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LEBENSMETHODE

© 2009 CAFHAlle Rechte vorbehalten.

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INHALTSVERZEICHNIS

1. METHODE, LEBENSMETHODE UND LEBENSWEISE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2. DAS BETEN UND DER ZUSTAND, IM GEBET ZU SEIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3. STUDIEREN, LERNEN UND LERNEN ZU LERNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

4. MANUELLE UND INTELLEKTUELLE ARBEIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

5. KÖRPERLICHES, MENTALES UND SPIRITUELLES TRAINING . . . . . . . . . . . . . . .16

6. RESPEKT UND REVERENZ VOR DEM LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18

7. VERANTWORTUNG UND ENTWICKLUNGSPROZESS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

8. GEORDNETES LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

9. ÄUSSERE INDIVIDUELLE METHODE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

10. MIT HARMONIE UND MÄSSIGUNG LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

11. MIT FREIHEIT LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

12. DAS NUTZEN DER ZEIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

13. IN FRIEDEN LEBEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

14. MENTALE OFFENHEIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

15. DIE ASKESE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

16. DIE MYSTIK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

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METHODE, LEBENSMETHODE UND LEBENSWEISE

1. Lehrtext

„Die Lebensmethode, welche Meditation, retrospektive Analyse und spirituelle Lektüre einschließt, verleiht geistige Ruhe, klares Urteilsvermögen in der Auswahl von Prioritäten und daher optimale Nutzung sowohl der körperlichen als auch der geistigen Energie. Dies Dominium über die eigene Energie ermöglicht die richtige Nutzung der Zeit.“ Methode, 1. Kapitel

Wenn wir uns dazu verpflichten, eine besondere Art und Weise des Handelns und Vorgehens einzuhalten, mit der Absicht ein Ziel zu erreichen, und wenn wir dies zu einer Gewohnheit machen, dann setzen wir unserem Leben einen Rahmen durch eine Methode. Eine Methode verleiht der Aufgabe, die wir vorhaben zu erfüllen, Effektivität, Schnelligkeit und Präzision.

Es ist eines der Merkmale, das wir bei der Methode von Cafh hervorheben können, dass es sich um eine individuelle und äußerliche Methode handelt. Indem sie individuell ist, passt sich die Methode von Cafh an die individuellen Eigenschaften, Möglichkeiten und Ziele an. Indem sie äußerlich ist, betrifft die Methode von Cafh weder die Privatsphäre, die Intimität noch die Freiheit des Fühlens und Denkens.

Die Methode von Cafh gründet sich auf die Lehre von Cafh und ist von asketisch-mystischer Art. „Asketisch“, weil sie ein Engagement voraussetzt sowie eine geordnete und regelmäßige Anstrengung, um auf positive Weise auf Verhaltensweisen und persönliche Tendenzen Einfluss zu nehmen. „Mystisch“, weil ihre Empfehlungen uns dahingehend orientieren, den Weg hin zur göttlichen Vereinigung durch eine bewusste und fortschreitende Partizipation mit allen Lebewesen zu gehen.

Die Methode von Cafh und der Vorsatz, der uns motiviert, diese zu befolgen, sind unsere Antwort auf Fragen, die aus unserer Sehnsucht nach innerer Entwicklung hervorgehen: Wonach suchen wir im Leben? Was tun wir, um dies Ziel zu erreichen? Warum bemühen wir uns? Wie ist unsere Beziehung zum Unbekannten: die Unermesslichkeit des Universums, die Mysterien der Existenz, geboren worden zu sein, zu sterben…?

Die Askese der Entsagung und die Mystik des Herzens sind untrennbare Konzepte der Methode von Cafh. Der Ausdruck „der Entsagung“ definiert die Beschaffenheit der Askese, eine Anstrengung, die dahin tendiert, die Ahnung davon, dass nichts dauerhaft ist, zu begreifen und zu assimilieren: weder Ideen, noch Gefühle, noch Taten, noch das Leben selbst. Dies Begreifen ist es, was uns innere Freiheit gibt, um die Aufgabe der inneren Entwicklung auf uns zu nehmen. Der Ausdruck „des Herzens“ definiert die Beschaffenheit unserer Mystik: Bewusstsein und Partizipation mit allem Existierenden, nicht nur durch unser Verstehen, sondern auch durch unser Fühlen und die Art unseres Handelns. Die Bezeichnungen „der Entsagung“ und „des Herzens“ drücken also das einzige Ziel der Methode von Cafh aus: die spirituelle Entwicklung derer, die sie praktizieren.

Das Ziel der Askese der Entsagung ist, die Entwicklung unseres Bewusstseins anzuregen, und es gründet sich auf den grenzüberschreitenden Sinn des Lebens, den uns die Mystik des Herzens gibt. Die Mystik des Herzens wiederum stützt sich auf eine asketische Arbeit der Entsagung und orientiert die Anstrengung bei dieser Entwicklung hin zu einer Vertiefung unseres Bewusstseins. Auf diese Weise hilft sie uns, nicht in Verhalten, Aktivitäten und Gefühle zu verfallen, die unserem Ziel entgegengesetzt sind, wie zum Beispiel Gefühle der Überlegenheit, die zu Diskriminierung führen oder der Wunsch uns abzusondern, zum Beispiel

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durch den Erwerb von psychischen Fähigkeiten, die der Mehrheit der Menschen mangeln. Wenn unser asketisches Bemühen sich nicht innerhalb des Rahmens der Mystik der Partizipation befände, könnten wir körperliche Kraft und Fertigkeiten entwickeln, Willenskraft, mentale Fähigkeiten, und doch zu gleicher Zeit weiter die Eitelkeit nähren, maßlosen Ehrgeiz, Intoleranz. Wenn unsere Mystik nicht eingebunden wäre in eine methodische und geeignete Askese, könnten wir unsere Arbeit der Innenschau zwar vertiefen, aber zeitgleich unsere Willenskraft schwächen sowie die Klarheit der Gedanken, die notwendig ist, um im alltäglichen Leben die Erträge der Innenschau anzuwenden. Wir könnten ein inneres Gefühl von mystischer Union erreichen und doch unsensibel sein gegenüber der uns umgebenden Wirklichkeit, entfernt von den Bedürfnissen derer, die um uns sind und uns möglicherweise ihnen sogar überlegen fühlen.

Die Mystik und die Askese, die Cafh uns anbietet als Grundlage unserer Lebensmethode führen uns dazu, erhellende Zustände zu suchen, die direkt verbunden sind mit der Partizipation mit den Personen, die uns umgeben und mit allen Lebewesen.

Unsere asketisch-mystische Methode ist wirksam als eine konzeptionelle und praktische Einheit.

Die Askese stärkt den Willen und die mentalen Funktionen, während die Mystik dem asketischen Bemühen transzendenten Sinn verleiht und das Bewusstsein erweitert.

Wir lernen die Methode anzuwenden durch die Lehrtexte, die Übungen und Praktiken, die erfahrene Cafh-Mitglieder uns in den Versammlungen, Retreats und persönlichen Besprechungen zukommen lassen. So werden wir vertraut mit den Konzepten von Anstrengung, Selbstbeherrschung und innerer Hingabe, die Grundlagen der Methode darstellen.

In der Kategorie als geförderte Mitglieder kommen wir mit der Methode in Kontakt durch das Studium der Lehrtexte und das Praktizieren der Meditation. Zudem nähren wir durch den Kontakt zu anderen Mitgliedern von Cafh, durch spirituelle Lektüre und das Studium der Lehrtexte jenes Sehnen, das uns auf diesen Weg geführt hat. Daher sagen wir, dass für die Kategorie der geförderten Mitglieder die Methode in erster Linie Wissen bedeutet. Dies Wissen zu vertiefen und die Verbindung zum Mystischen Körper von Cafh durch die Teilnahme an den Versammlungen lebendig zu halten, ist die Aufgabe derer, die zu dieser Kategorie gehören.

In der Kategorie der solitären Mitglieder vertiefen wir das asketische Bemühen und das Begreifen der Mystik. Durch Praktiken, die das Aufbringen von Zeit und die Teilnahme an Versammlungen, Retreats, spiritueller Orientierung und Meditation fördern, erweitert und kräftigt sich unsere Verbindung zum Mystischen Körper von Cafh. Das allgemeine Verhalten, die asketischen Praktiken, das Studium der Lehrtexte, die spirituelle Lektüre und der Kontakt mit anderen Cafh–Mitgliedern sind Teil einer dauerhaften Askese, die mit einer expansiven Mystik einhergehen. Unser Bemühen stützt sich auf die Sehnsucht nach innerer Entwicklung, den Wunsch zu helfen, lieben zu lernen und innere Freiheit zu pflegen.

In der Kategorie der Ordinierten öffnet sich uns die Möglichkeit, noch tiefer einzudringen in das Begreifen und die Praxis von Askese und Mystik. Das Gelübde der Entsagung, das Widmen von Aufmerksamkeit und Zeit für den Prozess der Entwicklung und das Kümmern um die Seelen führt dazu, dass die volle und erhöhte Verbindung zum Mystischen Körper von Cafh alle Aspekte unseres Lebens beeinflusst. Die Askese der Entsagung und die Mystik des Herzens geben unserem Verhalten Orientierung und nähren unser Fühlen und Denken. Die

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asketisch-mystischen Übungen integrieren sich derart in unser alltägliches Leben, dass die Grenzen zwischen unseren Praktiken und dem spontanen Erlebnis dessen, was wir verwirklichen wollen, verschwinden.

Durch Beharrlichkeit und Hingabe entwickelt sich unsere Erfahrung der Methode Schritt für Schritt, - ausgehend davon, ein konzeptioneller Rahmen für Entwicklung zu sein und sporadischen asketischen Übungen bis dahin, ein integrierter Ausdruck unseres Lebens zu sein, gleich welche unsere Kategorie bei Cafh auch sein mag.

Wir Mitglieder von Cafh haben die Gelegenheit, entsprechend unserem Streben nach innerer Entwicklung zu leben und die Methode, die Cafh uns anbietet, in unsere spontane Lebensmethode umzuwandeln.

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DAS BETEN UND DER ZUSTAND, IM GEBET ZU SEIN

2. Lehrtext

„dass Cassian die Lektüre als einen der vier Teile der Meditation betrachtete: Lektüre, Meditation, Gebet und Kontemplation.“ Methode, 13. Kapitel

„Die Meditation ist die innere Kraft der Seele und die Praxis der Meditation ist die Gewohnheit, welche die Seele hinführt zu einem meditativen Zustand.“ Methode, 12. Kapitel

„Die Mitglieder von Cafh bringen in ihre Familien, Arbeitsplätze und Freizeit diese Haltung der Partizipation ein und säen so, wo auch immer sie sind, das Samenkorn des Friedens und der Eintracht.“ Methode, 1. Kapitel

Zu Beginn unseres spirituellen Weges öffnet sich uns ein innerer Raum, in dem sich unser spirituelles Leben entwickeln wird. Ein wichtiger Teilbereich dieses inneren Raumes ist das Gebet.

Das Gebet umfasst jegliche Form, durch die wir unsere spirituelle Entwicklung anregen, indem wir unsere Gedanken und Gefühle auf das Transzendente hin orientieren; d.h. hin auf die Wirklichkeit, die jenseits unseres unmittelbaren Kontextes und direkter Interessen existiert.

In einem weiten Sinne könnten wir sagen, dass Beten bedeutet, mentale und affektive positive Energie hervorzubringen und diese Energie zum Wohle aller zu verbreiten.

Wir bezeichnen als Zustand, im Gebet zu sein einen solchen gewohnheitsmäßigen mentalen und affektiven Zustand, der gekennzeichnet ist durch innere Ruhe, ausgewogene Entschei-dungen, gute Gedanken und Gefühle.

Warum ist es so wichtig, das Beten zu praktizieren und in gewissem Maß den Zustand, im Gebet zu sein herbeizuführen?

Offizielle und wissenschaftlich begleitete Untersuchungen haben belegt, dass eine Person im Zustand des Gebets die elektrische Aktivität des Gehirns mindert, was dazu führt, dass sich sogenannte Alpha-Wellen manifestieren. Diese Wellen haben eine Frequenz von acht bis vierzehn Zyklen pro Sekunde, während diese Frequenz im gewöhnlichen Wachzustand vierzehn bis dreißig Zyklen pro Sekunde beträgt.

Das Funktionieren des Gehirns im Zustand der Alpha-Wellen, - gleichgültig wie dieser Zustand erreicht wurde -, erlaubt es uns, in wohltuender Weise auf unser biologisches Befinden und unseren Metabolismus Einfluss zu nehmen. Daher rührt auch die Popularität verschiedener Formen der Meditation und der Methode, Situationen oder angenehme Bilder der Natur zu visualisieren, die etwa den Verstand in Bewunderung versetzen und seine unermüdliche Aktivität beruhigen. Die systematische Praxis solcher Übungen hilft uns dabei, das Überborden unseres Verstandes zu kontrollieren, Emotionen zu besänftigen, körperliche Reaktionen und Stress, in den wir zu geraten pflegen, unter Kontrolle zu bringen. In Veröffentlichungen über neueste Untersuchungen bezüglich der Effekte von Meditation, versichern die Neurowissenschaftler, dass diese Übung günstige Veränderungen hervorbringt, sowohl im Gehirn, als auch für das Herzkreislauf- und Nervensystem. Diese Veränderungen modifizieren auf positive Weise die funktionalen wechselseitigen Bezie-hungen des restlichen Organismus.

Die Methode von Cafh schlägt für die Praxis des Gebets eine systematischere und profundere Vorgehensweise vor, als es die Praktiken tun, die den Verstand zur Ruhe bringen. Unsere

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Methode bringt uns dazu, einen Zustand des Gebets zu schaffen, der es erlaubt, in unser Inneres einzudringen, die Phänomene, die sich dort ereignen zu erkennen und sie positiv zu beeinflussen.

Das andächtige spontane Gebet, das laut gesprochene Gebet, das operative Gebet und die Meditation sind geeignete Übungen, das Beten zu praktizieren und den Zustand des Gebets zu entwickeln.

Das andächtige spontane Gebet entsteht in uns selbst, wenn wir das Göttliche mit unseren eigenen Worten anrufen.

Das laut gesprochene Gebet besteht darin, traditionelle Psalmen und Gebete mit lauter Stimme oder still, in Gedanken nachzusprechen. Diese Gebete sind mit der mentalen und spirituellen Energie unzähliger Menschen aufgeladen, die diese Gebete im Lauf der Jahrhunderte rezitiert haben.

Eine besondere Form des Gebetes in Gedanken besteht darin, im Geiste und in einem bestimmten Rhythmus Worte zu wiederholen. Zum Beispiel im Takt des Herzschlags im Geiste „Göttliche Mutter“ zu sagen, hilft uns einerseits dabei, unsere Konzentrationsfähigkeit zu fördern und andererseits, unsere Liebe auf das Göttliche hin zu orientieren. Sind wir in dieser Praxis beständig, so führt sie uns hin zu Kontemplation.

Das operative Gebet besteht darin, die Tätigkeiten, die wir während des Tages ausführen, in tätiges Gebet umzuwandeln und der Anstrengung, derer wir beim Handeln bedürfen, eine Absicht zu unterlegen. Zum Beispiel können wir Zeit und Mühe unserer täglichen Berufstätigkeit oder alltägliche Routine durch eine besondere Absicht zu einer Hingabe machen. In solchen Fällen ist es gut, sich mehrmals täglich dieser besonderen Absicht zu erinnern, die wir ausgewählt haben. Eine andere Möglichkeit des operativen Gebets, die wir während unserer alltäglichen Aufgaben umsetzen können, besteht darin, sowohl unsere Schwierigkeiten, als auch unsere Stärken mit einer liebevollen und andächtigen Intention hin- und abzugeben. Wenn wir uns zum Beispiel in einem überfüllten öffentlichen Verkehrsmittel befinden, beklagen wir uns nicht oder fühlen uns unwohl, sondern nehmen diese kleine Unannehmlichkeit gern in Kauf und lenken sie in die Intention, in Gedanken das Leiden der Kranken zu lindern. So sind wir nicht länger auf unsere Unannehmlichkeit und negative Gedanken konzentriert, sondern stattdessen darauf, mit positiver mentaler Energie den Menschen beizustehen, die diese Energie brauchen.

Auch die Meditation ist eine Form des Gebets.

Mit der diskursiven ebenso wie mit der affektiven Meditation wirken wir sowohl auf unsere gegenwärtigen Gedanken und Affekte ein, als auch vorausschauend, um ein zukünftiges Verhalten zu entwickeln, das im Einklang steht mit unserer Berufung, unser Bewusstsein zu erweitern.

In dem Kurs Nuancen des Gebets werden die Techniken dieser beiden Meditationsarten erklärt. Hier beschränken wir uns darauf, die Effekte hervorzuheben, die das Praktizieren dieser Übungen in uns bewirkt.

Stark vereinfacht könnten wir sagen, dass die diskursive Meditation ein Dialog ist, den wir in unserem tiefsten Bewusstsein, im Angesicht der göttlichen Gegenwart, führen.

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Die diskursive Meditation ruft zweierlei Wirkungen hervor. Auf der einen Seite erneuert sie durch die sieben Themen der Meditation die Werte, die für uns gelten. Auf der anderen Seite hilft sie uns dabei, in unser Inneres einzudringen über das Bild hinaus, das wir uns von uns selbst machen.

Die diskursive Meditation ist eine offene Tür, die sich hin zu unserer inneren Welt öffnet. Durch sie hindurch können wir unsere unbewussten Abwehrmechanismen überwinden.

Wenn wir uns selbst anschauen, so beobachten wir, da wir parteiisch sind, häufig nicht unser gesamtes Inneres und verleugnen, was wir nicht sehen wollen. Aber das, was wir nicht sehen oder nicht sehen wollen, besteht dort weiter und ist oftmals die Wurzel von Verwirrung, Unbehagen oder Unausgeglichenheit. Und könnte vielleicht auch die wichtigste Quelle unserer Möglichkeiten sein.

In dieser Meditation dient uns die Anrufung dazu, die Barrieren, die wir durch das Bild von uns selbst aufgerichtet haben, frei zu räumen. Wir sprechen aus, was uns widerfährt vor dem virtuellen Zeugen, den wir selbst auswählen – die Göttliche Mutter, Gott, die göttliche Gegenwart, der Kosmos – aber insbesondere sind wir Zeugen unser selbst. Das erlaubt es uns, solche Aspekte von uns selbst zuzulassen, die wir nicht mögen oder die wir nur mit Mühe anerkennen. In der Anrufung nehmen wir uns so viel Zeit wie wir brauchen, um auszudrücken, was uns geschieht. Manchmal ist die Anrufung eine tiefe Katharsis, die auch mit Tränen verbunden sein kann. Wir sollten diese Tränen nicht zurückhalten und auch nicht die Emotionen, die wir empfinden; im Gegenteil, es tut uns gut, frei hervorströmen zu lassen, was wir in unserem Inneren angesammelt hatten. Die Phase der Stille im Anschluss wird leicht werden, da wir schon alles ausgedrückt haben, was zu sagen war. Wir bleiben ganz einfach da und warten still, ohne Vorwegnahmen oder Erwartungen, ohne eine vorgefertigte Antwort vorzubereiten. Manchmal könnte die Meditation sogar hier schon enden, in diesem stillen Warten.

Die Antwort erscheint immer; manchmal im Anschluss an die Stille; manchmal kommt sie langsam oder mit der Zeit, aber immer erhalten wir eine Antwort.

Zum Beispiel: Wir möchten mit der Einstellung der Entsagung leben, haben jedoch Angst, diese Entscheidung zu treffen. In der Anrufung formulieren wir das und betrachten sowohl unser Sehnen, als auch unsere Angst. Wir sprechen es auf so viele verschiedene Weisen aus, wie es nur auszusprechen geht und wiederholen es Tag um Tag. Die Antwort erhalten wir nach und nach, als eine stets größer werdende innere Gewissheit darüber, was wir zu tun für richtig erachten. Wenn wir auf diese Weise zu einer grundlegenden Entscheidung gelangen, ist es unwahrscheinlich, dass wir diese einmal nicht erfüllen.

Da die Technik der diskursiven Meditation sehr einfach ist und da sie die erste Meditation ist, die wir lernen, geben wir ihr nicht immer die Bedeutung, die ihr tatsächlich zukommt und wir hören damit auf, sie zu praktizieren, wenn wir die affektive Meditation kennengelernt haben. Allerdings ist die diskursive Meditation immer sehr wertvoll für unsere Entwicklung und für unser mentales und emotionales Gleichgewicht.

