messe Leipzig stattfand. Für Ihr Engagement

danke ich Ihnen.

Der DVGW (Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V.) ist der technisch-wissen-

schaftliche Verein im Gas- und Wasserfach. Er setzt sich für die technischen Standards für eine

sichere und zuverlässige Gas- und Wasserversorgung ein. In diesem Zusammenhang erarbeitet

er technische Regeln, prüft, zertifiziert und überwacht gas- und wasserfachliche Produkte,

Personen, Unternehmen und Qualitätsmanagementsysteme und initiiert und fördert innovative

und praxisrelevante Forschungsvorhaben.

Weitere Informationen: www.dvgw.de und www.150-jahre-dvgw.de

Page 40: medium gas 2009.3

40 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Hubschrauberfliegen im WohnzimmerIn etwa so muss man sich eine Runde auf der wohl legendärsten Rennstrecke der Welt, der Nürburgring-Nordschleife, vorstellen.

Beim 37. ADAC Zürich 24-h-Rennen stellten sich dieses Jahr zusammen mit 170 Startern zwei erdgasbetriebene Volkswagen

Scirocco GT24-CNG dieser Herausforderung.

Von Alexander Wirp, VNG

Der dreimalige Formel-1-Weltmeister Jackie Ste-

wart bezeichnete schon 1968 die Nürburgring-

Nordschleife auf Grund ihrer anspruchsvollen

Streckenführung sowie der angrenzenden Flora

als „Grüne Hölle“. Bis heute verlangt die Berg-

und-Talbahn in der Eifel mit einer Länge von über

25 km den Rennfahrern höchste Fahrzeugbe-

herrschung ab. Streckenabschnitte mit Namen

wie „Flugplatz“ oder „Galgenkopf“, im Übrigen

ein Ort, an dem die Markgrafen von Nürburg im

Mittelalter ihre Delinquenten aufknüpften, las-

sen erahnen, welches fahrerische Können den

Piloten abverlangt wird. Insbesondere bei einem

Rennen zweimal rund um die Uhr wird selbiges

gefordert. Dieses Jahr bewiesen vor 235.000

Fans zwei mit Erdgas betankte und knapp 300 PS

starke VW Scirocco, dass auch dieser Kraftstoff

bei einem der härtesten Rennen auf einer der

schwierigsten Rennstrecken der Welt Siegerlor-

beeren ernten kann.

Motor Zweiliter Hubraum, Reihen-4-Zylinder mit Abgas-Turbolader

Leistung ca. 300 PS

Max. Drehmoment ca. 330 Nm

Leergewicht 1130 kg

Tankvolumen 44 kg Erdgas (130 Oktan)

Getriebe 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG)

Scirocco GT24-CNG

Foto: Volkswagen Motorsport

Rennatmosphäre am Nürburgring.

24-h-Rennen

Page 41: medium gas 2009.3

41 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Erdgas vor Benzin

Für den ersten Paukenschlag sorgten die Erdgas-

Sciroccos bereits im Qualifikationstraining. Wäh-

rend sich ganz vorne die Audi-Armada, bestehend

aus vier gut 500 PS starken R8 LMS, mit diversen

ebenso starken Porsche und einem Ford GT um die

Pole-Position stritten, zeigte der Erdgas-Scirocco

mit der Startnummer 115 seinen benzinbetrie-

benen Brüdern – drei an der Zahl – wie man am

schnellsten die 25,359 km lange Eifel-Achter-

bahn umrundet. Der direkte Vergleich fiel mit rund

drei Zehntelsekunden Vorsprung zu Gunsten des

Erdgas-Modells aus. Die nötige Energie im Tank

lieferte eine mobile Betankungsanlage der erdgas

mobil GmbH mit 300 bar Druck.

Windschattenduelle an der Spitze

Nach dem Start des Rennens um Punkt 16 Uhr

am Samstagnachmittag bot sich den Zuschauern

ein packender Beginn. In der ersten Rennstunde

duellierte sich der Ford GT, mit der historisch

korrekten Startnummer 40 als Reminiszenz an

die Siege der Ford GT 40 beim 24-h-Klassiker von

Le Mans in den sechziger Jahren, im Zentime-

terabstand mit dem späteren Gesamtsieger, der

Equipe um Lokalmatador Olaf Manthey mit ihrem

Porsche 911 GT3 RSR. Eng ging es generell beim

diesjährigen 24-h-Rennen zu.

