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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Methyl(trifluormethyl)haIogensulfonium-Salze [ 1 ] Halogen = F, CI, Br, I Methyl(trifluoromethyl)halosulfonium Salts [1] Halogen = F, Cl, Br, I Rolf Minkwitz* und Arnulf Werner Fachbereich Chemie der Universität Dortmund, Postfach 500500. D-4600 Dortmund 50 Z. Naturforsch. 43b, 403-411 (1988); eingegangen am 10. Dezember 1987 Preparation. Raman Spectra, NMR Spectra, IR Spectra The preparation and spectroscopic characterization of the halosulfonium salts CH ,(CF,)SHal + A (Hal = F, Cl, Br, I, A" = AsF 6 ~~, SbF 6 ~, SbCl A ") is reported. The compounds are synthesized by the reaction of the sulfane CH,SCF, with XeF + MF h ~, Cl.F+AsFf,", Cl 2 /AsF 5 , Cl 2 /SbCl 5 , Br : /AsF 5 , or I 3 + MF 6 ~ (M = As, Sb), resp., at low temperatures. Einleitung Im Rahmen unserer Untersuchungen über Schwe- felhalogenide gebührt den Schwefel-Iod-Verbindun- gen wegen ihrer Rarität unser besonderes Interesse. Kürzlich gelang uns am (C 6 H 5 ) 3 CSI die erste Kristall- strukturanalyse eines Iodsulfans [2], und mit der Darstellung der Kationen (CH 3 ) 2 SH + [3] und (CH 3 ) 2 SI + [4] in Substanz konnten wir die homologe Reihe (CH 3 ) 2 SX + A~ (X = H, F, Cl, Br, I, A" = ASF 6 - , SbCl ft ") komplettieren. Von den entspre- chenden perfluormethylierten Kationen sind nur die beiden Salze (CF 3 ) 2 SF + MF 6 ~ (M = As, Sb) in reiner Form erhältlich [5]. Unsere Versuche zur Darstel- lung von (CF 3 ) 2 SC1 + -Salzen haben nicht zu eindeuti- gen Ergebnissen geführt. Es war in diesem Zusammenhang die Frage zu klä- ren, inwieweit das hinsichtlich seiner Basizität und Oxidierbarkeit zwischen CH 3 SCH 3 und CF 3 SCF 3 eine Mittelstellung einnehmende CH 3 SCF 3 in chirale Halogensulfonium-Kationen überführbar ist. Das besondere Augenmerk galt den Versuchen zur Dar- stellung des Iodsulfoniumsalzes und des monofluo- rierten Kations CH 3 (CF 3 )SF + , weil es neben (CH 3 ) 2 SF + [6] das einzige dieser Art ist. Experimentelles Vorsicht! Beim Arbeiten mit XeF~MF 6 ~ (M = As, Sb) und CLF T AsF 6 _ besteht die Gefahr explosions- artiger Reaktionen. Obwohl solche von uns nicht be- * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Rolf Minkwitz. Verlag der Zeitschrift für Naturforschung. D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0400 - 0382/$ 01.00/0 obachtet wurden, sind geeignete Sicherheitsmaßnah- men zu ergreifen. CH 3 SCH 3 (Merck) wird vor Gebrauch destilliert. CH 3 SCF 3 wird aus Hg(SCF 3 ) 2 [7] und CH 3 I (Aldrich) nach [8] hergestellt. Die Synthese von XeF 2 , XeF + MF 6 ~, I 3 + MF 6 - (M = As, Sb), CLF + AsF 6 ~ und SbCl 5 erfolgt ebenfalls nach Literaturmethoden [9-14], SbF 5 (Merck) und SbCL werden nach zwei- maliger Destillation in Duranglasgefäßen mit Young-Hahn unter Feuchtigkeitsausschluß gelagert. ASF 5 wird durch Direktfluorierung von As [14] und C1F aus C1F 3 und HgCl 2 im Autoklaven erhalten [15]. Beide Substanzen werden durch fraktionierte Kon- densation gereinigt und in mit C1F 3 passivierten 500-ml-Edelstahlprobezylindern (Hoke) mit Fein- dosierventilen (DruVa) aufbewahrt. HF (Bayer AG) wird zur Reinigung und Trocknung zunächst mit 1,5 bar F 2 bei R.T. behandelt und nach Abpumpen des Fluors (153 K) in KEL-F-Gefäßen über SbF 5 ge- lagert. S0 2 (Bayer AG) wird mit CaH 2 getrocknet. CL (Bayer AG) und Br 2 (Merck) werden nach Trock- nung über CaO bzw. P 4 O 10 und I 2 (Aldrich, doppelt sublimiert) ohne weitere Behandlung eingesetzt. Die Darstellung von CH 3 (CF 3 )SF + MF 6 " mit XeF + MF 6 ~ (M = As, Sb) und die von CH 3 (CF 3 )SC 1 + ASF 6 " mit CLF + AsF 6 ~ werden in einer mit C1F 3 getrockneten Monelapparatur mit Edelstahlventilen (Hoke) und einem Druckmeßkopf (MKS-Baratron) in einem KEL-F-Reaktor durchge- führt. Für alle anderen Umsetzungen wird eine nor- male Vakuumlinie aus Duranglas verwendet. Die Darstellung von XeF 2 erfolgt mit einer 125-W-Tages- licht-UV-Lampe (Phillips). Die IR-Tieftemperaturspektren werden mit einer speziellen Küvette bei 213 K mit einem Perkin-El- mer 580 B bis 250 cm -1 registriert. Als „Tieftempe- raturnujol" kommt ein Paraffin-Hexan-Gemisch zur

