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Günter Müller-Stewens Sven Kunisch | Andreas Binder (Hrsg.) Mergers & Acquisitions Handbuch für Strategen, Analysten, Berater und Juristen 2. Auflage

Mergers Acquisitions - ciando.com · Herausgeber: Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Professor für Strategisches Management, Universität St. Galel n (HSG) ,St. Galel n Dr. Sven

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Günter Müller-Stewens Sven Kunisch | Andreas Binder (Hrsg.)

Mergers & AcquisitionsHandbuch für Strategen, Analysten, Berater und Juristen

2. Auflage

Günter Müller-Stewens / Sven Kunisch / Andreas Binder (Hrsg.)

Mergers & AcquisitionsHandbuch für Strategen, Analysten, Berater und Juristen

2., überarbeitete Auflage

2016Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Herausgeber:

Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Professor für Strategisches Management, Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen

Dr. Sven Kunisch, Lehrbeauftragter für Strategisches Management und Executive Director Master für Unternehmensführung (MUG-HSG), Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen

Prof. Dr. Andreas Binder, Honorarprofessor für Schuld- und Gesellschaftsrecht, Universität St. Gallen (HSG); Partner, Rechtsanwalt, Binder Rechtsanwälte, St. Gallen/Baden.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Print ISBN 978-3-7910-3453-9 Bestell-Nr. 20407-0002ePDF ISBN 978-3-7992-6994-0 Bestell-Nr. 20407-0151

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2016 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht [email protected]

Umschlagentwurf: Goldener Westen, BerlinUmschlaggestaltung: Kienle gestaltet, Stuttgart (Bildnachweis: Shutterstock)Satz: Johanna Boy, Brennberg

Mai 2016

Schäffer-Poeschel Verlag StuttgartEin Tochterunternehmen der Haufe Gruppe

Vorwort zur 2. Auflage

Die erfreuliche Resonanz auf diesen Sammelband zu zentralen Themen zum Phäno-men M & A hat uns mit Auslauf der 1. Auflage motiviert, das Buch für eine 2. Auflage zu überarbeiten. In diesem Sinne gebührt zuerst einmal unseren Lesern herzlicher Dank. Eine Überarbeitung bietet sich nach mehr als fünf Jahren auch an, da sich in der Zwischenzeit vieles verändert hat: Die Märkte für Unternehmenskontrolle haben sich weiterentwickelt, es kam zu neuen regulatorischen Rahmenbedingungen und die Pro-fessionalisierung des Managements von Transaktionsprozessen ist vorangeschritten. In diesem Sinne wurden bestehende Beiträge soweit erforderlich aktualisiert, neue Beiträge sind hinzugekommen, andere haben wir weggelassen. Dies führte zu einer neuen Struk-tur des Buches, bestehend aus drei Teilen: (A) M & A aus Marktperspektive, (B) M & A aus Transaktionsperspektive und (C) M & A aus rechtlicher Perspektive.

Bei einem Sammelband wie dem vorliegenden sind zahlreiche Personen bei der Entstehung involviert. Auch bei dieser Überarbeitung hat wieder eine große Zahl von Personen mitgewirkt. Ihnen gilt einmal mehr der besondere Dank der Herausgeber. Zunächst danken wir den Autorinnen und Autoren, die sich aufrafften, ihre Beiträge zu aktualisieren und zu hinterfragen oder mit neuen Beiträgen dieses Buch zu berei-chern. Ferner danken wir dem Verlag Schäffer-Poeschel, namentlich Frau Mollenhauer und ihrem Team dafür, dass sie uns wieder kompetent und mit Geduld durch diesen aufwendigen Prozess der Neuauflage gesteuert haben. Schließlich bedanken wir uns bei Veronica Schaerer, die uns umsichtig bei der redaktionellen Bearbeitung der Manus-kripte unterstützt hat.

St. Gallen, im Dezember 2015 Günter Müller-Stewens, Sven Kunisch, Andreas Binder

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Vorwort der Herausgeber

Mergers & Acquisitions (M&A) gehören zu den vielbeachteten Wirtschaftsphänomenen der letzten beiden Jahrzehnte. Regelmäßig ist in der Wirtschaftspresse von großen M&A-Transaktionen zu lesen und zu hören. Unter M&A wird ein weites Spektrum an Themen erfasst, welches Unternehmenskäufe und -verkäufe, Beteiligungen, Fusionen, Joint Ventures und strategische Allianzen einschließt. Die Motive für M&A sind vielfäl-tig und reichen von Wachstum über Restrukturierungen bis zu Nachfolgeregelungen. Somit gehört M&A sowohl für große Konzerne als auch für kleine und mittelständische Unternehmen zum Handwerkszeug.

Häufig muss in kurzer Zeit über hohe Investitionen mit erheblichen Risiken ent-schieden werden. Bei richtigen Entscheidungen können Unternehmen mittels M&A auf eine neue Stufe ihrer Entwicklung gelangen, da M&A Zugang zu neuen Ressourcen und Märkten ermöglicht und externes Wachstum bewirkt. Fehlentscheide hingegen können desaströse Auswirkungen auf die Entwicklung der involvierten Unternehmen auch noch Jahre nach einer Transaktion haben. M&A ist damit aus betriebswirtschaftlicher Sicht, aber auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive von erheblicher Bedeutung, und Staa-ten sind gut beraten, für wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen ihres Marktes, auf dem diese Unternehmen gehandelt werden, Sorge zu tragen.

Im angelsächsischen Raum nimmt M&A bereits seit vielen Jahrzehnten eine wichtige Stellung im Wirtschaftsgeschehen ein. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz begannen sich die M&A-Märkte dagegen erst Ende der 1980er Jahre richtig zu entwi-ckeln und zu professionalisieren. Vor dem Hintergrund von zwei Jahrzehnten Professi-onalisierung der M&A-Aktivitäten in diesen Ländern widmet sich das vorliegende Werk den Entwicklungen (Analysen und Trends) und Best Practices von M&A. Wir möchten mit diesem Buch eine Art Due Diligence des komplexen Phänomens M&A über einen längeren Zeitraum vornehmen. Im Zentrum stehen zwei Fragen: Welche Entwicklungs-muster sind erkennbar? Und welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die zu-künftige Entwicklung ziehen?

Aus inhaltlicher Sicht zielt das Buch somit auf zwei Themenschwerpunkte ab: Zum einen werden die Entwicklungen des M&A-Marktes über einen Zeitraum von 20 Jahren analysiert und interpretiert. Zum anderen werden Best Practices dargestellt, die sich über die Jahre bei im M&A-Bereich tätigen Unternehmen herauskristallisiert haben. Bei-de Themenschwerpunkte werden aus verschiedenen Perspektiven untersucht: Betriebs-wirtschaftliche Aspekte von Strategie, Planung, Durchführung und Integration werden ebenso beleuchtet wie rechtliche, steuerliche und politische Rahmenbedingungen.

Diese Themenschwerpunkte spiegeln sich in der Gliederung des Buches mit ins-gesamt sechs Teilen wider: In Teil A werden die Grundlagen behandelt. Dies schließt Begriffsdefinitionen und eine historische Betrachtung der M&A-Wellen ein. In Teil B werden die Aktivitäten auf den M&A-Märkten analysiert und interpretiert. Dies be-inhaltet neben auf geographische Märkte fokussierten Bestandsaufnahmen auch ei-ne Betrachtung von Private Equity-Aktivitäten und eine Analyse zum M&A-Erfolg in verschiedenen Zyklen des Aktienmarktes. Teil C beinhaltet Analysen zum Stand des Wissens in der M&A-Managementforschung. Im Fokus von Teil D steht das Managen von M&A-Transaktionen. Dieser Teil ist prozessorientiert in die drei Transaktionspha-sen Planung, Durchführung und Integration untergliedert, zu welchen jeweils ausge-

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wählte Aspekte behandelt werden. Im Blickpunkt von Teil E stehen M&A-Professionen. Diese sind verknüpft mit M&A-bezogenen Aufgaben in Unternehmensfunktionen und M&A-Beratungsdienstleitungen. In Teil F werden die Entwicklungen der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen betrachtet, gegliedert nach den Bereichen Ver-tragsrecht, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Übernahmerecht, Wettbewerbsrecht und Steuerrecht. Dabei werden international gültige Aspekte ebenso behandelt wie landesspezifische Besonderheiten.

In allen sechs Teilen des Buches haben wir zwei Typen von Beiträgen integriert: Zum einen werden in umfangreicheren Fachbeiträgen einzelne Aspekte entlang der Themenschwerpunkte beleuchtet. Neben diesen beinhaltet das Werk zum anderen Kurzbeiträge in zwei Varianten: In Standpunkten nehmen ausgewählte Fachexperten zu einem spezifischen Aspekt pointiert Stellung; die Rückspiegel dienen dazu, einige der aufsehenerregendsten M&A-Transaktionen zusammenzufassen.

Insgesamt decken die Beiträge der zahlreichen Experten aus Wissenschaft und Pra-xis den Stand des Wissens und aktuelle Tendenzen aus einer problemorientierten Sicht-weise und disziplinübergreifend ab. Damit richtet sich das Buch an M&A-Professionals aus den Bereichen Betriebswirtschaft sowie Recht und Steuern. Im Einzelnen ist es an Berater, Anwälte und Praktiker aus M&A- und Strategieabteilungen adressiert. Auch Akademiker finden darin wertvolle Inhalte. […]

Bei einem umfangreichen Werk wie dem vorliegenden sind zahlreiche Personen in-volviert. Ihnen gilt der besondere Dank der Herausgeber: Zunächst danken wir den zahlreichen Autorinnen und Autoren, die mit ihrem Engagement und ihren Beiträgen dieses Werk ermöglicht haben. Ferner danken wir dem Verlag Schäffer-Poeschel, na-mentlich Frau Mollenhauer und ihrem Team, für die kompetente Betreuung des gesam-ten Buchprojektes. Wir bedanken uns ebenfalls recht herzlich bei Francis Higiro und Martin Eschenmoser, die beide mit viel Fleiß und großer Sorgfalt durch die redaktionelle Bearbeitung der Manuskripte, ersterer bei allen Manuskripten und letzterer punktuell, einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Projektes geleistet haben. Schließlich danken wir dem Profilbereich Responsible Corporate Competitiveness der Universität St. Gallen, welcher dieses Buchprojekt finanziell gefördert hat.

St. Gallen, im Juli 2010 Günter Müller-Stewens, Sven Kunisch, Andreas Binder

VIII | Vorwort der Herausgeber

Inhaltsverzeichnis

Vorworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VAutorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVAbkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI

Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes PhänomenGünter Müller-Stewens, Sven Kunisch, Andreas Binder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

A. M & A aus Marktperspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

I. Einleitung zum M & A-Markt Günter Müller-Stewens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Analysen und Trends

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz Günter Müller-Stewens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

III. Das weltweite M & A-Geschehen: Rückblick und Ausblick Kai Tschöke/Martin Mailänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Emerging Markets als Treiber von M & A-Transaktionen in der Versicherungsbranche Andreas Grünbichler/Peter Hirs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

IV. Von der Qualität und Quantität des deutschen M & A-Marktes – eine phasenorientierte Entwicklungsanalyse Henning Düsterhoff/Sven Kunisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Vodafone und Mannesmann: Der größte M & A-Deal aller Zeiten Günter Müller-Stewens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

V. Der Schweizer M & A-Markt Markus Menz, Fabian Barnbeck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

VI. M & A in Österreich: Das Ende des zentraleuropäischen M & A-Powerhouse? Nikolaus Lang, Mona Philomena Ladler, Tibor von Mérey . . . . . . . . . . . . . . 121

Private Equity als Anlageinstrument: Captive oder Non-Captive? Thomas U. W. Pütter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

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M & A als Profession

VII. M & A als Beratung: Dienstleistungsspektrum und Beratertypen Günter Müller-Stewens, Michael Schäfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

VIII. M & A als Beratung – Schon bei der Portfolio-Allokationsentscheidung Maximilian Dietzsch-Doertenbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

IX. M & A und Politik Berthold Fürst/Stephan Leithner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

X. Geschäftsmodell von selbstständigen M & A-Beratungen Siegfried L. Drueker/Frank Ponndorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

XI. Exzellenz bei M & A – Aufbau erfolgreicher M & A-Funktionen Patrick Beitel/Jörg Musshoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

XII. Vom juristischen Service Center zum Manager – Die Rolle von Juristen bei M & A-Prozessen Christof Lamberts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

B. M & A aus Transaktionsperspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

I. Mergers & Acquisitions: Transaktionsdurchführung Günter Müller-Stewens/Michael Schäfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Transaktionsprozess und -typen

II. Carve-outs erfolgreich gestalten: Eine gesamtheitliche Perspektive Ekkehard Franzke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

III. Kommunikation als Erfolgsfaktor bei M & A- und Integrationsprozessen Kristin Alena Sadowski/Felix Morlock/Christian Weyand . . . . . . . . . . . . . . . 236

IV. Übernahmen und Fusionen: Psychologie ist nicht alles – aber ohne Psychologie ist alles nichts Uwe Böning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Planung

V. M & A als Teil der Unternehmensstrategie Lisa Hopfmüller/Markus Schimmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272

Die »Go Global M & A«-Strategie der chinesischen Unternehmen Bernd W. Wirtz, Marc Elsäßer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

X | Inhaltsverzeichnis

VI. Planung und Vorbereitung als Erfolgsfaktoren für M & A Ulrich Becker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

VII. Serienakquisitionen als strategischer Hebel zur Steigerung des Unternehmenswerts Martin Baumüller/Thomas Wirth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312

Bayer-Schering-Übernahme: Nachhaltige Wertschöpfung mittels einer erprobten Vorgehensweise bei der Integration Bernd Marschmann/Alexander Moscho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

Durchführung

VIII. Werttreiberbasierte Finanzplanung im Rahmen der Unternehmens- transaktion Lars-Michael Böhle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

IX. Ein »One-Hit-Wonder«? Hybridkapital im Rahmen von M & A-Transaktionen Thomas C. Sittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Ein Vierteljahrhundert Wandel in der Unternehmensbewertung Helmut Pernsteiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

X. Unternehmensbewertung und Wertsteigerungshebel aus Kapitalmarkt- perspektive Jens Kengelbach/Martin Link/Alexander Roos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

XI. Private Auktionen im M & A-Kontext – Ausgewählte Best-Practice-Beispiele aus Verkäuferperspektive Frédéric Rochat/Johannes Korp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

XII. Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen Wolfgang Berens/Thorsten Knauer/Anja Schwering . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

XIII. Cultural Due Diligence als Erfolgsfaktor für internationale M & A-Transaktionen: Konzept, Praxisschlaglicht und Empfehlungen Claus Steinle/Timm Eichenberg/Julia Weber-Rymkovska . . . . . . . . . . . . . . . 400

Integration

XIV. Wertorientierte M & A-Integration Kai Lucks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414

Post Merger Integration beim Zusammenschluss zu Sanofi-Aventis Jean-Yves Wessely/Ralf Moldenhauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453

Inhaltsverzeichnis | XI

XV. »From Good to Great« – Erfolgsfaktoren aus der Praxis in der Umsetzung von Post Merger Management

Andreas Schreiner/Markus Wirth/Thomas Wirth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455

XVI. Strukturelle Integration als Herausforderung des Managements von Post Merger Integrationen Juan Rigall/Alexander Tarlatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474

Post Merger Disputes: Vermeiden, vorbereiten, erfolgreich gestalten Christoph Schalast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490

XVII. Im Tandem zum Integrationserfolg: Aus Mitarbeiter- und Kundensicht die Kulturintegration gestalten Silke Grosse-Hornke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

XVIII. IT als kritischer Erfolgsfaktor im Rahmen einer M & A-Integration Stefan Schaaf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509

C. M & A aus rechtlicher Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517

I. M & A-Rechtsentwicklungen – Blicke zurück und nach vorn Andreas Binder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519

Vertragsrecht

II. Entwicklungen des Unternehmenskaufrechts im deutschen Recht Gerhard Picot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553

III. Entwicklungen des Unternehmenskaufrechts im schweizerischen Recht Rudolf Tschäni/Matthias Wolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575

IV. Komplexe Verhandlungen: Die Best Practice unter Berücksichtigung der FBI-Methoden Hermann Rock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595

Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht

V. Entwicklungen im schweizerischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Urs Schenker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620

VI. Entwicklung des deutschen Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts Jochen Vetter/Daniel Wiegand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635

VII. Gesellschafter- und Investorenvereinbarungen in der Praxis Matthias Bruse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660

XII | Inhaltsverzeichnis

Übernahmerecht

VIII. Entwicklungen des deutschen Übernahmerechts – Von freiwilliger Selbstkontrolle zu staatlicher Regulierung Thomas Menke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671

IX. Wahrung der Transparenz bei M & A-Transaktionen nach deutschem Recht Dirk Classen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 686

Rolle des Aufsichtsrats bei M & A-Transaktionen Manuel René Theisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710

X. Entwicklungen des schweizerischen Übernahmerechts – Von der Selbstregulierung zu einem praxisnahen Gesetz Rolf Watter/Mariel Hoch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 714

Wettbewerbsrecht

XI. Fusionskontrolle in einer globalisierten Welt unter besonderer Berücksichtigung der EU-Fusionskontrolle Daniela Seeliger/Antje Heinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 737

Entwicklungen in der deutschen Fusionskontrolle Andreas Mundt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 754

XII. Entwicklung und Praxis der schweizerischen Fusionskontrolle Jürg Borer/Amalie Wijesundera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757

Zur wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung des EFTA-Gerichtshofs Carl Baudenbacher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768

Steuerrecht

XIII. M & A-relevante Entwicklungen im Steuerrecht Deutschlands Stefan Köhler/Michael Vogel/Michael Adolf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778

XIV. M & A-relevante Entwicklungen im Steuerrecht Österreichs Markus Schragl/Daniela Schalko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 798

XV. M & A-relevante Entwicklungen im Steuerrecht der Schweiz Georg Lutz/Flurin Poltera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 819

Inhaltsverzeichnis | XIII

Michael AdolfPartner Ernst & YoungEschborn/Frankfurt a. M.

Fabian BarnbeckDoktorand Universität St. Gallen (HSG) St. Gallen

Prof. Dr. Dr. h. c. Carl BaudenbacherPräsident des EFTA-GerichtshofsLuxemburg

Direktor Center of European andInternational Law Universität St. Gallen (HSG) St. Gallen

Dr. Martin BaumüllerBereichsleiter Geberit International AG Rapperswil-Jona

Dr. Ulrich BeckerManaging Director UBS AG Zürich

Dr. Patrick BeitelPartner McKinsey & Company Frankfurt a. M.

Founding Partner und Managing Director Digital Plus München

Prof. Dr. Wolfgang BerensLehrstuhlinhaber für BWL Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Autorenverzeichnis

Prof. Dr. Andreas BinderHonorarprofessor für Schuld- undGesellschaftsrecht,Universität St. Gallen (HSG)St. Gallen

Partner, Rechtsanwalt Binder Rechtsanwälte St. Gallen/Baden

Lars-Michael BöhleLeiter Customer Development CP Corporate Planning AG Hamburg

Uwe BöningGeschäftsführender Gesellschafter Böning-Consult GmbH Frankfurt a. M.

Jürg BorerPartner, Rechtsanwalt Schellenberg Wittmer AG Zürich

Dr. Matthias BrusePartner, Rechtsanwalt P+P Pöllath + Partners München

Dr. Dirk ClassenPartner, Rechtsanwalt Classen Fuhrmanns & Partner Köln

Dr. Maximilian Dietzsch-DoertenbachManaging Partner Doertenbach & Co. GmbH Frankfurt a. M.

Siegfried L. DruekerGeschäftsführer Drueker & Co. GmbH Frankfurt a. M.

| XV

Henning DüsterhoffChefredakteur M & A REVIEW St. Gallen

Prof. Dr. Timm EichenbergDekan Fachbereich Wirtschaft Professor für Personal- und Projektmanagement Hochschule Weserbergland Hameln

Marc ElsäßerWissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl für Informations- undKommunikationsmanagementDeutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

Dr. Ekkehard FranzkePartner A. T. Kearney GmbH München

Dr. Berthold FürstCo-Verantwortlicher M & A-Geschäft EMEA Deutsche Bank AG Frankfurt a. M.

Silke Grosse-Hornke Partnerin Grosse-Hornke Private Consult Münster

Prof. Dr. Andreas GrünbichlerChief Financial Officer und Vorstandsmitglied Wüstenrot Gruppe Salzburg

Titular- und Honorarprofessor Universität St. Gallen (HSG)/Universität Wien St. Gallen/Wien

Dr. Antje HeinenLeiterin Interne Revision und Compliance DALLI-WERKE GmbH & Co. KG Stolberg

Peter HirsChief Financial Officer Zurich Versicherungsgesellschaft AG Schweiz Zürich

Dr. Mariel HochPartnerin, Rechtsanwältin Bär & Karrer AG Zürich

Dr. Lisa HopfmüllerInvestment Manager INVESTNET AG Herisau

Dr. Jens KengelbachPartner und Managing Director The Boston Consulting Group München

Prof. Dr. Stefan KöhlerPartner, Steuerberater Ernst & Young Eschborn/Frankfurt a. M.

Prof. Dr. Thorsten KnauerLehrstuhlinhaber für Controlling Universität Bayreuth Bayreuth

Johannes KorpPrincipal Hellmann & Friedman London

Dr. Sven KunischLehrbeauftragter für Strategisches Management und Executive Director Master für Unternehmensführung (MUG-HSG) Universität St. Gallen (HSG) St. Gallen

Dr. Mona Philomena LadlerPostdoc-Assistentin Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Klagenfurt

Christof LambertsPartner & Rechtsanwalt Eversheds München

XVI | Autorenverzeichnis

Dr. Nikolaus LangSenior Partner & Managing Director The Boston Consulting Group München

Dr. Stephan LeithnerPartner EQT Partners GmbH München

Martin LinkKnowledge Expert Corporate Development The Boston Consulting Group München

Prof. Dr.-Ing. Kai LucksVorsitzender Bundesverband Mergers & Acquisitions e. V.

Geschäftsführer MMI Merger Management Institut GmbH München

Dr. Georg LutzRechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte Leitender Partner M & A Tax Ernst & Young Zürich

Martin Mailänder M & A Analyst Intern Rothschild GmbH Frankfurt a. M.

Bernd MarschmannLeiter Einkauf Bayer Technology Services GmbH Leverkusen

Dr. Thomas MenkePartner, Rechtsanwalt Anwaltssozietät Gleiss Lutz Düsseldorf

Prof. Dr. Markus MenzProfessor für Strategisches Management Universität Genf Genf

Tibor von MéreyProjektleiter The Boston Consulting Group Wien

Dr. Ralf MoldenhauerSenior Partner & Managing Director The Boston Consulting Group Frankfurt a. M.

Felix MorlockDirector Kommunikationsstrategieberatung Brunswick Frankfurt a. M.

Dr. Alexander MoschoCEO Bayer UK/Irland Leiter Pharmasparte UK

Prof. Dr. Günter Müller-StewensProfessor für Strategisches Management Universität St. Gallen (HSG) St. Gallen

Andreas MundtPräsident Bundeskartellamt Bonn

Jörg MusshoffPartner McKinsey & Company Frankfurt a. M.

Prof. Dr. Helmut PernsteinerInstitut für betriebliche Finanzwirtschaft Johannes Kepler Universität Linz

Prof. Dr. Gerhard PicotGeschäftsführender Partner PICOT Rechtsanwaltskanzlei Köln

Flurin PolteraRechtsanwalt, Dipl. Steuerexperte Leitender Partner M & A Tax Deloitte AG Zürich

Frank Ponndorf Projektmanager Hamann Softwareentwicklung Nidderau

Autorenverzeichnis | XVII

Thomas U. W. PütterChairman und Chief Executive Ancora Finance Group London

Dr. Juan RigallGeschäftsführer Santiago Advisors Willich

Frédéric RochatTeilhaber Lombard Odier Genf

Dr. Hermann RockRechtsanwalt, General Counsel AFINUM Management GmbH München

Alexander RoosSenior Partner & Managing Director The Boston Consulting Group Berlin

Kristin Alena SadowskiDirectorKommunikationsstrategie-beratung Brunswick Frankfurt a. M.

Stefan SchaafExecutive Director Ernst & Young Düsseldorf

Prof. Dr. Christoph SchalastRechtsanwalt und Managing Partner Schalast & Partner Rechtsanwälte

Academic Director M & A Frankfurt School of Finance & Management Frankfurt a. M.

Dr. Michael Schäfer Redakteur Neue Zürcher Zeitung Zürich

Dr. Urs SchenkerRechtsanwalt, Senior Counsel Walder Wyss AG

Privatdozent Universität St. Gallen (HSG) Zürich/St. Gallen

Prof. Dr. Daniela SeeligerPartnerin, Rechtsanwältin Sozietät Linklaters LLP Düsseldorf

Daniela SchalkoDirector Corporate TaxAutomic Software GmbH Wien

Dr. Markus SchimmerStrategieberater Accenture Strategy Zürich

Dr. Markus SchraglPartner, Steuerberater Ernst & Young Wien

Dr. Andreas Schreiner Managing Director Deutsche Bank AG Frankfurt a. M.

Dr. Anja SchweringAkademische Rätin am Lehrstuhl für Controlling Universität Bayreuth Bayreuth

Dr. Thomas C. SittelPartner goetzpartners München

Prof. Dr. Claus SteinleProfessor (em.) Leibniz Universität Hannover Hannover

Dr. Alexander TarlattGeschäftsführer Santiago Advisors Willich

XVIII | Autorenverzeichnis

Prof. Dr. Dr. Manuel R. TheisenLehrstuhl für Allgemeine Betriebswirt-schaftslehre, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Steuerrecht (beurlaubt) Ludwig-Maximilians-Universität München München

Geschäftsführender Herausgeber von »Der Aufsichtsrat«

Dr. Rudolf TschäniPartner, Rechtsanwalt Lenz & Staehelin Zürich

Kai TschökeManaging Director Rothschild GmbH Frankfurt a. M.

Prof. Dr. Jochen VetterPartner, Rechtsanwalt Hengeler Mueller München

Honorarprofessor Universität zu Köln Köln

Michael VogelPartner Ernst & Young Eschborn/Frankfurt a. M.

Prof. Dr. Rolf WatterPartner, Rechtsanwalt Bär & Karrer AG Zürich

Julia Weber-RymkovskaManagerin im Bereich Integration Advisory KPMG London

Dr. Jean-Yves WesselySenior Manager im Ruhestand Sanofi-Aventis Paris

Christian WeyandPartnerKommunikationsstrategieberatung Brunswick Frankfurt a. M.

