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ID Magazin des Bayerischen Bauindustrieverbandes e. V. April 2015 | 60. Jahrgang MINDESTLOHN Unnötige Bürokratie durch neue Aufzeichnungspflichten INFRASTRUKTUR Wo bleiben die geplanten Milliarden? ENERGIEWENDE Ein Schritt vor, zwei zurück

MINDESTLOHN - Bauindustrie Bayern · 2015. 4. 28. · im Flugzeug gibt es Sauerstoffmasken für die Fahrgäste. Das Bahnfahren als Abenteuer. Und der Ausbau geht weiter. Im August

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ID Magazin des

Bayerischen Bauindustrieverbandes e. V.

April 2015 | 60. Jahrgang

MINDESTLOHN UnnötigeBürokratiedurchneue 

Aufzeichnungspflichten

INFRASTRUKTUR Wo bleiben die geplanten Milliarden?

ENERGIEWENDE Ein Schritt vor, zwei zurück

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IMPRESSUMInformationsDienst

Herausgeber:Bayerischer Bauindustrieverband e.V. München

Verantwortlich für den Inhalt:Thomas Schmid

Redaktion: Alexandra Luchtai, M. A. (Leitung) Dr. Josef Wallner

Konzept & Gestaltung:ediundsepp Gestaltungsgesellschaft mbH, München

Druck: OMB2 Print GmbH München

BILDNACHWEISTitel: Akten; Stocksy, Margaret Vincent. S.6: Zug; Shutterstock, dailin. S.7: Gruppenbild, Wolff & Müller, Frank Fendler; Bauarbeiter, Fotolia, Wole Onigbanjo. S.9: Bauarbeiter; BBIV, Daniel Schwaiger. S.11: Stempeluhr, Shutterstock, Glen Jones. S.12: Waage; Shutterstock, BrAt82. S.14: Gerichtssaal, Bundesverfassungsgericht. S.18: Schlagloch; Fotolia, Erwin Wodicka. S.20: S-Bahn München, BBIV, Daniel Schwaiger. S.22: Illustration, Deutsche Bahn, Stephan Hauff. S.23: Illustration, Deutsche Bahn AG. S.24: Windtürme; Shutterstock, pedrosala. S.27: Dächer; dpa, Marc Müller. S.32: Illustration; Shutterstock, mika48. S.34: Flughafen; Photocase, k74. S.35: Bauarbeiter; Shutterstock, Syda Productions. S.38/39: Illustration; TU München. Grafiken: ediundsepp Gestaltungsgesellschaft; BBIV

ID Magazin des

Bayerischen Bauindustrieverbandes e. V. April 2015 | 60. Jahrgang

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WERT ­UND PREISBAUEN IST ZUKUNFTSGESTALTUNG. Bauen bedeutet, die Welt und die Umwelt positiv und nachhaltig zu verändern. Menschen brauchen Gebäude zum Leben. Sie brauchen Infrastrukturen und Verkehrswege, um mobil sein zu können. Zu selbstverständlich, zu alltäglich sind uns allerdings die meisten Bauwerke ge-worden. Wir übersehen die dahinterstehende Ingenieur- und Bauleistung. Wir sehen nicht die damit verbundene Problemlösung. Wir übersehen auch den damit gebauten Fortschritt.Bauen geschieht unter schwierigen, fast immer unter einmaligen Umständen: Jedes Bauwerk ist ein Unikat, ein Solitär. Erstellt an einem besonderen Ort, unter besonderen Umweltbedingungen, ausgesetzt den Unbilden von Wind und Wetter. Trotzdem gebaut mit höchster Präzision.

WIRD MIT DEM BAUEN VERDIENT?

Entgegen der weit verbreiteten Meinung zählen die Renditen am Bau zu den niedrigsten. Warum ist das so? Dafür gibt es zwei offensichtliche Gründe: Es gibt sehr viele Bauunternehmen und der Marktzugang ist sehr einfach. Im We-sentlichen ist der Baumarkt ein Dienstleistungsmarkt. Der Bauunternehmer bie-tet nicht ein Produkt an, sondern seine Fähigkeit, ein bestimmtes Produkt nach den Vorstellungen des Auftraggebers zu erstellen. Die meisten Bauaufträge, vor allem im öffentlichen Bau, werden fast immer an denjenigen vergeben, der den billigsten Preis bietet. Oft aber hat der Bauunternehmer in seinen Angebotspreis nicht einmal alle Gemeinkosten einrechnen können, da er sonst keine Chance auf den Auftrag hätte.So kann es nicht bleiben! Wir brauchen eine bessere Bauauftrags-Vergabe-kultur. Bei den Anbietern von Bauleistungen muss wesentlich mehr als bisher auf Befähigung und Qualität geachtet werden. Hochkomplexe Bauprojekte nur nach einem Kriterium, dem Angebotspreis, zu vergeben, ist falsch. An den Produktmärkten gilt das Prinzip „Ware gegen Geld“. Leistung und Ge-genleistung sind damit in der Balance. Am Bau dagegen wird vom Bauunter-nehmer die Vorleistung verlangt: erst das Bauwerk, dann das Geld. Warum nicht umgekehrt? Warum gilt nicht der Grundsatz: „Wer bestellt, muss erst be-zahlen – dann wird gebaut“?

Qualität ist ein Wert – hat aber auch ihren Preis. Wert und Preis müssen eine Einheit bilden. Langfristig zahlt sich nämlich nur die Qualität aus.

Ihr

Thomas SchmidHauptgeschäftsführer | Bayerischer Bauindustrieverband e.V.

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INHALT IMPULS 3 | Wert und Preis Bauen bedeutet, die Welt positiv und nachhaltig zu verändern. Bauen ist Zukunftsge-

staltung. Die Renditen am Bau zählen jedoch zu den niedrigsten überhaupt. Warum?

BAUEN UND POLITIK 8 | Bürokratiemonster Mindestlohn Die neuen Aufzeichnungspflichten für Angestellte sorgen für einen bürokratischen

Wust.

13 | Erbschaftssteuer Sinnvoll reformieren und familiengeprägte Unternehmen schützen.

18 | Bundesverkehrshaushalt Wo bleiben die geplanten Milliarden für die Infrastruktur?

21 | 2. Stammstrecke in München So nötig wie die Luft zum Atmen.

BAUEN UND ENERGIE 24 | Energiewende Ein Schritt vor, zwei zurück. Die Bilanz des Mega-Projekts bleibt mager.

28 | Projektplattform Energie Wissenschaftlicher Leiter Dipl.-Ing. Sandro Pfoh im Gespräch.

BAUWIRTSCHAFT UND KONJUNKTUR 31 | Gute Baukonjunktur 2014 Umsatz- und Auftragsanstieg in Bayern.

BAURECHT 32 | Deutsches Vergaberecht Auf Druck der EU wird die Vergabe öffentlicher Aufträge grundlegend reformiert.

BAUEN UND WERTE 34 | EMB Bau Flughafen München unterstützt das wertebasierte Managementkonzept der Bauindustrie.

BAUTECHNIK 36 | Urban Strategy Playground Neues digitales Werkzeug der TU München für die Stadtplanung und Projektentwicklung.

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT UND KOMMUNIKATION 40 | Initiative „Baumeister gesucht!“ Erste Baumeister-Stadt im Deutschen Museum. Horst Seehofer zu Besuch beim

Ideengeber.

42 | PERSÖNLICHES

43 | ZAHLEN ZUR BAUWIRTSCHAFT IN BAYERN

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Energie

NICHTS ALS GEGENWIND

MIT RUND 1.150 MEGAWATT trägt die Windenergie in Bayern lediglich 1 Prozent zur Stromerzeugung bei. Dabei profitiert die Wirtschaft hierzulande stark von der Wind­industrie. 20.000 Menschen arbeiten im Freistaat in Zulie-ferbetrieben der Windbranche. Nach Einschätzung des Bundesverbandes WindEnergie könnten Windenergie-anlagen in Bayern 10 Prozent des Stromverbrauchs decken und damit jährlich 7,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Da-für müsste der Freistaat allerdings seine Regionalplanung neu ausrichten, administrative Hemmnisse abbauen und vor allem die 10H-Regelung abschaffen, die das Potenzial der bayerischen Windkraft aushebelt.

Mehr Information gibt es beim Bundesverband WindEnergie: www.wind-energie.de

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2.032 GWh/JahrSTROMERZEUGUNG AUS WINDENERGIE NOV. 2014

797WINDENERGIE­ANLAGEN 2014

11.900ARBEITSPLÄTZE

1,2 %

ANTEIL AN BRUTTO­STROMERZEUGUNG 2012

1.151 MWINSTALLIERTE LEISTUNG 2012

92.000 GWh/JahrSTROMVERBRAUCH GESAMT NOV. 2014

| N E W S |

Mobilität und Verkehr

BAUWUNDER: DIE HIMMELSBAHN VON TIBET

SCHNEEGIPFEL Das Panorama im Grashochland des Himalaja

DER NAME „HIMMELSBAHN“ trifft es ganz gut. 5.000 m hoch klettert die Bahnlinie von Peking nach Lhasa. Ein Triumpf des Bahnbaus. Nie zuvor war ein Zug dem Himmel so nah. Die halbe Strecke verläuft auf 4.000 m Höhe. Wie im Flugzeug gibt es Sauerstoffmasken für die Fahrgäste. Das Bahnfahren als Abenteuer. Und der Ausbau geht weiter.

Im August wurde die neue Zugverbindung zwischen Lhasa und dem 250 Kilometer entfernten Shigatse eröffnet. Eben-falls ein Meisterwerk der Baukunst. Drei Stunden dauert die Fahrt über die 100 Brücken und durch 29 Tunnels. Vor 25 Jahren brauchten Reisende hier noch einen ganzen Tag.

IN BAYERN

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Tarif und Sozialpolitk

ERNEUT BESTÄTIGT: AZUBIS AM BAU VERDIENEN ORDENTLICH

MAURER-AZUBIS LIEGEN GANZ VORNE: Weil Maurer-lehrlinge fehlen, hat sich ihr Ausbildungsgehalt stark ver-bessert. Mit rund 1.000 Euro brutto ist der Maurer Top-Ver-diener unter den Auszubildenden.

Wie sich die Azubis während der Ausbildung finanzieren

49,6 Unterstützung durch die Familie

37,7 Gehalt ist ausreichend

17,1 Ersparnisse

9,3 Arbeitsamt

9,2 Nebenjob

5,8 Berufsausbildungshilfe

4,3 Kindergeld

2,4 BAföG

2,0 Sonstiges*

Quelle: azubi.report 2014/Ausbildung.de

Umwelt und Bautechnik

GREEN THINKING ALS MAXIME

WOLFF & MÜLLER zählt zu „Deutschlands nachhaltigsten Unternehmen mittlerer Größe 2014“. Das Bauunternehmen wurde für sein Engagement für gutes und nachhaltiges Bauen mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2014 ausgezeichnet. „Der Bausektor ist für die Nachhaltigkeit und den wirtschaftlichen Erfolg des Standorts Deutschland von hoher Bedeutung“, heißt es in der Begründung der Jury.

Um die Prinzipien der Nachhaltigkeit im Unternehmen zu verankern, startete WOLFF & MÜLLER die Offensive „Green Thinking“. Seinen Kunden bietet die Baufirma an, nachhaltige Gebäude zu erstellen und die Qualität nach DGNB, LEED, BREEAM zertifizieren zu lassen. Die Unternehmensgruppe arbeitet komplett CO2-neutral, dank 100 Prozent Ökostrom und CO2-Ausgleich. Umwelt- und Energie management-Systeme sind etabliert.

Dr. Matthias Jacob (ganz links), Technischer Geschäftsführer Bau bei WOLFF & MÜLLER, nahm die Auszeichnung am 28. November in Düsseldorf entgegen.