Die affektive Meditation ist ein Instrument, das uns lehrt, Gefühle und Befindlichkeit willentlich zu steuern. Diese Fähigkeit bleibt nicht notwendigerweise auf den Moment des Meditierens begrenzt; wir können, derart geübt, vorherbestimmen, wie wir auf bestimmte Stimuli antworten werden, wenn sich diese präsentieren. Zum Beispiel: Wenn wir uns normalerweise über eine bestimmte Situation ärgern, dann können wir diese Situation zum Thema im Schritt der „Imagination“ machen und bei den „Vorsätzen“ und „Konsequenzen“ in

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uns eine Haltung der Ruhe und Empfänglichkeit gegenüber dem, was geschieht, hervorrufen. Die Praxis dieser Meditation macht uns bereit, auf solch ruhige Weise zu reagieren, wenn wir dieselbe Situation wieder zu konfrontieren haben. Ebenso können wir erreichen, tiefe Trostlosigkeit oder Mitleid zu empfinden angesichts einer Sichtweise, die uns normalerweise aufregt, auch wenn sie in Wirklichkeit leidvoll ist.

Indem wir auf bestimmte Stimuli willentlich ausgewählte Antworten hervorbringen können, erwerben wir uns nicht nur das Dominium über unsere Reaktionen und Gefühle, sondern wir verstehen auch besser, was uns in solchen Situationen geschieht und was um uns herum geschieht.

Ein weiterer positiver Effekt der affektiven Meditation ist, dass sie unser Denken so trainiert, dass wir die Art und Weise, in der wir unsere Gedanken organisieren, verbessern können. Wenn wir denken und auch wenn wir sprechen, weichen wir oft vom Thema ab, bevor wir es beendet haben, oder wir folgen Assoziationen, anstatt den Kurs dessen, was wir ausdrücken wollen, beizubehalten. Die Praxis der affektiven Meditation gewöhnt uns daran, eine logische und operative Sequenz in unserem Denken beizubehalten.

Das Gebet in jedweder Form leitet uns an, uns mit Natürlichkeit in der göttlichen Präsenz zu zentrieren, auf eine solche Weise, dass wir uns innerlich bei dem was wir denken, fühlen und tun begleitet fühlen. Die göttliche Gegenwart bringt mit sich alle Seelen der Welt in unseren Alltag hinein. Das Göttliche in unserem Inneren ist ein Echo der lebendigen Wirklichkeit, des unaufhörlichen Lebensflusses. Es ist das Natürliche, das Spontane, was durch die alleinige Tatsache erscheint, dass wir unseren inneren Blick auf die Göttliche Mutter gerichtet haben.

Im Zustand des Gebets zu leben bedeutet, Kohärenz zu entwickeln zwischen unserem Tun und unserem Sein; es bedeutet, unser Tun mit unseren gedanklichen Konstrukten in Einklang zu bringen. Der Zustand, im Gebet zu sein hilft uns, in der göttlichen Präsenz, in einer einzigen Wirklichkeit zu leben, der Wirklichkeit des geweihten Lebens, das unser Sein mit dem aller anderen Wesen vereint.

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STUDIEREN, LERNEN UND LERNEN ZU LERNEN

3. Lehrtext

(Die Mitglieder von Cafh haben die Pflicht,) “fleißig zu lernen und an den Aktivitäten der Tafel mitzuarbeiten.“ Regelwerk, Kapitel 6: Von den Pflichten und Wohltaten, Absatz C.

Um zu studieren, müssen wir eine willentliche und dauerhafte mentale Anstrengung vollbringen, mit dem Ziel ein besonderes Wissen zu erlangen. Dabei müssen wir sowohl auf die Einzelheiten achten, als auch auf die Bedeutungen und die Verzweigungen des Inhaltes des Studierten.

Eines der Ziele des Studierens ist das Erlangen von Kenntnissen; dies erfordert eine Methode des Ordnens, der Analyse und des Speicherns der Information, die wir erhalten. Außer dem Ziel Kenntnisse zu erlangen, um Fachwissen und spezifische Fähigkeiten zu erlernen, ist es ein weiteres Ziel des Studierens, das Lernen zu lernen.

Das Studieren bringt eine große Vielfalt von Aktivitäten mit sich: das Gedächtnis zu trainieren, zu beobachten, zu überprüfen, zu lesen, zu schlussfolgern und Information zu analysieren. Wenn wir studieren, mögen wir viele oder einige dieser Aktivitäten ausführen; aber immer ist irgendwie unsere Fähigkeit vernünftig zu denken beteiligt. Damit das Studieren die erwarteten Ergebnisse zeitigt, ist es aus der Sicht der Logik unentbehrlich, dass unsere Fähigkeit vernünftig zu denken hinreichend vorhanden ist. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Grad der Lernfähigkeit und der Fähigkeit vernünftig und logisch zu denken; die Fähigkeit vernünftig zu denken fördert die Lernfähigkeit und umgekehrt.

Wir erhalten Information auf vielfältige Art und Weise; weit verbreitet durch Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen; in schriftlicher Form durch das Lesen von Büchern und Veröffentlichungen; in elektronischer Form durch das Internet. Wir erhalten auch Information durch unsere alltägliche Interaktion mit anderen Personen, mit Ereignissen, an denen wir beteiligt sind, und mit Umständen, bei denen wir Zeugen sind.

Von unseren ersten Erfahrungen im Mutterleib an und im Verlauf unseres ganzen Lebens nehmen wir Kenntnisse auf. Einige werden zu Werkzeugen, die wir sofort anwenden, andere zu Vorabinformation für zukünftige Kenntnisse; andere sind lediglich statische Daten, die automatische Antworten hervorrufen; andere sind sehr vorübergehend, denn weil sie einer bestimmten Zeit und einem spezifischen Ort entsprechen, werden sie bald ungültig; wieder andere sind dagegen wesentliche Kenntnisse, die uns das ganze Leben begleiten. Jedenfalls sind alle Kenntnisse dynamisch und dem Nachdenken unterworfen; andernfalls verlieren sie Gültigkeit in unserem Leben. Nicht nur Daten, die unser Wissen ausmachen, aktualisieren sich; die Art und Weise, wie wir sie verstehen, erinnern und für gültig erklären, bewirkt, dass unser ganzes Wissen fließend ist, sich in einem ununterbrochenen Zustand der Aktualisierung befindet.

Weil wir leben, erhalten wir Information. Jedoch nicht immer analysieren und verarbeiten wir sie, um sie als wertvolles Wissen für unsere Entwicklung aufzunehmen. Das heißt, obwohl wir ständig Information erhalten, nehmen wir aktualisiertes Wissen nicht immer auf.

Freiwilliges Suchen von Angaben in Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Webseiten und elektronischen Dateien entspricht einem deutlichen Bedürfnis, Information zu erhalten und bildet die Grundlage des Studierens.

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Die Information, die uns erreicht, ist nicht immer objektiv; oft ist sie gefärbt durch Ideologien oder Interessen Macht habender Gruppen, auch werden häufig mangelnde Nachforschung und andere Fehler deutlich.

Die Verbreitung wissenschaftlicher Entdeckungen in den Massenmedien beinhaltet im Allgemeinen voreilige Schlussfolgerungen bezüglich ihrer Auswirkung auf die Menschheit. Im Allgemeinen werden diese Entdeckungen erst viele Jahre nach dem Erhalt der ersten Ergebnisse angewendet und manchmal ergeben sie keinen wirklichen Nutzen. Meistens ist das Ziel der Veröffentlichung dieser Neuheiten die Werbung für Dienstleistungen oder Produkte und die sind unsere Aufmerksamkeit nicht wert.

Anderseits sind die Tatsachen, die in der Welt geschehen und die uns in tatsächlicher Zeit erreichen, dynamisch und informieren uns über Ereignisse die, da sie sehr reichhaltig und verschiedenartig sind, dazu neigen, unsere Fähigkeit überzustrapazieren, sie aufzunehmen und zu analysieren. Bewusst oder unbewusst begrenzen wir das, was wir beobachten, erinnern und analysieren.

Meistens nehmen wir Information so auf, dass sie in unserem Verstand wie ein Korken in der Strömung eines Flusses dahintreibt; oder wir filtern, verdünnen oder vergessen sie. Aber wenn Information uns direkt betrifft, pflegen wir darauf Einfluss zu nehmen, wie sie zu deuten ist, indem wir die Folgen analysieren, die diese Information in unserem Leben haben kann, ohne ihre sozialen, regionalen und globalen Folgen zu berücksichtigen oder an ihnen interessiert zu sein.

Um mit Gewinn zu lernen, müssen wir unsere Fähigkeit der Analyse und Kritik entwickeln, bezüglich dessen, was wir hören, lesen, sehen und erleben. Das Anhäufen von Information ohne Analyse, von Erlebnissen ohne Nachdenken und das bloße Vorübergehen der Zeit reichen für das Lernen nicht aus, weil das Lernen eine absichtliche Anstrengung mit sich bringt, um neues Wissen zu erlangen, um das, was wir zu wissen glaubten, auf neue Weise zu verstehen.

Außer dem Erwerb von Information beinhaltet Lernen, die Information, die wir erhalten, in einen bedeutungsvollen Kontext zu stellen; es beinhaltet, sie anzuwenden zu wissen, Kenntnisse aus ihr herleiten und schlussfolgern zu können. Können wir uns zum Beispiel mit der Kenntnis zufriedengeben, die jährliche Anzahl der Hungertoten zu kennen, ohne dabei ein größeres Verständnis der menschlichen Situation zu erlangen und eine Veränderung des Verhaltens zu erreichen, das dieses Verständnis widerspiegelt? Können wir uns zufriedengeben, wenn wir die Angabe der jährlichen Anzahl der Personen haben, die wegen ihrer Situation als passive Raucher sterben und dabei selbst nicht aufhören, in Anwesenheit Dritter zu rauchen?

Diese Überlegungen bringen die emotionale Intelligenz zur Sprache. Die emotionale Intelligenz vervollständigt und vergrößert die Fähigkeit logisch vernünftig zu denken; wenn wir sie entwickeln, lernen wir sowohl auf analoge Weise als durch Partizipation.

Mit Gewinn zu lernen, bedeutet, zu studieren, das Gelernte in die Praxis umzusetzen und unsere Fähigkeit zu entwickeln, an der Welt, in der wir leben, teilzuhaben und teilzunehmen. Wenn wir mit Gewinn lernen, integrieren wir Kenntnisse, regen die edelsten Gefühle an und integrieren auch positive Verhaltensweisen.

Wir Mitglieder von Cafh erhalten eine Methode und eine Lehre, die Werte wie mentale Weitsicht, Studieren und partizipatives Verhalten hervorheben. Es ist unsere Verantwortung,

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was wir innerhalb dieses Rahmens der konzeptionellen und spirituellen Weite tun, die uns Cafh bietet.

Eine offene Einstellung beim Erhalten der Information, bei ihrer Auswahl und Klassifizierung zu haben, ohne uns durch Umfang und Sensationalismus verwirren zu lassen, führt uns dazu, sie mit Logik und Sinn für Partizipation zu analysieren. So erlangen wir brauchbares Wissen, das sich gestaltet innerhalb des sozialen und spirituellen Umfeldes, das wir brauchen, um ein verantwortliches und liebevolles Verhalten zu entwickeln.

Wir lernen vom Leben in analoger Weise, indem wir Empathie entwickeln, wie auch durch die Fähigkeit zu beobachten und zu analysieren, wobei wir verschiedene Standpunkte einnehmen und unsere und die Erfahrung anderer Menschen mit einbeziehen. So assimilieren wir nützliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die unser Wissen vervollständigen und die uns nützlich für die Gesellschaft machen.

Das Lernen zu lernen ist der Beginn eines fortwährenden Prozesses des partzipativen Lernens, bei dem sowohl das Intellektuelle und das Logische als auch das Gefühlsmäßige unserem letzten Ziel der Union und Partizipation dienen.

Das Lernen bietet uns Befähigung; durch vollständige und aktualisierte Befähigung gelangen wir zur Gelehrsamkeit. Eine Lebensweise zu schaffen, die fortwährend Wissen und Befähigung aktualisiert und die bewirkt, dass wir folgerichtig handeln, gibt uns Weisheit. Das Lernen zu lernen wird so zu einer Lebensgewohnheit.

Dieser Prozess muss sich in unserer Seele mit Hilfe des Gebets konsolidieren, das uns das letzte Ziel des Wissens und des Lernens zu lernen nicht vergessen lässt: unsere aktive und spirituelle Partizipation mit allen Seelen auf Erden.

LEBENSMETHODE – AUSGABE 2009 12

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MANUELLE UND INTELLEKTUELLE ARBEIT

4. Lehrtext

„Es ist sehr zufriedenstellend, nach einem intensiven Arbeitstag erschöpft zu Bett zu gehen und die wohl verdiente Ruhe zu genießen.“ Methode, 4. Kapitel

Die Methode von Cafh hat unsere vollständige Entwicklung zum Ziel. Wenn wir von Arbeit sprechen, beziehen wir uns darum sowohl auf manuelle, als auch auf intellektuelle Arbeit. Für diejenigen unter uns, die vorwiegend eine intellektuelle Arbeit ausüben, empfiehlt die Methode, uns jeden Tag eine Zeit für manuelle Arbeit zu nehmen. Für diejenigen, die vorwiegend mit manuellen Tätigkeiten befasst sind, empfiehlt sie eine tägliche Zeit der intellektuellen Arbeit. Und uns allen empfiehlt sie Studieren, Meditieren und Beten.

Die Empfehlung, täglich manuelle Arbeit auszuführen, ist also vor allem an diejenigen gerichtet, die intellektuell tätig sind.

Manuelle Arbeit auszuüben, ist ein Mittel, um unsere Vorurteile über die Arbeit zu hinterfragen, um Empathie, Partizipation und Verantwortung zu entwickeln.

Die Arbeit ist ein Teil unseres Lebens, da sie unverzichtbar für den Lebensunterhalt und die Entwicklung der Gesellschaft ist. Trotzdem verbinden wir mit ‚Arbeit’ nicht immer positive Gedanken und Empfindungen. Im Gegenteil, wir tendieren dazu, die Arbeit als eine Last zu betrachten, die das Leben schwer macht; wir stufen die Arbeit danach ein, wie viel wir dafür bezahlt bekommen und welche gesellschaftliche Position wir durch sie erreichen können.Diese Kategorisierung hat im Lauf der Geschichte zu schmerzlichen Situationen und Konflikten geführt, die immer noch unter uns bestehen. Macht zu nutzen, um das Privileg zu erhalten, nicht oder so wenig wie möglich zu arbeiten, führt zu Ausbeutung der einen durch die anderen, und, was noch trauriger ist, zur Ausbeutung von Kindern. Auf der anderen Seite betrachten wir das Fehlen von Arbeit lediglich als ein wirtschaftliches Problem, ohne zu begreifen, dass keine Arbeit zu haben so ist, als hätte man kein Recht zu leben oder an der Gesellschaft teilzuhaben.

Während wir diese ungerechte Situation beibehalten, brauchen auch diejenigen unter uns, die auf manuelle Arbeit verzichten könnten, diese gleichwohl, um empathisch und anteilnehmend mit denen zu sein, die uns durch wenig anerkannte und schlecht entlohnte manuelle Arbeiten versorgen.

Wir sind bereit zu großen Anstrengungen, um Arbeiten auszuführen, die uns Anerkennung bringen und nach Möglichkeit keine Routine bedeuten. Gleichzeitig scheint es uns in Ordnung, dass viele Menschen ihr Leben damit zubringen, uns routinemäßige, wenig anregende und schlecht bezahlte Dienstleistungen zu erbringen. Mangelnde Anerkennung der Würde, mangelnde Chancengleichheit und Arbeitsteilung führen dazu, dass diese Situation so fast überall in den Gesellschaften der Welt von heute vorzufinden ist.

Bei einem Treffen von Cafh- Mitgliedern sprach unser spiritueller Leiter anlässlich dieses Themas darüber, dass wenn man darum bitten würde, dass eine Aufgabe erfüllt werden solle, die uns wichtig erscheint, viele dazu bereit wären, sie zu erledigen; würden wir aber darum bitten, dass jemand täglich die Krümel unter dem Tisch aufkehren solle, wäre die Zahl derer, die sich dafür anbieten, wesentlich kleiner. Diese Betrachtung ist nicht nur damit verbunden, dass wir eine Arbeit wichtiger finden, wenn sie Dankbarkeit oder Bewunderung durch andere weckt, sondern auch, dass wir diskriminieren, wenn wir nur höhergestellter Arbeit

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Wert zuerkennen.

Arbeit ist Arbeit, sei sie bezahlt oder auch nicht. Trotzdem ist es häufig so, dass wir die Aufgaben, die im Haushalt, für Ernährung und Wäschepflege der Mitbewohner notwendig sind, gar nicht als Arbeit betrachten, auch wenn dafür oft mehr Zeit benötigt wird, als für einen bezahlten Arbeitstag.

Die manuelle Arbeit hilft uns dabei, mit den Dingen und Räumen, die wir benutzen, verantwortlich umzugehen. Die Tätigkeit, diese Räume zu reinigen, zu ordnen, zu pflegen und instand zu halten, macht uns die Verantwortung bewusst, die wir für all das haben, was uns zur Verfügung steht, dank der Arbeit, die andere direkt oder indirekt für uns erbracht haben oder noch erbringen. Außerdem zeigen wir durch das Einhalten von Ordnung und Sauberkeit in den Räumen, die wir benutzen, Respekt für uns selbst und für andere, die diese Räume mit uns teilen, denn die Flächen, die wir belegen und das Ambiente, das wir dort gestalten, stellen die kleine Welt dar, die wir für uns selbst und für diejenigen, mit denen wir zusammenleben, erschaffen.

Täglich eine Zeit der manuellen und der intellektuellen Tätigkeit zu widmen, hilft uns, unsere körperliche und geistige Gesundheit zu erhalten.

Körperliche Aktivität ist unverzichtbar, um unser Herzkreislaufsystem gesund zu erhalten. Da wir durch den technischen Fortschritt der Gesellschaft immer mehr Tätigkeiten im Sitzen ausführen, bietet uns die tägliche manuelle Arbeit die Möglichkeit, durch sie einen Teil der Übungen auszuführen, die einerseits unser Körper braucht und die gleichzeitig unserem Lebensraum und den Dingen, die wir benutzen, zugute kommen.

Ebenso helfen uns manuelle Tätigkeiten und geeignete körperliche Übungen, einseitige Effekte auszugleichen, entstanden durch Beschäftigungen, bei denen wir lange stehen müssen oder die wir mit ungünstiger Haltung ausführen, so dass sich Probleme der Knochen, des Kreislaufs, der Atemwege oder der Nerven ergeben.

Die manuelle Arbeit ist auch eine Quelle für unsere Kreativität, nicht nur beim Gestalten unserer Räume, sondern auch dabei, uns selbst zu versorgen, mit Dienstleistungen und Aufarbeitungen sparsam zu sein und auf diese Weise Ressourcen zu schaffen, die über reine Schönheit hinaus gehen. Zum Beispiel: Manche Leute, die in Wohnungen leben, pflanzen Kräuter in Blumentöpfen an; diejenigen, die genügend Erdboden zur Verfügung haben, betreiben oft einen kleinen Gemüsegarten; und wer Werkzeuge zur Verfügung hat, führt selbst einfache Reparaturen am Haus aus.

Es gibt Tätigkeiten, die jeden Tag getan werden müssen, wie z.B. aufräumen und sauber machen. Es gibt auch Tätigkeiten, für die Fähigkeiten notwendig sind, über die nicht jeder von uns verfügt. In solchen Fällen ist die Aufgabe, etwas zu lernen, was ich bisher nicht konnte, eine gute Übung für unseren Geist und oft auch eine spirituelle Übung, wenn wir bei dieser Lernaufgabe unsere Ungeduld bewältigen müssen oder die Entmutigung, wenn wir nicht so schnell so geschickt werden, wie wir möchten.

Es ist gut, wenn wir mit Effizienz und Verantwortung arbeiten, dennoch sollte die Arbeit nicht unser einziges Thema und Ziel sein und sollte uns auch nicht derart beanspruchen, dass sie uns von sozialer Interaktion abhält, die wir brauchen, um eine partizipative und empathische Beziehung zu unseren Mitmenschen zu haben.

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Die Methode von Cafh empfiehlt uns, ein ausgeglichenes Leben zu führen. Arbeiten und Ausruhen bedeuten einen ähnlichen Rhythmus wie der des Atmens. Wir müssen schlafen, um körperliche und psychische Energien wieder herzustellen, die wir während des Tages verbrauchen; ebenfalls brauchen wir in der Woche eine Zeit für Zerstreuung und gesunde Entspannung sowie eine längere Erholungszeit pro Jahr. Letztere gibt uns die Gelegenheit, darüber nachzudenken, was wir bis zu diesem Moment gemacht haben und was uns die Zukunft bereit halten kann. Außerdem bietet uns ein Urlaub die Möglichkeit, Abstand zu nehmen von unserem gewöhnlichen Leben und Empfinden, um unsere Perspektive zu erweitern und über den Sinn nachzudenken, den wir unserem Leben geben. Diese spirituelle Arbeit hält unsere Reflexionen aktuell.

