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Ureaseaktivität bei Streptomyceten B . NITSCH u n d H. J. KUTZNER Institut für Mikrobiologie, Technische Hochschule Darmstadt (Z. Naturforsch. 23 b, 565 [1968]; eingegangen am 7. Dezember 1967) Die Fähigkeit zur Spaltung von Harnstoff durch das Enzym Urease ist bei Mikroorganismen weit verbreitet und wird in einigen Fällen auch als taxonomisches Merkmal verwendet, z. B. zur Abgrenzung der Gattung Proteus von anderen Enterobakterien, innerhalb der Gattung Bacillus sowie auch in der Gattung Sarcina 1 . Mehrere Autoren untersuchten die Verwertbarkeit von Harnstoff als N-Quelle für das "Wachstum von Strepto- myceten 2-5 . Während in diesen Fällen Harnstoff in Konzentrationen von etwa 0,05 bis maximal 2 g// ver- wendet und die Verwertbarkeit an Hand der Wachs- tumsstärke beurteilt wird, beträgt die Harnstoffkonzen- tration bei Tests auf Urease bei den verschiedenen Bakterien 20 g/Liter. Eine Urease-Aktivität wird durch Erhöhung der Reaktion von pH 6,8 auf > 8 innerhalb von wenigen Stdn. bis wenigen Tagen erkannt (Um- schlag von Phenolrot von gelb nach rot). Ein derarti- ger Test wurde bei Streptomyceten bisher nur von A FANASIEV 6 durchgeführt (5 g Harnstoff//). Diese Be- obachtungen scheinen jedoch in Vergessenheit geraten zu sein, und in keiner der zahlreichen taxonomischen Untersuchungen über Streptomyceten der letzten 20 Jahre wurde dieser Test verwendet. Lediglich M ARIAT 7 untersuchte zahlreiche aerobe, pathogene Actinomyce- ten auf Urease-Aktivität, und HOPWOOD 8 verwendete Ureasebildung als genetischen „marker" bei S. viola- ceoruber. Wir prüften bisher etwa 250 Streptomyces-Stämme (davon etwa 100 mit Artnamen versehene Kulturen aus verschiedenen Sammlungen) auf Urease-Aktivität, wobei wir im wesentlichen das von C HRISTENSEN 9 ent- wickelte Medium verwendeten. In zahlreichen Versu- chen wurden jedoch auch Modifikationen dieses Me- diums vorgenommen: (a) Zusammensetzung des Basal- 1 R. S. BREED, E. G. O. MURRAY U. N. R. SMITH, Bergey's Manual of Determinative Bacteriology. 7. Aufl. The Wil- liams and Wilkins Co., Baltimore 1957. 2 S. A. WAKSMAN, J. Bacteriol. 5,1 [1920]. 3 C. STAPP U. G. SPICHER, Zbl. Bakteriol., II. Abt. 108, 19 [1954]. 4 P . R . BURKHOLDER, S . H . S UN, J. EHRLICH U. L . ANDERSON, Ann. N. Y. Acad. Sei. 60, 102 [1954]. mediums (Ersatz des Peptons durch NH 4 C1 oder Harn- stoff als alleinige N-Quelle), (b) Pufferkapazität (n/10, n/20- und n/45-Phosphatpuffer), (c) Anfangs-pH (6,4 und 6,8), (d) Indikator (Thymolblau oder Phenol- phthalein an Stelle des Phenolrot), (e) Konsistenz (Agar-Schrägröhrchen — halbfestes Medium mit 0,3% Agar in kleinen Reagenzröhrchen, Impfmaterial in die oberen 2 mm eingebracht). Am besten bewährte sich bisher das C h r i s t e n s e n sehe Medium mit n\45- Phosphatpuffer von pH 6,8, halbfest. Die bisherigen Ergebnisse, deren ausführliche Veröffentlichung in Zbl. Bakt. II. Abt. vorgesehen ist, lassen sich wie folgt zu- sammenfassen: (a) Es gibt sehr aktive Harnstoffspalter, die inner- halb von 12 bis 24 Stdn. einen intensiven Farbumschlag des Indikators hervorrufen (z. B. S. griseus — Strepto- mycinbildner, S. violaceoruber). Infolge der schnell er- höhten Reaktion — NH a -Geruch ist wahrnehmbar — kommen diese Kulturen über ein geringes Anfangs- wachstum nicht hinaus. Bei dieser Gruppe von Stäm- men kommt es bei Schrägagarkulturen nach 2 bis 3 Tagen zur Bildung von Kristallen, die auch früher 8 beobachtet und als Magnesiumammoniumphosphat identifiziert worden waren, (b) Eine zweite Gruppe von Stämmen zeigt eine langsame, nach 2 bis 3 Tagen ein- setzende und meist auch nicht so intensive Harnstoff- spaltung: die hohe Schicht des halbfesten Mediums ist nur 1 bis 2 cm tief rot gefärbt; auf Schrägagar tritt keine oder nur eine spärliche Kristallbildung auf (z. B. S. griseus — Griseinbildner, S. venezuelae, S. lavendu- lae). (c) Mehrere Streptomyceten verursachen auch nach 4 bis 5 Tagen keinen Farbumschlag oder nur Spu- ren einer Rotfärbung; offenbar vermögen sie nicht Harnstoff zu spalten (z.B. S. fradiae, S. aureofaciens). Wenn es sich bei diesem Test auch nicht um eine „Alles-oder-Nichts-Reaktion" handelt und über die Variation der Harnstoffspaltung innerhalb einer Art noch keine endgültige Aussage gemacht werden kann, so stellt diese Eigenschaft doch eine Bereicherung des Bestandes an physiologischen Merkmalen für die Cha- rakterisierung von Streptomyceten dar. 5 R. SHINOBU, Mem. Osaka Univ. Liberal Arts and Educ., B. Natural Sei. Nr. 7, 1 [1958], 6 M. M. AFANASIEV, Nebraska agric. Exp. Station Res. Bull. 92, 1 [1937]. 7 F . MARIAT, Ann. Inst. Pasteur 1 0 5 , 7 9 5 [1963]. 8 D. A. HOPWOOD, Microbiol gen. Bull. 20, 7 [1964]. 9 W. B. CHRISTENSEN, J. Bacteriol. 52, 461 [1946]. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

