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12 Best of Oktober 2014 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim MESSTECHNIK Die auf der Feldverdampfung beruhende Atomsondentomogra- phie wurde in den 1980er-Jahren zunächst nur für metallische Proben entwickelt. Nachdem vor etwa zehn Jahren die Idee der La- seranregung wieder aufgegriffen wurde, lässt sich die tomogra- phische Atomsonde auch für Halb- leiter- und mit der Einführung von UV-Lasern (2010) bei isolierenden Proben einsetzen. E benso wie das Feldelektronen- mikroskop von 1936 und das Feldionenmikroskop von 1951 geht auch die Atomsonde auf Erwin Müller zurück [1 – 3] . Nach deren Erfindung 1968 wurden in den 1980er-Jahren die experimentel- len Voraussetzungen für die 3D- Atomsonde bzw. die Atomsonden- tomographie geschaffen. Ähnlich wie beim Feldionenmikroskop bildet dabei die Spitze einer Probe zusammen mit einer Gegenelektro- de die wesentliche ionenoptische Baugruppe (Abb. 1). Im Gegensatz zum Feldionenmikroskop, bei dem die Spitze durch die Desorption von Monitorgas-Atomen abgebildet wird, werden bei der Atomsonde die chemisch gebundenen Atome der Probe selbst abgetragen. Da der Radius der Probenspitze nur 50 bis 100 nm beträgt und zwischen Spitze und Gegenelektrode eine Spannung von einigen kV anliegt, herrscht eine Feldstärke von 10 bis 50 GV/m [2] . Durch die Kombination mit einem elektrischen [3] oder Laser- puls [4, 5] werden einzelne Atome von der Spitze verdampft, deren Masse sich mit einem abbildenden Flugzeit-Massenspektrometer be- stimmen lässt; der Auftreffpunkt am Detektor liefert den Startplatz (Abb. 1). Die anschließende Rekon- struktion ermittelt die ursprüng- liche Zusammensetzung der Probe – atomar aufgelöst in 3D für Haupt- und Spurenelemente [6] . Durchgesetzt hat sich das Prin- zip des „Local Electrode Atom Pro- be“ – LEAP™ [7] , das auf die Gruppe um Tom Kelly (damals an der Uni- versity of Wisconsin – Madison) zurückgeht. Die Idee besteht darin, dass eine miniaturisierte Gegen- elektrode, die sehr nah an die Spitze gebracht wird, eine geringere Span- nung benötigt, um die gleiche Feld- stärke an der Probenoberfläche zu erzeugen. Eine geringere Spannung und geringere Kapazitäten erlauben besser definierte und schnellere elektrische Pulse und damit eine höhere Massenauflösung und kür- zere Messdauer. Zudem lassen sich mehrere Spitzen auf engem Raum auf einem so genannte Multi-Tip- Coupon montieren und durch das lokale Feld der Gegenelektrode selektieren. Abstand und Öffnung der „Local Elektrode“ betragen ca. 40 µm. Die erforderliche Pulsenergie bringt meist ein auf ca. 3 µm fo- kussierter UV-Laser direkt auf die Spitze. Je nach Material und gewählten Messparametern wird typischerweise ein Ion auf 5 bis 1000 Pulse verdampft (yield), bei Repetitionsraten von 100 bis 1500 kHz. Alternativ kann man möglichst kurze Spannungspulse auf das Potential zwischen Spitze und Local Electrode modulieren. Diese belasten die Spitze jedoch stark mechanisch, und bei Halb- leitermaterialien und Isolatoren [8] genügt die elektrische Leitfähigkeit nicht, um die erforderliche Feld- stärke innerhalb von Nanosekun- den an der Spitze auszubilden. Um eine Migration der Atome inner- halb der Probe zu unterbinden und den Untergrund niedrig zu halten, findet der Prozess stets im UHV bei niedrigen Temperaturen von ca. 50 K statt. Atomar aufgelöste Element- und Isotopenanalyse in 3D Die Atomsondentomographie erlaubt es, in nanoskaligen Bereichen die Stöchiometrie zu bestimmen und Spurenelemente quantitativ zu messen. Michael Wahl und H.-Ulrich Ehrke Abb. 1 Bei der Atomsondentomographie (APT, Atomic Probe Tomograhy) steht die zu untersu- chende kalte Probe (20 – 80 K) in Form einer schar- fen Spitze (Radius ca. 30 – 100 nm) mit geringem Abstand vor einer lokalen Elektrode. Durch die Kombinationen einer DC-Hochspannung und eines HV- oder Laserpulses werden einzelne Atome von der Spitze verdampft und mittels einer Flugzeit- messung massenselektiv nachgewiesen. Dieser Nachweis erfolgt ortsaufgelöst mit einer Zusam- menschaltung aus Vielkanalplatte und Delayline- Detektor. 1. Stop Δty Zeit 2. Stop Start HV Puls HV 2-15kV dc Probe in Spitzenform Laserpuls lokale Elektrode Vielkanalplatte m 2 Delay-Line-Detektor m1 Dr. Michael Wahl, Projektmanager Auf- tragsforschung, In- stitut für Oberflä- chen- und Schicht- analytik IFOS GmbH, Trippstadter Straße 120, 67663 Kaisers- lautern; Dr. Hans- Ulrich Ehrke, Senior Product Specialist CAMECA GmbH Carl-von-Linde-Str. 42, 85716 Unter- schleißheim