Dr. Daniel WiegandPartner, Rechtsanwalt Hengeler Mueller München

Amalie WijesunderaRechtsanwältin Schellenberg Wittmer AG Zürich

Dr. Markus Wirth Global Head of Strategy COFRA Holding AG Group Zug

Thomas WirthCOO Private Banking Northern & Eastern Europe Credit Suisse Zürich

Prof. Dr. Bernd W. WirtzUniversitätsprofessorLehrstuhl für Informations- und Kommunikationsmanagement Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer Speyer

Matthias WolfPartner, Rechtsanwalt Lenz & Staehelin Zürich

Autorenverzeichnis | XIX

Abkürzungsverzeichnis

a. A. andere Ansichta. F. alte FassungAbAG AbgabenänderungsgesetzABI Amtsblatt der Europäischen UnionAbs. AbsatzADIA Abu Dhabi Investment Authority (Staatsfonds)AG AktiengesellschaftAJP Aktuelle Juristische Praxis (schweizerische juristische Fachzeit-

schrift)AktG AktiengesetzAnsFug Anlegerschutz- und FunktionsgesetzAOL America OnlineARD Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

der Bundesrepublik DeutschlandAROOI abnormale operative RenditeArt. ArtikelAuM Assets under ManagementAWG Außenwirtschaftsgesetz

B. V. Besloten Vennootschap (niederländisches Äquivalent zur GmbH)BaFin Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Deutschland)BB Betriebs-Berater (Fachzeitschrift)BBI Bundesblatt BCG The Boston Consulting GroupBCSM Behavioral Change Stairway ModelBEHG Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel (kurz:

Börsengesetz) (Schweiz)BEHV-EBK Verordnung der Eidgenössischen Bankenkommission über die Börsen

und den Effektenhandel vom 25.06.1997BEHV-FINMA Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel vom 25.10.2008BEPS Base Erosion and Profit ShiftingBetrVG BetriebsverfassungsgesetzBFH Bundesfinanzhof (Deutschland)BGB Bürgerliches Gesetzbuch (Deutschland)BGBl BundesgesetzblattBGE Entscheidungen des Schweizerischen BundesgerichtsBGH Bundesgerichtshof (Deutschland)BHAR Abnormale Buy & Hold-KapitalmarktrenditeBKR Zeitschrift für Bank- und KapitalmarktrechtBMF Bundesministerium der Finanzen (Deutschland)BMJ Bundesministerium der Justiz (Deutschland)

| XXI

BRIC Brasilien (B), Russland (R), Indien (I), China (C)BSK Börsensachverständigenkommissionbspw. beispielsweiseBVK Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. BWL Betriebswirtschaftslehrebzgl. bezüglichbzw. beziehungsweise

c. i. c. culpa in contrahendoCAPM Capital Asset Pricing ModelCAR kumulierte abnormale RenditeCDD Cultural Due DiligenceCDS Credit Default SwapsCEFS Center for Entrepreneurial and Financial StudiesCEO Chief Executive OfficerCFO Chief Financial OfficerCIC China Investment Corp.COMECON Council for Mutual Economic Assistance

d. h. das heißtDACH Deutschland (D), Österreich (A), Schweiz (CH)DAX Deutscher AktienindexDB Der Betrieb (Fachzeitschrift)DB Direkte Bundessteuer (Schweiz)DBA DoppelbesteuerungsabkommenDBG Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Schweiz) vom

14.12.1990DBVC Deutscher Bundesverband Coaching e.V.DCF Discounted CashflowDCGK Deutscher Corporate Governance KodexDD Due DiligenceDDR Deutsche Demokratische RepublikDHV Deutsche Hochschule für VerwaltungswissenschaftenDIFC Dubai International Financial CentreDIRK Deutscher Investor Relations Verband e.V.dit Deutscher Investment Trust Gesellschaft für Wertpapieranlagen mbHDiv DividendeDM Deutsche MarkDNA Deoxyribonucleic Acid (deutsch: Desoxyribonukleinsäure, kurz:

DNS) DPS Dividend per ShareDStR Das deutsche Steuerrecht (Fachzeitschrift)DVA Deal Value Added

e. V. Eingetragener VereinEBIT Earnings before Interest and TaxesEBITDA Earnings before Interest, Taxes, Depreciation, AmortizationEBK Eidgenössische Bankenkommission

XXII | Abkürzungsverzeichnis

EBS European Business School EDP Energias de PortugalEDS Electronic Data Systems CorporationEFTA European Free Trade AssociationEG Europäische GemeinschaftEK EigenkapitalEMBL-HSG Executive Master of European Business Law (der Universität St.Gallen)EMC Entreprise Minière et ChimiqueErw. Erwägung EstG EinkommensteuergesetzESTV Eidgenössische Steuerverwaltung (Schweiz)etc. et ceteraEU Europäische UnionEuG Europäisches GerichtEuGH Europäischer GerichtshofEuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EV Enterprise ValueEVA Economic Value AddedEVCA European Private Equity and Venture Capital AssociationEWG Europäische WirtschaftsgemeinschaftEWR Europäischer Wirtschaftsraum

FDD Financial Due DiligenceFDP Freie Demokratische Partei (Deutschland)Fed Federal Reserve System (US-Notenbank)FINMA Eidgenössische FinanzmarktaufsichtFINMAG Finanzmarktaufsichtsgesetz (Bundesgesetz über die Eidgenössische

Finanzmarktaufsicht vom 22.06.2007)Fn. FußnoteFPÖ Freiheitliche Partei ÖsterreichsFRC Financial Reporting CouncilFStR IFF Forum für Steuerrecht (Zeitschrift)FTD Financial Times Deutschland FTE Full Time EquivalentFusG Fusionsgesetz

GDP Gross Domestic Product (englisch für Bruttoinlandsprodukt)GDP Gás de PortugalGE General ElectricGebG Gebührengesetz (Österreich)GesKR Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht (Schweiz)GewStG Gewerbesteuergesetz (Deutschland)ggf. gegebenenfalls GIC Government of Singapore Investment Corp.GmbH Gesellschaft mit beschränkter HaftungGPO Government Printing OfficeGST Generalized-Sign-TestGUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

Abkürzungsverzeichnis | XXIII

GuV Gewinn- und VerlustrechnungGWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Deutschland)

h. m. herrschende MeinungHGB Handelsgesetzbuch (Deutschland)HHI Herfindahl-Hirschman-IndexHMG Hendrix Meat GroupHP Hewlett-Packard Co.HR Human ResourcesHSG Hochschule St. Gallen (Universität St. Gallen)HWP Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung

i. A. im Allgemeineni. d. R. in der Regeli. e. S. im engeren Sinnei. F. d. in Form desi. H. v. in Höhe voni. S. d. im Sinne desi. S. v. im Sinne voni. V. m. in Verbindung miti. w. S. im weiteren Sinnei. Z. m. im/in Zusammenhang mitIAR Geschäftsbereich Inks and Adhesive Resins IBGYBG I‘ll Be Gone, You‘ll Be Gone (engl. Akronym)IBM International Business Machines Corp.ICB Industry Classification BenchmarkIFRS International Financial Reporting StandardsIO Industrial OrganizationIP Intellectual PropertyIP Internet ProtocolIPEV International Private Equity and Venture Capital Valuation GuidelinesIPIC International Petroleum Investment CompanyIPO Initial Public OfferingIRR Internal Rate of Return (englisch für Interner Zinsfuß)IStR Internationales Steuerrecht (Zeitschrift)IT Informationstechnologie

JV Joint Venture

KG KartellgesetzKG KommanditgesellschaftKGaA Kommanditgesellschaft auf AktienKGV Kurs-Gewinn-VerhältnisKKR Kohlberg Kravis Roberts & Co.KS Kreisschreiben (Schweiz)KStG Körperschaftsteuergesetz

LBO Leveraged Buyout

XXIV | Abkürzungsverzeichnis

LG Landgericht (Deutschland)lit. littera (lateinisch für Buchstabe)LL. M. Legum Magister (engl.: Master of Laws; zu deutsch: Meister der Rech-

te)LLC Limited Liability CompanyLP Limited PartnershipLtd. Limited Company

M & A Mergers & Acquisitionm. w. H. mit weiteren Hinweisen m. w. N. mit weiteren NachweisenMAC Material Adverse ChangeMBA Master in Business AdministrationMBI Management Buy-inMBO Management Buy-outMEG Mittelstandsentlastungsgesetz (Deutschland)MLE Master in Law and EconomicsMSCI Morgan Stanley Capital International (US-amerikanischer Finanz-

dienstleister)

N. V. Naamloze Vennootschap (niederländisches Äquivalent zur Aktien-gesellschaft)

NAV Net Asset Value (deutsch: Nettoinventarwert)NBO Non-binding OfferNJW Neue Juristische WochenschriftNYSE New York Stock ExchangeNZG Neue Zeitschrift für GesellschaftsrechtNZZ Neue Zürcher Zeitung

OCI Organizational Culture InventoryOECD Organisation for Economic Co-operation and Development (deutsch:

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)OHI Organizational Health IndexÖIAG Österreichische Industrieverwaltungs-AGOLG OberlandesgerichtOLS Ordinary Least Squares (Methode der kleinsten Quadrate)OMV Österreichische MineralölverwaltungOPEC Organization of Petroleum Exporting Countries (deutsch: Organisation

erdölexportierender Länder)OR Obligationenrecht (Schweiz) ÖVAG Österreichische Volksbanken AGÖVP Österreichische Volkspartei

p. a. per annump. F. V. positive ForderungsverletzungPB Private BankingPD PrivatdozentPE Private Equity

Abkürzungsverzeichnis | XXV

PIMCO The Pacific Investment Management CompanyPIPE Private Investment in Public EquityPLC Public Limited CompanyPMI Post Merger IntegrationPMM Post Merger ManagementPR Public RelationsPwC PricewaterhouseCoopers

Q & A Questions & AnswersQIA Qatar Investment Authority

R & D Research & Development (deutsch: Forschung & Entwicklung)RBS The Royal Bank of ScotlandRegE Regierungsentwurf resp. respektiveRGZ Entscheidungen des Reichsgerichtes in Zivilsachen (Amtliche Sammlung)RIO Regional Integration Office (lokales Integrationsbüro)Rn. RandnummerROA Return on AssetsROI Return on InvestmentRONA Return on Net AssetsROS Return on Sales RS Reasoned SubmissionRVG RechtsanwaltsvergütungsgesetzRWZ Zeitschrift für Recht und Rechnungswesen

S. A. Société Anonyme (französisches Äquivalent zur Aktiengesellschaft)SAS Société par Actions Simplifiée (deutsch: Aktiengesellschaft in verein-

fachter Form)SBV Schweizerischer BankvereinSCA Société en Commandite par Actions (französisches Pendant zur deut-

schen KGaA)SCPA Société Commerciale des Potasses et de l‘AzoteSDC Securities Data CompanySE Societas Europaea (Europäische Gesellschaft)SEA Securities Exchange ActSEC United States Securities and Exchange Commission (US-

Börsenaufsichts behörde)SFr. Schweizer FrankenSIC Standard Industrial Classification (Branchenklassifizierung)SIEC Significant Impediment of Effective Competition SKW Süddeutsche Kalkstickstoff-WerkeSLC Substantial Lessening of CompetitionSOA Sarbanes Oxley Actsog. sogenannteSPA Share Purchase AgreementSPÖ Sozialistische sowie später Sozialdemokratische Partei Österreichs

XXVI | Abkürzungsverzeichnis

SSCI Social Science Citation IndexST Der Schweizer Treuhänder (Fachzeitschrift)StG Steuergesetz (Schweiz)SWF Sovereign Wealth Funds (deutsch: Staatsfonds)SWK Steuer- und Wirtschaftskartei (österreichische Zeitschrift)SZW Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht

TARP Troubled Asset Relief ProgramsTPG Texas Pacific Group (Beteiligungsgesellschaft)TSA Transfer Service AgreementTSR Total Shareholder ReturnTUG Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes

u. a. unter anderemu. U. unter UmständenUBG Unternehmensgesetzbuch (Österreich)UEV Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebo-

te vom 21.08.2008 UEV-UEK Verordnung der Übernahmekommission über öffentliche Kaufangebo-

te vom 21.07.1997UmwStG Umwandlungssteuergesetz (Deutschland)UN United NationsUNIDROIT International Institute for the Unification of Private LawUS United States (Vereinigte Staaten)US-GAAP United States Generally Accepted Accounting Principles (deutsch:

Allgemein anerkannte Rechnungslegungsgrundsätze der Vereinigten Staaten)

VAW Vereinigte Aluminium-Werke AGVC Venture CapitalVEB Volkseigener BetriebVEBA Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AGVIAG Vereinigte Industrieunternehmungen AGVR Verwaltungsrat (Schweiz)vs. versusVW VolkswagenVwGH Verwaltungsgerichtshof (Österreich)VwVG Verwaltungsverfahrensgesetz (Schweiz)

WACC Weighted Average Cost of CapitalWeko Wettbewerbskommission (Schweiz)WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WM Wertpapier Mitteilungen (Fachzeitschrift)WpAIV Wertpapierhandelsanzeige- und InsiderverzeichnisverordnungWpHG Wertpapierhandelsgesetz (Deutschland)WpÜG Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (Deutschland)WSP WertsteigerungspotenzialWuW Wirtschaft und Wettbewerb (Fachzeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis | XXVII

z. B. zum BeispielZDF Zweites Deutsches FernsehenZGB Zivilgesetzbuch (Schweiz)ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

XXVIII | Abkürzungsverzeichnis

Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes PhänomenGünter Müller-Stewens/Sven Kunisch/Andreas Binder*

1 M & A: Vom Einzelereignis zum Alltagsphänomen2 Drei Betrachtungsperspektiven 2.1 Marktperspektive 2.2 Transaktionsperspektive 2.3 Rechtliche Perspektive3 Fazit und Ausblick

1 M & A: Vom Einzelereignis zum Alltagsphänomen

Wird heute das Kürzel »M & A« verwendet, so weiß im Prinzip jeder, dass damit »Mer-gers & Acquisitions« (Fusionen und Übernahmen)1 gemeint ist. Während M & A-Trans-aktionen bis in die 1980er Jahre in Europa noch Einzelereignisse waren, mit denen sich nur Experten beschäftigt haben, sind sie mittlerweile Alltagsereignisse geworden. Im Jahr 2015 kam es in Deutschland zu etwa 1.342 angekündigten Transaktionen, was fast 4 Fällen pro Tag entspricht.2 Wenn es zu nationalen Großakquisitionen kommt, wird sogar in den Abendnachrichten der Fernsehanstalten prominent dazu berichtet. M & A ist somit zu einem der breiten Öffentlichkeit bekannten Phänomen geworden.

Das Interesse der Öffentlichkeit ergibt sich aus vielerlei Gründen: Einer davon sind die damit verbundenen Arbeitsplätze, da insbesondere dann, wenn sich eher gleichar-tige Unternehmen verbinden, der Abbau von Redundanzen und Kosten das Rational des Zusammenschlusses prägen, um dann darüber die Wettbewerbsfähigkeit des neuen Unternehmens zu stärken. Interesse besteht auch wegen der damit verbundenen Macht-kämpfe und Einzelschicksale. Manche Fälle erinnern an die Qualität eines Shakespea-re-Dramas: z. B. der Versuch von David »Porsche« in den Jahren 2007–09, den Goliath »Volkswagen« zu übernehmen (auch mit dessen Geld), was aber dann – nach dem finanziellen Desaster bei Porsche – im August 2009 genau mit dem Gegenteil endete, der Eingliederung von Porsche in den Volkswagen Konzern. Ein Fall, der heute noch die Gerichte beschäftigt.3 Das Interesse ergibt sich aber auch daraus, dass es oft um sehr viel Geld geht, und dies nicht nur für die beteiligten Unternehmen, sondern für deren Akteure im Top Management. Die gewaltigen Kapitalvernichtungen bei den Transaktio-

∗ Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Professor für Strategisches Management, Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen; Dr. Sven Kunisch, Lehrbeauftragter für Strategisches Management und Executive Director Master für Unternehmensführung (MUG-HSG), Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen; Prof. Dr. Andreas Binder, Honorarprofessor für Schuld- und Gesellschaftsrecht, Universität St. Gal-len (HSG); Partner, Rechtsanwalt, Binder Rechtsanwälte, St. Gallen/Baden.

1 Vgl. zu den Begriffen Kapitel A.I.2 Düsterhoff, H./Wolffson, J. M. (2016), S. 23.3 Vgl. hierzu z. B. die Dokumentation des Vorgangs in Der Spiegel, 43/2015, S. 70–80.

nen Siemens/Nixdorf, DASA/Fokker oder Vodafone/Mannesmann sind Beispiele dafür. Bei Auflösung der Mesalliance Daimler/Chrysler wurde in etwa der Wert, den Chrysler in die Fusion einbrachte, vernichtet – rund 30 Mrd. Euro. Natürlich gibt es daneben auch eine Vielzahl gelungener Transaktionen, bei denen sich Unternehmen über M & A in eine neue Phase ihrer Unternehmensgeschichte katapultiert haben.

Spezifisch am Phänomen des M & A ist seine Vielschichtigkeit. Nahezu alle betriebs-wirtschaftlichen Teildisziplinen sind relevant. M & A sollte nicht Selbstzweck sein oder aus reinem Opportunismus verfolgt werden, sondern sich als Ausfluss unternehmens-strategischer Überlegungen ergeben. Bei der Integration werden organisationstheore-tische und personalwirtschaftliche Kompetenzen relevant, fundiertes Know-how zur Finanzierung und zum Controlling sind gefordert, aber auch juristische und steuerliche Kompetenzen sind gefragt. Der Erfolg einer Akquisition hängt wesentlich davon ab, alle erforderlichen Kompetenzen aufzubieten und diese insbesondere auch an ihren Schnittstellen zu orchestrieren.

Einige »Serienakquisiteure« konnten sich über die Zeit, basierend auf einem kon-tinuierlichen Lernprozess, einen gewissen Erfahrungsschatz aufbauen, den sie auf neue Fälle übertragen können. Die Durchführung vieler Akquisitionen führt jedoch nicht automatisch zu einer höheren Erfolgsquote. Dies kann nur dann geschehen, wenn systematisch am Aufbau und der Weiterentwicklung dieser M & A-Kompetenz gearbeitet wird. Dazu gehört auch, aus Misserfolgen zu lernen. Hinzu kommt, dass jeder neue Fall seine Einzigartigkeit hat, was bedeutet, dass er nicht ohne weiteres mit den aus der Vergangenheit heraus entwickelten Standards und Templates be-wirtschaftet werden darf. Weiter muss Augenmaß bei der Frage bewiesen werden, welche bewährten Methoden übertragbar sind und welche nicht. Wer als Käufer sein M & A-Risiko einschätzen möchte, sollte sich vergewissern, dass er ausreichend über diese Kompetenz verfügt.

In großen Unternehmen ist die Kompetenz zu M & A heute meist in einer eigenen Zentralabteilung beheimatet oder zumindest Teil einer Zentralabteilung wie Corporate Strategy oder Unternehmensentwicklung. So gaben 67 % der 107 antwortenden CSO in unserer European Chief Strategy Officer Survey 2015 an, dass für sie M & A eine wich-tige bzw. besonders wichtige (24 %) Tätigkeit in ihrem Aktivitätenspektrum darstellt.4 54 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie über eine eigene M & A-Abteilung verfügen. Angesichts der sehr unterschiedlichen Erfolgs- bzw. Misserfolgsquoten von M & A-Transaktionen bei den einzelnen Unternehmen stellt die M & A-Kompetenz eine Quelle für die Realisierung eines sog. »Parenting Advantage« dar.5 Unternehmen wie Cisco oder Danaher, die in großer Regelmäßigkeit und hoher Sequenz Unternehmen akquirieren, versuchen, eine solche in der Zentrale beheimatete Kompetenz ständig weiterzuentwickeln.6

4 Menz, M./Müller-Stewens, G./Zimmermann, T./Uhr, J. 2015.5 Damit ist ein Wettbewerbsvorteil gemeint, der sich im Wettbewerb der »Corporate Parents« auf

der Gesamtunternehmensebene zum Vorteil der akquirierenden Tochtergesellschaften ergibt. Vgl. Müller-Stewens, G./Brauer, M. 2009.

6 Vgl. Voss, I./Müller-Stewens, G. 2006a sowie Voss, I./Müller-Stewens, G. 2006b.

2 | Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen

2 Drei Betrachtungsperspektiven

Versucht man sich dem Phänomen Mergers & Acquisitions (M & A) zu nähern, so bieten sich drei Betrachtungsperspektiven an:• Marktperspektive: Akquisitionen und Fusionen finden am sogenannten Markt für

Unternehmenskontrolle statt. Dort werden die Kontrollrechte von Unternehmen gehandelt. Wie andere Märkte folgt auch dieser den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Wird ein Unternehmen an diesem Markt aktiv, so sollte es sich dessen Dynamiken und seines aktuellen Zustands bewusst sein. Gestaltet wird dieser Markt durch eine ganze Reihe von Professionals wie Anwälten, Investmentbankern, Stra-tegieberatern etc.

• Transaktionsperspektive: Hier geht es um das Management des einzelnen Transak-tionsprozesses. In welche Phasen kann er unterteilt werden? Welche Aktivitäten fal-len in diesen Phasen an? Welche Typen von Transaktionen lassen sich unterscheiden? Was entscheidet über Erfolg und Misserfolg? Die hohen Misserfolgsquoten zeigen, dass die Kompetenz zum Management von M & A offenbar nicht allerorts gleicher-maßen vorhanden ist, dass sie sogar eine eher knappe Ressource zu sein scheint.

• Rechtliche Perspektive: Staaten bestimmen durch das Setzen rechtlicher Rahmen-bedingungen einen wesentlichen Teil des Kontextes des Marktes für Unternehmens-kontrolle. Der Regulator ist damit auch der zentrale Einflussfaktor der Effizienz dieses Marktes. Er entscheidet, ob die Interessen aller Beteiligten und Betroffenen an einem Transaktionsprozess (z. B. die der Minderheitsaktionäre im Zielunternehmen) in einer angemessenen Art und Weise berücksichtigt werden. Die maßgeblichen Rahmenbedingungen werden in verschiedenen Rechtsgebieten gesetzt.

Im Folgenden werden diese drei M & A-Perspektiven kursorisch durch eine historische Brille betrachtet.

2.1 Marktperspektive

Für Entscheidungsträger, die über den Kauf und/oder Verkauf von Unternehmensteilen nachdenken, scheint der Begriff eines Marktes, an dem Unternehmen gehandelt wer-den, oft ungewöhnlich. Bei Märkten denken sie primär an Produktmärkte. Doch eben diese Sichtweise ist notwendig, wenn sie einen Kauf und/oder Verkauf professionell abwickeln und nicht innerhalb weniger Monate all das gefährden wollen, was eine oder mehrere Unternehmergenerationen mühevoll aufgebaut haben. Es sind die Dynamiken dieses Marktes, die es zu berücksichtigen gilt, denn der Zustand des Marktes hat er-heblichen Einfluss auf die Kauf- und Verkaufschancen und den Erfolg der Transaktion.

Geprägt wird dieser Markt immer noch stark durch das Geschehen in den USA. Dort kann man auf eine gut 100-jährige Entwicklung zurückschauen. Diese fand in Wellen statt, jede getrieben durch eine andere Wertsteigerungslogik.7 Der M & A-Markt ist al-so ein zyklischer Markt. Ein anschauliches Beispiel liefert die Schaeffler-Gruppe, die an der Übernahme der Continental AG und der damit verbundenen Schuldenlast fast zugrunde gegangen ist, da die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers und die

7 Vgl. dazu Kapitel A.II.

Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen | 3

darauf folgende Finanzkrise die Continental-Kurse in den Keller fallen ließ, während das verbindliche Angebot der Schaeffler-Gruppe noch auf Preisen aus der Zeitperiode vor dem Markt-Crash basierte.

In Europa begannen die M & A-Aktivitäten erst deutlich später, in den 1980er Jahren, Fahrt aufzunehmen, vermutlich auch aufgrund der zunehmenden M & A-Beratungstätig-keit von Investmentbanken. Während die M & A-Aktivitäten in den 1990er Jahren sehr stark auf die finanztechnische Optimierung des Portfolios (bezogen auf den Shareholder Value) ausgerichtet waren, spielten nach der Jahrtausendwende strategische Überlegun-gen wieder eine wichtigere Rolle. Die Portfolien blieben diversifiziert, aber sie wurden homogener und vermehrt auf einen gemeinsamen Zweck des Unternehmens ausgerich-tet (»Profit with a Purpose«).

In den sog. »Emerging Countries« haben die Märkte noch nicht dieselbe Effizienz wie in den westlichen Industrieländern, nicht zuletzt wegen möglicher politischer In-stabilitäten. Aber auch dort gibt es Unternehmen, die ihr Wachstum mittels M & A vor-antreiben. Ein Beispiel ist das Unternehmen China Resources Snow Breweries, welches bereits Dutzende regionaler Brauereien akquiriert hat, jeweils basierend auf einer kla-ren Wachstumsstrategie und Integrationsmethodik. Heute ist China Resources Snow Breweries bereits die Nummer 5 der Welt.8 Die Unternehmen akquirieren indessen auch außerhalb der Heimmärkte. Im Raum Südostasien waren die M & A-Aktivitäten zunächst sehr stark auf Singapur fokussiert, inzwischen bedienen sich aber auch Unternehmen der übrigen Länder dieses Wirtschaftsraums dieses Instruments. Beispielsweise hat sich der malaysische Mineralölkonzern Petronas, der sich in Staatsbesitz befindet, 2014 für 2,25 Mrd. US-Dollar in das Shah Deniz Project in Azerbaijan eingekauft.9

Nicht zuletzt angesichts dieser Entwicklungen lässt sich insgesamt feststellen, dass sich die ursprünglich sehr national geprägten M & A-Märkte inzwischen zu einem glo-balen M & A-Markt gewandelt haben.

Auch die Akteure und deren Sitten und Gebräuche haben sich über die Jahre geän-dert. Während noch in den 1980er und 1990er Jahren gegen den Willen des Manage-ments durchgeführte Übernahmen, sogenannte »unfriendly/hostile takeovers« , durch führende Wirtschaftsvertreter als »Barbarei« bezeichnet wurden und das Auftauchen einer dritten Kraft am Kapitalmarkt in Form der Private Equity-Unternehmen und der Hedgefonds durch führende Politiker mit einer Heuschrecken-Plage verglichen wurde, haben sich inzwischen auch diesbezüglich die Gemüter beruhigt. Diese Varianten von M & A-Transaktionen sind zum festen Bestandteil des Marktes geworden.

Mit dem Wachstum des M & A-Marktes hat natürlich auch die Zahl der dort anzutref-fenden Akteure massiv zugenommen. Dies sind zum einen die beratenden Professionals. Dazu gehören die auf M & A spezialisierten Investmentbanker, die Wirtschafts- und Steueranwälte, die Wirtschaftsprüfer und die Strategieberater. Sie agieren als Abteilun-gen in den Großbanken, in kleinen M & A-Boutiquen, in kleineren Kanzleien und großen internationalen Anwaltskanzleien.

8 CR Snow ist ein Joint Venture aus China Resources Enterprise und der SABMiller-Gruppe. Die Fir-ma produziert knapp 120 Millionen Hektoliter im Jahr und belegt mit 6 % Marktanteil Platz 5 der Weltrangliste. Die Hauptmarke Snow ist das meistverkaufte Bier der Welt. Es ist allerdings nur in China erhältlich. Vgl. dazu Handelszeitung vom 16.10.2015. Sollte die geplante Fusion der weltwei-ten Nr. 1, AB Inbev, und der Nr. 2, SABMiller, zustandekommen, die zusammen einen Ausstoß von über 500 Millionen Hektoliter haben, dann rückt CR Snow auf Platz 4 vor.

9 http://www.reuters.com/article/2014/10/13/statoil-petronas-shahdeniz-idUSL6N0S80BB20141013.

4 | Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen

Neben den Professionals ist aber auch der Staat ein wichtiger Akteur in diesem Markt. Die inzwischen eingetretene Vielschichtigkeit staatlichen Mitwirkens am M & A-Gesche-hen ist bemerkenswert. Dies nicht nur in der Rolle des Regulators – auch als Kommu-nikator, Investor und Kapitalgeber übt der Staat großen Einfluss auf den M & A-Markt aus.10 Aufgrund der betriebs- und volkswirtschaftlichen Bedeutung von Fusionen und Übernahmen haben die Staaten großes Interesse am M & A-Geschehen. Dies widerspie-gelt sich auch in den zahlreichen Aktivitäten von Staatsfonds sowie staatlichen Inter-ventionen auf dem M & A-Markt. Letzteres zeigt sich insbesondere bei der Haltung zur Übernahme von national als bedeutsam erachteten Unternehmen.

