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Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät 1902 - 2002 100 Jahre agrartechnische Lehre und Forschung in den Berliner Agrarwissenschaften 1 Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999

Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

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Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

1902 - 2002

100 Jahre agrartechnische Lehre und Forschung

in den

Berliner Agrarwissenschaften

1

Mein Vater Gustav Fischer

Waltraut Fischer

Berlin 1999

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Herausgeber:

Humboldt-Universität zu Berlin

Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

Fachgebiet Technik in der Pflanzenproduktion

Fachgebietsleiter Prof. Dr. Jürgen Hahn, VDI

Philippstraße 13

D-10115 Berlin

Tel. 030 / 2093 6400

E-Mail: [email protected]

Redaktion:

Prof. Dr. agr. habil. Manfred Müller, VDI

Typografische Gestaltung:

Gerda Chemnitz

Christine Braune

1999 Humboldt-Universität zu Berlin

Als Manuskript vervielfältigt

Nachdruck, auch auszugsweise Wiedergabe und Übersetzung nur mit Zustimmung des Herausgebers

Online-Fassung der Schrift (2014)

mit geringfügigen Korrekturen und Aktualisierungen

Redaktion:

Prof. Dr. rer. agr. habil. Annette Prochnow, Bornim/Berlin

Prof. i.R. Dr. Jürgen Hahn, VDI

Layout:

Christine Braune

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1902 - 2002

100 Jahre agrartechnische Lehre und Forschung in den

Berliner Agrarwissenschaften

Schrift-

Nr. Titel

Erscheinungs-

jahr

1 Mein Vater Gustav Fischer 1999

2 Gustav Fischer und das Institut für landwirtschaftliche Maschinenkunde 2002

3 Carl Heinrich Dencker und das Landmaschinen-Institut 1932 - 1945 2005

4 Heinrich Heyde und das Landmaschinen-Institut 1947 - 1968 2002

5 Die landtechnische Lehre und Forschung an der Technischen Hochschule

Berlin 1919 - 1999 2001

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf 1

Gustav Fischer

Die Eltern 1

Kindheitserinnerungen 3

Schule und Studium 4

Auf dem Weg zur Landtechnik 6

Als Hochschullehrer 7

Meine Frau 8

Erinnerungen an meinen Vater

Waltraut Fischer

Verständnisvolle Autorität 9

Technik in der Familie 11

Die Bekennende Kirche 12

Deutsche Akademische Gemeinschaft 14

Freundschaft und Geselligkeit 16

Der Hochschullehrer 20

Als Emeritus 22

In der Buggestraße 25

Nachruf für Geheimrat Gustav Fischer

Helmut Meyer 28

Zum 100. Geburtstag von Prof. Dr. Gustav Fischer

Heinrich Heyde 33

Würdigungen 34

Daten zur Lebensgeschichte von Gustav Fischer

Waltraut Fischer und Manfred Müller 36

Der Nachlass von Gustav Fischer

Waltraut Fischer 40

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Vorwort

100 Jahre Agrartechnik in der Berliner agrarwissenschaftlichen Lehre und Forschung, das ist zunächst

einmal ein wissenschaftliches Thema. Mein Vater Gustav Fischer hat ab 1902 als Dozent, später als or-

dentlicher Professor bis 1932 und nach dem Krieg bis 1948 wesentlich zu ihrer Entwicklung beigetragen.

Darüber wird von kompetenter Seite berichtet; denn wer über 100 Jahre Agrartechnik - in der Wirkungs-

zeit meines Vaters Landmaschinenkunde und Landtechnik - nachdenkt und etwas lesen will, interessiert

sich vor allem für die Wissenschaftler und ihre Ergebnisse. Die Persönlichkeiten werden meistens nur

sehr kurz beschrieben. Daher habe ich das Angebot, mit einem Beitrag über unsere Familie an dem Vor-

haben mitzuwirken, dankbar angenommen.

Gustav Fischer in seinem Elternhaus, in seiner Familie - das soll im Mittelpunkt des Beitrages stehen.

Was konnte seine Familie zu seinem anerkennenswerten Lebenswerk beitragen? Die Beantwortung dieser

Frage gibt mir eine schöne Gelegenheit, unsere Familiengeschichte noch einmal in Erinnerung zu rufen,

gedanklich zu ordnen und auch für mich selbst aufzuarbeiten.

Ich hatte eine von meinem Vater geprägte, unbeschwerte Kindheit, erinnere mich gern daran und an viele

erzählenswerte Begebenheiten. Bei der Fertigstellung seiner Landmaschinenkunde ordnete ich 1928 die

Stichwortzettel. An vielen Feierlichkeiten der Hochschule und des Instituts konnte ich teilnehmen. Es ist

ein beglückendes Gefühl, über meinen Vater und unsere Familie schreiben zu können.

Zwei Schriftstücke sind uns besonders wertvoll:

Die Rede von Prof. Helmut Meyer auf der Gedenkveranstaltung in Würzburg 1963 hat uns tief bewegt.

Helmut Meyer war langjähriger Mitarbeiter meines Vaters. Familie Meyer wohnte viele Jahre in unserer

Nachbarschaft und es bestanden freundschaftliche Bindungen.

Prof. Heinrich Heyde, zuerst sein Schüler, dann sein Nachfolger, erinnerte in einem Brief an meine Mut-

ter anlässlich des 100. Geburtstages meines Vaters an ihn in Dankbarkeit und Verehrung.

Wer sich der Persönlichkeit Gustav Fischer zuwendet, der möchte auch etwas über sein Elternhaus, seine

Kindheit, die Schule und die Menschen erfahren, die ihm in seiner Jugend wichtig waren und ihn form-

ten. In seinen Familienerinnerungen hat er darüber berichtet. Damit soll die Schrift beginnen. Möge sie

ein willkommener Beitrag zum Agrartechnik-Jubiläum im Jahre 2002 werden.

Berlin-Steglitz, im September 1999

Waltraut Fischer

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Gustav Fischer

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Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1

Gustav Fischer

Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes aus den Familienerinnerungen von Gustav Fischer ste-

hen seine Lebensjahre von 1870 bis zu seiner Eheschließung 1905. Sie geben auch einen Einblick in seine

Entscheidungen zum Studium und zur Berufswahl bis zur Berufung als Dozent für landwirtschaftliches

Maschinenwesen an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin 1902.

Die Eltern

Mein Vater Otto Fischer wurde 1828 geboren und lebte etwa bis zu seinem 30. Lebensjahr in seiner Hei-

matstadt Pyritz. Nach einer kaufmännischen Lehre wurde er mit einem Ladengeschäft selbstständig, das

gut gedieh. Aber auf die Dauer fand er in der Kleinstadt nicht genug Gelegenheit für seinen Unterneh-

mungsgeist. Er zog aber nicht, wie viele Pyritzer, in die Provinzhauptstadt Stettin, sondern wagte den

Sprung nach Berlin. Das war in der ersten Hälfte der 1860er Jahre, als sich Berlin gewaltig ausdehnte und

die Einwohnerzahl durch Zuwanderung noch stärker anwuchs.

Er betrieb hier kein Ladengeschäft, sondern übernahm Vertretungen für auswärtige Firmen. Da er ein

tüchtiger Kaufmann und geschickt und wendig war, kam er wirtschaftlich vorwärts. Später legte er einen

Teil des erworbenen Vermögens in Grundstücken an und baute z.B. mehrere Häuser in der Schillstraße

zwischen dem Lützowplatz und der Kurfürstenstraße, wo jetzt das Hotel Berlin steht sowie zwei große

Häuser in der Corneliusstraße.

In eines der Häuser in der Schillstraße zog er auch im Frühjahr 1876 zur Verwunderung seiner Freunde

und Bekannten, die im Südosten wohnen blieben. Die Gegend hinter dem Lützowplatz lag damals noch

ganz weit draußen. Man erreichte sie nur mit einem Omnibus, der vom Oranienplatz über die Kochstraße

zum Lützowplatz fuhr. Vater erkannte frühzeitig die günstigen Aussichten, die dem Haus- und Grundbe-

sitzer durch die Neigung der bessergestellten Berliner zum Zug nach dem Westen erwuchsen. Man mag

gegen den Handel mit Grundstücken soziale Einwendungen haben und die inzwischen getroffenen Maß-

nahmen durchaus billigen, aber man darf nicht verkennen, dass die Gewinne daraus nicht mühelos zu

erzielen waren, sondern gewöhnlich ein kluges Abwägen der Entwicklungsbedingungen und das Ab-

schätzen vieler wirtschaftlicher Einflüsse voraussetzten. Solche Grundstückskäufe in Außenbezirken be-

deuteten immer ein Wagnis.

Die Regsamkeit, die mein Vater als Geschäftsmann besaß, führte ihn auch zu politischer Betätigung. Er

hatte schon in der Köpenicker Straße kleinere städtische Ehrenämter bekleidet. In der neuen Heimat wur-

de er im Potsdamertor-Bezirksverein, der Fortschrittspartei, d.h. der Liberalen, bald Vorstandsmitglied

und nach einigen Jahren von da aus Stadtverordneter von Berlin. Auch bei den Wahlen zum Landtag und

zum Reichstag arbeitete er eifrig für seine Partei.

Mit Bismarcks Politik war er, wie fast alle in freien Berufen tätigen Bürger, bei aller Anerkennung der

Reichsgründung und Aufhebung der Kleinstaaterei nicht einverstanden.

1Waltraut Fischer stellte diesen Beitrag 1999 aus Familienerinnerungen zusammen, die Gustav Fischer in den Jahren 1941 bis

1961 geschrieben hat.

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Daraus ergab sich dann manchmal auch eine Kritik am Kaiser und seinem Haus und so bin ich keines-

wegs zur Kaisertreue erzogen worden. Seltsamerweise vertrug sich mit dieser Einstellung eine stolze

Freude über jede Gelegenheit, in die Nähe der Hofgesellschaft zu kommen, die sich für den Stadtverord-

neten und seine Frau bot.

So freisinnig wie in der Politik urteilte mein Vater auch in kirchlichen Fragen. Während sein Vater in

dem noch erhaltenen Brief an seine Braut schrieb, dass er fast jeden Sonntag in der Kirche zu finden sei,

habe ich meinen Vater nur bei Einsegnungen und Trauungen in der Kirche gesehen. Meine Mutter war

auch keine regelmäßige Kirchgängerin, hielt aber doch an der Religion fest, ist besonders nach Vaters

Tod wieder häufiger zum Gottesdienst gegangen und hat Predigten gelesen.

Ob sie versucht hat, ihren Mann in kirchlicher Hinsicht zu beeinflussen, kann ich nicht sagen, zu meiner

Zeit jedenfalls nicht mehr. Meine Mutter besaß sonst einen ziemlich großen Einfluss auf meinen Vater,

der doch anderen gegenüber seine Meinung kräftig vertrat. Es gab auch zwischen den beiden Eheleuten

manchmal Meinungsverschiedenheiten und mein Vater konnte dann in seiner Art sogar heftig werden.

Aber in allen wichtigeren Dingen tat er nichts ohne Mutters Zustimmung. Sogar in geschäftlichen Fragen

musste sie ihre Meinung sagen und sie hat ihn mehrfach von Grundstückskäufen abgehalten, die sie zu

gewagt fand. Nach Vaters Tod kam es Mutter zustatten, dass er sie genau über seine Geschäfte unterrich-

tet hatte.

Er lebte zwar seit vielen Jahren als Rentner, hinterließ aber noch zwei Häuser, Schillstraße 17, wo er

starb, und Corneliusstraße 10. Er hatte auch nach der Aufgabe seines Geschäftes immer noch einmal Ar-

beiten übernommen. So erinnere ich mich, dass er in einem Sommer im Anfang der achtziger Jahre meh-

rere Reisen im Auftrage einer Versicherungsgesellschaft unternahm, um Hagelschäden in der Landwirt-

schaft abzuschätzen. Seine Herkunft aus dem Pyritzer Weizacker wurde von dem mit Vater gut bekannten

Direktor der Gesellschaft wohl als genügender Beweis für seine Sachkenntnis angesehen. Wie er bei sei-

ner schweren Kurzsichtigkeit auf dem freien Feld den Umfang eines Schadens übersehen konnte, ist

schwer zu verstehen. Lesen konnte er nur, wenn er das Blatt dicht vor die Augen hielt und die Geldstücke

unterschied er nach dem Gefühl. Er war aber nicht dazu zu bewegen, eine Brille zu tragen.

Er war überhaupt nicht gewohnt, sich krank zu fühlen. Seinem Körper konnte er viel zumuten, war abge-

härtet, groß und stark. Sein Körpergewicht hielt sich immer gleichmäßig auf 205 Pfund, ohne dass er dick

wirkte, weil er etwa 1,80 m groß war. Wenn ihm aber doch einmal etwas zustieß, war er ungeduldig und

ließ kein Mittel unversucht. Als er einmal eine Handverletzung hatte, musste ich ein paarmal von den

Schularbeiten weg in die Apotheke laufen. Er trug deshalb auch immer schwer an seiner Krankheit, die

sich anfangs in Magenbeschwerden äußerte und nach einer Kur in Kissingen gebessert schien, endlich

aber als Speiseröhrenkrebs erkannt wurde und nach langer Qual zum Tode führte. Er starb am 14. April

1886.

Meine Mutter Rudolfine, geb. Kern, stammt aus dem Dorf Brieskow im Oderbruch, wo sie 1831 geboren

wurde. Ihr Vater hatte an den Befreiungskriegen teilgenommen und wurde nach seinem Abschied vom

Militär durch Vermittlung eines seiner Vorgesetzten Steuereinnehmer an der Brieskower Schleuse des

Friedrich-Wilhelm-Kanals, durch den der Große Kurfürst eine Verbindung zwischen Oder und Spree ge-

schaffen hatte. Als Beamter, der die Schleusengebühren berechnete, erhob und verwaltete, war mein

Großvater bei den Bauern und Kossäten sehr angesehen. Er war für sie der Herr Rendant.

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Der Wasserweg war damals bedeutender als jetzt, da man als Verkehrsmittel sonst nur Fuhrwerke hatte,

meistens die Postlinien.

Das Jahr 1886 hatte das Leben unserer Familie vollständig verändert. Es brachte den Tod unseres Vaters

und die Hochzeiten meiner beiden Brüder.

Mit Vaters Tod verschwand das Behagen aus dem Leben meiner Mutter. Sie hatte zwar keine wirtschaft-

lichen Sorgen, denn das Vermögen reichte mit seinen Zinsen für alles Nötige und etwas darüber, aber es

war einsamer um sie geworden. Ich war zu jung, um ihr viel sein zu können und hatte als Junge auch zu

wenig Verständnis für ihre Lage. Vielleicht war es Mutter auch nicht gegeben, sich mit einem Schicksal,

das so viele Frauen trifft, mit einiger Entsagung abzufinden. Sie fühlte sich jetzt körperlich nicht wohl,

ohne aber ein bestimmtes Leiden zu haben.

Trotz ihrer trüben Lebensauffassung hat mir meine Mutter meine Jugendjahre möglichst leicht gemacht.

Ich hatte im Herbst 1889 die Reifeprüfung bestanden, dann ein Jahr lang die vorgeschriebene Werk-

stattausbildung erhalten und begann mit dem Studium der Maschinentechnik. Da entschloss sie sich, wohl

besonders auf Veranlassung meines Bruders Paul, mich für zwei Semester nach München zu schicken.

Ich sollte nach den vier Jahren seit Vaters Tod, die ich allein mit Mutter verlebt hatte, Gelegenheit haben,

mich freier zu bewegen und mit anderen Menschen in fremder Umgebung zusammen zu sein. Die Tren-

nung und das Alleinsein sind ihr gewiss sehr schwer geworden. Während meiner folgenden Studienjahre

in Berlin stellten sich nach und nach die ersten Anzeichen einer Arterienverkalkung ein. Im Winter

1897/98 wurden die Gedächtnisstörungen immer stärker und im folgenden Frühjahr musste sie in eine

Krankenanstalt in Westend gebracht werden, wo sie, ohne ihren Zustand klar zu erkennen, noch einige

Monate bis zu ihrem Tode am 25. Juli 1898 zubrachte.

Kindheitserinnerungen

In der Köpenicker Straße 138 wurde ich am 28. November 1870 geboren. Meine ersten Erinnerungen sind

mit der Wohnung in der Köpenicker Straße und mit einer Reise nach Lohme auf Rügen verknüpft. Auf

dem Holzplatz neben unserem Wohnhaus fand ich Spielgefährten, bei Tante Fritzchen, zu der ich nur

über den hinteren Flur zu huschen brauchte, war ich täglich. Als drei- oder vierjährigen Jungen nahmen

mich meine Eltern mit nach Lohme, aber mein Wunsch zu baden war bald gestillt, weil mir das Wasser

zu kalt war. Als Sechsjähriger schloss ich in der Schillstraße Freundschaft mit Walter und Aline Bier-

mann, deren Eltern mit uns zusammen in Vaters Haus zogen. Wir konnten noch jahrelang ungefährdet auf

dem Damm der Schillstraße spielen oder über den Zaun in das gegenüberliegende Gelände klettern, wo

ein Milchhändler zwei Kühe und ein paar Ziegen weiden ließ. Einmal sahen wir die kaiserliche Equipage

durch die Schillstraße kommen, sprangen vom Zaun und grüßten stramm, was der alte Herr mit einem

freundlichen, nur für uns bestimmten Dank quittierte.

Bald kamen Schulfreundschaften dazu und unser Gebiet wurde auf den Lützowplatz, den damals Holz-

und Steinplätze füllten und über die Kurfürstenstraße hinaus auf das Feld ausgedehnt, das heute die Net-

telbeckstraße und ihre Nachbarn trägt. In meinem zehnten Jahr war ich am liebsten auf dem Bau des Hau-

ses in der Corneliusstraße, denn da gab es nicht nur prachtvolle Spielgelegenheiten, sondern auch Hand-

werker, denen ich mit meinem technischen Sinn gern zusah.