DEUTSCHER NACHHALTIGKEITSPREIS

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis ehrt Spitzenleistungen der Nachhaltigkeit in Wirtschaft, Kommunen und For-schung. Prämiert werden Ideen und Geschäftsmodelle, die den Wandel hin zum nachhaltigen Wirtschaften und Leben fördern.

Mehr unter:www.nachhaltigkeitspreis.de

Bildung und Beruf

GRÖSSTE JOBBÖRSE FÜR BAUBERUFE

SOKA-BAU hat seine Jobbörse weiterentwickelt. Das größte deutschlandweite Stellenportal für Bauberufe www.bau-stellen.de durchforstet mit modernster Suchtechnolo-gie das Internet nach Stellen rund um den Bau. Klickt ein Interessent auf ein Stellenangebot, gelangt er direkt auf die Seite des Anbieters. Die Stellenbörse ist für Anbieter und Suchende kostenfrei.

Mehr Information unterwww.bau-stellen.de

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MINDESTLOHN PRO STUNDE SEIT JANUAR

8,50 €

BÜROKRATIE­MONSTER MINDESTLOHN

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Aufzeichnungspflichtenfür AngestellteinderBauwirtschaft

Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland der gesetzliche Mindest lohn von 8,50 Euro pro Arbeitsstunde. Das entspricht bei einer 40-Stunden-Woche einem Mo-natslohn von 1.472,20 Euro, wenn man den Faktor

4,33 für die Umrechnung von Wochen- in durchschnittli-che Monatsarbeits stunden zugrunde legt.

Für die Baubranche gelten seit Jahren allgemein -verbindliche Mindestlöhne, die deutlich über dem gesetzli-chen Mindestlohn liegen. Und für die gewerblichen Mitar-beiter zeichnen die Unternehmen aufgrund des  Arbeit nehmer entsende gesetzes deren Arbeitszeiten auch auf, um eine effektive Kontrolle durch den Zoll zu er-möglichen. Das Mindest lohngesetz schreibt nun für die Baubranche vor, dass der Arbeitgeber tagtäglich Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit auch der angestellten Mit-

arbeiter aufzeichnen und die Unterlagen mindestens zwei Jahre aufbewahren muss. Dies trifft einen Bereich, in dem Vereinbarungen über Vertrauens arbeitszeit üblich sind und die Gehälter sich in einer Höhe bewegen, die deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt.

348 h/MonatODER 80 H/WOCHE – SO VIEL MÜSSTE MAN ARBEITEN, UM DIE GRENZE VON 2.958 EURO ZU ERREICHEN.

Für die Baubranche gelten seit Jahren allgemein verbindliche Mindestlöhne, die deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liegen.

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Am besten wäre es natürlich gewesen, wenn man gleich 6.324 Euro angesetzt hätte. Denn das würde man verdienen, wenn man 24 StundenamTagbei31TagenproMonatarbeitet–unddenMindestlohn dafür bekommt.

DR.­ING. HANS­HARTWIG LOEWENSTEIN PRÄSIDENT DES ZENTRALVERBANDES DEUTSCHES BAUGEWERBE

2.958–hättedieChancezur„Unzahl“desJahreszuwerden,sollte essoetwasgeben.

PROF. THOMAS BAUER PRÄSIDENT DES HAUPTVERBANDES DER DEUTSCHEN BAUINDUSTRIE

Keiner unserer Angestellten arbeitet 348 Stunden im Monat. Es ist absurd,einesolcheStundenzahlzugrundezulegen,umdaraufzukünftige Mindestlohnkontrollen aufzubauen.

KARL­HEINZ SCHNEIDER VORSITZENDER DER BUNDESVEREINIGUNG BAUWIRTSCHAFT

Angesichts des sehr geringen Risikos von Mindestlohnunterschrei-tungenistdieimDezemberverfügteVerpflichtungzurDokumen­tation der Arbeitszeiten im Angestelltenbereich bis 2.958 Euro zwareineVerbesserungzumerstenGesetzentwurf–siebleibtaber eine Zumutung.

HANS PETER WOLLSEIFER PRÄSIDENT DES ZENTRALVERBANDS DES DEUTSCHEN HANDWERKS

STIMMENzum gesetzlichen Mindestlohn

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Nun hat das Bundesarbeitsministerium Ende letzten Jahres per Verordnung eine monatliche Verdienstgrenze fest-geschrieben, ab der die Aufzeichnungspflicht für Ange-stellte nicht mehr gilt. Diese Grenze beträgt 2.958 Euro. Nur wenn ein Mitarbeiter mehr als knapp 3.000 Euro im Monat verdient, muss die Arbeitszeit nicht mehr dokumen-tiert werden. Zur Verdeutlichung: Wer mit dem gesetzli-chen Mindestlohn ein Monatsgehalt von 3.000 Euro errei-chen möchte, müsste an 31 Tagen im Monat mehr als 11 Stunden arbeiten. Das lässt unser Arbeitsrecht gar nicht zu. Die Gehalts grenze von rund 3.000 Euro ist somit für die Überwachung des Mindestlohnes völlig unnötig und un-verhältnismäßig.

2.958 €AUFZEICHNUNGSPFLICHT ENTFÄLLT AB DIESER VERDIENSTGRENZE

Unterstellt man, dass Sinn und Zweck dieser Dokumenta-tionspflicht ist, die Unterschreitung der Zahlung des ge-setzlichen Mindestlohnes zu erkennen – wie es das Arbeits-ministerium wiederholt betont –, handelt es sich bei dieser Grenze um eine Verdopplung des Mindestlohnes durch die Hintertür. Denn, wie eingangs gezeigt, ist bei einem Ver-dienst von knapp 1.500 Euro der Erhalt des gesetzlichen Mindestlohnes gewahrt. Es ist absurd und mit der Kontrol-le der Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohnes nicht zu rechtfertigen, eine solche Verdienstgrenze anzusetzen. Selbst wenn man von einer 60-Stunden-Arbeitswoche aus-geht, errechnet sich nur ein gesetzlicher Mindestlohn-verdienst von 2.208,30 Euro. Eine Grenze von knapp 2.200 Euro hätte selbst gravierende Missbrauchsfälle verhindert.

Somit ist diese Verordnung ein neuerliches Bürokra-tie-Monster, das das Ministerium von Andrea Nahles ins Leben gerufen hat. Es belastet die Bauunternehmen mit sinnloser und unnötiger Bürokratie und untergräbt die häu-fig praktizierte Vertrauensarbeitszeit in den Firmen. Der Bayerische Bauindustrieverband wird sich weiterhin mas-siv für die Abschaffung dieser Dokumentationspflicht ein-setzen. Denn die Baubranche hat die eigenen Bau-Min-destlöhne für die Angestellten seit Jahren auch ohne einen derartigen bürokratischen Wust bewältigt.

Wer mit dem gesetzlichen Mindestlohn ein Monats­gehalt von 3.000 Euro er­reichen möchte, müsste an 31 Tagen im Monat mehr ­als 11­Stunden­arbeiten.

Ein­ und Ausstempeln: Die neue Dokumentationspflicht verursacht einen bürokratischen Wust.

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ERBSCHAFTS-STEUER SINNVOLL REFORMIEREN

Das Bundesverfassungsgericht hat am 17. Dezember 2014 das deutsche Erbschaft-steuerrecht in Teilen für verfassungswid-rig erklärt. Eine spezielle Regelung für Unternehmenserben sieht das Gericht aber als verfassungskonform an und gibt damit ein wichtiges Signal an den Gesetz-geber. Die Reform der Erb schafts steuer darf nicht zu mehr Bürokratie und Rechtsunsicher heit für Unternehmer führen. Betriebsvermögen müssen weiter-hin entlastet werden.

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SONDERREGELUNG FÜR UNTERNEHMENSERBEN IST VERFASSUNGSKONFORM

Eine Unternehmenserbschaft hat für den Erben einen ganz anderen Charakter, als wenn er Geld oder Wertpapiere erbt. Betriebliches Vermögen ist einerseits im Unterneh-men gebunden und damit nicht liquide. Vor allem aber hat ein Unternehmenserbe, gerade wenn es sich um ein Familienunter nehmen handelt, die moralische Pflicht, die-ses fortzuführen und es gestärkt an die nächste Generation zu übergeben. Zu dieser Pflicht gehört insbesondere die Sorge und Fürsorge um die Arbeitsplätze im Unternehmen. Dies war für den Gesetzgeber ein ausreichender Grund, um Unternehmenserben zu 85 Prozent oder ganz von der Erb-schaftssteuer freizustellen, wenn sie nach Erfüllung gewis-ser Voraussetzungen die Lohnsumme über fünf bzw. sie-ben Jahre im Wesentlichen konstant halten konnten. Wenn nicht im vollen Umfang möglich, wurde Verschonung an-teilig angepasst. Diesen Grundgedanken hat das Bundes-verfassungsgericht ausdrücklich als verfassungsgemäß anerkannt.

Trödelt der Gesetzgeber, kann das Bundesverfassungsgericht Änderungen an der Erbschaftssteuer selbst anordnen und vollziehen.

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≥­99,9­%DER BAUFIRMEN SIND FAMILIENGEPRÄGTE UNTERNEHMEN, DIE AUF VERSCHO­

NUNGSREGELUNGEN BEI DER ERBSCHAFTSSTEUER ANGEWIESEN SIND.

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Für unzulässig hält das Gericht folgende drei Punkte:

Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten dürfen nicht automatisch von der Erbschaftssteuer ausgenom-men werden. Mit Ausnahme der Betriebe „mit einigen wenigen Beschäftigten“ müsse der Gesetzgeber eine „konkrete Bedürfnisprüfung“ einführen. Die Rechtferti-gungsgründe müssten mit dem Umfang der Befreiung zunehmen.

Der Großteil des Unternehmenswertes müsse produkti-ven Zwecken dienen. Das sogenannte Verwaltungsver-mögen, der nicht begünstigungsfähige Anteil am Unter-nehmenswert, dürfe nicht mehr wie bisher den halben Unternehmenswert umfassen.

Als nicht tragbar stufte das Gericht auch die in der Praxis festgestellten umfangreichen Gestaltungsmöglichkeiten ein, mit denen die erlaubten Verschonungsregeln unzu-lässig ausgedehnt wurden.

Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht den Ge-setzgeber nur dazu verpflichtet, die beanstandeten Punkte zu korrigieren. Die Korrekturen müssen bis zum 30. Juni 2016 erfolgen. Andernfalls kann das Gericht die Ände-rungen auch selbst bestimmen und vollziehen.

VORSCHLÄGE AUS DER BAYERISCHEN WIRTSCHAFT

Mittlerweile haben die Spitzenverbände der bayerischen Wirtschaft einen gemeinsamen Vorschlag ausgearbeitet.Die wesentlichen Punkte sind:

Eine Bedürfnisprüfung sollte erst oberhalb eines Wertes von 300 Mio. Euro pro Erwerb stattfinden müssen. Die-ser Wert sollte als Freibetrag gestaltet werden, so dass die Bedürfnisprüfung nur für die Teile des Erwerbs darü-ber erfolgen muss. Dieser Höchstwert sollte künftig mit der Inflationsrate angepasst werden.

Die Bedürfnisprüfung sollte eine klare, eindeutige und handhabbare Regelung sein, die anhand gesetzlich be-stimmter Kriterien ohne Ermessen bei einer individuellen Prüfung des Unternehmens erfolgen soll.

Finanziert sich ein Familienunternehmen nicht über den Kapitalmarkt, so soll das geerbte Betriebsvermögen ge-nerell von der Steuer verschont werden ohne Prüfung weiterer Kriterien.