Der ADAC als Veranstalter hatte im Vorfeld ein

ausgeklügeltes Reglement entwickelt, um ein

ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen konzep-

tionell unterschiedlichen Autos herzustellen. Die

Teilnehmer dankten es mit aufregenden Überhol-

manövern. So gab es in den ersten 18 Rennstunden

nicht weniger als 22 Führungswechsel, Rekord

für das seit 1970 ausgetragene Rennen. Ring-

Veteran Hans-Joachim „Strietzel“ Stuck, damals

Strecke Nürburgring-Nordschleife

Eröffnung 1927

Länge 25,359 km

Höhenunterschied ca. 300 Meter

Max. Steigung 17 %

Max. Gefälle 11 %

Kurven 40 Links- bzw. 50 Rechtskurven

Nürburgring

erster Sieger des Rennens und dieses Jahr als Audi

R8-Pilot am Start, urteilte: „So hart wurde noch

nie gekämpft auf der Nordschleife“. Die Entschei-

dung ließ bis 11:20 Uhr am Sonntagvormittag auf

sich warten. Technische Schwierigkeiten des bis

dahin in Führung liegenden Audi R8 brachten den

23. Führungswechsel sowie die Entscheidung für

den Manthey-Porsche. Nach rekordverdächtigen

155 Runden und einer zurückgelegten Distanz von

3.933 km wurden sie nach 24 Stunden mit der

schwarz-weiß karierten Flagge als Gesamtsieger

abgewunken.

Doppelsieg für Erdgas

Im Windschatten der Spitze fuhr der von den Profi-

piloten Vanina Ickx, Peter Terting, Klaus Niedzwiedz

und Thomas Klenke bewegte erdgasbetriebene

Scirocco GT24-CNG mit der Startnummer 115 auf

den beachtlichen 17. Gesamtrang und siegte

frei von technischen Defekten souverän in der

Klasse für alternative Antriebe. Das Schwester-

auto, pilotiert von den Automobil-Journalisten

Bernd Ostmann, Peter Wyss und John Barker sowie

VW-Entwicklungsvorstand Dr. Ulrich Hackenberg

belegte trotz mehrerer unfreiwilliger Ausritte in der

Nacht den zweiten Rang in der Klasse für alternative

Antriebe. Doppelsieg für Erdgas!

Sieger in der alternativen An-

triebsklasse mit dem Scirocco

GT24-CNG: Thomas Klenke

(D), Peter Terting (D), Vanina

Ickx (B), Klaus Niedzwiedz (D).

Foto: Volkswagen Motorsport

Mit der Betankungsanlage der erdgas mobil GmbH wird das Erdgas mit 300 bar Druck in den Scirocco gepumpt. | erdgas mobil

Geschäftsführer Dr. Timm Kehler im Gespräch mit Rennamazone Vanina Ickx vor dem Start des 24-h-Rennens.

Foto

: V

olk

swa

ge

n M

oto

rsp

ort

Page 42: medium gas 2009.3

42 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Interview

„Es war ein echter Marathon“Volkswagen Entwicklungsvorstand Dr. Ulrich Hackenberg pilotierte beim diesjährigen 24-h-Rennen

auf dem Nürburgring einen erdgasbetriebenen Scirocco GT24-CNG. medium gas sprach mit ihm über

seinen Renneinsatz auf dem „Ring“ und das Potenzial von Erdgas als Kraftstoff.

Herr Dr. Hackenberg, welche Eindrücke haben das

24-h-Rennen und Ihr Einsatz mit dem Scirocco

GT24-CNG bei Ihnen hinterlassen?

Es war ein echter Marathon, den unsere Mann-

schaft und unsere Autos sehr gut gemeistert haben.

Gleichzeitig haben wir gezeigt, dass Erdgas als

Kraftstoff zu Unrecht ein unscheinbares Image

trägt und dass Erdgas-Fahrzeuge genauso viel

Leistung und Sportlichkeit vermitteln können wie

herkömmliche Automobile. Unsere Entscheidung,

mit unserer EcoFuel-Erdgas-Technologie bei einem

der härtesten Wettbewerbe der Welt anzutreten,

hat sich als richtig erwiesen.

Das Engagement von Volkswagen beim 24-h-Ren-

nen war sehr groß. Gibt es dabei einen Technolo-

gietransfer aus dem Motorsport in die Serie?

Serienfertigung und Motorsport sind gerade beim

Scirocco GT24 sehr eng verknüpft. Wir wollen unter-

streichen, dass die Technologien, die jeder Kunde

bei Volkswagen kaufen kann, auch im harten Renn-

sport bestehen. Beispielsweise stammen die elek-

tromechanische Lenkung und das DSG-Getriebe

des Renn-Scirocco aus der Serienproduktion.

Im Gegenzug lernt die Serienentwicklung vom

Motorsport, wenn unsere EcoFuel-Technologie

härtesten Belastungsproben auf der Rennstrecke

unterzogen wird.

Welches Potenzial sehen Sie für den Kraftstoff

Erdgas im Rennsporteinsatz und darüber hinaus

insbesondere im alltäglichen Straßenverkehr.

Erdgas ist ein sauberer, kostengünstiger und

leistungsfähiger Kraftstoff, der auf der Straße

und auf der Rennstrecke sehr viel Potenzial hat.

Das belegt das Fahrerlebnis mit dem Passat TSI

EcoFuel genauso wie der erfolgreiche Einsatz des

Scirocco GT24-CNG. Ich gehe davon aus, dass der

Marktanteil der EcoFuel-Modelle in den nächsten

Jahren spürbar steigen wird.

Volkswagen setzt den neuen TSI EcoFuel derzeit

im Passat und Touran ein. In welchen weiteren

VW-Modellen oder Fahrzeugen anderer Konzern-

marken ist der Einsatz dieses Motors zukünftig

noch geplant?