Methyl(trifluormethyl)haIogensulfonium-Salze [ 1 ] Halogen = …zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/43/ZNB-1988-43b-0403.pdfMethyl(trifluormethyl)haIogensulfonium-Salze [ 1 ] Halogen = F,

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  • This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

    Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

    Methyl(trifluormethyl)haIogensulfonium-Salze [ 1 ] Halogen = F, CI, Br, I

    Methyl(trifluoromethyl)halosulfonium Salts [1] Halogen = F, Cl, Br, I

    Rolf Minkwitz* und Arnulf Werner Fachbereich Chemie der Universität Dor tmund, Postfach 500500. D-4600 Dortmund 50

    Z. Naturforsch. 43b, 403-411 (1988); eingegangen am 10. Dezember 1987

    Preparation. Raman Spectra, N M R Spectra, IR Spectra

    The preparation and spectroscopic characterization of the halosulfonium salts CH ,(CF,)SHal+ A (Hal = F, Cl, Br, I, A " = AsF6~~, SbF6~, SbClA") is reported. The compounds are synthesized by the reaction of the sulfane CH,SCF, with XeF + MF h ~, Cl.F+AsFf,", Cl2/AsF5, Cl2/SbCl5, Br : /AsF5 , or I3 +MF6~ (M = As, Sb), resp., at low temperatures.

    Einleitung

    Im Rahmen unserer Untersuchungen über Schwe-felhalogenide gebührt den Schwefel-Iod-Verbindun-gen wegen ihrer Rarität unser besonderes Interesse. Kürzlich gelang uns am (C6H5)3CSI die erste Kristall-strukturanalyse eines Iodsulfans [2], und mit der Darstellung der Kationen (CH3)2SH+ [3] und (CH3)2SI+ [4] in Substanz konnten wir die homologe Reihe (CH3)2SX+A~ (X = H, F, Cl, Br, I, A" = ASF6- , SbClft") komplettieren. Von den entspre-chenden perfluormethylierten Kationen sind nur die beiden Salze (CF3)2SF+MF6~ (M = As, Sb) in reiner Form erhältlich [5]. Unsere Versuche zur Darstel-lung von (CF3)2SC1+-Salzen haben nicht zu eindeuti-gen Ergebnissen geführt.