mediums (Ersatz des Peptons durch NH C1 oder Harn- stoff

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Page 1: mediums (Ersatz des Peptons durch NH C1 oder Harn- stoff

Ureaseaktivität bei Streptomyceten

B . NITSCH u n d H . J . K U T Z N E R

Institut für Mikrobiologie, Technische Hochschule Darmstadt

(Z. Naturforsch. 23 b, 565 [1968] ; e ingegangen am 7. Dezember 1967)

Die Fähigkeit zur Spaltung von Harnstoff durch das Enzym Urease ist bei Mikroorganismen weit verbreitet und wird in einigen Fällen auch als taxonomisches Merkmal verwendet, z. B. zur Abgrenzung der Gattung Proteus von anderen Enterobakterien, innerhalb der Gattung Bacillus sowie auch in der Gattung Sarcina 1. Mehrere Autoren untersuchten die Verwertbarkeit von Harnstoff als N-Quelle für das "Wachstum von Strepto-myceten 2 - 5 . Während in diesen Fällen Harnstoff in Konzentrationen von etwa 0,05 bis maximal 2 g// ver-wendet und die Verwertbarkeit an Hand der Wachs-tumsstärke beurteilt wird, beträgt die Harnstoffkonzen-tration bei Tests auf Urease bei den verschiedenen Bakterien 20 g/Liter. Eine Urease-Aktivität wird durch Erhöhung der Reaktion von pH 6,8 auf > 8 innerhalb von wenigen Stdn. bis wenigen Tagen erkannt (Um-schlag von Phenolrot von gelb nach rot). Ein derarti-ger Test wurde bei Streptomyceten bisher nur von A F A N A S I E V

6 durchgeführt (5 g Harnstoff//). Diese Be-obachtungen scheinen jedoch in Vergessenheit geraten zu sein, und in keiner der zahlreichen taxonomischen Untersuchungen über Streptomyceten der letzten 20 Jahre wurde dieser Test verwendet. Lediglich M A R I A T 7

untersuchte zahlreiche aerobe, pathogene Actinomyce-ten auf Urease-Aktivität, und HOPWOOD

8 verwendete Ureasebildung als genetischen „marker" bei S. viola-ceoruber.