Richtig, im Passat als auch im Touran kommt un-

ser durchzugsstarker 1.4 TSI Motor mit doppelter

Aufladung zum Einsatz. Wer diese Autos einmal

gefahren hat, erlebt, dass sich Sparsamkeit, Um-

weltverträglichkeit und Durchzugsstärke sehr

wohl miteinander verbinden lassen – dieser Motor

bereitet einfach auch Fahrspaß. Und damit ist klar,

dass wir das Thema weiterverfolgen werden und

neue Modelle planen. So wird die nächste Gene-

ration des Golf, basierend auf dem modularen

Querbaukasten ebenfalls für den CNG-Betrieb

vorbereitet sein – und damit können auch viele

weitere Modelle, die darauf basieren, mit Erdgas-

Antrieb erhältlich sein.

Herr Dr. Hackenberg, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Alexander Wirp.

Mitglied des Markenvorstands Volkswagen

für den Geschäftsbereich „Entwicklung“ seit

dem 1. Februar 2007

Dr. Ulrich Hackenberg wurde 1950 in Herne

geboren. Er promovierte 1985 an der RWTH

Aachen im Fachbereich Fahrzeugtechnik und

wechselte danach zur Audi AG. Dort über-

nahm er die Leitung der Hauptgruppe „Fahr-

zeugmechanik“ und ab 1989 unter anderem

die Technische Projektleitung der gesamten

Produktpalette. Von 1998 bis 2002 leitete er

den Bereich „Aufbauentwicklung“ bei der

Volkswagen AG und war für die Pkw-Konzept-

entwicklung verantwortlich. Daneben war er in der Technischen Entwicklung bei Rolls Royce

Bentley Motor Cars Ltd. tätig. 2002 kehrte Hackenberg zur Audi AG zurück, wo er unter anderem

die Sparte „Konzeptentwicklung, Entwicklung Aufbau, Elektrik/Elektronik“ leitete.

Dr. Ulrich Hackenberg

Quelle: Volkswagen

Page 43: medium gas 2009.3

43 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Betrieb/Technologie

Erdgasspeicherkonferenz in Moskau

Auf dem UGS Bad Lauchstädt wurden bereits Sondenmessung gemeinsam mit dem russischen

Unternehmen Gazpromenergodiagnostika durchgeführt.

Von Christina Fenin

Seit mehreren Jahren bearbeiten VNG und die

russische Firma Gazpromenergodiagnostika The-

men der Zustandsbewertung von Sonden auf den

Untergrundgasspeichern. Dazu wurden bereits im

vergangenen Jahr Messungen an 3 Sonden der UGS

Kirchheilingen und Bad Lauchstädt durchgeführt.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind für

VNG die Grundlage für intensive Auswertungen

und Diskussionen mit Speicherbetreibern, Geo-

physikern und anderen Speicherspezialisten.

Um andere Speicherbetreiber in Russland und Eu-

ropa auf die gemeinsame Arbeit von VNG und Gaz-

promenergodiagnostika aufmerksam zu machen,

haben beide Unternehmen eine internationale

Konferenz zu Fragen der Betriebssicherheit von

Untergrundspeichern veranstaltet. Die Konferenz

in Moskau fand unter der Schirmherrschaft von

Gazprom statt.

Die Teilnehmer, unter ihnen alle russischen

Speicherbetreiber und eine Reihe internationa-

ler Vertreter, konnten sich im Verlauf der Konfe-

renz über die Mittel und Methoden notwendiger

Zustandsuntersuchungen an oberirdischen und

untertägigen Anlagen informieren.

Auf eine sehr positive Resonanz stießen die Bei-

träge von VNG zum Datenmanagement für die

Sondenkonstruktionen und die Erfahrungen der

Deckgebirgsüberwachung bei der Erhöhung des

Speicherdrucks in Bad Lauchstädt.

Gleichzeitig wurde die Konferenz genutzt, um

einen Vertrag mit der Gazpromenergodiagnostika

zu weiteren Diagnosemessungen an den Sonden

von VNG für 2009 und mit der VNIIGAZ zu gas-

dynamischen Berechnungen der OTA Bernburg

zu unterzeichnen. Der Vorstand der Gazprom,

Oleg Aksjutin, betonte die Wichtigkeit der Zu-

sammenarbeit beider Unternehmen auf allen

Gebieten und sicherte seine Unterstützung hier-

bei zu.

Die begonnene Arbeit auf dem Gebiet der Be-

triebssicherheit der Untergrundspeicher wird

weitergeführt und soll im nächsten Jahr mit der

2. Internationalen Konferenz zu diesem Thema

gekrönt werden – diesmal in Leipzig!

Christina Fenin arbeitet im

Bereich Betrieb/Technologie

bei VNG. Die Diplomingenieu-

rin ist als Leiterin für die tech-

nischen Kooperationen sowie

Forschungs- und Entwick-

lungsprojekte zuständig.