Als es beispielsweise im Jahr 2004 zur unfreundlichen Übernahme von Aventis durch Sanofi kam, schlugen bei diesem bedeutsamen Pharma-Deal die politischen Wel-len hoch. Der französische Präsident Jacques Chirac machte in dieser Angelegenheit bei seinem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder am 9. Februar 2004 folgende Erklärung: «Dies sind Privatunternehmen, die börsenkotiert sind, und ihre Entscheidungen hängen nicht von den Regierungen ab.» Doch diese Position hielt dem Druck auf der französischen Seite nicht lange stand. Anfang April 2004 meinte der Gesundheitsminister Douste-Blazy: «Verteidigen wir die französische Industrie. Wenn wir die Chance haben, einen der weltweit größten Pharmakonzerne in unserem Land zu haben, müssen wir sie ergreifen.»11

2.2 Transaktionsperspektive

Während es bei der Marktperspektive darum geht, die Entwicklungen auf der Makro-ebene und die vielseitigen Akteure zu verstehen, rückt bei der Transaktionsperspektive die einzelne Transaktion und deren Ablauf in den Vordergrund. In der Praxis hat sich über die Jahre eine Vielzahl von teilweise äußerst feingliedrigen Phasenmodellen und -konzepten zur Gestaltung und zum Ablauf von Transaktionsprozessen herausgebildet. Auch wenn kein realer Prozess genauso vordefiniert abläuft, können solche Modelle und Konzepte dabei helfen, planerisch vorzugehen und Meilensteinpläne daran aus-zurichten.

Im Kern handelt es sich um einen dreiteiligen Prozess mit der strategischen Vorbe-reitung und Planung der Transaktion als erster Phase, der technischen Durchführung der Transaktion als zweiter Phase und der Integration beider Unternehmen als dritter Phase. Bei größeren Transaktionen kommt vor dem Beginn der Integrationsphase eine Zwischenphase hinzu, denn erst nach dem »Signing« der Verträge am Ende der zweiten Phase können die zuständigen Wettbewerbsbehörden notifiziert und um Genehmigung des Zusammenschlusses ersucht werden. Erst wenn die erforderlichen Zustimmungen vorliegen, kommt es zum »Closing«, d. h. erst dann kann die Umsetzung der Integration beginnen.

In dieser Zwischenphase geht es zuerst darum, die »Day-1-Readiness« herzustellen. Dabei ist seitens der Organisationsverantwortung sicherzustellen, dass sämtliche recht-lichen Vorschriften eingehalten werden. Oft werden sog. »Clean Teams« beider Un-ternehmen eingerichtet, die abgeschottet vom Rest ihrer Unternehmen arbeiten und

10 Kunisch, S./Wahler, C./Müller-Stewens, G. 2011.11 Vgl. Müller-Stewens, G./Alscher, A. 2011.

Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen | 5

sich zur strikten Geheimhaltung der erhaltenen Informationen verpflichten. Diese kön-nen bspw. Einkaufskonditionen und Verkaufskonditionen vergleichen. Kommt es zum Closing, können diese Informationen dem neuen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Diese Zwischenzeit wird also genutzt, um innerhalb der engen rechtlichen Rahmenbedingungen die Struktur der Integration vorzubereiten.

Bezeichnend für den Transaktionsprozess ist dessen hohe Komplexität. In sehr kurzer Zeit müssen viele Entscheidungen fast zeitgleich getroffen werden. Um dies zu bewäl-tigen, müssen klare Prioritäten gesetzt werden, d. h. nicht alle Fragen können von An-fang an angegangen werden. Detaillierte Analysen sind kaum möglich; Entscheidungen müssen oft auf der Basis mehr oder minder bewährter Heuristiken getroffen werden.

Das Management eines Transaktionsprozesses ist insbesondere deshalb so heraus-fordernd, weil der Prozess nicht nur eine technische Seite hat, sondern auch eine emoti-onale. Die Unwägbarkeiten einer Transaktion liegen insbesondere auf der emotionalen Seite. Oft wird erst in der Integrationsphase richtig klar, welche Zielevielfalt hinter einer Transaktion steht. Zwar wurde die Transaktion als solche durch die involvierten Parteien unterstützt (oder zumindest nicht blockiert), aber dies verbunden mit sehr unterschiedlichen Erwartungen: Einer sieht darin die Karrierechancen, auf die er schon lange gewartet hat; ein anderer glaubt an das strategische Rational der Transaktion; ein Vorstandsmitglied aus dem Zielunternehmen sieht darin vielleicht interessante Aus-stiegsszenarien für sich.

Unternehmensübernahmen haben i. A. einen starken Einfluss auf die Mitarbeiter eines Unternehmens (und ihre Familien) sowie auf das Zusammenwirken dieser Mitar-beiter in der Organisation. Sie können die Struktur, die Systeme, die Prozesse und die Kultur des Zielunternehmens oder auch beider Unternehmen einschneidend verändern. Dies kann Frustrationen, »innere Emigration«, Aggressionen, Stress oder Krankheiten auslösen. Auf der Unternehmensebene kann dies zu Dysfunktionen, Machtkämpfen, Ab-wanderungen, Reorganisationen, Intrigen usw. führen. Bei komplementären Transakti-onen, bei denen sich beide Unternehmen bzgl. Produkten und Märkten eher ergänzen, ist dies i. d. R. seltener der Fall als bei sog. »Kosten-Mergern«, bei denen es primär um Effizienzgewinne aus dem Zusammenschluss geht.

Eine Transaktion gilt regelmäßig dann als abgeschlossen, wenn die dafür eigens ge-bildete Projektorganisation aufgelöst ist. De facto ist sie damit aber oft noch lange nicht beendet. Zum einen müssen noch nicht erledigte Aufgaben nun in der Linienorganisa-tion abgewickelt werden. Zum anderen gilt es, kulturelle Differenzen miteinander ver-träglich zu machen und auf eine neue gemeinsame langfristige Vision hin auszurichten.

2.3 Rechtliche Perspektive

Die rechtlichen Rahmenbedingungen bilden einen wesentlichen Teil des Kontextes, in dem M & A stattfindet. Dies sind zum einen die nationalen Vorschriften, aber es exis-tieren auch übernationale, wie etwa das europäische Fusionskontrollrecht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Standorte auch hinsichtlich ihrer Rahmenbedingungen im Wett-bewerb miteinander stehen. Es gibt daher nicht nur ein Streben nach Harmonisierung dieser Rahmenbedingungen, sondern auch eines nach bewusster Differenzierung. So macht der US-Bundesstaat Delaware mit dem wohl liberalsten Gesellschaftsrecht des Landes seit Jahrzehnten auf sich aufmerksam. Dort ist beispielsweise mit Zustimmung

6 | Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen

der Stimmenmehrheit sämtlicher ausstehender Aktien ein »Squeeze out Merger« mit Zwangsabfindung der Aktionäre möglich; ZF Friedrichshafen konnte bei der Übernah-me von TRW im Jahr 2015 diesen Vorteil nutzen.

Eine Vielzahl von Rechtsgebieten ist für das M & A-Geschäft relevant; insbesondere sind dies das Vertragsrecht, das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, das Übernahme-recht, das Wettbewerbsrecht und das Steuerrecht.

Ein Blick auf die Entwicklungen im rechtlichen Bereich zeigt Erstaunliches: Vieles hat sich in den letzten 25 Jahren im M & A-Recht gewandelt, ganze Rechtsgebiete sind neu entstanden, wie insbesondere das Übernahme- und das Umstrukturierungsrecht, alte Fragen wie die Vinkulierung der Aktienübertragungen wurden anders beurteilt und neu geregelt, der Aktionär bekam eine völlig neue, zentrale Stellung im Corpo-rate Governance-System der börsenkotierten Aktiengesellschaft. Unfreundliche Über-nahmeversuche werden zunehmend zahlreicher und führen immer öfter zu einem Kontrollwechsel. Die Staaten reagieren auf diese Entwicklungen mit nationalistischen Schutzmaßnahmen und Interventionen. Nachdem während Jahrzehnten weltweit eine Machtverlagerung zu den Aktionären stattgefunden hat – ein Trend, der weiter anhält –, beginnt man seit ein paar Jahren, über eine neue Rolle der Aktionäre nachzudenken, über Best-Practice-Verhalten oder gar neue Pflichten der Aktionäre oder über die Kop-pelung einzelner ihrer Rechte an eine gewisse Haltedauer der Aktien.

3 Fazit und Ausblick

Es ist weitläufig bekannt, dass M & A mit einer relativ hohen Misserfolgsquote ver-bunden ist. Egal, welche Studie herangezogen wird, es wird stets auf das hohe unter-nehmerische Risiko hingewiesen, welches mit M & A verbunden ist. Die Mehrzahl der Transaktionen erreicht die angestrebten Ziele nicht einmal annähernd. Manche Fälle enden desaströs und gefährden den Fortbestand des Käufers. Daraus sollte jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass M & A-Transaktionen zu unterlassen sind. Denn solche Studienergebnisse sind Durchschnittsbetrachtungen, und hinter jedem Durchschnitt steht eine Verteilung, die offenbart, dass es Unternehmen gibt, die weniger erfolgreich sind, während andere M & A erfolgreich meistern. Den Unterschied macht hier die auf der Gesamtunternehmensebene angesiedelte M & A-Kompetenz aus. Eine solche Kompe-tenz erlaubt es dem Unternehmen, sich im Wettbewerb zu differenzieren.

Blickt man in die Zukunft, so kann damit gerechnet werden, dass sich die bisheri-gen Trends weiter fortsetzen werden: der M & A-Markt wird noch globaler, volatiler und professioneller. Bei der Durchführung von Transaktionsprozessen werden – zumindest für kleinere Transaktionen – immer mehr Bestandteile als standardisierte Bausteine vorliegen und günstig am Beratungsmarkt erwerbbar sein. So ist z. B. heute eine Un-ternehmensbewertung zur Routine geworden. Die großen Unternehmen werden, da sie sich immer häufiger des M & A als Wachstumsmechanismus bedienen, darauf fokussier-te interne Spezialabteilungen vorhalten. Die Staaten werden in ihrer Rolle als Regulator weiterhin gefordert sein, die Effizienz des Marktes für Unternehmenskontrolle mittels adäquater rechtlicher Rahmenbedingungen sicherzustellen.

Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen | 7

Literatur

Der Spiegel, 43/2015, S. 70–80.Düsterhoff, H./Wolffson, J. M. (2016): M & A-Welten der 2 Geschwindigkeiten – Jahresrückblick auf das

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8 | Mergers & Acquisitions: Drei Perspektiven auf ein komplexes Phänomen

TeilAA. M & A aus Marktperspektive

TeilAI. Einleitung zum M & A-MarktGünter Müller-Stewens*

1 Begriffsinhalte2 M & A als Instrument der Unternehmensentwicklung 2.1 Wachstum durch M & A: Motive und Erklärungsansätze 2.2 Rückzug durch Desinvestitionen3 Wertsteigerungsdynamik und Schlüsselaktivitäten4 Zur Effizienz von M & A5 Zusammenfassung

1 Begriffsinhalte

Der aus dem US-amerikanischen Investmentbanking stammende Begriff Mergers & Ac-quisitions (M & A) umschreibt den Handel (Kauf/Verkauf) mit Unternehmen, Unterneh-mensteilen und Unternehmensbeteiligungen und wird mit Unternehmenszusammen-schluss (Fusionen und Unternehmensübernahmen) übersetzt. In einer weiten Fassung umfasst er auch Kooperationen (Joint Venture, Allianzen etc.). Im Falle der Akquisition wird das erworbene Unternehmen bzw. die Unternehmensbeteiligung in die Organi-sation des Erwerbers als Tochtergesellschaft eingegliedert. Von einer Unternehmens-übernahme wird im Allgemeinen allerdings erst dann gesprochen, wenn der Erwerb der Unternehmensanteile auch deren Management und Kontrolle ermöglicht: Leitungs- und Kontrollrechte wurden auf dem sog. Markt für Unternehmenskontrolle1 – hier auch M & A-Markt genannt – durch einen Käufer erworben und dann auch neu ausgeübt. Was demnach nicht unter dem Begriff Übernahme subsumiert wird, ist der Erwerb von Anteilen ohne Leitungs- und Kontrollrechte (z. B. stimmrechtslose Vorzugsaktien) oder der Erwerb größerer Beteiligungspakete, die nur der passiven Finanzanlage dienen. Eher selten ist der Fall der Fusion (Merger), bei der oft ähnlich große Unternehmen (mit oder ohne vorherigen Anteilserwerb) miteinander verschmolzen werden, wobei trotzdem meist eines der beiden der Unternehmen dominiert. Großvolumige Fusionen traten vermehrt Ende der 1990er Jahre (z. B. DaimlerChrysler, Allianz-Dresdner Bank) auf dem Hoch des »Dotcom«-Börsenbooms auf.

Da der Entscheid zur Veräußerung eines Unternehmens allein bei den Anteilseignern und nicht bei der Geschäftsführung liegt, kann es zu unterschiedlichen Haltungen bei Management und Eigentümern gegenüber einem Übernahmeangebot kommen. Unter-breitet ein Unternehmen einem anderen Unternehmen ein öffentliches Übernahmean-gebot (in den USA ist es zu einem solchen Tender Offer verpflichtet, wenn es mehr als 5 % der Aktien des Zielunternehmens erwerben will), so kann das Management des

* Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Professor für Strategisches Management, Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen.

1 Achleitner 1999, S. 137, Jensen/Ruback 1983.

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Teil AZielunternehmens seinen Anteilseignern die Annahme des Angebots empfehlen (Friend-ly Take-over) oder es betrachtet das Angebot als »unfreundlich/feindlich« (Unfriendly bzw. Hostile bzw. Unsolicited Takeover). Den Aktionären des Zielunternehmens macht der potenzielle Käufer den Verkauf dadurch schmackhaft, dass er den Aktionären des Zielunternehmens für einen bestimmten Zeitraum für den Verkaufsfall verbindlich ein signifikantes Premium auf den derzeitigen Börsenkurs anbietet. Das Zielunternehmen kann sich durch das Ergreifen von Abwehrmaßnahmen (z. B. die Suche nach einem »weißen Ritter«, d. h. einem bevorzugteren Käufer)2 wehren. Unfreundliche Übernah-men bilden jedoch eher die Ausnahme. Prominentes Beispiel war im Jahr 2000 der Erwerb von Mannesmann durch Vodafone, mit einem Transaktionsvolumen von 186 Mrd. US-$ die bislang größte Transaktion aller Zeiten.

Strukturell kann der Kauf/Verkauf eines Unternehmens auf zwei unterschiedliche Arten vorgenommen werden: Der Käufer erwirbt entweder die zum Unternehmen gehö-rigen Vermögenswerte und Rechte (Asset Deal) oder die Beteiligung selbst (Share Deal).

2 M & A als Instrument der Unternehmensentwicklung

Mergers & Acquisitions (M & A) sind über die beiden letzten Jahrzehnte zu einem Stan-dardinstrument der Unternehmensleitungen geworden. M & A ist ein Instrument mit dem signifikant in die Entwicklung eines Unternehmens eingegriffen werden kann. M & A hat deshalb auch das Potenzial für hohe positive Effekte auf das kaufende Unter-nehmen. Gleichzeitig zeigen aber viele Studien, dass mit M & A oftmals die angestrebten Ziele nicht annähernd erreicht werden konnten, teilweise Käuferunternehmen durch eine Fehlakquisition sogar für Jahre selbst in eine kritische Situation gebracht wurden. M & A ist damit auch eine Strategie, die mit hohen Risiken verbunden ist.

Für das Strategische Management ist M & A einer der Mechanismen, mittels derer Strategien zur Restrukturierung bzw. Rekonfiguration des Unternehmensportfolios und zum Treiben von Wachstum umgesetzt werden können3. Dabei geht es um die Kern-frage der Corporate Strategy: In welchen Geschäften will ein Unternehmen tätig sein? Abb. 1 stellt die Mechanismen im Überblick dar.

Abb. 1: Ausgewählte Mechanismen der Portfoliorestrukturierung im Strategischen Management (Quelle: Eigene Darstellung)

2 Picot 2012.3 Müller-Stewens/Lechner 2016.

(Re-)Konfiguration des Portfolios der Geschäfte

Mechanismen

Rückzug

Direkter Verkauf (Trade Sale) Schließung/Liquidation Equity Carve-out (Börsengang, IPO) Verselbstständigung (Spin-off/Split-off) Dual Track

Share Deal Cash Deal Asset Deal

Organisches Wachstum Strategische Allianzen Mergers & Acquisitions

Wachstum/ Diversifikation Konzern-/Gruppen-

ebene: Corporate Strategy Wo konkurrieren?

Geschäftsebene: Business Strategy Wie konkurrieren?

Strategisches Management

12 | M & A aus Marktperspektive

TeilAEine in einem aktiven Portfoliomanagement häufig anzutreffende Strategie ist der »Rück-zug zum Wachstum« (Divest to Grow): Zur Realisierung von Wachstumsmöglichkeiten stellt sich für das Corporate Management oft die Frage, mit welchen finanziellen Mitteln eine Akquisition, die Gründung eines Joint Ventures oder der Vorstoß in einen neuen Markt durch eigenen Aufbau einer neuen Geschäftseinheit finanziert werden kann. Die Desinvestition einer Geschäftseinheit oder einer Division zur Realisierung eines solchen Wachstumsvorhabens kann dabei zur Notwendigkeit werden.

Mit dem Einzug des Shareholder Value-Ansatzes in den 1990er Jahren wurde die Steuerung des Unternehmensportfolios bei den börsennotierten Gesellschaften stark unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Wertentwicklung betrachtet. Die Steigerung des Wachstums und der Gesamtkapitalrentabilität der einzelnen Geschäfte standen im Mittelpunkt der Bemühungen (Wertmanagement). Die Unternehmensstrategie wurde dadurch immer mehr an den Erwartungen der Kapitalmärkte ausgerichtet. Konsequenz war, dass zur Optimierung des Portfolios sich dessen Zusammensetzung durch Zukäufe und Desinvestitionen immer häufiger änderte. Aktuell werden Portfolio-Restrukturie-rungen eher auf einen (neuen) gemeinsamen Geschäftszweck des Unternehmens aus-gerichtet, was vielerorts zu homogeneren Portfolien führte.

2.1 Wachstum durch M & A: Motive und Erklärungsansätze

Soll das Portfolio der Geschäfte durch Diversifikation in neue Geschäfte (Ländermärkte, Branchen, Marken etc.) erweitert werden, dann kann eine solche Wachstumsstrategie mittels M & A vollzogen werden. Das Unternehmen tritt dann als potenzieller Käufer auf dem Markt für Unternehmenskontrolle auf. M & A steht dabei in Konkurrenz zu anderen Diversifikationsinstrumenten wie der internen Entwicklung oder strategischen Allianzen. Als Verkäufer tritt das Unternehmen auf, wenn es sich von Geschäften tren-nen will.

Eine Möglichkeit zur Erklärung von M & A sind die Motive als Verursacher von Trans-aktionen. So identifiziert z. B. Trautwein (1990) sieben solcher Motive, von denen im konkreten Fall wohl keines alleine wirkt, sondern – schon allein aufgrund der Vielfalt der Beteiligten – eine spezifische Mischform dieser Motive anzutreffen ist. Wird zunächst unterstellt, dass es zu M & A aus rationalen Erwägungen kommt, dann kann dies gesche-hen, um (1) Synergien zu erzielen (Effizienztheorie), um (2) gegenüber den Kunden einen Machtgewinn zu realisieren (Monopoltheorie), um (3) als Arbitrageure einen Vorteil aus der Zerschlagung eines Unternehmens und den anschließenden Verkauf der einzelnen Einheiten zu erzielen (Raider-Theorie) oder um (4) einen Vorteil aufgrund eines Informa-tionsvorsprungs gegenüber dem Verkäufer zu kapitalisieren (Bewertungstheorie).

Die genannten Arbitrageure dürfen nicht mit Finanzinvestoren gleichgesetzt werden, da es deren erklärtes Ziel ist, als »Principal Investor« den Wert des Übernahmeobjekts zu steigern. Dies geschieht durch eine aktive Zusammenarbeit mit dem Management des Zielunternehmens bei der Neubewertung wichtiger unternehmerischer Fragestellun-gen, weshalb – im Gegensatz zum Corporate Raider – auch unfreundliche Übernahmen ausscheiden. Meist wird der Eigenkapitalanteil des Investors über Private Equity-Fonds finanziert.

Ein fünftes rationales Motiv wirkt nicht zugunsten der Aktionäre des Käufers, son-dern dient den Eigeninteressen des Managers des Käufers: die Empire Building-Theorie.

I. Einleitung zum M & A-Markt | 13

Teil ADer Manager baut sich gegen die Interessen der Eigentümer (Prinzipal-Agent-Konflikt) ein diversifiziertes Imperium auf, das ihm einerseits mehr Macht gibt, aber anderseits auch mehr Manövrierspielraum bezüglich der Darstellung der Leistung des von ihm geführten Unternehmens (z. B. »Überkreuzfinanzierungen« zwischen den Geschäftsein-heiten). Auch wird ein Manager, der hohe Nettocashflows erwirtschaftet, nach dieser Theorie eher dazu neigen, diese in M & A -Transaktionen auch mit schlechten Erfolgs-aussichten zu reinvestieren, als dass er die Cashflows an die Eigentümer auszahlt, da er diesen Ressourcenverlust auch als Machtverlust betrachten würde.

Daneben gibt es noch zwei Erklärungsansätze, die das Zustandekommen von M & A nicht als Resultat rationaler Entscheidungen sehen: Nach der Prozesstheorie kommt es aufgrund undurchsichtiger Entscheidungsprozesse zu Transaktionen (z. B. wegen des fortgeschrittenen Stands des Verhandlungsprozesses und der damit empfundenen Irre-versibilität ohne Gesichtsverlust). Die Wellentheorie unterstellt dagegen, dass M & A ein zyklisches Phänomen ist und die Entscheidungsträger sich diesem Phänomen wie einer Mode mehr oder minder unterwerfen: Unternehmen kaufen in einer dieser M & A-Wellen Unternehmen bzw. Unternehmensteile, weil aufgrund günstiger Rahmenbedingungen gerade alle anderen auch Unternehmen kaufen.

Soll nicht nur erklärt werden, warum es grundsätzlich zu M & A kommt, sondern wa-rum es zu bestimmten Transaktionsrichtungen (horizontal, vertikal, lateral etc.) kommt, dann lässt sich die (empirisch nicht verifizierte) Marktbedingungs-Eigentümerkontroll-theorie von Blackburn/Lang (1989) zugrunde legen: Manager neigen in restriktiven Märkten aufgrund der Marktzwänge grundsätzlich zu Transaktionen, bei denen zwi-schen Käufer- und Zielunternehmen eine hohe Verwandtschaft unterstellt wird (verbun-dene M & A). Sind die Märkte nicht so restriktiv, dann geschieht dies nur bei Käufern, die einer starken Eigentümerkontrolle ausgesetzt sind, da dort dem Management meist kurzfristige Leistungsziele vorgegeben sind. Ist diese Eigentümerkontrolle in weniger restriktiven Märkten nicht gegeben, dann kann nichts zur Richtung von M & A gesagt werden, da M & A primär auch dazu eingesetzt wird, um sich der Kontrolle der Ei-gentümer zu entziehen. So kann das Management das eigene Positionsrisiko dadurch reduzieren, indem das Unternehmen kauft, bevor es selbst gekauft wird – egal ob die Transaktion ökonomisch sinnvoll ist oder nicht.

2.2 Rückzug durch Desinvestitionen

Zur Umsetzung einer Rückzugsstrategie gibt es eine ganze Reihe von Optionen, die teilweise Anlass für M & A-Transaktionen sein können:4

1. Direkter Verkauf (Divestiture)2. Schliessung/Liquidation3. Equity Carve-out (Börsengang; Initial Public Offering, kurz: IPO)4. Verselbstständigung (Spin-off, Split-off)5. Dual Track (Kombination mehrerer Verfahren)

Eine Spielart, die auch zum Tragen kommen kann, ist das Management Buy-out (MBO) oder Management Buy-in (MBI). Verfügt das Management beim MBO/MBI nicht über

4 Müller-Stewens/Brauer 2009.

14 | M & A aus Marktperspektive

TeilArelevante Eigenmittel, so erfolgt über Investoren eine Fremdfinanzierung als LBO (Le-veraged Buy-out).

Ein direkter Verkauf an einen strategischen oder finanziellen Investor ist eine der meist gewählten Varianten zum Ausstieg aus einem Geschäftsfeld. Beim direkten Ver-kauf überträgt der Mutterkonzern die vollständigen Eigentumsrechte an der Geschäfts-einheit dem Käufer. Dem Mutterkonzern fließen dadurch entweder liquide Mittel zu (Cash Deal) oder aber er erhält dafür Aktien (Share Deal) oder andere tangible (mate-rielle) Vermögenswerte (Asset Deal).

Der Prozess des Verkaufs ist i. d. R. so strukturiert, dass zuerst nach potenziellen Kaufinteressenten Ausschau gehalten wird. Davon erhalten die, die in eine engere Auswahl einbezogen werden, Gelegenheit zu einer sorgfältigen Analyse, Prüfung und Bewertung des Kaufgegenstandes (Due Diligence). Ist diese abgeschlossen, kommt es häufig zu einer öffentlichen Auktion um die zur Disposition stehende Geschäftseinheit.

Eine solche Auktion kann verschiedener Art sein. Die Privatauktion (Private Aucti-oning) und die offene Auktion (Open Auctioning) bilden die beiden Enden des Konti-nuums. Bei der Privatauktion wird vom Mutterkonzern meist nur ein potenzieller Inte-ressent angesprochen, an den dann die Geschäftseinheit verkauft werden soll. Vorteil dieses Verfahrens ist die hohe Vertraulichkeit, die Möglichkeit zur schnelleren Einigung und Abwicklung der Transaktion und die Tatsache, dass dadurch das Tagesgeschäft weniger stark eingeschränkt wird. Nachteil ist, dass es keine Alternativen in der Hin-terhand gibt, sollte der gewählte Interessent nicht kaufbereit sein. Mangels Wettbewerb kann auch der Kaufpreis geringer ausfallen als bei den anderen Auktionsvarianten. Bei der offenen Auktion, bei der mit einer Vielzahl von Kaufinteressenten Verhandlungsge-spräche aufgenommen werden, ist die Intensität des Wettbewerbs zwischen den Kaufin-teressenten wesentlich höher. Somit kann sich der Kaufpreis im Idealfall entsprechend »hochschaukeln«. Negativ ist allerdings bei dieser Variante, dass der Ressourcen- und Zeitaufwand wesentlich höher ist und somit auch das operative Tagesgeschäft oftmals darunter leidet.

3 Wertsteigerungsdynamik und Schlüsselaktivitäten

Akquisitionen bauen auf einer Wertsteigerungsdynamik auf, wie sie vereinfacht in Abb. 2 dargestellt ist: Der Käufer ist zur Zahlung einer bestimmten Prämie bereit, da er sich Vorteile aus einer beim Zielunternehmen bestehenden Informationslücke, aus der Nutzung eines Restrukturierungspotenzials oder aus der Realisierung von Synergien erhofft. Diese Prämie darf auf keinen Fall höher sein als die Summe dieser erwarteten Vorteile abzüglich der Akquisitions- und Integrationskosten. Doch hier zeigt sich be-reits das Problem vieler Akquisitionen: Es wurde eine zu hohe Prämie bezahlt, da das Management die Vorteilspotenziale überschätzt hat, oder weil das Unternehmen nicht in der Lage war, sie bei der Integration zu realisieren.

I. Einleitung zum M & A-Markt | 15

Teil A

Abb. 2: Wertsteigerungsdynamik von Akquisitionen (Quelle: Eigene Darstellung)

M & A führt bei den drei Hauptbeteiligten, dem Käufer, dem Verkäufer und dem Trans-aktionsobjekt, oft zu tiefgreifenden Veränderungen. Diese erfolgreich zu bewältigen verlangt eine Vielzahl von Expertisen, die nicht als »automatisch« gegeben unterstellt werden dürfen. Diese Expertisen müssen interdisziplinär zusammenwirken, was hohe Anforderungen an das Schnittstellenmanagement zwischen den Beteiligten stellt. Der-artige Expertisen werden von ganz unterschiedlichen Akteuren eingebracht: Juristen, Wirtschaftsprüfer, Steuerexperten, Ingenieure, Psychologen u. v. a. m. sind daran betei-ligt.