    Es war in diesem Zusammenhang die Frage zu klä-ren, inwieweit das hinsichtlich seiner Basizität und Oxidierbarkeit zwischen CH3SCH3 und CF3SCF3 eine Mittelstellung einnehmende CH3SCF3 in chirale Halogensulfonium-Kationen überführbar ist. Das besondere Augenmerk galt den Versuchen zur Dar-stellung des Iodsulfoniumsalzes und des monofluo-rierten Kations CH3(CF3)SF+ , weil es neben (CH3)2SF+ [6] das einzige dieser Art ist.

    Experimentelles Vorsicht! Beim Arbeiten mit XeF~MF6~ (M = As,

    Sb) und CLFTAsF6 _ besteht die Gefahr explosions-artiger Reaktionen. Obwohl solche von uns nicht be-

    * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr . Rolf Minkwitz.

    Verlag der Zeitschrift für Naturforschung. D-7400 Tübingen 0932 - 0776/88/0400 - 0382/$ 01.00/0

    obachtet wurden, sind geeignete Sicherheitsmaßnah-men zu ergreifen.

    CH3SCH3 (Merck) wird vor Gebrauch destilliert. CH3SCF3 wird aus Hg(SCF3)2 [7] und CH3I (Aldrich) nach [8] hergestellt. Die Synthese von XeF2, XeF+MF6~, I3 +MF6- (M = As, Sb), CLF+AsF6~ und SbCl5 erfolgt ebenfalls nach Literaturmethoden [9-14], SbF5 (Merck) und SbCL werden nach zwei-maliger Destillation in Duranglasgefäßen mit Young-Hahn unter Feuchtigkeitsausschluß gelagert. ASF5 wird durch Direktfluorierung von As [14] und C1F aus C1F3 und HgCl2 im Autoklaven erhalten [15]. Beide Substanzen werden durch fraktionierte Kon-densation gereinigt und in mit C1F3 passivierten 500-ml-Edelstahlprobezylindern (Hoke) mit Fein-dosierventilen (DruVa) aufbewahrt. HF (Bayer AG) wird zur Reinigung und Trocknung zunächst mit 1,5 bar F2 bei R.T. behandelt und nach Abpumpen des Fluors (153 K) in KEL-F-Gefäßen über SbF5 ge-lagert.

    S0 2 (Bayer AG) wird mit CaH2 getrocknet. CL (Bayer AG) und Br2 (Merck) werden nach Trock-nung über CaO bzw. P4O10 und I2 (Aldrich, doppelt sublimiert) ohne weitere Behandlung eingesetzt.

    Die Darstellung von CH3(CF3)SF+MF6" mit XeF+MF6~ (M = As, Sb) und die von CH 3 (CF 3 )SC1 + ASF 6 " mit C L F + A s F 6 ~ w e r d e n in einer mit C1F3 getrockneten Monelapparatur mit Edelstahlventilen (Hoke) und einem Druckmeßkopf (MKS-Baratron) in einem KEL-F-Reaktor durchge-führt. Für alle anderen Umsetzungen wird eine nor-male Vakuumlinie aus Duranglas verwendet. Die Darstellung von XeF2 erfolgt mit einer 125-W-Tages-licht-UV-Lampe (Phillips).

    Die IR-Tieftemperaturspektren werden mit einer speziellen Küvette bei 213 K mit einem Perkin-El-mer 580 B bis 250 cm - 1 registriert. Als „Tieftempe-raturnujol" kommt ein Paraffin-Hexan-Gemisch zur

  • 404 R. Minkwitz—A. W e r n e r • Methy l ( t r i f luormethy l )ha logensu l fon ium-Sa lze

    Anwendung, welches wegen Eigenabsorptionen nur Messungen unterhalb von 600 cm - 1 erlaubt [16].

    Die Raman-Spektren werden bei 203 K mit einer kühlbaren Küvette registriert (Coderg T 800, mit A r - - und Kr+-Laser von Spectra Physics, X = 488 nm, 514,5 nm und 647,1 nm).