Die Autorin

Die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit zwischen

Gazprom und VNG blickt auf eine mehr als 10-jährige Ge-

schichte zurück. Erstmals werden nun auf der Moskauer Kon-

ferenz die gemeinsamen Projekte und Forschungsvorhaben

einem breiten Fachpublikum vorgestellt. Die Veranstaltung

zeigt, dass die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit

dem Wissenszuwachs beider Unternehmen zugutekommt.

Deshalb werden auch zukünftig die Innovations- und For-

schungsergebnisse in die gemeinsamen Arbeitsprozesse

der Unternehmen einfließen.

Langjährige technische Zusammenarbeit

Page 44: medium gas 2009.3

44 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

10 Gründe, die Stadt Prag zu besuchenDie tschechische Hauptstadt Prag lockt mit einer einzigartigen Atmosphäre, wunderschönen

Gebäuden, viel Charme – und ganz nebenbei auch mit einem Büro der VNG Energie Czech.

Lesen Sie, was man sich in Prag ansehen muss und wo man den Puls der Stadt am besten spürt.

2. Genau 13 große

Prager Brücken aus

verschiedenen Zeiten

kann der Besucher

überqueren, um von einem Ufer der

Moldau zum anderen zu gelangen.

Die Karlsbrücke ist die bekannteste. 4. In der Prager Innenstadt

sind mehrere kulturgeschicht-

liche Routen markiert, denen

man auch ohne Anleitung

zielgerichtet folgen kann.

Zu den beliebtesten Spazier-

gängen gehören unter anderem:

die Karlsbrücke, der Kaiser-

garten am Hradschin, der Volks-

garten sowie das Gebiet um die

Sternwarte und den Aussichts-

turm am Petřín.

1. Das historische Zentrum Prags gehört seit

1992 zum UNESCO-Welterbe. Alte Häuser im Stil der

Romanik und Gotik, zahlreiche Kirchen und roman-

tische Gassen verleihen der

Hauptstadt der Tschechischen

Republik ihren Charme.

Stadtansichten

Fotos: Dirk Brzoska

3. Die Karlsbrücke

ist außerdem eines

der Wahrzeichen

der Stadt Prag. Jahr-

hundertelang bildete

sie den einzigen

befestigten Brückenschlag über die Moldau und somit den

zentralen Handelsweg. Sie zählt zu den ältesten Steinbrücken

Europas und ist nur für Fußgänger geöffnet – ein Muss für

jeden Prag-Besucher.

5. Prag vom Fluss aus zu erleben ist ebenfalls ein einzig-

artiges Erlebnis. Die Stadt wird auch „Venedig an der Moldau“

genannt. Vom Ausflugsboot aus kann man das Panorama der

Stadt bewundern: Vorbei am Salon der Expo 58, die Prager

Burg, die Karlsbrücke, das Rudolfinum, das Nationaltheater.

Die Dampfer legen übrigens nahe der Cech-Brücke an und ab.

Von Franziska Manz, freie Journalistin

Page 45: medium gas 2009.3

PRAG

45 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

6. Die Prager Burg ist

das größte geschlossene

Burgareal der Welt und

heute die offizielle Resi-

denz des Präsidenten der

Tschechischen Republik.

Sie beherbergt gleich

mehrere touristische

Anziehungspunkte,

wie beispielsweise den

St. Veits-Dom mit der Königsgruft oder das „Goldene Gässchen“.

Dieses ist vor allem aus zwei Gründen berühmt: Hier sollen

Alchimisten am Werk gewesen sein, die künstlich Gold und den

Stein der Weisen herstellten, und im Haus Nummer 22 wohnte

Franz Kafka.

7. Prag hat im Laufe seiner Geschichte eine eigene

Kaffeehauskultur entwickelt. Das heimelige Milieu und

die freundschaftliche Atmosphäre machen die vielen

Cafés so beliebt. Das berühmteste ist das Café Slavia,

direkt gegenüber vom Nationaltheater. Bereits 1881

eröffnet, wurde es schnell zum Treffpunkt vieler Künst-

ler und Intellektueller. Von den flussseitigen Fenstern

des Cafés hat man einen hervorragenden Blick auf das

Prager Schloss. Ganz in der Nähe liegt auch das Café

Louvre – ein elegantes Jugendstilcafé, das bereits von

Kafka und Einstein besucht wurde.

8. Ein weiteres Wahrzeichen der Stadt ist der Wenzels-

platz. Mit über 700 Metern Länge gehört er zu den größten

Plätzen Europas. Immer wieder war er politischer Schau-

platz, wie zum Beispiel bei der Ausrufung der Tschechischen

Republik im Jahre

1918. Bis heute ist

der Wenzelsplatz

aufgrund seiner

schönen Atmos-

phäre durch viele

Cafés und Restau-

rants sowie Fassa-

den im Barock und

Jugendstil bis spät

in den Abend sehr

belebt.

9. Zu jeder Jahreszeit kann man

zahlreiche Konzerte besuchen, vom

großen Sinfonieorchester bis zur

Kammermusik. Täglich wird in den

Jazzlokalen der Stadt Live-Musik

geboten und dazu genießt man am

besten ein berühmtes und allseits

beliebtes tschechisches Bier – das

Nationalgetränk der Einwohner.