Jede Transaktion sollte auf einer soliden Strategie aufbauen, die das Rational zur Übernahme bereitstellt. Meist wird dazu eine Diversifikationsstrategie ausgearbeitet, aus der dann Profile geeigneter Käufer bzw. Zielunternehmen abgeleitet werden. Kon-krete Ideen für eine Akquisition können nun hergeleitet, begründet und entschieden werden. Auch wenn der Entscheid dann primär strategischer Natur ist, so wird er aber auch von rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen beeinflusst. Unab-dingbarer Output muss eine gut durchdachte und breit geteilte strategische Vision sein, die eine Akquisition zu erklären und die Transaktion inhaltlich auszurichten vermag. Insbesondere muss eine klare Vorstellung dazu bestehen, wie konkret Nutzen aus der Akquisition gezogen werden kann.

Neben diesen eher strategischen Kompetenzen werden bei der nun folgenden techni-schen Abwicklung der Transaktion wieder ganz andere Expertisen benötigt. Nun geht es z. B. darum, mit den Kandidaten in einer geeigneten Form Kontakt aufzunehmen, Bewertungen durchzuführen, Verhandlungen zu Preis und Bedingungen zu führen und im Abschlussfall auch eine passende Form der Finanzierung zu finden. Der Kaufpreis kann durch eine Barzahlung, einen Aktientausch, eine Kapitalerhöhung beim erworbe-nen Unternehmen oder eine Kombination dieser Instrumente entrichtet werden. Wenn der Käufer nicht über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, kann er sich z. B. über eine Kapitalerhöhung, eine Kreditaufnahme oder den Verkauf von Unternehmens-

Goodwill

Substanz- wert

Prämie

Übe

rnah

mep

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Ges

amtw

ert a

us K

äufe

rsic

ht

Informationslücke

Operative Synergien

Finanzielle Synergien

Restrukturierungspotenzial

Wertsteigerung für Aktionäre des Verkäufers

Wertsteigerungs- potenzial für Käuferaktionäre

Akquisitions- und Integrationskosten

Preisobergrenze

Net

toge

sam

twer

t

16 | M & A aus Marktperspektive

TeilAbeteiligungen finanzieren. Zentral ist in dieser Phase die Due Diligence, mittels derer aus verschiedensten Perspektiven durch den Käufer zu überprüfen ist, ob das Zielun-ternehmen das zu halten vermag, was es verspricht und ob im Falle eines Zusammen-gehens die strategische Vision auch eingelöst werden kann.

Kommt es zur Vertragsunterzeichnung (Signing) und zum Abschluss der Trans-aktion (Closing) – falls noch Bescheide von Behörden abgewartet werden mussten –, dann benötigt das Unternehmen nun wiederum ganz andere Fähigkeiten, um die bei der Integration beider Unternehmen anstehenden Aktivitäten zielführend ausüben zu können.5 Jetzt müssen die kalkulierten Vorteilspotenziale durch die Mitarbeiter beider Unternehmen realisiert werden, die das Bezahlen der Prämie rechtfertigten. Je nach Bedarf an organisatorischer Autonomie und strategischen Interdependenzen sind un-terschiedliche Integrationsansätze zu wählen.

Aufgrund der großen Bedeutung von M & A und wegen der hohen Misserfolgsraten sind Akquisitionen und ihre Erfolgsvoraussetzungen auch vielfach untersucht worden. Oft sind die Akquisitionen, die besonders nutzenstiftend wirken, auch die, die beson-ders hohe Integrationsrisiken mit sich bringen. In Abb. 3 sind exemplarisch die Beob-achtungen und Erkenntnisse der Untersuchung von Haspeslagh/Jemison (1992) zusam-menfassend dargestellt. Es werden dort die erforderlichen Aktionsfelder und typischen Probleme bei M & A aufgeführt.

Abb. 3: Aktivitäten und Problemfelder (Quelle: Haspeslagh/Jemison 1992)

5 Gerpott 1993; Meynerts-Stiller/Rohloff 2015.

Analyse

Verhandlung

PProbleme imEEntscheidungsprozess

•Fragmentierte Sichtweisen •Wachsende Eigendynamik •Vieldeutige Erwartungen •Vielfältige Motive

AAkquisitionsbegründung

•Strategische Beurteilung der Transaktion •Herbeiführung breiter Übereinstimmung •Genaue Darstellung von Chancen und Risiken

sowie notwendigen Bedingungen •Rolle organisatorischer Faktoren •Zeitachse der Umsetzung •Höchstpreisfestsetzung

Interaktion

Käufer

Objekt

PProbleme imIIntegrations-

pprozess

•Determinismus •Werteverlust •Führungsvakuum

EErhöhterWWettbe-wwerbs-vvorteil

IIdee

IIntegration

EErgebnis

BBegründung

AAtmosphäre fürdden Fähigkeiten-ttransfer schaffen

•Gegenseitiges Verständnis

•Bereitschaft zur Zusammenarbeit

•Kapazität bereitstellen •Slack-Ressourcen nutzen •Verstehen von

Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen

ÜÜbertragungsstrategischerFFähigkeiten

•Betrieblicher Ressourcen- verbund

•Übertragung funktionaler Fertigkeiten

•Übertragung von Management-fertigkeiten

•Größenvorteile ausschöpfen

I. Einleitung zum M & A-Markt | 17

Teil A4 Zur Effizienz von M & A

Trotz der großen Beliebtheit von M & A generieren viele Akquisitionen nicht (annä-hernd) den Nutzen, der von ihnen erwartet wurde.6 So kann z. B. im Fall des Motivs der Effizienzsteigerung deren tatsächliche Realisierung nicht signifikant bestätigt werden. Gleiches gilt für das häufig genannte Motiv, durch M & A die Marktmacht zu erhöhen. Konsequenz einer mit dieser Absicht vollzogenen Transaktion müsste es dann sein, dass die Preise fallen. Auch diese Hypothese konnte bislang jedoch nicht generell bestätigt werden. Es ist bei horizontalen Mergers sogar oft eher so, dass die verbleibenden Un-ternehmen nach dem Ausscheiden eines Wettbewerbers die Kapazitäten erhöhen, um ihre Economies of Scale zu erhöhen. Auch verworfen werden muss die Hypothese, dass M & A (als Folge z. B. von Effizienzsteigerungen) die Profitabilität des aufkaufenden Unternehmens zu erhöhen vermag. Diese Erkenntnis gilt – vielleicht überraschender-weise – auch für die primär horizontal getriebenen Merger-Wellen. Die Profitabilität sinkt im Allgemeinen nach der Akquisition: In 12 der durch Bühner (1990) ausgewer-teten 28 empirischen Arbeiten zum Thema Profitabilität von M & A kommt es zu einer Verschlechterung der Situation, in weiteren zwölf ist die Wirkung neutral und in vier Studien ist sie positiv. Aus den Studien können eine Reihe von Hinweisen entnommen werden, was die Profitabilität von Akquisitionen weniger ungünstig beeinflusst. Ins-besondere ist dies der strategische Fit (»Verbundenheit« bei Produkten, Märkten oder Technologien, komplementäre strategische Ressourcen etc.) zwischen Käufer- und Ob-jektunternehmen.

Zur Beurteilung des Erfolgs von M & A kann weiter die Frage gestellt werden, ob M & A den Aktienkurs verbessert? Ein überdurchschnittliches Ansteigen der Aktienkurse im Verlauf einer Akquisition würde Signal dafür sein, dass der Kapitalmarkt positive Effekte aus der Transaktion auf die zukünftigen Gewinne des Unternehmens erwartet. Relative Einigkeit besteht darin, dass die großen Gewinner einer Akquisition i. A. die Aktionäre des gekauften Unternehmens sind. Im Schnitt steigen ihre Kurse um knapp 20 %. Dagegen gibt es keinen signifikant nachweisbaren positiven Einfluss auf den Kurs des Käufers. Im Gegenteil muss sogar eher angenommen werden, dass der Kurs fällt und die Aktionäre des Käufers über Jahre nach der Akquisition substanzielle Verluste hinnehmen müssen. Allerdings ist anzumerken, dass der Käuferkurs zwei bis fünf Jahre vor der Akquisition sich oft besser als der Markt entwickelt, also das Akquisitionspoten-zial zum Zeitpunkt ihres Eintritts im Kurs bereits »eingepreist« sein könnte.

5 Zusammenfassung

Einerseits zeigt sich, dass M & A – auch nach den Börsencrashs in den Jahren 2000 und 2007 – nicht mehr aus dem Repertoire der Unternehmensleitung wegzudenken ist. Der Markt, an dem die Unternehmen gehandelt werden, ist dabei nicht nur größer, globaler und volatiler geworden, sondern auch professioneller. Spezialisten aller Art (Investment-

6 Vgl. folgende Studien zur Effizienz von M & A: Carper 1990; Conn 1976; Datta et al. 1992; Mueller 1992; Piper/Weiss 1974; Ravenscraft/Scherer 1987; Rhoades 1987.

18 | M & A aus Marktperspektive

TeilAbanker, Strategieberater, Anwälte, Wirtschaftprüfer, Psychologen etc.) haben sich hier eine Nische gesucht und geschaffen.

Andererseits werden durch die empirischen Befunde zum Erfolg von M & A die »wertsteigernden« Strategien des Managements bei Akquisitionen – trotz professioneller Unterstützung – ernsthaft in Frage gestellt: Denen zufolge wird das Geld der Aktionäre häufig mit hohem Risiko investiert, ohne daraus einen Gewinn erwarten zu können. Effekt von M & A sind deshalb oft nur die Vergrößerung des Unternehmens und eine reduzierte ökonomische Effizienz.

Warum investieren Führungskräfte trotzdem in eine Akquisition: Ist das Manage-ment Getriebener eines Trends, dem es sich nicht entgegenzustellen vermag? Sind es persönliche Vorteile, die das Management darin sieht (Macht, Einkommen etc.)? Oder ist es der feste Glaube, dass all diese Erkenntnisse im eigenen Fall nicht zutreffen werden? Natürlich sind auch Akquisitionen bekannt, die erfolgreich verliefen oder zumindest keinen größeren Schaden angerichtet haben. Warum sollte man also selbst nicht zu den Tüchtigen und Glücklichen zählen? M & A kann also als unternehmerischer Akt gesehen werden – manchmal mit einem besseren Verständnis für die eingegangenen Risiken und manchmal eben mit einer etwas naiven Vorstellung bzgl. der notwendigen Fähigkeiten und zu erwartenden Belastungen. Es gilt damit auch zur Kenntnis zu nehmen, dass es keine einfache Formel für den Erfolg von Akquisitionen gibt.

Doch was angenommen werden kann, ist, dass beim Erwerb und der Integration von Unternehmen eine spezifische organisatorische Fähigkeit zum Tragen kommt, die in den fraglichen Unternehmen unterschiedlich verteilt ist und auch eine Quelle für einen Wettbewerbsvorteil zu sein vermag. Diese Fähigkeit kann zumindest ab einer gewissen Akquisitionsfrequenz systematisch entwickelt und in Form von Standardprozeduren – trotz aller Unterschiedlichkeit jeder Transaktion – nutzbringend zum Einsatz gebracht werden.

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20 | M & A aus Marktperspektive

TeilAII. M & A als Wellen-Phänomen:

Analyse und ErklärungsansatzGünter Müller-Stewens*

1 Einleitung2 Historische Betrachtung der US-amerikanischen M & A-Wellen 2.1 Erste und zweite M & A-Welle: Zwei Merger-Wellen zwischen 1897 und 1929 2.2 Dritte und vierte M & A-Welle: Wiedererwachen und Kommerzialisierung von M & A 2.3 Fünfte M & A-Welle: Aufstieg in ungeahnte Höhen und rasanter Fall 2.4 Sechste M & A-Welle: Schnelle Erholung und neue Höchststände 3 Erklärungsansätze zum empirischen Phänomen 3.1 M & A als zunehmendes und zyklisches Phänomen 3.2 Bestehende Erklärungsansätze 3.3 Theorie der prospektiven Wertsteigerungslogik4 »Anatomie« einer M & A-Welle 4.1 Unterer Wendepunkt 4.2 Aufschwung 4.3 Obere Wendepunkt 4.4 Abschwung 5 Den ganzen Zyklus im Visier

1 Einleitung

Das Phänomen von Unternehmenszusammenschlüsse bzw. -übernahmen (Mergers & Acquisitions) hat seit dem ersten Auftreten Ende des 19. Jahrhunderts eine enorme Bedeutungszunahme erfahren. M & A-Transaktionen finden auf dem sog. Markt für Un-ternehmenskontrolle statt. Dieser Markt wird im engen Sinne als die Arena bezeichnet, in der Manager um die Kontrollrechte für Unternehmensressourcen konkurrieren.1 Im weiten Sinne schließt er jedoch eine Vielzahl weiterer Transaktionen wie strategische Allianzen (z. B. in Form wechselseitiger Beteiligungen) mit ein. In diesem Markt kann neben den in die Transaktionen involvierten Unternehmen ein Vielzahl weiterer Akteure angetroffen werden: So etwa Beratungen, Wirtschaftsprüfer und Anwaltssozietäten, die diverse Dienstleistungen erbringen, aber auch Private Equity-Investoren und Staatsfonds zählen zu den Akteuren auf dem M & A-Markt.

* Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, Professor für Strategisches Management, Universität St. Gallen (HSG), St. Gallen.

1 »The market for corporate control is best viewed as an arena in which managerial teams compete for the rights to manage corporate resources« (Jensen/Ruback 1983).

| 21

Teil ADoch was verursacht das Phänomen M & A als Ganzes? Zwar ist relativ viel zu den

Motiven, die hinter den einzelnen Transaktionen stehen, bekannt – Motive wie etwa Effi-zienzsteigerung oder Zugewinn an Marktmacht.2 Bislang gibt es nur erste Ansatzpunkte für eine allgemeine Erklärung des Phänomens. In diesem Beitrag wird versucht, auf dem Weg zu einer Theorie für das Phänomen M & A ein Stück weiter zu kommen. Als Start-punkt dazu soll ein Blick auf die historische Evidenz des Phänomens geworfen werden.

Bei einer historischen Betrachtung der M & A-Aktivitäten lässt sich vermuten, dass M & A ein zyklisches Phänomen ist. Diese Beobachtung soll im Folgenden für eine nä-here Analyse des Marktes für Unternehmenskontrolle in den USA genutzt werden, der als Wiege des Phänomens betrachtet werden kann.

2 Historische Betrachtung der US-amerikanischen M & A-Wellen

Die Vereinigten Staaten von Amerika können als Wiege des Marktes für Unternehmens-kontrolle betrachtet werden. Bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts lassen sich in den USA immer wieder Episoden erkennen, in denen es mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu einem signifikanten Anstieg der M & A-Aktivitäten kommt. Und auch zu Anfang des neuen Jahrtausends ist der US-amerikanische Markt für Unternehmenskontrolle immer noch der Leitmarkt für das M & A-Geschehen.

Abb. 1: US-Merger-Wellen 1963 bis 2014: Anzahl Transaktionen von 1895 bis 2014 (Quellen: 1895–1920: Nelson (1959); 1921-1939: Thorp/Crowder (1941), 1940–1962: FTC (1971, 1972), 1963–2002: MergerStat; 2003–2014: MergerStat; nach neuem Ansatz ermittelt, der zu ca. 10 % mehr Transaktionen führt.)

2 Vgl. Jensen 1988 und Trautwein 1990.

Anzahl Fälle unter Beteiligung von US-Unternehmen

18950

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000

10.000

11.000

(1) »Monopolbildung«Industriali- sierung führt zu horizontalen Zusammen- schlüssen

12.000

12.066 Fälle 1672 Mrd.$ Vol. 133 Mio.$/Fall

00 05 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 00 01 02 03 04 05 06 07 08

11.123 Fälle 1268 Mrd.$ Vol. 114 Mio.$/Fall

97-99 16-29

63-69(2) »Vertikalisierung«Neue Antitrustgesetze führen zur mehr vertikaler Integration

(3) »Konglomeratsbildung«

aufgrund Diversifikationstheorie

(4) »Merger Manie«,Liberalisierung

& Deregu-lierung

82-87

91-00

(5) »Mega-Merger«

Globalisierung & Konsolidierung,Liberalisierung & Deregulierung,

Shareholder ValueInternet (»Click & Mortar«)

8.232 530 Mrd.$ Vol. 64 Mio.$/Fall

09 10 11 12 13 14

(6) »Private Equity«

Fokussierung Globalisierung

MarktführerschaftShareholder Aktivismus

2014:11.891 Fälle

2930 Mrd.$ Vol. 246 Mio.$/Fall

03-06

22 | M & A aus Marktperspektive

TeilAMittlerweile lassen sich sechs große Merger-Wellen erkennen (vgl. Abb. 1). Mit leich-

ter Verzögerung schwappen diese Wellen i. d. R. auch auf die anderen westlichen Indust-riestaaten über, jedoch haben natürlich auch lokale Ereignisse und Gegebenheiten einen Einfluss auf Stärke und Ausprägung der jeweiligen Merger-Welle. So war bspw. Anfang der 1990er Jahre weltweit ein Abflauen der M & A-Aktivitäten zu beobachten, während in Deutschland die Wiedervereinigung – und speziell die Treuhandverkäufe – zu einem weiteren Anstieg der Transaktionszahlen führten.

In der Zeit bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 konnten zwei M & A-Wellen registriert werden. Nachdem es dann über fast 30 Jahre zu keinen sig-nifikanten M & A-Aktivitäten kam, wurde das M & A-Phänomen in den 1960er Jahren aufgrund der Diversifikationstheorie und später der Kommerzialisierung von M & A als Beratungsdienstleistung wiederbelebt.

Zu neuen, vorher unvorstellbaren Höhen schwang sich der Markt in den 1990er Jah-ren auf: Im Jahr 1991 wurden 1.877 Transaktionen unter Beteiligung eines US-Unterneh-mens bei einem Gesamtvolumen von 71 Mrd. US-$ registriert.3 Anschließend stiegen die Zahlen bis zum Jahr 2000, in dem 11.123 Transaktionen mit einem Wert von 1.268 Mrd. US-$ gezählt wurden, kontinuierlich an. Ende der 1990er Jahre waren die Marktteil-nehmer durch eine Euphorie – ähnlich der in den »Goldenen Zwanzigern« – getrieben, die nahezu jeder Rationalität entbehrte; dann kam es zum Platzen der Dotcom-Blase.

Abb. 2: US-Merger-Wellen 1963 bis 2009: Entwicklung der Transaktionsanzahl und -volumen sowie des Dow Jones Index (Quellen, MergerStat Review, Dow Jones, eigene Analyse)

3 Quelle: MergerStatReview.

Anz

ahl T

rans

akti

onen

bzw

. Dow

Jon

es

Tran

sakt

ions

volu

men

in M

rd.

US-

$

1.600

1.400

1.200

1.000

800

600

400

200

0

14.000

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

0

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 23

Teil ADie sechste Welle lief ähnlich ab. Sie schwang sich zwar etwas schneller zu einem

Allzeithoch des gesamten Transaktionsvolumens von etwa 1.500 Mrd. US-$ auf (von 2002 bis 2006), stürzte dann aber im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise ebenso dramatisch ab. Allein 2008 halbierte sich bereits die Kapitalisierung des globalen Ak-tienmarktes von etwa 50.000 auf 25.000 Mrd. US-$. Analog war im Jahr 2009 auch nur noch etwas weniger als die Hälfte des Transaktionsvolumens aus dem Jahr 2006 zu verzeichnen. Auch wenn der M & A-Markt sich relativ schnell wieder erholte, so kann man wohl noch nicht von einer neuen Welle sprechen. Abb. 2 stellt die Transaktionsvo-lumina und die Anzahl an Akquisitionen der Entwicklung des Dow Jones Aktienindex – als Ausdruck der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – für den Zeitraum von 1963 bis 2009 gegenüber.

Nach diesem einleitenden Überblick über das historische Phänomen M & A werden nun die einzelnen Wellen einer genaueren Betrachtung unterzogen.

2.1 Erste und zweite M & A-Welle: Zwei Merger-Wellen zwischen 1897 und 1929

Die ersten beiden M & A-Wellen erstrecken sich vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929. Sie brachten die ersten einschneiden-den wettbewerbsrechtlichen Regulierungen mit sich.

2.1.1 Industrialisierung als Auslöser von Monopolbildungen

Als Folge des Übergangs von der Manufaktur zum Industriebetrieb kam es seit etwa 1870 zur Bildung von Kartellen. In den USA kam es bereits Ende des 19. Jahrhunderts zur Entwicklung eines Kartellrechts, das diese Form unternehmerischer Zusammen-arbeit grundsätzlich zur Herstellung einer markt-beherrschenden Position verbot.4 So wurde im Jahr 1890 der Sherman Antitrust Act erlassen. Zum einen untersagte das Gesetz jegliche Form horizontaler und vertikaler Absprachen. Zum anderen beinhaltete das Gesetz aber auch ein generelles Monopolisierungsverbot, um durch den Schutz von Wettbewerb der Gefahr einer überhöhten Preisbildung entgegenzutreten.

Die Industrialisierung war Auslöser einer ersten Merger-Welle in den USA, die auf den Zeitraum 1897 bis 1899 datiert werden kann. Sie fiel mit einer Periode ökonomischen Wachstums zusammen, hatte ihren wesentlichen ersten Einbruch bereits im Jahre 1899 und lief dann aber mit der im Jahr 1903 beginnenden Rezession aus. Prägend in dieser Zeit waren neue Produktionstechnologien, die Wirtschaftlichkeitseffekte bei der Her-stellung größerer Stückzahlen ermöglichten. Hinzu kam die Möglichkeit der Nutzung von Elektrizität. Auch verbesserte sich die verkehrstechnische Infrastruktur in den USA (transkontinentale Eisenbahn), was das Entstehen einer nationalen Wirtschaft begüns-tigte.5 Es kam in dieser Phase zu einer Vielzahl horizontaler Akquisitionen, insbeson-

4 Außerhalb der USA waren Kartelle bis in die 1950er Jahre erlaubt. Missbrauchsfälle konnten jedoch geahndet werden. Danach setzte sich im Prinzip weltweit die US-amerikanische Form der Kartell-gesetzgebung durch.

5 Weston et al. 1990.

24 | M & A aus Marktperspektive

TeilAdere in der Öl- und Tabakindustrie, mittels deren die Unternehmen versuchten, ihre Marktmacht zu vergrößern, nachdem Absprachen nicht mehr möglich waren (erster Aspekt des Sherman Antitrust Act).

Mit dem zweiten Aspekt des Sherman Antitrust Act verbunden war auch die Mög-lichkeit der Entflechtung von Monopolen bzw. marktbeherrschenden Unternehmen. Das Gesetz wurde anfangs kaum angewandt; das änderte sich erst unter Präsident Theodore Roosevelt, der sich in seiner Amtszeit von 1901 bis 1908 stark für eine Machtbeschrän-kung der Kartelle einsetzte. So wurde z. B. Standard Oil 1906 von der Regierung der USA angeklagt und 1911 entflochten. Auch American Tobacco wurde 1911 auf Grundlage des Sherman Antitrust Acts entflochten.

Diese erste M & A-Welle fiel in ein seit dem »Industrial Black Friday« im Jahr 1893 (und dem darauf folgenden Silbercrash) wirtschaftlich freundliches Umfeld. Ab 1904 war der US-Aktienmarkt jedoch durch große Unsicherheiten und panikartige Zustände geprägt.6 1907 kam es auch zu dem katastrophalen Erdbeben in San Francisco. Erst 1914/15 begannen sich die Märkte wieder wahrnehmbar zu erholen.

1914 wurde auch der Clayton Act erlassen, der den Sherman Antitrust Act ergänzen und präzisieren sollte (sog. »Incipiency Doctrine«). Sein Inhalt bestand insbesondere aus (1) einem Verbot kartellrechtlicher Vereinbarungen, (2) einem Diskriminierungsverbot (1936 durch den Robinson Patman Act verschärft) sowie (3) einem Fusionsverbot (1950 durch den Celler Kefauver Act verschärft).

2.1.2 Wirtschaftsboom durch Kriegsgewinne

Kurz nachdem am 29.06.1914 der österreichische Kronprinz Franz Ferdinand und seine Gattin durch serbische Nationalisten in Sarajevo ermordet wurden, brach allerdings auch überraschend der Erste Weltkrieg aus, in dessen kriegerischen Auseinandersetzun-gen bis 1919 insgesamt 38 Staaten aktiv involviert waren. Der spätere Eintritt der USA in diesen Krieg erwies sich für das Land als wirtschaftlich äußerst günstig. Nach einer kurzen Depression bei Kriegsbeginn in Europa im Jahr 1914 profitierte die amerikani-sche Wirtschaft ganz erheblich von den massiven Einkäufen aus den alliierten Staaten, in denen es kaum noch etwas zu kaufen gab. Bis zum Friedensvertrag von Versailles im Jahr 1919 waren die USA zur größten Handelsnation der Welt geworden. Die USA waren von einer Schuldnernation zum größten Gläubiger der Welt geworden. Neben London war die Wallstreet in New York zum wichtigsten Finanzzentrum aufgestiegen.

Diese veränderten Rahmenbedingungen prägten natürlich auch den Verlauf der M & A-Aktivitäten in den USA. So formierte sich von 1916 bis 1929 eine zweite, M-förmige

6 Der Schweizer Wissenschaftler Fritz Schwarz vertrat die interessante, aber trotz einiger Fakten nicht wirklich bewiesene These, daß die Panik des Jahres 1907 durch den Investmentbanker Morg-an und den Industriellen Rockefeller absichtlich inszeniert worden wäre. Ihre Absicht sei es gewe-sen, die Wettbewerber und die Regierung durch eine Deflationskrise in Bedrängnis zu bringen. Für Morgan hätte sich so die Möglichkeit ergeben, Wettbewerber unter Wert zu übernehmen, und Ro-ckefeller hätte den Staat unter Druck gesetzt, der seine Standard Oil Company und ihn selbst wegen des Verstoßes gegen den Sherman Act verklagen wollte. Angeklagt waren nämlich neben dem Un-ternehmen Standard Oil of New Jersey sowie 65 der von Standard Oil kontrollierten Unternehmen auch die gesamte Führungsebene, u. a. mit John und William Rockefeller. Der sich über mehrere Jahre hinziehende Prozeß endete schließlich am 05.05.1911 mit der Zerschlagung der Standard Oil Company (vgl. auch http://wissen.boerse.de/boersengeschichte.php?leiste=5&view=72&sei-te=3#content).

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 25

Teil AM & A-Welle, die sich wesentlich aus den günstigen wirtschaftlichen Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf die USA nährte. Der erste Teil dieser zweiten M & A-Welle hatte ihren Aufschwung zwischen 1916 und 1920 (Welle 2a). Obgleich die Verschärfung der Antitrustgesetzgebung den Zusammenschluss von Unternehmen erschwerte, erfuhr der M & A-Markt im Zuge der wieder seit 1914 prosperierenden Aktienmärkte eine Wiederbe-lebung. Dabei stand das Streben nach marktbeherrschenden Positionen im Mittelpunkt der Übernahmeaktivitäten. Aufgrund der Unterbindung von marktbeherrschenden Po-sitionen durch die Kartellgesetzgebung fanden jedoch weniger horizontale Diversifizie-rungsaktivitäten statt, vielmehr wurden zunehmend vor- und nachgelagerte Unterneh-men erworben, was zu einer höheren Anzahl an vertikalen Integrationen führte.

2.1.3 »Goldene Zwanziger« und Weltwirtschaftskrise

Doch im Zuge der nach dem Krieg deutlich nachlassenden Nachfrage, die wiederum erhebliche Preissenkungen zur Folge hatten, kam es im April 1920 zu einem ersten markanten Einbruch der Märkte in den USA und einer bis zum Juli 1921 andauernden Rezession. Viele Unternehmen wurden in dieser Phase verkauft oder mussten ganz aufgeben. Nachdem sich die verbliebenen Unternehmen jedoch neu und besser passend zur Nachfrage aufgestellt hatten, begann ein zweiter Teil dieser zweiten M & A-Welle in Form einer lang anhaltenden Phase starken Wirtschaftswachstums, die später als die »Goldenen Zwanziger« bezeichnet wurden.