    Die NMR-Spektren werden in S0 2 bei 243 K ge-gen F l l bzw. TMS extern gemessen (Bruker AM 300).

    Darstellung von (CH3)2SF*AsF6~ und CH3(CF3)SF¥MF6- (M = As, Sb)

    In einem 15-ml-KEL-F-Reaktor mit Rührkern werden 2 mmol XeF2 in 5 g trockenem HF gelöst. Die Lösung wird bei 77 K eingefroren und die äqui-molare Menge Lewis-Säure dazukondensiert. Unter Rühren wird innerhalb 1 Std. auf 233 K erwärmt, wobei XeF+MF6~ als voluminöser Feststoff ausfällt. Bei 77 K werden 2 mmol Sulfan, CH3SCH3 oder CH3SCF3, aufkondensiert und dann 30 min bei 233 K gerührt. Der Niederschlag von XeF+MF6~ löst sich in dem Maße auf, wie das besser lösliche Fluor-sulfoniumsalz entsteht. Nach Abpumpen von Xe und HF bei 203 K werden weiße Feststoffe isoliert.

    Darstellung von CH3(CF3)SCl+AsF6~ In einer abschmelzbaren Glasampulle werden

    2 mmol CH3SCF3 in 5 g S0 2 gelöst und bei 77 K in mehreren Schichten insgesamt 1 mmol Cl2, weiteres S0 2 und 3 mmol AsF5 zukondensiert. Die Reaktion erfolgt dann in der abgeschmolzenen Ampulle bei 203 K innerhalb von 12 h, wobei sich die zunächst gelbe Lösung langsam entfärbt. Nach Abkühlen auf 77 K und Öffnen des Reaktionsgefäßes im Hoch-vakuum werden S0 2 und AsF3 bei 203 K abgepumpt. Es hat sich quantitativ CH3(CF3)SCrAsF6" gebildet.

    In einem KEL-F-Reaktor werden 2 mmol C 1 2 F + A S F 6 ~ vorgelegt und bei 77 K wird die äquimo-lare Menge AsF5 und ein großer Überschuß CH3SCF3 dazukondensiert, weil das Sulfan als Reak-tand und Lösungsmittel dient. Nach Erwärmung auf 203 K innerhalb von 2 h bleibt die Reaktionslösung 12 h bei dieser Temperatur. Nach Abpumpen aller flüchtigen Komponenten bei 233 K wird reines C H 3 ( C F 3 ) S C L A S F 6 " als weißer Feststoff isoliert.

    Darstellung von CH3(CF3)SCl+SbCl6~ Die Synthese erfolgt ebenfalls in abschmelzbaren

    Glasampullen. Um eine möglichst gleichmäßige Ver-teilung der Reaktanden in der Reaktionslösung zu erreichen, werden 2 mmol SbCl5 (Fp.: 277 K) in 5 g S0 2 gelöst, in mehreren Schichten mit weiterem S0 2 , 2 mmol CH3SCF3 und 2 mmol Cl2 versetzt und wie

    oben beschrieben bei 203 K zur Reaktion gebracht und aufgearbeitet.

    Darstellung von CH3(CF3)SBr'AsF6~

    In einer Glasampulle werden 1 mmol Br2 in 5 g S0 2 gelöst. Zu dieser Lösung werden 2 mmol CH3SCF3, weiteres S0 2 und 3 mmol AsF5 in mehre-ren Schichten kondensiert. Die Reaktion wird wie beschrieben durchgeführt und CH3(CF3)SBr"AsF6_ als blaßgelber Feststoff isoliert.