Ist ein Familienunternehmen kapitalmarktfinanziert, so müssen drei der folgenden fünf Kriterien über einen län-ge ren Zeitraum erfüllt sein, damit eine Verschonung möglich bleibt:

1. Vorliegen einer Veräußerungsbeschränkung, 2. Abfindungsbeschränkungen, 3. Entnahme- bzw. Aussschüttungsbeschränkungen, 4. persönliche Einflussnahme auf die Geschäftsführung

und 5. persönliche Einflussnahme auf die Kontrollorgane. Das Verwaltungsvermögen soll konsolidiert auf Konzer-nebene ermittelt und netto, also abzüglich der Verbind-lichkeiten und Rückstellungen, bewertet werden. Zur Si-cherstellung der laufend benötigten Liquidität wird ein angemessener Freibetrag von mindestens 20 Prozent des Unternehmenswertes angesetzt.

SÖDER MACHT SICH FÜR UNTERNEHMEN STARK UND FORDERT MEHR LÄNDERKOMPETENZ

Einen alternativen Vorschlag hat Bayerns Finanzminister Söder vorgelegt. Dieser sieht es als oberstes Ziel an Familien betriebe zu erhalten, Arbeitsplätze zu sichern und regionale Wirtschaftsstrukturen zu bewahren.

Im Einzelnen: Der Gesetzeszweck müsse nicht mehr nur die Sicherung der Arbeitsplätze, sondern zusätzlich auch „der Erhalt der mittelständischen und familiengeprägten Unterneh-mensstrukturen“ sein.

Das produktive Vermögen eines Betriebs könnte dem Söder-Plan zufolge vollständig steuerfrei verschenkt oder vererbt werden, wenn der Betrieb fünf Jahre im bestehen-den Umfang fortgeführt wird. Das Verwaltungsvermögen nach Abzug sämtlicher Verbindlichkeiten der Firma wäre dagegen steuerpflichtig.

Die Bedürfnisprüfung sollte eine klare, eindeutige und hand­habbare Regelung sein, die anhand gesetzlich bestimmter Kriterien ohne Ermessen bei einer indivi duellen Prüfung des Unternehmens er folgen soll.VORSCHLAG AUS DER BAYERISCHEN WIRTSCHAFT

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Wenn das Unternehmen eine klare „Familienprägung“ aufweist, also etwa noch vom Inhaber geführt wird, soll weiterhin eine Verschonung unabhängig von der Größe möglich sein. Die Grenze für eine vollständige Steuerbe-freiung bei Kleinstbetrieben soll von 20 auf 5 Mitarbeiter sinken. Für Firmen mit 6 bis 20 Beschäftigten ist eine Stufenregelung vorgesehen.

Die Bundesländer sollen künftig „vom Bundesgesetz ab-weichende Freibeträge und Steuersätze“ einführen dür-fen.

SCHÄUBLES VORSCHLÄGE BEDROHEN FAMILIEN­UNTERNEHMEN

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat eigene, von den Vorschlägen der Wirtschaft stark abweichende Eckpunkte zur Reform der Erbschaftsteuer vorgelegt. Ein Überblick:

Das BMF plant Unternehmen mit einem Wert bis 1 Mio. Euro von der Lohnsummenregelung zu befreien.

An Stelle der Verwaltungsvermögensregelung will das BMF eine Positiv­Definition des betriebsnotwendigen Vermögens setzen, die sich an den Regeln des Bewer-tungsgesetzes für ein vereinfachtes Ertragswertverfah-ren orientiert. Darüber hinaus soll weiteres Vermögen im Umfang von zehn Prozent des betriebsnotwendigen Ver-mögens begünstigt werden, um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden.

Das BMF will die vom Bundesverfassungsgericht gefor-derte Bedürfnisprüfung schon dann vornehmen, wenn eine Person mehr als 20 Mio. Euro erbt. Die Bedürfnis-prüfung stellt darauf ab, ob der Erbe in der Lage ist, die Erbschaftsteuer zu erbringen. Dabei wird neben dem übertragenen Vermögen das vorhandene verfügbare Privat vermögen bis zur Hälfte einbezogen.

Die Eckpunkte zur Reform der Erbschaftsteuer nutzen den vom Bundesverfassungsgericht akzeptierten Bereich für die Anwendung des sogenannten Abschmelzmodells, nach dem die Erbschaftsteuer entfällt, wenn das Unterneh-men vom Erben in vergleichbarer Weise fortgeführt wird, bei weitem nicht aus. Stattdessen würden die Vorschläge des BMF den für regionale Perspektiven außerordentlich wichtigen Mittelstand bei Übergaben an Erben massiv be-lasten. Durch die Einbeziehung des Privatvermögens in die Bedürfnisprüfung verliert ein Unternehmenserbe unter Umständen einen Teil seines privaten Vermögens. Das wi-derspricht sowohl der Systematik des Erbschaftsteuer-rechts, als auch dem Ziel Betriebsvermögen zu schonen. Gleichzeitig laufen die Eckpunkte des BMF auf eine deutli-che Steuererhöhung hinaus. Für den gehobenen Mittel-stand bedeuten sie ein außerordentliches Maß an zusätzli-cher Bürokratie und Rechtsunsicherheit. Sie würden dem „Modell Familienunternehmen“, mit dem Deutschland her-vorragend fährt, nachhaltig Schaden zufügen.

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SEMINAR­ENEV 2014Neue­Effizienzanforderungen­ für Gebäude

28. April 2015BauindustrieZentrum­ |­Stockdorf­bei­München

Hier anmelden: www.bauindustrie­bayern.de/bildung

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ZUSÄTZLICHHEISSTNICHTMEHREigentlich sollten es 7,2 Milliarden Euro pro Jahr sein, die 15 Jahre lang zusätzlich in den Erhalt der Infrastruktur fliessen. Darin waren sich die Daehre­ und die Bode-wig-Kommission einig. „Fünf Milliar den Euro mehr“ hieß es daraufhin im Koa li tions-vertrag – allerdings für die gesamte Legislaturperiode. Und es kommt noch schlim-mer, denn für Bundesfernstraßen gibt es 2015 sogar weniger Geld als vor zwei Jahren.

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MINDESTENS 7,2 MILLIARDEN EURO MEHR FÜR DIE INFRASTRUKTUR, HIESS ES 2013

Im Wahljahr 2013 bildete sich die Politik die einhellige Mei-nung, dass für die Verkehrsinfrastruktur deutlich mehr Geld nötig sei als bisher. Bereits im Jahr zuvor hatte die Daeh-re-Kommission in ihrem Abschlussbericht „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ festgestellt, dass bun-desweit mindestens 7,2 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für Straße, Schiene und Wasserstraße erforderlich sind, um innerhalb von 15 Jahren das aufgelaufene Erhaltungs-defizit abzuarbeiten.

Auch die nachfolgende Bodewig-Kommission bestätigte dieses Ergebnis in ihrem Abschlussbericht „Nachhalti-ge Ver kehrsinfrastrukturfinanzierung“, der am 30. Septem-ber 2013 an die Politik überreicht wurde. Sie stellte zugleich konkrete Finanzierungsvorschläge für ein 3-Stufen-Modell zum Aufbringen der jährlich zusätzlich benötigten Milliar-den vor. Am 2. Oktober 2013 übernahm die Länder-Sonderverkehrs minister-Konferenz einstimmig den Bode-wig­Beschluss: Bun desweit sind 15 Jahre lang 7,2 Milliarden Euro zusätzlich nötig, nur um die bestehende Infrastruktur wieder auf Kurs zu bringen. Für den Bund wären das rund 4 Milliarden Euro mehr als bisher.

NACH DER WAHL BLEIBEN DIE GUTEN VORSÄTZE AUF DER STRECKE

Nach der Bundestagswahl, als es also um die Umsetzung des einhelligen Beschlusses ging, blieben von den gefor-derten 7,2 Milliarden Euro jährlich für die gesamte Legisla-turperiode gerade einmal 5 Milliarden übrig. Wenn man diese auf den Ist-Haushalt 2013 bezieht, sind das sogar nur noch 3,1 Milliarden Euro mehr.

Die im Koalitionsvertrag enthaltene Summe von 5 Milliarden Euro bezieht sich nämlich auf die niedrigeren Werte der Mit-telfristigen Finanzplanung. Das sind jährlich aufgestellte un-verbindliche Absichtserklärungen über die Fortentwicklung des Bundeshaushalts in den nächsten fünf Jahren. Die Pla-nungswerte sind, dem guten kaufmännischen Vorsicht-sprinzip folgend, immer niedrig angesetzt, so dass in der Regel die nachfolgenden Haushaltswerte darüber liegen. Die „automatische“ Korrektur nach oben hat man also in die „zusätzlichen fünf Milliarden“ eingerechnet.

Es kommt aber noch schlimmer: Die versprochenen „Fünf Milliarden Euro mehr“ bedeuteten im Bundesverkehrshaus-halt 2014 konkret 147 Millionen Euro weniger als 2013, weil die Ausgaben insgesamt niedriger ausfielen. Der geplante Anstieg des Verkehrsetats für 2016 bis 2018 ist im Moment nicht mehr als ein Versprechen. Ob das Haushaltsgeld tat-sächlich wie geplant fließt, bleibt abzuwarten. Im Bundesfern­straßenhaushalt wird sich das versprochene zusätzliche Geld ebenfalls erst 2016 bemerkbar machen. Erst dann wird er – nach der derzeitigen Finanzplanung – höher sein als 2013.

FEHLENDER HANDLUNGSWILLE

Wieder einmal wird deutlich, dass zwischen der Erkenntnis eines Problems und dem konkreten Handeln zur Problem-lösung ein weiter Weg liegt, auf dem viele Gefahren lauern. Trotz eines parteiübergreifenden Konsenses darüber, dass die Verkehrsinfrastruktur jährlich 7,2 Milliarden Euro mehr braucht, fehlt es noch immer an den tatsächlich bereitge-stellten Mitteln im Bundeshaushalt. Entweder sind es die sozialpolitischen Anliegen, für die die Politik meist freigebi-ger ist, oder die Probleme einiger Bundesländer mit der Schuldengrenze ab 2020. Zur Erinnerung: Zu Beginn der Koalitionsverhandlungen waren immerhin 11 Milliarden Euro für die Verkehrsinfrastruktur vorgesehen (für die ge-samte Legislaturperiode). Doch sehr schnell war die Politik bereit bei den Bauausgaben zu „sparen“. Das aber ist, wie jeder Haus- oder Autobesitzer weiß, das Gegenteil eines echten Sparens: Nichtstun und Abwarten führt zu Folge-schäden und macht die Reparatur noch teurer.

Der geplante Anstieg des Verkehrse­tats für 2016 bis 2018 ist im Moment nicht mehr als ein Versprechen.

05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18

0

3

6

9

12

BUNDESVERKEHRSETAT: ERST 2015 WIEDER HÖHER ALS 2013

in Mrd. EUR

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Investitionslinie Verkehr (IST-Werte)

SOLL Mittelfristige Finanzplanung

05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 180

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INVESTITIONEN IN BUNDESFERNSTRASSEN: 2014 UND 2015 NIEDRIGER ALS 2013

in Mrd. EUR

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Investitionslinie für Bundesfernstraßen im Haushalt des Bundes-bauministeriums (IST-Werte)

SOLL Mittelfristige Finanzplanung

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| B A U E N U N D P O L I T I K |2020 | B A U E N U N D P O L I T I K |

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| ID | Bauindustrie Bayern | 21| ID | Bauindustrie Bayern | 21

WIE ­DIE LUFT­­ZUM ATMENMünchen braucht dringend die 2. Stamm strecke. Und mit ihr kürzere Fahrzeiten, mehr Flexi­bilität und Zuverlässigkeit und eine Expressverbindung zum Flughafen. All das ist wichtig für eine wachsende Metropole. Als die S-Bahn vor 40 Jahren ihren Dienst aufnahm, ging man von 250.000 Fahrgästen am Tag aus. Heute steigen dreimal so viele Menschen in die Züge ein. Das Münchner S-Bahn-Netz ist am Limit.

| ID | Bauindustrie Bayern | 21

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22 | B A U E N U N D P O L I T I K |

500 m

Ostbahnhof

München Hbf.