Dieser Wirtschaftsboom spiegelte sich auch auf dem Markt für Unternehmenskont-rolle in den Jahren 1921 bis 1929 wider (Welle 2b). Entwicklungen im Transportwesen, wie die Erhöhung der individuellen Reichweite aufgrund der Verbreitung des Automo-bils und eines wachsenden Straßennetzes, und verbesserte Kommunikationsmöglich-keiten (z. B. Werbung für nationale Marken über das Radio) waren wichtige Treiber dieses Booms.7

Aus dem Boom wurde eine bodenlose Euphorie, die oft jeder Rationalität entbehrte. Jeder wollte möglichst schnell reich werden. Börsengänge wurden mit vorher nicht vorstellbaren Kursgewinnen gehandelt. Unternehmen werden mit völlig überteuerten Multiples gekauft – insgesamt eine Entwicklung wie sie in sehr ähnlicher Form Ende der 1990er Jahre wiederzusehen war. Der Zusammenbruch der US-amerikanischen Börse im Oktober 1929 und die darauffolgende Weltwirtschaftskrise beendeten diese zweite M & A-Welle in einer dramatischen Form.

2.2 Dritte und vierte M & A-Welle: Wiedererwachen und Kommerzialisierung von M & A

Erst am 23.11.1954, ein Vierteljahrhundert nach dem Beginn der Weltwirtschaftskri-se und nach einem weiteren desaströsen Weltkrieg, erreichte der Dow Jones Index wieder sein Allzeithoch von 381 Punkten vom 03.09.1929. Danach kam es bis zu den 1960er Jahren auch zu keinen signifikanten M & A-Aktivitäten mehr. Erst angetrieben

7 Vgl. Markham 1955.

26 | M & A aus Marktperspektive

TeilAdurch neue theoretische Überlegungen kam es etwa ab 1963 zu einer neuen, der dritten M & A-Welle.

2.2.1 »Conglomerate Era« der 1960er Jahre

Die Übernahmetätigkeiten in der dritten M & A-Welle von 1963 bis 1969 standen unter neuen Vorzeichen. Der Celler Kefauver Act von 1950 verschärfte die Kartellgesetzgebung dahingehend, dass nunmehr auch der Erwerb von in der Wertschöpfungskette vor- oder nachgelagerten Unternehmen als Wettbewerbsbeschränkung galt. Als Folge und auch aufgrund der enttäuschenden wirtschaftlichen Entwicklung vieler horizontaler Akquisi-tionen ging die Anzahl der vertikalen und horizontalen Unternehmenskäufe innerhalb von zehn Jahren drastisch zurück.

Bei der Suche nach Quellen neuen Wachstums standen deshalb Käufe unverbundener Unternehmen im Zentrum des Interesses. Dies geschah nicht zuletzt vor dem Hinter-grund der in dieser Zeit populären Diversifikationstheorie, die den Firmen eine vermin-derte Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen versprach. Nach dem Motto »Big is Beauti-ful« entstanden riesige Finanzkonglomerate, die Unternehmen aus den verschiedensten Branchen unter ihrem Dach vereinigten. Entscheidungskriterien für eine Übernahme waren in erster Linie der erwartete Return on Investment (ROI) und der zeitliche Anfall der Cashflows, um ein ausgeglichenes Beteiligungsportfolio zu erhalten. Als Beispiele können Gulf & Western, ITT und Teledyne genannt werden; allein Teledyne erwarb über 125 Unternehmen.

Diese Entwicklung wurde nicht durch einen boomenden Aktienmarkt ausgelöst oder getragen. Der Kapitalmarkt befand sich eher in einer angespannten Situation, und Kre-dite konnten bei hohen Zinsen aufgenommen werden. Aufgrund dessen wurden die Akquisitionen auch vorwiegend durch Aktientausch finanziert.

Erst mit dem Sinken der Aktienkurse Ende der 1960er Jahre ging auch die Zahl der Übernahmen (Takeover) wieder zurück. Damit war aber vorerst kein Crash verbunden, sondern lediglich eine wirtschaftliche Abkühlung. Dramatischer wurde es als im Jahr 1973 das Bretton-Woods-System fester Wechselkurse nach jahrelangen »Reparaturver-suchen« endgültig zusammenbrach, was zu starken Abwertungen des US-$ gegenüber verschiedenen starken Währungen führte, sowie die Ölkrise. Der Ölpreis verzeichnete in dieser Zeit nahezu eine Verdreifachung, was erhebliche Auswirkungen auf die Welt-wirtschaft hatte.8 Der stark einsetzende wirtschaftliche Abschwung wurde zu einer Stagflation: stagnierendes Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig hoher Inflation und steigenden Preisen.

2.2.2 »Merger Mania« der 1980er Jahre

Ende der 1970er Jahre begann die spektakulärste Übernahmebewegung in den USA. Damals befanden sich die alten Industriebranchen in den USA in einer tiefen Struktur-

8 Diese Preissteigerung war die Auswirkung eines Beschlusses der Organisation der Erdölexportie-renden Staaten (OPEC) im Oktober 1973 das Ölangebots um 5 % gegenüber dem Niveau vom Sep-tember 1973 zu reduzieren. Dies war eine Reaktion auf den Yom-Kippur-Krieg, wo Israel mit seinen Truppen nicht weit vor Kairo und Damaskus stand.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 27

Teil Akrise, die ihre Ursachen noch in der Ölkrise hatte. Aufgrund des technischen Wandels, Marktveränderungen oder zu kleiner Marktanteile mussten ganze Branchen feststellen, dass ihre Wettbewerbsposition erodiert war. Die Liberalisierungs- und Deregulierungs-politik der Regierung Reagan bewirkte tiefgreifende strukturelle Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld der Unternehmen.

2.2.2.1 Lockerung der Rahmenbedingungen

Eine Lockerung der Monopolgesetzgebung machte Akquisitionen in der eigenen Branche wieder möglich, und für das Handeln von Unternehmen günstigere Steuergesetze steiger-ten die Attraktivität von Unternehmenskäufen. Auch führte das Auftreten neuer Anbieter aufgrund von Deregulierungen dazu, dass ganze Branchen wie etwa die Transportindus-trie oder der Luftverkehr zu Umstrukturierungen gezwungen wurden. Die Unterbewer-tung vieler Unternehmen an der Börse und die hohen Inflationsraten der 1970er Jahre, die zu einer Verringerung der Buchwerte gegenüber den Wiederbeschaffungswerten führten, verstärkten diese Tendenz.

Um sich ihrem veränderten Umfeld anzupassen, versuchten viele Unternehmen, sich einerseits durch den Verkauf ganzer Unternehmensbereiche auf das Kerngeschäft zu fo-kussieren, was durch den enormen Anstieg der großen Desinvestitionen Mitte der 1980er Jahre dokumentiert wird. Andererseits erkannten viele Firmen, dass die erhöhten In-vestitionen in das Stammgeschäft alleine ihre Zukunft nicht garantieren können. Als Ausweg aus der Wachstumskrise wurde das Engagement in neuen Bereichen gesehen. Gegenüber den primär finanziell motivierten Diversifikationen der Vergangenheit stand nun das Streben nach Synergien im Vordergrund der Überlegungen.

2.2.2.2 »Leveraged Buy-outs« und »Junk Bonds«

In den USA wurde 1988 ein Allzeithoch hinsichtlich des Transaktionsvolumens auf-gestellt, obgleich die Anzahl der Transaktionen seit 1986 stark zurückgegangen war. Der Durchschnittswert einer Transaktion erreichte etwa 110 Mio. US-$. Eine wichtige Voraussetzung für dieses Phänomen war die parallele Weiterentwicklung auf den Fi-nanzmärkten. Der enorme Kapitalbedarf für die Realisierung der Übernahmen wurde vorwiegend durch die Aufnahme von Fremdkapital gedeckt. Die in den Vereinigten Staaten vorherrschende steuerliche Begünstigung von Fremdkapital gegenüber Eigen-kapital unterstützte die Durchführung sog. Leveraged Buy-outs (LBO). Eine Erhöhung des Verschuldungsgrades ließ den Unternehmenswert steigen, und gleichzeitig wurde durch die Hebelkraft des Fremdkapitals die Eigenkapitalrendite gesteigert. Das Fremd-kapital wurde häufig nicht nur vom Käufer des Zielunternehmens aufgebracht, vielmehr entwickelte sich bald ein Markt für sog. Junk Bonds, hochverzinsliche Anleihen, die al-lerdings mit einem überdurchschnittlichen Risiko behaftet waren. Dem Investmenthaus Drexel Burnham Lambert mit dem Junk Bonds-König Michael Milken gelang es, einen Markt für diese Papiere zu organisieren, wodurch ein großes Finanzierungspotenzial für Unternehmensübernahmen geschaffen wurde.

Praxisbeispiel

Beispiel: LBO-Klassiker – KKR übernimmt Beatrice Cos.Das klassische Beispiel für einen LBO war die Übernahme von Beatrice Cos., Inc. durch das Invest-menthaus Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) für 6,3 Mrd. US-$ im Jahr 1986. Anschließend wurde

28 | M & A aus Marktperspektive

TeilAdie stark diversifizierte Gesellschaft durch massive Verkäufe einzelner Unternehmensteile auf wenige Lebensmittelmarken zurückgestutzt. Allein die Veräußerung der Nebentätigkeiten von Beatrice brachte 7 Mrd. US-$ ein, insgesamt wurden mehr als 20 Mrd. US-$ erlöst. Nach diesem Muster wurden unzäh-lige Konzerne von Finanzgesellschaften und sog. Corporate Raiders aufgekauft und in Einzelteilen gewinnbringend weiterverkauft.

In Kürze zog die Aussicht auf gewaltige Gewinne Anleger an, die in die neu kreierten Junk Bonds-Fonds investierten. Der Markt für diese Papiere wuchs bis zum Jahr 1989 auf ein Volumen von über 200 Mrd. US-$ an. Bereits in dieser Phase kam es zu einer ganzen Reihe von Mega-Mergern. Dazu zählte z. B. der Kauf von Gulf Oil durch Chevron (25,1 Mrd. US-$) oder die Akquisition von Kraft durch Philip Morris (13,1 Mrd. US-$). Kein Unternehmen schien vor einer Übernahme mehr sicher zu sein, denn die Größe allein schien angesichts des unermesslichen Finanzierungspotenzials keinen Schutz vor unfreundlichen Übernahmen, bei denen die Transaktion gegen den Willen des Manage-ments des Objekts durchgeführt wird, zu gewähren.

Praxisbeispiel

LBO-Transaktion – KKR übernimmt RJR NabiscoZu den spektakulärsten Übernahmen in der Geschichte zählt nach wie vor die von KKR durchgeführte Akquisition von RJR Nabisco. Als im Oktober 1988 das Management des Nahrungsmittelriesen in einer Presseerklärung verlauten ließ, zusammen mit einem Partner die Firma im Rahmen eines LBO’s zum Preis von 17,6 Mrd. US-$ übernehmen zu wollen, überbot KKR innerhalb weniger Tage den Kaufpreis um 3 Mrd. US-$ und ging schließlich aus dem einen Monat und mehrere Bieterrunden dauernden Über-nahmekampf als Sieger hervor. Das Investmenthaus übernahm RJR Nabisco schließlich für 25,1 Mrd. US-$, wobei der niedrige Eigenkapitalanteil von rund 10 % im Finanzierungspaket der Transaktion keine Ausnahme für die damalige Zeit war. Die Differenz zum Kaufpreis wurde durch Bankkredite und durch die Emission von Schuldverschreibungen geschlossen; Junk Bonds spielten dabei eine wichtige Rolle.

Einen Rückschlag erhielten die LBO-Aktivitäten im Jahr 1989. Bereits im Vorjahr wur-den dem Investmenthaus Drexel Burnham Lambert und seinem Junk Bonds-Star Milken im Rahmen des Boesky-Insider-Skandals zahlreiche Verstöße gegen die Börsen- und Wertpapiergesetze nachgewiesen. Als sich dann das erste LBO-finanzierte Unternehmen (Integrated Resources) unter »Chapter 11« des amerikanischen Konkursrechtes stellen musste und weitere Fälle folgten, wurden die Anleger auf die erhöhten Risiken der Junk Bonds aufmerksam.

Im Laufe der Jahre wurden aufgrund der Euphorie immer waghalsigere LBO-Finan-zierungen durchgeführt, was zu einem rapiden Qualitätsverfall auf dem Junk Bonds-Markt führte. Viele Unternehmen waren derart verschuldet, dass die Zinslast die lau-fenden Erträge überstieg. Darüber hinaus stiegen die Kaufpreise der übernommenen Unternehmen aufgrund der Konkurrenz der Corporate Raider in teilweise phantastische Dimensionen. Als dann vor dem Hintergrund einer ersten Ernüchterung immer mehr Investoren aussteigen wollten, zeigte sich, dass der Junk Bonds-Markt in vielen Teilbe-reichen illiquide war. Dem steigenden Angebot standen keine Käufer gegenüber, und in kurzer Zeit brachen die Kurse massiv ein.

Dieser Crash auf dem Junk Bonds-Markt hatte einschneidende Folgen. Zum einen wurden die Vorschriften zur Kreditfinanzierung von Unternehmensübernahmen durch die US-amerikanische Notenbank (Fed) verschärft. Dies geschah mit der Intention, die Qualität des Fremdkapitals zu verbessern. Größere Auswirkungen ergaben sich auch für den Markt für Unternehmenskontrolle. Zwar nahm die Anzahl der Unternehmens-käufe im Folgejahr des Crashs sogar zu, allerdings verschoben viele große Unternehmen

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 29

Teil Aihre Akquisitionspläne auf einen späteren Zeitpunkt, so dass nur wenige bedeutende Übernahmen durchgeführt wurden. Vor allem sank die Anzahl der LBO-finanzierten Unternehmensübernahmen ebenso drastisch ab wie die von Tender Offers.

2.2.2.3 Crash der Aktienmärkte

Im Oktober 1987 brach dann der Dow Jones angesichts der zunehmenden Zweifel über die Werthaltigkeit vieler Papiere sowie der Unsicherheiten, die von einer Erhöhung der kurzfristigen Zinsen durch die amerikanische Notenbank zur Stützung des Wechsel-kurses ausgingen, um über 500 Punkte ein, was sich angesichts der über den elekt-ronischen Handel global vernetzten Finanzplätze schnell zu einem weltweiten Crash ausweitete. In Japan setzte 1990 eine tiefe Rezession ein. Auch der drohende Zweite Golfkrieg (»Desert Storm«) in den Jahren 1990/92 verunsicherte die Börsen. Doch mit Kriegsbeginn erlebten die Börsen eine starke Belebung.

2.3 Fünfte M & A-Welle: Aufstieg in ungeahnte Höhen und rasanter Fall

Mit dem Auslaufen der vierten M & A-Welle kam der strategischen Bewertung eines Un-ternehmens wieder ein größerer Stellenwert zu. Dadurch gingen auch die hohen Über-nahmeprämien, die sich am »Break-up-Value« eines Übernahmekandidaten orientierten, zurück. So kam es zu einem vorübergehenden, insbesondere wertbezogenen Rückgang der Akquisitionstätigkeiten bis Anfang der 1990er Jahre. Doch schon kurz danach kam der amerikanische Markt für Unternehmenskontrolle wieder in Stimmung. Bereits im Jahr 1992 konnten wieder größere Transaktionen registriert werden. Etwa ab 1998 kam es zu teilweise massiven Überbewertungen und damit nachgelagert zu dramatischen Wertvernichtungen in Höhe von etwa 240 Mrd. US-$ bei den akquirierenden Unterneh-men – was auch bei weitem nicht durch die Wertsteigerungen bei den Zielunternehmen aufgehoben wurde.9

Übertraf die Anzahl der Transaktionen 1997 bereits deutlich die alte Bestmarke aus dem Jahr 1969, so lag 1995 auch das Gesamtvolumen der Transaktionen mit 356 Mrd. US-$ weit über dem Hoch von 1989. Die Anzahl der Transaktionen stieg im Zeitraum von 1990 bis 2000 um das 5,4-fache auf über 11.000 Fälle mit einem Gesamtwert von 1.268 Mrd. US-$ (vgl. Abb. 2). Beim Durchschnittsvolumen einer Transaktion kam es zu mehr als einer Verdopplung von 52 Mio. US-$ auf 114 Mio. US-$.

2.3.1 Ausgeprägte M & A-Kultur und zunehmende Professionalisierung

Trotz vorübergehender Rückschläge verblieben die Vereinigten Staaten das mit Abstand aktivste und innovativste Land im M & A-Bereich. In den USA herrschte seinerzeit ver-glichen mit Kontinentaleuropa und Deutschland bereits eine ausgeprägte M & A-Kultur, die sich aus der Kombination verschiedener Faktoren ergab. Grundsätzlich war in der US-amerikanischen Wirtschaft eine stärkere Orientierung an finanziellen Kennzahlen

9 Vgl. Moeller et al. 2005.

30 | M & A aus Marktperspektive

TeilAfestzustellen. Der negative Touch, den Übernahmen in Europa lange Zeit besaßen (Stich-wort: »Barbarei«) – insbesondere wenn kleine Unternehmen von großen Konzernen erworben wurden –, ist dort nicht einmal bei unfreundlichen Übernahmen vorhanden. Die – wenn auch oft kurzfristig ausgerichteten – finanzwirtschaftlichen Interessen der Investoren stehen im Vordergrund. Diese werden durch eine hohe Transparenz der Un-ternehmensverhältnisse unterstützt. Eine offene Informationskultur der Unternehmen gewährt den Kaufinteressenten durch die in periodischen Abständen nach dem Prinzip des »True & Fair-View« erstellten Abschlüsse bzw. Zwischenberichte einen detaillierten Einblick in die Unternehmensdaten. Ein weiterer wichtiger Grund für die exponierte Stellung der USA im M & A-Bereich lag in der hohen Börsenkapitalisierung. Schließlich bildeten die mit dem Ziel der Wettbewerbsförderung geschaffenen umfangreichen recht-lichen Rahmenbedingungen in den USA eine weitere entscheidende Voraussetzung.

Nicht unerwähnt bleiben soll auch der hohe Professionalisierungsgrad der im M & A-Geschäft tätigen Akteure: Der Markt für Unternehmenskontrolle wurde in die-ser Phase auch durch eine immer größer werdende Anzahl an Beratungsunternehmen stimuliert. Allen voran waren es die großen US-amerikanischen Investmentbanken, die die Professionalisierung dieser Beratungsdienstleistungen vorantrieben, wichtige Aufgaben bei der Anbahnung und Durchführung von M & A-Transaktionen übernahmen und vor allem den Markt aktiv entwickelten.10 Zu erwähnen sind auch die – aufgrund der oft komplexen steuerlichen und juristischen Sachverhalte – auf M & A spezialisierten Anwaltskanzleien, die aber eher reaktiv auftraten. Auch in den großen diversifizierten Konzernen wurde M & A mehr und mehr zum Alltagsgeschäft. So lag es nahe, dass eigene Kompetenzbereiche (z. B. in Form einer Abteilung »Corporate M & A«) aufbaut wurden. Dies führte zu einer gewissen Standardisierung der M & A-Prozesse und machte die Unternehmen auch unabhängiger von den Beratungshäusern. Zudem beabsichtigten die Unternehmen, durch das systematische Sammeln und Standardisieren von Transak-tions-Know-how die sehr hohen Fehlerraten zu reduzieren.

2.3.2 Fünf wesentliche Treiber

Charakteristisch für die fünfte Welle ist eine Sequenz von fünf Haupttreibern, die aufei-nander aufbauten und sich wechselseitig verstärkten. Das erklärt auch die lange Dauer dieser Welle von etwa zehn Jahren.

(1) Globalisierung der Weltwirtschaft und Konsolidierung von Branchen: In einer gan-zen Reihe von Branchen wie z. B. in der Automobil- oder Pharmaindustrie kam es zur Globalisierung der Märkte. Es wurde angenommen, dass nur die größten Unternehmen in diesen Geschäften überlebensfähig seien. Während dieser Phase kam es zu einer Vielzahl aufsehenerregender Mega-Merger, oft tituliert als »Merger of Equals«, also eine Fusion zweier gleichberechtigter Partner.11 Angesichts der Größe der involvierten Un-ternehmen wurde oft mit eigenen Aktien als Währung bezahlt.

10 Vgl. Beiteil/Schiereck 2004.11 Allerdings gehen nur im Ausnahmefall beide Partner zu gleichen Teilen in die Eröffnungsbilanz ein.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 31

Teil APraxisbeispiel

»Hochzeit im Himmel« – Zusammenschluss von Daimler und ChryslerJürgen Schrempp, CEO von Daimler-Benz, formulierte in der zweiten Hälfte der 5. M & A-Welle seine Vision der »Welt AG«. Einen wichtigen Schritt dazu sah er im Zusammenschluss mit Chrysler im Mai 1998. Jürgen Schrempp schwärmte bei dieser Fusion unter Gleichen (Merger of Equals) zur Daim-lerChrysler AG von einer »Hochzeit im Himmel«. Der Zusammenschluss wurde mit knapp 85 Mrd. Euro bewertet und gilt damit als der größte Industriezusammenschluss der Geschichte. Der Wertanteil von Chrysler am neuen Unternehmen betrug in etwa ein Drittel. Die Fusion erfolgte durch einen Aktientausch in Aktien des neuen Unternehmens, der DaimlerChrysler AG. Daimler-Benz-Aktionäre erhielten pro Aktie 1,005 DaimlerChrysler-Aktien, eine Chrysler-Aktie wurde in 0,6235 DaimlerChrys-ler-Aktien getauscht. Nach vielen vergeblichen Sanierungsversuchen gab der Nachfolger von Jürgen Schrempp, Dieter Zetsche (CEO seit 2006), im Mai 2007 den mehrheitlichen Verkauf von Chrysler an das Private Equity-Unternehmen Cerberus bekannt. Eine Tochtergesellschaft von Cerberus übernahm daraufhin 80,1 % der Aktien an der neu geschaffenen Chrysler Holding LLC, Daimler behielt 19,9 % der Anteile. Auf der Hauptversammlung im Oktober 2007 wurde die Umbenennung des Unternehmens in Daimler AG beschlossen. Die Wertvernichtung durch die Transaktion liegt etwa im Bereich des ursprünglichen Werts von Chrysler.

Parallel zur Globalisierung kam es in einigen noch eher fragmentierten Branchen zu einer ganzen Reihe großer Konsolidierungsakquisitionen (»Roll-ups«); Abfallbeseitigung (Waste Management) oder Autohandel (Republic Industries) sind Fälle aus dieser Zeit.

In der Bankenbranche führten regulatorische Änderungen zu erheblich veränder-ten Ausgangsbedingungen: So gab 1999 der Financial Services Modernization Act den Banken wieder die Möglichkeit, sich als Universalbank aufzustellen, was zuvor laut Glass-Steagall Act untersagt war.

(2) Liberalisierung und Deregulierung: Verstärkt und ermöglicht wurde die Globalisie-rung einiger Märkte teilweise durch eine weitere Liberalisierung und Deregulierung vie-ler Märkte. Die Staaten erhofften sich dadurch einerseits mehr Effizienz und damit ein günstigeres Preisniveau z. B. in der Telekommunikation; andererseits sollten mit (Teil-)Verkäufen staatlicher Betriebe auch die Kassen des Staates gefüllt werden.

(3) Weiterentwicklung des Europäischen Binnenmarktes: Der immer mehr zusammen-wachsende EU-Binnenmarkt veranlasste viele Unternehmen dazu, ihre heimische Marktposition auf weitere europäische Kernmärkte durch M & A auszudehnen. Dazu kam es auch zu einer wachsenden Anzahl von Cross-Border-Transaktionen.

(4) Shareholder Value als Führungsinstrument: Die zunehmende Verbreitung des Ansat-zes des Shareholder Value führte in den Unternehmen zu einem zunehmend aktiver-en Portfolio-Management (M & A und Desinvestitionen), wobei sich die Portfolio-Ent-wicklung immer mehr an finanziellen Kenngrößen und insbesondere dem Börsenwert ausrichtete. Da Wachstum und Effizienz in diesem Konzept ganz wesentliche Wert-treiber sind, suchten Unternehmen verstärkt nach entsprechenden Wachstums- und Kosten-Mergern.

(5) Internet als Grundlage neuer Geschäftsmodelle: Beginnend Mitte der 1990er Jahre begann auch der Internetboom. Unmengen von neuen Unternehmen wurden gegrün-det, bei denen die Nutzung des Internets im Zentrum des Geschäftsmodells stand. Es wurde davon ausgegangen, dass es zu einer Konvergenz der Medien-, Telekom- und

32 | M & A aus Marktperspektive

TeilAComputerbranche kommen würde. So zeigten z. B. Telekommunikationsunternehmen Interesse an Medienunternehmen, da sie nicht nur Bandbreiten liefern, sondern auch von margenträchtigeren Geschäften mit Inhalten profitieren wollten. Ergebnis waren branchenübergreifende Transaktionen wie z. B. die sog. »Click & Mortar«-Deals.

Praxisbeispiel

»Click & Mortar«-Zusammenschluss von AOL und Time WarnerNoch kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase kam es auf dem Höhepunkt des Hypes im Januar 2000 zu einer der spektakulärsten »Click & Mortar«-Transaktionen: AOL, ein junger Anbieter von Internetzugän-gen mit 12.100 Mitarbeitern, erwarb das im Mediengeschäft tätige Traditionsunternehmen Time Warner mit 67.500 Mitarbeitern für 182 Mrd. US-$. Dies war möglich, da AOL vor dem Zusammenschluss völlig überbewertet war: Es hatte einen etwa doppelt so hohen Börsenwert wie Time Warner. Steve Case, AOL’s damaliger Chairman and CEO, kommentierte den Deal seinerzeit wie folgt: »I don’t think it is too much to say this really is a historic merger; a time when we’ve transformed the landscape of media and the Internet.« Die Transaktion war wahrhaft historisch, denn sie vernichtete einen dreistelligen Milliar-denbetrag. Der damalige CEO von Time Warner, Gerald Levin, entschuldige sich Anfang 2010 öffentlich für seinen Entscheid von damals und nannte die Transaktion den »schlechtesten Deal des Jahrhunderts«. 2003 wurde AOL aus dem Namen von Time Warner gestrichen; Ende 2009 wurde die Internetsparte unter dem Namen AOL als eigenständiges Unternehmen an die Börse gebracht. Der Börsenwert im Jahr 2015 liegt etwa bei 4 Mrd. US-$ – vor der Übernahme waren es über 200 Mrd. US-$.

Mit dem Internet erhielt das Konzept der »Returns on Scale« eine neue Dimension. In-nerhalb von wenigen Wochen konnten in der »New Economy« global Kundenstämme in einem Ausmaß aufgebaut werden, wozu zuvor Jahrzehnte benötigt worden waren (z. B. bei Ebay oder Amazon).

Die Internetunternehmen zeigten auch ein vielfach nicht vergleichbares Herangehen an das Thema M & A im Hinblick auf die Due Diligence, die Bewertung und vor allem auch des Post Merger Managements. Unternehmen wie Adobe, Bay Networks, Cisco, Intel, Microsoft oder Yahoo! entwickelten sich – angetrieben durch die steigenden Bör-senwerte und hohen Wachstumserwartungen – zu wahren Akquisitionsmaschinen mit zum Teil Dutzenden von Transaktionen im Jahr. Man suchte das schnelle Wachstum, denn es gewinnt der, bei dem der Kunde die höchsten Netzwerkeffekte realisieren kann.