Die manuelle Arbeit ist ein Werkzeug, das wir für unsere mentale Hygiene nutzen können.Uns auf konkretes Handeln zu konzentrieren, befreit unsere Aufmerksamkeit von Angelegenheiten oder Problemen, die uns besorgt machen oder verwirren. Die Zeit der manuellen Arbeit verschafft uns eine Ruhepause von Themen, die uns erschöpfen und stellt auch eine Distanz her, die uns zu mehr Gelassenheit verhilft, wenn wir uns dann wieder mit ihnen befassen.

Die intellektuelle Arbeit ist unerlässlich für unsere mentale Gesundheit. Es ist sogar so, dass wenn wir wegen unseres Alters oder körperlicher Bedingungen nicht arbeiten können, uns nahegelegt wird, unseren Geist aktiv zu halten durch Lernen, Lesen, eine künstlerische Tätigkeit oder andere Beschäftigungen, die uns unterhalten und gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit und Urteilsvermögen anregen.

Mit der intellektuellen Arbeit trainieren wir verschiedene Fertigkeiten: Durch Unterscheiden, Assoziieren und Studieren entwickelt sich unsere Vernunft; durch Imagination und Kreativität ist auch unser Empfinden beteiligt.

Die intellektuelle Arbeit zum Erwerb von Kenntnissen ist eine Art, unseren Geist zu entwickeln. Die spirituelle Lektüre hilft uns dabei, neue Bereiche kennenzulernen und unsere Sichtweisen zu erweitern. Das Studium der menschlichen Geschichte enthüllt uns, wie wir bis zum gegenwärtigen Moment gelangt sind, zeigt uns unsere „Schulden“ gegenüber dem kulturellen Erbe, das wir erhalten und lehrt uns auch, Fehler der Vergangenheit zu erkennen, die wir nicht wiederholen sollten.

Die Meditation ist eine Arbeit unseres Verstandes an unserem Verstand, um in unser Verhalten das aufzunehmen, was uns gut tut und das zu lassen, was uns schadet. Die Meditation hilft uns auch, schmerzliche Umstände in unserem Leben zu akzeptieren und über Entscheidungen, die wir treffen müssen, nachzudenken.

Das Gebet ist eine Arbeit, die wir tun, wenn wir unsere mentale Energie auf die Verwirklichung eines bestimmten spirituellen Zieles anwenden, sei es durch mentales oder handelndes Gebet. Letzteres besteht darin, einer Anstrengung, die uns eine Arbeit abverlangt, die wir gerade verrichten, eine spirituelle Intention zu verleihen.

Die Verpflichtung zu unserer Berufung mobilisiert unseren Körper, unseren Geist und unser Herz in einer vollständigen spirituellen Arbeit, die den Kreis schließt, den wir mit unserer Arbeit des Lebensunterhaltes auf dieser Erde begonnen haben.

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KÖRPERLICHES, MENTALES UND SPIRITUELLES TRAINING

5. Lehrtext

“ Durch die äußere Disziplin werden sie die innere Befreiung erreichen.“ Methode, Kapitel 1.

Der Prozess der spirituellen Entwicklung erfordert von uns eine andauernde, gewissenhafte und ehrliche Arbeit an uns selbst, sowohl im mentalen und körperlichen als auch im spirituellen Bereich.

Die Anregungen, die wir erhalten, rufen in uns Gedanken und Gefühle hervor, die sich auf solche Art und Weise miteinander durchkreuzen, dass wir oft nicht mehr wissen, ob wir von uns aus denken oder ob wir von Gedanken-Gefühle-Wellen eingenommen werden, die wir nicht verlassen können und die in uns Reaktionen hervorrufen, die wir mit unserer Art und Weise zu sein gleichsetzen. Jedenfalls empfinden wir aus Gewohnheit, dass wir diese Zusammensetzung von Gedanken, Gefühle und Reaktionen sind und akzeptieren, mit dieser Deutung zu leben.

Anderseits ist das moderne Leben immer komplexer geworden. Das Wachsen der Städte, mit der folgerichtigen Zunahme der Bevölkerungsdichte, hinzugefügt die Umweltverschmutzung, die stillsitzenden Arbeiten sowie die Veränderungen im Lebensrhythmus und in den Gewohnheiten der Ernährung gefährden die körperliche und mentale Gesundheit. Trotz des Wissens über den menschlichen Körper und den Fortschritt der Medizin kommen diese negativen Aspekte vor.

Infolgedessen, um unsere körperliche und mentale Gesundheit beizubehalten, müssen wir eine angemessene mentale Arbeit verwirklichen und gesunde Lebensgewohnheiten praktizieren.

Die Wissenschaftler und Intellektuelle, die in ihren Fachgebieten hervorragen und sich in sehr konkurrenzierenden Milieus bewegen, um Erfolg zu haben, rechnen nicht nur mit ihren angeborenen Begabungen, sondern müssen sich auch einer genauen Disziplin des Studiums und einer beharrlichen und andauernden Arbeit unterwerfen, um ihre Fähigkeit des vernünftigen Denkens zu entwickeln.

Im Bereich der Kunst, wo die natürliche Veranlagung und die angeborenen Fähigkeiten des Künstlers wesentlich sind, sind das Lernen, der Fleiß und die Vervollkommnung einer Technik unentbehrlich für die Qualität seines Werkes, egal egal ob es sich um Musik, Malerei oder Literatur handelt.

Ein Leistungssportler weiß, dass er nicht nur seine Muskeln trainieren, sondern auch Übungen für die Stärkung seines Herzens und seiner Atmung machen muss, sich einer strengen Diät unterwerfen und zusätzlich an der Disziplin seines Verstandes arbeiten, um die Konzentrierung zu erlangen, die sein Sportart erfordert.

Ebenso müssen wir mit dem Körper und dem Verstand arbeiten, damit sie unserem spirituellem Ziel dienlich sind und wir in unserer Entwicklung vorankommen.

Übungen, die den Verstand in Zucht halten, wie Meditation und retrospektives Examen prädisponieren uns für Zustände der klareren Wahrnehmung und ermöglichen uns, Lehren aus unseren Erlebnissen zu gewinnen.

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Ein verantwortungsvolles Verhalten bezüglich unseres Körpers veranlasst uns gesunde Praktiken auszuüben, wie übliche Spaziergänge, Turn- und Atmungsübungen, Handarbeit, geeignete Ernährung, übliches Studieren und ausreichender Schlaf, außer den spirituellen Übungen. Diese Praktiken werden in unserer Methode empfohlen, weil sie von großer Bedeutung für die körperliche und mentale Gesundheit sind.

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RESPEKT UND REVERENZ VOR DEM LEBEN

6. Lehrtext

„Die Entwicklung der Fähigkeit, fremde Meinungen zu respektieren, nicht zu kritisieren, die Bereitschaft zur Teamarbeit, die Anerkennung des Rechts der anderen sich zu äußern, sind nicht nur Tugenden, sondern erforderliche Bedingungen, um an der Zusammenkunft der Seelen von Cafh zu partizipieren.“ Methode, Kapitel 1.

„Die Mitglieder von Cafh erweisen ihren Respekt und ihre Reverenz dem Planeten, der das Leben des Menschen erhält, durch die Mithilfe in der Erhaltung und Instandhaltung ihrer Stabilitätsradien und indem sie sich um das Erbe der Natur in der Welt kümmern.“ Methode, Kapitel 2.

Wir alle nehmen und haben teil an der Gesamtheit der Menschen, aber weder leben wir alle auf die gleiche Art und Weise, noch haben wir die gleiche Auffassung von uns selbst und der Welt. Lasst uns einige Haltungen und unsere Beziehung zur uns umgebenden Wirklichkeit betrachten.

Ungeachtet der bemerkenswerten gegenwärtigen Mittel der Nachrichtenübermittlung wissen viele Personen in verschiedenen Ländern und Kontinenten nicht wirklich, was in der Welt geschieht. Nicht jeder von uns ist informiert über soziale Prozesse, technologische Fortschritte, den Zustand der Volkswirtschaft und Ereignisse, die einen großen Raum in den Massenmedien einnehmen; auch kennen wir nicht die Moden und Geschehnisse des Augenblicks. Wegen der Eigenart unserer sozialen Situation, wegen mangelnder Bildung oder Stress kümmern sich viele von uns hauptsächlich darum, unseren Grundbedürfnissen nachzukommen.

Auch kommt es vor, dass wer eine gewisse Ausbildung erhalten hat, wer darüber informiert ist, was in seinem sozialen Umkreis, in seinem Land und der Welt geschieht, trotzdem nicht immer die verworrenen, in der gegenwärtigen komplexen Welt existierenden Verhältnisse versteht oder sich für sie interessiert. Obwohl die Entwicklung der Gesellschaft uns nutzt, wir über angemessene wirtschaftliche Mittel für die Erfüllung unserer Bedürfnisse verfügen und unserem Leben gewisse Annehmlichkeiten verschaffen, reicht unsere Aufmerksamkeit oft nicht weiter als bis zu dem, was sich als unser Vorteil auswirkt.

Es kann auch sein, dass viele von uns, obwohl wir über ein beachtliches Maß an Fachwissen verfügen und aktuell gut informiert sind, die Wirklichkeit je nach unserem intellektuellen oder ideologischen Maßstab interpretieren, mit dem wir uns identifizieren, und so in unserer eigenen mentalen Scheinwelt bleiben, entfernt von dem, was die Welt betrifft.

Wir haben eine intellektuelle Vorstellung vom Leben und verbringen es, indem wir auf die Welt reagieren, die wir in unserem Verstand geschaffen haben und die nicht immer mit dem etwas zu tun hat, was in der Gesellschaft tatsächlich geschieht.

Dennoch entwickeln wir und viele Menschen, unterschiedlichen Bildungsstandes und unterschiedlicher sozialer Situation, Respekt vor uns selbst, vor den anderen, vor dem Leben und vor dem Planeten. Wir bemühen uns, es zu schaffen, ein integriertes und partizipierendes Leben zu führen, das über die gegenwärtigen sozialen, ökonomischen und kulturellen Unterschiede hinausgeht.

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Innerhalb dieses Kontextes gehen wir Mitglieder von Cafh unseren Weg der spirituellen Entwicklung. Wir verstehen, dass wenn wir die Welt als ein Szenarium betrachten würden, um unsere eigenen Projekte zu erfüllen, diese Verwirklichung uns kein tieferes Bewusstsein verschaffen würde. Wir begreifen, dass, auch wenn wir über das, was in der Welt geschieht, aktuell informiert sind, wenn wir nicht arbeiten an unserer übertriebenen Selbstwertschätzung und der Art und Weise, wie wir die Dinge betrachten , - Charaktermerkmale, die uns normalerweise verleiten zu missbilligen, zu disqualifizieren und zu diskriminieren – wir innerhalb einer sehr beschränkten und entstellten Wahrnehmung verbleiben. Diese Art der Wahrnehmung ist von Nachteil sowohl für unser Verhältnis zu den anderen als auch für unsere spirituelle Entwicklung.

Diese Situation zu verstehen bringt uns dazu, dass wir uns unserer Grenzen bewusst werden sowie der Tatsache, dass wir untrennbar sind von der Welt, in der wir leben. Deshalb schätzen wir keinen Umstand gering, den wir erleben müssen, weil er uns nicht gefällt oder uns keine direkten Vorteile verschafft, sondern jedes Ereignis, das wir erleben, erhält Bedeutung und gibt uns etwas zu lernen. Diese Lehre der Partizipation, der Inklusion, der Akzeptanz und des Kennens unser eigenen Grenzen ist die Grundlage unseres Respekts vor dem Leben in allen seinen Aspekten.

Der Respekt vor dem Leben, der mit dem Respekt vor den anderen beginnt, ist das Mittel, das uns die Methode von Cafh gibt, damit wir allmählich Bewusstsein erlangen von der sichtbaren und unsichtbaren Vernetzung der Wirklichkeit, in der wir uns befinden, und auch damit wir nach und nach gründlicher werden in der Kenntnis unseres Selbst.

Respektieren bedeutet, den anderen Raum zu geben, ihren Ideen, Überzeugungen, Denk- und Empfindungsweisen. Dieser Respekt beginnt wirklich zu werden, wenn wir die Personen respektieren, die uns am nächsten stehen: Verwandte, Arbeitskollegen, Gefährten auf unserem spirituellen Weg und Mitglieder der sozialen Gruppe, der wir angehören.

Respektieren beinhaltet, die Grenzen unseres Wissens und unserer Erfahrung innerhalb des Kontextes unserer Kultur und unseres Fachwissens einzugestehen. Es schließt auch mit ein, die Bemühungen anzuerkennen, die die Menschheit geleistet hat, um dahin zu gelangen, wo wir uns heutzutage befinden sowie die Anstrengungen, die wir bewältigt haben, um sowohl diese Kenntnisse zu erlangen als auch unsere Erfahrungen umzusetzen.

Respektieren bedeutet auch, uns unserer Fähigkeit zu lernen bewusst zu bleiben sowie bescheiden zu bleiben bei Scheitern, Erfolg und Fehlern, die wir begehen, wenn wir versuchen, über die Grenzen unserer Wahrnehmungsfähigkeit und unseres Verständnisses hinauszugehen.

Zu wissen, dass wir nicht unfehlbar sind, dass wir Fehler machen aus Unwissenheit, Mangel an Vorsorge oder weil wir nicht a priori die Konsequenzen unserer Handlungen bedacht haben, (ermöglicht uns die Einsicht in menschliche erlaubt uns die Anerkennung unserer menschlichen Beschaffenheit. Diese Einsicht regt uns an, jeden Einzelnen in seinem Kontext zu verstehen und uns gegenseitig zu helfen, falls nötig den Kurs zu korrigieren, unsere Mängel auszugleichen und solche Erfahrungen, die allen schaden, nicht zu wiederholen.

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Das Dasein zu respektieren bedeutet, jeden Moment unseres Lebens sowie das Leben der anderen zu respektieren. Deshalb vergeuden wir weder unsere Zeit noch die Zeit der anderen. Sogar unsere Momente des Ausruhens und der Entspannung fügen sich in den gesamten Kontext der Bedeutung ein, die wir dem Leben geben.

Unseren Lebensraum zu respektieren ist ein Aspekt unserer spirituellen Entfaltung. Die bedeutsamen Fortschritte im menschlichen Zusammenleben und in der Lebensqualität wurden teilweise dadurch erzielt, dass der Einfluss unseres Lebensraums auf unser Handeln und unsere Beziehungen verstanden wurde. So wie die Keimfreiheit eines Operationssaals grundlegend für den Erfolg einer Operation ist und die Hygiene der Küche grundlegend für die gute Qualität der Speisen, so bringt das Erhalten von Schönheit und Funktionstüchtigkeit von Orten und Dingen, die wir benutzen, unseren Respekt denjenigen gegenüber zum Ausdruck, mit denen wir zusammenleben.

Wir, die wir ein spirituelles Ideal haben, neigen dazu, materielle Dinge unterzubewerten, ohne dabei zu beachten, dass alles im Leben einen Wert hat. Die materiellen Dinge sind nicht nur Ergebnis der Aufopferung derjenigen, die sie hergestellt haben, sondern auch derjenigen, die sie entworfen haben, um unser Leben angenehmer zu gestalten, damit wir uns mit mehr Effizienz unseren Aufgaben widmen können. Dies Bewusstsein veranlasst uns, ihren Wert zu respektieren, sie zu pflegen und gut instand zu halten. Die Mehrzahl der Dinge, die wir benutzen, überdauern uns und sind für das Leben anderer Personen wertvoll. Denken wir daran, wie viel Anstrengungen die Menschen im Laufe der Zeit unternommen haben, um uns von einem elementaren, ausschließlich auf die Beschaffung von Nahrung und Unterkunft zentrierten Leben, bis zu den Möglichkeiten zu bringen, über die wir gegenwärtig verfügen, um angenehmer zu leben, unsere Gesundheit zu pflegen, unsere Fähigkeiten zu entwickeln sowie unser Wissen und unsere Chancen zu mehren.

Die Natur und die Umwelt zu respektieren beinhaltet, uns der Veränderungen bewusst zu sein, die wir durch unser Handeln verursachen. Auch wenn jegliches Tun sich auf die Umwelt auswirkt, können wir doch so handeln, dass die Auswirkung, die wir generieren, zukünftigen Generationen nicht schadet, besonders wenn wir den deutlichen Anstieg der Bevölkerung bedenken, der mittelfristig vorauszusehen ist.

Wir verfügen schon über die Mittel, um eine tragfähige Welt zu bewahren, die eine harmonische Entwicklung der Menschheit auf Erden ermöglicht und wir verfügen auch über Mittel, um teilweise den Schaden zu beheben, den wir der Welt schon zugefügt haben. Verantwortlich zu handeln und dabei die Harmonie der Umwelt, der wir angehören, zu respektieren heißt, den Bereich zu respektieren, in dem wir uns entfalten.

Die Regeln des Zusammenlebens zu respektieren, an dem Ort, an dem wir leben, gestattet uns, unsere individuelle Verantwortung zu entwickeln. Eben diese Verantwortlichkeit ist die Grundlage unserer Freiheit in Bezug zur Gesellschaft. In dieser Hinsicht ist es gut die Haltungen zu überprüfen, die uns veranlassen, herrschende Gesetze und Regeln zu missachten; zum Beispiel, sich nicht an die Vorschriften des Straßenverkehrs zu halten, zu versuchen uns in einer Warteschlange nach vorn zu mogeln oder bevorzugt bedient zu werden, Steuern oder Dienstleistungen nicht zu bezahlen. Sicherlich wird diese Überprüfung uns ermöglichen, die Aspekte unseres Verhaltens zu erkennen, die nicht nur unserer Entwicklung schaden, sondern vornehmlich dem Leben der anderen und dem harmonischen Funktionieren der Gesellschaft.

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Der Respekt uns selbst gegenüber, den anderen, der Umwelt, dem Leben gegenüber, kann mit keiner Form der Gewalt überein gebracht werden.

Im Prozess der spirituellen Entwicklung gibt es keinen Raum für Gewalt. Wenn in uns Anzeichen von körperlicher, emotionaler oder ideologischer Gewalt auftreten, wird es erforderlich, dass wir gründlich und unverzüglich daran arbeiten, den Ursprung dieser Zeichen herauszufinden, um unser Leben sinnvoller und ausgeglichener zu gestalten. Auf diese Art und Weise können wir gewaltsamen Impulsen entgegenwirken und uns so vor deren möglichen Folgen schützen. Unsere Methode gibt uns Mittel an die Hand, um Ursachen des gewaltsamen Ausdrucks zu ermitteln, um solches Verhalten zu entwickeln, das uns von Gewalt entfernt und unserem Leben Sinn gibt. Gewalt wird von Verständnislosigkeit und Sinnlosigkeit genährt. Gewaltlosigkeit erwächst aus dem Verständnis und dem Sinn für Partizipation, den wir unserem Leben verleihen.

Das Vertrauen zu respektieren, das andere in uns haben, bedeutet, treu gegenüber den Verpflichtungen zu sein, die wir auf uns nehmen. Diese Treue schafft ein Verhältnis der Glaubwürdigkeit, das die Gestaltung miteinander geteilter Bedeutungennprägt.

Eine Haltung und eine Praxis des Respekts sind die Grundlage unserer Partizipation an dem Mystischen Körper von Cafh.

Wenn respektvolles Verhalten sich als natürliche und authentische Art und Weise zu denken, zu empfinden und zu handeln verkörpert, verwandelt es sich in Reverenz. Mit anderen Worten gipfelt das Ende des Prozesses des zunehmenden Respekts vor Personen, vor unseren Lebensumständen, vor dem Dasein und allem, was zu diesem beiträgt, in der Reverenz vor dem Leben.

Respekt und Reverenz gestalten unsere Hingabe an das Werk von Cafh. Wir bringen die Treue gegenüber der Berufung in unserer Reverenz des Göttlichen zum Ausdruck. Wir respektieren das Leben auf konkrete und praktische Art und Weise, mit der wir unseren Sinn für Partizipation deutlich machen.

Ein chinesisches Sprichwort lautet: „Wenn du Wasser trinkst, erinnere dich an die Quelle.“ Ebenso können wir sagen, dass Respekt und Reverenz aus unserem zunehmenden Bewusstsein von der göttlichen Quelle entstehen, die uns Leben gibt und nährt.

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VERANTWORTUNG UND ENTWICKLUNGSPROZESS

7. Lehrtext

“Das Recht der Mitglieder von Cafh, Teil des Mystischen Körpers zu sein, hat die Verantwortung zur Folge, sich den Anspruch auf dieses Recht zu schaffen. Die Mission der Söhne und Töchter, das Werk von Cafh in der Welt zu verwirklichen, erfordert die Fähigkeit zur Teilnahme an harmonischen Gruppen, deren Mitglieder das Ziel haben, Aufgaben zu verwirklichen und nicht die Oberhand über andere zu erlangen.“ Methode, Kapitel 1.