MESSTECHNIK Atomar aufgelöste Element- und Isotopenanalyse … · 2019. 2. 6. · Detektor. 1. Stop ∆ty Zeit Start 2 ... Eine solche Auswertung für Sili-zium-Iso-Konzentrationsflächen

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  • 12 Best of Oktober 2014 © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

    M E S S T E C H N I K

    Die auf der Feldverdampfung beruhende Atomsondentomogra-phie wurde in den 1980er-Jahren zunächst nur für metallische Proben entwickelt. Nachdem vor etwa zehn Jahren die Idee der La-seranregung wieder aufgegriffen wurde, lässt sich die tomogra-phische Atomsonde auch für Halb-leiter- und mit der Einführung von UV-Lasern (2010) bei isolierenden Proben einsetzen.

    E benso wie das Feldelektronen-mikroskop von 1936 und das Feldionenmikroskop von 1951 geht auch die Atomsonde auf Erwin Müller zurück [1 – 3]. Nach deren Erfindung 1968 wurden in den 1980er-Jahren die experimentel-len Voraussetzungen für die 3D-Atomsonde bzw. die Atomsonden-tomographie geschaffen. Ähnlich wie beim Feldionenmikroskop bildet dabei die Spitze einer Probe zusammen mit einer Gegenelektro-

    de die wesentliche ionenoptische Baugruppe (Abb. 1). Im Gegensatz zum Feldionenmikroskop, bei dem die Spitze durch die Desorption von Monitorgas-Atomen abgebildet wird, werden bei der Atomsonde die chemisch gebundenen Atome der Probe selbst abgetragen. Da der Radius der Probenspitze nur 50 bis 100 nm beträgt und zwischen Spitze und Gegenelektrode eine Spannung von einigen kV anliegt, herrscht eine Feldstärke von 10 bis 50 GV/m [2]. Durch die Kombination mit einem elektrischen [3] oder Laser-puls [4, 5] werden einzelne Atome von der Spitze verdampft, deren Masse sich mit einem abbildenden Flugzeit-Massenspektrometer be-stimmen lässt; der Auftreffpunkt am Detektor liefert den Startplatz (Abb. 1). Die anschließende Rekon-struktion ermittelt die ursprüng-liche Zusammensetzung der Probe – atomar aufgelöst in 3D für Haupt- und Spurenelemente [6].