2.3.3 Platzen der Dotcom-Blase

Angesichts der schwindelerregenden Höhen, die der Markt Ende der 1990er-Jahre erreicht hatte, war es klar, dass ein Platzen der Internetblase nicht mehr in weiter Ferne war. Im Jahr 2000 war es schließlich soweit. Das Platzen der »Dotcom-Bubble« schickte die Aktienmärkte Anfang des neuen Jahrtausends auf eine rasante Talfahrt und setzte damit der fünften M & A-Welle ein Ende. In dieser Boomphase von 1991 bis 2000 wurden knapp 56.000 Fälle mit einem Gesamtwert von etwa 6.000 Mrd. US-$ registriert. Entsprechend dramatisch fiel dann auch der Abschwung aus, als die Dotcom-Blase platzte:

»The historic M & A wave of 1995 to 2000 totaled more than 12 trillion US-$. By an extremely conservative estimate, these deals annihilated at least 1 trillion US-$ of share-owner wealth. For respective, consider the whole dot-com bubble probably cost investors 1 trillion US-$ at most. That’s right: Stupid takeovers did more damage to investors than did all the dot-coms combined. The situation is remark-able when you think about it. Many of these failed mergers are done by

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 33

Teil Athe world’s biggest, most successful companies, advised by highly educated Wall Street investment bankers who do this for a living.«12

Bereits vor dem Absturz der fünften M & A-Welle kriselte es in der Weltwirtschaft. So breitete sich die Asienkrise von 1997/98 mehr und mehr aus und die Welt war schon damals wohl am Rande einer neuen Weltwirtschaftskrise. Doch die Anleger auf dem heimischen US-Markt schienen sich davon vorerst nicht stören zu lassen, schließlich legten die Internetwerte noch weiter zu. Neben den Zweifeln an der Werthaltigkeit der Börsenentwicklung machten sich in den USA auch zunehmend Konjunktursorgen breit, was auch schon im Vorfeld der dramatischen Ereignisse um den 11.09.2001 zu Kursver-lusten führte. Nach diesem terroristischen Anschlag mit seinerzeit unvorstellbarer Bru-talität gegen die USA auf deren Heimterritorium war die Welt wie gelähmt. Die Uhren liefen in der Folge nicht nur in den USA anders. Zudem wurden die Börsen von den im Zuge des Abschwungs vorgenommenen riesigen Bilanzfälschungen, die im Jahr 2002 zum Zusammenbruch von Großkonzernen wie Enron oder WorldCom führten, belastet. Im Jahr 2003 kam dann noch der sich anbahnende Irak-Krieg hinzu, der die die Kurse nochmals weiter nach unten drückte.

2.4 Sechste M & A-Welle: Schnelle Erholung und neue Höchststände

Aufgrund der Ereignisse Anfang des neuen Jahrtausends (Crash der Kapitalmärkte, ho-he Misserfolgsquote bei M & A etc.), empfundener Unsicherheit (Gefahr von Terrorismus, Ausbreitung von Seuchen etc.) und eines skeptischen Kapitalmarktes (en vogue war die Konzentration auf das Kerngeschäft) war es zu einem gewissen Rückstau bei den Akquisitionsaktivitäten der Unternehmen gekommen. Wegen der Angst der Aktionäre vor Wertvernichtung schreckten viele Firmenchefs vor Investitionen in neue Geschäf-te zurück. Unter dem Druck ambitionierter Wachstumsstrategien und -ziele stieg die Risikobereitschaft bei den Akquisitionen aber auch wieder. Auch die Kapitalmärkte erholten sich überraschend schnell, und bereits im Jahr 2002 zeichnete sich in den USA der Beginn der sechsten M & A-Welle ab. Was sich aufbaute, war die bislang größte Welle – sowohl bezogen auf die Anzahl der Transaktionen als auch auf deren Volu-men. Auffallend an der sechsten M & A-Welle war damit der Trend zur Größe: Während bspw. im Jahr 2004 das Transaktionsvolumen im Vergleich zum Vorjahr weltweit um 50 % anstieg, betrug der Zuwachs bezogen auf die Transaktionszahlen lediglich 11 %. Bemerkenswert ist noch, dass im Jahr 2007 erstmals in der aktuelleren Geschichte das Volumen der M & A-Aktivitäten in den M&A Märkten der Länder Europas größer war als das im U.S.-Markt und dass auch einiges darauf hinweist, dass ein europäischer Markt für M & A im Entstehen ist.13

In dieser Zeit war insbesondere das Umfeld für die Finanzierung von Akquisitio-nen günstig. Erstens waren bei wachsenden Aktienmärkten die Aktien tendenziell hoch bewertet, ohne überbewertet zu sein. Zweitens verfügten die Unternehmen aus ihren Restrukturierungsprogrammen über umfassende Barreserven und hohe Cashflows. Die Unternehmen hatten nach dem Platzen der New Economy-Blase im Jahr 2000 weitge-

12 Selden/Colvin 2003.13 Vgl. dazu Moschieri/Campa 2009.

34 | M & A aus Marktperspektive

TeilAhend ihre Bilanzen saniert. Und drittens war das Umfeld für Verschuldungen äußerst günstig, da es ein Überangebot an sehr günstigem Fremdkapital gab.

2.4.1 Wesentliche Charakteristika

Wie schon die fünfte M & A-Welle, lässt sich auch die sechste Welle anhand einer Viel-zahl von Treibern kennzeichnen. Zum einen wirkten Treiber aus der fünften M & A-Wel-le – wie etwa die Globalisierung oder das Anstreben von führenden Marktpositionen in den Kernmärkten der Unternehmen – weiter. Zum anderen kam aber auch ein ganz wesentlicher neuer Treiber hinzu: Es war die unaufhaltsame Bedeutungszunahme der Private Equity (PE)-Unternehmen als Investoren.14

2.4.1.1 Bedeutungszunahme von Private Equity-Investoren

Als Akteure waren die PE-Unternehmen in der Öffentlichkeit bis dato noch weitgehend unbekannt, weshalb ihnen auch viel Skepsis entgegenschlug.15 Ihren Einfluss gewannen sie aufgrund des Bedarfs von Versicherungen, Pensionskassen etc. nach einer Diver-sifikation ihrer Anlagen. Hinzu kam das Bedürfnis einiger junger Finanzleute, außer-halb dieser institutionellen Strukturen als Finanzdienstleister zu arbeiten. Sie wollten Pools von privatem Kapital gegen eine Gebühr und Beteiligung am Wertzuwachs durch Investitionen in Unternehmen managen (vgl. dazu Abb. 3). Viele M & A-Berater sind nach dem Crash im Jahr 2000 zu PE-Unternehmen gewechselt oder haben ein eigenes PE-Unternehmen gegründet, da sich trotz der Wertvernichtung noch immer sehr viel Kapital im Markt befand, und da die Investoren nach alternativen attraktiven Anlagen zu den Aktien suchte.

Abb. 3: Funktionsweise eines Private Equity-Unternehmens (Quelle: In Anlehnung an Hoffmann 2005)

14 Vgl. zu den PE-Unternehmen ausführlicher auch Lichtner 2010.15 Der deutsche Vizekanzler Franz Müntefering charakterisierte die PE-Unternehmen polemisch als

gierige Investoren, die gleich Schwärmen von Heuschrecken über Firmen herfielen, dort Arbeits-plätze vernichten und sich dann mit einer ordentlichen Wertsteigerung in der Tasche nach kurzer Zeit wieder aus dem Staub machen.

95–99% des Kapitals

Wertschöpfung

Kapital

Private Equity Fonds 80% der Wertschöpfung

20 % der Wert- schöpfung

1,5% des

Kapitals

1,5 % bis 2,6% Management- gebühr

Private Fonds Private Equity-Fonds

Managementunternehmen der Privat Equity-Fonds

Ziel- unternehmen

Versicherungen Pensionskassen Banken Unternehmen Vermögende Privatkunden

Dachfonds

Investoren

Early Stage Later Stage

Bridge/Pre-IPOBuy-out

Turnaround

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 35

Teil AIm Jahr 2006 generierten die PE-Unternehmen in den USA bereits etwa 20 % des ge-samten M & A-Transaktionsvolumens. Fünf Jahre zuvor waren es noch nicht einmal 5 %. Die durch PE-Unternehmen durchgeführten Leveraged Buy-outs (LBO) sind weit-gehend »überfinanziert«; d. h. das zur Finanzierung der Transaktion aufgenommene Fremdkapital verlängert die Bilanz des Zielunternehmens. Daraus ergibt sich auch die zentrale Herausforderung eines LBO: die hohe Schuldenlast und die damit verbundenen Schuldendienste. Deshalb ist zu deren Ausgleich ein hohes Ertragswachstum wichtig.

Das Anlagespektrum der PE-Unternehmen reicht vom Gründungskapital für junge Unternehmen bis hin zu Beteiligungen an etablierten Unternehmen. PE-Unternehmen investieren auch in Risiken, die die bestehenden Eigentümer alleine nicht eingehen würden, und sind damit oft auch Treiber des Wandels. Etwa seit 2005 waren die PE-Un-ternehmen zunehmend in der Lage, größere Transaktionen zu bewältigen, da auch mehrere Fonds zusammenspannen können. Das gesamte Fondsvolumen der globalen PE-Branche war im Jahr 2006 so hoch, dass das Geld (inklusive des Leverage des Vo-lumens) ausgereicht hätte, um die deutschen DAX30-Unternehmen zu kaufen. Für ein PE-Unternehmen war es 2005 durchaus möglich, innerhalb von drei Wochen einen 3 Mrd. US-$-Fonds bei dreifacher Überzeichnung zusammenzustellen.

Als Sungard Datasystems Anfang 2005 für 11 Mrd. US-$ an ein Konsortium von PE-Unternehmen verkauft wurden, verging kaum ein Tag, an dem nicht neue Gerüchte die Aktienkurse und den Herdentrieb an der Wall Street stimulierten – und bei den Banken führten schon die bloßen Gerüchte durch spekulativen Käufe zu respektablen Kommissionseinnahmen. Es folgten die Verkäufe von Unternehmen wie Nieman Mar-cus (für 6 Mrd. US-$) oder Hertz (für 15 Mrd. US-$). Doch manchen Investor kosteten seine Spekulationen sehr viel Geld, nämlich dann, wenn die generell sehr vorsichtigen PE-Unternehmen bei zu hohen Aktienkursen (aufgrund des hohen Verschuldungsgrades bei ihren Transaktionen) von ihrer Kaufabsicht wieder Abstand nahmen (z. B. im Falle des Warenhauses Saks).

Praxisbeispiel

DaimlerChrysler Im August 2008 konnte DaimlerChrysler erleichtert verkündigen, dass das Closing für die im Mai 2007 angekündigte Abgabe der Mehrheit an der Chrysler Group sowie für das dazugehörige nordamerikani-sche Finanzdienstleistungsgeschäft für 5,5 Mrd. EUR (7,4 Mrd. US-$) an eine Tochtergesellschaft des PE-Unternehmens Cerberus Capital Management, LP, New York, abgeschlossen sei. Eine Tochtergesell-schaft von Cerberus übernahm 80,1 % an der neuen Chrysler Holding LLC; DaimlerChrysler behielt einen Anteil von 19,9 %. Darüber hinaus hatten DaimlerChrysler und Cerberus vor dem Hintergrund der sehr volatilen US-Kreditmärkte vereinbart, die Finanzierung der mehrheitlichen Übernahme von Chrysler zu unterstützen. Beide Unternehmen würden dem Industriegeschäft der Chrysler Group eine nachrangige Kreditlinie mit einem Volumen von 2 Mrd. US-$ zur Verfügung stellen, die innerhalb eines Jahres zu ziehen sei. Auf DaimlerChrysler entfiel dabei ein Anteil von 1,5 Mrd. US-$.

Aufgrund der wachsenden Anzahl der am Markt tätigen PE-Unternehmen war auch der Kampf um attraktive Zielunternehmen deutlich gewachsen, was auch die Preise nach oben trieb. Und nicht selten wurden auch Beteiligungen von einem PE-Unternehmen zum nächsten weitergereicht. Daraus erwuchs das Problem, dass bereits beim ersten Eigentümer der Beteiligung – zur Realisierung eines finanziell attraktiven Ausstiegs – die meisten der klassischen Werttreiber zur Anwendung gekommen waren.

Damit stellt sich die Frage, welche neuen Werttreiber einem zweiten Halter einer Beteiligung noch zur Verfügung stehen, da auch dieser irgendwann nach einem attrak-

36 | M & A aus Marktperspektive

TeilAtiven Ausstieg aus seinem Engagement sucht. Dabei spielten die sog. Buy & Build-Stra-tegien (oder »Leveraged Build-up«, »Strategic Roll-up«, »Consolidation Play«) eine be-deutsame Rolle: In einer fragmentierten, aber meist überdurchschnittlich wachsenden Branche mit Konsolidierungspotenzial erwirbt ein PE-Unternehmen über einen LBO eine erste, initiale Beteiligung. Diese sog. »Plattform« wird nach und nach durch eine ganze Reihe weiterer Unternehmenskäufe aus der gleichen Branche ergänzt (»Add-on Acquisitions«), um aus der wachsenden Größe der Gruppe Wirtschaftlichkeitsvorteile zu ziehen. Aufbauend auf der Plattformstrategie sucht der Käufer nach Zielunternehmen mit einem hohen strategischen Fit, um Synergien auszuschöpfen, die dem Verkäufer in dieser Form nicht zur Verfügung stünden. Die Zielunternehmen bleiben dabei rechtlich selbständige Einheiten.

Mit einem etwas »neidvollen Blick« schauten einige strategische Käufer auf die Er-folge der PE-Unternehmen, die teilweise in kurzer Zeit erstaunliche Wertsteigerungen bei ihren Anlageobjekten erzielen konnten. So konnte z. B. bei den Verkäufen von Dex Media und Texas Genco innerhalb einer Jahresfrist der Einstiegspreis beim Ausstieg um ein Vielfaches übertroffen werden. Die Ersten begannen sich zu fragen, ob die PE-Un-ternehmen die »Konglomerate der Zukunft« sein würden.16

2.4.1.2 Umbau der Wirtschaft und zunehmender »Shareholder Activism«

In dieser Phase waren es nicht nur ein paar wenige Branchen, die die Entwicklung vo-rantrieben, sondern der Umbau der Wirtschaft der westlichen Industrieländer passierte auf voller Breite: Insbesondere im Technologiesektor wurde akquiriert. Historisch be-merkenswert war, dass im gleichen Jahr, in dem AT&T als »Mutter« der Telekommunika-tionsbranche als unabhängiges Unternehmen verschwand, eine ablösende Technologie (»Voice over IP«) durch den Verkauf des Start-up-Unternehmens Skype an Ebay beson-dere Aufmerksamkeit erfuhr – wobei sich diese Transaktion später als nicht erfolgreich herausstellte.

Exkurs

Wetten auf die Zukunft in der Finanzwirtschaft und Telekommunikationsbranche Es kommt immer wieder vor, dass Branchen bezogen auf ihre zukünftige Entwicklung vor scheinbar irreversiblen und einschneidenden Weggabelungen stehen. Um mit solchen Umwälzungen Schritt zu halten, tätigen Unternehmen oft enorme Investitionen. Man ist nun entweder dabei, oder eben nicht. So sind teilweise ganze Branchen Wetten auf ihre veränderte Zukunft eingegangen. In Erinnerung sind z. B. die Milliardeninvestitionen, die viele Unternehmen der Automobilindustrie in den 1980er Jahren in Form von Akquisitionen in Raumfahrtunternehmen tätigten. Annahme war, dass das vorhandene technologische Know-how spielentscheidend für den eigenen zukünftigen Erfolg wäre. Doch wie sich zeigte, gab es diese technologischen Synergien nur auf dem Papier.Am 01.02.2005 schienen zwei solcher Wetten auf die Zukunft weitgehend verloren gegangen zu sein. Die erste davon fand in der Finanzwirtschaft statt. 1998 erwarb die Bank Citigroup für 70 Mrd. US-$ (!) die Versicherung Travelers Group. Idee der spektakulären Transaktion war die Konvergenz der beiden Branchen. Das Allfinanz-Konzept war geboren und zog viele Wettbewerber in seinen Bann. Doch die Citigroup gab in 2009 bekannt, dass der zweitgrößte US-Lebensversicherer MetLife die Versicherung Travelers Life für 11,5 Mrd. US-$ übernehmen werde, was faktisch den Ausstieg von Citigroup aus dem Versicherungsgeschäft besiegelte. Das Sachgeschäft wurde schon in 2006 an St. Pauls Cos. für 16,5

16 Vgl. Financial Times vom 31.10.2006 »Shades of old conglomerates in private equity trend«.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 37

Teil AMrd. US-$ abgestoßen. Die erhofften Synergien waren ausgeblieben, zumindest in dem Ausmaß, indem sie die enormen Investitionen gerechtfertigt hätten. Ähnlich fand eine zweite Wette in der US-Telekommunikationsbranche im Jahr 2006 ihren nicht mehr überraschenden Abschluss: SBC Communications, die Nummer zwei in den USA, kündigte an, dass sie für 16 Mrd. US-$ AT&T übernehmen wolle. Im Jahr 1984 wurde der Monopolist AT&T in einem Antitrust-Verfahren in »Ma Bell« AT&T Corp. (zuständig für den Fernverkehr) und sieben für das Regi-onalgeschäft zuständigen »Baby Bells«, die i. d. R. auch über die umkämpfte »letzte Meile« verfügen, aufgespalten. Drei von ihnen fusionierten zu SBC, zwei zu Verizon, der Nummer eins in den USA. Viele Versuche, AT&T neu zu positionieren, schlugen fehl. So etwa die Akquisition des Computerkonzerns NCR und des Mobilfunkunternehmens McCall. Letzteres ging in AT&T Wireless auf und wurde 2004 von Cingular (Joint Venture zwischen SBC und Bell South) gekauft. Auch die teuer zusammengekauften Kabelfernsehbetreiber wurden weit unter ihrem Einstandspreis an Comcast verkauft. Und die Hard-wareaktivitäten wurden in Lucent Technologies abgespalten. Was verblieb, war das Telefongeschäft, wobei das Festnetz zunehmend Konkurrenz durch die Mobil- und Internettelefonie erhielt. In beidem war AT&T aber nicht relevant vertreten. Nach einem Gerichtsentscheid wurden auch die Gebühren für die letzte Meile für AT&T erhöht, so dass die 25 Mio. Privatkunden für AT&T uninteressant wurden. Einzig verbleibendes größeres Asset waren noch die 3 Mio. Geschäftskunden; SBC hoffte, bei diesen mit anderen Diensten zusätzlich Geschäft machen zu können. Zudem erhoffte sich SBC Synergien aus den weitgehend komplementären Infrastrukturen. Der über 130 Jahre alte Markennamen AT&T sollte vorerst auch in den Bundesstaaten erhalten bleiben, in denen SBC nicht präsent ist. Nach 20 Jahren bleibt lediglich die Frage, ob die Liberalisierung des US-Telekommunikationsgeschäft volkswirtschaftlich wertschöpfend war.

Im Prinzip waren es drei strategische Stoßrichtungen, die hinter den Transaktions-aktivitäten in dieser sechsten Welle standen: Erstens wurden (aber mit rückläufiger Bedeutung) »Randaktivitäten« abgestoßen, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Bei diesem »Deleveraging« wurden oft die Ziele der Cash-Generierung zum Abbau von Schulden sowie das Verbessern der operativen Performance verfolgt. Zweitens suchten Unternehmen nach Skaleneffekten durch meist internationales Größenwachstum in den verbliebenen Kerngeschäften. Die stattfindende Dynamisierung der Branchen verlangte größere Volumen und eine globale Präsenz. Von besonderem Interesse waren Konsoli-dierungsstrategien in wachsenden Märkten (wie z. B. in der internationalen Mobiltele-phonie). Und drittens versuchten die Unternehmen, innovatives Wachstum durch das »Leveraging« der Kernkompetenzen aus den Kerngeschäften in anderen Geschäften zu erzeugen.

Generell war ein zunehmender »Shareholder Activism« zu beobachten.17 Auch Hedge-fonds übten Druck auf die Konzernleitungen aus, mehr M & A-Transaktionen durchzu-führen, da dies Volatilität in die Aktien bringt. General Electric ist z. B. ein Unterneh-men, das diesem Druck ausgesetzt war, obgleich das Unternehmen eher auf organisches Wachstum setzt. Seitens bestimmter Investorengruppen wuchs auch der Druck auf die Geschäftsleitungen innerhalb der Kerngeschäfte zu wachsen. Dies erfolgte häufig mit-tels einer »Divest to Grow«-Strategie: Geschäfte außerhalb des Kerns wurden devestiert, um mit den frei gewordenen Mitteln das Wachstum im Kern zu finanzieren.

17 In Deutschland war die Geschäftsleitung der Deutschen Börse bei ihrem Übernahmeversuch der Londoner Börse seitens zweier Hedgefonds eines der ersten Unternehmen, das diesen zunehmenden Aktivismus der Aktionäre zu verspüren bekam.

38 | M & A aus Marktperspektive

TeilA2.4.2 Finanz- und Wirtschaftskrise ab Mitte 2007

Wie nicht anders zu erwarten war, so hatte auch die sechste M & A-Welle ein Ende gefunden. Es gab dabei kein langsames Abschwingen, sondern – überrascht durch die Schärfe der Krise in den Finanzmärkten und der im Dominoeffekt daraus folgenden, durch Rezessionsängste geschürten Auswirkungen auf die verschiedenen Branchen (von den Automobilherstellern auf deren Zulieferer etc.) – brach der Markt für Unterneh-menskontrolle parallel zu den Aktienmärkten relativ abrupt und breitflächig ein. Klarer Indikator war die Verschiebung bzw. Absage bereits angekündigter Transaktionen. Ende 2008 war das Volumen der abgesagten Transaktionen zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder größer als das der neu angekündigten. Auch wurde der Abschluss bei einer gan-zen Reihe angekündigter Transaktionen hinausgezögert, um angesichts der ungewissen Zukunft neu zu verhandeln.

2008 war eines der schwärzesten Jahre der Börsengeschichte und man entging nur knapp einer Weltwirtschsaftskrise. Anfang März mehrten sich an der Wall Street die Gerüchte, dass Bear Stearns erheblich im stark angeschlagenen US-Hypothekenmarkt engagiert sei. Dem traditionsreichen Bankhaus drohte die Insolvenz, die eine Übernah-me durch J. P. Morgan Chase gerade noch verhinderte, wobei allerdings die erforderliche Finanzierungslinie in Höhe von 29 Mrd. US-$ von der US-Notenbank garantiert wurde. Erstmals seit der Weltwirtschaftskrise hatte der Staat wieder den Zusammenbruch ei-ner Bank verhindert. Wegen der hohen Ausfälle bei den Hypothekarkrediten (»Subpri-me-Krise«) mussten auch die staatliche Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac mit 400 Mrd. US-$ vor dem Ruin gerettet werden. Die Steuerzahler mussten für die Fehler krasser Fehlentscheidungen und Hybris im Bankmanagement einstehen. Wem nicht mehr geholfen wurde ist der traditionsreichen Investmentbank Lehman Brothers, die am 15.09.2008 ihre Insolvenz anmeldete. Schätzungsweise 28.000 Mitarbeiter ver-loren ihre Arbeit.

Auch die starke Zunahme von »Distressed M & A« (im Unterschied zu »Healthy M & A«) im Jahr 2009 zeigte, wie zugespitzt die Situation in manchen Branchen bzw. bei ein-zelnen Unternehmen war. Es handelt sich dabei um Transaktionen, die aus der Not heraus entstehen und unter höchstem Zeitdruck – und damit auch mit entsprechender Ungenauigkeit – durchzuführen sind. Große Risiken gehen mit großen Chancen – we-gen der meist sehr niedrigen Preise – Hand in Hand. Dazu zählten kurz nach Ausbruch der Krise die meisten Transaktionen in der Bankenbranche, es folgten aber auch andere Branchen, wie etwa die Automobilbranche mit den Unsicherheiten um die drei großen US-Autokonzerne.

Ein wesentlicher Grund für die negative Entwicklung bei den M & A-Transaktionen seit 2007 war die starke Zurückhaltung, die die Banken aufgrund der Schwierigkeiten bei der kurzfristigen Refinanzierung bei der Vergabe von Krediten ausübten. Die Zu-rückhaltung hatte auch nicht nur dazu geführt, dass die strategischen Käufer seltener geworden sind, sondern auch dazu, dass die PE-Unternehmen – die in den USA zuvor etwa ein Viertel des M & A-Volumens abdeckten – auf dem Markt kaum noch wahr-nehmbar waren. Damit ging auch ein wichtiger Wettbewerbstreiber in Auktionen von Unternehmen verloren. Doch auch auf der Verkäuferseite haben die durch die Rezes-sionsängste geprägten Perspektiven generell das Preisniveau deutlich sinken lassen, weshalb die Akteure tendenziell eher nicht verkaufen wollten, es sei denn, man musste. Zerfallende EBIT-Multiples erzeugten auf der Käuferseite zudem eher eine abwartende Haltung, da die Kaufobjekte später auch noch günstiger zu erstehen sein könnten.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 39

Teil ADie eingetretenen Wertvernichtungen der sechsten Welle lassen sich nur sehr schwer

bemessen, aber sie dürften um einiges höher ausfallen als die der fünften Welle. Allein die Abschreibungen der Banken belaufen sich auf mindestens 1.500 Mrd. US-$. In dieser Turnaround-Situation hatten die Unternehmen die Nase vorne, die Cashflow-stark waren und sich nicht dem Druck zu einem möglichst weitgehenden »Leveraging« ihrer Bilanz gebeugt hatten.18 Sie konnten sich ergebende Opportunitäten wahrnehmen. Sie konnten aber auch zur Absicherung ihrer Geschäfte den eigenen Lieferanten und Kunden helfen, finanziell kritische Situationen zu überstehen.

Was bleibt von der sechsten Welle? Erstens: M & A ist zum Standardrepertoire bei der aktiven Portfolio-Entwicklung in Unternehmensgruppen geworden. Vor diesem Hinter-grund ist anzunehmen, dass das untere Niveau, das nach der fünften Welle erreicht war, in Zukunft kaum unterschritten werden dürfte.

Zweitens: Viele Unternehmen haben gelernt, auf der Unternehmensebene Know-how zum Management von M & A aufzubauen, das die Fehlerrate bei Akquisitionen verrin-gern dürfte. Dies gilt auch für das Management von Akquisitionsserien zur Umsetzung neuer Unternehmensstrategien.

Drittens: Unternehmen gehen an das Thema M & A »nüchterner« und damit wohl auch realistischer heran (teilweise nach dem Vorbild der PE-Unternehmen).

Viertens: PE-Unternehmen (und auch die Hedgefonds) konnten sich auf dem Markt erfolgreich als wichtige Investorengruppe etablieren. Auch wenn am Ende der sechsten M & A-Welle eine ganze Reihe von ihnen aus dem Markt gehen musste und die Rolle der PE-Unternehmen als Investoren seit Ausbruch der Finanzkrise Mitte 2007 äußerst gering ist, so werden sie als Käufertyp im Markt bleiben. Auch wenn ihr Handeln vermutlich durch neue gesetzliche Vorschriften genauer geregelt werden wird (Transparenz etc.), so haben ihre Managementprinzipien auch außerhalb der eigenen Branche Beachtung gefunden. Auch das Potenzial, welches sich durch den Einsatz der durch PE-Unterneh-men etablierten Wertsteigerungshebel ergibt, ist sicher noch nicht ausgeschöpft.

So rasant der Einbruch der Märkte war, so erstaunlich war ihre relativ schnelle Erholung. Man ist zwar immer noch weit weg vom Höchststand im Jahr 2006, doch es konnte bereits wieder eine ganze Reihe großer, strukturverändernder Akquisitionen ver-zeichnet werden. Deals, wie etwa der Kauf von WhatsApp durch Facebook, bei dem das Unternehmen bereit war für etwa 50 Mitarbeiter und die 450 Mio Nutzer von WhatsApp 19 Mrd. US-$ zu bezahlen, ließen wieder hoffen. Doch reichen diese Entwicklungen für eine neue Welle aus? Wohl eher nein, denn die Treiber dieser Entwicklung sind ganz unterschiedlicher Art, d. h. es fehlt eine gesamthafte ökonomische Logik, die es zu einer M & A-Welle benötigt.