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In diesem Jahr habe ich aber auch zum ersten Mal den Tod eines lieben Menschen erfahren. Mein Bruder

Max, der zehn Jahre älter als ich war und mir ebensoviel Liebe entgegenbrachte wie ich ihm, fiel seiner

Lungenkrankheit zum Opfer, die ihn seit ein paar Jahren gequält hatte. Die Eltern hatten versucht, die

Krankheit durch Kuren in Badenweiler und durch möglichst dauernden Aufenthalt im Freien im Beruf als

Gärtner zu bekämpfen, aber damals war der Kampf noch aussichtslos. Da gerade die großen Ferien wa-

ren, hatte man mir durch eine Reise nach Pyritz das Erleben der letzten Tage vor seinem Ende erspart,

aber ich verwand den Verlust erst, als wir nach einigen Wochen in das neue Haus zogen. Hier kam die

Zeit der Kriegsspiele und wir haben wahrscheinlich die sonst so stillen Straßen zwischen dem Kanal und

dem Tiergarten oft genug durch unser Toben empfindlich gestört. Nach vier Jahren zogen wir zu Vaters

großem Kummer zunächst wieder in ein Mietshaus eines fremden Besitzers, Schillstraße 12, weil in Va-

ters Haus keine Wohnung frei war. Die Wohnung in der Corneliusstraße mit ihren 9 Zimmern war zu

groß für uns, seitdem Paul sein Studium beendet hatte und zuerst nach Witten und dann nach Köln ge-

kommen war. Als Vater nach etwa einem Jahr wieder ins eigene Haus ziehen konnte, war er schon ein

schwer kranker Mann, dem nur noch einige Monate gegeben waren.

Meine Brüder Paul und Bruno, die 16 und 13 Jahre älter waren als ich, behaupteten, ich sei weniger

streng erzogen worden als sie. Verzogen bin ich aber nicht. Wo es nötig war, hat mir mein Vater keine

Strafe geschenkt. Aber es ist wohl richtig, dass mir meine Eltern mancherlei früher erlaubten als den Brü-

dern. Ich wurde auf die Reisen der Eltern mitgenommen, die in meiner Kindheit auch häufiger waren als

in der Zeit, als mehrere Kinder im Hause waren. Als einziges kleineres Kind durfte ich auch an den Fami-

liengesellschaften immer teilnehmen und bis zu dem oft recht späten Schluss dabeibleiben, obwohl mir

bei meiner nicht gerade kräftigen Körperbeschaffenheit die Nachtruhe dienlicher gewesen wäre. Natürlich

halfen die großen Brüder meiner Erziehung nach, aber wenn ich dadurch auch einen ziemlichen Respekt

vor ihnen bekam, sah ich in ihnen doch auch die guten Kameraden und meine Vorbilder. Bruno, der nach

Absolvierung des Realgymnasiums noch, um Medizin zu studieren, Griechisch und andere Humaniora

nachgearbeitet und auf dem humanistischen Gymnasium in Freienwalde a.O. die Reifeprüfung abgelegt

hatte, nahm sich meiner Schularbeiten an, als ich in den Flegeljahren nicht viel Lust für die Schule auf-

brachte. Zu Paul zog mich bald die gemeinsame Liebe für die Technik und die Naturwissenschaften

Chemie und Physik. Paul verdanke ich in diesen Dingen manche Förderung und Bruno hat auf meine

Allgemeinbildung eingewirkt, da er für Literatur mehr Interesse hatte als Paul.

Schule und Studium

Chemische und physikalische Versuche lösten in meiner Freizeit die Jungenspiele ab, oft genug auch auf

Kosten der Schularbeiten. Ich fand damals die alten Sprachen, mit denen mich das Gymnasium plagte, für

meinen künftigen Beruf recht unnötig. Erst viel später habe ich das Verständnis für die Schönheit dessen,

was die Sprachen vermitteln, gefunden. Immerhin hatte ich bei den schriftlichen Arbeiten das Glück, kei-

ne zu verderben und ein paar so zu schreiben, dass wohlwollende Lehrer sie gut fanden. So konnte ich im

September 1889 ohne mündliche Prüfung unseren alten Bau des Wilhelmsgymnasiums auf dem großen

Hinterland des Grundstücks Bellevuestraße 15 verlassen, voller Freude über die neue Freiheit.

Ehe ich die für mein Studium vorgeschriebene Arbeit in einer Maschinenwerkstatt begann, die körperlich

ungewohnte Anstrengungen verlangte, sollte ich mich einige Monate erholen, da ich nicht sehr kräftig

war. Ich fing deshalb erst am 10. November meine Ausbildung an der Anhalter Bahn in der Hauptwerk-

statt Tempelhof, der damaligen Eisenbahndirektion Erfurt an.

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Die Wintermonate machten mir wenig Freude, denn ich war der einzige Maschinenbau-Eleve und hätte

mich doch in dem täglich zehnstündigen Dienst gern einmal mit meinesgleichen ausgesprochen. Am

1. April traten einige Kollegen ein und in den akademischen Ferien im August und September 1890 ge-

sellten sich noch einige hinzu, so dass ein fröhlicher Kreis entstand, in dem neben den technischen Ge-

sprächen auch der Humor sein Recht fand.

Im November 1890 begann ich in München das Studium der Maschinentechnik. Die Zeit dort wurde nicht

nur deshalb so schön für mich, weil sie die ersten Studiensemester umfasste, sondern vor allem durch den

Verkehr in einem Kreis von Freunden verschiedener Fakultäten. Es waren fast alle Wilhelmsgymnasias-

ten, wenn auch z.T. erheblich ältere. München war damals für junge Studenten voller Reiz. Wir genossen

die für uns so billigen Theatervorstellungen und die Kunstsammlungen, und wanderten an freien Tagen in

die Umgegend, pflegten uns aber auch an dem guten Bier.

Neben dem Gewinn an Freundschaften, die uns durch unser ganzes Le-

ben begleiteten, vor allem die Schulfreunde Hans Raphael und Oskar

Hörich, verdanken wir den Münchner Semestern eine größere Selbstän-

digkeit und Sicherheit im Verkehr mit anderen. Vielleicht wäre es für

uns noch besser gewesen, wenn wir uns mehr unter Münchnern, wo-

möglich in Münchner Familien bewegt hätten, weil wir dann gelernt

hätten, dass man vieles anders machen kann als es in Berlin üblich ist.

Unser Kreis war aber so groß, dass wir weitere Bekanntschaften nicht

suchten.

Ich verließ München sehr ungern und habe ihm immer meine Liebe

bewahrt, aber auch die folgenden Studienjahre in Berlin waren noch

schön. Zunächst benutzte ich die Ferien im Sommer 1891, um den letz-

ten Monat meiner Werkstattpraxis abzutun, diesmal in der elektrischen

Abteilung der Maschinenfabrik von Schwartzkopff im Norden Berlins.

Im Oktober begann ich das Studium an der Technischen Hochschule

Charlottenburg. Ich legte die Vorprüfung pünktlich nach dem vierten Studiensemester und die Bauführer-

prüfung mit nicht zu großer Verspätung am Ende des neunten statt an seinem Anfang ab.

Vor Ostern 1895 wurde ich Regierungsbauführer, tat von Mitte Mai bis August Lokomotivdienst und

arbeitete dann in den vorgeschriebenen Dienststellen der Eisenbahn. Da wir drei Vierteljahre in einem

Werk der Industrie arbeiten und dafür bezahlt werden durften, nahm ich das Anerbieten eines älteren Hüt-

tenbruders an, zu ihm in das Büro Genua der Abteilung für Bahnen und Bauten der Allgemeinen Elektri-

zitätsgesellschaft zu kommen, in dem die Bahnen für Genua und Umgebung bearbeitet wurden. Im Au-

gust 1897 hatte ich meine Ausbildungszeit beendet.

Bild 1: Gustav Fischer als Student

in München 1891

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Gustav Fischer

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Auf dem Weg zur Landtechnik

Nun hätte ich im normalen Gang meinen Dienst bei einer Eisenbahndirektion anfangen und in die Beam-

tenlaufbahn einrücken können. Paul machte mich aber auf ein Stipendium aufmerksam, dass die Deutsche

Landwirtschaftsgesellschaft für einen Maschineningenieur ausgeschrieben hatte, der Neigung hatte, in das

damals noch sehr vernachlässigte Fach der Landmaschinen überzugehen. Ich bewarb mich mit Erfolg

darum und wurde für ein Jahr vom 1. Dezember 1898 bis 1899 auf das Gut Münchenhof bei Quedlinburg

geschickt, dessen Besitzer Dr. Julius Albert ein sehr tüchtiger Landwirt und guter Maschinenkenner war.

Eine bessere Lehrstelle hätte ich nicht finden können. Hier ging mir eine ganz neue Welt auf, denn als

Großstadtkind ohne Verwandte auf dem Lande wusste ich vom Landleben wenig.

Dr. Albert und sein Inspektor Otto Zier gaben mir unermüdlich über alles Auskunft, was auf den Feldern

wuchs oder umherlief und ich fühlte mich auf dem Lande so wohl, dass ich im Sommer wochenlang nicht

in die nur 5 km entfernte Stadt fuhr.

Im zweiten Jahr wollte ich mich mit den Landmaschinen in Fabrik und Werkstatt beschäftigen und

gleichzeitig eine Doktorarbeit anfangen. In Halle, das ich auf den Rat Dr. Alberts zuerst aufsuchte, fand

ich für beides nicht die gewünschte Gelegenheit. Deshalb verhandelte ich in Berlin mit dem Direktor der

damaligen Maschinenfabrik H. F. Eckert, der mich gern aufnahm und als das gesichert war, mit Professor

Sering, dem Volkswirtschaftler, wegen einer Dissertation. Den akademischen Grad Dr.-Ing. gab es da-

mals noch nicht; ich war also auf eine Universität angewiesen. Ende März 1900 kam ich nach Berlin zu-

rück, mietete mir eine kleine Wohnung in Charlottenburg und lernte an beiden Arbeitsstellen die Land-

maschinen von neuen Gesichtspunkten aus zu betrachten. Nach dem Ablauf des zweiten Stipendienjahres

schrieb ich den größten Teil meiner Doktorarbeit.

Inzwischen hatte sich das Preußische Landwirtschaftsministerium auf Antrag der Deutschen Landwirt-

schaftsgesellschaft (DLG) entschlossen, einen Sachverständigen zum Studium des Landmaschinenwesens

in die Vereinigten Staaten zu schicken. Für diesen Posten wurde der frühere Geschäftsführer der Geräte-

stelle der DLG Herr Brutschke ausgewählt, aber Ministerium und DLG ermöglichten mir durch einen

Zuschuss zu den Reisekosten ebenfalls den Besuch der USA. Dies war die zweite Auslandsreise, die ich

meinem Beruf verdankte, denn im Sommer 1900 hatte mich die Firma Eckert zur Weltausstellung nach

Paris geschickt, wo sie mit eigenen Geräten und Maschinen vertreten war. Die Studienreise durch Nord-

amerika führte zum größten Teil durch die östlichen Staaten bis Chicago, weil hier für deutsche Verhält-

nisse am meisten zu lernen war. Ich fuhr dann aber auch an die Pazifische Küste, um in Kalifornien die

Kultur und Verwertung des Obstes kennen zu lernen. Natürlich benutzte ich die Gelegenheit, auch die

größten landschaftlichen Schönheiten des Landes zu besuchen, fuhr also durch den Yellowstonepark und

das Yosemitetal. Von Kalifornien aus fuhr ich möglichst schnell nach New York zurück und unterbrach

die Fahrt nur in Dakota, um die Maschinen bei der Weizenernte zu studieren.

Im August 1901 kam ich nach knapp 5 Monaten Abwesenheit wieder in Berlin an. Die Ausarbeitung des

Reiseberichtes und der Abschluss der Dissertation, die mich den Winter hindurch beschäftigten, wurden

bald eine lästige Pflicht, weil sie mich am Schreibtisch festhielten und zunächst kein Ergebnis sehen lie-

ßen. Außerdem schien sich im Landmaschinenwesen auch keine Stellung für mich zu bieten, so dass ich

entschlossen war, in den Eisenbahndienst, aus dem ich bis dahin nur beurlaubt war, zurückzutreten.

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Gustav Fischer

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Da kam ganz unerwartet die Nachricht, dass an der Landwirtschaftlichen Hochschule eine Professur für

Landmaschinenkunde geschaffen werden sollte, und dass die DLG mich dafür vorgeschlagen habe. Amt-

lich hatte die DLG natürlich mit der Sache nichts zu tun, aber der Ministerialdirektor Thiel, dem die

Hochschule unterstand, war im Vorstand der Gesellschaft tätig und so erfolgte die Vermittlung.

Als Hochschullehrer

Zum 1. April 1902 wurde mir die neue Stelle unter dem Titel eines kommissarischen Dozenten übertra-

gen und ein Jahr später erhielt ich die Professur. Wissenschaftliche Verdienste, die das gerechtfertigt hät-

ten, hatte ich noch nicht aufzuweisen. Vielmehr bekam ich mein Amt gewissermaßen auf Kredit, weil es

nur wenige Ingenieure gab, die überhaupt in dem Sonderfach Landmaschinen Bescheid wussten, und weil

ich unter den wenigen Ingenieuren mit landwirtschaftlichen Fachkenntnissen die beste akademische Aus-

bildung hatte. Der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft verdanke ich nicht nur durch das Stipendium

meine landwirtschaftliche Ausbildung, sondern mittelbar auch meine Lebensstellung. Ich habe mich des-

halb mit ihr immer eng verbunden gefühlt und es war schmerzlich für mich, dass sie nach 1933 der neuen

Zeit weichen musste. Solange sie bestand, habe ich an vielen ihrer Arbeiten auf technischem Gebiet, be-

sonders an den meisten Prüfungen von Maschinen, teilgenommen. Dadurch bin ich immer mit der grünen

Praxis in Berührung geblieben. Mit großer Freude habe ich 1947 die Neugründung der DLG begrüßt.

Von meiner Berufung an die Landwirtschaftliche Hochschule an verlief mein Leben in ruhigen Bahnen.

Im Frühjahr 1902 bestand ich die Doktorprüfung an der Philosophischen Fakultät Berlin mit einer na-

tionalökonomischen Arbeit über Die sociale Bedeutung der Maschine in der Landwirtschaft. Über ein

eigenes Hochschulinstitut verfügte ich damals noch nicht, weil der Staat die Mittel dazu noch nicht her-

gab, hatte auch weder einen Assistenten noch einen Laboratoriumsgehilfen und baute erst nach und nach

meine Vorlesungen auf. Anfänglich gab es auch noch einige Schwierigkeiten mit meinem älteren Kolle-

gen, Geheimrat Schotte2, einem Zivilingenieur. Er vertrat vor mir und auch noch einige Zeit neben mir

die Landmaschinenkunde und betrachtete die Landmaschinen überwiegend vom theoretischen Stand-

punkt. Mit der Zeit kam ich aber mit ihm zu einem Verkehr voll gegenseitiger Rücksicht. Frei arbeiten

konnte ich jedoch erst, als er 1906 seine Hochschultätigkeit beendete. Ostern 1903 wurde ich etatmäßiger

Professor. Ich hatte keine Veranlassung, mich um eine Berufung an eine andere Hochschule zu bemühen.

Mit 60 Jahren spürte ich die ersten Herzbeschwerden, die sich trotz ärztlicher Behandlung so verschlim-

merten, dass ich mich im Herbst 1932 emeritieren lassen musste. Wie die Ärzte vorausgesagt hatten, bes-

serte sich meine Krankheit durch die Ruhe. Es war dennoch ein Wagnis, dass ich im Sommer 1945 mei-

nen alten Lehrstuhl, der verwaist war, wieder übernahm. Mein Nachfolger, Prof. Dr.-Ing. C. H. Dencker,

hatte ihn verlassen müssen, weil die russische Besatzung nach ihm fahndete. 1947 waren die Zustände an

den Hochschulen wieder leidlich in Ordnung und es gelang, einen jüngeren Fachkollegen, Prof. Dr.-Ing.

H. Heyde, zu berufen.

2Prof. Friedrich Schotte, Geh. Rechn.-Rat, Zivilingenieur (1831-1912), lehrte von 1881 bis 1906 Landmaschinenkunde an der

Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.

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Gustav Fischer

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Meine Frau

In den Sommerferien 1902 hatte ich eine Reise an den Rhein und an die Mosel unternommen, die teils der

Erholung in der schönen Landschaft, teils der Besichtigung technischer Werke gewidmet war. In allen

größeren Werken und Industrieorten hatte ich einen Hüttenbruder, der mir den Zutritt zu einer Fabrik er-

möglichte, so dass ich viele neue Kenntnisse heimbrachte. Im nächsten Jahr folgte eine Reise durch Nor-

wegen. Aber am denkwürdigsten ist die Reise des folgenden Jahres 1904. Ich wollte wieder einmal Mün-

chen besuchen und von dort aus weiter nach Tirol fahren und es fand sich, dass auch mein Bruder Paul

und seine Frau Lena einen ähnlichen Reiseplan hatten. Mit denen hatten sich auch Katharina und Elisa-

beth Schönemann verabredet, mit denen Lena verwandt war. Sie waren sehr überrascht, als ich ebenfalls

zu der Vorbesprechung über den Reiseplan erschien. Wir verstanden uns aber nachher sehr gut, waren

heiter und manchmal übermütig. Der Abschied in Bozen wurde uns nicht leicht. Aber es wurde kein Ab-

schied auf lange Zeit. Nach meiner Rückkehr aus Tirol erschien ich zum ersten Mal am 27. August 1904

bei Schönemanns mit einem Blumenstrauß und einen Monat später holte ich mir das Jawort meiner lieben

Frau. Damit waren die Wanderjahre zu Ende und in meiner Familie habe ich das schönste Glück meines

Lebens gefunden.