    Durchgesetzt hat sich das Prin-zip des „Local Electrode Atom Pro-be“ – LEAP™ [7], das auf die Gruppe um Tom Kelly (damals an der Uni-versity of Wisconsin – Madison) zurückgeht. Die Idee besteht darin, dass eine miniaturisierte Gegen-elektrode, die sehr nah an die Spitze gebracht wird, eine geringere Span-nung benötigt, um die gleiche Feld-stärke an der Probenoberfläche zu erzeugen. Eine geringere Spannung und geringere Kapazitäten erlauben besser definierte und schnellere elektrische Pulse und damit eine höhere Massenauflösung und kür-zere Messdauer. Zudem lassen sich mehrere Spitzen auf engem Raum auf einem so genannte Multi-Tip-Coupon montieren und durch das lokale Feld der Gegenelektrode selektieren. Abstand und Öffnung der „Local Elektrode“ betragen ca. 40 µm.

    Die erforderliche Pulsenergie bringt meist ein auf ca. 3 µm fo-kussierter UV-Laser direkt auf die Spitze. Je nach Material und gewählten Messparametern wird typischerweise ein Ion auf 5 bis 1000 Pulse verdampft (yield), bei Repetitionsraten von 100 bis 1500 kHz. Alternativ kann man möglichst kurze Spannungspulse auf das Potential zwischen Spitze und Local Electrode modulieren. Diese belasten die Spitze jedoch stark mechanisch, und bei Halb-leitermaterialien und Isolatoren [8] genügt die elektrische Leitfähigkeit nicht, um die erforderliche Feld-stärke innerhalb von Nanosekun-den an der Spitze auszubilden. Um eine Migration der Atome inner-halb der Probe zu unterbinden und den Untergrund niedrig zu halten, findet der Prozess stets im UHV bei niedrigen Temperaturen von ca. 50 K statt.

    Atomar aufgelöste Element- und Isotopenanalyse in 3DDie Atomsondentomographie erlaubt es, in nanoskaligen Bereichen die Stöchiometrie zu bestimmen und Spurenelemente quantitativ zu messen.

    Michael Wahl und H.-Ulrich Ehrke

    Abb. 1 Bei der Atomsondentomographie (APT, Atomic Probe Tomograhy) steht die zu untersu-chende kalte Probe (20 – 80 K) in Form einer schar-fen Spitze (Radius ca. 30 – 100 nm) mit geringem Abstand vor einer lokalen Elektrode. Durch die Kombinationen einer DC-Hochspannung und eines

    HV- oder Laserpulses werden einzelne Atome von der Spitze verdampft und mittels einer Flugzeit-messung massenselektiv nachgewiesen. Dieser Nachweis erfolgt ortsaufgelöst mit einer Zusam-menschaltung aus Vielkanalplatte und Delayline-Detektor.

    1. Stop

    ∆tyZeit

    2. StopStartHV Puls

    HV 2-15kV dc

    Probe in Spitzenform

    Laserpuls

    lokale Elektrode Vielkanalplatte

    m2

    Delay-Line-Detektor

    m1

    Dr. Michael Wahl, Projektmanager Auf-tragsforschung, In-stitut für Oberflä-chen- und Schicht-analytik IFOS GmbH, Trippstadter Straße 120, 67663 Kaisers-lautern; Dr. Hans- Ulrich Ehrke, Senior Product Specialist CAMECA GmbHCarl-von-Linde-Str. 42, 85716 Unter-schleißheim

  • © 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Best of Oktober 2014 1

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    Die Flugstrecke von der Gegen-elektrode zum Detektor kann entweder als gerade, feldfreie Drift-strecke ausgebildet sein, oder es kommt ein Reflektron zum Einsatz. Letzteres hat den Vorteil, dass es im spannungsgepulsten Betrieb die Energieunschärfe der Ionen kom-pensiert und dadurch eine weitaus besser definierte Massentrennung erlaubt. Das im LEAP verwendete Reflektron ist dank gekrümmter optischer Elemente energiefokus-sierend und bildet die Spitze auf dem Detektor [] mit einem großen Akzeptanzwinkel ab. Die direkte Flugstrecke erlaubt hingegen hö-here Pulsraten und kommt ohne Zwischengitter aus. Der Detektor besteht aus einer Vielkanalplatte, bei der das auftreffende Ion eine Elektronenkaskade auslöst. Der nachgeschaltete Delayline-Detektor

    bestimmt schließlich den Auftreff-punkt auf etwa 200 µm genau – dies entspricht rund 200 pm auf der Probe. Da eine Vielkanalplatte nicht alle auftreffenden Ionen nachweist, ist die Detektionswahrscheinlich-keit eines APT auf etwa 80 Prozent beschränkt. Da davon alle Ionen gleichermaßen betroffen sind, ist die gemessene Stöchiometrie nicht beeinträchtigt.