Doch was sind denn solche einzelnen Faktoren, die Deals dieser Jahre haben ent-stehen lassen. Zum einen ist es sicher das nach wie vor extrem günstige Zinsumfeld, das M & A derzeit begünstigt. Dann ist es der Effizienzsteigerungsdruck in Commodi-ty-Branchen, wie etwa der Zementindustrie, der z. B. das Zusammengehen von Holcim und Lafarge mit zu erklären vermag. Oder es ist der Wachstumsdruck, der mit den Plattform-basierten Geschäftsmodellen verbunden ist, denn der Kunde profitiert dort über die Netzwerkeffekte von der Größe. So hat z. B. Amazon offenbar neue Wege gefunden, relativ problemlos jenseits der Grenzen der bislang durch das Unternehmen bearbeiteten Branchen zu wachsen. Einige bemerkenswerte Transaktionen der letzten

18 Ende 2007 hatte Goldman Sachs mit einem Eigenkapital von 43 Mrd. US-$ Wertpapiere in Höhe von 1.000 Mrd. US-$ erworben.

40 | M & A aus Marktperspektive

TeilAJahre waren aber auch durch den tiefgreifenden Strukturwandel geprägt, dem sich manche Branchen ausgesetzt sehen. So kann z. B. der Kauf des US-amerikanischen Zu-lieferers für die Fahrzeugindustrie TRW durch ZF Friedrichhafen erklärt werden. Beide Unternehmen bereiten sich mit dieser eher komplementären Wachstumsakquisition auf Veränderungen wie z. B. das autonome Fahren vor.

Die Private-Equity-Branche, die ja als neue Kraft im Kapitalmarkt die sechste M & A-Welle entscheidend prägte, sieht sich eher mit rückläufigen Zahlen hinsichtlich attraktiver Targets und damit einhergehend steigenden Preisen konfrontiert, was das Branchen-Konzept der Wertschöpfung erschwert. Diese muss daher immer stärker durch operative Maßnahmen kreiert werden, um die gewohnt hohen Renditen weiter-hin erhalten zu können.

Nach diesem Versuch die Entwicklung des Marktes für Unternehmenskontrolle in Form von M & A-Wellen zumindest grob zu beschreiben, stellt sich die Frage, wie sich das empirische Phänomen M & A allgemein erklären lässt.

3 Erklärungsansätze zum empirischen Phänomen

Eine umfassende Theorie für das Auftreten der M & A-Wellen zu finden, ist nicht ein-fach. Theorien, die eine Welle erklären können, versagen bei der Erklärung anderer. Neben ökonomischen Gründen spielen auch psychologische Momente immer eine Rolle.

3.1 M & A als zunehmendes und zyklisches Phänomen

Zunächst fällt auf, dass es sich bei M & A über den betrachteten Zeitraum von 1895 bis 2009, um ein tendenziell zunehmendes Phänomen handelt – dies gilt auch noch, wenn man die Wellen im Verhältnis zur größer gewordenen Wirtschaft der USA sieht.19 Wie bereits angesprochen, scheint diese Entwicklung zyklisch in Wellen stattzufinden: Perioden geringer und hoher M & A-Aktivität wechseln sich regelmäßig ab. Über den betrachteten Zeitraum ließen sich die sechs M & A-Wellen, die in Kapitel 2 beschrieben wurden und in Abb. 4 zusammenfassend dargestellt sind, beobachten.20

Die Dauer des Aufschwungs vom Tief- bis zum Höchstpunkt beträgt zwischen vier und neun Jahre. Tendenziell kürzer ist die Zeitspanne vom Höchst- zum Tiefpunkt. Er liegt bei zwei bis vier Jahren, auch wenn es bei der dritten Welle einen Ausreißer gibt.

Über die Jahrtausendwende hat sich der Markt dabei auf ein neues Niveau hoch-katapultiert. Die Spitzen der Wellen haben sich gegenüber der Spitze der dritten Welle im Jahr 1969 in etwa verdoppelt; während das untere Plateau, auf das die Anzahl der Transaktionen im Tief zurückfällt, sich gegenüber der dritten Welle (1980 versus 2002) sogar mehr als vervierfacht hat.

19 Das Bruttoinlandsprodukt der USA hat sich von 1980 bis 2009 etwa verfünffacht.20 Es gilt zu beachten, daß diese konsolidierte Betrachtung der M & A-Wellen Unterschiede in den

M & A-Entwicklungsmustern in den Branchen überdeckt. Diese bestehen aber, speziell dann, wenn es bezogen auf die jeweiligen Branchen zu markanten Veränderungen in den gesetzlichen Rahmen-bedingungen kam. Vgl. dazu Mitchell/Mulherin 1996.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 41

Teil A

Der Abstand zwischen den Höhepunkten der einzelnen Wellen scheint sich tendenziell zu verkürzen: 30 Jahre (von 1899 bis 1929), 40 Jahre (von 1929 bis 1969), 18 Jahre (von 1969 bis 1987), 13 Jahre (von 1987 bis 2000) sowie sechs Jahre (von 2000 bis 2006). Demzufolge ist die Frequenz der Wellen höher geworden, d. h. sie treten häufiger auf.

Bezogen auf diese M & A-Wellen stellt sich eine ganze Reihe von Fragen: Was sind die Gründe, dass es überhaupt zu diesen Wellen kommt? Welches sind die Treiber dieser Wellen? Was bestimmt die Höhe ihrer Ausschläge und was ihre Dauer? Warum verlieren diese Wellen wieder an Kraft? Was löst die Richtungswechsel beim oberen und unteren Wendepunkt der Wellen aus? An was lässt sich frühzeitig erkennen, dass es zu einem solchen Richtungswechsel kommt? Etc.

Antworten auf diese Fragen sollen helfen das Phänomen M & A nicht nur empirisch zu beschreiben, sondern es insgesamt auch besser zu verstehen. Dabei geht es weniger um die Manager und deren Motive, M & A durchzuführen. Vielmehr sind die Manager in dieser Betrachtungsweise Teil einer Entwicklung, derer sie sich kaum entziehen können. Um erfolgreich handeln zu können, sollten sie diese Wellenvorgänge möglichst gut verstehen. So sind sie in der Lage, entsprechend vorausschauend entscheiden zu können: Dies würde heißen, ein Unternehmen z. B. auf dem Höhepunkt einer Welle zu verkaufen, da es sich dann zumeist um einen Verkäufermarkt handelt und sehr hohe

Aufschwung

Monopol- bildung

1

•1897 bis 1899

•Dauert nur drei Jahre

Abschwung

Dauer und Verlauf

Vertikali- sierung

2 Konglome- ratsbildung

•Industrialisierung der Wirtschaft führt teilweise zur Monopolbildung durch horizontale M&A

•Shermann Act von 1890 wird ab 1901 unter Roosevelt auch zur Anwen-dung gebracht: Untersagt Abspra-chen und Monopol-bildung

•1916 bis 1929

•M-förmiger Verlauf: 1916 bis 1920 und 1921 bis 1929

•Vertikale M&A dominieren

•1916 bis 1920: Kriegsgewinne lassen die USA zur größten Handels-nation werden.

•1921 bis 1929: »Goldene Zwanziger« führen zu Börsenboom

•1920/21: Rezession folgt auf Nachfragerück-gang nach Kriegsende

•1929: Beginn der lange anhaltenden Weltwirtschafts-krise

2 3 Merger Manie

4 Mega- Merger

Private Equity 5 6

•1963 bis 1969

•Dauert 6 Jahre

•Schneller und steiler Anstieg

•Celler-Kefauer Act von 1950 schränkt nun auch vertikale Akquisitionen ein.

•Ausweichen auf unverbundene M& A (Diversifika-tionstheorie)

•Abhängigkeit von Zyklen reduzieren

•1970: Schneller Rückfall der Transaktionen auf Niveau wie zu Beginn der Welle wegen Stagflation, Dollarabwertun-gen, stark steigen-dem Ölpreis etc.

•1982 bis 1987

•Eher niedrig verlaufend und schnell abstürzend

•Liberalisierung von Monopol- u. Steu-ergesetzgebung

•Deregulierung von Märkten

•Erhöhung des Fo-kus auf das Kern-geschäft , aber auch Eintritt in neue Geschäfte

•1987: Crash der Aktienmärkte

•Verstärkt wurde dies durch den neuen automati-sierten Handel über Computer

•Auch der Markt für die neuen Junk Bonds bricht ein.

•1991 bis 2000

•Extrem steiler Anstieg über neun Jahre

•Vielzahl von Treiber: Globalisie-rung & Konsolidie-rung, Liberalisier-ung & Deregulier-ung, Shareholder Value und Internet

•Mega-Merger, Merger of Equals ; Aktie als Währung

•2000: »Platzen des Dotcom-Bubbles«:Zweifel an Werthaltigkeit

•Firmenzusammen-brüche aufgrund von Bilanz-fälschungen (z.B.Enron, WorldCom)

•2003 bis 2006

•Schnelle Erholung und Aufstieg zum Allzeithoch

•Private Equity-Unternehmen etablieren sich als dritte Kraft im Kapitalmarkt

•Zunehmender Shareholder-Aktivismus

•Umbau der west-lichen Wirtschaft

•2007: Die beginnende »Subprime-Krise«löst eine gewaltige Finanzkrise aus, die sich zu einer globalen Wirtschaftskrise ausweitet.

•»Distressed M&A«

Ereignisse •1907: Erdbeben von San Francisco

•1914–1919: Erster Weltkrieg

•1973: Ende von Bretton Woods

•1973: Ölkrise

•1990: Japan-Krise

•1990/91: Golfkrieg »Desert Storm«

•11. September 2001

•1993: Irak-Krieg

•1997/98: Asienkrise

•2008: Insolvenz von Lehmann

Dominante Wertsteige- rungslogik

•Vorteile aus Marktbeherrschung

•Vorteile aus Beherrschung der Wertkette

•Vorteile aus Diversifikation und Risikostreuung

•Vorteile aus Unterbewertung

•Vorteile aus globalen Skaleneffekten

•Vorteile aus Finanzoptimierung

Abb. 4: Sechs US-amerikanische M & A-Wellen im Vergleich (Quelle: Eigene Darstellung)

42 | M & A aus Marktperspektive

TeilAPreise bezahlt werden; oder z. B. auf dem Tiefpunkt einer Welle in neue Engagements einsteigen, wenn viele Unternehmen stark unterbewertet sind. Wer diese Form des an-tizyklischen Verhaltens beherrscht, kann erhebliche Vorteile daraus generieren.

Praxisbeispiel

Investor Warren BuffetEin Investor, der auf Basis der »Gegen-den-Trend«-Logik eine Vielzahl seiner Entscheidungen fällt, ist Warren Buffet. So gelang ihm mitten in der Wirtschaftskrise Ende 2009 ein weiterer Überraschungs-coup, als er ankündigte, dass seine Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway die Eisenbahngesellschaft Burlington Northern Santa Fe für 44 Mrd. US-$ übernehmen werde. Er wettet damit darauf, dass der Bahnverkehr entscheidend für das künftige Wachstum Amerikas sein wird – und dies in einer Zeit, in der diese Branche durch die Krise schwer getroffen war. Ähnlich hatte er bereits in 2008 hohe Investitionen in die US-Investmentbank Goldman Sachs und General Electric (GE) getätigt – als das M & A-Geschäft im Prinzip zum Erliegen gekommen war.

Wenngleich M & A-Wellen somit in erster Linie ein makroökonomisches Phänomen sind, so haben sie doch Auswirkungen auf den individuellen M & A-Erfolg. Im Aufschwung geht es um verpasste Opportunitäten. Und da dem Aufschwung auch immer ein Ab-schwung folgt, birgt schlechtes Timing, vor allem im Überschwang der Märkte, die Gefahren zu hoher Preisprämien und der Verschuldung.21

3.2 Bestehende Erklärungsansätze

In der Literatur finden sich vor allem drei Erklärungsansätze: (1) M & A als Ergeb-nis gesamtwirtschaftlicher Störungen (»Economic Disturbance Theory«), (2) M & A als Modeerscheinung sowie (3) M & A als Antwort auf Veränderungen in den ökonomischen Rahmenbedingungen.

Den ersten Erklärungsansatz für derartige M & A-Wellen liefert Gort (1969). Er argu-mentiert, dass derartige Wellen durch gesamtwirtschaftliche Störungen ausgelöst wer-den (»Economic Disturbance Theory«). Diese Störungen würden Veränderungen in den Erwartungen der Entscheidungsträger verursachen und deren empfundene Unsicherheit erhöhen. Manche Nichteigentümer bestimmter Assets betrachten diese auf einmal als wertvoller als ihre Eigentümer, wodurch eine Bereitschaft entstünde ein Premium zu bezahlen und damit Eigentümerwechsel ausgelöst würden. Aktionäre haben zu einem bestimmten Zeitpunkt also unterschiedliche Meinungen über den Wert einer Aktie auf-grund individuell unterschiedlicher Informationen und Einschätzungen. Diese Differen-zen sind besonders groß in Zeiten starker Veränderungen. Was dieser Erklärung fehlt ist ein Blick hinter diese Störphänomene z. B. auf die institutionellen Rahmenbedingungen (z. B. Gesetzgebung). Und sind die Differenzen nicht ebenso groß im Auf- wie im Ab-schwung? Vermutlich wohl ja. Warum führen diese Differenzen aber dann nicht auch im Tal einer Welle zu ebensoviel Transaktionen wie im Boom?22

Macharzina/Wolf (2005, S. 705) interpretieren diese Wellen als Modeerscheinung: Man kauft in einer dieser M & A-Wellen Unternehmen, weil gerade alle anderen auch Unternehmen auf Basis einer ähnlichen Logik kaufen, und umgekehrt.

21 Vgl. Song/Walking 2000.22 Vgl. Brealey/Meyers 2002.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 43

Teil AEine andere, nicht weit davon entfernt liegende Theorie liefert Lambrecht (2004):

Er argumentiert, dass M & A als Antwort auf Veränderungen in den ökonomischen Rah-menbedingungen verstanden und erklärt werden kann. Es würde sich bezogen auf den Zustand der Wirtschaft (Boom oder Rezession) um ein prozyklisches Phänomen handeln, d. h. es wäre damit vermehrt in Zeiten eines wirtschaftlichen Booms anzutreffen, eher weniger dagegen in rezessiven Phasen der Wirtschaft.23 M & A-Wellen gingen damit auch mit prosperierenden Aktienmärkten einher, da letztere der Akquisitionswährung Aktie Auftrieb gewähren und generell von höherer Marktliquidität geprägt sind. Ent-sprechend wirke auch ein rückläufiger Aktienmarkt auf Transaktionszahl und -volu-men: So waren mehr oder minder ausgeprägte Rückgänge bzw. Crashs am Ende aller Wellen zu verzeichnen: Welle eins im Jahr 1900, Welle zwei a und zwei b in den Jahren 1920 und 1929/30, Welle drei im Jahr 1970, Welle vier im Jahr 1987, Welle fünf im Jahr 2000 sowie Welle sechs im Jahr 2007. In der sechsten M & A-Welle liefen die Entwick-lungen von Transaktionsanzahl und -volumen sogar dem Dow Jones Index voraus und hätten somit eine Frühwarnfunktion übernehmen können.

3.3 Theorie der prospektiven Wertsteigerungslogik

Der hier verfolgte Erklärungsansatz beruht auf der Annahme, dass M & A-Wellen immer dann entstehen, wenn sich eine neue Logik zur Wertsteigerung von Unternehmen ab-zeichnet, die zunehmend die mentalen Strukturen der Entscheidungsträger zu prägen beginnt. M & A wird dann als Reaktion und Instrument zur Erschließung neuer zukünf-tiger Wertsteigerungspotenziale betrachtet. Es formiert sich eine neue Antwort auf die Frage, aus was zukünftig ein Surplus bzw. Synergien erwartet werden können.

Jede M & A-Welle ist demnach von einer ganz spezifischen Wertsteigerungslogik geprägt. Sie spiegelt das im Management allgemein vorherrschende Denken zur Ent-wicklung des Geschäftsmodells wider. Diese Wertsteigerungslogik indiziert zu der je-weiligen Zeit, wie Unternehmen – zumindest »auf dem Papier« – gedenken, in der Zukunft ökonomisch erfolgreich zu sein. Daraus sollen sich dann auch den Aktienkurs treibende Wertsteigerungsphantasien für die Investoren ergeben. Die steigenden Akti-enkurse wirken dann verstärkend auf die Entwicklung, da sie den Unternehmen höhere Investitionen ermöglichen. Angewendet auf die einzelnen M & A-Wellen stellt sich das wie folgt dar:• Zur Zeit der ersten M & A-Welle war die Annahme, dass sich Vorteile aus einer Mark-

beherrschung in Form von »Economies of Scale« erwirtschaften lassen. Je größer der eigene Marktanteil ist, desto größer sind auch diese Wirtschaftlichkeitseffekte aufgrund günstigerer Kostenstrukturen.

• Der zweiten M & A-Welle lag die Logik zugrunde, dass sich Vorteile aus einer mög-lichst weitgehenden Beherrschung der Wertschöpfungskette eines Geschäfts ergeben. In der Art kontrollierten Unternehmen den gesamten »Profit Pool« dieses Geschäfts und sahen sich resistent gegenüber Verschiebungen des Profitanfalls innerhalb der Wertkette.

• Bei der dritten M & A-Welle wurde angenommen, dass Konglomerate langfristig Vor-teile aufgrund ihrer Diversifikation und Risikostreuung zu erzielen vermögen.

23 Vgl. Ravenscraft/Scherer 1987.

44 | M & A aus Marktperspektive

TeilA• Zur Zeit der vierten M & A-Welle wurden Investoren mit neuen Finanzierungsinstru-

menten (LBO) in die Lage versetzt, auch ohne viel Eigenkapital große Unternehmen mit mehreren Geschäftsfeldern zu übernehmen. Die Vorteile lagen in deren Unterbe-wertung. Sie wurden aufgebrochen und in Einzelteilen verkauft. Annahme war, dass das Ganze weniger wert ist als die Summe seiner Teile.

• In der Phase der fünften M & A-Welle dachten die Käuferunternehmen, sie können Vorteile aufgrund erst neuerdings global erschließbarer Skaleneffekte erlangen. Diese ergaben sich einerseits aus der Deregulierung und Liberalisierung von Ländermärk-ten, andererseits aber auch aus der Nutzung des Internets; diese Technologie ermög-lichte es, innerhalb von nur wenigen Wochen Kundenstämme aufzubauen, für deren Aufbau zuvor vielleicht Jahrzehnte vonnöten waren.

• Die Phase der sechsten M & A-Welle war sehr stark geprägt von den Vorteilen durch finanztechnische Optimierung in einer Unternehmensgruppe. Dies geschah zu einem wesentlichen Teil durch die neue Konkurrenz der PE-Unternehmen als Bieter auf dem Markt für Unternehmenskontrolle; sie bedienten sich tendenziell anderer Wertstei-gerungshebel als die klassischen Konzerne, was wiederum dazu führte, dass auch bei diesen Unternehmen die Bereitschaft zu einem aktiven Portfolio-Management wuchs.

Während zu Anfang einer M & A-Welle es zu einer Art Wette auf die neue Wertsteige-rungslogik kommt, muss sich dann über die Zeit auch beweisen, ob diese Wette auch der Wirklichkeit standhält. Bei der dritten Welle war dies beispielsweise nicht der Fall, was zu deren Zusammenbrechen führte. Ein Zusammenbruch kann aber auch dadurch ausgelöst werden, dass zu hoch gewettet wird, d. h. dass die Logik zwar greift, aber nicht in dem Umfang, wie gegen Ende einer Boomphase von den Investoren angenom-men wird.

4 »Anatomie« einer M & A-Welle

Nimmt man die Metapher der Welle, so lässt sich ihr Verlauf auf Basis des obigen Er-klärungsansatzes prototypisch beschreiben. Dazu bietet sich folgende Einteilung einer Welle an: (1) der untere Wendepunkt (vgl. Kap. 4.1), (2) der Aufschwung (vgl. Kap. 4.2), (3) der obere Wendepunkt (vgl. Kap. 4.3) sowie (4) der Abschwung (vgl. Kap. 4.4). Da-bei ist es von entscheidender Bedeutung, dass Führungskräfte bei ihren Entscheidungen immer den vollen Zyklus einer Welle im Visier haben (vgl. Kap. 4.5).

4.1 Unterer Wendepunkt

Eine Welle hat ihren Anfang am unteren Wendepunkt (Abb. 1). Es handelt sich meist um das Ende einer rezessiven Phase, die von mehr oder minder großen Wertvernich-tungen begleitet war. Viele Unternehmen sind angeschlagen, und ihre Cashflows sind dürftig. Doch einige der überlebenden Unternehmen gehen gestärkt aus der Krise her-vor: Sie haben ihre Organisation verschlankt, die Kostenstrukturen verbessert, sich von

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 45

Teil Anicht passenden Randgeschäften getrennt etc. Geld aus der erfolgreichen Bewältigung der vorangegangenen Rezession wartet auf Anlage. Sobald die Volatilität der Märk-te wieder auf ein Normalniveau zurückgekehrt ist und die Nachfrage wieder etwas wächst, suchen sie nun nach neuen Wachstumsimpulsen. Dazu zählt auch der frühe Einstieg bei Unternehmen, die nun noch günstig bewertet sind. Dieser Umschwung – und später oft auch noch der Aufschwung – wird vielfach noch durch ein niedriges Zinsniveau begünstigt.

4.2 Aufschwung

Langsam entstehen erste Annahmen und Experimente zu neuen, zukünftig erschließ-baren Wertsteigerungspotenzialen. Ihren Ausgang haben sie oft in Verwerfungen im ökonomischen Umfeld. Dies können technologische Durchbrüche sein, geostrategi-sche Veränderungen, neuartige Kundenbedürfnisse etc. Da Unternehmen aufgrund damit verbundener Prognoseunsicherheiten auf derartige Verwerfungen unterschied-lich schnell reagieren, entsteht eine breite Streuung der Zukunftserwartungen auf den Unternehmensebenen, was sich z. B. in breiteren Spannen an Preisvorstellungen bei M & A-Verhandlungen niederschlägt. Doch es kommt zu einer ersten Häufung, zumin-dest individuell rationaler M & A-Transaktionen. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn die dominante Logik zur optimalen Wertschöpfungstiefe von Unternehmen in einer Branche zu kippen beginnt.

Paradigmenwechsel oder Sonderfälle?

Andrew S. Grove, Mitbegründer der Firma Intel, hatte in seinem 1996 erschienenen Buch mit dem Titel »Only the Paranoid Survive« für die Computerbranche eindrucksvoll beschrieben, wie sich in einer Bran-che die dominante Logik grundsätzlich verändern kann. Im Jahr 2009 gab es Signale, dass eine solche Veränderung in der Informations-, und Kommunikationstechnologiebranche erneut stattfinden könnte. In den 1980er Jahren war die Computerbranche vertikal organisiert. Wettbewerber wie IBM oder DEC (Digital Equipment) versuchten, die gesamte Wertschöpfungskette von der Chipherstellung bis zum Ver-trieb zu beherrschen. Mit zunehmender Reife des Geschäfts bildeten sich allerdings Spezialisten heraus, die auf den einzelnen Wertschöpfungsstufen den Pionieren der Branche überlegen waren. Die Logik des Geschäfts kippte von einer vertikalen in eine horizontale Struktur. Die etablierten Unternehmen hatten dies jedoch lange nicht wahrnehmen wollen. Diese »Trägheit (Inertia)« führte das Blue Chip-Unterneh-men IBM 1991 in seine schwerste Krise. Für viele andere führende Unternehmen wie Sperry Univac, Wang und DEC wurde der Paradigmenwechsel ganz zum Verhängnis. Im Jahr 2010 stellt sich die Frage, ob sich das Geschäftsmodell in der Informations-, und Kommuni-kationstechnologiebranche wieder von der horizontalen Spezialisierung zu einer stärkeren vertikalen Integration verändert. In dem Fall dürften eine Vielzahl von Akquisitionen zu erwarten sein. Um diese Überlegung etwas zu unterlegen, seien zwei, vielleicht wegweisende Transaktionen angeführt: 1) Apple kauft den Mikrochiphersteller PA Semi: Etwa seit 2007 ist erkennbar, dass Apple überlegt,

wieder eigene Chips zu produzieren, trotz der damit verbundenen hohen Entwicklungskosten. Im Kern geht es dabei um die Faktoren Innovation und Intellectual Property. Über den Chip können Elemente wie Handschrifterkennung, Energieeffizienz oder Videoqualität in mobilen Endgeräten we-sentlich beeinflusst werden. Lässt Apple die Chips durch Unternehmen wie z. B. Samsung herstellen, besteht die Gefahr, dass damit auch der Konkurrenz Know-how zugänglich wird. Stellt Apple die Chips selbst her, sind die Innovationen unter eigener Kontrolle und sie werden im Allgemeinen auch beschleunigt. Um diese neue Strategie umzusetzen, hatte Apple bis Mitte 2009 bereits eine ganze Reihe hochrangiger Experten auf diesem Gebiet von der Konkurrenz abgeworben.

46 | M & A aus Marktperspektive

TeilA2) Oracle will Sun übernehmen: »I am very surprised. I have to think about it.« – so soll die spontane Re-

aktion von Steve Ballmer, CEO von Microsoft, gewesen sein, als er am 20.04.2009 davon hörte, dass Oracle für 7,4 Mrd. US-$ Sun übernehmen werde. Der Preis wurde mit 9,50 US-$ pro Aktie beziffert, was in etwa einem 8-fachen EBIT-Multiple entspricht. Oracle ist im Kern ein Softwareunternehmen (Datenbanken und Unternehmenssoftware). Seit 2005 hat Oracle ca. 30 Mrd. US-$ in den Kauf von etwa 50 Unternehmen wie People-Soft, Siebel oder BEA investiert. Sun ist dagegen im Kern nicht nur ein Hardwareunternehmen (Server und Speichergeräte/-einheiten). Die Speicherhardware musste immer mit der passenden Software zu einem Speichersystem gekoppelt werden. Das Unternehmen hatte sich nie so richtig vom Platzen der Dot.com-Blase erholt, und es war kein Geheimnis, dass es auf der Suche nach einem passenden Käufer war. Im Portfolio von Sun gab es zwei Perlen für Oracle. Die eine war die Programmiersprache Java, mittels derer viele Unternehmenssoftwarepakete und auch die Software von Mobiltelefonen betrieben werden. Die andere war Solaris, ein Betriebs-system auf dem viele Oracle-Datenbanken laufen. Über beides verfügen zu können, würde Oracle verschiedene Optimierungsmöglichkeiten bieten. Auch verfügte Sun über eine große Anzahl von Open Source-Software und -Unternehmen. Sun erwarb diese Software in der Hoffnung, dass deren Nutzer dann die teuren Sun-Geräte kaufen würden. War diese Akquisition damit eine Transaktion, die primär auf die Software-Assets von Sun abzielte, und würde Oracle deshalb die Hardware bald wieder abstoßen?

Neben diesen beiden Transaktionen ließen sich weitere Indizien ausmachen: Vertikal diversifiziert hat z. B. auch Hewlett-Packard (HP) mit dem Kauf des IT-Dienstleisters Electronic Data Systems Corp. (EDS) (und schon vor längerer Zeit mit der Übernahme der Beratungsaktivitäten von PricewaterhouseCoopers (PwC)). Ein anderes Beispiel ist Cisco. Das Unternehmen wollte mit einer Reihe von Allianz-Partnern beginnen, Server im Sinne von Datenzentren zu bauen. Waren dies nun alles Sonderfälle oder sind dies Hinweise auf einen fundamentalen Wandel der Logik, nach der die Wertschöpfungsarchitekturen der führenden Unternehmen in dieser Branche konzipiert sind?

Der Aufschwung gewinnt dann Momentum, wenn die M & A-Investitionen derer, die zuerst ihre Wetten auf eine neue Wertschöpfungslogik abgeschlossen haben, mit po-sitiven Bewertungsziffern belegt werden. Steigende Aktienpreise und geringe Zinsen beschleunigen in dem Fall die M & A-Aktivitäten.24 Ermuntert durch die ersten Erfolge kommt es zum »Finetuning« der neuen dominanten Wertsteigerungslogik.