Bild 2: Dr. Gustav Fischer und Käthe Schönemann 1904

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Waltraut Fischer

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Erinnerungen an meinen Vater

Waltraut Fischer, Berlin3

Kurzfassung: Er war der Mittelpunkt der Familie, bestimmte mit liebevoller Geradlinigkeit unser Leben,

das durch sein großes Wissen, sein vielseitiges Können, vor allem auf technischem Gebiet immer wieder

bereichert wurde. Das von ihm gegründete Institut für landwirtschaftliche Maschinenkunde wurde durch

zwei Außenstellen in Dahlem und Bornim erweitert. Auch nach seiner krankheitsbedingten vorzeitigen

Emeritierung 1932 behielt er stets Kontakt zur Landtechnik. 1945 musste er sein verwaistes Institut noch

einmal für zwei Jahre übernehmen. So fortschrittlich er in technischen Dingen dachte, so konservativ war

seine politische Einstellung, auch in kirchlichen Fragen. Frühzeitig wurde er Mitglied der Bekennenden

Kirche.

Verständnisvolle Autorität

In der Familie war mein Vater selbstverständliche Autorität. Er bestimmte in allem unser Leben, aber in

einer Art, die das Wort autoritär für uns zeitlebens ein Fremdwort bleiben ließ. Er wirkte durch sein Vor-

bild. In gewisser Weise war alles bei ihm und um ihn selbstverständlich, so auch das Verhältnis unserer

Mutter zu ihm. Es war derart problemlos, dass ich erst jetzt anfing, über-

haupt darüber nachzudenken, als mir beim Schreiben dieser Erinnerungen

klar wurde, wie wichtig dabei auch die Frau an seiner Seite war. Sie hatte

durchaus ihre eigene Meinung, die sich aber wohl meist mit seiner deckte.

War dies einmal nicht der Fall, so bestand für sie nie ein Zweifel daran,

dass seine die richtige war, aber ohne eine Spur von Resignation und

Duckmäuserei.

Mit Wünschen und Bitten gingen wir Kinder zunächst zu ihr. Es gab drei

Möglichkeiten: 1. Erlaubnis, 2. frag' Vater. oder 3. nein. Dann konnte man

überlegen, ob es zweckmäßig sei, sich noch an ihn zu wenden. Hast du

Mutti schon gefragt? - Ja. - Was hat sie gesagt? - Nein. - Na also. Dabei

war er aber durchaus nicht übermäßig streng mit Verboten. Des Öfteren war es für meine Mitschülerinnen

ein hilfreiches Argument bei ihren Eltern: Waltrauts Vater hat es auch erlaubt. Als meine Schwestern,

1905 und 1907 geboren, erwachsen wurden, war das Rauchen für Frauen gesellschaftsfähig geworden.

Vater erhob keine Einwände dagegen mit dem Ergebnis, dass sie es nie angefangen haben, weil sie es ja

durften, wie sie sagten. Der Reiz des Heimlichen und Verbotenen fehlte also. Vater hatte früher Zigarren

geraucht, musste aber - zu einer Zeit, an die ich mich nicht mehr erinnern kann - wegen einer langwieri-

gen Erkältung eine Weile damit aussetzen und nutzte die Gelegenheit, gleich ganz aufzuhören.

3Waltraut Fischer (1917) ist die jüngste der drei Töchter von Prof. Gustav Fischer. Nach dem Besuch der realgymnasialen

Studienanstalt der staatlichen Gertraudenschule in Berlin-Dahlem erlernte sie den Beruf der medizinisch-technischen Assisten-

tin. Sie war in Gesundheitsämtern, anderen medizinischen Einrichtungen und als Sachbearbeiterin in wissenschaftlichen Insti-

tuten tätig.

Altensteinstraße 57

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Waltraut Fischer

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Ich glaube, es ist nicht übertrieben, wenn man bei ihm von einem Universalwissen spricht. Natur und

Technik sowieso, aber auch auf den Gebieten der Kultur und der Geisteswissenschaften besaß er profun-

de Kenntnisse. Das Schöne war, dass dieses Wissen nie einschüchterte, sondern man ihn immer fragen

konnte. Er freute sich dann sowohl an der Interessiertheit des Fragenden als auch an seiner Möglichkeit,

eine Wissenslücke zu füllen. Fragt mal Euren Vater, der weiß doch alles, bekamen wir oft zu hören. Gut

gelaunt meinte er, dass alle Zitate entweder aus der Bibel, dem Faust oder von Wilhelm Busch stammten.

Den schätzte er sehr. Dessen Humor kam in etwa dem seinen gleich: geistvoll, manchmal etwas hinter-

gründig.

Vor allem bereitete es ihm großes Vergnügen, wenn er uns dadurch zu einer unerwarteten Freude verhel-

fen konnte, mitunter auch durch scheinbar doppeldeutige Angaben. So wollte er uns bei einer Ge-

birgswanderung auf einer unserer Sommerreisen in Tirol zu dem letzten Wegstück ermuntern: Um 16 Uhr

sind wir oben. Es war kurz nach 15 Uhr, und da bei der Exaktheit meines Vaters eine Fehlschätzung aus-

geschlossen werden konnte, richteten wir unsere Kräfte auf noch ca. 1 Stunde ein. Wie erstaunt waren

wir, als wir schon bald nach 15.30 Uhr unser Ziel erreicht hatten.

Aber Du hast doch gesagt, um 16 Uhr ...? - Na, wo sind wir denn um 16 Uhr? Etwa nicht hier oben? kam

mit verschmitztem Lächeln die Antwort. Er freute sich über die gelungene Überraschung. Ähnliches durf-

ten wir öfter von ihm erleben.

Aber er wusste nicht nur alles, sondern er konnte auch fast alles: großartig zeichnen, natürlich alle techni-

schen Dinge, wunderschöne Gelegenheitsgedichte haben wir von ihm und Ziege melken konnte er auch!

Meine Eltern hatten nach dem ersten Weltkrieg eine Ziege angeschafft, um uns Kinder mit Milch zu ver-

sorgen. Als es im Frühjahr 1919 ein größeres Familienfest gab, wurde das Hausmädchen, das natürlich

vom Lande stammte und melken konnte, zur Bewirtung der Gäste gebraucht. Aber darauf konnte die Zie-

ge keine Rücksicht nehmen. Also machte sich mein Vater im Frack ans Werk.

Gründlich und exakt, logisch und korrekt, das gehörte zu seinem Wesen wie zu seinem Technikerberuf.

Es bedingte sich wohl gegenseitig. Auch beim Sprechen verlangte er Logik: Lange Jahre waren ihm ein

Graus, weil damit ja nicht Schaltjahre zum Unterschied zu normalen Jahren gemeint waren. Jahre sind

immer gleich lang.

Bild 3: Die Autorin Waltraut Fischer 1997 (Aufn. Schreiber)

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Waltraut Fischer

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Ebenso beanstandete er Schlaf schön! Man kann nur gut oder schlecht schlafen, aber nicht schön oder

hässlich! Die heute so beliebte überwiegende Mehrheit war damals zum Glück noch recht un-

terentwickelt. Seine Genauigkeit trieb manchmal auch seltsame Blüten. Meine Eltern pflegten abends

immer pünktlich nach den 22-Uhr-Nachrichten ins Bett zu gehen. Bei der Umstellung auf Sommer- oder

Winterzeit verteilten sie die eine Stunde auf je 1/2 Stunde abends und morgens. So gründlich und wohl-

durchdacht war er auch bei der Bearbeitung unseres Gartens. Es gab viel Nutzgarten; nach dem ersten

Weltkrieg wurde Gemüse angebaut, nachher Obst, natürlich auch Blumen, aber kein Zierrasen. Mein ers-

tes Geld habe ich mir damit verdient, dass ich auf unserer Straße in einem ausgebeulten Kochtopf Pferde-

äpfel aufgesammelt habe, mit denen der Garten gedüngt wurde. Für einen vollen Topf bekam ich einen

Sechser. Eine schwere Enttäuschung musste er im Garten auch erleben: Unser Nussbaum musste wegen

Überalterung ersetzt werden. Also nahm er Gartenbuch, Zollstock, vorgeschriebene Erdmischung u.ä. und

versenkte eine besonders schöne Nuss genau nach Anweisung. Aber nichts tat sich. Plötzlich spross an

einer ganz anderen Stelle ein munteres Nusspflänzchen aus der Erde - vermutlich einem vergesslichen

Eichhörnchen zu verdanken. Das hat ihn in seinem Wissenschaftlerherzen tief getroffen, mehr als wir

erwartet hatten. Im Allgemeinen war er sehr beherrscht, aber nicht nur nach außen. Es war einfach

Selbstdisziplin. Die bewahrte er auch Menschen gegenüber, die er nicht besonders schätzte. Etwaigen

Unmut äußerte er nur in der Familie.

Gründlich und genau wurden auch unsere Reisen vorbereitet. Es war etwas schwierig mit den abweichen-

den Terminen der Schul- und Hochschulferien. Ich bekam immer wieder einmal Nachferien, sodass sich

Familienreisen ermöglichen ließen. Sie führten stets in die Berge: nach Thüringen, in den Schwarzwald,

nach Tirol, jedes Mal in ländliche Gegenden. Ich habe dabei viel gelernt, z.B. auch die Getreidearten.

Sehr stolz war ich, dass ich als Großstadtkind den Weizen von der Gerste unterscheiden konnte: Gerste

mit den langen Grannen. Natürlich kannte ich Heuwender, Bindemäher, Mähdrescher und andere Ma-

schinen.

Als Kaufmannssohn war ihm Sparsamkeit selbstverständlich. So wurde selten etwas weggeworfen, zumal

er als Techniker ohnehin für vieles immer irgendwie eine Verwendung fand. Bindfäden wurden immer

aufgeknüppert, keiner von uns hat je einen aufgeschnitten. Nicht nur das Sparsame, auch das Anspruchs-

lose lag in seiner Natur. In einem Brief an meine Mutter schrieb er: Du weißt, dass ich Plebejer eine

Schmalzstulle einem Festessen vorziehe.

Technik in der Familie

Es verstand sich von selbst, dass in unserem Haushalt mehr Technik Einzug hielt, als in dieser Zeit üb-

lich. Teils waren es erprobte Hilfsmittel wie z.B. ein Küchenmotor, teils Maschinen und Geräte, deren

Eignung erst noch festgestellt werden sollte. Meine Mutter war eine gute Testerin, gründlich, sachlich,

kritisch, mit nüchternem Verstand. Sie war immer interessiert, auch wenn sie in dem Prüfobjekt keinerlei

Erleichterung erkennen konnte, wie z.B. bei einer Kartoffelschälmaschine. Stets war sie für Neues aufge-

schlossen und bereit, wenn sie es gut und praktisch fand. Mein Vater holte nicht nur Technik ins Haus,

sondern er zeigte uns auch, mit Handwerkzeug umzugehen. Noch heute höre ich, sobald ich eine Säge

oder ein Messer in die Hand nehme: Ziehen, nicht drücken!

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Waltraut Fischer

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Eine kleine Episode muss ich noch erwähnen, die mir immer als besonders bemerkenswert und bezeich-

nend für meinen Vater erschienen ist: Um das Jahr 1930 herum brachte die Firma AGFA einen Fotoappa-

rat auf den Markt, eine Box, die man für vier Markstücke, jeweils mit einem der Prägebuchstaben A, G,

F, A erwerben konnte. Natürlich wollte ich eine haben und natürlich war er strikt gegen diese Schmal-

spurtechnik. Einer seiner Assistenten, Hans von der Decken, der einige Zeit in Amerika gelebt hatte und

von dorther wusste, dass nicht alles Billige auch schlecht sein muss, versprach in Gegenwart meines Va-

ters, mir einen solchen Apparat zu schenken. Da besaß mein Vater den Mut zur Inkonsequenz und erhob

keinen Einspruch. Er verkannte später auch nicht, dass der Apparat recht passable Fotos lieferte.

Den ersten Rundfunkapparat gab es bei uns schon 1925. Als mein Vater in seinen letzten Jahren öfter

einmal einen Ruhetag im Bett verbrachte, wurde für das Schlafzimmer ein zweiter Lautsprecher ange-

schafft. Dann wurden, wie es im Familienjargon hieß, ihm die Nachrichten durchgedreht. An politischen

Fragen blieb er bis zuletzt interessiert. Politisch aktiv oder in einer Partei war er nie. Zwar dachte er in

technischen Dingen stets fortschrittlich, in politischer Hinsicht war er konservativ.

Die Bekennende Kirche

Er war getauft, konfirmiert und kirchlich getraut. Sein Denken und Handeln war stets von christlicher

Verantwortung geprägt, aber ein nach außen religiöser Mensch war er nicht. An Feiertagen waren Kir-

chenbesuche selbstverständlich, im sonstigen Jahresverlauf aber nicht üblich. Dass er dann doch anfing

Anteil am kirchlichen Leben zu nehmen, hatte familiäre, aber auch überwiegend politische Gründe: Ich

war Ostern 1933 in Dahlem von Pastor Niemöller konfirmiert worden (Bild 4).

Dadurch war unsere Familie ohnehin stärker an die Kirchengemeinde gebunden. In diese Zeit fiel nun der

Beginn der kirchenpolitischen Auseinandersetzungen. Eine schnell größer werdende Gruppierung evan-

gelischer Pfarrer hatte sich den Nationalsozialisten angeschlossen und versuchte, als Deutsche Christen

den Nationalsozialismus und den evangelischen Glauben auf einen Nenner zu bringen.

Bild 4: St. Annenkirche in Dahlem

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Dazu gehörte u.a. auch die Suspendierung der nichtarischen Pfarrer Berlins. Dies führte zur Bildung des

Pfarrernotbundes, deren Mitinitiator und führender Kopf Martin Niemöller war.

Dahlem entwickelte sich zu einem der Zentren des Kirchenkampfes. Als im September 1933 die Natio-

nalsynode den Pfarrer Ludwig Müller zum Reichsbischof wählte, wuchs in den konservativen kirchlichen

Kreisen der Widerstand ganz erheblich. Es entstand die Bekennende Kirche, die Pfarrer und Laien im

Kampf für das Festhalten in den evangelischen Bekenntnisschriften vereinte. Sie fand vor allem in Dah-

lem breiteste Zustimmung. Nicht nur, dass die Bevölkerung von der Zusammensetzung her gar nicht an-

ders als konservativ sein konnte, die Haupttriebkraft war Pfarrer Niemöller, der die kirchliche Meinung

der Gemeinde prägte. Bei seinen 14-tägig stattfindenden Offenen Abenden war der große Gemeindesaal

jedes Mal überfüllt. Das Interesse an der kirchenpolitischen Entwicklung war ebenso groß wie das Be-

dürfnis nach dem Festhalten an alten Werten. So war es

auch für unsere Familie eine Selbstverständlichkeit, in die

Bekennende Kirche einzutreten. Mein Vater erhielt die Mit-

gliedsnummer 14 (Bild 5).

Als weitblickender und illusionsfreier Mensch erkannte er

frühzeitig die Gefahren des Nationalsozialismus. Es war

sein Ausdruck einer Protesthaltung.

In einem Brief 4 vom 22.12.1955 an seinen früheren Mitar-

beiter Oberingenieur Theodor Stroppel, mit dem er bis zu

seinem Tode freundschaftlich verbunden war und im Brief-

wechsel stand, schrieb er:

... Ich sehe, dass Sie unter Kollegen und anderen Menschen,

mit denen Sie verkehren, nicht viel Verständnis finden, wenn

Sie sich zur Religion und zum Christentum bekennen. Dass

der technische Fortschritt daran ernstlich schuld sein soll,

glaube ich aber nicht so recht. Denn einerseits drängen sich

auch heute noch viele Menschen zur Kirche und die Gottes-

dienste sind stärker besucht als vor 40, 50 Jahren und an-

dererseits hat es auch vor dem technischen Zeitalter immer

einmal Perioden gegeben, in denen der Mensch von seinen

eigenen Kräften Hilfe in allen Lebenslagen erwartete. Das war nicht bloß in der Zeit der Aufklärung so,

sondern auch schon in der vorchristlichen Zeit in den antiken Religionen.

Was viele moderne Menschen von der Kirche fernhält, ist wohl der Dogmatismus, den manche Pfarrer

als das Wesentliche ansehen und mit dem sie sich die christliche Lehre so bequem machen. Ich glaube,

dass es viele Christen gibt, die in der Predigt das vermissen, was sie ansprechen könnte. Vielleicht hat

B. Graham darum solchen Zulauf gehabt. Dass außerdem einige Pfarrer in der Art ihres Verkehrs mit

den Amtsbrüdern derselben Gemeinde durch ihre Schroffheit oder Selbstsucht ihren Lehren widerspre-

chen, kommt leider oft vor und untergräbt natürlich das Ansehen der Kirche.

4Briefwechsel meines Vaters mit Obering. Theodor Stroppel von 1947 bis 1963. Herrn Prof. Dr.-Ing. Alfred Stroppel, Dettin-

gen/Teck, sei für die Bereitstellung einiger Kopien dieser Briefe herzlich gedankt.

Bild 5: Der von Pfarrer Martin Niemöller

unterschriebene Mitgliedsausweis

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Waltraut Fischer

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Oberingenieur Theodor Stroppel, der sich als ausgezeichneter Landtechniker und Schriftleiter der Zeit-

schrift Grundlagen der Landtechnik einen Namen erworben hat, schrieb 1970 aus Anlass des 100. Ge-

burtstages meines Vaters an meine Mutter2

Mit großem Dank denke ich an Ihren hochverehrten Gatten, der mir - vor allem nach dem Kriege - durch

seine lieben Briefe und seine große Glaubenskraft zum überragenden Vorbild für Beruf und das nahende

Alter geworden ist.

Seine Gesinnung zeigte sich stets unauffällig und an konkreten Beispielen, z.B. war er von 1930 bis 1943

Testamentsvollstrecker für einen jüdischen Freund und unterstützte seine Familie.