Laut Wörterbuch bedeutet Verantwortung die in jeder rechtlich aktiven Person vorhandene Fähigkeit, die Konsequenzen einer freiwilligen Tat zu erkennen und zu akzeptieren. In weiterem Sinne bedeutet in diesem Lehrtext Verantwortung zu übernehmen, unsere Situation als Individuen anzuerkennen, die einer größeren Gesamtheit – der Menschheit – angehören, von der wir Güter, Dienste, Gefühle, Schutz und Ausbildung erhalten und zu der wir im Maße unserer Möglichkeiten beitragen müssen. Innerhalb dieses Kontextes beinhaltet die Übernahme von Verantwortung auch, die Folgen der Tatsache zu akzeptieren, ein integratives Teil der Menschheit zu sein. Wir haben kein individuelles, von der Gesamtheit getrenntes Schicksal. Individuell unterschiedlich kann unser Leben besser, länger oder kürzer sein, wir können mehr oder weniger Privilegien genießen. Aber als Teil einer Gesamtheit erleiden wir alle das, was die Menschheit erleidet, und das, was die Menschheit voranbringt, bringt uns alle voran. Es ist, wie in einem Zug mit zwei oder mehr Klassen zu fahren. Auch wenn einige von uns in einem Wagen reisen und andere in einem anderen, fahren wir alle zum gleichen Ziel und teilen die Umstände der Reise. Von diesem Standpunkt aus gesehen sind die Entwicklung des Sinns für Verantwortung und die spirituelle Entwicklung Bestandteile des gleichen Prozesses.

Die Verantwortung, die wir übernehmen, wenn wir in der Gesellschaft leben, wird offensichtlich, wenn wir vor Gericht gestellt werden, weil wir die Gesetze oder gesetzmäßig festgelegten Bestimmungen missachtet haben. In diesen Fällen erlegt uns die Gesellschaft mittels der Justiz die Strafen auf, die unserem Fehlverhalten entsprechen.

Dennoch büßen wir nicht immer in unmittelbarer Weise für unsere Übertretungen der Gesetze. Obwohl jede Übertretung soziale Kosten hat, erkennen wir nicht immer die Verantwortung an, die uns für diese Kosten zufällt. Es gibt gesetzliche Verantwortungen, die erst eine Anzeige erfordern, um berücksichtigt zu werden. Wenn zum Beispiel nach einer Scheidung ein Elternteil die finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllt, die es gegenüber seinen Kindern hat, wird eine Anzeige erforderlich, damit die Justiz tätig wird. Solche Fälle zeigen uns, dass die Erfüllung unserer Pflichten für uns nicht immer eine Priorität darstellt, selbst wenn das gegen Logik und Ethik verstößt. Dieses Verkehren von Prioritäten wird noch offensichtlicher, wenn es um die Erfüllung von ausschließlich moralischen Verpflichtungen geht, die keine andere Strafe haben, als den Tadel der anderen, weil wir unausgesprochene Normen unserer Kultur verletzen.

Mitglied der Gesellschaft zu sein, in der wir leben, bedeutet, zumindest deren Gesetze sowie die Folgen von Gesetzwidrigkeiten zu akzeptieren. Auch wenn diese Verantwortlichkeit verordnet ist, so ist sie erforderlich, um auf zivilisierte und harmonischeWeise zusammenzuleben und dies öffnet uns eine Tür zu einer noch tiefer gehenden Partizipation. Können wir unseren Sinn für Verantwortung steigern? Können wir aus freien Stücken eine soziale und spirituelle Verantwortlichkeit übernehmen, die uns mit allen Menschen verbindet?

LEBENSMETHODE – AUSGABE 2009 22

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Wenn wir uns bewusst werden, dass wir Teil eines Netzwerkes sind, das uns mit den Individuen verbindet, die die Gesellschaft bilden, wenn wir beginnen, die Wirkung unserer Handlungen auf unsere Umgebung zu verstehen, dann entsteht in uns das Bedürfnis, auf immer vollständigere Weise die Verantwortung zu übernehmen, die unsere Partizipation in der Menschheit bedeutet.

Die Praxis der Methode von Cafh fördert unseren Sinn für Verantwortung bezogen auf uns selbst, unsere Familie, die Gesellschaft, in der wir leben, bezogen auf alle Wesen und unsere Anwesenheit auf Erden.

Die Methode von Cafh bietet uns das retrospektive Examen und die Meditation als Mittel zur Erforschung unserer Verhaltensweisen im Verhältnis zu unserer Berufung, uns zu entwickeln. Diese Mittel helfen uns, Übereinstimmung herzustellen, zwischen dem, was wir tun und dem, was wir anstreben. An Zusammenkünften und Retreats teilzunehmen und sich Lesen, Lernen und Selbstbeobachtung als Verhaltensweisen anzueignen, verankert uns in unserem Prozess der Entwicklung.

Die Verantwortung, aufrichtig mit uns selbst zu sein, ist sehr wichtig für unsere Entwicklung. Wenn wir unser Ideal auf die Illusion stützen würden, ein perfektes Bild von uns selbst zu erreichen, würde das in Frustration und Enttäuschung enden. Das bekannte Buch von Oscar Wilde „Das Bildnis des Dorian Gray“ schildert ein Beispiel dieser traurigen Situation: Nicht den Mut zu haben, das anzuerkennen, was wir wirklich sind, um ein ideales Abbild von uns selbst zu behalten. Unser Leben dagegen auf der Wirklichkeit unserer tatsächlichen Gedanken, Gefühle und konsequenten Handlungen zu gründen, ermöglicht nicht nur, sie offensichtlich zu machen, sondern sie ständig zu verbessern und unser Ideal durch konkrete und deutliche Tatsachen zu aktualisieren.

In dem Maße, wie wir unseren Sinn für Verantwortlichkeit entwickeln, nimmt unsere Fähigkeit zu, aufrichtig zu sein. Und umgekehrt werden wir umso verantwortlicher, indem wir aufrichtiger werden. Dieser Zirkelschluss des wohltuenden Feedbacks begleitet unsere Art und Weise, Verantwortung zu verstehen, bis diese über ein tugendhaftes Verhalten hinaus zu unserer Seinsweise wird.

Die Treue zu unserer spirituellen Berufung ist für uns der Weg, um den Sinn für Verantwortung zu erweitern, denn in dem Maße, wie wir uns voll und ganz für unsere Berufung einsetzen, verschwinden unsere Ausreden für das Vermeiden unserer Verantwortung. Wir versuchen, auf kohärente Art und Weise mit uns selbst und der uns umgebenden Wirklichkeit zu leben.

Die Verantwortung ist eine Last, wenn wir träumen, uns von ihr zu befreien. Sie ist eine Pflicht, wenn wir unser eigenes Urteilsvermögen aussetzen und es durch ängstliche Abhängigkeit von Gesetzen und Anweisungen anderer ersetzen. Sie ist eine Aufgabe, wenn wir uns in das, was geschieht, einbezogen fühlen. Sie ist eine Pflicht, wenn wir erkennen, was wir von der Gesellschaft bekommen haben. Sie ist eine Verpflichtung, wenn wir uns beim Entdecken unserer Berufung als Teil der Gesamtheit erkennen.

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GEORDNETES LEBEN

8. Lehrtext

“ Beim Aufwachen sei ihr erster Akt eine innige Erhebung der Gedanken an die Göttliche Mutter; danach bemühen sie sich, ihre Zeit so aufzuteilen, dass es ihnen möglich wird, durch die verantwortungsvolle Erfüllung ihrer täglichen Pflichten und der in dieser Methode empfohlenen asketischen Praktiken, sich weitgehend der Entwicklung des spirituellen Lebens zu widmen.“ Methode, Kapitel 1.

Was uns jeden Tag passiert, die wechselhaften Ereignisse, über die wir manchmal klagen und die uns ein andermal erfreuen, sind im Allgemeinen keine zufälligen Vorfälle, Ergebnis eines beliebigen Schicksals. Meistens ist das, was uns passiert, das synergetische Ergebnis der Ursachen, die unsere Handlungen, Gedanken und Gefühle ausgelöst haben.

Synergie ist die Handlung, die aus zwei oder mehr Ursachen entsteht, und deren Auswirkung stärker ist als die Summe der einzelnen Auswirkungen. Die synergetische Auswirkung kann positiv oder negativ sein. In unserem Leben hat die Synergie positive Ergebnisse, wenn sie sich innerhalb eines Ordnungsgefüges und Prioritäten ergibt, die spirituelle Prinzipien und Entwicklungsziele erkennen lassen.

Wenn wir Hausarbeit erledigen oder mit Verkehrsmitteln fahren, um unser Büro, unsere Werkstatt oder Schule zu erreichen, wenn wir Sport treiben oder ein Konzert, eine Filmvorführung oder ein Theaterstück besuchen, sogar wenn wir in ein Museum gehen, an einem Picknick oder Unterricht teilnehmen, wenn wir studieren oder vieles andere tun, so tun wir es gemäß einer vorgegebenen Ordnung, die von der Mehrheit von uns akzeptiert und durch die Regeln des bürgerlichen Zusammenlebens gültig gemacht wird.

Dennoch widersetzen wir uns manchmal der Ordnung, die uns bei unserer Entwicklung hilft. Anderseits denken wir manchmal, dass alles geregelt sein müsste und dass jegliche Verletzung der Ordnung, die wir festgelegt haben, getadelt werden sollte.

Tatsache ist, dass jegliche von uns entfaltete Aktivität eine Ordnung voraussetzt. Sogar gewöhnliche Aktivitäten basieren auf einer Ordnung, die durch die Kultur, die familiäre Erziehung und die persönlichen Charakteristika der Individuen bewirkt wird. Ebenfalls entsprechen spezialisiertere Aktivitäten einer besonderen Ordnung, die wir lernen müssen, wenn wir sie in gekonnter Weise ausführen wollen. Handwerker haben andere Ordnungssysteme als Tätige im Gesundheitswesen. Aber alle guten Fachleute folgen einem Ordnungssystem in ihren Arbeiten.

Wenn wir uns anschicken, an unserer Entwicklung zu arbeiten, wenden wir eine Lebensmethode an. Diese Methode entspricht der Notwendigkeit, zu Handlungs- und Denkweisen sowie Gefühlsäußerungen anzuleiten, die unser Leben auf das Ziel richten, das wir uns vorgenommen haben. Unsere Methode bringt nicht mit sich, dass unsere Handlungen und unser Verhalten einem strengen System unterworfen werden, eher handelt es sich um ein Ordnen der Zeit und des Raumes, in denen sich unser alltägliches Leben entfaltet und das uns ermöglicht, Verhaltensweisen, Aktivitäten und räumliche Gegebenheiten an die Aufgaben anzupassen, zu deren Verwirklichung unsere Berufung uns anregt.

Ordnung im materiellen Bereich bezieht sich darauf, wo sich die Dinge befinden, die wir zum Leben benutzen. So wie Gegenstände, die wir in der Küche benutzen, nicht im Badezimmer sein sollten, erwarten wir auch keine Töpfe im Schlafzimmer. Die zweckmäßige Anordnung

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der von uns gebrauchten Gegenstände erhöht die Effizienz, mit der wir die Zeit verbringen, um unsere Aufgaben zu erfüllen. Ein ausgezeichnetes Beispiel ist die Anordnung des chirurgischen Instrumentariums, das bei einer Operation verwendet wird und dass es hierfür eine spezialisierte Fachkraft gibt. Diese Fachkräfte kennen nicht nur das geeignetste Instrument für jeden chirurgischen Eingriff, sondern auch dessen beste Platzierung, um so unverzüglich darüber verfügen zu können.

Ein weiterer Zugang zu Ordnung ist der ästhetische Aspekt. In einer Wohnung kann die Einrichtung eine mehr oder weniger gastliche Atmosphäre ausmachen. Selbst wenn wir zu Hause nur wenige Gegenstände haben, so bereitet uns eine gute Ordnung verbunden mit Sauberkeit der Räume auf ein klares und geordnetes inneres Leben vor und verleiht uns Würde. Anderseits sollten wir daran denken, dass der Anschein einer guten äußeren Ordnung nicht immer ein Zeichen innerer Ordnung ist.

Die äußere Ordnung unseres Lebens hilft uns nicht nur mit Effizienz die Zeit zu gebrauchen, sie trägt auch zum Funktionieren unseres Gehirns bei. Wenn wir uns äußerlich ordnen, entsteht eine synergetische Kraft, die uns hilft, uns auch innerlich zu ordnen. Eine gute mentale Ordnung hebt die Tendenzen hervor, die unser Verhalten anregen, und hilft uns, diese auszugleichen, damit sie dem Vorsatz entsprechen, der uns beseelt. Unsere Gedanken zu ordnen bedeutet nicht, dass wir alle auf gleiche Weise denken sollten, sondern dass wir unser mentales Funktionieren auf solche Inhalte richten, die für die spirituelle Entwicklung bedeutsam sind, und auf die Möglichkeit, uns den Aufgaben, die wir jeweils gerade erledigen, mit Verantwortung und Effizienz zu widmen.

Die in der Methode empfohlenen Übungen helfen uns, die Gedanken zu ordnen und die Gefühle zu orientieren, damit sie mit dem Ziel unserer Entwicklung übereinstimmen. Außerdem hilft uns eine unserer Berufung entsprechende, geordnete Denk- und Fühlweise unsere Zeit zu ordnen; das heißt, die Wach- und Schlafzeiten nach dem von uns gewählten Rhythmus zu regulieren sowie mit dem Nachdruck, den wir jeder von unseren Aktivitäten verleihen wollen. Dementsprechend ordnen wir in konsequenter Weise die Mittel und Gegenstände, die wir benutzen, damit sie als Werkzeuge unserer Berufung wirken.

In dem Maße, wie wir die Methode anwenden, wird das Ordnen des Lebens zu einem Rhythmus. Außer dem Ordnen von Zeit und Dingen ordnen wir die Gedanken und verleihen ihnen einen positiven Inhalt, ordnen wir unsere Gefühle und machen sie expansiver, ordnen wir unsere Handlungen und vervielfachen unsere Effizienz und Arbeitsfähigkeit.

Der Rhythmus unseres Daseins ist ein Merkmal der Harmonie, die aus der gesamten Ordnung unseres Lebens entsteht.

Yehudin Menuhin hat gesagt, dass die Musik Ordnung aus dem Chaos mache, weil der Rhythmus dem Abweichenden Einstimmigkeit auferlegt, die Melodie dem Unzusammenhängenden Kontinuität auferlegt und die Harmonie dem Zusammenhanglosen Kompatibilität auferlegt. 1

Wir können eine Parallele ziehen zwischen den Konzepten von Menuhin über die Rolle des Rhythmus, der Melodie und der Harmonie in der Musik und dem Ziel unserer Methode hinsichtlich der Ordnung unseres täglichen Lebens. Die Methode ermöglicht, dass es Rhythmus in unseren täglichen Beschäftigungen gibt, indem sie uns hilft, Zeiten festzulegen für Entspannung und für Aktivität, für Studieren und Vergnügens, für Nahrungsaufnahme und

1 Yehudi Menuhin (1916-1999). London Times. Violinist und Dirigent ursprünglich US-nordamerikanischer, später schweizer und britischer Staatsangehörigkeit.

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für den Körper geeignete Übungen sowie für mentale Aktivitäten, die unseren Intellekt und Geist entwickeln. Sie hilft uns auch, Einheit in Absichten, Zielen und Handlungen herzustellen. Bildlich gesprochen bringt die Methode in unser Leben eine Art von Melodie, die unsere Tage mit klaren Vorsätzen und konsequenten Handlungen auszeichnet. Weil unsere Methode sich an die Erfordernisse jedes Einzelnen von uns anpasst, hilft sie uns auch Harmonie zu schaffen, auch wenn wir im gegenwärtigen hektischen Leben vielfältige und sogar scheinbar unvereinbare Aktivitäten ausführen müssen.

Einige Beispiele für Rhythmus in unserem Leben: Zeit zum Beten, Zeit zum Lernen, Zeit für Handarbeit, Zeit zum Entspannen und Zeit zum Ausruhen.

Einige Beispiele für jene Art Melodie, die unsere Tage auszeichnet: Zu beten, während wir reisen; während des Tages gewohnheitsmäßige Stille zu praktizieren (das heißt, zu sprechen, wenn es angebracht ist und nicht zu reden des Redens wegen); die Meinungen der anderen zu respektieren, sogar wenn sie der unseren widersprechen; uns in geeigneter und gemäßigter Weise zu ernähren, um unsere Gesundheit zu bewahren; die Umwelt, in der wir uns bewegen, zu pflegen, indem wir sie verschönern und respektieren.

Einige Beispiele für Harmonie in unserem Leben: Während der täglichen Aktivitäten mehrmals einige Momente für einige wenige Sekunden innezuhalten, um zu erinnern, wer wir sind und welches unser Ziel ist; indem wir eine gute Körperhaltung einnehmen die Aktivitäten im Sitzen zu nutzen, um uns zu entspannen; auch bei den Beschäftigungen zu Hause keine körperlichen Aktivitäten scheuen, um unseren Körper zu stärken; die Fähigkeit entwickeln, durch Zuhören zu lernen, insbesondere wenn wir eine leitende Rolle innehaben, in unserer Rolle als Elternteil, Lehrer oder Vorgesetzter; den Dialog zu praktizieren, der uns hilft Konfrontation zu vermeiden und die Entfaltung von miteinander geteilter Bedeutung fördert.

Erinnern wir uns an die Konfuzius zugeschriebenen Worte: „ ...... wer an die Gefahren der Unordnung denkt, behält eine gute Ordnung bei“.2 Lasst uns auch erinnern, dass wir eine gewisse Ordnung schaffen müssen, um positiven Einfluss auf unser Leben zu haben, auf das was uns passiert und betrifft. Aber nicht irgendeine Ordnung, sondern eine solche Ordnung, die unsere Entwicklung fördert.

2 Konfuzius 551 – 479 v. Chr. Chinesischer Philosoph, Verwalter und Moralist.

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ÄUSSERE INDIVIDUELLE METHODE

9. Lehrtext

“ Cafh ist eine Versammlung von Seelen, die ihre innere Befreiung durch eine äußere individuelle Methode suchen.“ Regelwerk, Paragraf 2.

Herkömmliche Bräuche, Kultur und Gewohnheiten gestalten in uns Verhaltensmuster aus, die unser ganzes Leben beeinflussen. Die Erziehung und die familiären Gebräuche bewirken, dass wir uns von Kindheit an auf gewisse Weise verhalten. Gleichzeitig erwerben wir durch unsere Interaktion mit der Gesellschaft kulturelle Charakteristika, die in den meisten Fällen althergebracht und gefestigt sind. Dies alles bewirkt, dass wir Gewohnheiten annehmen, die wir für unsere eigenen und für natürlich halten, obwohl wir sie vom sozialen Umfeld erhalten haben.

Wenn wir immer am selben Ort leben, sind wir uns manchmal nicht einmal unserer Gewohnheiten bewusst. Einige von uns leben und sterben mit ihnen, ohne zu bemerken, dass unser Verhalten durch ein Vorbild gekennzeichnet ist, welches wir unbewusst übernommen haben. Wenn wir sagen, „ich bin, wie ich bin“, sollten wir in Wirklichkeit sagen, „ich bin so, wie ich geprägt wurde“. Dies zu bemerken, ist ein grundlegender Schritt bei dem Zugeständnis, dass wir einem Verhaltensmuster folgen, das unsere individuelle und soziale Entwicklung bestimmt.

Wenn wir uns von dem Ort entfernen, wo wir leben und andere Sitten kennenlernen und Personen anderer Kulturen begegnen – sogar wenn wir in ein anderes Gebiet innerhalb unseres eigenen Landes umziehen – werden für uns die Unterschiede offensichtlich, die unser Verhaltensmuster hat in Bezug auf zahlreiche andere vorhandene Verhaltensmuster. Zweifelsohne sind die Unterschiede größer, wenn die Kulturen, mit denen wir in Kontakt kommen, uns sehr fremd sind und sich an Orten mit ganz anderen Anforderungen hinsichtlich des Verhaltens entwickelt haben. In diesen Fällen neigen wir sofort dazu, die Stärken und die Schwächen von Verhaltensmustern zu vergleichen und beurteilen, die anders sind als unsere eigenen. Da wir der Ansicht sind, dass unsere Verhaltensweise die richtige ist, meinen wir im Allgemeinen, dass Handlungsweisen, die anders als die unseren sind, unangebracht oder unpassend sind. Diese so übliche Reaktion zeigt uns, wie verwurzelt unser Verhaltensmuster ist und wie sehr wir es für natürlich halten. Wenn wir uns Ziele vornehmen, ist es daher gut zu überlegen, ob es erforderlich ist, unser Verhaltensmuster an das anzupassen, was wir uns zu erreichen vorgenommen haben. Eins steht fest, wenn wir uns spirituell entwickeln möchten, erkennen wir möglicherweise, dass die Gewohnheiten, die wir durch die Gebräuche, die Kultur und die Familie aufgenommen haben, nicht immer oder nicht alle geeignet sind, um unser Ziel zu erreichen.