    Darstellung von CH3(CF3)SI+MF6~ (M = As, Sb) In einem Zweischenkelgefäß werden 2 mmol

    I3+MF6~ in 10 g S0 2 gelöst. Die intensiv braune Lö-sung wird mit 3 mmol CH3SCF3 versetzt und 5 Tage bei 233 K gerührt. Dabei ist eine deutliche Aufhel-lung zu beobachten und I2 fällt aus. Die Lösung wird dann von unlöslichen Produkten bei 233 K abgefrit-tet. CH3(CF3)SI+MF6~ ist sehr gut in S0 2 löslich und bleibt nach Abpumpen des Lösungsmittels und des überschüssigen CH3SCF3 bei 203 K als orange-gelber Feststoff, der durch Spuren von I2 verunreinigt ist, zurück.

    Versuche zur Darstellung von (CF3)2SCl~AsF6~ Wegen der schlechten Löslichkeit von CF3SCF3 in

    S0 2 bei tiefen Temperaturen und der zu erwarten-den Instabilität des Sulfoniumsalzes wurden die Ver-suche, (CF3)2SC1+ASF6~ durch oxidative Chlorierung von CF3SCF3 mit C12/ASF5 darzustellen, in S02C1F, F l l und F12 durchgeführt. Diese Lösungsmittel er-möglichen Reaktionstemperaturen unterhalb von 173 K und bereiten hinsichtlich der Löslichkeit der Reaktanden keine Probleme. Bei allen Umsetzun-gen wurden extrem instabile weiße Feststoffe — Zer-setzung oberhalb von 213 K - erhalten, bei denen es sich jedoch um Produktgemische mit nicht reprodu-zierbarer Zusammensetzung handelt.

    Versuche, das Salz durch Reaktion von CF3SCF3 mit C1 2F+ASF

  • 405 R. Minkwitz—A. W e r n e r • Methy l ( t r i f luormethy l )ha logensu l fon ium-Sa lze

    XeF+AsF6~ als reaktives Intermediat auftritt. Das XeF+-Salz ist offensichtlich zur Synthese von Fluor-sulfoniumsalzen geeignet, ohne daß eine H/F-Substi-tution an der Methylgruppe erfolgt, wie sie bei Um-setzungen von Alkylsulfanen RSAlk (R = C6H5, CH3, Alk = CH3, CH3CH2, CH(CH3)2) mit XeF2 beobachtet wird [17, 18]. Der hier aufgezeigte Syn-theseweg eröffnet die Möglichkeit zur Darstellung von Fluorsulfoniumsalzen ausgehend von Sulfanen. Die Vielfalt dieser Kationen wird mit dieser Metho-de erheblich erweitert, denn bisher war es nur mög-lich, monofluorierte Sulfonium-Kationen aus Fluor-sulfuranen über eine Lewis-Säure-Base-Reaktion zu erhalten. Durch das hohe Oxidationspotential von XeF+MF6~ war es auch möglich, CF3SCF3 mit sei-nem relativ hohen Ionisierungspotential von 11,11 eV [19] in (CF3)2SF+MF6" (M = As, Sb) zu überführen [5].

    Als effektives Reagenz zur Darstellung von Chlor-sulfoniumsalzen hat sich CL/AsF5 bewährt, bei dem wir die Bildung von C1F als reaktive Zwischenstufe annehmen [20, 21]. Die Konkurrenzreaktion, die zur Bildung von ASC14+ASF6~ führt, kann bei den von uns untersuchten Systemen, mit Ausnahme von C F 3 S C F 3 / C L / A S F 5 , durch die strikte Einhaltung tiefer Temperaturen, die einen schonenden Reaktionsab-lauf gewährleisten, vollkommen unterdrückt wer-den. Die Versuche, CH3SCF3 (IP = 9,88 eV [19]) mit CL/SbCL in das entsprechende Sulfoniumsalz zu über-führen, waren auch erfolgreich, während diese Reak-tion am C F 3 S C F 3 nicht möglich war. Hier führen nur die stärker oxidativ chlorierend wirkenden Systeme CL/AsFs und CLF~AsF6~ zu einem extrem instabilen Produktgemisch, dessen NMR- und Schwingungs-spektren unter anderem auf ein (CF3)2SC1+AsF6~ hin-weisen (vSCl = 545 cm - 1 , ä19F-NMR = -51 ,9 ppm).