Isar

Karlsplatz

Hackerbrücke

Donnersberger-brücke

Hirschgarten

Heimeranplatz

Laim

Marienplatz

Marienhof

Isartor

RosenheimerPlatz

Leuchtenbergring

St.-Martin-Str.

Altstadt

geplante 2. Stammstrecke(über- und unterirdisch)

N

HAUPTSCHLAGADER DER MÜNCHNER S­BAHN

Die 1971 fertiggestellte Stammstrecke durch den Innen-stadttunnel zwischen Pasing und Ostbahnhof ist das Herz-stück und zugleich Nadelöhr des Münchner S-Bahn-Netzes. Mit 30 Zügen pro Stunde und einer mittleren Zugfolgezeit von 120 Sekunden ist sie eine der am stärksten befahrenen Eisenbahnstrecken Deutschlands. Ihre Kapazität ist damit allerdings ausgeschöpft. Eine weitere Taktverdichtung ist nicht möglich. Der 2-Minuten-Takt funktioniert überhaupt nur deshalb, weil an den meistbesuchten Stationen Haupt-bahnhof, Karlsplatz und Marienplatz Bahnsteige auf beiden Seiten das Ein- und Aussteigen ermöglichen. Diese Halte-zeiten müssen aber so dimensioniert sein, dass sie auch in den Hauptverkehrszeiten eingehalten werden können. Gleichzeitig müssen aus Sicherheitsgründen ausreichend große Abstände zwischen den Zügen gewahrt bleiben.

Die Zuverlässigkeit des gesamten S-Bahn-Systems hängt entscheidend von der Stammstrecke ab. Alle S-Bahnen be-nutzen sie. Störungen bei einzelnen Linien übertragen sich über die Stammstrecke auf andere Linien. Schnell kommt es zu einem Dominoeffekt, der die Pünktlichkeit des gesamten Netzes beeinträchtigt. Besonders gravierend sind Störfälle direkt auf der Stammstrecke. Im schlimmsten Fall kann die Innenstadt überhaupt nicht mehr mit der S-Bahn erreicht werden. Mehr Zuverlässigkeit und Flexibilität gelingen nur mit dem Bau eines zweiten S-Bahn-Tunnels.

ZWEITE STAMMSTRECKE STEIGERT DIE KAPA­ZITÄT UND DIE ZUVERLÄSSIGKEIT

Die 2. Stammstrecke besteht aus zwei neuen, zehn Kilo-meter langen Gleisen parallel zur derzeitigen Stammstrecke zwischen den Bahnhöfen Laim im Westen und Leuch-tenbergring im Osten. Kernstück ist ein sieben Kilometer langer Tunnel, der die Umsteigebahnhöfe Haupt- und Ost-

bahnhof miteinander verbindet. Jedes neue Gleis bekommt einen separaten Tunnel. Geplant sind drei neue unterirdische Stationen am Hauptbahnhof, am Marienhof und am Ost-bahnhof. An diesen drei Haltestellten ist das Verkehrsauf-kommen drei- bis viermal so hoch wie an den übrigen Stati-onen der Stammstrecke. Die neuen Bahnhöfe liegen in rund 40 Metern Tiefe, weil mehrere U-Bahn-Linien gekreuzt wer-den müssen. Mit Aufzügen und Rolltreppen wer den die Fahrgäste schnell und bequem nach oben gebracht.

Mit diesen drei neuen Stationen ermöglicht die 2. Stammstrecke wesentlich kürzere Fahrzeiten als die alte. Erstmals wäre in München eine Express-S-Bahn zwischen Stadt und Umland, beispielsweise zum Flughafen, möglich. Außerdem erhöht eine 2. Stammstrecke die Zuverlässigkeit des S-Bahn-Netzes. Bei Störungen auf einer der beiden Strecken könnten die Verkehre über die jeweils andere ge- leitet werden.

Nutzen-Kosten-Faktor ist positiv Nach der 2011 durchgeführten Nutzen-Kosten-Analyse ergibt sich für die 2. Stammstrecke ein Faktor von 1,24. Wird das Risiko höherer Baupreise u.a. durch den verzögerten Baube-ginn eingerechnet, ergibt sich ein Wert von 1,04. Die Voraus-setzung für eine Förderung durch den Bund ist damit gege-ben. Eigentlich müsste auch die höhere Zuverlässigkeit des gesamten S­Bahn­Netzes in die Bewertung miteinfließen. In der herkömmlichen Nutzen-Kosten-Analyse wird ein solcher Faktor allerdings unterschlagen.

Grundsätzliche Finanzierung stand bereits 2012 festIn einem Spitzengespräch zwischen Vertretern des Frei-staats Bayern, des Bundes und der Deutschen Bahn hatte man sich am 26. November 2012 grundsätzlich über die Finanzierung für die 2. Stammstrecke geeinigt. Die Kosten wurden auf 2,05 Mrd. Euro berechnet. Der Bund soll 108

Der Verlauf der 2. Stammstrecke zwischen den Bahnhöfen Laim im Westen und Leuchtenbergring im Osten der Stadt.

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| ID | Bauindustrie Bayern | 23

RathausWestOst

Dienerstr. Weinstr.

Marienhof

Richtung Ostbahnhof Richtung Hauptbahnhof

Richtung Hauptbahnhof

bestehende S-Bahn-Stammstreckeunter dem Marienplatz Richtung Ostbahnhof

U3, U6 Richtung Münchner Freiheit

U3, U6 Richtung Sendlinger Tor

Sperrengeschoss

Rolltreppen zur S-Bahn

Flucht-treppe

Flucht-treppe

Zweite S-Bahn-Stammstrecke

Mio. Euro zur Verfügung stellen, der Freistaat Bayern aus seinen Rücklagen 100 Mio. Euro aufbringen. Zur Schließung der Finanzierungslücke des Bundes in Höhe von 700 Mio. Euro soll das Flughafendarlehen mit 492 Mio. Euro verwen-det werden. Nach damaligem Stand würde der Freistaat Bayern 62 Prozent der Gesamtkosten tragen, der Bund 24 Prozent, die Landeshauptstadt München 7 Prozent und die Deutsche Bahn 6,5 Prozent.

Im Bau- und Finanzierungsvertrag ist auch ein Risikobudget in Höhe von 500 Mio. Euro vorgesehen. Davon übernehmen der Freistaat und die Deutsche Bahn 40 Prozent, der Bund 60 Prozent. Zur Risikominimierung hat Bayern im vergange-nen Jahr eine Expertengruppe mit Vertretern der Obersten Baubehörde, der TU München, des Bayerischen Bau-industrie verbandes und externen Fachleuten eingerichtet, die die Kosten für die 2. Stammstrecke einer Plausibilitäts-kontrolle unterziehen sollten. Die Expertengruppe hat den Planungen der Deutschen Bahn eine hohe Qualität und Be-lastbarkeit bescheinigt. Sie hat aber auch darauf hingewie-sen, dass eine Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke bis Ende 2019 nicht mehr realistisch ist. Grund dafür sind die fehlenden Planfeststellungsbeschlüsse und die noch nicht abschließend geklärte Gesamtfinanzierung.

Ein Jahr Verzögerung bedeutet 70 Mio. Euro Mehr-kosten Die Deutsche Bahn geht nach eigenen Prognosen davon aus, dass die 2. Stammstrecke erst 2024 eröffnet werden kann. Doch jedes Jahr, um das sich die Inbetriebnahme ver-schiebt, bedeutet wegen der allgemeinen Preissteigerung und der laufenden Fixkosten eine Kostenanpassung von bis zu 70 Mio. Euro. Mittlerweile haben sich durch Verzögerun-gen beim Planfeststellungsverfahren die im Jahr 2012 kalku-lierten Kosten von 2,05 Mrd. Euro auf ca. 2,6 bis 2,8 Mrd.Euro erhöht. Eine erste Baugenehmigung liegt lediglich für den Abschnitt 2 (zwischen Hauptbahnhof und Isar) vor. Für

die Übernahme der Mehrkosten gibt es noch keine verbind-liche Zusage, derzeit streiten die Landeshauptstadt und der Bund deswegen. Nun soll 2015 das Jahr der Entscheidung werden. Dann will Bayern die endgültige Realisierung der 2. Stammstrecke und die Durchfinanzierung beschließen.

AN DIE ZUKUNFT DENKEN, VERKEHRSKOLLAPS VERHINDERN

Die Metropolregion München ist ein dynamischer Wirt-schaftsraum mit großem Wachstumspotenzial und eine at-traktive Wohnregion. Die Bevölkerung wird auch in Zukunft weiter ansteigen, besonders im Umland. Damit das S-Bahn-Netz die Zuwächse aufnehmen kann, muss es im Münchner „Speckgürtel“ ausgebaut und die Stammstrecke verdoppelt werden. Nur mit einer 2. Stammstrecke lässt sich der wach-sende Verkehrsstrom bewältigen.

GESAMTFINANZIERUNG FÜR DEN BAU DER 2. STAMMSTRECKEin Mio. €

Gesamtkosten 2. Stammstrecke normalisiert auf Inbetriebnahme 2019 2.047

davon: Freistaat 923

Bund (grundsätzlich zugesagte Mittel aus dem GVFG-Bundesprogramm) 257

DB 133

LH München Umweltverbundröhre Laim 34

Flughafen-Darlehen (128 Mio. € Bund, 113 Mio. € LH München, 251 Mio. € Freistaat) 492

Bund (zusätzliche Mittel aus Entlastung des Freistaats bei Bahnprojekten) 108

Freistaat (allgemeine Haushaltsmittel) 100

Am zentralsten Punkt der Münchner Innenstadt, dem Marienhof, soll der neue Bahnhof in 40 Metern Tiefe liegen. S- und U-Bahn-Linien kreuzen sich hier.

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EIN SCHRITT VOR, ZWEI ZURÜCKEnergiedialog: wenig ergiebig. Trassenbau: gestoppt. Windkraft: lahmgelegt. Energetische Sanierung: kei-ne Einigung erzielt. Die Bilanz bei der Umsetzung der Energiewende ist mehr als dürftig. Weitsichtiges politisches Handeln, das Fortschritt ermöglicht, sieht anders aus.

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ERGEBNISSE DES ENERGIEDIALOGS BAYERN

Ein Energiedialog, wie ihn die Bayerische Staatsregierung mit Verbänden und Bürgerinitiativen zuletzt durchgeführt hat, ist bundesweit einzigartig und vielleicht ist dies eines der wenigen positiven Ergebnisse des Dialogs. In den Ar-beitsgruppen wurden in gut drei Monaten mögliche Maß-nahmen zur Energieeffizienz, Energiespeichern, Erneuerba-ren Energien sowie die Möglichkeiten zur Ertüchtigung der Stromnetze diskutiert. Damit wurden Grundlagen für politi-sche Entscheidungen geschaffen. Nun liegt es in der Hand der Bayerischen Staatsregierung die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Doch in vielen Fragen liegt die Verantwortung beim Bund – und zwischen Berlin und Mün-chen knarzt es derzeit im Gebälk. Fest steht: Bayern braucht eine sichere Stromversorgung und das zu bezahlbaren Prei-sen. Damit die bayerische Wirtschaft auch weiterhin zu In-vestitionen bereit ist, braucht es außerdem Planungssicher-heit. Auch einige Wochen nach Abschluss des Energiedialogs ist vom angekündigten Energiekonzept jedoch nichts zu er-kennen. Vielmehr scheint es so, als ob der Freistaat zuletzt an allen Fronten nicht vorwärts kommt.