    Rohdaten sind also die Koor-dinaten x, y auf dem Detektor, die Flugzeit der einzelnen Ionen und die zeitliche Abfolge zueinan-der. Aus dem Radius der Spitze und der Abbildungsfunktion des Spektrometers lässt sich die Lage der einzelnen Atome an der Pro-benoberfläche rekonstruieren. Die Masse ergibt sich aus der Flugzeit, die z-Koordinate aus der zeitlichen Abfolge. Statistische Methoden erlauben es, die fehlenden Atome als Leerstellen zu ergänzen. Weitere Korrekturen sind durch verän-derliche Spitzenformen, unter-schiedliches Ablöseverhalten der Elemente und bei Schichtsystemen erforderlich. Die Weiterentwick-lung der Algorithmen ist Gegen-stand aktueller Forschung dieser sehr dynamischen Methode.

    Metallische Proben in Form dünner Drähte lassen sich durch elektrochemische Ätzverfahren in die gewünschte Spitzenform bringen. Meist wird jedoch die Focused Ion Beam Technik (FIB) für die Präparation eingesetzt, die

    es ermöglicht, einzelne Störstel-len, Phasengrenzen, elektronische Strukturen oder Defekte für die Analyse auszuwählen (Abb. ).

    Damit gewinnt die APT vor allem mit Blick auf die ständig steigenden Anforderungen an leis-tungsfähige Analyseverfahren in der Nanotechnologie deutlich an Bedeutung. Sie bietet die einzigar-tige Möglichkeit, die quantitative und hochempfindliche Analyse der chemischen Materialzusammenset-zung mit den zugehörigen dreidi-mensionalen Elementverteilungen zu verknüpfen und dabei eine ato-mare Tiefen- und Lateralauflösung zu erreichen. Die Methode eignet sich deshalb hervorragend, um die Zusammensetzung und Morpho-logie in kristallinen und amorphen Materialien und Nanostrukturen zu untersuchen, und birgt enor-mes Potenzial für die Forschung und Entwicklung im Bereich der Materialwissenschaften. Einige ausgewählte Beispiele sollen im Folgenden einige herausragenden charakteristischen Analysemög-lichkeiten der 3D-APT zur Unter-suchung von Dünnschichtsystemen bzw. dreidimensionalen Nanostruk-turen in der modernen Silizium-technologie sowie zur Altersbestim-mung in den Geowissenschaften vorstellen.

    Das erste Beispiel ist die 3D-Re-konstruktion einer polykristallinen Siliziumschicht (Abb. 3a). Die detek-tierten Atom- bzw. Molekülionen

    Abb. Fertige Präparation eines mehr-phasigen Materials als Spitze

    Abb. 3 a) 3D-Rekonstruktion der detek-tierten Atom- bzw. Molekülionen von O, P, SiO und PO eines Ausschnitts einer 100 x 70 x 10 nm großen polykristallinen Siliziumschicht, welche neben einer Oxid-schicht auch eine Korngrenze enthält. b) Quantitatives Tiefenprofil der Elemente Si, O und P, erzeugt aus einer quaderför-migen „Region of Interest“ (ROI), welche senkrecht zur sichtbaren Oxidschicht liegt.