    Es sind mehrere, zum größten Teil nicht näher charakterisierte Bromsulfoniumsalze mit Bromid-anionen in der Literatur beschrieben [22], Mit den stärker stabilisierenden Anionen AsF6~ und SbF6~ werden sie aus Sulfanen mit Br2/MF5 in S0 2 als Lö-sungsmittel hergestellt [23], Die oxidativ bromieren-den Eigenschaften dieses Systems sind vermutlich auf intermediäres BrF zurückzuführen [24] und wur-den erstmals zur Darstellung von SBr3+MF6~ einge-setzt [25]. Die Reaktion kann so gesteuert werden, daß keine Neben- oder Folgeprodukte auftreten und reines CH3(CF3)SBr+MF6~ erhalten wird.

    C H 3 ( C F 3 ) S P A S F 6 ~ kann nicht entsprechend dem Chlor- und Bromsulfoniumsalz mit I2/AsF5 bzw. SbF5

    dargestellt werden. Es ist aber aus dem Sulfan mit I3+ASF6~ und SbF6~ erhältlich.

    CH3SCF3 + I3+MF6- CH 3 (CF 3 )Sr MF6- + I2 (1) (M = As, Sb)

    Das bei dieser Reaktion entstehende I2 ließ sich auch durch Waschen mit Diethylether, Chloroform und Methylenchlorid bei 233 K nicht vollständig ent-fernen. Es erfolgt dabei eine Zersetzung des Iodsul-foniumsalzes.

    Stabilität

    Die CH3(CF3)SF"-Salze liegen hinsichtlich ihrer thermischen Stabilität zwischen den (CH3)2SF+- und (CF3)2SF+-Salzen, die bei Raumtemperatur bzw. bis 253 K stabil sind. CH3(CF3)SF+MF6" (M = As, Sb) ist, wie das Chlorsulfoniumsalz, zwar bei Raum-temperatur unter Schutzgas handhabbar, zersetzt sich aber in abgeschmolzenen Glasampullen bei die-ser Temperatur innerhalb von 2 h unter Bildung einer zerfließenden Masse, wobei kein Stabilitäts-unterschied zwischen Arsenat und Antimonat beob-achtet wird. Deutlich instabiler und hydrolyse-empfindlicher sind die Brom- und Iodverbindungen. CH3(CF3)SBr+AsF6~ zersetzt sich bei R.T., und CH3(CF3)SI+MF6- (M = As, Sb) bei 238 K unter Freisetzung von Brom bzw. Iod, so daß insbesondere diese beiden Salze nur bei tiefen Temperaturen und unter strengstem Feuchtigkeitsausschluß gehandhabt werden können. Die Zersetzungsprodukte liefern sehr komplexe NMR- und Schwingungsspektren, die nicht weiter interpretiert wurden.

    Sch wingungsspektren

    Wegen der Farbigkeit von CH3(CF3)SI+AsF6~ und SbF6~ konnten keine Ramanspektren der Feststoffe erhalten werden, und auch mit der Erregerlinie A = 647,1 nm eines Kr+-Lasers erfolgt in SO rLösungen rasche Zersetzung unter L-Entwicklung. Unsere Bemühungen, vollständige IR-Spektren der CH3(CF3)SHal+-Salze zu registrieren, waren wegen der extremen Eigenschaften der Verbindungen erfolg-los. Das von uns öfter erfolgreich angewandte Ver-fahren der Sublimation von Salzen im Hochvakuum auf den Probenträger eines Kryostaten, war wegen Zersetzung nicht anwendbar. Es konnten deshalb nur Tieftemperatur-IR-Spektren unterhalb von 600 cm - 1 registriert werden.