TRASSENBEDARF DURCH BUNDESNETZAGENTUR BESTÄTIGT

Der Netzentwicklungsplan für den Bau und die Modernisie-rung von Stromleitungen in Deutschland wird alljährlich fortgeschrieben und an die energiewirtschaftlichen Rah-menbedingungen angepasst. Ende Februar bestätigte die Bundesnetzagentur den Ausbaubedarf der Leitungen Süd-Link und Süd-Ost-Link durch Bayern – trotz der Novellie-rung des EEG und der nach unten angepassten „Ausbau-korridore“ für Erneuerbare Energien, die den Ausbau aus Kostengründen deckeln. Insbesondere die Ausbauziele für die Offshore-Windkraft wurden zuvor deutlich herunterge-schraubt. Dennoch müssen nach aktuellen Modellrechnun-gen bis 2024 rund 2.750 Kilometer Leitungen durch Deutschland gezogen werden, nochmal so viele Leitungen sollen verstärkt werden. Die Kosten belaufen sich auf ca. 20 Mrd. Euro. Doch auch dieses derzeit wichtigste Projekt für den Umbau der Energiebranche liegt wieder auf Eis. Der Ko-alitionsausschuss verschob die Entscheidung über den Trassenbau auf Juni.

NEUES STROMMARKTDESIGN NÖTIG

Durch das Abschalten der Kernkraftwerke entsteht in Bay-ern bis zum Jahr 2023 eine Stromlücke von mehr als 5.000 Megawatt an gesicherter Leistung und mehr als 40 Terra-wattstunden bei der Erzeugung. Um diese Stromlücke zu schließen, muss das Stromnetz verbessert werden und min-destens eine zusätzliche Übertragungsleitung (Hochspan-nungs-Gleichstrom-Übertragung) aus dem Norden Deutschlands gebaut werden. Um das Netz zu stabilisieren,

sind schnell startende Gasturbinenkraftwerke notwendig. Große Gaskraftwerke sollten nicht mehr als 5.000 Stunden pro Jahr laufen, um die Strompreise sowie die Mengen- und Preisabhängigkeit von Gasimporten nicht weiter ansteigen zu lassen. Sollte der Freistaat Bayern jedoch seine Blockade zum Netzausbau aufrechterhalten, droht eine Aufteilung in unterschiedliche Strompreiszonen innerhalb Deutschlands.

NETZBETREIBER DENKEN IN ERSTER LINIE AN DEN EUROPÄISCHEN BINNENMARKT

Es wird zunehmend deutlich, dass die Pläne, Hochspan-nungsleitungen nach Bayern zu führen, dazu dienen sollen, den europaweiten Handel mit Energie sicherzustellen. Die Versorgungssicherheit in Bayern wird von den Netzbetrei-bern als zweitrangig betrachtet. Würde der binnenmarkt-getriebene Ausbau der Übertragungsnetze jedoch wie ge-plant umgesetzt, würde man für Jahrzehnte eine Struktur festschreiben, in der innovative regionale Versorgungskon-zepte deutlich weniger Chancen hätten. Anreize für lokale Optimierungen durch Speicher, Lastmanagement oder KWK als zukünftige Alternativen zum Netzausbau wären nicht mehr gegeben. Die Übertragungsnetzbetreiber wür-den ihre Position auf Kosten von regionalen Gestaltungs-möglichkeiten stärken. Derzeit erhalten Netzbetreiber für Neuinvestitionen eine Renditegarantie von 9,05 Prozent, die über Netzentgelte auf die Verbraucher umgelegt wird. Die Staatsregierung und auch die Bundesregierung tun da-her gut daran, die interessengetriebenen Pläne der Netzbe-treiber eingehend zu durchleuchten.

ÄRGER ÜBER DIE BAYERISCHE STAATSREGIERUNG EINT BEFÜRWORTER UND GEGNER DER WIND­KRAFT

Der Freistaat Bayern hat mit Wirkung zum 21. November 2014 ein Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung beschlossen. Damit wird die seit 1997 geltende Privilegie-rung von Windkraftanlagen im Außenbereich einge-schränkt. Als Mindestabstand zur Wohnbebauung gilt die 10-fache Höhe der Anlage – maximal 2.000 Meter. Gleich-zeitig ist das umstrittene Vetorecht der Nachbargemeinden weggefallen. Das bedeutet, dass jede Kommune eigenver-antwortlich einen Bebauungsplan mit Standorten unter 10H zur benachbarten Gemeindebebauung aufstellen kann, ohne dass die Nachbargemeinde diese Windkraftanlagen verhindern könnte. Mit dem überraschenden Wegfall des Vetorechts hat der Freistaat nun auch die Windkraft-Kritiker gegen sich aufgebracht.

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10H­REGELUNG DARF DIE ENERGIEWENDE NICHT GEFÄHRDEN

Die Landesregierung hat sich mit der 10H-Regelung nicht nur über geltendes Recht, sondern auch gegen die Meinung vieler Experten hinweggesetzt. In Bayern will die Landtags-opposition die höheren Abstände von Windrädern zu Wohn-häusern juristisch zu Fall bringen und klagt vor dem Bayeri-schen Verfassungsgerichtshof gegen die 10H-Regel. Fest steht: Nach Einführung der 10H­Regelung stehen gerade noch 0,05 % der bayerischen Landesfläche für die Planung von Windrädern zur Verfügung. Nach aktuellen Berechnun-gen verbleiben damit nur 10 bis 20 Standorte für Windkraft-anlagen in Bayern. Sollen bis 2021 sechs bis zehn Prozent des Stroms wie geplant aus Windenergie erzeugt werden, muss die 10H-Regelung abgeschafft werden.

POTENZIAL DER WASSERKRAFT BLEIBT UNAUS­GESCHÖPFT

Kurz vor Beginn des bayerischen Energiedialogs wurden die Ausbaupotenziale für Strom aus Wasserkraft von 14,5 auf 13,5 Mrd. Kilowattstunden bis 2021 reduziert. Das ist deut-lich weniger als im Bayerischen Energiekonzept 2011 vorge-sehen. Bedenken zur Natur- und Fischverträglichkeit führen dazu, dass der Ausbau ausgebremst wird. Vorrang soll die Modernisierung bestehender Anlagen haben. Gleichzeitig ist jedoch die Wirtschaftlichkeit von Wasserkraftanlagen in Bayern bedroht, da die steigenden ökologischen Anforde-rungen wie z.B. Fischauf- und -abstiegshilfen nicht durch die EEG-Förderung gedeckt sind. Hier muss ein bayerisches Förderprogramm Abhilfe schaffen. Wenn auch gestutzt, gilt es nun das Ausbaupotenzial der Wasserkraft aber auch tat-sächlich zu heben.

ABSCHREIBUNGEN FÜR ENERGETISCHE GEBÄU­DESANIERUNG ERNEUT GESCHEITERT

Ende Februar 2015 wurde beim Treffen der Koalitionsspit-zen der Kompromiss für ein Gesetz zur energetischen Ge-bäudesanierung erneut abgelehnt. Um die steuerliche För-derung neuer Fenster, neuer Heizkessel oder der Wärmedämmung gegenzufinanzieren, sollte der sogenann-te Handwerkerbonus abgeschmolzen werden. Handwerker-leistungen sollten fortan erst ab 300 Euro steuerlich absetz-bar sein. Dieser Vorschlag war von Anfang an fragwürdig, die energetische Sanierung muss separat gefördert werden. Allerdings hätte man deutlich früher Alternativen einbringen können. So verzögert sich die Energiewende auch aufgrund dieser gescheiterten Einigung weiter. Im Ganzen betrachtet, gibt es durch die Haltung des Freistaats weiterhin keine Pla-nungs- und Versorgungssicherheit für die bayerische Wirt-schaft, die sie so sehr braucht.

GEDÄMMT VS. UNGEDÄMMT: Der Unterschied fällt gleich ins Auge. Links bleibt der Schnee wegen der guten Dämmung auf dem Dach liegen, rechts schmilzt er, weil Wärme nach außen dringt.

POSITION ZUR BAYERISCHEN ENERGIEPOLITIK

Forderung 1: Entscheidung zu Stromtrassen in Bayern treffen So viele wie nötig, so wenige wie möglich, um Verso- gungssicherheit, Bezahlbarkeit, Planungssicherheit zu gewährleisten.Forderung 2: Grundsatzentscheidung zum Strommarktdesign fällen Deutschland braucht ein neues, stabiles Strommarktde- sign, das einen fairen Ausgleich zwischen erneuerbarer und konventioneller Erzeugung glaubhaft und langfristig verspricht. Forderung 3: Ausbau von Windkraft in Bayern ermöglichen Die Windenergie ist ein Zugpferd der erneuerbaren Energien in Bayern. Die 10H-Regelung darf das Potenzial nicht aushebeln. Forderung 4: Wasserkraft­Potenziale in Bayern nutzen Erzeugung von Wasserkraft muss wirtschaftlich möglich sein.

Forderung 5: Energetische Gebäudemodernisierung fördern Die Sanierungsrate muss von ca. 1 Prozent auf mindestens 2 Prozent gehoben werden.

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Welchen Mehrwert habenenergieeffiziente Projekte?

Wie kann die Lebenszyklusanalyse und CO2-Bilanz verbessert werden?

Ist mein Bauvorhaben energieeffizient und nachhaltig?Was kann ich wie verbessern?

Wie ist die Wiederverwertungsquote von Baustoffen zu erhöhen?

Wie hoch sind die Investitions- und Betriebskosten meines Energiekonzepts?

Welche Vorteile bietet die Hybridbauweise?

Welchen Einfluss hat die EnEV aufGebäude und Energiekonzepte?

Welche Vor- und Nachteile weisenunterschiedliche Massivbaustoffe auf?

28 | B A U E N U N D E N E R G I E |

ENERGIEWENDE GEMEINSAM VORANBRINGENDie neue Projektplattform Energie ist nicht zu verwechseln mit dem Gremium des Energiedialogs von Ministerin Ilse Aigner. An wen sich die Projektplattform richtet und welche Service-leistung sie bietet, darüber sprach ID mit dem Wissenschaft-lichen Leiter der Plattform, Diplomingenieur Sandro Pfoh.

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| ID | Bauindustrie Bayern | 29

ID: Herr Pfoh, was verbirgt sich hinter dem Namen „Projektplattform Energie“?

SANDRO PFOH: Die Projektplattform Energie ist ein Kooperationsprojekt des Bayerischen Bauindustrieverbandes und der TU München. Ihr Kernauftrag liegt im Wissens-transfer und der Vernetzung beider Partner. Das Ziel ist, ei-nen Austausch von Wissen und Erfahrungen aus der Bau-praxis und der Forschung zu fördern, um die Energiewende gemeinsam voranzubringen. Damit bietet die Plattform ein bisher einzigartiges Beratungs- und Vermittlungsangebot speziell für die Baubranche.

Die Plattform wendet sich vor allem an Bauunterneh­men?

Die Energiewende stellt die gesamte bayerische Wirt-schaft vor enorme Herausforderungen. Bei der Umsetzung spielt jedoch vor allem der Bausektor eine tragende Rolle. Häuser und Gebäude, die das Schild „energie effizient“ tra-gen, sind die sichtbarsten Symbole der Energiewende. Sie zu errichten und mit einer Infrastruktur auszustatten, näm-lich zur Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Ener-gie, liegt ganz klar in der Kompetenz von Baufirmen. Des-halb steht die Projektplattform exklusiv für die Mitglieder des Verbandes offen.