Obwohl die Methode von Cafh weder spezifische Richtlinien der Moral noch strenge Verhaltensregeln auferlegt, ist es offensichtlich, dass sie uns nahe legt, ein individuelles Verhaltensmuster anzunehmen, das in Einklang mit unserem Entwicklungsziel steht.

Die Methode von Cafh schlägt uns Aktivitäten und Verhaltensweisen vor, die in wohltuender Weise darauf Einfluss haben, wie wir denken und empfinden und die in einigen Fällen Veränderungen von Gewohnheiten oder Routine mit sich bringen. Zum Beispiel: an Versammlungen und Retreats teilzunehmen, ein Zeremoniell zu befolgen, Übungen wie Meditation und retrospektives Examen zu praktizieren, uns gesund zu ernähren, Praktiken für die Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen zu erlernen. Obwohl wir erkennen, dass diese Praktiken uns wohltun, kann es passieren, dass wir uns am Anfang einigen von

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ihnen widersetzen, weil sie unser Programm verändern oder weil sie von unserer üblichen Verhaltensweise abweichen.

Ein Sportler, der seinen Beruf ernst nimmt, beschränkt sich nicht auf körperliches Training in seiner Sportart, sondern er ordnet sein ganzes Leben dementsprechend. Täte er dies nicht, würde er den Erfolg seines Vorhabens gefährden. Ebenso hätten auch unsere Praktiken kaum Ergebnisse, - und wären wir noch so eifrig - , wenn unsere Lebensmethode nicht mit unserer Entscheidung für eine spirituelle Entwicklung übereinstimmen würde.

Wir Mitglieder von Cafh wenden Verhaltensweisen an, die auf der Methode von Cafh beruhen.

Die Aszetik der Entsagung gibt uns Richtlinien für Einstellungen und Verhaltensweisen, die wir frei annehmen und so anpassen, dass wir für uns eine individuelle Methode zur Entwicklung festlegen. Die Mystik des Herzens leitet uns an, der asketischen Bemühung eine spirituelle Bedeutung zu geben, damit diese Lebensmethode ein Weg zur Erweiterung unseres Bewusstseins wird. Dies ermöglicht uns, die Gegensätzlichkeit zu überwinden zwischen einem spirituellen Leben, das sich auf die Praxis einiger Übungen beschränkt, und einem gewöhnlichen Leben, das von diesen Übungen und den Gefühlen weit entfernt ist, die es begleiten sollten.

Indem wir die in der Methode vorgeschlagenen Verhaltensweisen verinnerlichen, gestaltet sich unser Leben auf solche Weise, dass unsere äußere Tätigkeit ein Widerschein der inneren Aktivität wird und in umgekehrter Weise die innere Aktivität in einem konsequenten äußeren Leben zum Ausdruck kommt. So kommt es dazu, dass wir Übungen und Mystik nicht von unserem Verhalten trennen. Wenn wir zum Beispiel über die Liebe zu allen Menschen und die Akzeptanz des Verschiedenartigen meditieren, übernehmen wir Verhaltensweisen des Respekts und der gegenseitigen Hilfe in den Beziehungen zu den Personen, die uns umgeben.

Diese Art zu handeln bewirkt, dass wir uns unseres Weges bewusst bleiben und unterscheiden, welche Verhaltensweisen annehmbar sind und welche wir beiseitelassen müssen; welche Gedanken uns helfen, uns zu entwickeln und welche uns schaden; welche Gefühle unser Bewusstsein erweitern und welche es verengen.

Unsere Lebensmethode ist individuell, weil sie sich an unsere Eigenheiten und Bedürfnisse anpasst; sie ist äußerlich, weil sie sich hauptsächlich auf Praktiken gründet, die in wohltuender Weise unser Verhalten beeinflussen; sie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer spirituellen Entwicklung, weil sie auf sich ausweitenden Gedanken und Gefühlen von Liebe und Großzügigkeit beruht.

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MIT HARMONIE UND MÄSSIGUNG LEBEN

10. Lehrtext

“ Sie sollen umsichtig und gemäßigt sein; sie vermeiden Praktiken, welche die Gesundheit gefährden könnten. Sie beachten, dass die Methode von Cafh, Praktiken beinhaltet, die das körperliche Wohlbefinden und das positive Denken und Empfinden fördern, welche zur Gesundheit des Körpers und des Geistes beitragen.“ Methode, Kapitel 1.

Das Leben in der heutigen Welt ist voller Wettstreit, Forderungen und vor allem Stress, sogar an Orten, die von den großen Städten entfernt liegen, und in sozialen Gruppen, die wir bis vor Kurzem als Oasen der Ruhe bezeichnen konnten. Die Arbeitsplätze waren früher beständig und sind heute wechselnd und vorübergehend geworden. Die Ehe befindet sich in einer Krise, nicht nur als Institution, sogar ihr Sinn und ihre Existenz selbst werden in Frage gestellt. Die Jugend ist dem Druck der Mode ausgesetzt, sei es bezüglich der Kleidung, des Verhaltens oder des Konsums. Ein Druck, der durch die Zerbrechlichkeit der Zuneigungen und den häufigen Mangel an familiärem und sozialem Halt verstärkt wird. Die stets höhere Lebenserwartung gliedert neue Teilnehmer in das soziale Leben ein, die ihre eigenen Bedürfnisse haben. Wir befinden uns in einer Welt des Übergangs, die uns mit neuen Situationen konfrontiert, sowohl solchen von Unsicherheit, Überbevölkerung und Gewalt, als auch solchen von noch vor wenigen Jahren unvorstellbaren Herausforderungen.

Was schlägt uns die Methode vor, damit wir uns dieser ungewissen und wechselhaften Welt anpassen können? Sie fordert uns auf, mit Mäßigung zu leben.

Versuchen wir mithilfe einer Analogie zu verstehen, was es bedeutet, mit Mäßigung zu leben. Die großen klassischen Werke der Architektur leiten ihre Schönheit hauptsächlich von der Harmonie ihrer Maße ab. Das Verhältnis zwischen Höhe und Rauminhalt ist zum Beispiel ein grundlegendes Anzeichen der architektonischen Schönheit. Die Analogie fortsetzend, könnten wir sagen, dass die Harmonie in unserem Verhalten sich auf die Urteilskraft stützt, die es ermöglicht, unsere Bedürfnisse und Wünsche mit den Zielen der spirituellen Entwicklung, die wir uns vornehmen, ins Gleichgewicht zu bringen. Wenn wir diese Urteilskraft in unserem inneren Leben und unseren täglichen Handlungen anwenden führt das Maß, das wir zur Gestaltung unseres Verhaltens anwenden, zu einem harmonischen Leben, das sowohl auf unsere Entwicklung als auch auf die der gesamten Menschheit ausgerichtet ist.

Dürfen wir von der Möglichkeit sprechen, in der heutigen Gesellschaft mit Mäßigung und Harmonie zu leben? Können wir uns darauf zentrieren, unser Leben zu harmonisieren, ohne uns dabei von den anderen zu trennen, ohne dabei den Mangel und das Leiden zu vergessen, die uns umgeben?

Unsere Entwicklungsarbeit wäre eine Fantasie, würden wir sie auf abgesonderte Weise und von der unmittelbaren Wirklichkeit losgelöst leben und insbesondere als Gegensatz zur existenziellen Situation der übrigen Menschen. Wir bilden eine Zusammengehörigkeit mit der gesamten Menschheit im Bereich des Körperlichen, Mentalen und Geistigen sowie auch des Persönlichen und Gemeinschaftlichen. Unser Leben beeinflusst die Welt, die uns umgibt, ebenso wie auch die Welt auf uns Einfluss hat. Im Bereich der Beziehungen besteht eine Bindung zwischen „uns“ und den „anderen“, jener Welt, die uns von uns getrennt und unabhängig zu sein scheint. Und diese Bindung macht es möglich, dass wir der Welt die Liebe geben, die wir als Ausdruck unserer Partizipation und inneren Erweiterung hinzugeben fähig sind.

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Daher bringt mit Harmonie und Mäßigung zu leben mit sich, diese Einheit anzuerkennen und einen Ausgleich zu erreichen zwischen dem Persönlichen und dem Kollektiven, zwischen der äußeren und der inneren Welt, zwischen der Kontingenz und der Transzendenz, zwischen dem gegenwärtigen Augenblick und der Ewigkeit. Diese Mäßigung ist kein utopisches Ziel. Im Kontext eines transzendenten Sinns des Lebens können wir sie durch eine methodische, konsequente und gewissenhafte innere Arbeit erreichen.

Lasst uns diese Arbeit beginnen, indem wir die sachbezogenen von den grundlegenden Angelegenheiten des Lebens unterscheiden. Die sachbezogenen Probleme werden gelöst, indem man die Mittel einsetzt, die uns die schon erworbene Erfahrung der Menschheit bietet, und indem man sich ausbildet, um mit Lösungen beizutragen.

Um sachbezogene Angelegenheiten zu bewältigen, die unsere besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten übertreffen, wenden wir uns an diejenigen, die fähig sind, das zu lösen, was uns beschäftigt: Ärzte bei Problemen der Gesundheit, Anwälte bei Rechtsfragen, Ingenieure bei Angelegenheiten des Bauwesens usw.

Um Angelegenheiten der Harmonie in unserem Leben und der Mäßigung in unserem Verhalten zu bewältigen und so unseren Entwicklungszielen zu entsprechen –grundlegende Angelegenheiten - , greifen wir auf unsere Methode zurück und arbeiten methodisch und unvoreingenommen an unserer Askese. Dies ist eine der Grundlagen unserer spirituellen Arbeit.

Obwohl bei dieser spirituellen Arbeit immer zuerst unsere Schwächen sichtbar werden, sind diese eher sachbezogenen Probleme, die wir durch die Anwendung von angemessenen Techniken lösen oder zumindest in Grenzen halten können. Deswegen sollten wir uns nicht bedrücken lassen von der Anzahl der charakterischtichen Merkmale, die wir für unangebracht halten, noch meinen, wir müssten sie beseitigen, um voranzukommen. Es geht nicht darum, „perfekt“ zu sein, sondern uns kennenzulernen, unsere Energie bei den Zielen anzuwenden, die wir uns vorgenommen haben, und allmählich das beiseitezulassen, was uns von unserer Absicht ablenkt.

Mit Harmonie und Mäßigung zu leben bedeutet das Erlangen eines Gleichgewichts zwischen den Teilen und dem Ganzen; zwischen dem, was wir nicht ändern können und akzeptieren müssen und dem, was wir doch ändern können; zwischen dem, was wir zu erreichen wünschen und dem, was zu verwirklichen notwendig ist.

Wenn wir geplagt durch die täglichen Eventualitäten, denen wir zu begegnen haben, leben würden, könnten wir den transzendenten Sinn des Lebens nicht erkennen. Eine einfache Art und Weise unsere Sorgen und unsere Handlungen im Rahmen zu halten ist, unsere Bemühungen innerlich zu unserem Wohl und dem der Menschheit hinzugeben. Diese Hingabe erhält unser Bewusstsein aufrecht über unsere Verortung im Leben und der Welt und gibt der Beliebigkeit jeden Augenblicks einen Stellenwert im Kontext des gesamten Lebens und ordnet auch unsere begrenzte Wahrnehmung in der Unendlichkeit des Göttlichen ein.

Den Ausgleich aufrechtzuerhalten zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen, dem Augenblick und dem Werden und Vergehen, dem Individuellen und dem Kollektiven bewahrt uns vor dem Denken, spirituell zu leben bedeute, den ganzen Tag spirituelle Übungen auszuführen. Solch ein Gedanke bedeutete, dass andere arbeiten müssten, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Jeder Mann, jede Frau, jede menschliche Gruppe hat und nimmt teil an der Menschheit, die sich als eine Einheit entwickelt. Vom individuellen Standpunkt aus bedeutet mit Harmonie und Mäßigung zu leben die Funktion zu erfüllen, die jedem von uns

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innerhalb der menschlichen Entwicklung zukommt und gleichzeitig uns innerhalb dieser Funktion harmonisch zu entwickeln.

Indem wir die Zeit harmonisch gestalten, die wir aufwenden für unseren Lebensunterhalt, für geistige Arbeit, für das Beten, für das Ausruhen, für die zwischenmenschlichen Beziehungen und insbesondere indem wir durch Partizipation unsere Erlebnisse mit den Erlebnissen aller Menschen vereinigen, halten wir die Ausgewogenheit in unserem Leben aufrecht, so wie es die Methode von Cafh empfiehlt.

Eine Praxis, die sich aus der Methode von Cafh ergibt, und die hilft, ein harmonisches und gemäßigtes Leben zu führen und Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, die schwierige und gar schmerzhafte Situationen verursachen könnten, ist, das richtig zu Ende zu führen, was wir beginnen, ohne Unklarheiten zu hinterlassen. Der Zeitaufwand, die Widmung, die Energie, die wir für etwas investieren, das wir nicht beenden, lösen sich ergebnislos auf. Aber es sind nicht nur Angelegenheiten und Arbeiten, die wir beenden müssen. Diese Praxis lässt sich auch anwenden auf Konflikte in Beziehungen. In diesem Sinn könnten wir sagen, dass ein Konflikt, der nicht gelöst wird, ein Problem darstellt, das noch weit mehr Probleme verursacht.

Im Kontext der Beziehungen denken wir manchmal, wenn wir keine Übereinkunft erreichen, dass wir den Konflikt lösen, indem wir die Beziehung beenden. Aber eigentlich, wenn es keine gute Einigung gibt oder wenn wir aus Mangel an Übereinkunft die Beziehung abbrechen, bleibt der Konflikt bestehen als Groll, wenn nicht als Verlangen nach Vergeltung oder Rache. Trotzdem können wir sogar das richtig beenden, was wir falsch begonnen haben. Wenn wir uns nicht versöhnen konnten, mit jemandem, mit dem wir einen Konflikt haben, so können wir uns mit dieser Person in unserem Herzen versöhnen. Das zu Ende zu führen, was wir beginnen, bedeutet die Situationen zu klären, um ein neues Verhältnis zu schaffen, das eine Etappe beendet und uns für den Beginn einer neuen Etappe befreit.

Wir können uns fragen, warum Mäßigung und Harmonie so notwendig sind für unser Bemühen uns zu entwickeln. Die Antwort ist, dass Mäßigung und Harmonie uns helfen, das in einen Zusammenhang zu bringen, was wir im großen Rahmen des Werdens und Vergehens erfahren. Wenn wir die Wirklichkeit verstehen, die uns trägt, erlangen wir die erforderliche Ruhe und Gelassenheit, um die Anstrengung aufrecht zu erhalten, uns zu entwickeln.

Die Methode von Cafh bietet uns Mittel an, um die Hindernisse zu überwinden, die wir in unserer Entwicklung finden könnten, ohne diese Arbeit leidenschaftlich zu übertreiben, sie aber auch nicht zu vernachlässigen. Die bei unseren Entscheidungen angewandte Mäßigung und wie wir diese erfüllen, führen zu einem harmonischen Leben für uns insbesondere und zu einem Impuls hin zu einem harmonischen Leben für die Gesellschaft.

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MIT FREIHEIT LEBEN

11. Lehrtext

“Die Seelen sehnen sich spontan nach Freiheit. Aber wie können sie Freiheit erlangen?Die Menschen, die materialistisch werden, um sich zu befreien, geraten unvermeidlich unter die Tyrannei des Objektivismus. So schließen sie sich der großen menschlichen Maschine an, die sich unablässig bewegt, um sich in einer endlosen Erfahrung zu erschöpfen.Diejenigen, die Idealisten werden, um sich zu befreien, werden zu Sklaven ihres Verstandes und verstricken sich in einem rationalen Durcheinander, das ihre Wahrnehmungen verzerrt und ihnen ihre spirituelle Individualität verbirgt. Wenn der Verstand unumschränkt herrscht, erkennt er seine Grenzen nicht.Diejenigen, die Anhänger eines Glaubens werden, um sich zu befreien, unterwerfen sich Dogmen, die es ihnen verwehren, sich in die Unermesslichkeit ihrer Möglichkeiten der Kenntnis und der Erweiterung zu stürzen. Wirkliche und wahre Freiheit findet man nicht, indem man sich nach außen richtet und in Verwirrung gerät; man findet sie indes auch nicht, indem man im Inneren nach einer rationalen und persönlichen Vollkommenheit sucht. Die wirkliche Freiheit besteht darin, zu sein, was man ist: ein Mensch mit einer Unendlichkeit von Möglichkeiten.“ Methode , 24. Kapitel.

Die Suche nach Freiheit ist fast eine fixe Idee für uns, die wir danach streben, die Existenzangst in den Griff zu bekommen. Unser Bedürfnis anzuerkennen, einen Sinn im Leben zu finden, ist direkt mit der Sehnsucht nach Freiheit verbunden.

Die utopische Antwort auf diese Sehnsucht nach Freiheit ist der Wunsch, dass nichts und niemand die Erfüllung unseres Willens verhindert. Wir sagen, dass dies utopisch ist, da es unmöglich zu verwirklichen ist, weil unser Willen mit dem Willen unserer Mitmenschen zusammenstößt, wodurch jede Person die anderen einschränkt. Anstatt uns zu befreien, bindet uns diese Verhaltensweise außerdem an unsere Befindlichkeiten und wechselhaften Denkweisen. Auch macht sie uns von zufälligen Umständen abhängig, über die wir keine oder fast keine Kontrolle haben.

Eine andere, vielleicht utopische Antwort auf unsere Sehnsucht nach Freiheit ist, einfach zu glauben, dass wir schon frei sind, weil wir etwas Transzendentes wünschen, das sich jenseits unserer lebenswichtigen und kulturellen Bedürfnisse befindet. In diesem Fall könnten wir behaupten, dass die von uns ersehnte Freiheit ein innerer Zustand des Glücks ist, der sich als die Möglichkeit zusammenfassen lässt, uns als vollständig zu empfinden und in einer ungewissen Zukunft mit dem Göttlichen verbunden.

Die Methode von Cafh schlägt uns vor, Antworten anderer Art zu erforschen, um die innere Freiheit zu erlangen:

Die Naturgesetze, die sozialen und spirituellen Gesetze zu kennen, die unser Leben leiten.

Unsere wirklichen Bedürfnisse zu kennen.

Die wirklichen Bedürfnisse zu unterscheiden von Wünschen und von Bedürfnissen, die durch Moden und sozialen Druck künstlich erschaffen werden.

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Nach und nach von unseren körperlichen, mentalen, emotionalen und spirituellen Eventualitäten unabhängig zu werden.

Die Methode von Cafh bietet uns Mittel, um auf die Herausforderungen im Bereich unseres Alltags zu reagieren.

Es ist eine Utopie, in Bezug auf die Naturgesetze, die sozialen, rechtlichen und spirituellen Gesetze, die unser Leben oder das in unserer Gesellschaft bestimmen, selbstständig werden zu wollen. Die Methode verschafft uns durch die asketischen Übungen, in dem Maße, wie wir sie praktizieren, Wissen über diese Gesetze und lehrt uns, mit ihnen umgehen zu können, so dass wir unsere Kräfte auf unser beabsichtigtes Ziel der spirituellen Entwicklung richten können.

Was die Naturgesetze betrifft, wissen wir, dass wenn wir ein gesundes und ausgeglichenes Leben führen, wir dabei helfen, unsere Gesundheit und Energie aufrecht zu halten. Aber wir wissen auch, dass, - so sehr wir auch auf eine gesunde Lebensweise achten-, die Zeit kommen wird, in der unsere Vitalität nachlässt, unsere Muskeln nicht wie gewohnt reagieren und wir Krankheiten und körperlichen Grenzen verstärkt ausgesetzt sind.

Wir wissen, dass unsere mentalen Übungen unserem Denken mehr Klarheit und Tiefe verleihen werden. Wir wissen aber auch, dass, - wie oft wir auch üben mögen -, wir nicht garantieren können, dass diese Klarheit und Tiefe nicht abnehmen werden oder in einem gewissen Moment gar ganz verschwinden.

Wir wissen auch, wie wir uns unserer körperlichen und geistigen Lebensfülle erfreuen können; aber möglicherweise wissen wir noch nicht, wie wir diese Freude beibehalten können, wenn wir diese Lebensfülle verlieren.