    Für die chiralen CH3(CF3)SHal+-Kationen (Hai = F, Cl, Br, I) muß eine CpSymmetrie angenommen

  • 406 R. Minkwitz—A. Werner • Methyl(trifluormethyl)halogensulfonium-Salze

    werden, mit 24 IR- und Ra-aktiven Normalschwin-gungen in der Rasse A. Alle Schwingungen sind po-larisiert, was durch Ramanmessungen an S02-Lö-sungen der Chlor- und Bromverbindung bestätigt wird. Von den 9 Schwingungen der CH3- bzw. CF3-Gruppe (3v, 3d, 2g, 1 r) werden einige in den Ra-Spektren wegen zu geringer Intensität nicht beob-achtet. Da die Schwingungen der Methyl- und Tri-fluormethyl-Gruppe nur wenig von der Koordina-tionszahl des Schwefels und seinen übrigen Liganden beeinflußt werden, ist auch innerhalb der CH3(CF3)SHal+-Kationen für sie keine signifikante Abhängigkeit vom Halogenatom festzustellen. Ihre Zuordnung ist Tab. I zu entnehmen. Die Abbildun-gen 1—4 zeigen die Ramanspektren der Fluor-, Chlor- und Bromsalze.

    Die SF-Valenzschwingung liegt im (CH3)2SF+AsF6" bei v(SF) - 834 cm"1. Die Substi-tution einer CH3- durch eine CF3-Gruppe führt zu einer Verschiebung zu höheren Wellenzahlen im C H 3 ( C F 3 ) S F + A S F 6 ~ , V ( S F ) = 8 6 5 c m " 1 b z w .

    870 cm"1 im SbF6". Die weitere CH3/CF3-Substitu-tion bewirkt eine geringfügige Frequenzerniedrigung auf r(SF) = 860 cm"1 , vermutlich verursacht durch starke Anion-Kation-Wechselwirkungen [5],

    Der gleiche Trend wird bei der CH3/CF3-Substitu-tion in abgeschwächter Form auch bei den Chlor-sulfoniumhexafluoroarsenaten (CH3)2SCl+AsF6" v(SCl) = 530 cm"1 [4] und C H 3 ( C F 3 ) S C 1 + A S F 6 " v(SCl) = 548 cm"1 beobachtet. Im C F 3 S C 1 2 + A S F 6 " beträgt der mittlere röntgenographisch bestimmte SCl-Abstand 195,9(1) pm und die mittlere i>(SCl) = 550 cm"1 [20],

    Die im Erwartungsbereich liegende SBr-Valenz-schwingung wird von r(SBr) = 428 cm"' im (CH3)2SBr+AsF6" auf v(SBr) = 458 cm"1 im CH3(CF3)SBr+AsF6~ erhöht und sie ist die raman-intensivste Linie dieses Kations.

    Die ^(SI) wird im IR-Spektrum von C H 3 ( C F 3 ) S I + A S F 6 ~ von V4 des Anions überlagert, ist aber im SbF6~ bei 395 cm"1 deutlich zu erkennen. Ihre Lage korreliert gut mit den Valenzschwingun-

    Tab. I. Gemessene Schwingungsfrequenzen von (CH3)-,SF+ASF6 und CH 3 (CF 3 )SHal + A (Hal = F, Cl, Br, I, A = AsFh SbF6", SbCl6") in cm"1 .

    (CH 3 ) 2SF+AsF 6 - CH3(CF3)SF+ CH3(CF3)SC1+ CH,(CF,)SBr + CH 3(CF 3)SI+ Zuordnung Ra (fest) Ra (fest) Ra (fest) IR Ra (fest) Ra (fest) IR (Hal = F, Cl, Br. d. Arbeit [6] ASF6" SbF6- ASF6- SbCl6- AsF6" AsF6" SbF6- X = F ,C1.M = As.