Was sind die Schwerpunktthemen?In erster Linie geht es um Fragen zum nachhaltigen Pla-

nen und Bauen. Dazu gehören die Themen Energieeffizienz, Energiekonzepte, Betrachtungen der Wirt schaftlichkeit und des Ressourcenmanagements. Daneben befassen wir uns auch mit Querschnittsthemen wie der Gebäudeplanung, Le-benszyklusanalysen, der Gebäude zerti fizierung oder auch der grauen Energie, die notwendig ist, um Gebäude zu er-richten und die beispielsweise bei der Herstellung und dem

Transport von Bauteilen anfällt. Das ist allerdings nur ein Ausschnitt unserer Themenpalette. Neue Themenvorschlä-ge und Anregungen sind uns immer willkommen.

Warum sollte ein Bauunternehmen den Service der Projektplattform Energie nutzen?

Der größte Vorteil liegt im Wissensvorsprung, mit dem innovative Vorhaben schneller und zielführender reifen kön-nen. Die Plattform ist eingebunden in das Zentrum für nach-haltiges Bauen der TU München. Damit erhält der Nutzer einen direkten Zugang zu neuesten Erkenntnissen von vier Lehrstühlen, die alle bauenergetischen und energietechni-schen Aspekte abdecken. Der besondere Mehrwert liegt in der Entwicklung und Realisierung technischer Innovationen – immer mit dem Blick auf neue Projekt- und Produktideen am Bau. Jede einzelne Idee sehen wir als Teil des Mosaiks Energiewende.

Wie läuft eine Beratung genau ab?Idealerweise begleitet die Projektplattform Energie ein

Unternehmen von der ersten Idee bis zum Start eines Bau-projekts. Dabei gibt es drei Schritte: Schritt eins ist die un-verbindliche Erstberatung. Den zweiten Schritt bildet ein Treffen mit Vertretern projektrelevanter TUM-Lehrstühle und der Plattform. Letzter Schritt ist der Start eines gemein-samen Kooperationsprojekts. Die Zusammenarbeit wird durch die Plattform koordiniert. Die ersten beiden Schritte sind für jeden Nutzer kostenfrei, wobei die Leistungen auch einzeln in Anspruch genommen werden können.

PROJEKTPLATTFORM ENERGIE Mehr Information zur Projektplattform Energie finden Sie online unter www.ppe.tum.de/infobroschuere

oder Sie kontaktieren Herrn Dipl.-Ing. Sandro Pfoh [email protected]

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1995 2000 2005 2010 2013 2014

0

4

8

12

16

0

20

40

60

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KRÄFTIGER AUFTRAGSZUWACHS AM BAU IN BAYERN

Auftragseingänge jeweils Jahr, in Mrd. EUR

Bayern (linke Seite) Deutschland (rechte Seite)

Quelle: Bayerisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt

-50 -40 -30 -20 -10 0 10

BAYERN HATTE 2014 DEN DRITTGRÖSSTEN AUFTRAGSZUWACHS ALLER FLÄCHENLÄNDERAuftragseingänge im Bauhauptgewerbe (2013/2014)

in %

Quelle: Statistische Landesämter, Statistisches Bundesamt

6,26,24,24,03,70,50,4

-1,1-1,2-1,3-2,1-3,5-3,6

-10,4-23,8-42,1-0,4

Schleswig-Holstein

Deutschland

Rheinland-PfalzBerlinBayernSachsenBaden-WürttembergSaarlandSachsen-AnhaltNordrhein-WestfalenBrandenburgNiedersachsenHessenThüringenMecklenburg-VorpommernHamburgBremen

-20 -10 0 10 20 30

UMSATZANSTIEG IN FAST ALLEN FLÄCHENLÄNDERNUmsätze im Bauhauptgewerbe (2013/2014)

in %

Quelle: Statistische Landesämter, Statistisches Bundesamt

20,16,66,55,95,64,64,44,23,83,00,90,60,1

-3,0-5,0

-16,94,1

Mecklenburg-VorpommernNordrhein-WestfalenSchleswig-HolsteinBrandenburgBaden-WürttembergSachsen-AnhaltRheinland-PfalzBayernNiedersachsenThüringenSachsenHessenBerlinHamburgSaarlandBremenDeutschland

-90

-60

-30

0

30

GESCHÄFTSKLIMA IN BAYERN IM FEBRUAR BESSER BEURTEILTifo-Geschäftsklima Bauhauptgewerbe Bayern

Unternehmenseinschätzung Geschäftslage und Erwartung für 6 Monatein %

Quelle: ifo-Institut München

Jan. 00 Jan. 05 Jan. 10 Jan. 15

1995 2000 2005 2010 2013 2014

0

50000

100000

150000

200000

250000

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900000

1200000

1500000

BAUBESCHÄFTIGUNG 2014 GESTIEGEN

jeweils Jahr

Bayern (linke Seite) Deutschland (rechte Seite)

Quelle: Bayerisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt

| B A U W I R T S C H A F T U N D K O N J U N K T U R |

2014

+ 4 % UMSATZ- UND AUFTRAGSANSTIEG

IN BAYERN

30

Feb. 158%

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| ID | Bauindustrie Bayern | 31

UMSATZANSTIEG UND AUFTRAGSPLUSIN BAYERNDie Baukonjunktur in Bayern war 2014 gut. Bei den Neuaufträgen verzeichnete Bayern 2014 den drittgrößten Auftragszuwachs aller Flächenländer. Die Umsätze legten ebenfalls zu. Auch die Beschäftigung am Bau hat leicht zugenommen. Allerdings weist der Frühindikator Baugenehmigungen nach unten.

WENIGER BAUGENEHMIGUNGEN ERTEILT

Die Baugenehmigungen nahmen 2014 insgesamt um 2,4 Prozent ab. Am stärksten war der Rückgang im öffentli-chen Hochbau (­ 9,2 %). Rückläufig waren sie auch im Wirt-schaftsbau (- 6,2 %). Nur im Wohnungsbau nahmen sie zu (+ 1,4 %).

AUFTRÄGE IN BAYERN UM 4 % GESTIEGEN

Die Neuaufträge stiegen 2014 in Bayern insgesamt um 4 Pro­zent an. Den höchsten Zuwachs erzielte der Wirtschafts-bau (+ 8,6 %), gefolgt vom Wohnungsbau (+ 4,2 %). Der Öffentliche Bau verzeichnete insgesamt einen Auftrags-rückgang von 1,3 Prozent. Am stärksten nahmen sie  im Sonstigen Tiefbau ab (­ 0,7 %). Leicht rückläufig war auch der Straßenbau (- 0,3 %). Nur im öffentlichen Hochbau stie-gen die Neuaufträge leicht an (+ 0,2 %).

UMSÄTZE DER BAUUNTERNEHMEN UM 4 % HÖHER

Die Umsätze der bayerischen Bauunternehmen legten 2014 ebenfalls zu (+ 4 %). Am stärksten haben sie im Wirtschafts-bau zugenommen (+ 11,1 %). Leicht gestiegen sind sie im Wohnungsbau (+ 1,8 %). Dagegen waren sie im Öffentli-chen Bau rückläufig (­ 0,4 %). Die stärkste Abnahme ver-zeichnete der Hochbau (- 3,9 %), gefolgt vom Straßenbau (- 0,8 %). Dagegen nahmen sie im Sonstigen Tiefbau zu (+ 2,5 %).

GESCHÄFTSERWARTUNGEN WERDEN OPTIMIS­TISCH BEURTEILT

Das Geschäftsklima im bayerischen Bauhauptgewerbe wird im Februar 2015 weniger gut als im Vorjahr beurteilt.

Die aktuelle Geschäftslage wird mit einem Saldo von - 4 Pro zent schlechter als im Vorjahr (Februar 2014: + 7 %) eingeschätzt. Als gut beurteilen sie 17 Prozent der Unter-nehmen (Februar 2014: 22 %). Von einer weiter ver-schlechterten Geschäftslage berichten 21 Prozent (Feb-ruar 2014: 15 %).

Von einer günstigen Entwicklung ihrer Bautätigkeit im Vergleich zum Vormonat berichtet 1 Prozent der Unter-nehmen (Februar 2014: 4 %), 66 Prozent von einer Ver-schlechterung (Februar 2014: 55 %).

Die nähere Zukunft wird positiv betrachtet. 28 Prozent der befragten Firmen erwarten innerhalb der nächsten sechs Monate, also bis August 2015, eine Besserung ihrer der-zeitigen Lage (Februar 2014: 37 %). Eine weitere Ver-schlechterung befürchten 7 Prozent der Unternehmen (Februar 2014: 7 %). Insgesamt wird die Geschäftslage innerhalb des kommenden Halbjahres mit einem Saldo von + 21 Prozent weniger positiv als im Vorjahr (Februar 2014: + 30 %) beurteilt.

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RADIKALEREFORMDES VERGABERECHTS

Das deutsche Vergaberecht wird grundlegend reformiert. Den Druck dazu be kam die Bundesregierung von der EU. Bis zum 18. April 2016 müssen drei EU-Richt linien in deutsches Recht überführt sein. Was sich grundsätzlich nicht ändert, ist die Ver-gabe öffent licher Bauaufträge, die wie bisher über die VOB/A läuft. Dagegen werden die VOL/A und die VOF abgeschafft und sollen in der Vergabeverordnung aufgehen. Der Diskussion über das zukünftige Vergaberecht stehen spannende Monate bevor.

Am 7. Januar legte die Bundesregierung Eckpunk-te zur Reform des deutschen Vergaberechts fest. Sie umfassen inhaltliche Weichenstellungen und einen zeitlichen Fahrplan. Hintergrund ist, dass die EU die Vergabe öffentlicher Aufträge und

Konzessionen grundlegend überarbeiten und modernisie-ren will. Hierzu wurden drei Richtlinien verabschiedet, die bis zum 18. April 2016 in deutsches Recht umgesetzt wer-den müssen: 1. Die novellierte Richtlinie über die öffentli-che Auftragsvergabe, 2. die novellierte Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen im Bereich Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (Sektoren) und 3. eine neue Richtlinie über die Vergabe von Konzessionen.

NEUE STRUKTUR DES VERGABERECHTS

Die wesentlichen gesetzlichen Vorgaben bleiben im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verankert. Hierzu zählen insbesondere die allgemeinen Grundsätze des Vergaberechts, der Anwendungsbereich, die Vergabe-arten, die neuen Vorgaben der EU-Richtlinien für die Kündi-gung und die Änderungen von Aufträgen und Konzessio-nen während der Laufzeit, die Gründe für den Ausschluss von einem Vergabeverfahren und die grundsätzlichen An-forderungen an Eignung und Zuschlag.

Die Vergabeverordnung (VgV), die Sektorenverordnung (SektVO), die Verordnung über die Vergabe in den Berei-chen Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) und die Verga-be- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) regeln die Einzelheiten des jeweiligen Vergabeverfahrens. Bau-spezifische Vergabeverfahren werden weiterhin in der VOB/A durch den Deutschen Vergabe- und Vertrags-ausschuss für Bauleistungen (DVA) geregelt. Damit trägt die Bundesregierung den Besonderheiten der Bauleistun-gen bei öffentlichen Aufträgen Rechnung.

Das Vergabeverfahren für Liefer- und Dienstleistungen sowie für freiberufliche Leistungen wird dagegen in der Vergabe-verordnung zusammengeführt. Die spezifischen Vergabe­ vorschrif ten zur Vergabe von Architekten- und Ingenieur-leistungen (bislang Kapitel 3 der VOF) und die Vorschriften zu Wettbewerben im Bereich der Raumplanung, des Städ-tebaus und des Bauwesens (bislang Kapitel 2 der VOF) werden künftig als neuer Abschnitt in der Vergabeverord-nung verankert.