Seit 1082 wird in Prag Bier gebraut

und normalerweise aus Halbliter-

gläsern getrunken. Nur wenn Sie

besonders auffallen wollen, verlan-

gen Sie ein malé pivo – ein kleines

0,3-l-Bier.

10. Zu guter Letzt sollte auch ein Besuch auf dem Žižkover

Fernsehturm nicht fehlen. Von hier aus hat man die Stadt ganz

im Blick und außerdem ist dies wohl der einzige Ort in Prag, von

dem man das Ungetüm selbst nicht sehen kann.

Tipp:

Prag lässt sich am besten in bequemen

flachen Schuhen erkunden. Da 90 % des

Bodens in der Innenstadt mit Kopfsteinpflas-

ter ausgelegt ist, sind in Absatzschuhen

schmerzende Füße vorprogrammiert.

Foto

: C

hri

stia

n S

chn

eid

er

„Svijany“, eine der

ältesten Brauereien in

Tschechien, wird von

der VNG-Gruppe mit

Erdgas beliefert

Page 46: medium gas 2009.3

46 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Olympiastützpunkte im sportlichen Wettstreit

4. Erdgas-Challenge-Day in LeipzigVor fünf Jahren wurde das „Verbundnetz für den

Sport“, aus dem mittlerweile mit Yvonne Bönisch

(Judo), Michael Rösch (Biathlon), Fanny Fischer

(Kanu) und Britta Steffen (Schwimmen) schon vier

Olympiasieger hervorgegangen sind, gegründet.

Insgesamt werden in diesem Projekt zurzeit 89

junge Sportler aus den acht ostdeutschen Olym-

piastützpunkten gefördert.

In Markkleeberg bei Leipzig trafen sich die Sportle-

rinnen und Sportler mit ihren Projekt-Paten Kerstin

Förster, Hartwig Gauder, Uwe-Jens Mey, Sven Ottke,

Frank-Peter Roetsch und Jens Weißflog auf Initiative

des Olympiastützpunktes Leipzig und unterstützt

durch die MITGAS zum „4. Erdgas-Challenge-Day“.

Am Strand des Markkleeberger Sees traten die

Teams aller acht ostdeutschen Olympiastützpunkte

in sportlichen Wettkämpfen, unter anderem im

Kanu-Polo, Wasser-Radfahren und Schlittenziehen

gegeneinander an. Die zweite Wettkampfserie

fand auf der Wildwasserstrecke des Kanuparks

Markkleeberg statt. Abschließender Höhepunkt

war traditionell das Fußballspiel, bei dem sich

die „Verbundnetz-Kicker“ mit Kapitän Sven Ottke

knapp mit 2:4 den „Leipziger Ratsherren“ ge-

schlagen geben mussten. Den Gesamtsieg fuhr

der Gastgeber-OSP Leipzig ein.

Weitere Informationen: www.verbundnetz-fuer-den-sport.de

Page 47: medium gas 2009.3

47 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Die Ausstellung kann vom 4. Oktober 2009 bis 10. Januar

2010 im Museum der Bildenden Künste besucht werden.

Weitere Informationen zu den Öffnungszeiten erhalten

Sie im Internet unter www.mdbk.de

Ausstellung

Leipziger Kunst seit 1949

„EAST – Zu Protokoll“ ist seit 3. Oktober im Museum der Bildenden Künste in Leipzig zu sehen.

60/40/20 – 60 Jahre Kunst in Leipzig: Unter die-

sem Motto startete am 4. Oktober im Museum

der Bildenden Künste in Leipzig eine Ausstellung.

Der Arbeitstitel gibt für die Ausstellung ein zeit-

politisches Raster vor: 60 Jahre Leipziger Kunst

(1949–2009), davon 40 Jahre Kunstentwicklung

in der DDR (1949–1989) und 20 Jahre Kunst-

entwicklung im wiedervereinigten Deutschland

(1989–2009). Ein vielfältiges Bild des in den letzten

60 Jahren in Leipzig entstandenen künstlerischen

Schaffens wird in einer bis dahin nicht gezeigten

Breite vorgestellt.

Die Ausstellung zeigt pointiert die Konflikte

der 50er Jahre im Rahmen der „Formalismus-

debatte“, sie dokumentiert in Kontinuität über

sechs Jahrzehnte den Dialog zwischen Literatur

und Bildender Kunst in Leipzig. Unter dem Titel

„Genealogie“ zeigt die Ausstellung auch die

Lehrer-Schüler-Beziehung an der Hochschule für

Grafik und Buchkunst. Die „Aktion Fotografie“ der

50er Jahre wird als Keimzelle subjektiver Fotografie

in Leipzig vorgestellt. Der Künstler Jörg Herold wid-

met sich der Geschichte der Galerie Eigen+Art.

Außerdem wird die documenta-Präsenz der Leip-

ziger Maler 1977 in Kassel und ebenso die Ins-

tallation „Segel der Zeit“ in Altenburg (1985) von

Künstlern aus dem Umfeld des „Leipziger Herbst-

salons“ dargestellt. Ein weiteres Kapitel widmet

sich der Leipziger Stadtlandschaft, die viele Leip-

ziger Maler dokumentarisch aber auch sentimental

verklärend ins Bild gesetzt haben.