Deutsche Akademische Gemeinschaft

In den zwanziger Jahren gab es ein reges geselliges Leben in der Studentenschaft an der Landwirtschaftli-

chen Hochschule Berlin. Die Vielfalt zeigte sich zunächst in der Anzahl der Studentenverbindungen, z.B.

die Landsmannschaften wie Saxonen, Cimbria oder die Agraren. Mit ihren unterschiedlichen Festklei-

dungen (Wichs), Mützen und Bändern boten die Korpsstudenten bei allen festlichen Veranstaltungen ein

buntes Bild. Weitaus bedeutender war der Verein der Deutschen Studentenschaften (VDSt) an der Tier-

ärztlichen und Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin.

Die Deutsche Akademische Gemeinschaft unterschied sich von den übrigen studentischen Verbindungen.

Nach dem ersten Weltkrieg hatten sich viele junge Männer zum Studium der Landwirtschaft ent-

schlossen. Da sie älter als die meisten Studenten und durch Kriegserlebnisse gereift waren, mochten sie

sich nicht den üblichen studentischen Verbindungen anschließen. Sie fanden sich 1919 zu einer eigenen

Gemeinschaft zusammen. Der Geist der DAG war der ehemaliger Frontsoldaten, die fußend auf dem Al-

ten, sich hineingestellt hatten in die Mitarbeit an den Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben.

Zum zehnjährigen Stiftungsfest 1929 formulierten die Professoren J. Hansen und G. Fischer rückblickend

und vorausschauend noch einmal Wesen und Ziele der Gemeinschaft5

:

Gemeinsame Kriegserlebnisse führten die Gründer der Deutschen Akademischen Gemeinschaft an der

Landwirtschaftlichen Hochschule zusammen. Sie wollten trotz Zusammenbruch und Revolution ihre alten

Ideale weiter pflegen und gemeinsam neue Ziele verfolgen. Ernstes wissenschaftliches Streben hat neben

der Pflege der Geselligkeit die Mitglieder beseelt. Die Gründer stehen heute im Leben als Alte Herren,

aber ihr Geist findet sich noch in der heutigen Aktivitas. Möge es so bleiben! Dienst am deutschen Vater-

lande durch ehrliche Arbeit und Pflege edlen Gemeinsinns mögen auch ferner der Deutschen Akademi-

schen Gemeinschaft Ziel und Richtung geben (J. Hansen).

Deutsche Akademische Gemeinschaft, ein Name, der glücklich gewählt ist, weil jedes der drei Worte

denen, die sich zu dieser Gemeinschaft bekennen, hohe Pflichten auferlegt.

Deutsch sein heißt: den Sinn der Dinge suchen, nach der Wesen Tiefe trachten. Gebt also nichts vom al-

ten, im Kern als gut erkannten Besitz an Kulturwerten auf, weil Euch heute auf allen Gassen Neues in

blendender Hülle geboten wird. Prüft aber das Neue auf seinen Gehalt und nehmt es an, wenn es Gutes

5Festschrift der Deutschen Akademischen Gemeinschaft an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, 1919-1929, zehnjäh-

riges Stiftungsfest am 27. Januar 1929.

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enthält. Forscht auch im eignen Innern nach dem Sinn und der Aufgabe Eures Lebens und stellt, wenn sie

Euch klar wird, Eure Gaben in den Dienst des Gemeinwohls.

Akademiker sein heißt: aus der Enge des Berufs in Höhen und Tiefen streben. Dies ist der Unterschied

zwischen Studium und Lehre, dass der Lehrling überlieferte Erfahrung aufnimmt, der Student sich aber

den Zugang zur Wissenschaft erarbeiten soll. Er strebt zu ihren Wurzeln hinunter und indem er den Lauf

ihrer Säfte aufsucht, findet er auch den Weg zur Höhe, von der er zu anderen Berufen hinüber schauen

und die Ordnung des Ganzen erkennen kann.

Gemeinschaft verlangt Hingabe. Sie begnügt sich nicht mit einem äußerlichen Zusammenschluss, soll

vielmehr ihre Glieder innerlich verbinden. Jeder opfert ein Teil seiner selbst, um dem anderen zu helfen,

daraus erwächst die Stärke der Gemeinschaft. Dass dies aus freiem Willen geschieht, gibt der Gemein-

schaft ihren Wert. Tragt Ihr diese Gesinnung von der Hochschule ins Leben hinaus, so kann Großes dar-

aus wachsen. Gemeinsinn, Verzicht auf die Selbstsucht, Opfermut zugunsten des Gemeinwohls: das

braucht Deutschland, wenn es wieder aufstehen soll. Folgt dem Vorbild der Gründer der Deutschen Aka-

demischen Gemeinschaft, dann seid Ihr auf dem rechten Wege! (G. Fischer).

Das waren auch die Grundüberzeugungen meines Vaters. Er hat sie an keiner anderen Stelle seiner Veröf-

fentlichungen so klar formuliert.

Mein Vater und Geheimrat Hansen waren Ehrenmitglieder. Meine Schwester Irmgard, die in der Chaus-

seestraße in der Hochschulbuchhandlung Maass und Plank arbeitete sowie Lotte Eggert, die Tochter von

Vaters Kollegen, wurden wegen ihrer rührenden Fürsorge für die Gemeinschaft zu außerordentlichen

Mitgliedern ernannt. In vielem erwiesen sie sich als die guten Geister, ganz besonders wurde ihre Hilfe

bei der Vorbereitung von Festen geschätzt, denn Feste feiern konnte die D.A.G. auch. Zu den jährlichen

Weihnachtsfeiern gab es eine umfangreiche Festzeitung. Dazu kamen Sommerfeste, Wintertanzabende

und Stiftungsfeste. Das zehnjährige Stiftungsfest beging man im Hotel Kaiserhof, vormittags mit einer

Festsitzung, abends mit einem Festball.

Zu den gesellschaftlichen und festlichen Höhepunkten der Hochschule wurde in jedem Jahr der Rekto-

ratskommers. Alle studentischen Vereinigungen beteiligten sich daran. Er galt als Dank der Studenten-

schaft an den jeweils scheidenden Rektor und fand regelmäßig im Marmorsaal des Zoologischen Gartens

statt. Begonnen wurde mit einem studentischen Kommers, dem sich ein Ball in sämtlichen über drei Eta-

gen erstreckenden Räumen anschloss. Meine Eltern begnügten sich mit der Teilnahme an dem feierlichen

Kommers, aber für meine Schwestern gehörte der jährliche Festball zu den schönsten und wichtigsten

gesellschaftlichen Erlebnissen. Noch viele Jahre später erzählten sie begeistert von der so besonders fest-

lichen Atmosphäre.

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Aber nicht nur in der damaligen Zeit pflegte die D.A.G. eine rege Geselligkeit. Ihre Gemeinschaft erwies

sich als so stark, dass sie sich in den 60er Jahren wieder sammelte und zunächst jährlich traf. 1969 wurde

das 50-jährige Jubiläum im Gründungsort Berlin feierlich begangen. Allmählich wurde der Kreis immer

kleiner, bis er sich schließlich von selbst auflöste.

Freundschaft und Geselligkeit

Die in den Erinnerungen meines Vaters erwähnten Freunde Hans Raphael und Oskar Hörich blieben mit

ihren Familien unsere Freunde fürs Leben. Hans Raphael heiratete die beste Freundin meiner Mutter.

Beide waren bei meiner Schwester Irmgard Pate, sie haben sich bei der Taufe kennen gelernt. Heute, nach

über 100 Jahren, setzen wir Kinder diese Freundschaften unvermindert fort.

Große Festivitäten liebte mein Vater nicht so sehr. Es entsprach nicht seinem Wesen. Aber immer hatte er

Freude an guter Geselligkeit und meine Eltern hatten ein gastliches Haus. In den zwanziger Jahren gab es

bei uns in jedem Winter zwei Tanzfeste, zu denen Assistenten, Doktoranden und Studenten eingeladen

wurden (Bild 6).

Bild 6: Ein Tanzfest bei Familie Fischer 1927 mit bekannten Landtechnikern

Untere Reihe, 3. v. l.: Willi Kloth, Mitarbeiter des Instituts für Landmaschinenkunde Berlin, ab 1932 als Priv.-Doz. und ab

1937 a.o. Prof. an der TH Berlin-Charlottenburg bis 1945, gründete das Institut für Landmaschinenbau an der TH Berlin.

Ab 1947 Direktor des Instituts für Landtechnische Grundlagenforschung der Forschungsanstalt für Landwirtschaft Braun-

schweig-Völkenrode.

Untere Reihe, 5. v. l.: Dr. Ludwig Engelbrecht, RKTL.

Obere Reihe, 2. v. l. (Bildmitte): Dr. Pollitz, Mitarbeiter des Instituts für Landmaschinenkunde Berlin

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Die weibliche Ergänzung waren Freundinnen meiner Schwestern und Töchter von Vaters Kollegen. Ganz

besonders denke ich da an Lotte Eggert, die altersmäßig genau zwischen meinen Schwestern war und mit

ihnen zusammen an vielen Hochschulfesten teilnahm. Die Freundschaft mit ihr setzte sich - abgesehen

von kriegsbedingter Unterbrechung - bis zum Tode meiner Schwestern und danach mit mir bis zu ihrem

Tode fort.

Unser Gästebuch zeugt von vielen fröhlichen und unbeschwerten Abenden. Zum 60. Geburtstag meines

Vaters bedankte sich die Deutsche Akademische Gemeinschaft an der landwirtschaftlichen Hochschule

Berlin bei ihm dafür, ... dass Ihr gastfreies Haus nun schon einer ganzen Reihe von Generationen der

Gemeinschaft offen steht ... und ... für die so überaus vielen frohen Stunden ...

So fröhlich wie bei den Zusammenkünften der Deutschen Akademischen Gemeinschaft ging es zwar

nicht mit allen Gästen zu, aber man kam gern zu uns. Es war bestimmt die wohltuend gelöste Atmosphä-

re, die auch bei den Jüngeren keine Scheu vor dem Chef oder vor dem Herrn Geheimrat aufkommen ließ.

Und viele dieser Gäste gehören zu meinen Erinnerungen an meinen Vater, wie z.B. zu seinem 86. Ge-

burtstag (Bild 7).

Bild 7: Ausschnitte aus dem Gästebuch zum 86. Geburtstag am 28.11.1956

Prof. Dr.-Ing. C. H. Dencker, Bonn

Prof. Dr.-Ing. K. Marks, TH Berlin-Charlottenburg

Obering. Theodor Stroppel, Braunschweig-Völkenrode

Dr. P. Friedheim, Berlin

Dr. K. Ebertz, DLG

Dr. agr. habil. J. Krüger, Humb.-Univ., Berlin

Prof. Dr.-Ing. H. Heyde, Humb.-Univ., Berlin

Dr. Ludwig Engelbrecht, ehem. RKTL

Prof. Dr. S. Rosegger, Potsdam-Bornim

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Zugegeben, Gästebücher sind nicht sehr beliebt. Wenn ich aber heute über unsere Gäste, insbesondere der

Landtechnik schreiben will, leisten sie mir unschätzbare Dienste. Nachzulesen sind in den etwa 50 Jahren

die Eintragungen zahlreicher Gratulanten mit vielen guten Wünschen zu Geburtstagen und Jubiläen, bei

denen man spürt, dass sie von Herzen kommen und auch den Dank für das, was mein Vater ihnen war

und gegeben hat. Ihr Dank galt stets auch der Hausfrau, die mit leiblichen Genüssen zum guten Gelingen

der Abende beitrug.

Es ist ein buntes Bild der Landtechniker: Doktoranden, Assistenten, Hochschullehrer-Kollegen, Fabrikan-

ten u.a., eine umfangreiche Liste. Viele bekannte Namen finden sich darunter. Sie in ein geordnetes

Schema zu bringen ist unmöglich.

Es gab frohe Stunden, aber auch besinnliche, wie am 20. Oktober 1932, als die engeren Mitarbeiter mei-

nes Vaters aus Anlass seiner vorzeitigen Emeritierung unsere Gäste waren. Dr. Hans Baier fasste die Ge-

danken in Reime:

Der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, ergreifen wir jetzt dieses Buch.

Wir schreiben wohl mit sehr viel Liebe und trotzdem fällt's uns schwer genug.

Die Bornimer Zeitung stimmte uns heiter, denn damals ging der Dienst noch weiter.

Da fanden wir mit frohem Lachen, die Reime auf die tollsten Sachen.

Doch heute fehlt der Verse Leim, auf Abschiedsabend gibt's keinen Reim.

Dies ungereimte Ding zeigt eben, dass alles hat ein End' im Leben.

Ja, heute ist es nicht so leicht, weil Herr Geheimrat uns entweicht.

Und solchen Chef, sagt selbst Herr Schmidt, bringt keine neue Ära mit.

Doch sei der Chef heut' nicht beweint. Wir hoffen, dass noch lang als Freund

er möge uns stets zur Seite stehen und wir noch oft zusammengehen.

Deshalb mit ungebroch'nem Mut die Gläser hoch für's Institut.

Besonders freundschaftlich gestaltete sich das Verhältnis zu Helmut Meyer und seiner Familie. Sie wohn-

ten auch in der Altensteinstraße, das ergab manche nachbarliche Gemeinsamkeit. In den Ferien haben sie

bei uns eingehütet. Als sie eine Wohnung auf der anderen Straßenseite bezogen, haben meine Schwestern

und ich ein ganzes Wochenende beim fröhlichen Umziehen geholfen. Der Kontakt zu ihnen riss nie ab,

auch nach meines Vaters Tod nicht. Noch 1987 habe ich Meyers in Miesbach besucht.

Eine ähnliche familienbezogene Freundschaft erwuchs aus der Nachkriegs-Hochschultätigkeit meines

Vaters mit seinem Doktoranden Joachim Krüger. Er wohnte nicht weit von uns in Lichterfelde und war

nicht nur oft unser Gast, sondern auch hilfreich zur Stelle, wann immer es nötig war. Sei es beim Möbel-

schleppen, wenn zwecks Renovierung die Zimmer aus- und wieder eingeräumt werden mussten, sei es

beim Äpfelpflücken, nachdem er meinen Vater davon überzeugt hatte, dass er mit 80 nicht mehr in den

Apfelbaum klettern müsste. Auch nach Vaters Tod bestand die enge freundschaftliche Beziehung unver-

ändert weiter, ebenso als gern gesehener Gast wie als Mann für alle Fälle. Sie blieb es bis zu seinem Tod

im November 1981.

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Bild 8: Sommerfest des Instituts für Landmaschinenkunde der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin in der

Außenstelle Schlepperprüffeld Bornim 1931

Legende von Prof. Dr.-Ing. A. Stroppel 1998 zur Verfügung gestellt

1 Herr Stroppel, 8 Helmut Meyer jr. 15 Herr Brecht 22 Herr Krey 29 Herr Vogel

2 Frau Drange 9 Frau Baier 16 Herr Kliefoth 23 Frau Fischer 30 Herr Pollitz

3 Herr Ebertz 10 Herr Lischke 17 Geheimrat Fischer 24 Herr Schwenn 31 Herr Wendt

4 Herr Baier 11 Frau Meyer 18 Herr Borrmeister 25 Irmgard Fischer

5 Herr Drange 12 Frau Lischke 19 Herta Fischer 26 Herr Kloth

6 Herr Ücker 13 Herr Küntzel 20 Herr Pape 27 Waltraut Fischer

7 Herr Meyer 14 Frau Küntzel 21 Herr Schleu 28 Frau Kloth

Legende zu Bild 8

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Waltraut Fischer

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Der Hochschullehrer

Die in der Anlage zu diesem Beitrag chronologisch aufgeführten Daten und Ereignisse lassen einiges von

dem inhaltsreichen Lehrer- und Forscherleben meines Vaters erkennen. Wegen seiner schwächlichen

Konstitution wurde er nicht zum Kriegsdienst eingezogen. So konnte er 30 Jahre lang kontinuierlich an

der Hochschule wirken. Gern nahm er dabei die auswärtigen Aufgaben wahr, z.B. die Maschinenprüfun-

gen auf den märkischen Gütern. Diese waren meist nur schwer erreichbar, deshalb wurde 1928 ein Auto

angeschafft. Auch meine Schwestern erwarben den Führerschein, nachdem sie bei Herrn Pollitz fahren

gelernt hatten.

Gute Kontakte entwickelten sich im Laufe der Jahre zu einigen Landmaschinenfabriken und deren Besit-

zern. So hat Familie Fahr, Gottmadingen, in den Jahren 1918 und 1919 meine Schwestern in den Ferien

eingeladen, um sie etwas aufzufüttern. Claas, Harsewinkel, hatte für den Bindemäher einen Knoter entwi-

ckelt, den mein Vater als Prüfender für gut befunden hatte. Er verhalf der Firma zu einem größeren Auf-

schwung. Als lustiges Knotermännchen wurde er seitdem zum Markenzeichen. Obwohl mein Vater nur

festgestellt hatte, dass in Harsewinkel etwas Gutes entwickelt worden war, bewiesen August Claas und

seine Frau ihm eine dankbare Anhänglichkeit.

Durch die Einrichtung der Außenstellen in Dahlem und später in Bornim vergrößerte sich der Radius sei-

nes Wirkens arbeitsmäßig und räumlich. Mit dem Auto war auch Bornim leicht erreichbar. In jedem

Sommer gab es dort ein großes Institutsfest. Alle Mitarbeiter aus der Invalidenstraße, von der Techni-

schen Hochschule und aus Dahlem fanden sich mit ihren Angehörigen auf dem Schlepperprüffeld ein

(Bild 8). Die Festzeitung sowie viele Fotos geben Zeugnis von der ungezwungenen Fröhlichkeit und der

guten Laune aller Beteiligten.

In der Festzeitung liest man noch heute von dem guten Miteinander der Generationen im Institut. Die

meist älteren Handwerker und die wesentlich jüngeren Assistenten gehörten eben zusammen und ergaben

eine recht gelungene Mischung. Überdies bestanden zwischen den einzelnen Dienststellen und ihren Mit-

arbeitern stets ein gutes Einvernehmen und eine selbstverständliche Zusammenarbeit in einem freund-

schaftlichen Klima. Aus mancher beruflichen Kollegialität ist eine lebenslange Verbundenheit geworden.