Die neue EU-Konzessionsrichtlinie wird in einer eigen-ständigen Rechtsverordnung über die Konzessionsvergabe umgesetzt. Dabei sollen die spezifischen Belange der Bau-konzession berücksichtigt werden.

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LEITLINIEN FÜR DAS NEUE VERGABERECHT IN DEUTSCHLAND

Struktur und Inhalt des deutschen Vergaberechts müssen einfach und anwenderfreundlich sein. Wettbewerb, Transparenz und Nichtdiskriminierung sollen eine wirtschaftliche Beschaffung sicherstellen. Soziale, ökologische und innovative Aspekte sollen im Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz gestärkt werden. Kommunale Handlungsspielräume sollen erhalten bleiben. Der bürokratische Aufwand für Auftraggeber und Auftragnehmer soll so gering wie möglich gehalten werden. Europa- und bundesweit soll das Vergabeverfahren möglichst einheitlich sein. Kleine und mittlere Unternehmen dürfen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge nicht benachteiligt werden. Es wird ein weitgehend digitalisierter Beschaffungsprozess angestrebt. Wirtschaftsdelikten muss wirksam entgegengewirkt werden. Die EU-Richtlinien werden „eins zu eins“ in das deutsche Recht umgesetzt.

SCHWERPUNKTE DER MODERNISIERUNG

Vorbehaltlich des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und des Wettbewerbs werden öffentliche Auftraggeber zu-künftig zwischen Offenem und Nichtoffenem Verfahren frei wählen können.

Auftraggeber müssen bei der Auftragsvergabe auch in Zukunft den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilen. Dabei können jedoch neben dem Preis und den Kosten, einschließlich der Lebenszykluskosten, soziale, ökologische und innovative Aspekte unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes stärker in die Bewer-tung einfließen.

Mit der Einführung der sogenannten Einheitlichen Euro-päischen Eigenerklärung (EEE) soll die Pflicht, umfang­reiche Nachweise und Bescheinigungen bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens vorzulegen, durch die Abgabe einfacher Erklärungen der Bieter ersetzt werden. Die Einführung der EEE muss jedoch nach Auffassung des Bundeskabinetts so ausgestaltet werden, dass diese mit den bestehenden Systemen der Präqualifizierung kompatibel ist.

Im GWB soll festgeschrieben werden, dass bei der Aus-führung von Aufträgen ein bundesweiter gesetzlicher Mindestlohn, Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-entsendegesetz und für allgemeinverbindlich erklärte Tarif-verträge einzuhalten sind. Damit wird die Einhaltung die-ser Verpflichtungen auch über das Vergaberecht flankiert.

Wer sich wegen Wirtschaftsdelikten strafbar gemacht hat, soll nach Auffassung der Bundesregierung nicht von öffentlichen Aufträgen profitieren. Um wieder an Vergabe­verfahren teilnehmen zu dürfen, erhalten betroffene Un-ternehmen die Möglichkeit, durchgeführte Maßnahmen der Selbstreinigung nachzuweisen. Einzelheiten der Aus-schlussgründe wie auch der Selbstreinigung sollen im Rahmen der Umsetzung für Auftragnehmer aller Berei-che im GWB geregelt werden. In diesem Zusammenhang soll die Einführung eines zentralen bundesweiten Vergabe ausschlussregisters geprüft werden. Damit soll sichergestellt werden, dass öffentliche Auftraggeber bundesweit von Wirtschaftsdelikten erfahren und nach den gleichen Regeln vorgegangen wird.

Die EU-Richtlinien sehen die verbindliche Einführung der elektronischen Kommunikation im Vergabeverfahren vor.

Deshalb sollen Angebote künftig grundsätzlich elektro-nisch eingereicht werden. Ausnahmen werden abschlie-ßend definiert.

PRO & CONTRA DER REFORM

Die Bauverbände begrüßen die Entscheidung der Bundes-regierung, für die Vergabe von Bauaufträgen der klassi-schen öffentlichen Auftraggeber die VOB/A beizubehalten. „Damit können auch weiterhin unsere Expertise in den Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bau leistun-gen (DVA) einbringen und auch in Zukunft die VOB/A aktiv mitgestalten“, sagt BBIV-Geschäftsführer Dr. Detlef Lupp.

Kritisch gesehen werden die Überlegungen zur Einführung eines bundesweiten Vergabeausschlussregisters. Im Bun-des- und Gewerbezentralregister seien bereits jetzt alle Informationen enthalten, die notwendig sind, um „schwarze Schafe“ von öffentlichen Aufträgen fernzuhalten, so Lupp. Darüber hinaus bestünde über die sogenannte Präqualifika-tion eine offizielle elektronische Liste geeigneter deutscher Bauunternehmen. Keinesfalls dürfe die geplante Einheitli-che Europäische Eigenerklärung (EEE) dazu führen, das mittlerweile gut eingeführte Präqualifikationsverfahren zu ent werten oder gar überflüssig werden zu lassen. „Nicht zu vergessen, dass Bauunternehmen mit einem Audit des EMB-Wertemanagement Bau einmal mehr nachweisen können, ein wertebasiertes Compliance Management Sys-tem eingeführt zu haben, um ihre Geschäftstätigkeit in jeder Hinsicht rechtstreu und integer abzuwickeln“, betont Lupp.

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Kodifizierung

Implementierung

Kontrolle

Organisation

EMB-Wertemanagement Bau

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FLUGHAFENMÜNCHENUNTERSTÜTZTDAS EMB BAU

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Der Flughafen München sieht das EMB-Wertemanagement Bau in Einklang mit dem eigenen Compliance Management. Die Initiative der Bauindustrie wird ausdrücklich unterstützt. Es wird begrüßt, wenn Firmen, die sich an einem Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren des Flughafens beteiligen, den Nachweis einer auditierten EMB-Mitgliedschaft beilegen.

Die Flughafen München GmbH und ihre Tochter gesell-schaften bekennen sich zu den Grundsätzen einer guten, den Rechtsvorschriften entsprechenden und verantwortungs- vollen Unternehmensführung. Zu diesem Zweck praktiziert der Flughafen München ein Compliance Management und erwartet als Auftraggeber auch von seinen Vertrags-partnern ein gleichgerichtetes Verhalten.

Das EMB-Wertemanagement Bau wird vom Flughafen München unterstützt. Das Konzept der Bauindustrie gehe konform mit dem eigenen Compliance Management. „Demzufolge schätzen wir es“, erklären Dr. Josef Schwend-ner, Leiter Recht und Compliance, und Josef-Heinz Loichin-ger, Leiter Finanzen und Controlling, „wenn zum Nachweis der auditierten Mitgliedschaft im EMB-Wertemanagement Bau e.V. Firmen bei Beteiligung an einem Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren der Flughafen München GmbH ih-rem Angebot eine gültige Auditurkunde beilegen.“

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EMBDas EMB-Wertemanagement Bau (kurz EMB) ist ein umfassendes werte-basiertes Managementkonzept, das nicht nur eine Compliance-Strategie verfolgt. Erst die Werteorientierung, so der Grundsatz, verleihe Compliance Substanz und Effektivität. Das EMB ist ein Instrument, um nach außen und nach innen zu signalisieren, dass sich das Unternehmen gegenüber allen am Bauprozess Beteiligten rechtstreu, integer und fair verhalten will. Das EMB ist eine Initiative für die gesamte deutsche Bauindustrie.

Weitere Informationen unter: www.bauindustrie-bayern.de/emb

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USP für die Stadtplanung und Projektentwicklung

ICHSEHEWAS,WAS DU NICHTSIEHST

EIN KREATIVER KREISLAUFDer Architekt im Dialog mit dem digitalen Werk zeug. Er wird mit objektiven Informationen unterstützt. Intelligenz, Stil und Geschmack bleiben dabei unabdingbare Lösungsvariablen, die der Computer selbst nicht besitzt.

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§

Mit dem neuen digitalen Werkzeug „Urban Strategy Playground“ (USP) der TU München können Nachverdichtungsstrategien direkt visualisiert und besser miteinander verglichen werden. Per Mausklick lassen sich Bauvorschriften verändern, Stock-werke aufsetzen und Freiflächen nutzen. Unterschiedliche Sze-narien sind sofort sichtbar, was die planerische Entscheidung erleichtert.

Die Visualisierung und schnelle Prüfung von Entwürfen in frühen Planungsphasen haben sich die Diplomingenieure (Architektur) Michael Mühlhaus und Nils Seifert zur Aufga-be gemacht. Die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter ent-wickelten in ihrer Diplom arbeit an der TU München, betreut von den Lehrstühlen für Städtische Architektur und Architektur informatik, ein digitales Werkzeug, mit dem sich Nachverdichtungs potentiale von innerstädtischen Pla-nungsflächen erkennen lassen.

Mit dem Tool, das nun im Rahmen des Forschungsfeldes „Urban Strategy Playground“ (kurz USP) weiterentwickelt wird, kann der Planer verschiedene Strategien abgleichen und anwenden, gleichzeitig gibt es eine direkte Visualisie-rung der Ergebnisse. Dies gestattet dem Anwender einen schnellen Überblick über verschiedene Szenarien und gibt Aufschluss über die Durchführbarkeit. Für städteplaneri-sche und politische Gremien bietet USP eine wertvolle Ent-scheidungshilfe.

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„Mit fortschreitendem Planungs- und Bauprozess werden Änderungen immer aufwändiger und teurer. Daher ist es wichtig, den Planungsprozess möglichst früh durch unter-schiedliche objektive Informationen zu unterstützen und mittels der Gegenüberstellung verschiedener Varianten nachhaltig bessere Lösungen zu finden. Die Unterstützung von Entscheidungen in frühen Planungs- und Entwurfs- phasen ist ein zentrales Forschungsthema am Lehrstuhl für Architekturinformatik“, erläutert Prof. Dr.-Ing. Frank Petzold.

Das Thema Nachverdichtung ist gerade in der Landes-hauptstadt aktueller denn je: Laut dem gerade erschiene-nen Bericht des Referats für Stadtplanung und Bauordnung zur Wohnungssituation in München ist die Einwohnerzahl allein von 2011 bis 2013 um + 3,9 Prozent auf rund 1,5 Mio. Menschen gestiegen – und das Wachstum hält an. Die Zahl der Haushalte hat sich im selben Zeitraum sogar um + 5,6 Prozent auf 800.000 erhöht. Neuer Wohnraum wird dringend gebraucht und soll auch durch Nachverdichtung geschaffen werden.

Genau hier setzen Mühlhaus und Seifert mit USP im Rahmen ihrer Promotionen an und liefern ein Werkzeug, mit dem

bestehende Wohnblöcke erfasst und unter Berücksichti-gung der Bauvorschriften per Mausklick verändert werden können.

STADTPLANUNG PER MAUSKLICK

Stockwerke können aufgesetzt, Häuser verbreitert oder Freiflächen in Innenhöfen genutzt werden. Nach Bedarf bestimmt der Anwender weitere Parameter wie z. B. Ab-standsflächen und kann mehrere Versionen der Planung vergleichen. Die Visualisierung dient lediglich als Entschei-dungshilfe, die Vorschläge ergeben sich aus der „Fütte-rung“ des Programms mit objektiven Informationen. Ihre Qualität zu bewerten, bleibt weiterhin Aufgabe des Nutzers.