    3060 (sh) 3027 mw 3045(0,4) 3039(0,08) 3050(0,5) VCH3 3035(0,5) 3025(0,5) 3010(0,1) 3025(0,6) 2951(2,5) 2945 s 2940(2,7) 2945(1,6) 2931(1,7) 2919(0,3) 2935(1,4) 1415(1,2) 1368(1,4) 1416(0,5) 1405(0,0) 1410(0,6) CH,

    - - 770(4,4) 772(4,8) 765(2,6) 765(0,2) 768(2,8) (3SCF, 735(1,2) 695 (sh) 701 (sh) 704(3,2) * 678(0,5) * i'CH3—S 645(1,2) 642 M

    - - 570(1,8) 572(2,2) 573(4,1) 573 st 570(2.1) 575(1,4) 562 M 557 m

  • R. Minkwitz—A. Werner • Methyl(trifluormethyl)halogensulfonium-Salze 407

    i 1— 3000

    *i— r

    U00 1200 1000

    Abb. 1. Ramanspektrum von (CH3)2SF+AsF6~, O: AsF6~.

    1 1 1 r-800 600 400 200

    -i r 1 1 1 1 1 1 1 3000 U00 1200 1000

    Abb. 2. Ramanspektrum von CH3(CF3)SF+AsF f t . O: A s F ^

    800 600 0̂0 200

  • 408 R. M i n k w i t z - A . Werner • Methyl( t r i f luormethyl)halogensulfonium-Salze

    gen der von uns hergestellten Schwefel-Iod-Verbin-dungen [26—29] einschließlich der im isoelektroni-schen CH3(CF3)PI r(PI) = 390 cm"1 [30], Im (CH3)2SI+AsF6~ wird diese Schwingung bei v(SI) = 332 cm"1 registriert [4].

    Stellt man die Schwefel-Halogen-Valenzschwin-gungen der Sulfan-Reihe CF3SHal denen der Kat-ionen CH3(CF3)SHal+ in Tab. I gegenüber, so fällt auf, daß sich mit Ausnahme der Fluorverbindung, die v(S —Hai) bei Erhöhung der Oxidationszahl durch Einführung einer CH3-Gruppe nur geringfügig ändert (CF3SF v(SF) = 792 cm"1 [31]; CF3SC1 v(SCl) = 536 cm"1 [32]; CF3SBr v(SBr) = 455 cm"1 [33]; CF3SI V(SI) = 395 cm" 1 [26]).

    Die v(CH3—S) der Kationen CH3(CF3)SHal+ ist in den Ramanspektren der Arsenate, mit Ausnahme der Fluorverbindung, von der sehr intensiven vx des Anions überlagert, und in den IR-Spektren liegt sie oberhalb des Meßbereiches des „Tieftemperatur-Nu-jols". In den Verbindungen, bei denen ihre Registrie-rung möglich war, liegt sie im Bereich anderer Me-thylsulfoniumsalze [34-37], Eine F/Cl-Substitution bewirkt eine Frequenzerniedrigung von 701 cm"1 auf 678 cm"1.

    Die v(CF3—S) liegen in den Kationen CH3(CF3)SHal+ (Hai = Cl, Br, I) deutlich tiefer als

    in bekannten Sulfanen und Sulfuranen [38]. Sie sind aber vergleichbar mit der im CF3SC12+AsF6~ (v(CS) = 420 cm"1), in dem mit 197,8(3) pm ein extrem langer C-S-Bindungsabstand gefunden wurde [20].

    Die Gerüstdeformationen liegen bei der Fluorver-bindung im Bereich von 430 bis 184 cm - 1 und bei der Chlor- und Bromverbindung zwischen 260 und 140 cm"1. In allen drei Kationen ist

  • 410 R. Minkwitz—A. Werner • Methyl(trifluormethyl)halogensulfonium-Salze

    bindung, als Singuletts registriert. Die SF-Resonanz des CH3(CF3)SF"MF6~ wird bei -189.4 ppm (AsF6 -) bzw. —188.0 ppm (SbF6-) gemessen und ist durch Kopplung mit den CH3-Protonen (7(FH) = 22,3 Hz) in ein Quartett aufgespalten. Gegenüber ( C H 3 ) 2 S F + A S F 6 - (

  • 411 R. Minkwitz—A. Werner • Methyl(trifluormethyl)halogensulfonium-Salze

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