Im Rahmen der Ausstellung 60/40/20 zeigt VNG

ab dem 3. Oktober 2009 als Gast im Museum der

Bildenden Künste in Leipzig ihre neue Fotosamm-

lung „EAST – Zu Protokoll“ zu den Ereignissen

der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 aus

unterschiedlichen biografischen Perspektiven.

Im jüngsten Fotoprojekt, EAST (zu Protokoll),

werden eindrucksvolle Momentaufnahmen zum

Herbst ’89, kombiniert mit der dazugehörigen

Geschichte, vorgestellt. Der Fotograf ermöglicht

dem Betrachter einen Blick auf seinen persön-

lichen Herbst ’89.

Das Fotoarchiv von VNG ist ein historisches Zeugnis

des gesellschaftlichen Wandels der ehemaligen

DDR zwischen 1992 und 2000. Die neu erworbenen

fotografischen Werke für „EAST – Zu Protokoll“

zeigen einen scheinbar unberührten Alltag ab-

seits der politischen Bühnen der Zeit zwischen

August 1989 und Januar 1990. 75 Fotografinnen

und Fotografen wurden um ein persönliches Bild

aus diesem historisch bedeutsamen Zeitraum in

Deutschland gebeten. Die meisten der 220 Foto-

grafien sind unbewusst entstanden. Erst mit dem

Blick in die Vergangenheit wurden sie aus ihren

Archiven als ein Zeugnis dieser Zeit ausgewählt.

Die Fotografen haben dazu ihre Erinnerungen

aufgeschrieben oder Textdokumente aus der Ent-

stehungszeit zur Verfügung gestellt. In einem

Begleitdokument zur Fotosammlung „EAST – Zu

Protokoll“ sind diese für den Besucher chronolo-

gisch zusammengetragen.

Foto

: Fr

an

k-H

ein

rich

lle

r

Page 48: medium gas 2009.3

48 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Kunst & Kultur

Edvard Grieg – ist der berühmteste Komponist Norwegens ein halber Leipziger?

Von Prof. Dr. Patrick Dinslage

Als Edvard Grieg als Fünfzehnjähriger Anfang

Oktober 1858 in Leipzig eintraf, konnte er nicht

ahnen, welche Bedeutung diese Stadt einmal für

ihn erlangen sollte. Leipzig war auf dem Wege,

eine europäische Metropole der Musik zu werden,

gleichberechtigt mit Wien und Paris. Leipzigs Ruf

als Musikstadt ruhte auf drei Säulen: Die Erste war

das 1743 gegründete Leipziger

Gewandhausorchester (seit 1781

unter diesem Namen), das eines

der besten Orchester unter der

Leitung von namhaften Dirigenten

in Deutschland war. Als zweite

Säule ist die Tradition der Bach-

Pflege in Leipzig zu nennen. In

diesem Zusammenhang mit der

Bewahrung des Erbes von Johann

Sebastian Bach wie auch bei der

dritten Säule ist der Name Felix

Mendelssohn Bartholdy eng mit

der musikalischen Entwicklung in

Leipzig verknüpft. Mendelssohn

wurde Gründungsrektor der ers-

ten professionellen Musikausbildungsstätte in

Deutschland, des 1843 in Leipzig gegründeten

Konservatoriums der Musik. Dieser Institution

gelang es sehr schnell, einen weit über die Lan-

desgrenzen Sachsens und den deutschsprachigen

Raum hinausreichenden Ruf als führende Ausbil-

dungsstätte für eine professionelle Musikerkar-

riere zu erlangen. Da auch Edvard Griegs Mutter

Gesine Hagerup in Hamburg eine Musikausbildung

erhalten hatte, war es gar nicht so verwunderlich,

dass auch ihr begabter Sohn Edvard zur weiteren

Förderung nach Deutschland geschickt wurde.

Die Edvard-Grieg-Forschungsstelle wurde

1995 an der Westfälischen Wilhelms-Universi-

tät Münster gegründet. Ihr erster Leiter war der

Musikwissenschaftler Professor Dr. Ekkehard

Kreft. Als dieser 2004 in den Ruhestand trat,

wurde Krefts Stelle nicht wiederbesetzt. Die

Zukunft der Edvard-Grieg-Forschungsstelle

war ungewiss und gefährdet. Mit großer Un-

terstützung des im Juli 2005 verstorbenen

Präsidenten der Universität der Künste Berlin,

Professor Lothar Romain, setzte sich Pro-

fessor Dr. Patrick Dinslage dafür ein, dass

die Edvard-Grieg-Forschungsstelle von der

Universität Münster an die Universität der

Künste Berlin verlegt wurde.

Edvard-Grieg-Forschungsstelle an der UdK Berlin

Das Porträt von Edvard Grieg stammt ungefähr aus der Zeit, in der die legendäre Begegnung

zwischen ihm, Brahms und Tschaikowsky in Leipzig stattfand.

Page 49: medium gas 2009.3

49 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Vier Jahre studierte Edvard Grieg die Fächer Klavier

und Komposition am Leipziger Konservatorium.