Zur Präsentation der Ergebnisse können die Geometrie-daten direkt an einen 3D-Drucker gesendet werden, der maßstabsgetreue 3D-Modelle erstellt. „Insbesondere bei Bürgerbeteiligungen ist es notwendig die Planungen adä-quat zu kommunizieren und darzustellen. Dafür werden spezielle Visualisierungsmethoden entwickelt, um komplexe Zusammenhänge begreifbar zu gestalten. Daher ist es

ANSTIEG DER EINWOHNER­ZAHL MÜNCHENS 2011 – 2013

+ 3,9 %

ANSTIEG DER ZAHL AN HAUSHALTEN2011 – 2013

+ 5,6 %

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auch sinnvoll innovative Fertigungsmethoden wie den 3D- Druck zu nutzen, um physische Modelle eines Planungs-zustandes für die Beteiligten anschaulich zu präsentieren“, lobt Prof. Petzold die Arbeit seiner Doktoranden.

Mühlhaus und Seifert arbeiten bereits an der Verbesse-rung und Erweiterung des USP-Prototypen. Im Moment entsteht ein Finanzierungstool, das die anfallenden Kosten für die Aufstockung auf Gebäude überschlägt. Damit kann die Finanzierbarkeit eines Projekts mit dem zu erwarten-den „Return on Investment“ von Anfang an berücksichtigt werden. Klima- und Umweltbedingungen wie Besonnung und Energieeffizienz, ebenso wie die Verkehrsinfrastruktur und Nahversorgung sollen als Parameter integriert wer-den. Außerdem ist geplant das Werkzeug zur Lärmanalyse der Wohnumgebung zu verwenden.

Weitere Details zum Projekt: http://usp.ai.ar.tum.de/

Die Visualisierung dient lediglich als Entscheidungs­hilfe,­die­ Vorschläge ergeben sich aus der „Fütterung“­des­Programms­­mit objektiven­Informationen. Ihre­Qua li tät zu bewerten, bleibt weiterhin Aufgabe des Nutzers.

DAS PROGRAMM IM PLANUNGSMODUS: Links können Gebäudeparameter oder Bauvorschriften eingegeben werden. Die 3D-Ansicht in der Mitte zeigt den aktuellen Zustand des Objekts. Rechts wird der Arbeitsstand beispielsweise hinsichtlich der Geschossfläche visualisiert. Damit lassen sich verschiedene Versionen schnell und einfach miteinander vergleichen.

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BAUMEISTER-STADT IM DEUTSCHEN MUSEUM

Museumsdirektor Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl mit Verbandsvertretern der Bayerischen Bauwirtschaft, den Baumeistern Harry Hammer & Nicki Nagel und den Kindern der Kita Bullerbü.

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„ EINE TOLLE SACHE“Ministerpräsident Seehofer zu Besuch in Schroben-hausenZu Besuch in seinem Stimmkreis lernte auch Minister- präsident Horst Seehofer Mitte Januar in Schrobenhausen die Aktion „Baumeister gesucht!“ kennen. Die eigens für den prominenten Besuch ausgestellte Werkbank samt Werkzeug und Handbuch war nicht zu übersehen. Sicht-lich angetan ließ sich der bayerische Ministerpräsident das Projekt erläutern und blätterte im Handbuch für künftige Baumeister. Sein Lob an die Initiative der Bayerischen Bau-wirtschaft: „Wirklich eine tolle Sache!“.

HORST SEEHOFER an der Baumeister-Werkbank mit Vertretern der Bauer Gruppe in Schrobenhausen (v.l.: Gerhard Winter, Josef Soier, André Ponndorf und Johann Schmaus). Fa. Bauer ist Ideengeber der Aktion.

BAUMEISTER GESUCHT! Seit Juli 2014 touren die beiden Baumeister und Spielpädagogen Harry Hammer & Nicki Nagel durch bayerische Kindergärten und führen Schulungen mit Erzieherinnen und ein Aktionsprogramm mit Kindern durch. Ziel ist es, Jungen und Mädchen die Arbeit mit Werkzeug an einer Werkbank zu ermöglichen und von Kindesbeinen an für das Bauen zu begeistern. Die Tour wird 2015 fortgeführt.

Weitere Informationen unter www.baumeister-gesucht.de

Kurz vor Weihnachten stifteten die Verbände der Bayerischen Bauwirtschaft dem Deutschen Museum ein Baumeister-Paket. Generaldirektor Prof. Wolfgang Heckl weihte die Ausstattung mit Werkbank und Werkzeug persönlich ein und legte gemeinsam mit Kindern der Münchner Kita Büllerbü den Grundstein für die erste Baumeister-Stadt. Nun können Jungen und Mädchen im Museum nach Herzenslust bauhandwerken. Möglich macht das die Nachwuchsinitiative „Bau-meister gesucht!“.

Jeder große Ingenieur und Entwickler fängt einmal klein an – und genau daran knüpfen die Verbände der Bayerischen Bauwirtschaft an. Pünktlich zum Weihnachtsfest über-reichten die Initiatoren von „Baumeister gesucht!“ dem Deutschen Museum ein Baumeister-Paket. Damit wird das Kinderreich zur festen Adresse für Bauprojekte mit Kindern im Vorschulalter.

KLEINE BAUMEISTER GANZ GROSS

„Das Deutsche Museum ist ein renommiertes Aushänge-schild für die Ingenieurskunst und zugleich ein Haus der Bildung. Über 120.000 Kinder tasten sich hier jedes Jahr spielerisch an die Technikthemen heran. Auch beim Bau-meister geht es um das Tasten und Be-Greifen“, erklärte der BBIV-Hauptgeschäftsführer Thomas Schmid. „Das An-fassen mit den eigenen Händen ist eine wichtige Erfah-

rung, gerade für Kinder, die ihre Talente erst entdecken. Mit dem Baumeister-Paket, das wir sehr gerne an das Deut-sche Museum übergeben, wollen wir das praktische Erle-ben auch hier im Kinderreich fördern und Sympathie für alle Facetten und Berufe des Bauens erzeugen“.

„Das Kinderreich ist ein Ort, an dem der Umgang mit Natur-wissenschaft und Technik erlernt wird“, sagte Museums-direktor Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl. „Das Projekt „Bau-meister gesucht!“ ist für uns eine wichtige Ergänzung – schließlich haben auch große Erfinder und Konstrukteure einmal klein angefangen.“ Nach der Grundsteinlegung be-dankte sich Prof. Heckl, als passionierter Reparateur selbst im Besitz einer Werkbank, bei den Verbänden der Bayeri-schen Bauwirtschaft für das Baumeister­Paket: „Ich freue mich sehr, dass wir dieses Geschenk an unsere jungen Be-sucher im Kinderreich weitergeben können.“

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PERSÖNLICHES

85 JAHRE

DIPL.-ING. RUDOLF KIDERLIN, NÜRNBERG 85. Geburtstag am 27. April 2015vormals Niederlassungsleiter der Strabag AG, Nürnberg Dipl.-Ing. Rudolf Kiderlin war viele Jahre Beiratsmitglied des Verbandes und Vorsitzender des Bezirksverbandes Mittel-franken. Er engagierte sich besonders für die Berufs ausbil-dung in der Bauindustrie und den Ausbau des Bildungs-zentrums Nürnberg-Wetzendorf.

DIPL.-ING. GERALD HOLLROTTER, MÜNCHEN 85. Geburtstag am 29. Mai 2015Seit 1971 gehörte Herr Dipl.-Ing. Gerald Hollrotter dem Beirat und von  1981 bis 1993 dem Vorstand des Bayeri-schen Bauindustrie verbandes an. In diesen 22 Jahren ver-bandlichen ehrenamt lichen Engagements hat er sich in unterschiedlichsten Funktionen ehrenamtlich betätigt, so von 1975 bis 1986 als Vorstands vorsitzender des Bezirks-verbandes München-Oberbayern und von 1985 bis 1994 als Vorsitzender des Sozial politischen Ausschusses.

75 JAHRE

DIPL.-ING. HORST KLEE, HOF 75. Geburtstag am 22. Mai 2015Dipl.-Ing. Horst Klee ist seit 1997 Mitglied des BBIV-Vorstan-des. Als Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses setzt er sich seit 1997 für eine konjunkturkonforme Entwick-lung bei Höhe und Struktur der Tarifentgelte ein. Daneben engagierte er sich über viele Jahre hinweg bis 2011 als stellv. Vorsitzender des Vereins für Bauforschung und Berfusbil-dung für die Förderung und Ausbildung junger Menschen.

60 JAHRE

DIPL.-ING. (FH) REINHARD MÜCK 60. Geburtstag am 15. März 2015 Geschäftsführer der ASK August Schneider GmbH & Co. KG, Kulmbach.

DIPL.-ING. (FH) PETER HRUBY 60. Geburtstag am 18. März 2015 Mitglied der Geschäftsleitung der Geiger Unternehmens-gruppe. Dipl.-Ing. (FH) Peter Hruby ist Mitglied im BBIV-Bei-rat und im Beirat des Bezirksverbandes Schwaben.

WERNER ADELHARDT 60. Geburtstag am 3. April 2015 Geschäftsführer der Tauber Bau Straßen- und Tiefbau GmbH, Nürnberg.

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ZAHLENZURBAUWIRTSCHAFTINBAYERN2014

BAULEISTUNG

Geleistete Arbeitsstunden 2014 2014/2013

Bauhauptgewerbe 167,4 4,3 %

Wohnungsbau 75,9 4,6 %

Wirtschaftsbau 46,7 4,5 %

Öffentl. Bau 44,8 3,7 %

Hochbau 10,2 - 0,4 %

Straßenbau 17,7 6,2 %

sonst. Tiefbau 16,9 3,7 %

Produktionsindex (arbeitstäglich) 2014 2014/2013

Bauhauptgewerbe 119,5 1,4 %

Hochbau 120,5 1,3 %

Tiefbau 117,3 1,7 %

Umsatz1) 2014 2014/2013

Bauhauptgewerbe 20.140,3 4,2 %

Wohnungsbau 7.682,4 1,8 %

Wirtschaftsbau 6.991,5 11,1 %

Öffentl. Bau 5.466,4 - 0,4 %

Hochbau 1.333,9 - 3,9 %

Straßenbau 2.140,4 - 0,8 %

sonst. Tiefbau 1.992,1 2,5 %

LOHN­ UND GEHALTSKOSTEN

2014 2014/2013

Lohn- und Gehaltsumme in Mio. EUR 4.283 5,5 %

Lohn- und Gehaltsumme je Arbeitsstunde 25,29 1,2 %

Lohn- und Gehaltssumme je Beschäftigten 30.378 4,2 %

*) Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten

Quellen:

Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung,

ifo-Institut für Wirtschaftsordnung,

Bundesagentur für Arbeit

BAUNACHFRAGE

Auftragseingang*)

nominal 2014 2014/2013

Bauhauptgewerbe 11.742,0 4 %

Wohnungsbau 2.962,3 4,2 %

Wirtschaftsbau 4.840,4 8,6 %

Öffentl. Bau 3.939,2 - 1,3 %

Hochbau 979,3 0,2 %

Straßenbau 1.696,8 - 0,3 %

sonst. Tiefbau 1.263,1 - 3,8 %

Auftragsbestände 2014 2013

Bauhauptgewerbe 2,7 2,2

Wohnungsbau 2,8 2,2

Wirtschaftsbau 3,0 2,3

Öffentl. Bau 2,4 2,0

Hochbau 2,5 1,5

Straßenbau 2,0 2,4

sonst. Tiefbau 2,6 2,2

ARBEITSMARKT

Beschäftigte Bauhauptgewerbe1)

2014 2014/2013

Insgesamt 141.005 1,3 %

Arbeitsmarkt Bauhauptgewerbe

insgesamt Offene Stelllen Arbeitslose

2014 1.532 6.009

2013 1.656 6.278

2012 1.622 6.078

2011 1.668 6.492

dar.: Bauingenieure Offene Stelllen Arbeitslose

2014 238 200

2013 223 191

2012 194 172

2011 153 190

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Bayerischer Bauindustrieverband e.V.www.bauindustrie-bayern.de