Auch zu meinem Vater behielten viele Institutsangehörige stets Verbindung, nicht nur nach seinem Aus-

scheiden aus der Hochschule, sondern über den Krieg hinaus bis zu seinem Tode. Sie besuchten ihn,

wann immer der Weg sie nach Berlin führte. Unser Gästebuch ist dafür ein eindrucksvoller Beleg.

Ebenso sind es die Briefe, die ihm seine ehemaligen Mitarbeiter schrieben und in denen immer wieder das

zum Ausdruck kommt, was wohl viele von Vaters Assistenten und Schülern oft empfunden haben: Eine

große Dankbarkeit für sein beispielhaftes Wirken und seine Menschlichkeit, die ihn zum überragenden

Vorbild werden ließen. Gerade weil in der immer technischer und materieller werdenden Welt auf uns

Ingenieuren eine besondere Verantwortung lastet auch Dankbarkeit dafür, diese Verantwortung aufge-

zeigt und mitgetragen zu haben, wie es in einem dieser Briefe heißt und das Versprechen, sein Lebens-

werk zu hüten, zu mehren und weiterzugeben.

Immer war es ihm wichtig, die Fühlung zum landtechnischen Geschehen zu behalten. Nie hatte er jedoch

gedacht, dass ihm dies noch einmal für sein altes Institut nützlich sein könnte.

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Waltraut Fischer

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Der Wunsch nach weiterhin enger Verbindung mit dem Institut, den 1932 Dr. Baier in seinem Ab-

schiedsgedicht zum Ausdruck gebracht hatte, sollte bereits kurz nach dem Kriegsende auf unerwartete

Weise erfüllt werden. Als 1945 die Universität ihren Betrieb wieder aufnahm und sich herausstellte, dass

Prof. Dencker aus politischen Gründen nicht zurückkehren konnte, trat man an meinen Vater mit der Bitte

heran, seinen Lehrstuhl noch einmal zu übernehmen. Er erklärte sich sofort dazu bereit, ohne Rücksicht

auf die Schwierigkeiten, die ihn erwarten würden. Bereits am 1. Juni 1945 nahm er seine Tätigkeit an der

Fakultät wieder auf und kümmerte sich um den Fortbestand seines Landmaschineninstitutes. Der Dekan

der Landwirtschaftlichen Fakultät, Prof. Kappert und der Rektor der Universität Berlin, Prof. Stroux be-

scheinigten ihm für seine Wiedereinstellung:

Prof. Fischer hat sich um die Entwicklung des Landmaschinenbaus und den Einsatz der Maschinen in der

Landwirtschaft verdient gemacht ... Die politische Einstellung von Prof. Fischer war nicht nationalsozia-

listisch.

Bereits am 20. Juni 1945 legte er sein Programm für Vorlesungen und Übungen vor. Der Weg zum Insti-

tut war damals beschwerlich. In Berlin gab es nur wenige Verkehrsmittel. So fuhr er mit der S-Bahn bis

zur Nähe des Potsdamer Platzes und wanderte von dort aus durch die zerstörte Stadt zur Invalidenstraße.

Manche materiellen und personellen Engpässe mussten überwunden werden. Es gelang ihm, sein altes

Institut wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

Der Präsident der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetisch besetzten Zone bestätigte ihn

am 29.01.1946 als ordentlichen Professor mit Lehrstuhl für landwirtschaftliches Maschinenwesen in der

Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Berlin, zum zweiten Mal in seinem Leben für dieses Wis-

sensgebiet in Berlin. 1946 begann offiziell der Universitätsbetrieb wieder. Im Wintersemester 1946/47

hielt er Vorlesungen der Landmaschinenkunde. Einer seiner ersten Assistenten war Dipl.-Landw. Joachim

Krüger, der im März 1947 bei ihm und Prof. Opitz promovierte.

Durch den Krieg waren die Kontakte zu früheren Mitarbeitern unterbrochen worden. Als sich dann das

Leben allmählich normalisierte, wurden sie mit einem oft regen Briefwechsel wieder aufgenommen. In

einem Brief an Theodor Stroppel schreibt mein Vater 1947 über einige seiner Sorgen als Institutsdirek-

tor2:

Sehr zu bedauern ist für unser Fach die völlige Zweiteilung Deutschlands, wie sie augenblicklich vorliegt.

Auf jeder Seite ein KTL, bald wohl auch auf jeder Seite eine DLG, keine freie Reisemöglichkeit, unglaub-

liche Schwierigkeiten bei der Versendung einer Maschine in eine andere Zone und was nicht noch alles.

Wir haben uns seit dem Winter vergebens bemüht, eine Kohlpflanzmaschine aus Dithmarschen herzube-

kommen, aber alle Wege sind verstopft. Selbst innerhalb Berlins sind die Schwierigkeiten manchmal un-

überwindlich. Ein Beispiel: Das KTL wünscht einen leichten Drehpflug für Kuhanspannung. Die russi-

sche Behörde hat großes Interesse daran und unterstützt die Arbeit. Die Deutschen Industriewerke bauen

eine neue, sehr zweckmäßige Type. Sie wollen für die Entwicklungsarbeiten 300 kg Stahl haben, aber die

Russen bewilligen ihn nicht, weil die Fabrik im englischen Sektor liegt und die Briten nicht, weil der

Pflug in die Provinz, also in die russische Zone gehen wird. Und nun muss man doch darauf gefasst sein,

dass sich die vier überhaupt nicht einigen, und dass die Trennung zum Dauerzustand werden wird. Ha-

ben wir das wirklich verdient?

Am 1. April 1947 nahm sein Nachfolger, Prof. Dr.-Ing. Heinrich Heyde, seine Tätigkeit auf. Über ihn

schreibt mein Vater im Mai 1947 einem Freund2:

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Waltraut Fischer

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Mein Nachfolger hat sich mit der ganzen Energie, die wir an ihm kennen, in die Arbeit hineingestürzt und

ich glaube bestimmt, dass er gute Erfolge haben wird. Er kennt unser Fach und die Welt, in der die Land-

maschinen arbeiten müssen, sehr gut, ist sogar ein sehr tüchtiger Landwirt und außerdem wird sein pä-

dagogisches Talent von allen Stellen, an denen er es beweisen konnte, ganz besonders gelobt. Man wollte

ihn auch im letzten Augenblick, ehe er zu uns berufen wurde, noch an die Pädagogische Akademie zur

Ausbildung der Gewerbelehrer haben. Wenn er also auch draußen vielen Fachgenossen unbekannt sein

wird, glaube ich doch, dass er sich bald bekannt machen wird.

Mein Vater hat mit seiner Einschätzung und Vorhersage recht behalten. Die guten Beziehungen von

Prof. Heyde zu unserer Familie bestanden auch nach dem Tod meines Vaters fort, wie auch aus dem Brief

aus Anlass des 100. Geburtstages meines Vaters an meine Mutter hervorgeht, der in diesem Band veröf-

fentlicht ist.

Als Emeritus

Im April 1948 wurde er nach 1932 zum zweiten Mal in seinem Leben emeritiert. Seine Verbindung zum

Institut hatte er damit keineswegs aufgegeben.

Ich beteilige mich einstweilen noch an manchen Arbeiten und denke auch, meine häusliche Arbeit in

unserem Fach noch fortzusetzen; denn durch die fast zweijährige Tätigkeit, die ich nun wieder ausgeübt

habe, bin ich wieder in den ganzen Komplex hineingekommen und bei uns im Osten liegen ja infolge der

Bodenreform neue Probleme vor, schrieb er in einem Brief2.

Als Emeritus war mein Vater schon nach 1932 nicht untätig gewesen. Im Haus und Garten gab es immer

etwas zu tun, zumal für technisch begabte Menschen. Im Keller hatte er sich einen Werkraum eingerichtet

mit umfangreichem Handwerkszeug, in dem gesägt, geleimt und gehämmert wurde. Immer wieder fiel

ihm etwas ein, was im Haus gebraucht werden könnte. Auch dem Garten widmete er viel Zeit und Gründ-

lichkeit, soweit es seine körperlichen Kräfte erlaubten. Der Nachmittag gehörte dem Schreibtisch.

Auch nach der Emeritierung 1948 beschäftigte er sich vor allem fachlich, las einschlägige Literatur, er-

stellte Gutachten und gab noch 1951 eine Neuauflage seiner Landmaschinenkunde heraus. Er nahm star-

ken Anteil am Neuaufbau und an allen dabei zu überwindenden Schwierigkeiten. So verfolgte er mit gro-

ßem Interesse den Aufbau der Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig-Völkenrode durch

seine ehemaligen Mitarbeiter W. Kloth, H. Meyer und Th. Stroppel. Einige Mal war er zu Besuch in der

FAL. Auch für uns Familienmitglieder war es sehr angenehm, bei Reisen in den Westen bald nach der

Grenze bei guten Freunden einen Zwischenhalt einlegen zu können (Bild 9). Aus den folgenden Zeilen

geht auch hervor, wie wichtig sein persönlicher Einsatz ab Juni 1945 zur Sicherung des Instituts gewesen

ist: Es ist ein wahrer Jammer, dass alle arbeitswilligen Männer so viele Hindernisse finden, ehe sie an

die so dringend nötigen Aufgaben herangehen können. Entweder ist kein geeigneter Arbeitsraum zu fin-

den, oder, wenn er da ist, fehlen die Einrichtungen, Messinstrumente, usw. bis zum Schreibpapier. Herr

Marks sitzt, wie ich jetzt hörte, in zwei leeren Räumen in der TU, wo er außer ein paar geborgten Möbeln

gar nichts hat. Damit verglichen kann sich unser Institut in der Invalidenstraße noch glücklich schätzen,

obwohl durch die Besatzung so vieles abtransportiert worden ist, schreibt er 1947 an Theodor Stroppel2.

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Waltraut Fischer

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Bild 9: Meine Eltern besuchten 1949 Prof. Kloth (r) in seinem

neuen Institut in Braunschweig-Völkenrode

Die Bindungen zu seinem ehemaligen Institut für Landmaschinen waren stabil, getragen von der hohen

Wertschätzung meines Vaters für Prof. Heyde und umgekehrt (Bild 10).

Bild 10: Gemeinsamer Besuch meines Vaters mit Prof. Heyde (r)

in Blumberg 1949

Zu größeren Institutsfeiern wurde er regelmäßig eingeladen, so auch zum Dienstjubiläum des langjähri-

gen Institutsmitarbeiters Hermann Wendt (Bild 11).

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Waltraut Fischer

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Bild 11: 50-jähriges Dienstjubiläum von Herrn Wendt am 01.07.1955

Obere Reihe, v. l. n. r.: Prof. Kurt Marks, TU Berlin; Ing. Johannes Plaetschke, DL. Konrad Idel, Mechanikermeister Hubert

Krzizowski, Oberass. Dr. Wolfgang Stutterheim,

Untere Reihe, v. l. n. r.: Dr. Joachim Krüger, Frau Wendt, Verw.-Hilfskraft Helga Schulze, Prof. Gustav Fischer,

Hermann Wendt, Schlossermeister Emil Vogel, Prof. Heinrich Heyde, Sekretärin Hannelore Neumann, Dr. Klaus Kames,

Dr. Bernhard Hoffmann

Mit großem Interesse verfolgte er nach wie vor das politische Geschehen. Die Einschränkung der Freizü-

gigkeit auch für Besuche westdeutscher Fachkollegen in Ostdeutschland stieß bei ihm auf Unverständnis.

Ich begrüße es immer, wenn zwischen den Kollegen von Ost und West die Verbindung aufrechterhalten

und vertieft wird und ich halte das westdeutsch-offizielle Verfahren für recht ungeschickt. Was soll denn

mit der Ablehnung der rein wissenschaftlichen Gemeinsamkeit erreicht werden?

Wenn man einerseits immer dazu auffordert, Pakete an Bekannte im Osten zu schicken, um zu zeigen,

dass man die Menschen drüben nicht vergisst und wenn man immer schöne Reden über die Wiederverei-

nigung hält, muss man jede Gelegenheit zu persönlichen Kontakten fördern. Geheimnisse sind doch nicht

zu verraten und man wird ja wohl nicht fürchten, dass unsere Kollegen aus dem Westen drüben ideolo-

gisch infiziert werden. Dass die anderen Herren aus Völkenrode vergebens auf die Reisegenehmigung ge-

wartet haben, ist nicht der erste Fall dieser Art, den ich kenne. Es liegt also offenbar Methode darin,

schreibt er 1958 in einem Brief an Theodor Stroppel2.

Da sein Interesse nie einseitig gewesen war, dehnte er seine Lektüre auch auf andere Gebiete aus. In den

letzten Jahren las er z.B. neuere Theaterstücke, da ihm Theaterbesuche gesundheitlich nicht mehr möglich

waren. Außerdem schrieb er viele Briefe, besonders gern an seine Nichten, die Töchter seiner bereits An-

fang der 20er Jahre verstorbenen Brüder. Sie alle hingen sehr an ihm, zumal er auch der Letzte der älteren

Generation war. Immer wieder bewunderte man ihn, wie er mit seiner immer zittriger werdenden Hand

die von ihm seit je gewohnte, wie gestochene Handschrift zu Stande brachte.

Einen buchstäblich lebenswichtigen Vorteil nicht nur für meinen Vater, sondern auch für den gesamten

Familienhaushalt brachte ihm die Hochschultätigkeit: Als an herausgehobener und verantwortungsvoller

Stelle stehender Geistesarbeiter bekam er 1945 die Lebensmittelkarte 1 für Schwerarbeiter. Sonst hätte

ihm als Nichtschaffendem im Ruhestand nur die Stufe 5 zugestanden, die knapp zum Überleben reichte,

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Waltraut Fischer

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aber nie zum Sattwerden. Was mein Vater aber nicht voraussehen konnte und womit er nicht gerechnet

hatte: Aus seiner Bereitwilligkeit, unmittelbar nach Kriegsende an der Humboldt-Universität das Institut

für Landmaschinen vorübergehend zu leiten, erwuchsen ihm erhebliche finanzielle Nachteile. Es fing da-

mit an, dass er nach der Währungsreform im Juni 1948 als Emeritus der Ostberliner Universität seine

Rentenbezüge in Ostmark bekam. Als Westberliner durfte er einen Teil im Verhältnis 1:1 umtauschen.

Von dem übrigen gab es für vier Ostmark eine Westmark. Das bedeutete häufige Fahrten von Dahlem in

den Ostsektor, um möglichst viel dort einzukaufen. Die Fahrten zwischen Ost- und Westberlin funkti-

onierten damals noch weitestgehend ungehindert. Das hieß für ihn nicht nur eine jahrelange doppelte

Buchführung in Ost- und Westmark, er führte darüber ein exaktes Haushaltsbuch, (s. Nachlass G. Fischer,

Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin, Eichborndamm 131), sondern es erschwerte im Laufe der

Jahre die finanzielle Situation ganz erheblich. Erst Mitte der 50-er Jahre übernahm der Senat von West-

berlin seine Pensionszahlung. Aber anstelle der von 1932 bis 1945 selbstverständlichen Emeritenbezüge

wurde ihm nur Ruhestandsgeld überwiesen. Nach langwierigem und mühsamem Schriftwechsel erreichte

er 1958 endlich die offizielle Wiederanerkennung als Emeritus durch den Senat. Damit verbesserte sich

dann auch die finanzielle Lage wieder. Bei der Erkundung geeigneter Wege zur Wiedererlangung seiner

Rechte als Emeritus war ihm Dr. Krüger ein auch auf diesem Gebiet versierter und kompetenter Be-

gleiter.

In der Buggestraße

Mein Vater war in seinem Leben nicht oft umgezogen. Geboren in der Köpenicker Straße, jetzt Bezirk

Mitte, aufgewachsen in der Schillstraße, Bezirk Tiergarten, wohnte er später in der Röntgenstraße in

Charlottenburg und in den ersten beiden Ehejahren in der Spenerstraße in Moabit. Von 1907 bis 1959,

also 52 Jahre, wohnte unsere Familie in Dahlem, in der Altensteinstraße 57 (Bild 12).

Unser Haus war im Krieg nur leicht beschädigt worden und konnte weiterhin in beiden Etagen bewohnt

werden. Meine Schwester Herta und ich waren außerhalb Berlins beruflich tätig. Der Haushalt konnte

also verkleinert werden und die Restfamilie in die untere Etage ziehen. Die drei Zimmer im oberen

Stockwerk wurden an ausgebombte Verwandte und befreundete Flüchtlinge vermietet. Auf die Dauer

führte das aber zu einigen Schwierigkeiten, da dieses Haus als Einfamilienhaus gebaut war. Auch der

Garten erforderte mehr Arbeit, als kräftemäßig noch zu bewältigen war. Daher entschlossen wir uns 1959,

das Haus zu verkaufen und in eine bequemere Etagenwohnung umzuziehen.

Bild 12: Unser Haus in der Altensteinstraße 57

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Waltraut Fischer

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Sie fand sich in der Buggestraße in Steglitz. Natürlich wurden wir von allen Seiten gewarnt, dass alte

Bäume nicht verpflanzt werden sollten. Mein Vater war damals 89 und meine Mutter 77 Jahre alt. Nach

dem Umzug zeigte sich jedoch sehr bald, wie richtig unsere Entscheidung gewesen war. Das Haus war in

den letzten Jahren eine immer stärkere Belastung geworden. Die Erleichterung über das bequemere Leben

in der neuen Wohnung überwog alle Umstellungsschwierigkeiten. Jedenfalls haben wir alle uns sehr

schnell in die neue Umgebung in der Buggestrasse eingelebt. Mein Vater hat sich auch in seinen letzten

Jahren hier sehr wohl gefühlt.

Wie bei allen alt werdenden Menschen musste er von vielen Weggefährten, auch jüngeren, Abschied neh-

men. Der Kreis um ihn wurde immer kleiner (Bild 14).