    6 8 10 12 14 1605

    101520

    406080

    100

    Konz

    entra

    tion i

    n at%

    Tiefe in nm

    Si P O

    O

    P

    SiO

    PO

    50 nm

    ROI

    SiO2-Schicht

    Korngrenze

    a b

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    von O, P, SiO und PO sind als far-bige Kugeln dargestellt. Innerhalb des gezeigten Ausschnitts ist neben einer dünnen Si-Oxidschicht auch eine Korngrenze des Poly-Siliziums erkennbar. Sowohl an den Inter-faces zum Oxid als auch an der Korngrenze ist das als Dotierung vorhandene P deutlich angereichert (nominelle Bulk-Konzentration ca. 2 × 1020 cm–3). Dies ist ein deut-licher Hinweis auf eine inhomogene Verteilung des Dotierstoffes, die auch das angestrebte elektronische Verhalten des Bauteils beeinflusst. Aus der gezeigten 3D-Rekonstruk-tion des Analysevolumens lassen sich interessante Teilbereiche („Re-gion of Interest“, ROI) in Form z. B. von Zylindern, Quadern oder Ku-geln auswählen und in gesonderter Weise auswerten.

    Auf diese Weise lässt sich bei-spielsweise ein Tiefenprofil erhalten (Abb. 3b), wie man es im Prinzip auch aus der Sekundärionen-Mas-senspektrometrie (SIMS) kennt. Dabei wird die besondere Leis-tungsfähigkeit der APT sichtbar, denn das zugehörige Analysevolu-men des quantitativen Konzentra-tions-Tiefenprofils ist ein Quader, der senkrecht zur Oxidschicht orientiert, eine Länge von ca. 20 nm und eine Breite von nur 10 nm aufweist. Die Tiefenauflösung entspricht etwa der verwendeten Schrittweite bei der Berechnung der Konzentrationen und liegt hier bei etwa 0,5 nm. Das Tiefenprofil lässt eine etwa 1 nm dicke SiOx-Schicht erkennen, welche auf beiden Seiten von einer deutlichen P-Anreiche-rung eingeschlossen ist. Betrachtet man sich die Anordnung der Si-

    Atome innerhalb eines kristallinen Bereichs noch weiter im Detail, so erlaubt es die laterale Auflösung des Verfahrens hier sogar, die atomaren Netzebenen abzubilden.

    Neben einer solchen „Tiefenprofi-lierung im Computer“ bietet die APT eine Fülle weiterer Möglichkeiten, die insbesondere für die Untersuchung effektiv dreidimensionaler Struk-turen einzigartig und entscheidend sind, wie anhand des nachfolgenden Beispiels gezeigt wird.

    In Multilagensystemen („super-lattices“) aus SiOx/SiO2 (x < 2), die Silizium-Nanokristalle (SiNC) enthalten, erlaubt es die APT, die 3D-Verteilung von Silizium, Sauerstoff und Phosphor zu re-konstruieren (Abb. 4). Solche SiNC

    haben potenzielle Anwendungen in photonischen Systemen wie Solarzellen der dritten Generation. Die Rekonstruktion zeigt deutlich eine inhomogene Verteilung der Si-Atome, welche auf die gewünschte Ausbildung der SiNC hindeutet. Auch die P-Atome, die gezielt als Dotierung zugegeben wurden, sind inhomogen verteilt. Die Bereiche mit erhöhter P-Konzentration scheinen mit den Bereichen einer erhöhten Si-Konzentration zu korrelieren – ein Hinweis auf eine erfolgreiche Dotierung der SiNC. Eine Auswertung mittels Iso-Konzentrationsoberflächen für eine Si-Konzentration von 67 at% zeigt, dass die damit ausgewählten Vo-lumenbereiche mit einer größeren Konzentration nahezu kugelförmig und in Lagen mit Abständen von ca. 5 nm angeordnet sind, welche mit der ursprünglichen SiOx/SiO2-Multilagenstruktur korreliert.

    Zur weiteren Visualisierung der Lokalisierung der P-Dotierung innerhalb des 3D-Aufbaus lassen sich ausgewählte ROIs in Form von dünnen Scheiben mit einer Dicke von 4 nm sowohl senkrecht als auch parallel zu den Interfaces der SiOx/SiO2-Schichtfolge vergrößert darstellen (Abb. 5). Hier zeigt sich klar die räumliche Korrelation der

    Abb. 4 a) Rekonstruktion der 3D-Vertei-lung der Elemente Si (rot), O (blau) und P (grün) eines mit ATP gemessenen Aus-schnitts des Multilagensystems SiO2/SiOx .

    b) Visualisierung von Si-Nanokristallen durch die Darstellung von Si-Isoflächen (rot) mit Konzentrationen > 67%.

