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Sy nopse 1435
Mineralische Katalysator-Rohstoffe als hochaktive Katalysatoren fur die Kohlevergasung
Klaus J. Huttinger und Roland Minges*
Herrn Professor Dr. Erich Fitzer zum 65. Geburtstag
Die Wasserdampfvergasung von Kohle oder Kohlenstoff wird von Ubergangsmetallen, insbesondere den Eisen-Metallen, und den Al- kali-Metallen katalysiert. Das groBte technische Interesse genieat zweifelsohne Kalium, denn es besitzt im Gegensatz zu den Eisen- Metallen nicht nur eine hohe Niedertemperatur-Aktivitat, sondern ist auch in der Lage, die Methanisierung und Konvertierung von Koh- lenmonoxid zu katalysieren [ l , 21. Aufgrund dieser Eigenschaften ist es moglich, mit Kalium in einem einstufigen VergasungsprozeB bei etwa 700 bis 750 OC nicht nur Methan gemaB G1. (1)
2 C + 2 H,O == CH, + CO,, (1)
sondern auch Wasserstoff gemaB GI. (2)
C + 2 H,O + CO, + 2 H, (2)
zu produzieren. Allerdings gelingt dies nur unter Verwendung solcher Kalium-Sal- ze, die unter Vergasungsbedingungen infolge von Zersetzungs-, Re- duktions- und Hydrolyse-Reaktionen bei niedrigen Temperaturen ( < 700 "C) die aktive Spezies, eine nichtstochiometrische Kalium- Sauerstoff-Verbindung wechselnder Zusammensetzung KxOy 0, < x) , bilden konnen. Wegen des Preises solcher Verbindungen (Ka- liumcarbonat, Kaliumnitrat, Kaliumhydroxid), des relativ hohen Ka- talysator-Bedarfs, der Katalysator-Verluste durch Reaktion rnit den mineralischen, vorzugsweise silicatischen Bestandteilen von Kohlen
Aktivierung-
Abb. 1. Allgemeines Reaktionsschema der mit Kalium katalysier- ten Wasserdampfvergasung von Kohle einschlieBlich Aktivierung von Kaliumchlorid via Anionenaustausch.
* Prof. Dr.-Ing. K. J . Hiittinger und Dr. R. Minges, Institut fur Che- mische Technik der Univ. Karlsruhe, KaiserstraBe 12, 7500 Karls- ruhe 1.
und der Schwierigkeit, das Kalium aus den Vergasungsruckstanden zuruckzugewinnen, ist die Anwendung dieser Kalium-Salze aus wirt- schaftlichen Grunden problematisch. Zum Zwecke einer moglichen Losung des Kostenproblems der durch Kalium katalysierten Kohlevergasung wurde der Einsatz der preis- wert verfugbaren mineralischen Kalium-Salze Kaliumchlorid und Kaliumsulfat untersucht. Aus friiheren Studien war bekannt, daB die Aktivierung von Kaliumchlorid durch Hydrolyse und von Kaliumsul- fat durch Reduktion Temperaturen uber 750 bis 800 OC erfordert
co
ti- Hzs
-Ar/YO- -Hz/HzO 1
@g
Abb. 2. Allgemeines Reaktionsschema der mit Kalium katalysier- ten Wasserdampfvergasung von Kohle einschlieBlich Aktivierung von Kaliumsulfat via Katalyse.
[I, 3, 41. Um die Aktivierung zu beschleunigen, wurde im Falle des Kaliumchlorids die Technik des in situ Anionenaustausches unter Verwendung folgender Stoffsysteme untersucht:
2 KC1 + (Mg2+,Ca2+)S042- * K,SO, + (Mg2+,Ca2+)C12-,
2 KCI + (Mg2+,Ca2+)C032- * K,C03 + (Mg2+,Ca2+)C12-.
(3 )
(4)
Im Falle des Kaliumsulfats wurde die Moglichkeit einer katalytischen Beschleunigung der Reduktion zu Kaliumsulfid verfolgt, und zwar mit den Stoffsystemen
K2S04/Fe2+'3+(SO$-, C1-, 02-),
wobei folgende katalytische Reaktionen ablaufen:
K,S04 + C, CO, H, 3 K,S + CO, CO,, H,O. (5)
Die Anionenaustauschreaktionen zur Beschleunigung der Aktivie- rung von Kaliumchlorid fuhren unter Vergasungsbedingungen zu den leichter aktivierbaren Verbindungen Kaliumsulfat und Kaliumcarbo- nat, wobei im Falle des Kaliumsulfates impliziert ist, daB die durch Ionenaustausch frisch gebildete Verbindung reaktiver als ein vorge- bildetes Kaliumsulfat ist. Die beschleunigte Aktivierung von Kaliumsulfat durch Eisen unter
66 Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 66-67 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim 1986 0009-286X/86/0101-0066 $ 02.50/0
Bildung von Kaliumsulfid war das Ergebnis eines Screening-Testes mit verschiedenen Obergangsmetall-Salzen. Durch ESCA-Untersu- chungen wurde nachgewiesen, daB Kaliumsulfid in Wasserdampf- Atmosphare spontan zu Kaliumhydroxid hydrolysiert. Die Aktivie- rungsreaktionen in allen Stoffsystemen wurden mit Hilfe thermody- namischer Berechnungen und kinetischer Messungen unter Verwen- dung verschiedener physikalisch-chemischer Methoden (TGA, DTA, ESCA, Schmelz- und Benetzungsuntersuchungen) aufgeklart. Vergasungsuntersuchungen mit aquimolaren Argon/Wasserdampf- und Wasserstoff/Wasserdampf-Gemischen, die in einem durchstrom- ten Laborfestbettreaktor bei linearem Temperaturanstieg von 4 K/min und Gesamtdriicken bis 2 MPa durchgefiihrt wurden, besta- tigen, daB die Kinetik der katalysierten Vergasungsreaktion allein durch die primar ablaufenden Aktivierungsreaktionen bestimmt wird [l]. So wurde in Obereinstimmung mit den Ergebnissen iiber die Ak- tivierungsprozesse gefunden, daB das System Kaliumchlorid/Magne- siumsulfat von den Anionenaustauschsystemen trotz der primaren Bildung von Kaliumsulfat die hochste Aktivitat besitzt, wobei unter gewissen Voraussetzungen gleiche katalytische Aktivitaten wie rnit Kaliumcarbonat oder den anderen leicht aktivierbaren Kalium- Verbindungen erzielbar sind [I, 51. Der beschleunigenden Wirkung des Eisens auf die Reduktion des Ka- liumsulfats unter Vergasungsbedingungen liegt ein Sauerstoff-uber- tragungsmechanismus zugrunde:
Kaliumsulfats um etwa 100 K moglich, so daB ebenfalls die Aktivitat von Kaliumcarbonat erreicht werden kann. Bei allen untersuchten Sy- stemen ist Kalium bzw. KxOy 0, < x ) die katalytisch aktive Spezies. Die quantitative Aufklarung aller Aktivierungsschritte und auch der ablaufenden katalysierten Reaktionen ermoglicht es, sowohl fur die beschleunigte Aktivierung durch Anionenaustausch unter Verwen- dung von Kaliumchlorid als auch durch Katalyse unter Verwendung von Kaliumsulfat als Kalium-Quelle allgemeine Reaktionsschemata zu entwickeln, die in den Abb. 1 und 2 wiedergegeben sind. Auf die zentrale Stellung von Kaliumhydroxid als Schlusselverbindung zwi- schen Aktivierung und Katalyse-Zyklen sei besonders verwiesen; KxOy wird in den Schemata vereinfachend als K bzw. K(0 ) bezeich- net. Das vorgestellte Prinzip eines mineralischen ,,Wegwerf-Katalysa- tors" bedarf zweifelsohne noch einer technisch-wirtschaftlichen Priifung. Eingegangen am 12. August 1985
[ l ] Minges, R.: Dissertation, Univ. Karlsruhe 1985. [2] Masling, B.: Diplomarbeit, Univ. Karlsruhe 1985. [3] Huttinger, K . J.; Minges, R.: Fuel 63 (1984) S. 9. [4] Adler, J.; Huttinger, K . J.; Minges, R.: Fuel 63 (1984) S. 1397. [S] Huttinger, K . J.; Minges, R.: Fuel 64 (1985) S. 486.
Schliisselworfe: Katalyse, Kohlevergasung, Alkali-Metalle.
K,SO, + 4 Fe + K,S + 4 Fe(O), ( 6 )
Fe(0) + C, CO, H, + Fe + CO, CO,, H,O. (7)
Hierdurch ist eine Verbesserung der Niedertemperatur-Aktivitat des
Chem.-1ng.-Tech. 58 (1986) Nr. 1, S. 66-67 67