Bild 14: Zum 90. Geburtstag mit Prof. W. Kloth (l) und Prof. H. Meyer (r)

Verwandte von seiner Seite gab es in Berlin nicht mehr. Die Verwandten meiner Mutter mochten ihn

zwar alle sehr, aber das beruhte nicht immer auf Gegenseitigkeit. Umso mehr schätzte er die Ausnahmen,

Menschen, mit denen er gute Gespräche führen konnte. Ganz besonders und sehr gern denke ich dabei an

Tante Trudi Focken, mit der wir trotz Verwandtschaft und Wohnnähe erst nach dem Krieg in Verbindung

kamen. Bald entwickelte sich eine echte Freundschaft der ganzen Familie mit ihr, an der auch mein Vater

beträchtlichen Anteil hatte - in einem Alter, in dem neue Bekanntschaften meist nicht mehr dazu führen.

Bild 13: Vor dem Umzug in die Buggestraße

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Waltraut Fischer

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Bild 15: Familiengrab auf dem

Friedhof der St. Annenkirche

in Dahlem

In einem seiner Briefe schrieb er: Ich empfinde die Gnade, die mich so

alt werden ließ, umso stärker, als ich vor Jahren damit rechnen musste,

dass ich keine lange Lebenszeit mehr vor mir haben würde. Auch spä-

ter bin ich ein paar Mal in Situationen gekommen, die mich auf alles

gefasst sein ließen. Da habe ich gelernt, wie sehr wir auf eine höhere

Führung angewiesen sind. Jetzt bin ich so alt, dass ich ohnehin immer

auf das Ende vorbereitet sein muss und der Gedanke daran schreckt

mich nicht.

Er starb am 24. August 1963, einen Tag vor meinem Geburtstag. Wir

hatten durchaus mit der Möglichkeit gerechnet, dass diese beiden Da-

ten zusammenfallen könnten. Als ich Tante Trudi anrief, um ihr zu

sagen, dass diese Gleichzeitigkeit nicht eingetreten sei, war ihre Ant-

wort:

Typisch Euer Vater, rücksichtsvoll bis zum letzten Atemzug. Dem ist

nichts weiter hinzuzufügen.

Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof der St. Annenkirche in Dahlem (Bild 15).

Am 10. Oktober 1963 veranstaltete die Max-Eyth-Gesellschaft in Würzburg eine Feierstunde zum Geden-

ken an meinen Vater. Meine Schwester Herta, die damals in München tätig war, konnte daran teilnehmen.

Zur gleichen Stunde traf sich ein kleiner Freundeskreis meines Vaters an seinem Grab auf dem St. An-

nenfriedhof.

In einer kurzen Ansprache gedachte Herr Dr. Oberlack als Vertreter der Max-Eyth-Gesellschaft des Ver-

storbenen, wies auf die Gleichzeitigkeit der Feierstunden hin und legte einen Kranz nieder.

In Würzburg hielt Prof. Helmut Meyer die Gedenkrede. Nach einem Überblick über das Leben und Wir-

ken meines Vaters sprach er in warmen und herzlichen Worten über den Menschen Gustav Fischer.

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Helmut Meyer

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Nachruf für Geheimrat Gustav Fischer6

Helmut Meyer

Kurzfassung: In einer Feierstunde am 10. Oktober 1963 in Würzburg gedachte die Max-Eyth-

Gesellschaft des vor kurzem verstorbenen Geheimrates Gustav Fischer. Aus dieser Rede von Helmut

Meyer wird ein Auszug wiedergegeben.

Am 24. August 1963 ist Geheimrat Gustav Fischer nach kurzer Krankheit in Berlin im Alter von fast 93

Jahren verstorben. Die landtechnische Wissenschaft verlor damit den Nestor ihrer Disziplin.

Am 28. November 1870 geboren, bestand Gustav Fischer im Herbst 1889 die Reifeprüfung in Berlin mit

dem Entschluss, Maschinenbau zu studieren. Nach einem Jahr Praxis in der Eisenbahn-Hauptwerkstatt

Tempelhof studierte er zunächst in München und anschließend an der TH Berlin-Charlottenburg. April

1895 legte Gustav Fischer die Prüfung als Regierungs-Bauführer und im November 1898 als Regierungs-

Baumeister ab. In der Tätigkeit bei der Staatsbahn fand er aber anscheinend keine volle Befriedigung. So-

bald er nämlich erfuhr, dass im Februar 1898 die DLG ein Stipendium ausgesetzt hatte, das einem Ingeni-

eur einen einjährigen Aufenthalt in landwirtschaftlichen Betrieben ermöglichen sollte, bewarb er sich

darum. Auf dem Gut Münchenhof bei Quedlinburg war seine erste Stelle als erster Stipendiat der DLG.

Fischer berichtete damals, dass ihm, dem Stadtkind, eine ganz neue Welt aufgegangen sei. Zu dem hier

Erlebten brachten Vorlesungen an der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Halle im Winterse-

mester 1899/1900 die Ergänzung.

Ein zweites Stipendiatenjahr ermöglichte ihm eine Tätigkeit bei der damals angesehenen Landmaschinen-

fabrik D. F. Eckert, Berlin und die Aufnahme einer Doktorarbeit bei dem bekannten Volkswirtschaftler

Professor Sering, Berlin.

Bereits die Maschinenfabrik Eckert schickte ihn nach Paris zum Besuch der Weltausstellung und im Som-

mer 1901 konnte er mit einem Stipendium des Preußischen Landwirtschafts-Ministeriums, zu dem ihn die

DLG vorgeschlagen hatte, eine fünfmonatige Studienreise nach Nordamerika machen. Er nutzte die Zeit,

um die Verhältnisse in der Landmaschinenindustrie und der Landwirtschaft zu studieren; er kam bis nach

Kalifornien, wo ihn besonders der Obstbau und die Verwertung des Obstes interessierten.

Zurückgekehrt, stellte er seine Doktorarbeit "Die sociale Bedeutung der Maschinen in der Landwirt-

schaft" fertig, sah aber dann zunächst keine Ansatzpunkte, um seine landtechnischen Kenntnisse zu ver-

werten.

Da erreichte ihn Ende 1901 die Nachricht, dass an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin eine Pro-

fessur für Landmaschinenkunde geschaffen werden solle. Die DLG um Rat gefragt, schlug ihn vor, so-

dass er am 1. April 1902 zunächst kommissarisch, im nächsten Jahr als ordentlicher Professor die Aufga-

be übernehmen konnte, der er Zeit seines Lebens treu blieb. Er selbst berichtete, dass dieses Amt ihm auf

Kredit übertragen worden sei, da er ja zu der Zeit noch keine echten Leistungen habe vorweisen können.

Zunächst bestand auch noch kein Institut, noch nicht einmal ein Assistent stand ihm zur Verfügung.

6Landtechnische Forschung 13 (1963) H.6, S. 169-170.

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Helmut Meyer

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1919 wurde Gustav Fischer Privatdozent mit Lehrauftrag an der Technischen Hochschule Berlin-

Charlottenburg und hielt von da an hier Vorlesungen. Im Herbst 1932 musste er aus Gesundheitsgründen

sämtliche Ämter niederlegen und sich emeritieren lassen. Sein Nachfolger an der Landwirtschaftlichen

Hochschule wurde Carl Heinrich Dencker, an der Technischen Hochschule Willi Kloth.

Als sein Lehrstuhl 1945 durch den Zusammenbruch und die sowjetische Besetzung verwaist war, über-

nahm er erneut sein altes Institut und den Lehrstuhl und machte sich mit seinen alten und mit neuen Mit-

arbeitern an den Wiederaufbau des Instituts, das fast völlig zerstört war. 1947 konnte er dieses Amt wie-

der an einen jüngeren Nachfolger, an Heinrich Heyde übergeben und sich 1948 endgültig von der

Berufsarbeit zurückziehen. Seinen Lebensabend verbrachte er, umsorgt von seiner Familie, in Berlin.

Soweit in kurzen Zügen ein Überblick auf den äußeren Lebensweg von Geheimrat Fischer.

Ehe ich jetzt auf seine Leistungen eingehe, möchte ich kurz die Situation schildern, in die Gustav Fischer

sich am Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn gestellt fand. Um die Jahrhundertwende stand die

Landtechnik noch völlig im Zeichen des Gespannzuges. Die einzige mechanische Kraftquelle war die

Lokomobile, stationär oder als Dampfpflug, beschränkt auf ausgesprochene Großbetriebe. In Amerika

hatte Fischer Großbetriebe mit vielen Gespannen kennengelernt und von Mähdreschern lediglich gehört,

die von vielen Mauleseln oder von Lokomotiven betrieben wurden. Der Elektromotor war zwar schon in

Industrie und Gewerbe eingeführt, jedoch in der Landwirtschaft nur in wenigen Großbetrieben.

Aereboe hatte seine Beiträge zur Wirtschaftslehre des Landbaus und die allgemeine landwirtschaftliche

Betriebslehre noch nicht geschrieben. Die ganzheitliche Betrachtung des landwirtschaftlichen Betriebes

und der Landarbeit war noch nicht gewonnen.

Welche Dynamik aber in der damaligen Entwicklung lag, geht gerade aus der schon erwähnten Disserta-

tion von Gustav Fischer aus dem Jahre 1902 hervor.

Einleitend schrieb er hier: Die Beschaffung der Arbeiter wird immer schwieriger, so dass heute die Ar-

beitsfrage für alle Wirtschaften, zu deren Betrieb die Familie des Besitzers allein nicht ausreicht, eine

sehr wichtige Rolle spielt.

Er erwähnt, dass vom Jahre 1884/85 bis zum Jahre 1895/96, also in elf Jahren, die Tagelöhne um 30 %

gestiegen sind. Aus der Besprechung der verschiedensten Maschinen hinsichtlich ihrer Kosten und Leis-

tungen zieht er den Schluss, dass der Landwirt mit solchen Maschinen Arbeiten ausführen könne, für

welche sonst Arbeitskräfte überhaupt nicht zu finden wären und er erlange damit größere Freiheit in der

Wahl des Wirtschaftssystems. Die Maschine gebe auch die Möglichkeit, tüchtige Arbeiter durch Extra-

löhne vor ihren weniger brauchbaren Genossen auszuzeichnen und sie der Landwirtschaft zu erhalten.

Abschließend bemerkt er: Die neueren Konstruktionen von Maschinen für die Bedürfnisse der Kleinbe-

triebe sowie die gemeinsame Benutzung durch mehrere Besitzer geben auch ihnen die Möglichkeit, sich

die Vorteile der Maschinenarbeit zunutze zu machen. Die Maschinen in der Landwirtschaft sind durchaus

keine Domäne des Großbetriebes, und das Verständnis für ihren Wert ebenso wie die Möglichkeit ihrer

Benutzung werden im raschen Tempo wachsen und sie bis in die Parzellenbetriebe, namentlich in die

Bauernwirtschaften, hineinführen als ein neues Hilfsmittel in dem harten Kampf, den unsere Landwirt-

schaft um ihre Existenz zu führen hat.

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Helmut Meyer

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Auf der Basis dieser Erkenntnisse hat er sich 1902 an die Arbeit gemacht. Dabei ging es ihm in den ersten

Jahren zunächst um die Entwicklung ingenieurmäßiger Methoden und die Schaffung der entsprechenden

Einrichtungen für die Untersuchung der Landmaschinen als Voraussetzung für eine wirkungsvolle und

sichere Prüfung.

1905 arbeitete Fischer das Leimstreifen-Verfahren für die Untersuchung der Verteilung der Saat in der

Reihe bei Drillmaschinen aus. Bei der DLG-Vergleichsprüfung von Drillmaschinen 1910 wendete er die-

ses Verfahren mit Erfolg an. Er machte bereits Hangversuche auf dem Felde bergauf, bergab und quer

zum Hang, wobei auch der mittlere Zugwiderstand mit seinen Schwankungen sorgfältig festgestellt

wurde.

Die 1906 erfolgte Gründung des Verbandes landwirtschaftlicher Maschinen-Prüfungs-Anstalten (VIM-

PA) ging auch auf Fischers Initiative zurück. Der Verband hatte die Aufgabe, einheitliche Untersu-

chungsverfahren zu schaffen; er hat hierin Gutes geleistet. Aber die Zeit war für ein solches Unterfangen

eigentlich noch nicht reif und sie ist erst heute auf nationaler Ebene für die Landmaschinen von der DLG

in flexibler Weise gelöst, auf europäischer Ebene für die Ackerschlepper durch das Schlepperprüffeld und

die OECD.

1910 hatte der erste deutsche Motorpflug von Robert Stock seine ersten guten Erfolge im praktischen

Betrieb erzielt. 1913 führte Fischer für die DLG die Vergleichsprüfung der Motorpflüge, bestehend aus

Mess- und Dauerversuchen, durch. An ihr nahmen sowohl Motortragpflüge, wie zum Beispiel der Stock-

Motorpflug und ein Seilmotorpflug nach dem Zwei-Maschinen-System, als auch sogenannte Schlepper-

pflüge, nach heutigen Begriffen schwere Ackerschlepper wie der IHC-Mogul, ein Caterpillar-Halbketten-

schlepper und zwei Pöhl-Schlepper teil.

Die weiteren DLG-Prüfungen kann ich übergehen, sie bezogen sich auf fast alle Maschinen und Geräte;

erwähnen möchte ich nur noch die DLG-Vergleichsprüfung von Kartoffellegemaschinen im Jahre 1913,

deren Ergebnisse Fischer jedoch als nicht recht befriedigend bezeichnete.

Zwischen der DLG und den an den Prüfungen beteiligten Wissenschaftlern auf der einen Seite und der

Industrie auf der anderen haben sich in diesen Jahren anscheinend manche Differenzen gezeigt; denn im

Bericht über die Hauptprüfung der Drillmaschinen im Jahre 1912 führte Fischer, nachdem er erklärt hatte,

dass schon 1904 geäußerte Wünsche für die Vervollkommnung der Drillmaschinen nur zum geringen

Teil erfüllt worden seien, folgendes aus:

Die Technik hat also durchaus keinen Grund, selbstbewusst auf die hohe Vollendung dieser Maschinen

hinzuweisen und sich mit dem Erreichten zu begnügen. Auch der Einwand, dass die praktischen Land-

wirte anerkennend über manches urteilen, was von den Richtern bemängelt wird, ist nicht stichhaltig.

Denn der Praktiker muss für sich die beste zur Zeit vorhandene Maschine aussuchen um mit ihr, so gut es

geht, zu arbeiten; eine Prüfung, die ihre Aufgabe nicht in einer Medaillenverteilung erschöpft, sondern

die Maschinentechnik fördern will, hat das Recht und die Pflicht, solange auf Mängel hinzuweisen, bis sie

überwunden sind.

Die hohe Auffassung von der Aufgabe der Prüfungen hat sich bis heute in ihren Grundzügen erhalten; die

Erfolge, die die Industrie bei ihren Entwicklungen gezeigt hat und zeigt, machen heute eine derartige

Schärfe in der Kennzeichnung der Aufgabe der Prüfungen erfreulicherweise nicht mehr erforderlich.

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Helmut Meyer

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Bei Fischer verstärkte sich im Lauf seiner Arbeiten die Auffassung, dass die Prüfungen von Landmaschi-

nen nicht die Aufgabe der landtechnischen Wissenschaft ausschöpfen können, dass vielmehr eine exakte

wissenschaftliche Forschung als Basis für die industrielle Entwicklung und für die Lehre erforderlich sei.

Er bemühte sich deshalb immer wieder, Möglichkeiten für landtechnische Forschungen zu schaffen, sol-

che durchzuführen oder ihre Durchführung durch andere anzuregen.

1920 wurde als beratendes Organ für das Reichsernährungs-Ministerium der Reichsausschuss für Technik

und Landwirtschaft gegründet, der für eine Förderung der landtechnischen Entwicklung sorgen sollte.

Fischer gehörte diesem Ausschuss bereits an; die Wirkung dieses Reichsausschusses gestaltete sich je-

doch noch nicht so, wie er selbst und die interessierten Kreise es erhofft hatten. Er konnte allerdings die

Gründung eines Archives des Landmaschinenwesens in Anlehnung an sein Institut erreichen, dessen Do-

kumentation ab 1927 in der "Technik in der Landwirtschaft" veröffentlicht wurde. Der Reichsausschuss

wurde 1928 in das Reichskuratorium für Technik in der Landwirtschaft umgewandelt. In Freiherrn von

Wilmowsky fand es einen Vorsitzenden mit ausgezeichneten Verbindungen nach allen Seiten und mit

dem Willen, der landtechnischen Wissenschaft die Möglichkeit zu umfangreichen Forschungen zu geben,

und in Schlabach den tatkräftigen Geschäftsführer.

Als Vorstandsmitglied fand Gustav Fischer hier Ohr für seine Pläne, die 1928 zu der Gründung des

Werkstoffprüffeldes unter Willi Kloth und des Schlepperprüffeldes Bornim führten.

Der Abschied aus seinem Amt 1932 fiel Fischer nicht leicht. Er hatte aber die Genugtuung, dass die Ein-

richtungen, die er geschaffen hatte, sich als lebensfähig und fruchtbar für Forschung, Lehre und industri-

elle Entwicklung erwiesen; er hatte auch die Befriedigung, Nachfolger gefunden zu haben, von denen der

eine über seine eigene Betrachtungsweise der Landmaschinen hinaus sie nunmehr im gesamten Arbeits-

ablauf der Betriebe auffasste und hier an bestimmten Engpässen mit seinen Forschungsarbeiten einsetzte,

und der andere seine Aufgabe in der Schaffung von Unterlagen für beanspruchungsgerechte Konstruktio-

nen sah.

Als Lehrer an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin gab Gustav Fischer in den vielen Jahren seines

Wirkens vielen jungen Landwirten eine solide Wissensgrundlage auf der Basis des von ihm selbst Erar-

beiteten. Trotz des damals sehr spröden Lehrstoffs verstand er es als Lehrer an der Technischen Hoch-

schule Berlin, angehenden Ingenieuren ein Verständnis für die Landtechnik als ein Grenzgebiet zwischen

belebter und unbelebter Natur zu vermitteln.