    Abb. 5 Visualisierung der räumlichen Korrelation der P-Dotanten (grüne Ku-geln) mit den SiNC anhand vergrößerter Teilvolumina in Form von Scheiben einer

    Dicke von 4 nm sowohl senkrecht als auch parallel zu den Interfaces der SiO2/SRO-Schicht folge.

    a b

    Si O P Siiso 67 %

    Y in nm–8 –6 –4 –2 0 2 4 6 8

    –15

    –10

    –5

    0

    5

    10

    15

    Z in n

    m

    86420

    –2–4–6–8

    X in n

    m

    Y in nm–8 –6 –4 –2 0 2 4 6 8

    86420

    –2–4–6–8

    X in n

    m

    Y in nm–8 –6 –4 –2 0 2 4 6 8

    SiO2

    SiOx

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    P-Dotanten mit den SiNC, welche nahezu ausschließlich in den SiOX-Schichten liegen.

    Zur quantitativen Ermittlung der lateral aufgelösten chemischen Zusammensetzung der SiNC wur-de zusätzlich die „Proxigramm“-Auswertung (Kurzform von „pro-ximity his togram“) [1] benutzt. Eine solche Auswertung für Sili-zium-Iso-Konzentrationsflächen von 67at% zeigt eine deutliche Konzentrationsänderung von Si, O und P beim Übergang von inner-halb der Iso-Fläche nach außerhalb (Abb. ). Für positive Abstände von den Iso-Flächen, gleichbedeutend mit innerhalb der Nanokristalle, liegen die Konzentrationen bei ca. 85 at% (Si), 15 at% (O) und 0,6 at% (P), für negative Abstände (d. h. außerhalb der NC) erreichen die Konzentrationen Werte von ca. 40 at% (Si), 60 at% (O) und 0,2 at% (P), was nahezu der Zusammen-setzung von SiO2 entspricht. Der ermittelte recht hohe Sauerstoff-anteil innerhalb der SiNC beruht sehr wahrscheinlich auf den unterschiedlichen Verdampfungs-feldstärken zwischen SiO2 und Si, welche zu lokalen Verzerrungen

    der Trajektorien der verdampften Ionen führen. Techno logisch be-sonders interessant ist die sichtbare deutlich erhöhte P-Konzentration im Interface zwischen Umgebung und Kernbereich des SiNC mit einem Maximum von 1,2 at% P, denn dies deutet auf eine mögliche Segregation der P-Atome hin, wel-che die optischen Eigenschaften ändern kann [11].

    Zu neuen Anwendungen

    Mit der Einführung von UV-Lasern wird APT seit 2010 zuneh-mend bei isolierenden Proben erfolgreich eingesetzt [8]. Damit erschließen sich keramische Werkstoffe und Anwendung in den Geowissenschaften. So las-sen sich Zirkonkristalle (ZrSiO) über die Uran-Zerfallsreihen datieren, indem man unter ande-rem die Isotopenverhältnisse des

    Abb. Proxigrammauswertung von Si-Iso-Konzentrationsflächen (Si > 67 %) der Elemente Si, O und P: Positive Ab-stände von der Isofläche entsprechen Positionen innerhalb der NC und nega-tive Abstände außerhalb der NC. Die horizontale grüne Linie repräsentiert die mittlere P-Konzentration im gesamten Analysevolumen.

    Abb. 7 Verschie-dene Vergröße-rungen eines 4,4 Milliarden Jahren alten Zir-konkristalls (a). An-hand des Isotopen-verhältnisses 20Pb/20Pb für die gesamte Probe (b) bzw. das Innere der analysierten Cluster (c) lässt sich die Entste-hungsgeschichte rekons truieren.