Angelockt durch die Erfolge der Pioniere und frühen Nachahmer schwenken nach und nach immer mehr Unternehmen auf den gleichen Kurs ein. Topmanager haben es immer schwerer, sich zu legitimieren, wenn sie nicht in ähnlicher Art und Weise agie-ren. Mimetisches Verhalten (»Herdentrieb«) setzt ein. Es kommt zu eigendynamischen und selbstverstärkenden Effekten, z. B. wenn – teilweise bereits rational nicht mehr nachvollziehbare – Kurssteigerungen wieder zu neuen Investitionsmöglichkeiten (»Aktie als Währung«) verhelfen. Es wird eine Welle neuer Akquisitionen ausgelöst, wenn sich Käufer mit sog. »Me Too Acquisitions« der Modeerscheinung anschließen. Da die Ban-ken im Allgemeinen davon profitieren, entwickeln sie oft auch Bewertungsmodelle, die die Werthaltigkeit derartiger Investitionen »nachweisen«. So entstehen wechselseitige Verstärkungsmechanismen, und in der Spitze eines Booms besteht ein wahrer »Run« auf Zielunternehmen, verbunden mit entsprechenden Preissteigerungen. Unternehmens-leitungen, die nicht »auf Einkaufstour gehen«, kommen oft unter Legitimationsdruck bezüglich der Frage, warum sie diese »Jahrhundertchance« nicht wahrnehmen.

24 Melicher et al. 1983.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 47

Teil A4.3 Oberer Wendepunkt

Die Wellen-Metapher beinhaltet jedoch auch, dass jede Welle ein Gipfel hat, bevor sie dann bricht. Damit verbunden stellen sich folgende Fragen: Wann ist ein solcher obe-rer Wendepunkt erreicht? Gibt es Möglichkeiten, diesen Wendepunkt frühzeitig zu er-kennen? Wird es zu einer »sanften Landung« kommen, oder wird es einen abrupten Absturz geben? Wird dies vor- oder nachlaufend oder synchron zu den Aktienmärkten geschehen?

Sicher vorhersagen lassen sich solche Entwicklungen natürlich genauso wenig wie die Entwicklungen der Aktienmärkte. Allenfalls gibt es Frühwarnsignale, die darauf hindeuten, dass eine Trendwende zu erwarten ist. Empirisch gesichertes Wissen ist hierzu nicht vorhanden. Jedoch gibt es zum nahenden Ende einer Welle eine Reihe von erfahrungsbasierten Beobachtungen, deren Eintreten zumindest die Achtsamkeit erhöhen sollte:1. Viele Käufer sind bereit, deutlich größere Risiken einzugehen. So gab es Fälle, in

denen Unternehmen in solchen Situationen versuchten drei Unternehmen gleichzeitig in eines zu fusionieren.

2. Die Anzahl der öffentlichen Ankündigungen von Transaktionen, die kurz darauf wieder abgesagt werden, nimmt oft stark zu. Dies ist ein Zeichen operativer Hektik bei den Akteuren auf dem Markt, die die »Gunst der Stunde« noch nutzen wollen, aber das Vorhaben nicht mehr sorgfältig genug durchdacht haben.

3. Das angebotene Kapital zur Finanzierung der Transaktionen wird knapp oder – z. B. wegen eines Zinsanstiegs – teurer. Die Kapitalknappheit im August 2007 im US-Hy-pothekenmarkt löste auch eine Kapitalknappheit bei der Finanzierung von Übernah-men aus. Wegen den Liquiditätsproblemen der involvierten Gesellschaften stießen diese – um zu Überleben – auch Aktienpakete aller Art ab, weshalb diese Situation nicht nur die Kurse der direkt betroffenen Finanzdienstleister belastete, sondern die gesamte Börse.

4. Die zu bezahlenden Multiples sind oft auf ein Vielfaches der Multiples zu Anfang der Welle gestiegen. Dies ist zumeist deshalb der Fall, weil das Angebot an noch verbleibenden attraktiven Zielunternehmen stark rückläufig ist und die Konkurrenz um den Erwerb dieser Unternehmen immer intensiver geworden ist. Es wird dann ein zu hohes Premium auf Basis zu optimistischer Synergien- und Marktszenarien gezahlt. So werden Unternehmen, die oft noch ohne Gewinne sind, nur aufgrund ihres Potenzials zu enormen Preisen gekauft.

5. Es wird mehrheitlich mit Aktien bezahlt. Sobald die Käufer den Eindruck haben, dass ihr Unternehmen eher überbewertet ist, werden sie versuchen mit Aktien – der dann gegenüber der Cash-Bezahlung »billigeren« Währung – zu bezahlen.

6. Die Gewinnerwartungen der Unternehmen sind rückläufig. Diesem Punkt ist beson-ders dann Beachtung zu schenken, wenn eine Volkswirtschaft schon eine mehrere Jahre andauernde Wachstumsphase hinter sich hat.

7. Der Verschuldungsgrad der Unternehmen hat stark zugenommen. Rating-Agenturen warnen auch, dass die Kreditqualität sinken wird. Hinzu kommt dann oft noch die Gefahr, dass sich die Zinsen wieder erhöhen und die Refinanzierungskonditionen sich verteuern.

48 | M & A aus Marktperspektive

TeilA4.4 Abschwung

Wurde der obere Wendepunkt durchschritten, so kippen (bei einem abrupten Absturz) fast über Nacht alle Regeln, die noch ein paar Tage zuvor unumstößlich für ein erfolgrei-ches Agieren erschienen. Sie verkehren sich in ihr Gegenteil mit teilweise fatalen Folgen. Dass es tatsächlich zu einem Abschwung kommt, kann verschiedene Ursachen haben:1. Die zur jeweiligen Wertsteigerungslogik gehörende Basisannahme hat sich nicht be-

stätigt. Viele durchgeführte Transaktionen stellen sich als enttäuschend heraus. Dies trifft insbesondere auf die dritte Welle (»Conglomerate Era«) zu, als sich Ende der 1960er Jahre langsam herausstellte, dass die unter Risikoaspekten sehr breit und unverwandt diversifizierten Konglomerate eine schlechtere Performance zeigen.

2. Jede Welle produziert »Standards« manageriellen und systemischen Verhaltens, die in einem Boom in der Endphase zu extrem spekulativen Handlungsannahmen füh-ren können. So entbehrten die in den Bewertungsansätzen Ende der 1990er Jahre ge-troffenen Annahmen oft jeder Rationalität, was zu einer »spekulativen Überhitzung« des Systems und – z. B. beim Platzen der Internetblase – auch zum Crash führen kann.

3. Die Rahmenbedingungen haben sich so geändert, dass dadurch der dominanten Wertsteigerungslogik ihre Gültigkeit entzogen wurde. Neue Gesetze, innovative Technologien oder eine veränderte politische Situation sind Beispiele hierfür. Dies trifft z. B. auf die erste Welle zu, als mit der tatsächlichen Anwendung des Sherman Antitrust Act durch die Regierung Roosevelt die Möglichkeiten zur Monopolbildung stark unterbunden wurden.

Mit dem Abschwung verbunden ist häufig eine Verschlechterung der ökonomischen Rahmenbedingungen: Eine rezessive Phase der Wirtschaft nimmt ihren Lauf; nicht selten verbunden mit einem Crash der Kapitalmärkte. Die Bewertungsziffern der Unter-nehmen sind eher negativ belegt. Die Kapazitätsauslastung der Industrie ist rückläufig.

Natürlich gibt es in einem Abschwung auch gegenzyklische M & A-Aktivitäten ein-zelner Akteure.25 Diese Akquisitionen sind jedoch meist eines anderen Typs, als die im Aufschwung getätigten Transaktionen. Die Käufer nutzen die fallenden Preise und die oft aus Notlagen heraus geborenen Kaufgelegenheiten. Solche Transaktionen werden demnach oft von Desinvestitionen ausgelöst. Meist sind sie nicht expansiv angelegt, sondern eher auf eine Konsolidierung ausgerichtet.26

5 Den ganzen Zyklus im Visier

In Phasen des konjunkturellen Abschwungs zeigt sich immer wieder, wie wichtig es ist, dass das Management bereits bei seinen Entscheidungen in der Phase des Aufschwungs bedenkt, was deren Implikationen im Abschwung sein könnten und umgekehrt. Mit Blick auf die langfristigen Interessen eines Unternehmens geht es darum, immer den ganzen Zyklus im Visier zu haben; denn erst auf dieser Basis wird entschieden, wer gewinnt und wer verliert. Dies gilt auch für M & A-Entscheidungen.

25 Maksimovic/Philips 2000.26 Lambrecht/Meyers 2004.

II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 49

Teil A• Wachstum: Es ist hinlänglich bekannt, dass das Wachstum ein wesentlicher Wer-

treiber des Unternehmenswertes ist. Im Aufschwung, auf Basis einer guten Bör-senbewertung und bei Verfügbarkeit von billigem Geld, wird deshalb das Thema Wachstum forciert. Doch im Abschwung, wenn die Kunden bei sinkender Nachfrage wählerischer werden, zeigt sich häufig, dass ein Teil dieses Wachstums noch ohne Substanz ist. Dann müssen teure Rückzugsgefechte geführt werden. Zum Beispiel müssen neue Aktivitäten unter ihrem Einkaufspreis wieder veräußert werden.

• Opportunistisches Verhalten: In Boomphasen neigen Unternehmen dazu, Geschäfte aufzugreifen, in denen gerade gutes und schnelles Geld verdient wird. Doch was heißt dies, wenn diese neuen Tätigkeitsfelder nicht zum Geschäftsmodell passen oder das Unternehmen von ihnen nicht genug versteht. Dann entpuppen sie sich häufig als Fehlinvestitionen, weil das Unternehmen unüberschaubare Risiken einge-gangen ist. Dazu zählen bspw. die Ausflüge der dem »One Bank«-Ansatz folgenden Banken in die Bereiche des Investmentbankings jenseits des für das integrierte Ge-schäftsmodell erforderlichen Beratungsgeschäfts.

• Kapitaldecke: Im Aufschwung werden Unternehmen von den Analysten häufig ge-scholten, wenn sie ihr Eigenkapital nicht besser »leveragen«. Durch solche Maßnah-men lässt sich relativ leichtfüßig die Eigenkapitalrentabilität verbessern, und zudem lassen sich Fremdkapitalzinsen auch steuerwirksam abziehen. Mit Blick auf den vollen Zyklus kann ein zu starkes Ausreizen dieser Logik im Abschwung verhängnis-voll werden: »Cash is King!« – wie es dann heißt. Dies kann z. B. zu Problemen bei der Refinanzierung fälliger Kredite führen. Oder es können günstige Gelegenheiten z. B. zum Kauf angebotener Unternehmen im Sinne antizyklischer Investitionen nicht wahrgenommen werden.

• Schuldenlast: Eine Aufschwungphase wird meist durch billig aufzunehmendes Geld begünstigt. Das heißt, dass sich auch Akquisitionen leicht finanzieren lassen. Da-mit kumulieren sich aber auch auf der Passivseite der Bilanz die Schulden. Müssen diese im Abschwung dann refinanziert werden, sehen sich Unternehmen plötzlich aufgrund gestiegener Risikoprämien deutlich höheren Belastungen gegenüber.

• Goodwill: Auf der Aktivseite der Bilanz haben die Akquisitionen aus der Phase des Aufschwungs häufig die Kumulation einer hohen Goodwill-Position (als Folge der bei der Akquisition gezahlten Prämie auf die erworbenen Vermögenswerte) zur Konse-quenz. In der Abschwungphase kann dies zu erheblichen Wertberichtungen Anlass geben, die das Eigenkapital belasten. In einem völlig veränderten wirtschaftlichen Umfeld wird man sich ein neues Bild von der Werthaltigkeit des bilanzierten Good-wills machen müssen.

Zusammenfassend wird hier die These vertreten, dass Unternehmen im Aufschwung einem immer stärker werdenden, prozyklischen »Herdentrieb« folgen. Je näher dabei der Aufschwung an seinen Wendepunkt kommt, desto häufiger werden paradoxerwei-se strategische Entscheidungen getroffen, die aus der Sicht des Abschwungs desaströs sind. Diese Entwicklung wird in beide Richtungen multiplikativ verstärkt durch die globale Vernetzung der Wirtschaft: Das heißt, die Exzesse nach oben fallen größer aus; danach wird dann auch die ganze Weltwirtschaft wie ein globales Domino in die Knie gezwungen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass, wenn die ersten leichten Anzeichen eines Abschwungs bereits die Jahresziele gefährden, teilweise noch immer prozyklisch besonders große unternehmerische Risiken eingegangen werden, z. B. um den an das

50 | M & A aus Marktperspektive

TeilAErreichen des Jahresziels gebundenen Bonus noch zu retten. Damit wird jedoch der Turbo auf der Fahrt in die Krise eingeschaltet. Ein Unternehmen verantwortungsvoll zu führen heißt jedoch, neben all den Kurzfristanforderungen, die es zu bedienen gilt, bei den Entscheidungen zumindest einen vollen Zyklus im Visier zu haben.

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II. M & A als Wellen-Phänomen: Analyse und Erklärungsansatz | 51

Teil AIII. Das weltweite M & A-Geschehen:

Rückblick und Ausblick

Einige der besten und auch sehr viele der schlechtesten Transaktionen aller Zeiten

Kai Tschöke/Martin Mailänder*

1 Einleitung2 Überblick über die Marktentwicklung3 Wesentliche Transaktionen4 Transaktionsstrukturen und Übernahmeprämien5 Wesentliche Treiber der Marktaktivitäten 5.1 Feindliche Übernahmen 5.2 Finanzinvestoren 5.3 Staatsfonds als neue Käufergruppe6 Warten auf die nächste M & A-Welle

1 Einleitung

Ein Rückblick auf die globalen M & A-Aktivitäten über die zwei Jahrzehnte seit 1990 deckt die wohl interessanteste Phase ab, die der Markt für Unternehmen je gesehen hat – nie zuvor waren die Volumina höher, die Strukturen aggressiver und die Ausschläge größer. Einige der besten und leider auch sehr viele der schlechtesten Transaktionen aller Zeiten wurden in den letzten 20 Jahren getätigt. Der vorliegende Rückblick fokus-siert auf die wesentlichen Trends und empirischen Beobachtungen in der Entwicklung des weltweiten M & A-Marktes und greift einige der prägenden Marktteilnehmer und Transaktionen heraus.

2 Überblick über die Marktentwicklung

Der Markt für Unternehmensübernahmen ist von seiner Natur her zyklisch. Phasen des Anstiegs – regelmäßig führen Phasen des Umbruchs, sei es durch Verschiebung der regionalen Wirtschaftskraft, durch Konsolidierung einzelner Branchen oder durch tech-

* Kai Tschöke, Managing Director, Rothschild GmbH, Frankfurt a. M.; Martin Mailänder, M & A Ana-lyst Intern, Rothschild GmbH, Frankfurt a. M.

52 |

TeilAnologische Sprünge, zu einem starken Anstieg der M & A-Aktivitäten – werden ebenso regelmäßig von Phasen der Konsolidierung und Restrukturierung mit relativ geringerem M & A-Interesse gefolgt.

Über die letzten rund 100 Jahre lassen sich sechs M & A-Wellen identifizieren1, von denen zwei – die »Internetwelle« um die Jahrtausendwende und die »Leveraged-Wel-le« von 2005 bis 2007 – in den Betrachtungszeitraum dieses Beitrags fallen. Beide M & A-Hochphasen unterscheiden sich substanziell hinsichtlich ihrer Treiber, Branchen und Transaktionsstrukturen; gemeinsam ist ihnen allerdings in sehr ausgeprägter Weise die Abhängigkeit von der Börsenstimmung insgesamt. Das (angekündigte) Transakti-onsvolumen korrelierte in den letzten zwei Jahrzehnten sehr eng mit der Entwicklung der großen Börsenindices; dies wird insbesondere bei einer quartalsmäßigen Betrach-tung deutlich (vgl. Abb. 1): die M & A-Aktivitäten reagieren fast unmittelbar auf Verän-derungen in den Indextrends, wobei die Reduktion im Abschwung (Verzögerung ca. ein Quartal) noch unmittelbarer ist als in Phasen des Aufschwungs (Verzögerung ca. zwei Quartale).

Abb. 1: Angekündigte weltweite M & A-Transaktionen vs. MSCI World Index von 1990 bis 2014 (Quelle: Thomson Reuters)

Der Einbruch der M & A-Aktivitäten als Folge gesunkener Börsenkurse ließ sich ins-besondere nach der Internetwelle leicht begründen: Aufgrund des hohen Anteils an aktienfinanzierten Unternehmensübernahmen sank mit den Kursen auch die relative Opportunität des Einsatzes hochbewerteter eigener Aktien als Akquisitionswährung für den Erwerber. Bei der Leveraged-Welle, die sehr stark von Barakquisitionen sowohl durch strategische Erwerber als auch durch Finanzinvestoren geprägt war, war aller-dings viel stärker die substanzielle Verengung der Kreditmärkte der Auslöser, die das Geschäftsmodell der Finanzinvestoren fundamental infrage stellte und bei den Unter-nehmern zu einer Priorisierung der Mittelbereitstellung für das operative Geschäft im

1 Müller-Stewens 2010a.

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Angekündigte Transaktionen je Quartal MSCI World Index

1) MSCI World Index indexiert auf 100 im ersten Quartal 1990.

1)

MSCI World Index Volumen (Mrd. US-$)

III. Das weltweite M & A-Geschehen: Rückblick und Ausblick | 53

Teil AGegensatz zur externen Expansion führte. Darüber hinaus nimmt die Risikoneigung des Erwerbers in einem unsicheren Marktumfeld selbst bei ausreichend vorhandener Liquidität zur Finanzierung von Unternehmenserwerben substanziell ab. Die Gefahr des »noch zu teuer« Einkaufens angesichts hoher Planungsunsicherheit beim Zielun-ternehmen, die nur teilweise über Sicherheitsabschläge adressiert werden kann, und eine Trägheit der Preiserwartungen beim Verkäufer – der Marktkorrekturen meist nicht zeitgleich in seinen Wertvorstellungen reflektiert – führen zu einem Auseinanderdriften der Marktseiten, so dass auch viele bereits weit vorangeschrittene Transaktionen nicht mehr zum Abschluss gebracht werden.

Bei einem Vergleicht der M & A-Aktivitäten mit den ökonomischen Gesamtaktivitä-ten zeigt sich eine relativ höhere gesamtwirtschaftliche Relevanz des M & A-Booms in der Internetphase gegenüber der jüngsten kreditinduzierten Hochphase. Belief sich das gesamte M & A-Volumen in den Jahren 1999 und 2000 auf 10 % des weltweiten Brut-tosozialproduktes, ging dies bis 2002 auf 4 % zurück und erreichte 2006 und 2007 nurmehr 8 % der weltweiten Wirtschaftsleistung – obwohl nominal höher, war das Gesamttransaktionsvolumen in der sechsten M & A-Welle somit real kleiner als in der vorangegangenen Phase.

3 Wesentliche Transaktionen

Die Liste der größten Transaktionen (vgl. Abb. 2) verdeutlicht eindrucksvoll, wie viel enger der Übernahmemarkt um die Jahrtausendwende im Vergleich zur volumenmäßig stärkeren Phase von 2005 bis 2007 war. Relative wenige, aber sehr große Transaktionen prägten das Bild, und der Fokus lag auf sehr wenigen Branchen – im Jahr 2000 machten Telekom/Medien/Technologie insgesamt 45 % des gesamten M & A-Transaktionsvolu-mens aus.

Unter den Top 15-Transaktionen in der Zeit von 1990 bis 2009 befanden sich 8 Er-werbe im Bereich Telekom/Internet; 12 der 15 Transaktionen fanden im Zeitraum 1998 bis 2001 statt. Im Vergleich dazu war die sechste M & A-Welle breit über nahezu alle Branchen abgestützt, bei einer insgesamt geringeren Durchschnittsgröße der Transak-tionen. Herauszuheben ist allerdings der Anteil von Erwerben durch Finanzinvestoren, der 2007 bei fast 23 % lag.

Datum Käufer Zielunternehmen Volumen (Mrd. US-$) Zahlungsmittel

11/1999 Vodafone Mannesmann 202,8 Aktien

01/2000 America Online Time Warner 181,6 Aktien

04/2007 Royal Bank of Scotland, Fortis, Banco Santander

ABN AMRO 98,2 Barmittel/Aktien

03/2006 AT&T BellSouth 89,4 Barmittel/Aktien

11/1999 Pfizer Warner-Lambert 88,8 Aktien

12/1998 Exxon Mobil 85,1 Aktien

54 | M & A aus Marktperspektive

TeilADatum Käufer Zielunternehmen Volumen (Mrd. US-$) Zahlungsmittel

10/2004 Royal Dutch Petroleum Shell Transport & Trading

80,3 Aktien

01/2000 Glaxo Wellcome SmithKline Beecham 78,8 Aktien

02/2006 Gaz de France Suez 75,2 Aktien

04/1998 Travelers Group Citicorp 72,6 Aktien

07/2001 Comcast AT&T Broadband 72,0 Aktien

07/1998 Bell Atlantic GTE 71,3 Aktien

05/1998 SBC Communications Ameritech 70,4 Aktien

06/1998 AT&T Tele-Communications 69,9 Aktien

01/1999 Vodafone AirTouch 65,8 Barmittel/Aktien

1) Ohne die Abspaltung von Philip Morris von Altria (Volumen 113 Mrd. US-$) im Jahr 2007, da sich diese Transaktion ausschließlich an die eigenen Aktionäre richtete

Abb. 2: Top 15 globale M & A-Transaktionen von 1990 bis 2009 (Quelle: Dealogic, Eigene Analyse)

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US-Zielunternehmen Europäische Zielunternehmen

Sonstige Zielunternehmen Durchschnittliche Transaktionsgröße

Durchschn. Transaktionsgröße (Mio. US-$) Transaktionsvolumen (Mrd. US-$) 1)

US-Ziele 445 398 462 535 702 842 1003 1102 954 1028 1018 510 406 485 492 568 696 732 628 449 521 511 519 493 560

Europ. Ziele 401 363 357 333 350 460 557 562 642 935 1050 618 668 691 734 847 998 1146 963 617 773 775 747 701 691

Sonstige Ziele 148 242 204 282 320 418 573 724 793 1037 1251 964 853 1045 1161 1452 1693 2277 2035 1952 2126 2090 1957 1986 2447

Anzahl Transaktionen

1) Beinhaltet Transaktionen mit einem Unternehmenswert (aggregierter Wert) von jeweils mehr als 100 Mio. US-$.

Abb. 3: Weltweite M & A-Aktivitäten nach Regionen von 1990 bis 2014 (Quelle: Thomson Reuters)

III. Das weltweite M & A-Geschehen: Rückblick und Ausblick | 55

Teil ADie größere Marktdurchdringung der M & A-Aktivitäten in der letzten Hochphase wird auch bei Betrachtung der regionalen Verteilung offensichtlich (vgl. Abb. 3). Lag im Spit-zenjahr 2000 der Anteil amerikanischer Zielunternehmen am globalen M & A-Volumen bei ca. 51 %, sank dieser bei der darauffolgenden Spitze im Jahr 2007 auf nur rund 36 %. Die höhere Bedeutung Europas für den globalen M & A-Markt wird auch daran deutlich, dass die drei weltweit größten Transaktionen nach 2000 – Konsortialerwerb ABN Amro, Royal Dutch/Shell, Gaz de France/Suez – allesamt europäische Branchen-konsolidierungen darstellten.

4 Transaktionsstrukturen und Übernahmeprämien

Wie schon angesprochen, unterscheiden sich die beiden M & A-Schwerpunkte auch sub-stanziell hinsichtlich der Akquisitionswährung (vgl. Abb. 4a und Abb. 4b). Der Anteil von rein mit Aktien finanzierten Unternehmensübernahmen erreichte 1998 ein Maxi-mum bei 61 % des weltweiten Gesamttransaktionsvolumens. Dass dies allerdings nur von einer kleinen Zahl sehr großer Transaktionen getrieben wurde, wird am Anteil von nur rund 22 % an der Anzahl der gesamten Transaktionen deutlich – die Mehrheit aller Erwerbe ist durch die Zyklen hinweg mit Barmitteln finanziert.

Am anderen Ende des Spektrums – und auch im langfristigen Vergleich deutlich unter dem Durchschnitt – lag der Anteil aktienfinanzierter Transaktionen im Jahr 2007 bei nur noch 7 %, bei einem gleichzeitigen historischen Hoch von 76 % für reine Ba-rerwerbe. Günstige Refinanzierungskonditionen und sehr tiefe Refinanzierungsmärkte über alle Branchen und Rating-Niveaus hinweg stellten eine – im Nachhinein wohl recht einmalige – Sonderkonstellation dar, die von den akquisitiven Unternehmen auch sehr intensiv genutzt wurde.

Abb. 4a: Weltweite Akquisitionen nach Zahlungsmitteln (Transaktionsvolumina) von 1990 bis 2014 (Quelle: Thomson Reuters)

24 22 21 20 31

21 18 20 13 16 17 24 28 24 29 35 43 45 43

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Ausschließlich Barmittel Barmittel und Aktien Ausschließlich Aktien

Beinhaltet Transaktionen mit einem Unternehmenswert (aggregierter Wert) von jeweils mehr als 100 Mio. US-$.

41 41 39 43 45 40 39 34 35 35 36 36 37 34 34 43 45 43 43 44 45 51 51 48 48

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51 48 50 47 52 53 58 58 49 48 49 51 48 48 43 43 45 45

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Ausschließlich Barmittel Barmittel und Aktien Ausschließlich Aktien

Beinhaltet Transaktionen mit einem Unternehmenswert (aggregierter Wert) von jeweils mehr als 100 Mio. US-$.

56 | M & A aus Marktperspektive

TeilA

Abb. 4b: Weltweite Akquisitionen nach Zahlungsmitteln (Anzahl der Transaktionen) von 1990 bis 2014 (Quelle: Thomson Reuters)

Mit Blick auf die Entwicklung der Übernahmeprämien im Betrachtungszeitraum (vgl. Abb. 5) lässt sich insgesamt ein tendenzielles Absinken der Prämien gegenüber den unbeeinflussten Aktienkursen festhalten (gemessen am Kurs vier Wochen vor Ankün-digung bzw. substanziellen Marktgerüchten). Auffallend ist in den letzten Jahren eine deutliche Ausweitung des Aufschlags reiner Barangebote gegenüber den reinen Akti-

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21 18 20 13 16 17 24 28 24 29 35 43 45 43

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Ausschließlich Barmittel Barmittel und Aktien Ausschließlich Aktien

Beinhaltet Transaktionen mit einem Unternehmenswert (aggregierter Wert) von jeweils mehr als 100 Mio. US-$.

41 41 39 43 45 40 39 34 35 35 36 36 37 34 34 43 45 43 43 44 45 51 51 48 48

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Ausschließlich Barmittel Barmittel und Aktien Ausschließlich Aktien

Beinhaltet Transaktionen mit einem Unternehmenswert (aggregierter Wert) von jeweils mehr als 100 Mio. US-$.

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Durchschnittspremium Transaktionsvolumen > 100 Mio. USD

Durchschnittspremium Transaktionsvolumen > 1 Mrd. USD

MSCI World Index

Durchschnittliche Transaktionsgrprämie % MSCI World Index

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1)

2)

1) Beinhaltet Transaktionen mit einem Unternehmenswert (aggregierter Wert) von jeweils mehr als 100 resp. 1.000 Mio. US-$. Prämien basierend auf dem unbeeinflussten Aktienkurs (definiert als Aktienkurs vier Wochen vor dem frühesten der folgenden Ereignisse: Ankündigung der Transaktion, Ankündigung eines konkurrierenden Angebots, Marktgerüchte). 2) Indexiert auf 100 im Jahre 1990.

Abb. 5: Globale Transaktionsprämien vs. MSCI World Index von 1990 bis 2014 (Quelle: Thomson Reuters)

III. Das weltweite M & A-Geschehen: Rückblick und Ausblick | 57