Sein Abschlussexamen im Saal des Gewandhauses

im April 1862 bestritt er unter anderem mit eigenen

Kompositionen. Diese waren ihm so gut gelungen,

dass sie von dem in Leipzig ansässigen Musik-

verlag Peters ein Jahr später als Griegs Opus 1

gedruckt und herausgegeben wurden.

Während seines ganzen Lebens kam Grieg immer

wieder nach Leipzig. Griegs Naturell ließ ihn immer

Sehnsucht nach den Orten empfinden, an denen

er gerade nicht war. So fühlte er sich in Norwe-

gen – sei es in der Hauptstadt Christiania (seit

1925 Oslo) oder in seiner Heimatstadt Bergen –

oft abgekoppelt vom Strom der musikalischen

Entwicklung in Mitteleuropa. Und es war Leipzig,

wo alle diese Entwicklungsfäden zusammenlie-

fen. Hier traf er sich mit Freunden und Kollegen,

machte wichtige Bekanntschaften und erlebte

große musikalische Erfolge bei den Aufführungen

seiner Werke, die dann aber sehr häufig von der

Konzertkritik vernichtend vorgestellt wurden.

Der in Leipzig als Chefkritiker für die Zeitschrift

„Signale für die musikalische Welt“ schreibende

Rezensent Eduard Bernsdorf hatte sich geradezu

darauf eingeschossen, Griegs Musik in seinen

Artikeln zu verreißen.

Ein schönes Beispiel für das gesellschaftliche

Leben großer Musiker in Leipzig soll der Silves-

terabend 1887 sein. Zu Weihnachten waren noch

die sich in Leipzig aufhaltenden norwegischen

Komponisten Edvard Grieg, Christian Sinding

und Johan Halvorsen fast unter sich, nur der eng-

lische Komponist Frederik Delius war auch bei der

Feier, zu der der Leiter des Musikverlags Peters,

Dr. Max Abraham, dem Ehepaar Grieg eine ganze

Kiste Likör hatte zukommen lassen. Nach Halvorsens

Erzählung trug der nach seinen Worten der Stimmung

sehr förderliche Likör den Namen „Magenbehagen“.

Eine Woche später trafen sich auf einer – heute wür-

de man sagen „Silvesterparty“ – drei große europä-

ische Komponisten im Hause des russischen Geigers

Adolf Brodsky. Peter Tschaikowsky war nach Leipzig

gekommen, um das Gewandhausorchester zu diri-

gieren. Auf dem Programm stand Tschaikowskys

erste Orchestersuite in d-Moll op. 43. Brahms hatte

die Aufführung seines neuen c-Moll-Klaviertrios

op. 101 am folgenden Neujahrstag vor sich. Und das

Ehepaar Grieg war schon – wie des Öfteren auf der

Flucht vor den norwegischen Wetterverhältnissen

während des Winters – seit einigen Wochen in Leip-

zig. Grieg hatte am 10. Dezember mit Brodsky seine

3. Violinsonate in c-Moll op. 45 im Gewandhaus

uraufgeführt. Dieses Silvesterfest brachte eine

spontane und innige Freundschaft zwischen Grieg

und Tschaikowsky mit sich; eine freundschaftliche

Beziehung Griegs zu Brahms entstand erst einige

Jahre später in Wien, kurz vor Brahms’ Tod.

Tschaikowsky erzählt in seinen „Musikalischen

Erinnerungen“ über seine erste Begegnung mit

Grieg im Hause seines Landsmanns Brodsky am

Silvesterabend 1887. Er berichtet dort: „Während

Auszug aus den Elegischen

Melodien, Opus 34, Hjertesår

(Herzwunden)

Quelle: Edition Peters

Page 50: medium gas 2009.3

50 Aktuell | Markt | Schwerpunkt | Umschau | Feature

24 2523 2615 16 172 3 21129 10 11 18 19 204 5 6 7 81 13 14 22

Fortsetzung von Seite 49

Edvard Grieg – ist der berühmteste Komponist Norwegens ein halber Leipziger?

der Probe des neuen Trios von Brahms, bei welcher

ich mir in Betreff der Tempi einige Bemerkungen

erlaubte, die vom Komponisten sehr gütig auf-

genommen wurden, trat ein Herr von sehr kleinem

Wuchs, von schwächlichem Aussehen, mit Schul-

tern von ungleicher Höhe, hochwallenden blonden

Locken und spärlichem, beinahe jünglingshaftem

Bartwuchs ins Zimmer. Die Gesichtszüge dieses

Mannes, dessen Äußeres aus irgendwelchem

Grunde bei mir sofort Sympathie erweckte, hatten

nichts Besonderes, man konnte sie weder hübsch

noch regelmäßig nennen, aber ungewöhnlich

anziehend. Mittelgroße blaue Augen, die an den

Blick eines unschuldigen Kindes erinnerten, nah-

men sofort den Beschauer gefangen. Ich war nicht

wenig erfreut, als es sich bei der gegenseitigen

Vorstellung erwies, dass der Besitzer dieser mir

so sympathischen Augen und der Träger dieses

mir so sympathischen Kopfes ein Musiker war,

dessen tief empfundene Melodien schon lange

Foto

s: D

irk

Brz

osk

a

Anlässlich des Jahrestages des Hitler-Attentats am 20. Juli

1944 fand in der Nikolaikirche in Leipzig ein Konzert für von

den Nationalsozialisten Verfolgte statt. Kooperationspartner

waren VNG und die Internationale Edvard-Grieg-Gesellschaft.