    1 0 –1 –2 –3 –40,0

    0,5

    1,0

    20

    40

    60

    80

    100

    Si O PKo

    nzen

    tratio

    n in a

    t%

    Abstand von der Isofläche in nm

    12000

    8000

    4000102,6 103 103,4 103,8 104,2 104,6

    m/q in amu/e

    160

    140

    120

    100

    80

    60

    40

    20

    0

    Zähl

    ereig

    nisse

    Zähl

    ereig

    nisse

    102,6 103 103,4 103,8 104,2 104,6m/q in amu/e

    206Pb, 207Pba b

    c

    Y Y

    1 µm

    100 n

    m20

    nm

    206Pb207Pb

    Y

    206Pb++

    Si2O3+

    207Pb++

    208Pb++

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    enthaltenen Bleis bestimmt. Die üblichen Methoden LA-ICP-MS und SIMS erreichen dabei eine räumliche Auflösung von typi-scherweise 50 µm bzw. 5 µm, mit NanoSIMS lassen sich Aussagen bis etwa 500 nm treffen. Eine kürzlich erschienene Publikation hat gezeigt, dass auch hier deutlich kleinräumigere Messungen neue Erkenntnisse liefern [12]. Unter-sucht wurde eine bereits datierte Probe, die vor 4,4 Milliarden Jah-ren (Ga) entstanden ist und deren Mantel etwa eine Milliarde Jahre danach erneut erwärmt wurde. Dies ermöglichte eine begrenzte Diffusion von „inkompatiblen Ele-menten“ zu Störstellen im Kristall, wie 10 bis 20 nm große Bereiche mit erhöhter Yttriumkonzentration zeigen (Abb. 7). Eine Auswertung von über 400 dieser Cluster bestä-tigt die These: Innerhalb entspricht das Isotopenverhältnis 207Pb / 206Pb unrealistischen 5,5 Ga, außerhalb 3,4 Ga und in Summe 4,4 Ga.

    Zusammengefasst fordert die Charakterisierung von Strukturen

    der heutigen Dünnschicht- und Nanotechnologie die zur Verfügung stehenden instrumentellen Oberflä-chen- und Schichtanalysetechniken bis an die Grenzen ihrer Möglich-keiten. Während Nachweisemp-findlichkeit und Ortsauflösung der etablierten Verfahren inzwischen manchmal nicht mehr ausreichen, um den Anforderungen gerecht zu werden, erweitern die heute kom-merziell verfügbaren modernen 3D-Atomsondentomographen die Grenzen des analytischen Mach-baren deutlich. Das eröffnet heraus-ragende Möglichkeiten zur quan-titativen und hochempfindliche Analyse der chemischen Material-zusammensetzung, kombiniert mit der dreidimensionalen Erfassung der zugehörigen Elementvertei-lungen bei fast atomarer Tiefen- und Lateralauflösung.

    DanksagungWir danken allen Kollegen und Projektpartnern, die zum Gelingen beigetragen haben, insbesondere den Mitarbeitern und Mitarbeite-

    rinnen des IFOS und des Appli-kationslabors von CAMECA in Madison.

    Literatur [1] E. W. Müller, Zeitschrift für Physik 102,

    11/12 (1936) [2] E. W. Müller, Zeitschrift für Physik 131,

    1 (1951) [3] E. W. Müller, J. A. Panitz und S. Brooks

    McLane, Rev. Sci. Instrum. 39, 83 (1968) [4] G. Kellog und T. T. Tsong, J. Appl. Phys.

    51, 1184 (1980) [5] B. Deconihout et al., Surface and Inter-

    face Analysis, Special Issue: Procee-dings of the 49th International Field Emission Symposium 12–15 July 2004, 39, 2 (2007)

    [6] D. Blavette et al., Science 286 (1999) [7] T. F. Kelly et al., Ultramicroscopy 62, 1

    (1996) [8] E. A. Marquis et al., Mat. Today 13, 34

    (2010) [9] P. Panayi, Curved Reflectron UK

    0509638.3 and US 60/682,863 [10] O. C. Hellman et al., Microscopy and

    Microanalysis 6 (2000) [11] H. Gnaser et al., Journ. of Appl. Phys.

    115, 034304 (2014) [12] J. W. Valley et al., Nature Geoscience 7,

    219 (2014)