Fischer hat in vielen Veröffentlichungen und Vorträgen seine Ansichten zu der landtechnischen Entwick-

lung und die Ergebnisse seiner Forschungen dargestellt und so einen großen Einfluß auf die Entwicklung

ausgeübt. Von seinen Veröffentlichungen sollen nur die Landwirtschaftliche Maschinenkunde, die Land-

maschinenkunde, Die Entwicklung des landwirtschaftlichen Maschinenwesens in Deutschland (mit ande-

ren) und Geräte, Maschinen und Bauwesen in Geschichte der DLG erwähnt werden.

Bei dieser Fülle von Arbeiten und Leistungen, bei diesem weiten Wirkungsbereich war es nur verständ-

lich, dass ihm auch viele Ehrungen zuteilwurden, von denen ich nur einige anführen möchte. Schon 1910

wurde ihm die Silberne Max-Eyth-Gedenkmünze von der DLG verliehen, später auch noch die Goldene.

1918 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Zweimal war er Rektor der Landwirtschaftlichen

Hochschule und schließlich erhielt er 1948 die Ehrendoktorwürde der Universität Bonn.

Page 38: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Helmut Meyer

32

Kennzeichnend für ihn scheinen mir zu sein die Bescheidenheit, die er sich während seines ganzen Le-

bens bewahrte, die Gründlichkeit, das zielstrebige Denken und Handeln, die unbedingte Wahrheitsliebe

und endlich das warme menschliche Gefühl, das er allen seinen Mitarbeitern und Schülern entgegenge-

bracht hat. Immer wieder kehrten diese zu ihm zurück, berichteten über ihre Arbeiten und sein Interesse

galt, besonders in den letzten Jahren, nicht nur dem beruflichen Werdegang und den Arbeiten seiner

früheren Mitarbeiter, sondern auch deren persönlichem Ergehen und ihren Familien. Ich möchte jedem

akademischen Lehrer wünschen, dass er sich im Herzen seiner Schüler und Mitarbeiter ein so dauerndes

Denkmal setzt wie Geheimrat Fischer.

Page 39: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Heinrich Heyde

33

Zum 100. Geburtstag von Prof. Dr. Gustav Fischer

Heinrich Heyde

Kurzfassung: Aus Anlass des 100. Geburtstages von Gustav Fischer hielt Prof. Heyde 1970 an der Land-

wirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität eine Gedenkvorlesung. Darüber schreibt

er Frau Fischer.

Verehrte, liebe Frau Fischer, heute, am Tage der hundertsten Wiederkehr des Geburtstages, bin ich mit

meinen Gedanken bei meinem hochverehrten, geliebten Lehrer und Amtsvorgänger, dankbar für alles,

was er mir an Unterweisung während des Studiums und an Ratschlägen während meiner Nachfolge gege-

ben hat, dankbar für das allerdings unerreichte Vorbild, das er mir gewesen ist.

Meine Gedenkvorlesung hielt ich schon am Vortage - weil ja heute arbeitsfreier Sonnabend - im kleinen

Hörsaal des ehemaligen Instituts, an der gleichen Stelle, wo auch unser verehrter Herr Geheimrat im Win-

ter-Semester 1946/47 seine Vorlesungen hielt. Was ich vom erfolgreichen und unermüdlichen Wirken des

Gründers unseres Institutes vortrug, hat den landtechnischen Nachwuchs der heutigen Generation sehr

beeindruckt, wie mir mehrere Zuhörer nachher versicherten.

Zur Vorbereitung des Vortrages habe ich in den letzten Wochen fast alle der über 150 Veröffentlichungen

durchgelesen. Ich kann sagen, dass dies eine ungemein interessante Arbeit war, die mir große Freude ge-

macht hat! Den Vortrag habe ich frei gehalten, d.h. ich habe ihn nicht schriftlich ausgearbeitet, was für

eine etwaige Veröffentlichung ein Vorteil gewesen wäre, sondern ich hatte mir ein Dutzend Zettel mit

Stichworten, dazu den mir von Ihnen freundlichst überlassenen Lebenslauf und den Auszug aus den Fa-

milienerinnerungen, den ich zum großen Teil wörtlich zitierte. Dürfte ich wohl noch erfahren, das wie-

vielte von den 10 Geschwistern Ihr lieber Herr Gemahl gewesen ist und wieviel älter sein Bruder Paul

war?

Ob wohl die MEG oder DLG oder das KTL, um die sich unser Geheimrat so hoch verdient gemacht hatte,

heute einen Kranz an der Ruhestätte niedergelegt hat? Ich hatte dies bei Freund Stroppel, mit dem ich

wegen der Photokopien zweier mir nicht zugänglicher Aufsätze korrespondiert hatte, angeregt.

Den heutigen Tag will ich mit einem Glas französischem Rotwein, den mir ein alter Mitschüler kürzlich

mitbrachte, als mit etwas Besonderem zur Feier des heutigen Tages beschließen, wobei ich noch einmal

all meine Erinnerungen seit 1925 bis zum letzten Besuch am 20. Juli 1961 vorbeiziehen lassen will.

Mit herzlichen Grüßen an Sie und die Ihren, auch von meiner Frau, verbleibe ich

Ihr stets ergebener Heinrich Heyde.

Page 40: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Würdigungen

34

Würdigungen

Gustav Fischer versteht es in meisterhafter, unübertrefflicher Weise, nicht nur seine Schüler mit tiefgrün-

diger wissenschaftlicher Forschung vertraut zu machen, sondern mehr noch rein menschlich ihr Interesse

und ihr Verständnis zu wecken und zu schärfen. Für seine Begabung und Beliebtheit als Pädagoge in des

Wortes weitestem und bestem Sinn legt die Verehrung seiner heute sich um ihn scharenden Schüler

Zeugnis ab.

... Ebenso wie die große Zahl seiner Schüler zu ihm mit Verehrung und Vertrauen aufblickt, sieht die

deutsche Landwirtschaft auf sein Lebenswerk. Wir aber in Brandenburg sind besonders stolz darauf, Gus-

tav Fischer an der Berliner Landwirtschaftlichen Hochschule zu wissen. Wir schätzen diesen vortreffli-

chen, gewissenhaften, stets sachlichen und liebenswürdigen Ingenieur, Lehrer, Führer und Freund. ...

Oberamtmann Mankiewicz, Falkenrehde, aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums von Gustav Fi-

scher als ordentlicher Professor 1927

... Ein Spiegel dieser stets auf das Wesentliche konzentrierten Tätigkeit ist die Darstellungsweise, deren

knappe, treffende und anschauliche Art nicht wenig dazu beigetragen hat, die gewonnenen Erkenntnisse

in die landwirtschaftlichen Kreise einzuführen.

Diese Arbeitsrichtung, gestützt auf eine unbeirrbare Schärfe des Urteils, hat ihn befähigt, auf dem von

ihm untersuchten Gebiet der Landmaschinen, das von Nebenumständen umlauert einen gefährlichen

Nährboden für Fehlerquellen bietet, klare Erkenntnisse zu gewinnen. ...Wer immer dem ebenso rätselrei-

chen wie reizvollen Gebiet des Landmaschinenwesens angehört, verehrt in Gustav Fischer den zielbe-

wussten Führer. ...

Prof. Dr. Benno Martiny, Halle/Saale, Nachfolger im Amt des Vorsitzenden des Verbandes land-

wirtschaftlicher Maschinen-Prüfungs-Anstalten aus Anlass des 60. Geburtstages von Gustav

Fischer 1930

Hier liegt das bleibende Verdienst des Jubilars, dass er mit behutsamer Hand, aber großem zielklarem

Willen die Grundsteine zu so vielem legte, was heute aus unserer Landtechnik nicht mehr wegzudenken

ist. Alle dereinst als zarte Pflänzchen von ihm behüteten Schöpfungen haben sich zu kräftigen Bäumen

entwickelt.

... Selbst der furchtbare Zusammenbruch 1945 und die völlige Zerstörung der Institutseinrichtungen

konnte die Lebensfähigkeit dieser vom Jubilar begründeten Forschungsstätten nicht brechen.

Prof. Dr.-Ing. Dr. agr. h.c. Carl Heinrich Dencker, 1932 sein Nachfolger im Amt an der Land-

wirtschaftlichen Hochschule Berlin aus Anlass des 80. Geburtstages von Gustav Fischer 1950

Geheimrat Fischer hat es allzeit verstanden, Verständnis und Liebe zur Landtechnik bei seinen Hörer zu

wecken und ihnen ein ausgezeichnetes Wissen zu vermitteln. Darüber hinaus aber bewies er großes Ge-

schick in der Auswahl und Förderung technischen Nachwuchses, wobei ihm vor allem seine große Men-

schenkenntnis zugutekam.

... Wir, die wir den Vorzug genossen, während vieler Jahre seine Mitarbeiter zu sein, verehren in ihm

nicht nur den Senior der deutschen Landtechnik, den Fachwissenschaftler von überragender Kenntnis der

Materie und großer Erfahrung, sondern vor allem auch den gütigen Menschen und väterlichen Freund, der

Page 41: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Würdigungen

35

es stets verstand, in allen Situationen in kluger und humorvoller Weise den rechten Ton zu finden,

Schwierigkeiten zu überbrücken und Gegensätze auszugleichen.

Dr. Karl Ebertz, ehem. Assistent, Geschäftsführer der Maschinen- und Geräteabteilung der DLG,

aus Anlass des 80. Geburtstages von Gustav Fischer 1950

... Nun muss aber noch auf etwas anderes hingewiesen werden, nämlich die menschliche Art, wie Fischer

seine Arbeiten durchführte und wie er zu seiner Umgebung stand. Alle, die mit ihm zu tun hatten - beson-

ders natürlich seine Schüler - standen unter dem Eindruck seiner vornehmen, unbestechlichen sachlichen

Art, die dem Umgang mit ihm eine besondere und so sympathische Note gab.

Prof. Dr.-Ing. Dr. agr. h.c. Willi Kloth aus Anlass des 90. Geburtstages von Gustav Fischer 1960

In der Beurteilung oder Prüfung der Landmaschinen ist die ganze Problematik der Landtechnik der ersten

Hälfte des 20. Jahrhunderts enthalten.

... Als Gustav Fischer im Jahre 1902 als neuernannter Leiter des Instituts für Maschinenkunde der Land-

wirtschaftlichen Hochschule Berlin vor diese Aufgabe gestellt wurde, ahnte er vielleicht noch nicht, wel-

chen Umfang sie hatte. Er hat dann sein ganzes Leben lang als einer der Besten daran gearbeitet. Dass

solche Beurteilungen gewissenhaft und unbeeinflusst erfolgen, ist für einen Wissenschaftler selbstver-

ständlich, aber Fischer hat mehr gegeben. Er hat frohen Herzens daran gearbeitet und das wirkte sich auf

seine ganze Umgebung aus. Neue schöpferische Gedanken brauchen eine günstige Atmosphäre.

... Er ist 93 Jahre alt geworden und hat bis zuletzt eine erstaunliche Frische bewahrt. Er war ein Vorbild in

seiner Zeit, ein Segen allen denen, die ihm nahe standen.

Prof. Dr.-Ing. Dr. agr. h.c. Willi Kloth , ehem. Assistent, Nachfolger im Amt an der Technischen

Hochschule Berlin, ab 1947 Direktor des Instituts für landtechnische Grundlagenforschung der

FAL in Braunschweig-Völkenrode aus Anlass des Ablebens von Gustav Fischer 1963.

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Waltraut Fischer und Manfred Müller

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Daten zur Lebensgeschichte von Gustav Fischer

Waltraut Fischer und Manfred Müller

1870 Am 28. November als Sohn des Kaufmanns George Otto Moritz Fischer und seiner Ehefrau

Rudolfine Friederike Johanna, geb. Kern, in Berlin geboren

1871 Am 24. Januar in der St. Thomas-Kirche in Berlin auf den Namen Gustav August getauft

1887 Am 20. März in der St. Matthäus-Kirche zu Berlin eingesegnet

1889 Reifezeugnis des Königlichen humanistischen Wilhelms-Gymnasiums zu Berlin

1889/90 Maschinenbaueleve in der Hauptwerkstatt Tempelhof der Königlichen Eisenbahndirektion

Erfurt

1890-1891 Student der Königlich Bayerischen Technischen Hochschule in München (mechanisch-

technische Abteilung)

1891 Werkstattpraxis in der elektrischen Abteilung der Maschinenfabrik Schwartzkopff, Berlin

1891-1895 Studium des Maschinenbaus an der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin und

erste Hauptprüfung für das Maschinenbaufach vor dem Königlich-Technischen Prüfungsamt

1895 Eintritt in den Staatseisenbahndienst und Ernennung zum Regierungs-Bauführer durch den

Präsidenten der Königlichen Eisenbahndirektion nach bestandener erster Hauptprüfung

1898 Zweite Hauptprüfung für das Maschinenbaufach vor dem Königlich-Technischen Oberprü-

fungsamt. Konstruktionsarbeit zur Baumeisterprüfung

1898 Ernennung zum Regierungs-Baumeister durch den Minister der öffentlichen Arbeiten nach

bestandener zweiter Hauptprüfung

1898-1901 Beurlaubt zur Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft

1898-1900 Tätigkeit als Stipendiat der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft auf Gut Münchenhof bei

Quedlinburg, in der Instandsetzungswerkstatt für landwirtschaftliche Maschinen in Halle

und als Betriebsingenieur bei der Landmaschinenfabrik H. F. Eckert in Berlin

1899-1900 Hospitationen an der Universität in Halle: Allgemeine Ackerbaulehre, Technologie der Koh-

lenhydrate, Einleitung in das Studium der Landwirtschaft, Molkereiwesen, Kulturtechnik

1900-1901 Besucht an der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin zur Vorbereitung der

Promotion zum Dr. phil. folgende Vorlesungen und Übungen: System der Philosophie in

Grundzügen, Psychologie als Grundlage der Geisteswissenschaften, Allgemeine oder Theo-

retische Nationalökonomie, Allgemeine Geschichte der Philosophie, Logik und Erkenntnis-

theorie, Praktische Nationalökonomie sowie Übungen im staatswissenschaftlichen Seminar

1901 Fünf Monate Studium des Einsatzes von Maschinen in der Landwirtschaft von Nordameri-

ka. Der Aufenthalt wurde durch das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten

sowie durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft unterstützt

Page 43: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer und Manfred Müller

37

1902 Erlangung der Doktorwürde Dr. phil. im Fach Volkswirtschaftslehre an der Philosophischen

Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin mit der Dissertation: Die sociale Be-

deutung der Maschinen in der Landwirtschaft

1902 Das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten richtet an der Königlichen

Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin einen Lehrstuhl für Landwirtschaftliches Ma-

schinenwesen ein und beruft am 1. April Regierungsbaumeister Dr. Gustav Fischer zum Do-

zenten für Landwirtschaftliches Maschinenwesen, zunächst kommissarisch für die Dauer ei-

nes Jahres.

Verbunden damit sind Vorlesungen und Übungen unter Berücksichtigung des Umstandes,

dass die bisher von Prof. Schotte abgehaltenen Zeichen- und Konstruktionsübungen sowie

die Vorlesungen über allgemeine Maschinenkunde, Feldmessen und Nivellieren für Land-

wirte auch weiterhin durch ihn wahrgenommen werden.

Außerdem wird von Dr. Fischer neben der Lehrtätigkeit die Leitung der von der Landwirt-

schaftskammer für die Provinz Brandenburg im Aufbau befindlichen Versuchs- und Prü-

fungsstation für landwirtschaftliche Betriebs- und Gebrauchsmaschinen erwartet.

1902 Gustav Fischer wird Mitglied des Ausschusses der Geräteabteilung der DLG

1903 Ernennung zum etatmäßigen Professor der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin am

23. März durch den König von Preußen und Verleihung der etatmäßigen Professur für Land-

wirtschaftliches Maschinenwesen durch den Minister für Landwirtschaft, Domänen und

Forsten, Herrn v. Podbielski

1905 Eheschließung in Berlin mit Katharina Susanne Elisabeth Schönemann und Trauung in der

St. Marienkirche

1905 Einrichtung des Maschinenprüfungsamtes der Landwirtschaftskammer Brandenburg und

Übernahme im Nebenamt als Vorsteher

1905/06 Im Wintersemester werden die Versuchsanstalt für landwirtschaftliche Maschinen und das

maschinentechnische Laboratorium eröffnet und der Landwirtschaftlichen Hochschule ange-

gliedert

1910 Verleihung der Silbernen Max-Eyth-Gedenkmünze der DLG zum 25-jährigen DLG-

Jubiläum

1912-1914 Rektor der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin

1917 Verdienstkreuz für Kriegshilfe für die Mitarbeit am Landmaschinenwesen

1918 Verleihung des Titels Geheimer Regierungsrat durch den König von Preußen

1919 Zulassung als Privatdozent für das Lehrfach Landwirtschaftliche Maschinen an der Abtei-

lung für Maschinen-Ingenieurwesen der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin

(Habilitation).

Der Probevortrag und das Kolloquium werden ihm erlassen

1919 Arbeitsgemeinschaft Technik in der Landwirtschaft wird beim VDI gegründet. Gustav

Fischer übernimmt den Vorsitz

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Waltraut Fischer und Manfred Müller

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1919-1933 Vorsitzender des DLG-Sonderausschusses für Elektrizität

1922 Gustav Fischer wird durch den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbil-

dung die Dienstbezeichnung Außerordentlicher Professor der Technischen Hochschule zu

Berlin beigelegt

1923 Gustav Fischer übergibt wegen Arbeitsüberlastung die Leitung des Maschinenprüfungsam-

tes der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg und für Berlin an Dipl.-Ing.