Lasst uns also die Richtlinien der Methode nicht nur anwenden, um richtig zu leben, sondern besonders deshalb, damit dieses richtige Leben nicht nur davon abhängt, was uns geschieht, sondern von unserer Fähigkeit, auf passende Weise Antwort darauf zu geben. Wir sollten zum Beispiel über die Kapitel der Methode meditieren, die von Kranken und vom Tod handeln, um unsere Antwort auf diese Aspekte der Gesetze des Lebens vorher zu wissen.

Was die sozialen Gesetze betrifft, wissen wir, welche wir laut der Gesetzbücher unseres Landes erfüllen müssen. Wir kennen auch die damit verbundene Verantwortung, die das Leben in Gesellschaft mit sich bringt. Wir sollten insbesondere über diese letzten Verantwortlichkeiten meditieren, damit wir unsere Freiheit derart ausüben, dass wir erfüllen, was in unserem Umfeld von uns erwartet wird. . Wenn wir uns zum Beispiel angewöhnen, das zu praktizieren, was die Methode zu Verhaltensweise, Wohnung, Arbeit, Beziehungen vorschlägt, hilft uns das, grundlegende Aspekte unserer sozialen Verantwortung zu erfüllen.

Was die spirituellen Gesetze betrifft, wissen wir, dass jede Tat eine Konsequenz hat, nicht nur bezüglich auf das, was wir tun, sondern auch auf das, was wir denken und fühlen. Wir wissen auch, dass wir einen freien Willen haben, dass wir in jedem Moment so oder so handeln, denken und fühlen können und dass jede dieser Taten, Gedanken und Gefühle Konsequenzen mit sich bringen. In diesem Sinne: Wie wäre es Was hieße es, mit Freiheit zu handeln, damit unser Verhalten sich zu unserem Wohl und dem der anderen auswirkt? Es würde die Fähigkeit bedeuten, das zu tun, was wir uns vornehmen und so zu handeln, wie wir wissen, dass wir in Übereinstimmung mit unserer Ethik handeln sollten.

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Aber haben wir schon diese Freiheit? Jedenfalls vollbringen wir nicht immer jeden guten Vorsatz und andere Male handeln wir so, dass es weder unserer Ethik noch unserem gesunden Menschenverstand entspricht. Was können wir in diesen Fällen tun? Wir können einfach den Schaden beheben und den Kurs korrigieren, beideszugleich, und vor allem lernen, keine Fehler zu wiederholen, die wir schon eingesehen haben.

Wenn wir aber unserem Zorn oder unseren Reaktionen freien Lauf lassen, haben wir nicht immer gute Gedanken. Was können wir tun, um mit Freiheit gut zu denken, da gute Gedanken Gutes anziehen und schlechte Gedanken Leid anziehen? Außer dieses Thema in der Meditation zu betrachten, können wir eine sehr einfache Übung ausführen: Sobald wir merken, dass uns ein negativer Gedanken kommt, ersetzen wir ihn sofort durch den besten Gedanken, den wir in dem Moment denken können. Diese Praxis, die uns jeweils nur einen Moment kostet, verschafft uns schnell Freiheit zu denken, wie wir denken wollen.

Uns darin zu trainieren, einfache und klare Normen zu befolgen, wie wir sie in der Methode finden, hilft uns, unseren Willen zu stärken und Beherrschung über das zu gewinnen, was wir tun, denken und fühlen, um so immer in Übereinstimmung mit unseren Prinzipien und unserer Berufung leben zu können.

Was die Freiheit bezüglich unserer Bedürfnisse betrifft, - wenn wir etwas wünschen, so lasst uns überlegen, was wir wirklich brauchen, und unseren freien Willen benutzen, um vom Druck der Wünsche unabhängig zu werden, die nicht immer einem wahren Bedarf entsprechen und deren Befriedigung uns auch keinen Gewinn bringt. Dem freien Lauf zu lassen, was wir im Moment wünschen, kann oft unsere Fähigkeit beeinträchtigen, in der Zukunft einen wahren Bedarf zu erfüllen. Fähig zu sein, eine mögliche, aber nicht unbedingt nötige Belohnung aufzuschieben oder zu verwerfen, bedeutet Freiheit zu erlangen, nicht nur um vernünftig zu leben, sondern insbesondere, um eine vorhersehbare und gangbare Zukunft zu erschaffen.

Wenn wir genügend innere Freiheit erlangen, verstehen wir, dass Freiheit und Verantwortlichkeit zwei Seiten derselben Medaille sind. Wenn verantwortlich zu sein bedeutet, vorsichtig und achtsam mit dem zu sein, was wir tun oder sagen, wenn es die Übernahme der Verpflichtungen bedeutet, die uns als Mitglieder unserer Gesellschaft angehen, so ist es dies, was wir tun, wenn wir frei genug sind, um auf solche Weise zu handeln, zu denken und zu fühlen, dass wir diese Vorsätze auch umsetzen.

Aber Beherrschung über uns selbst zu gewinnen, reicht nicht aus, um Freiheit auszuüben. Wir sind dem Druck der Werbung, der Moden, der Ideologien und dem sozialen Niveau unterworfen und wir sind uns nicht immer sicher, ob das, was wir planen, tun oder meinen, auf eine freie Entscheidung oder einen Einfluss von außen zurückzuführen ist. Damit die Ausübung unserer Freiheit wohltuend wirkt, müssen wir also unsere Fähigkeit der Unterscheidung, Analyse und Evaluation verfeinern, sowohl bei dem, was wir von außen aufnehmen, als auch dabei, was von uns ausgeht: Impulse, Wünsche, Reaktionen, Emotionen. So wie es uns leicht fällt, uns unserer Rolle als Zuschauer bewusst zu sein, wenn wir einem Schauspiel zusehen, ist es gut, wenn es uns gelingt, Zuschauer zu sein bei dem, was wir tun, fühlen und denken. Unser Verstand hat die Fähigkeit, sich selbst und das, was wir tun zu beobachten ; diese Fähigkeit zu nutzen, um uns besser kennenzulernen, ist eine gute Grundlage für die Ausübung unserer Freiheit.

Die Meditation, das retrospektive Examen, die Lehren, die Retreats, die wöchentlichen Versammlungen, die spirituelle Lektüre sind einige der Mittel die Cafh uns als Hilfe bietet, um die uns bestimmenden Natur- und Sozialgesetze kennenzulernen, unsere Bedürfnisse zu

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erkennen und unseren Körper, Verstand und Geist in Einklang zu bringen, indem wir von den Schwankungen der Befindlichkeit unserer Seele und unseres Körpers unabhängig werden.

Die Methode von Cafh bietet uns Mittel, damit unsere Lebensweise uns die Türen zur inneren Freiheit öffnet. Weder die utopische Freiheit, die darin besteht, nur das zu tun, was dem eigenen Willen entspricht, noch die Hoffnung einer verschwommenen Sehnsucht, uns in einer ungewissen Zukunft zu unserer Lebensfülle gekommen und mit dem Göttlichen verbunden zu empfinden, werden uns wirkliche innere Freiheit verschaffen. Durch verschwommene Hoffnungen erreicht man keine Ziele, vielleicht überhaupt nichts. Die angestrebte Verwirklichung in eine ungewisse Zukunft zu projizieren, bedeutet für immer zu vertagen, was wir jetzt gern verwirklicht hätten. Jeder von uns erobert die innere Freiheit in seinem inneren Leben durch eine systematische und gewissenhafte Arbeit an unserem Leib und Verstand.

Uns selbst zu kennen, die uns umgebende Wirklichkeit zu kennen sowie die Beziehung zwischen uns und den Gesetzen, die uns regieren, ist die Grundlage für ein einträgliches Handeln innerhalb dieser Gesetze. Und so zu handeln ist die wirkliche Kraft, die uns zur Eroberung der inneren Freiheit leitet.

LEBENSMETHODE – AUSGABE 2009 35

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DAS NUTZEN DER ZEIT

12. Lehrtext

“Die Methode, welche Meditation, retrospektive Analyse und spirituelle Lektüre einschließt, verleiht geistige Ruhe, klares Urteilsvermögen in der Auswahl von Prioritäten und daher optimale Nutzung sowohl der körperlichen als auch der geistigen Energie. Dies Dominium über die eigene Energie ermöglicht die richtige Nutzung der Zeit.“ Methode, Kapitel 1.

“Die Tageszeiten für Aufstehen, Mahlzeiten und Arbeit sollen gut eingeteilt sein.“ Methode, Kapitel 2.

Die Begriffe Zeit und Veränderung hängen zusammen. Das Vergehen der Zeit zu messen schließt ein, dass man Veränderung wahrnimmt. Deswegen sagen wir gern, dass eine Fotografie ein in der Zeit fixes Bild ist. Andererseits ist die Vorstellung vom Vergehen der Zeit damit verbunden, dass Veränderungen unumkehrbar sein können; die Abfolge von Zeit ist eine Folge von Augenblicken. Entsprechend unserer Wahrnehmung gleitet all das, was geschieht, von einer unumkehrbaren Vergangenheit durch das Jetzt/ durch die Gegenwart auf eine endlose Zukunft zu. Die Zeit erscheint uns als etwas, das vorübergeht, als Gegenwart, die nach und nach Vergangenheit wird und im Begriff ist, Zukunft zu werden. Dessen ungeachtet könnten wir behaupten, dass die Zeit nicht vergeht, sondern dass wir es sind, die sich innerhalb der Zeit verändern, dass die Zeitlichkeit eine Art und Weise ist, in der Welt zu sein.

Beim Nachdenken über den Begriff Zeit können wir die chronologische, die psychologische und die mentale Zeit unterscheiden.

Die chronologische Zeit ist die, die wir mit einer Uhr messen.

Die psychologische oder subjektive Zeit, - die wir im Allgemeinen „Zeitdauer“ nennen -, ist die Art und Weise, wie wir die Zeit wahrnehmen. Wir können sie auch für den Verlauf der individuellen Erlebnisse halten.

Die mentale Zeit ist die Zeit der Gedanken.

Die chronologische Zeit entspricht einer sozialen Übereinkunft. Ohne eine gemeinsame Maßeinheit der Zeit könnten wir nicht gedeihlich zusammenleben; diese Zeit zu respektieren, ist unsere Art und Weise unsere Eingliederung in die Gesellschaft wahrzunehmen.

Die chronologische Zeit ist eine endliche Ressource; die vergangene Zeit können wir nicht zurückerhalten. Deswegen sollten wir sie aus spiritueller und materieller Sicht Gewinn bringend verwenden, sowohl für uns selbst, als auch für die anderen. Denken wir daran, dass es kein materialistisches Ziel ist, Zeit in praktische Tätigkeiten zu investieren, das etwa einem spirituellen Bestreben entgegengesetzt wäre; praktische Arbeiten sind nicht nur für unseren Lebensunterhalt notwendig, sondern die Zeit produktiv und effizient zu nutzen ist unsere Art und Weise, am Unterhalt und Fortschritt aller Menschen zu partizipieren. Die Zeit dafür zu verwenden, das zu produzieren, was wir und die Gesellschaft brauchen, ist für uns, jenseits paternalistischer Hilfsbereitschaft, ein unumgängliches Gebot. Deswegen ist keine Zeit zu verschwenden ein grundlegender Aspekt unserer Lebensmethode.

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Bei der Verwendung der chronologischen Zeit unterscheiden wir die persönliche Zeit, - wie jeder einzelne die Zeit verwendet, - und die gemeinsame Zeit, die Zeit, die wir mit anderen teilen -.

Wir entscheiden, wie wir unsere persönliche Zeit nutzen. Dies offenbart unsere Effizienz sowohl bei dem, was wir praktisch schaffen, als auch in unserer Entwicklung. Andererseits besteht eine Verbindung zwischen persönlicher und gemeinsamer Zeit, weil wir die Zeit mit allen teilen. Wie wir unsere Zeit nutzen beeinflusst also auf die ein oder andere Weise das Leben aller Menschen.

Außerdem vermischt sich unsere persönliche Zeit manchmal direkt mit der Zeit der anderen. Wenn wir zum Beispiel eine Besprechung vereinbaren; wenn die Arbeit anderer davon abhängt, wann wir unsere beenden; wenn der Beginn einer Aktivität von unserem Eintreffen abhängt; wenn wir ein Treffen oder Gespräch mit jemandem dazu benutzen, um über das zu sprechen, was uns interessiert, ohne die entsprechende Person zu fragen, ob wir ihre Zeit dafür in Anspruch nehmen können usw. Die Art und Weise, wie wir die Zeit anderer nutzen, offenbart den Respekt vor ihren Zeiten, die ihr Leben sind. Dieser Respekt veranlasst uns pünktlich zu sein, unsere Verpflichtungen zu erfüllen, nicht in fremde Zeiten einzudringen, den Rhythmus der mit uns Arbeitenden zu respektieren. Wenn wir manchmal meinen, dass wir Zeit verlieren, weil wir bei einem Behördengang warten müssen, um bedient zu werden, mögen wir uns erinnern, dass wir unsere Zeit nicht immer effizient nutzen, weder für uns selbst, noch so, dass andere ihre Zeit nicht vergeuden.

Die psychologische Zeit wird vom Alter, von der Reife, der seelischen Verfassung, den Lebensbedingungen beeinflusst. Wir sind umsichtig, wenn wir erkennen, dass Pläne und Intensität unserer Arbeit nicht gleich sein können, wenn wir gesund und stark sind wie wenn wir uns nicht in dieser Verfassung befinden. Aus diesem Grund ist es gut, darauf zu achten, unsere psychologische Zeit, so weit es geht, mit der chronologischen Zeit in Einklang zu bringen, insbesondere bei unseren täglichen Aktivitäten, damit sie produktiv werden und keine unnötigen Risiken verursachen.

Dennoch ist es oft nicht einfach, beide Zeiten aufeinander abzustimmen, wenn die Situation nicht deutlich handlungsorientiert ist. Eine enthusiastische seelische Verfassung kann uns dazu verleiten, unsere Gesundheit Gefahren auszusetzen; eine depressive seelische Verfassung kann Aktivitäten bremsen, die wir tun müssen und können. Bei manchen Gelegenheiten besteht keine feste Übereinstimmung zwischen den Momenten der chronologischen und der psychologischen Zeit und wir können nichts tun, damit sie übereinstimmen. Wenn etwas so Schreckliches wie ein Erdbeben geschieht, empfinden wir einen Augenblick der Anspannung als unendlich, auch wenn er nur einige Sekunden gedauert hat. Dagegen empfinden wir, dass eine Situation schnell vorübergeht, die unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, obwohl sie uns Stunden beschäftigt.

Die mentale Zeit steht mit unseren Gedanken in Zusammenhang. So wie die chronologische Zeit nicht zum Stillstand kommt, halten auch unsere Gedanken nicht an, weder wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf etwas richten, noch wenn wir es nicht tun. Es ist wichtig diese Tatsache zu beachten, wenn wir vorhaben, die Minuten der Uhrzeit effizient zu nutzen, weil wir selten den großen Einfluss bemerken, den das, was in unserem Gehirn geschieht, darauf hat, was wir tun und ausdrücken. Jedenfalls bestimmt die Art und Weise, wie wir mit unserer mentalen Zeit umzugehen wissen, wie wir die chronologische Zeit nutzen; anders ausgedrückt, wie wir unser Leben nutzen. Gleichfalls bestimmt die Art und Weise, wie wir unsere mentale Zeit nutzen, das übliche Niveau unseres Bewusstseins.

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Die Fähigkeit unsere Aufmerksamkeit auf die Gegenwart zu richten ist unerlässlich, um in unserem Studium Erfolg zu haben, um von unserem Umfeld zu lernen sowie um über uns selbst zu lernen. Darum ist es gut, dass wir lernen, in der Gegenwart zu bleiben und nicht aus ihr zu fliehen, weil uns etwas nicht gefällt, uns langweilt oder einfach weil wir unsere Gedanken nicht zügeln können.

Wenn wir unaufmerksam sind, träumen oder uns in Erinnerungen versenken, befinden wir uns nicht im Hier und Jetzt. Sogar wenn wir uns von Reaktionen wie Missfallen oder Ärger mitreißen lassen, pflegen wir in unserem Verstand imaginäre Situationen zu schaffen, die uns nicht nur von der Gegenwart entfernen, sondern auch von unserem Bewusstsein da zu sein und von unseren Kontexten.

Wenn wir beobachten, was in unserer mentalen Zeit geschieht, erkennen wir, dass wir uns im Hier und Jetzt befinden, wenn wir Aufmerksamkeit dem schenken, was wir zur Hand haben, dem was gerade geschieht, sowohl in unserer Umgebung als auch in uns selbst. Aber wir können nicht immer diese Aufmerksamkeit beibehalten Normalerweise ist es so, dass wir dem große Aufmerksamkeit schenken, was uns sehr interessiert und solange es uns interessiert, z.B. einem Film, einem Buch, einer Tätigkeit. Wenn wir uns in diesen Fällen auch während einer beträchtlichen Zeit konzentrieren können, so schenken wir Aufmerksamkeit doch nur dem sehr reduzierten Fokus unseres Interesses; wir befinden uns in unserem Hier und Jetzt beschränkt auf das, was uns im Moment anlockt. Deshalb bietet es sich an, dass wir üben, auch auf jene breitere Wirklichkeit zu achten, die wir mit allen teilen.

Die Frage, die wir uns dann stellen könnten, ist, wie viel von unserer mentalen Zeit wir nutzen, wie aufmerksam wir sind in unserem Alltag und um wie viel wir unseren Bewusstseinszustand durch die weise Nutzung der Zeit erweitern.

Selbstverständlich widmet die Mehrheit von uns eine Zeit der mentalen Arbeit. Dies reicht jedoch nicht aus, um die Zeit unseres Verstandes einträglich zu nutzen. Wenn man bedenkt, dass der Verstand nie zur Ruhe kommt, ist der Anteil der Zeit, den wir (mit Nutzen verwenden) einträglich nutzen, unbedeutend im Verhältnis zur gesamten Zeit unseres Verstandes.

Ein guter Gebrauch der mentalen Zeit bedeutet, die Bewegungen des Verstands zu kontrollieren, um Aufmerksamkeit entwickeln zu können und mit Klarheit zu denken.

Die Methode von Cafh bietet uns Übungen wie retrospektives Examen und Meditation, um den Verstand kontrollieren und orientieren zu lernen, insbesondere um unsere Aufmerksamkeit für das zu entwickeln, was in jedem Moment geschieht, sowohl auf uns selbst als auf unsere Kontexte bezogen; das heißt, um dem Kontinuum des Lebens, das die Gegenwart ist, Aufmerksamkeit zu schenken.

Obwohl wir die Zeit mit der gleichen Zeiteinheit und dem gleichen Kalender messen, durchlaufen wir die Zeit nicht alle in gleicher Weise. Darum müssen wir unseren Zielen Aufmerksamkeit schenken und dem Sinn, den wir unserem Dasein verleihen sowie der Form, wie wir die Zeit nutzen, um diese Ziele zu erreichen.

Eine gute Möglichkeit, damit zu beginnen, unsere Zeit einträglich zu nutzen, ist jede Angelegenheit binnen einer vernünftigen Frist zu beenden. Vor uns liegt die Ewigkeit, aber für die Verwirklichung unserer Ziele – unsere Berufung – verfügen wir nur über die Zeit unseres Lebens auf Erden. Uns dieser Frist bewusst zu bleiben, regt uns an, diese Zeit gut zu nutzen.

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IN FRIEDEN LEBEN

13. Lehrtext

„Die Söhne und Töchter denken daran, dass der Weltfrieden auf dem Frieden in jeder Person, in jeder Familie, in jedem Land aufbaut.“ Methode, 2. Kapitel

Wir sind untrennbare Teile der Welt, in der wir leben, aber gewöhnlich tritt diese Wirklichkeit nicht in unser Bewusstsein. Oft nehmen wir die Welt als eine Bühne wahr und die Menschen, die sie bevölkern, als Schauspieler eines Theaterstückes, bei dem wir Zuschauer sind. Eine der möglichen Folgen dieser Sichtweise auf die Realität ist, dass sie Beziehungen von Getrenntheit und Konkurrenz hervorbringt, in denen der Kampf um Fortbestand und Überleben sich meist erbarmungslos gestaltet.

Wir Individuen haben es noch nicht geschafft, harmonische Beziehungen zwischen uns und der globalen Gesellschaft, der wir angehören, zu entwickeln. Wir empfinden die Notwendigkeit der Zugehörigkeit, aber dieses Zugehörigkeitsgefühl konkretisiert sich nicht unbedingt als Solidarität und gegenseitiger Schutz.