Wir prüften bisher etwa 250 Streptomyces-Stämme (davon etwa 100 mit Artnamen versehene Kulturen aus verschiedenen Sammlungen) auf Urease-Aktivität, wobei wir im wesentlichen das von C H R I S T E N S E N

9 ent-wickelte Medium verwendeten. In zahlreichen Versu-chen wurden jedoch auch Modifikationen dieses Me-diums vorgenommen: (a) Zusammensetzung des Basal-

1 R. S. BREED, E. G. O. MURRAY U. N. R. SMITH, Bergey's Manual of Determinative Bacteriology. 7. Aufl. The Wil-liams and Wilkins Co., Baltimore 1957.

2 S. A. WAKSMAN, J. Bacteriol. 5 , 1 [1920]. 3 C . STAPP U . G . SPICHER, Zbl. Bakteriol., II. Abt. 1 0 8 , 1 9

[ 1 9 5 4 ] . 4 P . R . BURKHOLDER, S . H . SUN, J . EHRLICH U . L . ANDERSON,

Ann. N. Y. Acad. Sei. 60, 102 [1954].

mediums (Ersatz des Peptons durch NH4C1 oder Harn-stoff als alleinige N-Quelle), (b) Pufferkapazität (n/10, n /20- und n/45-Phosphatpuffer), (c) Anfangs-pH (6,4 und 6,8), (d) Indikator (Thymolblau oder Phenol-phthalein an Stelle des Phenolrot), (e) Konsistenz (Agar-Schrägröhrchen — halbfestes Medium mit 0,3% Agar in kleinen Reagenzröhrchen, Impfmaterial in die oberen 2 mm eingebracht). Am besten bewährte sich bisher das C h r i s t e n s e n sehe Medium mit n\45-Phosphatpuffer von pH 6,8, halbfest. Die bisherigen Ergebnisse, deren ausführliche Veröffentlichung in Zbl. Bakt. II. Abt. vorgesehen ist, lassen sich wie folgt zu-sammenfassen:

(a) Es gibt sehr aktive Harnstoffspalter, die inner-halb von 12 bis 24 Stdn. einen intensiven Farbumschlag des Indikators hervorrufen (z. B. S. griseus — Strepto-mycinbildner, S. violaceoruber). Infolge der schnell er-höhten Reaktion — NHa-Geruch ist wahrnehmbar — kommen diese Kulturen über ein geringes Anfangs-wachstum nicht hinaus. Bei dieser Gruppe von Stäm-men kommt es bei Schrägagarkulturen nach 2 bis 3 Tagen zur Bildung von Kristallen, die auch früher8

beobachtet und als Magnesiumammoniumphosphat identifiziert worden waren, (b) Eine zweite Gruppe von Stämmen zeigt eine langsame, nach 2 bis 3 Tagen ein-setzende und meist auch nicht so intensive Harnstoff-spaltung: die hohe Schicht des halbfesten Mediums ist nur 1 bis 2 cm tief rot gefärbt; auf Schrägagar tritt keine oder nur eine spärliche Kristallbildung auf (z. B. S. griseus — Griseinbildner, S. venezuelae, S. lavendu-lae). (c) Mehrere Streptomyceten verursachen auch nach 4 bis 5 Tagen keinen Farbumschlag oder nur Spu-ren einer Rotfärbung; offenbar vermögen sie nicht Harnstoff zu spalten (z.B. S. fradiae, S. aureofaciens).

Wenn es sich bei diesem Test auch nicht um eine „Alles-oder-Nichts-Reaktion" handelt und über die Variation der Harnstoffspaltung innerhalb einer Art noch keine endgültige Aussage gemacht werden kann, so stellt diese Eigenschaft doch eine Bereicherung des Bestandes an physiologischen Merkmalen für die Cha-rakterisierung von Streptomyceten dar.

5 R. SHINOBU, Mem. Osaka Univ. Liberal Arts and Educ., B. Natural Sei. Nr. 7, 1 [1958],

6 M. M. AFANASIEV, Nebraska agric. Exp. Station Res. Bull. 9 2 , 1 [ 1 9 3 7 ] .

7 F . MARIAT, Ann. Inst. Pasteur 1 0 5 , 7 9 5 [ 1 9 6 3 ] . 8 D . A. HOPWOOD, Microbiol gen. Bull. 2 0 , 7 [ 1 9 6 4 ] . 9 W . B. CHRISTENSEN, J . Bacteriol. 5 2 , 461 [1946].

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License.

On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 DeutschlandLizenz.

Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.