Bruno Victor als hauptamtlichen Leiter

1924-1933 Vorsitzender des Fachnormenausschusses für Landwirtschaft

1925 Verleihung der Max-Eyth-Plakette Dem Mitarbeiter

1928-1929 Zweite Amtszeit als Rektor der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin

1931 Krankheitsbedingte Beurlaubung für das laufende Wintersemester an der Landwirtschaftli-

chen Hochschule. Die Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule (TH) zu Berlin muss

aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls aufgegeben werden. Nachfolger an der TH wird der

damalige Priv.-Doz. Dr.-Ing. Willi Kloth

1931 Der Preußische Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten bestätigt die Übernahme

der Vertretung des erkrankten Lehrstuhlinhabers an der Landwirtschaftlichen Hochschule

durch den Institutsdirektor und Professor Dr.-Ing. C. H. Dencker aus Landsberg a. d. W. für

das Wintersemester 1931/32

1932 Dem Antrag auf Freistellung aus gesundheitlichen Gründen von den amtlichen Verpflich-

tungen als Ordentlicher Professor für Landwirtschaftliches Maschinenwesen und Direktor

des Instituts für landwirtschaftliche Maschinenkunde wird mit Ablauf des Sommersemesters

entsprochen. Nachfolger wird Prof. Dr.-Ing. Carl Heinrich Dencker, seit 1928 Professor und

Institutsdirektor der Preußischen Landwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungsanstalt

Landsberg a. d. Warthe

1934 Als Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Dahlem tritt Prof. Fischer in die

Bekennende Kirche unter der Leitung von Pfarrer Niemöller ein und erhält die Mitglieds-

nummer 14

1940 Aus Anlass seines 70. Geburtstages erhält Gustav Fischer das VDI-Ehrenzeichen

1945 Der Dekan der Landwirtschaftlichen Fakultät, Prof. Kappert und der Rektor der Universität,

Prof. Stroux, befürworten die Wiederaufnahme der Tätigkeit zum 01.06. als Universitätspro-

fessor und Direktor des Instituts für Landmaschinenkunde

1946 Der Präsident der deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungs-

zone bestätigt am 29. 01. Herrn Prof. Dr. Gustav Fischer als ordentlichen Professor mit

Lehrstuhl für Landwirtschaftliches Maschinenwesen an der Landwirtschaftlichen Fakultät

der Universität Berlin

1947 Übergabe des Lehrstuhls und der Institutsleitung an seinen Schüler und Nachfolger Prof.

Dr.-Ing. Heinrich Heyde am 01. 04.

Page 45: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer und Manfred Müller

39

1948 Entbindung von den amtlichen Verpflichtungen in der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen

Fakultät der Universität zu Berlin mit Wirkung vom 01.04.

1948 Verleihung der Würde und der Rechte eines Ehrendoktors der Landwirtschaft durch die

Landwirtschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

1948-1958 Bescheidene Emeritenbezüge werden an den im damaligen Westberlin wohnenden Prof.

Fischer von der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungs-

zone und später von der Volkseigenen Versicherungsanstalt der deutschen Demokratischen

Republik gezahlt

1952 Am 1. April vollendet er sein 100. Semester als Angehöriger der Landwirtschaftlich-Gärtne-

rischen Fakultät und damit auch sein 100. Semester im Dienste der Landtechnik

1956 Verleihung der Goldenen Max-Eyth-Gedenkmünze der DLG zum 86. Geburtstag

1958 Im Namen des Kuratoriums der Technischen Universität Berlin erkennt der Berliner Senat

die Rechtsstellung eines entpflichteten ordentlichen Professors wieder zu, die bereits von

1932 bis 1945 bestand und zwar nicht aufgehoben, aber nach 1948 auch nicht wirksam ge-

worden ist

1963 Im Alter von 92 Jahren stirbt Gustav Fischer am 24. August in Berlin-Spandau. Seine Urne

ist auf dem Friedhof der St. Annenkirche in Berlin-Dahlem beigesetzt.

Page 46: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer

40

Der Nachlass von Gustav Fischer

Waltraut Fischer

In die folgende Zusammenstellung sind Veröffentlichungen von Gustav Fischer, Urkunden und Erinne-

rungsstücke sowie Texte aufgenommen worden, in denen auf ihn Bezug genommen wird.

Der Nachlass befindet sich an mehreren Orten in Berlin.

1. Archiv der Domäne Dahlem, Landgut und Museum, Königin-Luise-Straße 49, 14195 Berlin

Fischer, G.: Die sociale Bedeutung der Maschinen in der Landwirtschaft. Diss. Staats- u. socialwiss.

Forsch., herausg. v. Gustav Schmoller. Bd. 20., H. 5. Leipzig: Verlag von Dunker & Humblot, 1902

Fischer, G.: Landmaschinenkunde. Lehr- und Hilfsbuch für Studierende und Landwirte. Stuttgart: Eugen

Ulmer 1928

Fischer, G.: Landmaschinenkunde für Studierende und Landwirte. 2. neu bearb. Aufl. Stuttgart: Eugen

Ulmer 1951

Fischer, G.: Entwicklung und Aufgabe des landwirtschaftlichen Maschinenwesens in Deutschland. Rede

zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs, gehalten im großen Hörsaal der Königl.

Landw. Hochsch. zu Berlin am 26. Januar 1905. Berlin: Verlagsbuchh. Paul Parey 1905

Fischer, G.: Die Bedeutung der Elektrizität für die Energieversorgung Deutschlands. Rede zur Feier des

Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm II, gehalten in der Königl. Landw. Hochsch.

zu Berlin am 26. Januar 1914. Berlin: Verlagsbuchh. Paul Parey 1914

Fischer, G.: Landwirtschaftliche Maschinenkunde. In: Wissenschaft und Landwirtschaft. Festschr. z. 50-

jähr. Bestehen d. Landw. Hochsch. zu Berlin. Berlin: Verlagsbuchh. Paul Parey 1931

Fischer, G.: Das Geräte-, Maschinen- und Bauwesen der DLG. In Hansen/Fischer: Geschichte der Dtsch.

Landw.-Ges. Berlin: Dtsch. Verlagsges. m.b.H. 1936

Fischer, G.: Landmaschinentechnik. In Keune: Männer, die Nahrung schufen. Hannover: Landbuch-Verl.

1952

Die Landindustrie. Organ für alle auf dem Lande sowie für das Land tätigen Industrien und Gewerbe.

Herausg. v. Dr. Gustav Fischer. Berlin: Dtsch. Landbuchh. GmbH 1904, H. 1

Fischer, G.: Eine Regenanlage für 100 ha Fläche. Erw. Sonderdr. a. d. Dtsch. Landw. Presse 1927

Fischer, G.: Die Prüfungen von Maschinen zum Kartoffelanbau im Jahre 1906. Sonderdr.: Der Landbote.

Fachz. für prakt. Landw., Org. d. Landw.-Kammer f. d. Prov. Brandenb. 1906, Nr. 61/62

Fischer, G.: Die Prüfung der Tünch- und Desinfektionsmaschine (Modell Fix F. K.) von Adolf Stephans

Nachf. Scharley O. S. Sonderdr.: Der Landbote, Fachz. f. prakt. Landw., Org. d Landw.- Kammer f. d.

Prov. Brandenb. 1907, Nr. 41

Fischer, G.: Die Prüfung von Laackes neuer Doppelegge aus der Münchener Eggenfabrik Fischer und

Steffen in München-Pasing. 13. Ber. d. Masch.-Prüfg.-Amtes d. Landw.- Kammer f. d. Prov. Brandenb.,

Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw. Prüfgs.-Anst., III. Jg. (1909) H. 1

Page 47: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer

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Fischer, G.: Prüfung einer Tünchmaschine der Fa. Flaschenindustrie F. Maquet, Dresden. 19. Ber. d.

Masch.-Prüfg.-Amtes der Landw.-Kammer f. d. Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw.

Masch.-Prüfgs.-Anst., III. Jg. (1909), H. 3

Fischer, G.: Prüfung von Kartoffelsortiermaschinen. 20. Ber. d. Masch.-Prüfg.-Amtes d. Landw.-Kammer

f. d. Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw. Masch.-Prüfgs.-Anst., III. Jg. (1909), H. 3

Fischer, G.: Prüfung einer selbsttätigen Pflanzenspritze "Automax" Nr. 1. 26. Ber. d. Masch.-Prüfg.-

Amtes d. Landw.-Kammer f. d.Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw. Masch.-Prüfg.-Anst., IV.

Jg. (1910), H. 2

Fischer, G.: Die Prüfung des verbesserten Schneckentrieurs für Rundfrucht. 27. Ber. d. Masch.-Prüfg.-

Amtes d. Landw.-Kammer f. d. Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw. Masch.-Prüfgs.-Anst.

IV Jg. (1910), H. 2

Fischer, G.: Prüfung einer Milchschleuder Modell "Stelle H. 5".30. Ber. d. Masch.-Prüfg.-Amtes d.

Landw.-Kammer f. d. Prov. Brandenb. Sonderdr. : Mitt. d. Verb. landw. Masch.-Prüfgs.-Anst. V. Jg.

(1911), H. 4

Fischer, G.: Prüfung einer Scheibenradhäckselmaschine. 32. Ber. d. Masch.-Prüfgs.-Amtes d. Landw.-

Kammer f. d. Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw. Masch.-Prüfgs.-Anst. V. Jg. (1911), H. 5

Fischer, G.: Prüfung einer Drillmaschine. 38. Ber. d. Masch.-Prüfgs.-Amtes d. Landw.- Kammer f. d.

Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. landw. Masch.-Prüfgs.-Anst., V. Jg. (1911), H. 5 Fischer, G.:

Prüfung einer Walzenmühle Modell C der Fa. F. Stille in Münster/W. 41. Ber. d. Masch.-Prüfgs.-Amtes

d. Landw.-Kammer f. d. Prov. Brandenb. Sonderdr.: Mitt. d. Verb. d. Landw. Masch.-Prüfgs.-Anst., VII.

Jg. (1913), H. 4

-.-: Bemerkungen zu der Schrift von G. Fischer "Die sociale Bedeutung der Maschinen in der Landwirt-

schaft". Recherche-Manuskript 8 S. Aus: Lenin Werke, Bd. 40, 4. Aufl. (russ.)

Morosow, A.: Leninsche Arbeiten über die Agrarfrage. Intern. Zeitschr. d. Landw., 1963, H. 3, S. 16-18

50 Jahre Landwirtschaftliche Hochschule zu Berlin. Dtsch. Landw. Presse, 58. Jg. (1931) Nr. 6, 7. Febr.,

S. 69-71

Dörffel, K., Schlabach, W., Kühne, G. u.a.: Dem Altmeister der Landtechnik, dem verdienstvollen Förde-

rer der Landmaschinenforschung, Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Gustav Fischer zum 70. Ge-

burtstag in Dankbarkeit und Verehrung von ehemaligen Mitarbeitern und Schülern gewidmet. Berlin,

1940

Stroppel, Th.: Veröffentlichungen vom Geheimen Regierungsrat Prof. Dr. Dr. h.c. Gustav Fischer und

seinen Mitarbeitern sowie seinen Schülern, soweit diese Arbeiten unter seiner Leitung und Mitwirkung

entstanden sind. Ein Beitrag zur Dokumentation der Landtechnik. Abgeschl. am 28. Nov. 1956.

Als Manuskr. gedr., 14 S.

Kiene, W.: Ackerschlepper zwischen Prüfstand und Praxis. Arb. d. DLG. Bd. 139, Frankfurt: DLG-

Verlag 1974

75 Jahre Landtechnik in Berlin. Festvorträge anlässlich der 75-Jahr-Feier am 28. Oktober 1977 im Insti-

tutsbereich Landtechnik und Baumaschinen des Instituts für Maschinenkonstruktion der TU Berlin

Page 48: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer

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75 Jahre Landtechnische Lehre und Forschung. Ein Beitrag zur Geschichte der Landtechnik. Informati-

onsschrift des Institutsbereiches Landtechnik und Baumaschinen im Institut für Maschinenkonstruktion

des Fachbereiches Konstruktion und Fertigung. TU Berlin, Dokumentation aktuell 4/77

Glückwunschadresse zum 50. Gründungstag des Landmaschineninstituts (1902-1952). Die Mitarbeiter

des Landmaschineninstituts der Humboldt-Universität Berlin, 01. April 1952

100 Semester Zugehörigkeit zum Lehrkörper der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät. Glück-

wunschadresse des Dekans und der Hochschullehrer. Berlin, den 01. April 1952

Glückwunsch der Mitglieder der Max-Eyth-Gesellschaft zur Verleihung der Ehrendoktorwürde. 1948

Bronzene Münze der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg 1905-1930 aus Anlass des 60.

Geburtstages überreicht vom Präsidenten der Landwirtschaftskammer für die Provinz Brandenburg und

für Berlin

2. Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin, Eichborndamm 113, 13403 Berlin

Gustav Fischers Dissertationsurkunde vom 30. April 1902 im Original

Das Kontobuch der privaten Haushaltsführung 1941-1960 von Gustav Fischer

Sammelmappe mit Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitten, Briefen und anderen Zeitdokumenten von

1904-1970

Heft 1, 2 und 4 der Reihe „100 Jahre agrartechnische Lehre und Forschung in den Berliner Agrarwissen-

schaften“

1 Fotoalbum Gustav Fischer mit persönlichen und beruflichen Fotos sowie Gedichten und Rätseln in der

Anlage

1 Exemplar des Verzeichnisses „Fischer-Archiv“ in der Landw.-Gärtn. Fakultät

3. Fachgebiet Technik in der Pflanzenproduktion an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen

Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Philippstr. 13, 10115 Berlin,

ab 2013 Archiv bei: FG Nutzungsstrategien für Bioressourcen, Philippstr. 13, Haus 16

50 Urkunden von Gustav Fischer, vom Taufschein bis zur Sterbeurkunde, im Original.

Porzellanschale. Geschenk des Unterausschusses Kartoffelerntemaschinen beim RKTL an Prof. Fischer

zu seinem 60. Geburtstag am 28.11.1930

Sammelmappe mit Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitten, Briefen und anderen Zeitdokumenten von

1904-1970

Fischer, G.: Landwirtschaftliche Maschinenkunde. Leipzig: Verlag Teubner 1911 (Erstauflage)

Fischer, G.: Landmaschinenkunde für Studierende und Landwirte. Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer, 2. neu

bearb. Aufl. 1951

C. H. Dencker: „Handbuch der Landtechnik“ (mit pers. Widmung des Autors)

-.-: Fotoalbum. Institut für Landmaschinenkunde. Die Arbeitsstätte. Herrn Geheimrat Fischer zum

Abschied gewidmet. Berlin, 1932

Page 49: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer

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-.-: Fotoalbum „Mein Vater Gustav Fischer“

-.-: Gratulation zum 80. Geburtstag. Die Max-Eyth-Gesellschaft gratuliert zum 80. Geburtstag. Berlin,

1950

-.-: Mappe DAG

-.-: Gratulation zum 80. Geburtstag. Die Max-Eyth-Gesellschaft gratuliert zum 80. Geburtstag. Berlin,

1950

-.-: Bornimer Festzeitung

M. Bach: „Schlepper aus Berlin“. Aus: Schriftenreihe der Domäne Dahlem, Berlin 1993

4. Gedenkstätte Albrecht Daniel Thaer, 14715 Möglin, Landkreis Märkisch Oderland

Mein Vater, Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Gustav Fischer, Geheimer Regierungsrat, Direktor des Instituts für

Landwirtschaftliche Maschinenkunde der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, erhielt aus Anlass der

Vollendung des 100. Semesters als Angehöriger der Landwirtschaftlichen Fakultät der Humboldt-

Universität zu Berlin am 1. April 1952 von den Professoren der Fakultät diese Albrecht-Daniel-Thaer-

Büste.

Sie hat durch die Vermittlung von Herrn Prof. Dr.-Ing. Horst Göhlich, Technische Universität zu Berlin,

in diesem Museum in Möglin eine würdige Heimstatt gefunden.

Berlin-Steglitz, im April 1999 gez. Waltraut Fischer

Page 50: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Waltraut Fischer

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Bild 16: Albrecht-Daniel-Thaer-Büste in der Gedenkstätte Möglin

Page 51: Mein Vater Gustav Fischer Waltraut Fischer Berlin 1999Gustav Fischer 1 Mein Elternhaus, die Ausbildung und der Beruf1 Gustav Fischer Kurzfassung: Im Mittelpunkt dieses Ausschnittes

Verzeichnis der Bilder

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Verzeichnis der Bilder

Bild 1: Gustav Fischer als Student in München 1891 5

Bild 2: Dr. Gustav Fischer und Käthe Schönemann 1904 8

Bild 3: Die Autorin Waltraut Fischer 1997 (Aufn. Schreiber) 10

Bild 4: St. Annenkirche in Dahlem 12

Bild 5: Der von Pfarrer Martin Niemöller unterschriebene Mitgliedsausweis 13

Bild 6: Ein Tanzfest bei Familie Fischer 1927 mit bekannten Landtechnikern 16

Bild 7: Ausschnitte aus dem Gästebuch zum 86. Geburtstag am 28.11.1956 17

Bild 8: Sommerfest des Instituts für Landmaschinenkunde der

Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin in der Außenstelle Schlepperprüffeld Bornim 1931

Legende von Prof. Dr.-Ing. A. Stroppel 1998 zur Verfügung gestellt 19

Bild 9: Meine Eltern besuchten 1949 Prof. Kloth (r) in seinem neuen Institut in Braunschweig-

Völkenrode 23

Bild 10: Gemeinsamer Besuch meines Vaters mit Prof. Heyde (r) in Blumberg 1949 23

Bild 11: 50-jähriges Dienstjubiläum von Herrn Wendt am 01.07.1955 obere Reihe, v. l. n. r.: Prof. Kurt

Marks, TU Berlin; Ing. Johannes Plaetschke, DL. Konrad Idel, Mechanikermeister Hubert Krzizowski,

Oberass. Dr. Wolfgang Stutterheim, 24

Bild 12: Unser Haus in der Altensteinstraße 57 25

Bild 13: Vor dem Umzug in die Buggestraße 26

Bild 14: Zum 90. Geburtstag mit Prof. W. Kloth (l) und Prof. H. Meyer (r) 26

Bild 15: Familiengrab auf dem Friedhof der St. Annenkirche in Dahlem 27

Bild 16: Albrecht-Daniel-Thaer-Büste in der Gedenkstätte Möglin 44