Normalerweise fällt es uns nicht leicht, uns dessen bewusst zu bleiben, dass wir ein Teil der großen Gesamtheit der Menschheit sind und mit diesem Bewusstsein übereinstimmende Gedanken und Gefühle hervorzubringen, weil wir dazu neigen, uns derart in unsere seelischen Zuständen und alltäglichen Anekdoten zu vertiefen, dass der Rest des Geschehens zur Hintergrundinformation reduziert wird, in der eine Nachricht der anderen folgt. Und wenn wir unser Nachdenken vertiefen und tatsächlich merken, dass wir an der Gesamtheit der Menschheit teilnehmen und teilhaben, tun wir uns trotzdem schwer, konsequent zu handeln.

Die Lehre von Cafh ermutigt uns, die Wahrnehmung unserer Situation in der Welt zu erweitern; die Methode legt uns nahe, wie wir diese Erweiterung durch ein konsequentes Leben in Übereinstimmung mit dieser Wahrnehmung bringen können.

Als Hilfe, unsere Beziehung zur Welt zu verstehen, können wir damit beginnen, zwei Welten zu unterscheiden: Die Welt, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen – die äußere Welt – und unsere mentale – innere – Welt. Davon ausgehend wollen wir versuchen, den Zusammenhang zwischen diesen beiden Welten zu verstehen und die Weise, wie diese beiden Wirklichkeiten sich integrieren oder miteinander konkurrieren. Einerseits nehmen wir die Welt durch das wahr, was wir sehen, hören, lesen, studieren. Anderseits sind wir vertieft in unsere(n) Reaktionen, Interpretationen und insbesondere in den Punkt, auf den wir gern unsere hauptsächliche Aufmerksamkeit richten: uns selbst. Das, was wir empfinden, erleiden, erwarten, wünschen, was uns in jedem Augenblick geschieht – und die Erinnerung dessen, was uns geschehen ist – hat eine tiefgreifende Wirkung auf unsere Beziehung zu der äußeren Welt.

Weil diese beiden Welten Wirklichkeiten sind, die wir nicht vermeiden können, sollten wir darauf achten, wie wir mit ihnen in Beziehung treten und besonders, wie wir die eine mit der anderen in Verbindung bringen.

Wenn wir die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf uns selbst richten, verliert die äußere Wirklichkeit an Bedeutung für uns; sie interessiert uns nur in dem Maß, wie sie unsere persönliche Welt betrifft. Infolgedessen beschränken wir unser Leben auf die Ereignisse, die uns widerfahren. Obwohl wir für das, was außerhalb von uns geschieht, Interesse zeigen

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können, entspricht dieses Interesse unserer Sorge, wie das Geschehene uns positiv oder negativ betreffen könnte, oder auch nur, um unsere Neugier zu befriedigen oder unsere Langeweile zu überbrücken.

Wenn wir zum Nachteil der Beobachtung von uns selbst die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf das richten, was außerhalb von uns geschieht, verlieren wir an Objektivität, um unsere Interpretationen, Haltungen und Verhaltensweisen zu erkennen. Außerdem ist die Hinwendung zum Äußeren meistens eine Flucht vor unserer inneren Wirklichkeit.

Die Methode von Cafh ermutigt uns, unser inneres Leben der äußeren Welt zu öffnen, in unser Leben das Leben der anderen aufzunehmen, mit seinen Lichtern und Schatten, und sowohl die Schmerzen, die Ängste, die Tragödien, als auch die Freuden und Fortschritte der Menschheit als die unseren zu empfinden. Ebenso spornt sie uns an, unseren Mitmenschen unsere Liebe, unsere Solidarität und unsere Fähigkeiten zukommen zu lassen. Wenn wir an uns selbst denken, tun wir es als Mitglieder der Menschheit. Wir trainieren uns darin, in jedem Moment unser Empfinden mit dem Empfinden aller zu vereinen. Wir trainieren uns darin, unsere Zukunft zu planen als integriert in der Welt, die wir mit allen Menschen erbauen wollen.

Außerdem trainieren wir uns darin, Gefährten aller zu sein. Wir wenden den Sinn für Partizipation da, wo wir leben, praktisch an: in unserem Zuhause und in unserer Gesellschaft.

Die Partizipation, gestärkt durch Meditation, Nachdenken und ein geordnetes Leben, hilft uns, aus unserem Zuhause eine Quelle der Entwicklung zu machen. Aber dies gelingt nicht immer problemlos; oft verlangt es Achtsamkeit und Behutsamkeit beim Aufnehmen von Beziehungen. Meinungsverschiedenheiten unter Eheleuten, unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen an Situationen, eine integrierende Rolle in der Familie, die von jedem Mitglied erwartet wird, nicht zu übernehmen pflegen zu verhindern, dass die Beziehungen sich partizipierend gestalten und führen dazu, dass die Familienmitglieder voneinander getrennte Leben führen. Denken wir also daran, dass die Liebe, die wir gern verkünden, nicht unsere persönlichen Fehler beseitigt. Es fällt uns schwer wahrzunehmen, was einer Person Freude bereiten kann und noch schwieriger ist es für uns, jenseits unserer eventuellen Erfolge und Fehler, zu erkennen, was eine ganze Gruppe glücklich macht. Und das Gleiche geschieht unseren Mitbewohnern. Diese Wirklichkeit zu erkennen, zeigt uns, in unseren Beziehungen demütig zu sein, nicht von anderen etwas zu fordern, was uns selbst zu erfüllen schwer fällt, und mit allen brüderlich zusammen-zu wirken, um Beziehungen herzustellen, die stets harmonischer und fruchtbarer werden.

Es zu schaffen mit den Mitgliedern unserer Familie in Harmonie zu leben, auf gesunde Weise die materiellen und spirituellen Probleme zu Hause zu lösen, stellt ein Samenkorn dar, das wir alle in der Welt säen mögen und wir bemühen uns darum, dass es so sei. Wir können schlecht helfen, die Probleme anderer zu lösen, wenn wir nicht unsere eigenen lösen können. Das beständige Bemühen um Anerkennung, Verbesserung und Aufrichtigkeit in unseren Familienbeziehungen ist die Grundlage eines dauerhaften und Gewinn bringenden Friedens für uns und auch für die Gesellschaft.

So wie wir an unseren familiären Beziehungen arbeiten, so tun wir dies auch an den Beziehungen, die unsere Tafel, unsere Gruppe und wir selbst zu unserem Stabilitätsradius haben, zu seinen Einwohnern, ihren Bedürfnissen und Projekten. Obwohl die beruflich oder familiär bedingte Mobilität zu einer bedeutenden Veränderung geführt hat, wie und auf welche Weise wir Zugehörigkeit zur Umwelt empfinden, ist Verwurzelung eine einfache und direkte Art und Weise, uns als ein Teil der Welt zu empfinden, in der wir leben, weil wir freundschaftliche und berufliche Bindungen mit unserem sozialen und kulturellen Lebenskreis

LEBENSMETHODE – AUSGABE 2009 40

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sowie der Umwelt eingehen. Wenn wir dafür sorgen, dass diese Bindungen erhalten bleiben, motivieren sie uns, unsere Integration in die Menschheit zu vertiefen und beschleunigen den Prozess der Erweiterung unseres Bewusstseins. Die Erfahrung der Mitglieder von Cafh, die ausgewandert sind und neue Bindungen der Verwurzelung und Zugehörigkeit geknüpft haben, ist in der Geschichte von Cafh eine wertvolle Lehre, weil diese Erfahrung diesen Prozess der Partizipation verbürgt.

Die Praxis der Methode von Cafh hilft uns dabei, ideologische, ethnische, ökonomische, soziale oder kulturelle Positionen, die wir sowohl in der Gesellschaft als auch bei uns selbst vorfinden, zu überschreiten. Ein guter Beginn auf dem Weg hin zu Partizipation ist, die paternalistische Haltung zu erkennen, die uns dazu verleitet, uns anderen überlegen zu fühlen, über deren Meinungen oder sogar Leben wir bedenkenlos urteilen, als wüssten wir besser als andere, wie die Tatsachen sind, wer Recht hat und wer sich irrt. Gerade diese Illusion, uns denen überlegen zu fühlen, von denen wir meinen, sie hätten von uns zu lernen, gilt es zu überwinden, um uns wirklich mit allen Seelen zu vereinen und Frieden und Harmonie in der Welt zu verbreiten.

Die Grundnorm der Partizipation mit der Gesellschaft ist der Respekt und die Befolgung der Gesetze unseres Landes und der Normen des Zusammenlebens an unserem Wohnort; aber wenn auch der Respekt vor dem Recht anderer, vor den Richtlinien in Beziehungen, vor dem Prinzip der Solidarität eine klare Integration in die Gesellschaft fördert, bringt uns die in der Methode von Cafh implizite Ethik dazu, mehr als lediglich Normen zu erfüllen, die uns vorschreiben, was wir tun und was wir nicht tun sollen. Deshalb achten wir darauf, uns keine Vorteile vor anderen zu verschaffen, nur weil das, was wir tun werden, nicht verboten ist. Jeder von uns kennt seine Möglichkeiten und entscheidet, wie er sich verhält. Eine offene Einstellung zu haben, für das Allgemeinwohl zu denken, zu empfinden und zu arbeiten, ohne dass dies auf Kosten des Wohlbefindens anderer geschieht, fördert in uns auf praktische Weise ein Bewusstsein der Erweiterung und Partizipation.

Dieser Prozess der Erweiterung des Bewusstseins geschieht nach dem Takt unseres Lebens. Wenn wir wünschen, dass die Bemühung, diesen Prozess zu schaffen, auch ein Ansporn für unsere Mitmenschen sein soll, ist es gut daran zu denken, dass wir weniger Energie brauchen, besser die Zeit nutzen und schneller die aufkommenden Situationen lösen, wenn wir mit Verantwortung, Effizienz und Beharrlichkeit den kleinen Anforderungen unserer täglichen Arbeiten entsprechen, in Bereichen der Produktion, der Erfindung oder der Beziehungen. So wie ein Haus gebaut wird, indem Stein auf Stein gesetzt wird, so werden die großen Werke mittels kurzer, standhafter und sicherer Schritte verwirklicht, die auf das ausgerichtet sind, was man gewählt hat.

Der Frieden unserer Seele und der Frieden der Welt sind zwei Seiten derselben Medaille. Die eine wird von der anderen genährt. Dass es einigen gut und anderen sehr schlecht geht, dass einige viel und viele andere wenig besitzen, kann oberflächlich betrachtet als gut für Privilegierte und als schlecht für die, die weniger Glück haben, erscheinen. Wenn wir jedoch die Dynamik des Lebens auf Erden verstehen und sehen, dass jeder von uns ein Teil einer größeren Gesamtheit ist, begreifen wir, dass der wirkliche und dauerhafte Frieden auf der Liebe, dem Wohl und dem Vorankommen aller beruht. Die Methode von Cafh weist uns auf den Weg dieses gemeinsamen Wohles hin.

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MENTALE OFFENHEIT

14. Lehrtext

„Die Entwicklung der Fähigkeit, fremde Meinungen zu respektieren, nicht zu kritisieren, die Bereitschaft zur Teamarbeit, die Anerkennung des Rechts der anderen sich zu äußern, sind nicht nur Tugenden, sondern erforderliche Bedingungen, um an der Zusammenkunft der Seelen von Cafh zu partizipieren.“ Methode, 1. Kapitel

„Sie sind achtsam gegenüber der üblichen Tendenz, jene zu kritisieren, die anders scheinen. Geistige Offenheit erlaubt zu lernen, die Dinge von verschiedenen Gesichtspunkten aus zu betrachten und sich durch die Erfahrung von anderen Personen, Kulturen und ethnischen Gruppen zu bereichern. Sie weisen nicht aus bloßem Vorurteil heraus Gedanken oder Beiträge anderer zurück, oder weil sie etwas, was verletzt oder der eigenen Meinung widerspricht, einfach nicht hören wollen. Sie denken daran, dass die Geschichte beweist, dass Intoleranz, Ablehnung und Gleichgültigkeit zerstörerische Kräfte sind, die Leid, Elend und Unglück bringen; während Toleranz, Akzeptanz und Liebe aufbauende Kräfte sind, die Frieden und Glückseligkeit für jeden Einzelnen und die Gesellschaft bringen.“ Methode, 16. Kapitel

Die spirituellen Doktrinen beschreiben die Beziehung zwischen Seele und Göttlichem, sie legen die Theorien über Ursprung und Schicksal des Menschen dar, weisen auf die diversen Etappen hin, die die Seele während ihrer Entwicklung durchschreitet. Die azetisch-mystischen Schulen lehren die Schüler verschiedene körperliche und mentale Übungen, Methoden der Meditation und des Gebets und Techniken, um die Seele in einen übernatürlichen Zustand zu erheben. Doch haben es bisher weder die verschiedenenartigen Beschreibungen der Beziehung zwischen der Seele und Gott noch die asketischen und mystischen Praktiken geschafft, dass wir Menschen lernen, in Frieden und Harmonie zusammenzuleben. In unseren Meditationen lieben wir alle und bitten für das Wohl aller in unseren Gebeten, aber in unseren Taten stoßen wir mit anderen zusammen. Die großen spirituellen Lehrer haben gelehrt, dass auf Erden die Liebe zu Gott als Liebe zwischen den Menschen zum Ausdruck gebracht wird und dass die Vollkommenheit der Liebe darin besteht, für das, was man liebt, sein Leben hinzugeben. Sie haben dies durch ihr eigenes Leben bezeugt. Aber wir, die wir meinen, ihre Lehren zu befolgen, pflegen uns gegenseitig im Namen dieser Liebe zu verfolgen. Leider gibt es in der Geschichte der Menschheit viele Massaker und Verfolgungen, die im Namen Gottes begangen wurden.

Damit wir Beistand und spirituelle Beratung, die wir für unsere Entwicklung brauchen, gewinnbringend nutzen, ist zuerst unsere Erkenntnis erforderlich, dass wir uns entwickeln müssen. Lehren und spirituelle Beratungen offenbaren die Aspekte, an denen wir arbeiten müssen. Es ist jedoch die Offenheit unserer Ansichten, durch die wir merken, dass wir Hilfe benötigen.

Damit unser Glaube und unser Wille uns zu entwickeln eine harmonische spirituelle Entwicklung ermöglicht, frei von mystischen Träumereien und starren Ansichten, die uns konfrontieren und in widerstreitende Gruppen aufteilen, ist es erforderlich, dass wir lernen zusammenzuleben und uns gegenseitig zu akzeptieren.

Die Plaudereien über die Liebe ergeben nicht immer Gutes, auch nicht Überlegungen, dass es oft unvermeidbar ist, Leid zu verursachen, um Gutes zu tun. Wir sind nicht diejenigen, die bestimmen, welche Personen unter den Folgen dessen leiden sollen, was wir als Liebe bezeichnen. Darum ist es besser die Liebe nicht zu deuten, sondern sie einfach mit Schlichtheit

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zu leben: Liebe durch Aufopferung zu geben. Innerlich geben wir der Göttlichen Mutter unser Leben hin, auf praktisch-tätige Weise geben wir es hin, indem wir auf positive Art und Weise für das Wohl aller Wesen arbeiten und dabei mit unserer Beziehung zu ihnen beginnen. Denken wir daran, dass wir Liebe auf die Weise ausdrücken, wie wir mit der Akzeptanz der Verschiedenheit umgehen. Wir Seelen sind nicht etwas Abstraktes und Mysteriöses, sondern auf Erden sind wir Menschen mit Tugenden und Fehlern, verschiedenen Meinungen, Lebensweisen und Anstrengungen, Personen, die nach wie vor Konflikte haben und miteinander kämpfen. Da dies unsere Situation ist, arbeiten wir an den Beziehungen zu anderen und der Gesellschaft solchermaßen, dass wir nicht noch mehr Gewalt der schon bestehenden hinzufügen; dass wir die negativen Kräfte in Akzeptanz, Toleranz und Verständnis umwandeln. Wo wir leben und uns entwickeln, bemühen wir uns, Harmonie zu erzeugen. Diese Arbeit erfordert Kraft und Fähigkeit der Aufopferung. Es ist leicht und bequem, Partei für die eine oder andere Sache zu ergreifen; - aber wie können wir Partei ergreifen für das Wohl aller?

Das Akzeptieren des Menschen beginnt mit konkreten Taten der Freundschaft, Solidarität und Respekt, ohne dabei zu diskriminieren wegen ideologischer Differenzen und auch nicht wegen sozialer, intellektueller oder religiöser Bedingungen. Wir entwickeln diese Verhaltensweise, indem wir mit der Beziehung zu unserer Familie, unseren spirituellen Gefährten und unseren Kollegen beginnen; kurzum mit denen, die uns am nächsten sind, da, wo wir leben.

Sobald wir darauf achten, wie unsere Beziehungen beschaffen sind, begreifen wir, dass wir an unseren Gewohnheiten der Kritik und der üblen Nachrede arbeiten müssen, um uns eine Haltung der Akzeptanz anzueignen; wir verstehen, dass wenn wir nicht aufhören zu kritisieren, wir uns früher oder später zwangsläufig gewaltsam gegenüber anderen entladen werden. Außerdem erkennen wir, dass wir uns durch unsere Kritik dem kritisierten Objekt gegenüber überlegen fühlen.

Um zu entdecken, wie sehr wir lieben, beobachten wir, wie viel wir akzeptieren. Wenn wir merken, dass wir kritisieren, wissen wir, dass wir in der Akzeptanz vorankommen müssen. Es ist nicht das Ziel, mit allen einverstanden zu sein, sondern Maßstäbe zu entwickeln, um nicht, ohne zu verstehen, Vorurteile zu pflegen und um dann, wenn wir evaluieren, dies mit Vernunft zu tun. Diese Akzeptanz ist ausschlaggebend für die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Menschen.

Wenn wir manchmal versuchen, eine spirituelle Beziehung aufzunehmen, verwechseln wir die Art der Beziehung, die wir suchen, mit dem Thema unserer Gespräche, ohne zu erkennen, dass die von uns angesprochenen Themen nicht die Art unserer Beziehungen bestimmen. Unsere Beziehung ist spirituell, wenn der Wunsch uns hinzugeben uns motiviert, wenn wir nicht davon abhängig sind, ob unsere Erwartungen sich erfüllen, wenn wir eine Beziehung aufnehmen. Wenn das nicht so wäre, wären unsere Beziehungen nichts weiter als ein Aufeinanderprallen von wechselseitigen Interessen. Wenn wir zum Beispiel nicht das zurückbekommen, was wir für unsere Liebe erwarten, beschweren wir uns, kritisieren oder weisen die zurück, von denen wir behaupteten, sie zu lieben. Es ist also nicht verwunderlich, wenn wir uns dann alleingelassen fühlen, weil diese Verhaltensweise uns isoliert. Unsere Beziehung ist spirituell, wenn wir die Personen als Seelen betrachten, die die Schönheit ihrer Individualität widerspiegeln, wenn wir uns dahin öffnen, sie zu verstehen, zu akzeptieren und zu lieben.

Um uns zu entwickeln, müssen wir also unsere Beziehungen als eine Gesamtheit betrachten. Wenn wir behaupten, dass wir viele Probleme mit unseren Beziehungen haben, ist es sehr

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wahrscheinlich, dass wir unsere Verhaltensweisen nicht ganz richtig begriffen haben, denn Probleme in Beziehungen sind selten voneinander ganz unabhängig; deswegen können wir sie nicht überwinden, wenn wir sie als Einzelfall behandeln. Die scheinbar verschiedenen Konflikte sind im Allgemeinen Aspekte der gleichen mentalen Einstellung. Im Allgemeinen haben die aktuellen großen Probleme der Menschheit ihren Ursprung in Problemen der Beziehungen zwischen den Menschen. Bis wir uns nicht entschließen, an unserem Bewusstseinszustand zu arbeiten, werden wir unter Hunger, Verfolgung, Zerstörung, Aggression, Tod und Schmerz leiden, die wir selbst verursacht haben. Darüber zu klagen bedeutet, den wirklichen Ursprung des Problems zu ignorieren: unseren Mangel an mentaler Offenheit, uns auf ausgeglichene und einschließende Weise mit unserem sozialen Umfeld Verbindung zu setzen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, könnte die spirituelle Entwicklung als ein Entwicklungsprozess der Beziehungen verstanden werden.

Die Qualität der Beziehung weist auf den Grad und die Art der Verbundenheit hin, die zwischen einer Person und den anderen besteht. Vielleicht würde es besser passen, nicht von guten oder schlechten Beziehungen zu sprechen, sondern uns auf die Art der Verbundenheit zu beziehen, die in der jeweiligen Beziehung zum Ausdruck kommt. Die Verbundenheit kann oberflächlich oder tiefgründig, erweiternd oder begrenzend, negativ oder positiv sein.

Im Allgemeinen verstehen wir unter Beziehung die Umgangsform des menschlichen Miteinanders. Beziehung ist etwas Tiefgründigeres; sie ist die Bindung zwischen den Personen. Der Umgang könnte auf viele Arten qualifiziert werden, zum Beispiel als gut oder schlecht. Die Bindung untereinander kann hingegen sehr vielfältiger Art sein. Einige Beziehungen können uns helfen, uns zu entwickeln; andere hingegen behindern unser geistiges Wachsen.