Auf dem Programm standen Werke von Edvard Grieg wie die

„Zwei Elegischen Melodien“ für Streichorchester sowie ein

Requiem des norwegischen Komponisten Ståle Kleiberg.

Aufgeführt wurden die Werke vom Residenz Orchester Berlin

unter Leitung von Jon Bara Johansen und dem Ernst Senff Chor.

Das Residenz Orchester Berlin wurde im Jahr 2004 von Jon Bara

Johansen gegründet. Das Kammerorchester führte bereits

zahlreiche Werke von der Klassik bis hin zur zeitgenössischen

Musik auf. Der Ernst-Senff-Chor ist ein semiprofessionelles

Ensemble, das mit namhaften Orchestern und Dirigenten

arbeitet. Seit mehr als 40 Jahren wird der Chor regelmäßig zu

Konzerten in Berlin, ganz Deutschland sowie internationalen

Festivals eingeladen.

www.jon-bara.com

www.ernst-senff-chor.de

Gedenkkonzert für die Opfer der „Gruppe 20. Juli 1944“

Page 51: medium gas 2009.3

51 medium gas | 2009.3

4036 3735 38 39 41 42 43 44 45 47 4846 50 514927 28 3029 5234333231

Prof. Dr. Patrick Dinslage ist Dekan der

Fakultät Musik und Vizepräsident der Uni-

versität der Künste Berlin (UDK). Der promo-

vierte Musikwissenschaftler und Professor

für Musiktheorie leitet die Edvard-Grieg-

Forschungsstelle. Dinslage hat seit vielen

Jahren seinen Forschungsschwerpunkt in

der Musik Nordeuropas und speziell in der

Musik Edvard Griegs. 1998 hielt er sich auf

Einladung der Norwegischen Akademie der

Wissenschaften zu einem halbjährigen For-

schungsaufenthalt in Oslo auf. Er arbeitete

während dieser Zeit in einer internationalen

Forschungsgruppe zum Thema „Edvard

Grieg in National and International Cul-

ture“. 2004 wurde er zum Vizepräsidenten,

2007 zum Präsidenten der Internationalen

Edvard-Grieg-Gesellschaft gewählt.

Der Autor

mein Herz gewonnen hatten. Es war Edvard Grieg,

der ausgezeichnete norwegische Komponist, der

sich schon seit fünfzehn Jahren bedeutender Popu-

larität sowohl in Russland wie im skandinavischen

Norden erfreute.“

Seit nunmehr fast vier Jahren befindet sich im

ehemaligen Gebäude des Musikverlags Peters die

Edvard-Grieg-Gedenk- und Begegnungsstätte. Mit

diesem seinem Hausverlag hatte Grieg gut ein Jahr

nach jenem denkwürdigen Silvesterabend einen

Generalvertrag abschließen können, der einerseits

dem Verlag das alleinige Recht an Griegs Werken

und andererseits Grieg und später auch seiner

Frau Nina eine gute finanzielle Lebensgrundlage

sicherte. Die Einrichtung der Gedenkstätte in die-

sem für Grieg über fast fünfzig Jahre so wichtigen

Gebäude und die Integration der Gedenkstätte

in das neue Kulturprojekt „Leipziger Notenspur“

zeigen, dass die Stadt Leipzig sich „ihres“ großen

norwegischen Komponisten bewusst geworden

ist. Das kürzlich in der Leipziger Nikolaikirche

stattgefundene Gedenkkonzert für die „Gruppe

20. Juli 1944“ mit einem Requiem des zeitge-

nössischen norwegischen Komponisten Ståle

Kleiberg und zwei besonderen Kompositionen

von Edvard Grieg – darunter sein letztes Werk

aus dem Jahre 1906, die vier Psalmen op. 74 –

belegt einmal mehr, wie sehr Grieg als eben „hal-

ber Leipziger“ im Bewusstsein der Leipziger Bürger

weiterlebt.

Page 52: medium gas 2009.3

medium gas | 18. Jahrgang | 3. Ausgabe | Oktober 2009

Die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. wird 150 Jahre alt!

Wir gratulieren dem DVGW herzlich zu seinem 150-jährigen Bestehen und freuen uns auch weiterhin

auf eine gute partnerschaftliche Zusammenarbeit.

VNG ist seit 1990 Mitglied im DVGW und unterstützt

durch persönliche Mitarbeit die einzelnen technischen

Komitees des Vereins.

Bereits seit der Gründung von VNG bestand eine

Mitgliedschaft in der damaligen Kammer der Technik,

welche nach der Wende im DVGW anerkannt wurde.

Fotos: Christian Schneider, Christoph Busse