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Doping von Martin Zenhäusern ([email protected]) Über den schönen Winter und die schönen olympischen Spiele in Turin ist das Doping hinweggefegt wie ein Föhnsturm über eine Piste. Sofort werden hässliche Flecken sichtbar. Das schöne Bild ist zerstört. Musste das sein? Die Antwort ist: Ja. Es ist immer nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Bombe platzt. Wie viele Spieler werden an der Fussball-WM im Sommer gedopt sein? Und an den nächsten olympischen Spielen in Beijing? Die sauberen Spiele sind zu einer Illusion geworden, weil Doping ein Spiegel der Gesellschaft ist. Dumm nur, wer sich erwischen lässt. Auffällig ist die Reaktion der anderen: Einige schreien laut auf – um ihr schlechtes Gewissen zu übertönen? Andere sind still – weil der bittere Kelch nochmals an ihnen vorbei gegangen ist? Das Fatale an Doping ist, dass auch die Unschuldigen – und dass ist hoffentlich die grosse Mehrheit – in den Verdacht des unlauteren Wettbewerbs gerät. Die Freude an den ehrlich erkämpften Medaillen wird getrübt, weil so ein kleiner Vorbehalt bleibt: Ist alles mit rechten Dingen zugegangen? Die Geschichte des Doping ist so alt wie der Sport selber. Sei es das Blut von Tieren, das Olympioniken im alten Griechenland getrunken haben, um stärker zu sein als die Mitstreiter, oder giftige Substanzen an den Boxhandschuhen, um dem Gegner „die Sicht zu nehmen“. Je höher sich die Technik entwickelte, desto raffinierter wurden die verbotenen Mittel. Wenn wir heute bereits von Gen-Doping sprechen, dass erkennen wir, dass das Doping immer an der Spitze des Fortschritts zu finden und den Fahndern immer einen Schritt voraus sein wird. Braucht der Mensch Doping? Offensichtlich schon, wenn wir die Statistiken der Gesundheitsämter lesen, die jeden Giftschrank in den Schatten stellen. Auch im Berufsleben nehmen Doping und Drogen ihren Platz ein, hier natürlich getarnt hinter der Fassade der Normalität. Wie viele putschen sich mit Amphetaminen auf, um dann wieder Schlafmittel zu schlucken, um runter zu kommen? Wie viele schneeweiss gepuderte Nasen finden wir auch im Sommer in den Führungsetagen von Politik und Wirtschaft? In einer Zeit des unbarmherzigen Leistungsdrucks wird alles reingeschoben, was zu helfen verspricht, ohne Rücksicht auf Verluste. Was hundertprozentig verloren geht, ist die Gesundheit, früher oder später. Warum das alles? Jeder müsste doch sehen, wohin dies führt. Das ist eines der menschlichen Mysterien: Sich selber Schaden zufügen, ohne es sehen zu wollen. Und wenn’s eh alle tun... Noch etwas: Dabei wäre es so einfach. „Die beste Droge ist ein klarer Kopf“ (Herbert Hegenbarth, dt. Schriftsteller).

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Noch etwas: Dabei wäre es so einfach. „Die beste Droge ist ein klarer Kopf“ (Herbert Hegenbarth, dt. Schriftsteller).

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Doping von Martin Zenhäusern ([email protected])

Über den schönen Winter und die schönen olympischen Spiele in Turin ist das Doping hinweggefegt wie ein Föhnsturm über eine Piste. Sofort werden hässliche Flecken sichtbar. Das schöne Bild ist zerstört. Musste das sein? Die Antwort ist: Ja. Es ist immer nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Bombe platzt. Wie viele Spieler werden an der Fussball-WM im Sommer gedopt sein? Und an den nächsten olympischen Spielen in Beijing? Die sauberen Spiele sind zu einer Illusion geworden, weil Doping ein Spiegel der Gesellschaft ist. Dumm nur, wer sich erwischen lässt. Auffällig ist die Reaktion der anderen: Einige schreien laut auf – um ihr schlechtes Gewissen zu übertönen? Andere sind still – weil der bittere Kelch nochmals an ihnen vorbei gegangen ist? Das Fatale an Doping ist, dass auch die Unschuldigen – und dass ist hoffentlich die grosse Mehrheit – in den Verdacht des unlauteren Wettbewerbs gerät. Die Freude an den ehrlich erkämpften Medaillen wird getrübt, weil so ein kleiner Vorbehalt bleibt: Ist alles mit rechten Dingen zugegangen? Die Geschichte des Doping ist so alt wie der Sport selber. Sei es das Blut von Tieren, das Olympioniken im alten Griechenland getrunken haben, um stärker zu sein als die Mitstreiter, oder giftige Substanzen an den Boxhandschuhen, um dem Gegner „die Sicht zu nehmen“. Je höher sich die Technik entwickelte, desto raffinierter wurden die verbotenen Mittel. Wenn wir heute bereits von Gen-Doping sprechen, dass erkennen wir, dass das Doping immer an der Spitze des Fortschritts zu finden und den Fahndern immer einen Schritt voraus sein wird. Braucht der Mensch Doping? Offensichtlich schon, wenn wir die Statistiken der Gesundheitsämter lesen, die jeden Giftschrank in den Schatten stellen. Auch im Berufsleben nehmen Doping und Drogen ihren Platz ein, hier natürlich getarnt hinter der Fassade der Normalität. Wie viele putschen sich mit Amphetaminen auf, um dann wieder Schlafmittel zu schlucken, um runter zu kommen? Wie viele schneeweiss gepuderte Nasen finden wir auch im Sommer in den Führungsetagen von Politik und Wirtschaft? In einer Zeit des unbarmherzigen Leistungsdrucks wird alles reingeschoben, was zu helfen verspricht, ohne Rücksicht auf Verluste. Was hundertprozentig verloren geht, ist die Gesundheit, früher oder später. Warum das alles? Jeder müsste doch sehen, wohin dies führt. Das ist eines der menschlichen Mysterien: Sich selber Schaden zufügen, ohne es sehen zu wollen. Und wenn’s eh alle tun... Noch etwas: Dabei wäre es so einfach. „Die beste Droge ist ein klarer Kopf“ (Herbert Hegenbarth, dt. Schriftsteller).