Der Versuch die Beziehung zu einer Person zu verbessern, so als wäre sie unabhängig von den Beziehungen, die wir zu anderen Personen haben, wäre eine unendliche Arbeit. Wenn wir zum Beispiel behaupten, dass wir gute Beziehungen zu allen haben, ausgenommen eine Person, müssen wir zugeben, dass unsere Fähigkeit, mit Personen in Verbindung zu treten, der Verbesserung bedarf. Wenn diese Verbesserungsbedürftigkeit sich noch nicht bemerkbar gemacht hat, dann weil nur eine Person uns widerspricht, sei es mit ihren Worten, Meinungen oder Verhalten. Würde auch nur eine weitere Person dasselbe tun, würden wir auch mit ihr zusammenstoßen.

Die Entwicklung der Beziehung führt zur Integration zwischen einer Person und einer anderen. Wir haben eine Art der Beziehung zu den Personen, die wir lieb haben, eine andere zu denjenigen, die wir nicht so lieb haben, wiederum eine andere zu unseren Freunden, eine andere zu unseren Bekannten und viele andere zu all denen, die wir nicht kennen, je nach ihren Eigenschaften, Gewohnheiten und Neigungen. Wenn wir jedoch an einen großen spirituellen Lehrer denken, erkennen wir ihm eine ausgewogene und ausgezeichnete Beziehung zu allen zu. Das sollte unser Ideal sein. Auch wenn wir wissen, dass wir dieses Ideal nicht von einem Tag auf den anderen erreichen können, können wir doch viel tun, um Frieden und Harmonie in unseren Beziehungen zu anderen zu erlangen, was sich rasch auf unsere innere Ruhe und Harmonie auswirken würde.

Wenn wir die Seelen lieben, lieben wir sie so, wie sie sind. Häufig jedoch wollen wir unsere Mitmenschen ändern, so dass sie wie wir denken und empfinden sollen, und daraus entsteht Streit miteinander statt Verbindung. Es ist klar, dass wir nicht in Gleichgültigkeit verfallen sollen ohne uns für das zu interessieren, was andere vielleicht brauchen. Unser Wunsch, anderen helfen zu wollen, hat einen edlen Ursprung. Aber das Helfen besteht nicht darin, andere in unser Ebenbild umzugestalten, sondern sie zu unterstützen, damit sie sich je nach ihren Eigenschaften und persönlichen Zielen entwickeln. Um auf diese Weise helfen zu

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können, müssen wir diese Eigenschaften und Ziele verstehen; um sie zu verstehen, müssen wir damit beginnen, sie zu akzeptieren.

Wenn wir die Absicht haben, anderen zu helfen, beginnen wir mit dem Eingeständnis, dass wir anderen schlecht helfen können, wenn wir mit ihnen nicht zusammenleben können und sie nicht akzeptieren, wie sie sind. Es ist einfach, mit befreundeten oder toleranten Personen zusammenzuleben. Aber das Zusammenleben wird auf die Probe gestellt, wenn wir mit jemandem zusammenleben müssen, der nicht so denkt wie wir, oder mit Personen, deren Charakter uns unangenehm erscheint .

Wenn wir die Seelen lieben, versuchen wir, nicht ungeduldig zu sein und uns über sie nicht zu ärgern. Wenn wir bemerken, dass wir außer Kontrolle geraten könnten, entscheiden wir uns, den Mund zu schließen, um nicht zu verletzen, bis wir uns wieder beherrschen können.

Wenn wir die Seelen lieben, respektieren wir sie. Wir mischen uns nicht in das Leben anderer ein, weder mit unseren Meinungen, noch mit Ratschlägen. Wir wissen, dass wir bei uns selbst genug zu verbessern haben. Wenn uns jemand um Rat bittet, bedenken wir, dass wir uns irren können und verwechseln unsere Meinung nicht mit der Wahrheit. Wir denken daran, dass nur ein Rat, der auf Liebe gegründet ist, ein guter Rat sein kann.

Wenn wir die Seelen lieben, dann helfen wir, in Frieden zu leben. Wir vermehren nicht durch unseren Zorn oder Ärger die Gewalt, die schon existiert. Wir sind uns bewusst, dass da, wo Gewalt ist, auch Unbewusstheit ist, und wir arbeiten nur daran, das Bewusstsein zu wecken.

Wenn wir die Seelen lieben, lieben wir sie alle. Wenn wir keine Unterschiede zwischen ihnen machen, beginnt bei uns wahrer Friede zu entstehen.

Wir verbinden uns mit dem Leben durch dessen Geschehnisse. Und diese Geschehnisse sind mit anderen Menschen verknüpft. Daher reicht es, unsere Beziehung zu anderen zu beobachten, um den Zustand unserer Seele zu erkennen, unsere spirituelle Entwicklung zu erkennen und die Großzügigkeit der Absichten, die uns zum Handeln bewegen.

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DIE ASKESE

15. Lehrtext

“Mit der Entdeckung der spirituellen Berufung erwacht die Sehnsucht, diese zu erfüllen. Die Seele bedarf jedoch der formellen Verpflichtung zu ihrer Berufung, um ihr Bestreben aufrecht zu halten und zu erfüllen.“ Methode, 19. Kapitel.

Wenn wir uns gegenüber unserer Berufung verpflichten, übernehmen wir eine Methode, die uns anleitet, die Berufung zu verwirklichen. Die Methode von Cafh gibt uns Richtlinien und Empfehlungen, die eine Askese des Lebens zusammenstellen, die diesem Vorsatz entspricht. Diese Empfehlungen enthalten Praktiken, die uns ermuntern, unsere Verhaltensweisen und deren Einfluss auf uns selbst und unser Umfeld ins Bewusstsein zu rücken. Wenn wir diesen Einfluss erkennen, können wir beurteilen, wie wir unsere Verhaltensweisen lenken können, so dass sie unsere spirituelle Entwicklung begünstigen.

Unter den in der Methode vorgeschlagenen asketischen Praktiken unterscheiden wir: Übungen, Routinen und Gewohnheiten.

Die Übungen beziehen sich auf Körper und Verstand.

Die den Körper betreffenden Übungen stehen in Zusammenhang mit der Gesundheit und sind sowohl Körperübungen, als auch Übungen zur Veränderung des Verhaltens zum Beispiel wie wir uns ernähren und wie wir aktiv sein können, um ein gesundes Leben zu führen.

Bezüglich der Förderung unserer Gesundheit haben wir sowohl eine persönliche als auch eine soziale Verantwortung. Die Verantwortung ist persönlich, weil unser Körper das Vehikel ist, mit dessen Hilfe wir durch unser Leben gehen; wenn wir das erwünschte Ziel erreichen wollen, müssen wir Verantwortung dafür übernehmen, wie wir den Körper behandeln. Die Verantwortung ist sozial, weil der Mangel an Vorsorge, ungeeignete Ernährung, ungesunde oder unvorsichtige Gewohnheiten Krankheiten oder Gebrechen verursachen, wenn nicht sogar vorzeitigen Tod, deren Kosten unsere Familie, unsere Gemeinschaft und sogar die Gesellschaft als Gesamtheit übernehmen müssen.

Die mentalen Übungen entwickeln die Fähigkeit, mit unserem Verstand für uns und unser Umfeld zu arbeiten. In dem Maße, wie wir Beherrschung über unseren Verstand erlangen, beherrschen wir nicht nur unsere Emotionen, Reaktionen und Verhaltensweisen, sondern erlangen allmählich, kraft dieser Beherrschung, genügend Freiheit, um unsere Optionen zu unterscheiden und sowohl Ziele als auch Verhaltensweisen mit Besonnenheit zu wählen.

Unter den mentalen Übungen verfügen wir über Gebet, diskursive Meditation, affektive Meditation, retrospektives Examen, spirituelle Lektüre, Studium und Dialog.

Das Gebet ist das Mittel, mit dem wir in ganz persönlicher und freier Weise mit dem Göttlichen in Verbindung treten Das Praktizieren des Gebets macht uns bewusst, wo wir uns im Kontext der Ewigkeit befinden und erhält unsere Berufung aufrecht, uns auf spirituelle Weise zu entwickeln. Wir Cafh- Mitglieder rufen normalerweise den Ursprung der Schöpfung des Universums mit dem Namen der „Göttlichen Mutter“ an.

Die diskursive Meditation ist die Eingangstür in unsere innere Welt. Ihre Einfachheit verhilft uns dazu, uns ohne Vorbehalte, ohne Ausreden, ohne Angst vor Be- und Verurteilungen zu äußern. Solchermaßen können wir immer tiefer in uns eindringen und können lernen zu

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entdecken, nicht nur zu wählen, was wir in Wirklichkeit im Leben suchen, um anschließend zu entscheiden, was wir bereit sind, für dessen Verwirklichung zu tun.

Die affektive Meditation lehrt uns, eine Situation mit Gelassenheit und Objektivität zu betrachten und davon ausgehend die Gefühle hervorzubringen, die wir in solch einer Situation empfinden wollen. So erlangen wir allmählich Beherrschung über unsere Empfindungen und in deren Folge über unsere Verhaltensweisen, was es uns ermöglicht, unsere Energien einträglich zu kanalisieren.

Die verschiedenen Arten der Meditation geben uns die Gelegenheit, zu Beginn des Tages zu erwägen, wie wir den Tag erleben wollen und wohin uns diese Lebensweise führt. Weiterhin, im Verlauf des Tages, ist die Meditation das Mittel, durch das wir uns unserer selbst und dessen, was wir gerade erleben, bewusst werden.

Die Übung des Dialogs ist interaktiv und lehrt uns zuzuhören und die Ungeduld zu kontrollieren, die uns verleitet andere zu unterbrechen; lehrt uns, die Zeiten anderer zu respektieren; wertzuschätzen; vor einer Meinungsäußerung nachzudenken und uns zu äußern, ohne zu kritisieren. Durch die Begrenzung unserer Redezeit üben wir außerdem, uns mit klarer Formulierung und synthetisch auszudrücken.

Das retrospektive Examen hilft uns, das während des Tages Geschehene im Nachhinein zu betrachten, um so den Ertrag der erlebten Erfahrung aufzunehmen. Weil wir das Geschehene nicht beurteilen, können wir mit Klarheit unsere Erlebnisse begreifen und zu Schlussfolgerungen gelangen, die wir mit Gewinn für unsere spirituelle Entwicklung anwenden können.

Die spirituelle Lektüre gibt uns Beispiele von Lebensläufen, die uns helfen, unsere eigene Erfahrung genauer zu verstehen, und Themen zum Nachdenken, die uns bei der Bemühung uns zu entwickeln begeistern und ermuntern.

Das Studieren hält uns aktuell informiert. Außerdem lehrt es uns, zwischen Möglichem und Beweisbarem, zwischen Meinungen und Tatsachen, zwischen Theorien, die sich auf Interpretationen stützen, und Beschreibungen von Offensichtlichem zu unterscheiden. So vermeiden wir in Extreme, in unveränderliche Haltungen zu verfallen und lernen zu denken und Wahrhaftiges vom Möglichen sowie Wichtiges vom Unwichtigen zu unterscheiden.

Die Routinen sind vorgesehene Aktivitäten, die regelmäßig und zeitlebens stattfinden, solche wie die in der Methode beschriebenen wöchentlichen Versammlungen und die Retreats.

Die wöchentlichen Versammlungen ermöglichen, dass wir uns aufgrund eines gemeinsamen spirituellen Zieles mit Weggefährten treffen und als Seelen miteinander in Verbindung treten, jenseits unserer Lebenswege, Positionen und Meinungen. Weil diese Unterschiede uns die Gelegenheit bieten, verschiedene Standpunkte und vielfältige Erfahrungen kennenzulernen, bereichern sie uns, anstatt uns in einander entgegen gesetzte Personen und Gruppen zu teilen. Besonders bereichern uns die wöchentlichen Versammlungen, weil wir dabei mit Blickrichtung auf ein transzendentes Ziel Respekt und gegenseitiges Wohlwollen entwickeln. Die wöchentlichen Versammlungen geben uns auch Zeit, um Gebet und Verständnis der Lehren zu ergründen; um verschiedene Möglichkeiten, das Leben zu interpretieren, zu evaluieren; um zu verstehen, was uns geschieht, und auch um geeignete Wege zu finden, die unsere Entwicklung leichter machen.

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Die Retreats bieten uns die Gelegenheit, von unserem alltäglichen Leben Abstand zu nehmen. Während der Retreats können wir uns innerlich zurückziehen und über das nachdenken, was wir getan haben, über unsere gegenwärtige Situation im Zusammenhang mit unserer Berufung und über unsere Ziele. Weil uns der Retreat außerdem in einen Kontext, einen Rhythmus und Gewohnheiten rückt, die von dem abweichen, was für uns üblich ist, erkennen wir deutlich unsere Gewohnheiten, Vorlieben und Vorurteile. Dies ermöglicht, dass wir sie unterscheiden, evaluieren und die Grundlage für unsere zukünftige Arbeit daran festlegen.

Die Empfehlungen der Methode hinsichtlich des Verhaltens in verschiedenen Lebensumständen leiten uns an, unsere Verhaltensweisen und unsere Gewohnheiten in unser Bewusstsein zu rücken, zu unterscheiden, welche von Nutzen sind und bei welchen es ratsam ist, sie zu verbessern. Wenn wir eine abträgliche Gewohnheit entdecken, denken wir daran, dass die effektivste Weise sie zu überwinden die ist, sie durch eine zuträglichere zu ersetzen.

Die asketischen Übungen der Methode ergänzen sich durch Aspekte des Verhaltens, das das Zeremoniell festlegt. Diese Verhaltensweisen lehren uns, punktuellen Momenten unseres Alltags Würde zu verleihen. Wenn wir zum Beispiel eine Person treffen, sie mit Respekt anzuerkennen und zu begrüßen; Begegnungen mit Verwandten und Weggefährten wertzuschätzen; mit dem Vers des Tischsegens das Glück anzuerkennen, dass wir Nahrung sowohl für den Körper als auch für die Seele zu uns nehmen können; durch die Verse und Zeremonien die entscheidenden Momente unserer Entwicklung in unseren Verstand einzuprägen.

Um es zusammenzufassen: Die Empfehlungen der Methode helfen uns dabei, unser Verhalten in Übereinstimmung mit unserer Berufung zu bringen, damit das, was wir im Lauf der Zeit tun, uns dahin führt, die Berufung so zu verwirklichen, wie wir es ersehnen. Durch alltägliche Handlungen, denen wir Respekt und Reverenz verleihen, erinnert uns das Zeremoniell Schritt für Schritt an unsere Berufung zur Union mit dem Göttlichen.

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DIE MYSTIK

16. Lehrtext

“ Die Söhne und die Töchter heiligen ihren Tag.... Beim Aufwachen sei ihr erster Akt eine innige Erhebung der Gedanken an die Göttliche Mutter....“ Methode, 1. Kapitel.

Diese Worte der Methode helfen uns, die in ihrem Text enthaltenen Empfehlungen in einen Kontext zu stellen.

Es bestehen keine Zweifel, dass die Praktik der asketischen Übungen uns hilft, ein gesundes und einigermaßen geordnetes Leben zu führen. Die körperlichen Übungen erhalten die Beweglichkeit und eine relative Stärke des Körpers aufrecht und gesunde Ernährungsgewohnheiten helfen bei der Verhütung von Krankheiten. Die mentalen Übungen helfen uns, einen klaren Verstand zu behalten und das Nachlassen oder gar den Verlust der intellektuellen Fähigkeiten zu verhindern oder zumindest zu verzögern.

Ein geordnetes Leben zu führen, fördert die Harmonie zuhause und erhöht die Effizienz unserer Aktivitäten; gewohnheitsmäßiges Lesen und Lernen verbessern das Verständnis der uns umgebenden Wirklichkeit; vernünftiges Verwalten der Gelder verhütet wirtschaftliche Probleme und sogar Konflikte in den zwischenmenschlichen Beziehungen.

Die Methode zu befolgen entwickelt die Fähigkeit, unser Leben in Ordnung zu bringen, in eine von uns gewählte Ordnung, in Übereinstimmung mit unseren Werten und unserem spirituellen Ziel.

Das Bemühen, dieser Ordnung zu folgen, entwickelt unsere Selbststeuerung und besonders die Beherrschung unserer Gedanken.

Diese Beherrschung regt uns an, bewusst zu sein bei jeder Sache, die wir tun, und unser Bewusstsein in der Gegenwart zu belassen, ohne die Vergangenheit zu vergessen und die Zukunft zu ignorieren.

Wenn wir die Empfehlungen der Methode nur als eine Disziplin für das Leben auffassen, ist es klar, dass wir besser leben werden. Aber die Methode ist nicht nur auf ein gesundes und nützliches Leben ausgerichtet, sondern auch darauf, dass dieses Leben unsere Entwicklung mit dem Ziel der Union mit dem Göttlichen anregt. Das heißt, das Ziel der Methode ist die Mystik.

Unsere Tage in einen Kontext zu bringen, indem wir unsere Gedanken zur Göttlichen Mutter erheben, hilft uns auf weitsichtige Weise gegenwärtig zu bleiben, nicht nur im Hier und Jetzt, sondern im Geltungsbereich des Lebens in seiner Gesamtheit.

Die Methode empfiehlt, den großen Kontext unseres Lebens in Erinnerung zu bringen und über Verhalten, Ernährung, Arbeit, Beziehung zur Krankheit, zum Tod usw. nachzudenken. Diese Überlegungen und wie sie unser Verhalten beeinflussen, zentrieren uns auf unsere Berufung. Das heißt, wir lernen in Partizipation zu leben, sowohl in unserer Beziehung zu unseren nächsten Mitmenschen, als auch zur Gesellschaft, zur Welt und zum Leben.

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Wenn wir die Methode befolgen mit der Absicht, auf unsere Berufung zentriert zu sein, sind wir uns dabei doch auch bewusst, dass wir alles mit allen teilen, sowohl das, was wir genießen, als auch das, was wir erleiden. Zu lernen, in der Gegenwart präsent zu sein und zu partizipieren, regt uns an, unsere persönlichen Grenzen zu überwinden, um uns von der Unermesslichkeit der ewigen Gegenwart begeistern zu lassen. So wie es im vierundzwanzigsten Kapitel der Methode beschrieben wird: „Von einem Fenster aus gesehen ist der Himmel ein kleines Stück; aber im Freien betrachtet, hat er eine Ausdehnung, die das Auge nicht erfassen kann. Indem die Seele ihrer kleinen Welt entsagt, indem sie ihrer persönlichen Problematik entsagt, hat sie Zugang zur Unermesslichkeit ihrer Wirklichkeit: Sie ist in allen Seelen.“

Es sind die täglichen Aktivitäten, wie Meditation, spirituell anregende Lektüre, regelmäßige Versammlungen, Retreats, das Studieren der Lehrtexte, der Austausch mit unseren spirituellen Weggefährten, die diese Erweiterung bekräftigen.

Es ist unsere Absicht der Union mit der Göttlichen Mutter, die uns offen sein lässt, unsere Konzepte und gewohnheitsmäßiges Verhalten zu überprüfen, um fähig zu sein, die Interpretationen zu verbessern und zu erweitern, die durch unsere verfeinerte/fortschreitende Wahrnehmung und durch den Fortschritt des menschlichen Wissens eventuell schon überholt sind.

Unser Bestreben die göttliche Union zu erreichen zentriert sich auf die Entwicklung unseres Bewusstseinszustands. Die Methode zu befolgen regt uns an, dieser Expansion/ Erweiterung durch einfache und für unser Leben geeignete Regeln näher zu kommen. Mehr als dass wir außergewöhnliche mystische Erfahrungen suchen, orientiert uns die Methode dahin, unser Leben durch gewöhnliche Handlungen außergewöhnlich zu machen und so auf einfache und sichere Weise in der Erweiterung unseres Bewusstseins voranzukommen.

Askese ohne Mystik bringt uns eine begrenzte und partielle Wahrnehmung von uns selbst. Mystik ohne Askese stürzt uns in subjektive Illusionen. Die Verbindung der einen mit der anderen hilft uns, uns auf ausgeglichene und erweiternde Weise zu entwickeln.

Wenn Askese Benehmen ist, ist Mystik Verhalten. Wenn Askese Ordnung ist, ist Mystik Liebe. Wenn Askese Anstrengung ist, ist Mystik Freude.

Die Verbindung von Askese und Mystik erhält unser Bewusstsein von der Wirklichkeit des Daseins aufrecht und erweitert unser Bewusstsein, um das Dasein mit zunehmender Tiefgründigkeit wahrzunehmen, damit wir vollkommen die Möglichkeiten verwirklichen, die uns das Leben bietet. Das schenkt unserem Verstand Frieden und unserem Herzen Fülle.

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